16,99 €
Ob wir den künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten hinterlassen und unsere Soziale Marktwirtschaft in die Zukunft führen können, entscheidet sich in der Wirtschaft, die sich dafür neu erfinden muss: Innovativ und verantwortungsvoll. Thomas M. Fischer verbindet in seinem Buch konkrete Ideen für eine nachhaltige Transformation am Standort Deutschland. Die zentrale Frage ist dabei nicht, was wir auf dem Weg zu wirksamem Klima- und Umweltschutz verlieren, sondern was wir vielmehr gewinnen. Seine Ideen für die Evolution von Wertschöpfung, Kultur und Führung stellt er in den Kontext einer "Sozialen Marktwirtschaft 2.0", in der wir Hand in Hand auf eine enkeltaugliche Zukunft hinarbeiten.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 227
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ebook Edition
Thomas M. Fischer
Zukunft verpflichtet
Modernes Unternehmertum für ein lebenswertes Land
Die Literaturangaben zum Buch finden Sie unter https://westendverlag.de/fischer_zukunftverpflichtet
Impressum
Mehr über unsere Autoren und Bücher:
www.westendverlag.de
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
ISBN: 978-3-98791-083-8
1. Auflage 2025
© Westend Verlag GmbH, Waldstr. 12 a, 63263 Neu-Isenburg
Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin
Cover-Motiv: © AdobeStock
Satz: Publikations Atelier, Weiterstadt
Titelbild
Vorwort
1 Was heißt hier eigentlich Erfolg?
Die Dynamik des Erfolgs
»… und es herrscht der Erde Gott, das Geld«
Treibhausgasemissionen ohne Ende
Kardinalfehler in der Erfolgsrechnung
Nachhaltigkeitsmüdigkeit
Erfolg neu denken – Veränderung anregen
Wachstum – ein legitimes Ziel?
Nachhaltigkeit als Wertekorrektiv für Wachstum
2 Der transformative Unternehmer
Von Tugenden und Werten
Die ehrbaren Kaufleute
Frauen an die Macht
Mangel an Unternehmungslust
3 Verantwortung aus Prinzip
Verantwortung braucht Kooperation
Nicht meckern – machen
Verantwortung aktivieren
4 Schöpferische Zerstörung 3.0
Nachhaltigkeit – der neue Standard
Der schöpferische Kreis
Übergang zur doppelten Transformation
5 Wirtschaftlich nachhaltig
Raus aus dem Stimmungstief
Nachhaltigkeit als Business Case
Geschäftsmodelle für eine neue Welt
Unternehmensführung mit systemischem Impact
Das Nachhaltigkeitsgen
6 Das freundliche Unternehmen
Führung für transformative Zeiten
Hilfe gegen die Verlustangst
Gesellschaftliche Impulse
Was sind uns unsere Werte wert?
7 Purpose – lasst uns Leuchttürme bauen
Die Leitfrage nach dem Wofür und Wozu
Die sichtbare Hand der Werte
»Auf die Plätze, fertig … Zukunft!«
Stille Wünsche zu unseren Gunsten
8 Deutschland im Jahre 2045
Die Würde des Menschen ist unantastbar
Der Staat als Dienstleister
Die Transformationen der Wirtschaft
Ein smarter Wandel
Bildung und Vielfalt für die nächste Zukunft
Dankeschön
Titelbild
Inhaltsverzeichnis
Für Clara, Frieda und Marvin
»Man kann nicht kämpfen, wenn die Hosen voller sind als das Herz.«
Carl von Ossietzky
»Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen.« Dieses Zitat des indischen Philosophen Rabindranath Thakur hat mich nachhaltig inspiriert. Handlungsleitend übersetzt heißt es für mich: »Verantwortungsvolle Menschen pflanzen Bäume, unter deren Schatten sie nie sitzen werden.« In unserer heutigen krisengeschüttelten Zeit erlebe ich vielfach ein anderes Verhalten: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft reagieren mehr, als dass sie proaktiv agieren; weitsichtiges Handeln ist kurzfristiger Krisenbewältigung oder Eigennutzmaximierung gewichen, und die Definition von Erfolg folgt einer traditionellen finanziellen Logik. Hinzu kommt, dass Handlungszyklen zunehmend kürzer werden, das Rad der Veränderung sich immer schneller dreht und der technologische Fortschritt exponentieller ist denn je. Langfristigkeit und Langlebigkeit? Häufig Fehlanzeige.
