Zu Besuch bei Zsuzsa Bánk und Peter Härtling - Ilka Scheidgen - E-Book

Zu Besuch bei Zsuzsa Bánk und Peter Härtling E-Book

Ilka Scheidgen

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Beschreibung

Mehr als eine Generation trennt die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk und den Schriftsteller Peter Härtling voneinander. Und doch verbindet sie eine ganze Menge miteinander. Nicht nur, dass sie in Frankfurt am Main und er sozusagen in einem Vorort von Frankfurt leben. Peter Härtling wurde während seiner Kindheit und Jugend immer wieder aus seinem Lebensumfeld vertrieben, so dass für ihn das Thema Wanderschaft zur prägenden Metapher seiner Dichtung wurde. In seinem umfangreichen Werk bestimmen von Anfang an wiederkehrende Themen - Weg, Fahrt, Ferne, Verwandlung, Vergänglichkeit, Verbannung, Verlorenheit - sowohl seine Gedichte als auch seine Romane. Zsuzsa Bánk wurde in Deutschland geboren, erlebte aber als Kind geflüchteter Ungarn, die nach dem ungarischen Volksaufstand 1956 nach Deutschland gekommen waren, auch, was der Verlust der Heimat für Menschen bedeuten kann. Was Vertreibung, Flucht, Integration in einem zunächst fremden Land betrifft, haben beide erfahren und machen es zum Thema ihrer Bücher. Insofern ist die Beschäftigung mit ihnen - abgesehen von anderen Aspekten innerhalb ihres jeweiligen Werkes - hochaktuell.

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Inhalt

Einleitung

Zsuzsa Bánk

Biografisches

Mein Besuch bei Zsuzsa Bánk

Danach

Peter Härtling

Biografisches

Mein Besuch bei Peter Härtling

Danach

Aktuell

Pressestimmen

Einleitung

Mehr als eine Generation trennt die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk und den Schriftsteller Peter Härtling voneinander.

Und doch verbindet sie eine ganze Menge miteinander. Nicht nur, dass sie in Frankfurt am Main und er sozusagen in einem „Vorort“ von Frankfurt leben.

Peter Härtling wurde während seiner Kindheit und Jugend immer wieder aus seinem Lebensumfeld vertrieben, so dass für ihn das Thema Wanderschaft zur prägenden Metapher seiner Dichtung wurde.

Zsuzsa Bánk wurde zwar in Deutschland geboren, aber als Kind geflüchteter Ungarn, die nach dem ungarischen Volksaufstand 1956 nach Deutschland gekommen waren.

Was Vertreibung, Flucht, Integration in einem zunächst fremden Land betrifft, haben beide erfahren und machen es zum Thema ihrer Bücher.

Insofern ist die Beschäftigung mit ihnen – abgesehen von anderen Aspekten innerhalb ihres jeweiligen Werkes – hochaktuell.

Zsuzsa Bánk

Zsuzsa Bánk wurde am 24. Oktober 1965 in Frankfurt am Main als Tochter ungarischer Eltern geboren, die nach dem Ungarnaufstand 1965 nach Deutschland geflüchtet waren. Sie studierte Germanistik, Publizistik und politische Wissenschaften in Mainz und Washington. Sie arbeitete vor ihrem Studium als Buchhändlerin und danach als Wirtschaftredakteurin. Ihre literarische Laufbahn begann Zsuzsa Bánk mit Kurzgeschichten für Anthologien. Als der Fischer Verlag Interesse bekundete, von ihr einen Roman zu veröffentlichen, kündigte sie ihren Job, um sich ganz der Arbeit an ihrem ersten Roman zu widmen.

Ihr Debütroman ‘Der Schwimmer’ wurde sofort zu einem großen Erfolg. Er wurde 2002 mit dem Aspekte-Literaturpreis und dem Literaturförderpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichnet. 2003 erhielt Zsuzsa Bánk den Deutschen Bücherpreis und den Bettina-von-Arnim-Preis, 2004 den Adalbert-von-Chamisso-Preis. 2005 erschien ihr Erzählband „Heißester Sommer“.

Zsuzsa Bank lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Frankfurt am Main.

Mein Besuch bei Zsuzsa Bánk

An einem hochsommerlichen Julitag fahre ich nach Frankfurt am Main, um die Schriftstellerin Zsuzsa Bánk zu besuchen. Es ist die passende Jahreszeit für unser geplantes Gespräch, evozieren doch die Titel ihrer beiden Bücher geradezu diese flirrende Hitze, die überall im Land herrscht.

‚Heißester Sommer‘ heißt ihr zuletzt erschienener Band mit Erzählungen und ‚Der Schwimmer‘ ihr Debütroman, der sie sogleich in die erste Liga der Gegenwartsautoren hineinkatapultierte.

Im so genannten Dichterviertel im Frankfurter Nordwesten wohnt Zsuzsa Bánk. Die Straßen mit alten Villen, grünen Vorgärten und schattenspendenden Laubbäumen tragen Dichternamen. Seit eineinhalb Jahren wohne sie hier, erzählt mir Zsuzsa Bánk kurz nach der Begrüßung. Sie und ihr Mann hätten lange nach einem passenden, größeren Zuhause gesucht für ihre Familie, besonders für ihre beiden Kinder.