Dabei sollte uns bewusst sein, dass wir unsere bisherige Art, zu leben und zu wirtschaften, überdenken müssen. Dies legt uns auch das Grundgesetz mit Artikel 14 Absatz 2 ans Herz: »Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.« Diese wichtige Ergänzung von Artikel 14 Absatz 1, der das Recht auf Eigentum garantiert, erinnert uns daran, dass Eigentum nicht nur privaten, eigennützigen Interessen dienen, sondern ebenso die Interessen der Gesellschaft berücksichtigen sollte. Daraus leitet sich der Grundsatz ab, dass Unternehmen Verantwortung für Mitarbeitende und Umwelt tragen.
Ist dieses Verständnis noch aktuell? Ich finde, dass Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes eine Neuinterpretation braucht, die weniger stark am Status quo orientiert ist, sondern sich deutlicher der Zukunft widmet. Ich begreife also die darin enthaltene Verpflichtung nicht nur als Handlungsmaxime in der und für die Gegenwart, sondern als eine Aufforderung, bereits heute die Lebensgrundlagen, das Wohl und die Chancen zukünftiger Generationen zu schützen. Konkret bedeutet das für mich, dass Unternehmen, Einzelpersonen und Staaten sich verpflichtet fühlen, nachhaltig zu wirtschaften und ökologische Schäden zu vermeiden, dass Ressourcen wie Wasser, Wälder und fossile Brennstoffe nicht rücksichtslos ausgebeutet werden. Fortschritt und Wohlstand müssten so gestaltet sein, dass sie langfristige Zukunftsaussichten bieten. Bildung und Forschung werden als Bausteine einer lebenswerten Zukunft priorisiert. Klimaschutz wird nicht nur als moralische Pflicht, sondern als selbstverständliche, eigens auferlegte Verpflichtung verstanden. Emissionen und Umweltverschmutzung dürfen die Lebensgrundlagen künftiger Generationen nicht gefährden. Entscheidungen über Schulden, Infrastruktur und Rohstoffabbau müssen die Interessen der zukünftigen Generationen mitberücksichtigen.
Klingt das absurd? Abwegig? Naiv? Oder klingt es nicht eher nach einer Binsenweisheit, dass ich nichts tue, was anderen in Zukunft schadet? Doch die Welt verhält sich leider anders. Die Auswirkungen des Klimawandels sind schon lange schmerzlich zu spüren und wir wissen längst, dass die Kosten der Klimaschäden höher sind als die Prävention.
Die Weiterentwicklung von »Eigentum verpflichtet« in »Zukunft verpflichtet« setzt die Verantwortung der Wirtschaft für die Zukunft in den Mittelpunkt des Handelns. »Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen«, heißt es seit über zwanzig Jahren in Artikel 20a des Grundgesetzes. Das ist also ihr Auftrag, »im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung« zu sorgen. Eine Wirtschaft mit Zukunftsverpflichtung wiederum ist hingegen aufgefordert, ihren Beitrag also nicht nur für die Nutzung des Eigentums zum Wohl der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, sondern eine ganzheitliche Verantwortung für die langfristige Bewahrung und Verbesserung der Lebensbedingungen auf unserem Planeten.
Diese Haltung setzt voraus, dass wir bereit sind, langfristig zu denken und zu handeln, über den Tellerrand zu schauen und auch willig zugunsten nachfolgender Generationen zu verzichten. Wenn jede Generation nur auf sich selbst schaut und von Generation zu Generation mehr verbraucht als erzeugt wird, mehr emittiert als abgebaut wird – dann bleibt in absehbarer Zeit nichts mehr übrig.
Wenn wir den Leitsatz »Zukunft verpflichtet« ernst nehmen, dann müssen wir bei der Betrachtung von sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit auch die zeitliche Dimension berücksichtigen. Investieren wir ausschließlich in die Fortschreibung des Status quo, bürden wir kommenden Generationen die Probleme auf, die wir heute nicht lösen. Wenn wir stattdessen konsequent in die Zukunft investieren, profitieren die zukünftigen Generationen, die ihrerseits diese Investitionskette fortsetzen können. Damit ist eine Zukunftsorientierung in Gang gesetzt, die kontinuierlich zur Verbesserung nachfolgender Generationen beiträgt.
Wenn also je,de Generation mehr regenerierend Ressourcenzuwachs zulässt, als sie verbraucht, weniger CO2 ausstößt, als von der Natur abgebaut werden kann, und fortlaufend in zukunftsweisende Infrastruktur investiert, dann wird sich der Wohlstand über Generationen hinweg mehren und die Lebensgrundlage verbessern.
Unternehmen, die sich in einem Spannungsverhältnis zwischen kurzfristiger Umsatz- und Ergebnisorientierung und langfristiger strategischer Planung befinden, kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Allzu oft bestimmen akute Krisen, Marktveränderungen und Wettbewerbsdruck die Agenda und führen zu eher reaktivem, also kurzfristig orientiertem Handeln. Gleichzeitig unterliegen Strategien längst einer immer kürzeren Halbwertszeit: Einen Fünfjahreszeitraum zu überblicken, erscheint fast schon absurd, wenn man bedenkt, welche unvorhergesehenen Krisen uns in den letzten fünf Jahren massiv beeinflussten. Wie wohltuend erlebe ich es dagegen, wenn ich so manche Familienunternehmen besuche, die seit 100 Jahren und länger existieren. Nachhaltigkeit, Langfristigkeit und das Denken in Generationen liegen in ihrer DNA. Sie sind geprägt durch ein traditionelles Wertegerüst und leben Tugenden wie Fleiß, Verantwortungsbewusstsein und Fürsorge. Oft hindern aber ihre sehr hierarchischen und mitunter starren Strukturen und Denkmuster sie daran, mit der Veränderungsgeschwindigkeit Schritt zu halten.
Als Unternehmer interessiert mich, wie ein modernes Unternehmertum sich an Nachhaltigkeit und Langfristigkeit orientieren und gleichzeitig Adaptionsfähigkeit und Agilität aufzeigen kann. Dafür musste ich mich zunächst fragen, wie ich mir die Zukunft vorstelle und welchen Beitrag ich dazu leisten kann, dass die Maxime »Eigentum verpflichtet« endlich einen expliziten Zukunftsbezug erhält: »Zukunft verpflichtet. Alle Handlungen und Entscheidungen müssen so gestaltet sein, dass sie den Erhalt der Lebensgrundlagen sichern und die Chancen für die nachfolgenden Generationen fördern.«
Mit diesem Buch möchte ich zum Nachdenken anregen und einen Impuls zur Diskussion in Unternehmen und Gesellschaft liefern – als Mensch und als Unternehmer. Meine persönliche Haltung zu vielen Dingen hat sich durch meine verstärkte Auseinandersetzung mit der Zukunft verändert. Mein Verhalten hat sich hingegen noch nicht immer verbessert, denn nur allzu oft unterliege ich auch derTyrannei der kleinenEntscheidungen, über die ich im Verlauf des Buches schreibe. Aber ich gehöre zur Generation, die dringend ihre Haltung und ihr Verhalten korrigieren muss. Und so anstrengend es für uns ist, so viel einfacher wird es für die nachfolgenden Generationen sein, sodass in absehbarer Zeit das Selbstverständliche auch selbstverständlich ist: Wir tun nichts, was anderen in Zukunft schadet. Ein einfacher Grundsatz mit der Tücke im täglichen Detail.
Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit sind kein Widerspruch. Im Gegenteil, Nachhaltigkeit ist ein zutiefst betriebswirtschaftlicher Aspekt: Ressourceneinsatz minimieren, Verschwendung vermeiden und Geschäftschancen ergreifen. Und in der Nachhaltigkeit steckt ein riesiges Potenzial für neuartige Produkte, innovative Technologien und Dienstleistungen sowie ganz neue Geschäftsmodelle. Vor uns liegt in vielen Branchen ein blue ocean: ein Meer – und damit ein Mehr – an Chancen und Geschäftsmöglichkeiten.
Beinahe täglich stehe ich mit Unternehmerinnen und Unternehmern sowie mit Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in einem intensiven Austausch. Ich weiß, dass viele so denken wie ich und sich intensiv mit Zukunftsgestaltung beschäftigen. Ihnen mag ich zurufen: Es steckt enormes Potenzial in der Nachhaltigkeitstransformation. Es ist ein Weg, der Geld und Anstrengung kostet, der vielleicht zunächst einmal einen Profitabilitäts-Dip bedeuten kann und der einiges an Verhaltensänderungen erfordert. Aber haben wir eine Wahl, wenn wir an die zukünftigen Generationen denken?
Und so fordere ich Unternehmerinnen und Unternehmer, Vorstände und Geschäftsführungen, Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft auf: Lasst es uns für unsere Kinder, für unsere Enkelinnen und Enkel tun. Lasst es uns aus intrinsisch motivierter, selbstgewählter und überzeugter Verantwortung tun. Wir haben es selbst in der Hand. Und wer, wenn nicht wir, ist in der Lage, den Planeten ein bisschen besser zu machen, als wir ihn vorgefunden haben? Lasst uns Zukunft zur Verpflichtung machen: für ein lebenswertes Land in einer lebenswerten Welt auf einem lebenswerten Planeten.