Schön haben sie es hier in der unteren Etage einer Jahrhundertwendevilla mit hohen großzügigen Räumen und einer schattigen Terrasse, die zum Garten führt.

Mitten im Raum steht ein Dreirad, aber Kinderstimmen sind nicht zu hören. Die fast dreijährige Luise sei im Kindergarten und für den eineinhalbjährigen Sohn Friedrich habe sie vor ein paar Wochen einen Platz in einer Krabbelgruppe gefunden, erzählt Zsuzsa Bánk.

Das ermögliche ihr endlich wieder ein ungestörtes Arbeiten. Und wir können unser Gespräch ebenfalls ungestört führen.

Lesen war schon immer ihre Leidenschaft, auch das Schreiben, aber zuerst nicht gleich als literarische Disziplin, mehr ‚Fingerübungen‘ in Form von Briefen, Tagebuchaufzeichnungen, Gedichten zum Verschenken.

Zsuzsa Bánk hat ihr Talent, ihr Gespür für Sprachrhythmus und Sprachklang, lange reifen lassen, um dann 2002 mit ihrem Debütroman ‘Der Schwimmer’ ein makelloses, vor allem aber ein sprachlich absolut eigenständiges Werk vorzulegen, das mit zahlreichen Preisen bedacht wurde.

Schon mit dem ersten Kapitel des damals gerade in Angriff genommenen Romans erlangte sie Aufmerksamkeit und gewann bei Wettbewerben, u.a. beim Open Mike in Berlin-Pankow, einer Art Talentschmiede mit entsprechender Aufmerksamkeit von Verlagen, die das neue Talent Zsuzsa Bánk auch gleich umwarben. Bánk entschied sich für den S. Fischer Verlag, von dessen Verlagshaus in der Frankfurter Hedderichstraße die junge Autorin nur zwei Straßen entfernt wohnte.

Als Bánk mit dem ‚richtigen‘ Schreiben begann, arbeitete sie noch als Wirtschaftsredakteurin bei der Deutschen Bank, hatte ein gesichertes Einkommen und einen geregelten Tagesablauf. Doch je mehr sie sich hineinbegab in die Welt des Schreibens, desto mehr wurde ihr klar, dass sie das nicht nebenbei machen konnte. Sie gab ihren Beruf auf, um sich ganz dem Schreiben widmen zu können.

Denn da war dieser Stoff, den sie in sich trug, der zu einem Ganzen werden sollte und musste: Eine Geschichte, die in Ungarn, im Land ihrer Eltern und der zahlreichen Verwandtschaft spielte, dem Land, in dem sie als Kind immer ihre Sommerferien verlebt hatte und das, wie sie erzählt, so ganz anders war als Deutschland, in dem sie geboren wurde.

„Schon als Kind habe ich das wahrgenommen, dass etwas Schweres und Bleiernes über dem Land lag. So klein und naiv wir ja als Kinder waren, hatten wir doch irgendwie begriffen, dass das Leben dort schwierig ist, “ erzählt sie.

Und dann waren da natürlich auch die Erzählungen der Eltern von ihrer Flucht, vom Verlassen der Heimat aus politischen Gründen. Es war zwar kein Thema, das ständig besprochen worden wäre. „Aber das bebt natürlich nach in die nächste Generation. Das kann man ja gar nicht verleugnen“, sagt Zsuzsa Bánk.

Der Roman ‘Der Schwimmer’ handelt in Ungarn zwischen 1956 und 1968, also einer Zeit, die die Autorin dort gar nicht erlebt hat. Aber ihr war klar, dass die Handlung in diesem Zeitraum spielen musste. In der Zeit nach der großen Katastrophe des Volksaufstandes 1956, der Hunderttausende aus ihrem Land flüchten ließ, und dem Prager Frühling 1968, bei dem eine zarte Hoffnung auf ein freies Leben durch russische Panzer niedergewalzt wurde.

Bánk beschreibt in ihrem Roman jedoch nicht die politischen Ereignisse selbst. Sie konzentriert ihren Blick auf das, was diese mit den Menschen im Land gemacht haben. Sie erzählt die Geschichte zweier Kinder, Kata und Isti, die durch den wortlosen Weggang der Mutter in den Westen ihr Lebenszentrum verlieren und fortan mit ihrem Vater Kalman durch das Land ziehen, von Ort zu Ort, von einem Verwandten zum nächsten, ohne irgendwo Heimat zu finden. Trotz des ständigen Umherziehens, also einem Leben in Veränderung und Bewegung, scheint sich nichts zu bewegen, scheint die Zeit stillzustehen.

Meisterhaft hat Zsuzsa Bánk diese bleierne Schwere des Stillstands, diese Daseinsbedrohung der Kinder durch den Verlust der Mutter, die ständigen Aufbrüche und Abschiede, die den kleinen Isti zunehmend überfordern, aus der Sicht seiner Schwester Kata geschildert.