»Jeder von uns wird jemanden lieben, der im Jahr 2100 noch lebt.« Dieses Zitat der pakistanischen Klimaaktivistin Ayisha Siddiqa habe ich vor ein paar Jahren in der britischen Zeitung The Guardian gelesen, und es hat mich tief berührt. Der Satz trägt die eindeutige, unvergessliche Botschaft, dass viele Menschen, die uns lieb und teuer sind, die Folgen der menschengemachten Erderwärmung vehement zu spüren bekommen.
Die Mädchen und Jungen, die jetzt geboren werden oder die wir morgens zum Kindergarten oder in die Kita laufen sehen, haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von fast 79 Jahren (Männer) und 83,3 Jahren (Frauen). Sie werden ihr gesamtes Leben über mit den Auswirkungen unseres bisherigen Konsum- und Wirtschaftsstils leben müssen. Ist es ein Trost, dass sie, wenn wir es als Wirtschaftsstandort nicht komplett vermasseln, dabei aus einem gewissen Wohlstand schöpfen und Maßnahmen zu Klimaschutz und -anpassung wohl in ausreichendem Maße finanzieren können? Eher nicht. Im Globalen Süden, wo die Lebensbedingungen ohnehin deutlich schwieriger und die Lebenserwartungen wesentlich kürzer sind – in vielen afrikanischen Staaten liegen sie zwischen 50 und 60 Jahren –, stellt sich die Situation viel dramatischer dar. Nicht nur ist noch viel Entwicklung nachzuholen – Kampf gegen Hunger und Armut, für Bildung und Rechte von Frauen, um nur einige Beispiele zu nennen. Zu allem Überfluss wird der Klimawandel diese Lebensräume noch stärker treffen als ohnehin schon. Die Staaten der Sahelzone gehören zu den vulnerabelsten der Welt und leiden bereits jetzt massiv unter den Veränderungen. Die Bewohnerinnen und Bewohner von flachen Inseln vor allem im Pazifik warnen seit Langem, dass ihre Heimat unbewohnbar werden wird. Am Meer gelegenen Metropolen wie Miami im US-Bundesstaat Florida droht ein ähnliches Schicksal – aufgrund des rapide steigenden Meeresspiegels in weniger als 40 Jahren. Also bald.
Wie sagte Ayisha Siddiqa weiter? »Wir müssen sicherstellen, dass unsere Lieben, die im Jahr 2100 leben, Zugang zu all der Schönheit der Welt haben, wie wir sie hatten. Und dass wir eine bessere Welt hinterlassen. Wir müssen gute Vorfahren sein. Das ist, was mich antreibt.« Ich finde, mehr Motivation geht nicht, wenn wir über Ökonomie und Gesellschaft, Klima und Ressourcen, Konsumverhalten und Lebensbedingungen auf der vor uns liegenden Zeitschiene nachdenken.
»Zukunft verpflichtet«, um den Titel dieses Buches aufzugreifen, ist deshalb kein theoretischer Imperativ. Er ist vielmehr eine ständige Erinnerung daran, dass wir das Klima nicht schützen sollten, um die Erderwärmung – einer abstrakten Arithmetik folgend – auf gewisse Gradziele zu begrenzen. Das ist nur Mittel zum Zweck. Vielmehr geht es konkret darum, gute Lebensbedingungen für die Menschen, die bereits geboren sind oder jetzt geboren werden, zu erhalten. Damit kommt uns dieses Thema, das mir wie vielen anderen Bürgerinnen und Bürgern manchmal weit weg erscheint, sowohl zeitlich wie räumlich sehr nah und verbindet sich mit unserer Lebenswirklichkeit – selbst wenn wir bisher nicht von einem Extremwetterereignis getroffen wurden, Menschen dadurch verloren haben oder unsere Existenz neu erfinden mussten. Dennoch weigern wir uns mitunter, den Zusammenhang zwischen der erschreckend dynamisch fortschreitenden Erderwärmung und ihren katastrophalen Folgen – etwa 60 000 Hitzetote allein in Europa im Jahr 2022 – in unseren Köpfen und unseren Herzen bewusst anzuerkennen.
Die wissenschaftlich fundierten Szenarien zur Entwicklung von Klima und Biodiversität stimmen in ihrer Bewertung überein, dass das Leben von Abermillionen Menschen zwangsläufig noch schwerer gefährdet sein wird. Selbst wenn wir die Ziele des zehn Jahre alten Pariser Klimaschutzabkommens – die Erderwärmung in diesem Jahrhundert soll auf höchstens zwei Grad, im optimalen Fall auf mittlerweile unerreichbar scheinende 1,5 Grad begrenzt werden – trotz aller gegenteiligen Einschätzungen doch noch erreichen, wird es für viele Menschen eng: Extremwetterereignisse nehmen zu und werden intensiver; in tropischen Ländern geraten Ernteerträge und damit die Lebensmittelversorgung in Gefahr; Hitzewellen, Flut- und Dürrekatastrophen häufen sich. Richtung drei Grad drohen sogar vermehrt Sommermonate, die so heiß werden, dass in manchen Regionen allein der Schritt vor die Tür und der Aufenthalt im Freien tödlich enden können. Steigt die Erderwärmung noch weiter (3,2 Grad gelten als wahrscheinliches Szenario), besteht ein hohes Risiko, dass ein unaufhaltsamer Teufelskreis der Erderhitzung ausgelöst wird – mit Hungersnöten und Dürren, mit chaotischen Zuständen und zunehmenden Kriegen als Folge.
Wenn heute Aktivistinnen und Aktivisten sowie zunehmend Unternehmen über Enkeltauglichkeit oder Enkelfähigkeit von Konsum und Lebensstil, Geschäftsmodellen und Produkten nachdenken, hat das also wenig mit Ideologie zu tun. Vielmehr versuchen sie – und zwar auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse – die Rahmenbedingungen für eine funktionierende Wirtschaft und eine lebenswerte Gesellschaft neu zu deuten. Auch wenn wir bereits begonnen haben, daraus verschiedene Strategien zu entwickeln und uns mit Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz an den Plan zur Klimaneutralität (Net Zero), den Ausbau der erneuerbaren Energien und an den Green Deal der EU anzupassen, sind diese Schritte noch nicht effektiv genug. Deshalb ist es unbedingt notwendig, den Folgen der Erderwärmung mit einem strategischen Risikomanagement zu begegnen. Für mich ist das ein unverzichtbarer Teil der staatlichen Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger. Dabei wäre zu beachten, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich vulnerabel sind. Bei Hitzewellen benötigen beispielsweise pflegebedürftige Menschen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Personen besondere und individuelle Unterstützung. Dass beides – Risikomanagement und Daseinsvorsorge – angesichts der Grenzenlosigkeit der Erderwärmung auch global gedacht werden müsste, dürfte außer Frage stehen. Gleichwohl tun wir uns in den westlich-industriellen Gesellschaften mit dieser Transformation unsagbar schwer.
Im Ausgleich mit verschiedenen wirtschaftlichen und politischen Interessen werden die Zielvorgaben und Instrumente immer wieder verwässert sowie auf ihre kurzfristige Kompromisstauglichkeit reduziert, statt auf ihre Effektivität für den Umwelt- und Naturschutz optimiert. So wichtig es ist, Strategien mit Vernunft und Wissenschaftlichkeit zu untermauern, steht und fällt der Erfolg der Lösungsansätze damit, wie wir die heraufziehende Existenzkrise mit unserer persönlichen Lebensgestaltung, mit unseren Entscheidungen im privaten wie im unternehmerischen Kontext verbinden. Oder, daran möchte ich anknüpfen, mit unseren Vorstellungen von Erfolg.
Erfolg ist die Klammer für die gesamte Lebensgestaltung, weil daran die Hoffnungen auf ein gutes, gelingendes Leben geknüpft sind – und damit eine sehr persönliche Angelegenheit. Jeder Mensch folgt individuellen Motiven, hat eigene Vorstellungen, Ziele und Wünsche, die er verwirklichen möchte. Es gibt unzählige Absichten und Wege, erfolgreich zu sein, ein glückliches Leben zu führen, Karriere zu machen oder in Partnerschaft respektive Familie seinen Sinn zu finden. Die einen suchen ihre Erfüllung in Sport oder Kunst und Kultur, andere im Einklang mit der Natur, wieder andere in altruistischer und gemeinnütziger Arbeit und viele schließlich in beruflichem Aufstieg und hohem Verdienst.
Doch beliebig ist das Streben nachErfolg nicht, entfaltet es in unserer Gesellschaft doch eine besondere Dynamik, ja einen Handlungsdruck. Es reicht uns nicht aus, Erfolg als Ergebnis von Selbstwirksamkeit, also als Resultat dessen zu erleben, wozu wir in der Lage sind, worauf wir beharrlich hingearbeitet, wofür wir uns engagiert und unsere Fähigkeiten ausgespielt haben. Erfolg ist nicht privat, sondern öffentlich. Zum Erfolg – Ausnahmen mögen hier die Regel bestätigen – gehören der Applaus, die Anerkennung und die Belohnung. Anders gesagt: Der Erfolg bestimmt in hohem Maße den sozialen Status von Menschen und ist unlösbar mit Geld, Vermögen und Konsum verbunden. Selbst das Schulsystem ist darauf ausgerichtet, erfolgsdienlichen Nachwuchs hervorzubringen, der die jungen Leute rasch dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt. Immer höher, schneller, weiter – das olympische Motto für eine bestmögliche Performance steht für das Erfolgsprinzip der bundesdeutschen Gesellschaft, die demokratische Ideale auf dem ökonomischen Fundament einer sozialen Marktwirtschaft verwirklichen möchte. Mit – in den Grenzen der Gesetze – freiem Wettbewerb, freiem Unternehmertum und freien Konsumenten.
Die Gestaltungskraft dieses Erfolgsdenkens in unserer kapitalistischen Gesellschaft ist nicht zu unterschätzen. Der Mainstream der Wirtschaftswissenschaften meint, dass wir als Bürgerinnen und Bürger dafür wie geschaffen sind. Demnach sind wir alle ziemliche Egoistinnen und Egoisten und suchen, wie von einem internen Programm gesteuert, unseren eigenen Vorteil. Obschon wir unbestreitbar Individuen sind mit persönlichen Interessen, Motiven und Zielen sowie mit einer eigenständigen, lebendigen Gefühlswelt ausgestattet, laufen wir angeblich mit einem Alter Ego durchs Leben, mit dem wir uns verblüffend wenig unterscheiden: Als rational agierender Homo oeconomicus wägen wir demnach unsere Entscheidungen unter rationalen Gesichtspunkten ab und sind immer darum bemüht, für uns den besten Schnitt zu machen. Vollkommen egal, welchen »Hut« wir gerade tragen – ob als Arbeitnehmende, unternehmerisch Tätige, Führungskraft oder Konsument. So manche Ökonominnen und Ökonomen werden ob dieser Deutung abwehrend die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und dagegenhalten: Der Homo oeconomicus sei doch nur ein Modell, eine Annahme, mit der sich wirtschaftliche Phänomene zumindest prinzipiell erklären lassen, aber kein Menschenbild. Mag sein. Aber dennoch werden vom Staat, von den Unternehmen und in der Konsumwelt die Anreize so gesetzt, dass der beste Deal als erstrebenswertes Ziel und Ausdruck von Erfolg erscheint.
Die Gleichung Erfolg = Geld haben wir tief verinnerlicht; sie entspricht der vorherrschenden Arbeits- und Lebensethik in unserer Gesellschaft und ähnelt einem Hamsterrad, aus dem wir nur schwerlich heraustreten können. In die Hände spucken, anpacken – das ist schließlich das Credo gewesen, mit dem die Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf die Beine gestellt wurde. Wir konnten das dermaßen gut, dass wir zum ökonomischen Musterland in Europa, ja in der Welt aufgestiegen sind. »Wohlstand für alle!« – der Titel dieses Buches des einstigen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard avancierte zu der Antriebsparole, zum großen Versprechen des Staatswesens schlechthin. Bis heute verbindet die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge soziale Aspekte wie Fairness, Verteilung und soziale Absicherung mit diesem Konzept. Das Wirtschaftswunder der 1950er-Jahre weckt zudem romantische Sehnsüchte, es möge doch noch einmal gelingen. Wie gerne hätten wir ein Wirtschaftswunder 2.0!
Schaut man sich hingegen die Wachstumsraten seit Gründung der Republik an, so zeigt sich: Wir könnten nicht weiter davon entfernt sein. Während das Bruttoinlandsprodukt in den 1950er-Jahren durchschnittlich um 8,2 Prozent per anno und in den 1960er-Jahren immerhin jährlich und im Schnitt um 4,4 Prozent zunahm, liegt es in den 1970er-Jahren nur noch bei 2,9 Prozent und in den 1980er-Jahren bei 2,6 Prozent pro Jahr.
In den 1990er-Jahren hat sich Deutschland im Rausch des vermeintlichen Systemsiegs über den Kommunismus an die neoliberale Finanzwirtschaft gehängt, die ihre Geldversprechen bis in die letzten Ecken des Privatlebens getragen hat. Für kurze Zeit waren sogar (letztlich floppende) »Volksaktien«, etwa der Telekom oder Deutschen Post, der letzte Schrei. »Mein Haus, mein Auto, mein Boot …« – selbst die Sparkasse als damalige Otto-Normal-Bank versprach mit dieser legendären Werbung in den 1990er-Jahren das Schlaraffenland. Entsprechend groß war der Schock, als in der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008/2009 das große Geldverschwinden drohte. Ausgelöst wurde sie in den USA, als dort eine riesige Immobilienblase platzte und weltweit Bankhäuser ins Trudeln gerieten.
Die Kreditrisiken aus dem aggressiven Verkauf von Hausfinanzierungen waren in windige Finanzprodukte verpackt worden, deren Ausfallrisiko zu gering eingestuft war. In vielfältigen Bündelungen, sogenannten Derivaten, luden diese Papiere zur Spekulation ein und wurden ahnungslosen Anlegerinnen und Anlegern verkauft. Als dieses Konstrukt mit einem lauten Knall und weltweit zu spürenden Schockwellen zusammenkrachte, wurde die Bankenrettung zur prioritären Aufgabe – auch der deutschen Politik. Spareinlagen mussten gesichert, Vertrauen in die Finanzinstitute wiederhergestellt werden. Stand 2018 hat diese Selbsttäuschung den deutschen Steuerzahler 59 Milliarden Euro gekostet. Durch die Finanzkrise im Jahr 2009 in die Tiefe gerissen, legte das BIP in den 2000er-Jahren nur um durchschnittlich 0,9 Prozent pro Jahr zu. Viel besser ist es seither nicht mehr geworden. Als Warnung, dass unsere tradierten Erfolgsmuster sich wohlmöglich überholt haben, dass Maß und Mitte des Erfolgsstrebens längst verloren gegangen sein könnten, wurde diese Krise jedenfalls nicht ernst genommen. Tatsächlich war nur für kurze Zeit von Bescheidenheit als neuem Lebensstil die Rede. »Frugality is the new cool«, »Sparsamkeit ist das neue Coole«, war einer der Leitsprüche jener Zeit. Aber wir kamen rasch zurück in die Spur, und es hieß letztlich wieder, »… und es herrscht der Erde Gott, das Geld«. Mit diesen Worten schilderte Friedrich Schiller (1759–1805) in seinem Gedicht »An die Freunde« seine Beobachtungen auf einem Markt in London. Apropos Markt: Seit Jahrzehnten ist ein rasanter Veränderungsprozess in der Gesellschaft zu beobachten. Immer mehr Bereiche des Lebens werden als Märkte verstanden, auf denen sich die Menschen inszenieren und bewähren müssen. Täglich begegnen uns Begriffe wie Arbeitsmarkt, Kapitalmarkt, Wohnungsmarkt, Gesundheitsmarkt oder Beziehungsmarkt – man denke nur an die vielen Partnerschaftsbörsen. Der Soziologe Sighard Neckel spricht vor diesem Hintergrund von einer »Pflicht zum Erfolg« für breite Bevölkerungsgruppen. Gleichzeitig wird vermehrt erwartet, dass die Bürgerinnen und Bürger Unternehmerinnen und Unternehmer ihrer selbst sind, indem sie strategisch und langfristig handeln und die Verantwortung für ihr Leben, ihre Gesundheit und das Alter eigenverantwortlich in die Hand nehmen.
Gut und gerne mehr zu verdienen, sich etwas leisten zu können, finanzielle Sicherheit zu erlangen, seinen sozialen Status zu verbessern, auf den Märkten des Lebens zu reüssieren – das ist so etwas wie die Grundeinstellung der Lebensplanung. Die vorherrschende Strategie lautet: Leistung, Arbeit und Kreativität zum bestmöglichen Preis zu verkaufen.
Auf den ersten Blick spricht also viel dafür, Erfolg als rein messbares und geldwertes Ergebnis unserer Arbeit, der Unternehmensleistung sowie der Volkswirtschaft zu betrachten. Schließlich hat dieser Erfolg einen hohen gesellschaftlichen Wert: Die Grundbedürfnisse der Menschen werden abgesichert und die Spielräume für einen Konsum geschaffen, der wiederum die Wirtschaft belebt. Man tut dem Kapitalismus und dem marktwirtschaftlichen Prinzip sicher nicht Unrecht, wenn man ihren Sinn darin verortet, den Kreislauf des Geldes in Gang zu setzen, am Laufen zu halten und nach Möglichkeit zu beschleunigen. Nicht zuletzt ergeben sich aus dem Gewinn- und Erfolgsstreben der Unternehmen die Investitions- und Verteilungsspielräume des Staatswesens und auf Unternehmensebene die Mittel für gesellschaftlich verantwortungsbewusstes Handeln. Kein Corporate Citizenship, keine Corporate Social Responsibility (CSR) ohne finanziellen Erfolg. Ohne Erfolg in seiner ökonomischen Dimension funktioniert das Gemeinwesen nicht. Es gäbe keinen hohen Beschäftigungsstand und gute Bezahlungsmöglichkeiten, keine Innovationen und Investitionen, kein gutes Konsumklima und keine sozialen Sicherungssysteme ohne diesen Erfolg. Und doch liegt genau hier das Problem: Unsere Erfolgsformeln basieren auf einer fundamentalen Fehleinschätzung.
Dem vorherrschenden Narrativ von den fleißigen Deutschen, von unserer Ingenieurskunst, von »Made in Germany« und einer führenden Exportnation fehlt nämlich ein kompletter Erzählstrang. Seit 1750 wurden in Deutschland mehr als 117 Milliarden Tonnen Treibhausgase ausgestoßen. Wir sind damit historisch betrachtet der fünftgrößte Emittent nach den USA, China, Russland und Indien und einer der Hauptverursacher der Erderwärmung. Oftmals werden die Forderungen nach einem konsequenteren Klimaschutz in Deutschland abgeschmettert, weil wir derzeit nur rund zwei Prozent zu den weltweiten Emissionen beitragen. Der Hebel, den unsere Bemühungen haben, möge nicht der stärkste sein. An unserer konkreten Verantwortung für die globalen Auswirkungen der Erderwärmung ändert dies nichts.
Der Treibhausgas-Fußabdruck von Unternehmen
Folgende Klassifizierung stützt sich auf den Corporate Accounting and Reporting Standard des Greenhouse Gas Protocol, entwickelt vom World Resource Institute und dem World Business Council for Sustainable Development, um die ausgestoßenen Mengen an Treibhausgasen bilanzieren zu können. Die direkten und indirekten Emissionen der Unternehmen werden so quantifizierbar und können in der Nachhaltigkeitsberichterstattung differenziert ausgewiesen werden:
Unter Scope 1 werden alle direkten Treibhausgasemissionen subsumiert, die den Verbrauch der Primärenergieträger an allen Standorten der Unternehmen betreffen. Sie liegen also in der Verantwortung und Kontrolle der Organisationen. Dies betrifft beispielsweise Emissionen aus fossilen Energieträgern, Emissionen aus Kälte- und Klimaanlagen wie aus dem eigenen Fuhrpark. Hingegen umfasst Scope 2 all diejenigen indirekten Treibhausgasemissionen, die aus eingekaufter Energie entstehen, beispielsweise aus Fernwärme und -kälte, Strom und Wasserdampf. Scope 3 schließt alle sonstigen, indirekten Treibhausgasemissionen mit ein, die sich aus den Unternehmenstätigkeiten ergeben und als indirekte Emissionen entlang der Wertschöpfungskette auftreten. Sie werden wiederum in weitere 15 Kategorien aufgefächert und als vorgelagerte oder nachgelagerte Aktivitäten des Unternehmens geclustert. Hier wird – wie die folgende Grafik zeigt – beispielsweise der Energieverbrauch berechnet, der sich aus dem Bezug von Waren (materielle Güter) und Dienstleistungen (immaterielle Güter) ergibt, aber auch die Emissionen betrifft, die mit Geschäftsreisen und Mitarbeitendenpendeln, Müllentsorgung sowie mit Wasser/Abwasser verbunden sind.
Quelle: In Anlehnung an https://greenvisionsolutions.de/co2-fussabdruck-berechnen/
Ohnehin stelle ich mir die ernsthafte Frage, ob die eben erwähnten zwei Prozent nur die direkten Emissionen im Rahmen von Scope 1 (siehe Kasten) berücksichtigen und so die Treibhausgasausstöße, die in Deutschland ansässige Unternehmen durch ihr weltweites Produzieren und Sourcen im Ausland zumindest mitverursachen, außer Acht lassen. Hier existiert für die deutsche Wirtschaft ein starker Hebel, um global auf niedrigere Emissionen hinzuwirken. Und mehr noch: Bei diesen Messungen ist unser Verbrauch an natürlichen Ressourcen, der Wohlstandsmüll und die Umweltverschmutzung durch viele Jahrzehnte industrieller Entwicklung noch gar nicht eingerechnet.
Klingt daher die Devise mehr Geld als vorherrschendes Synonym für Erfolg und als Zwilling intrinsischer Motive wie Macht und Status nicht wie der Sound des vergangenen 20. Jahrhunderts? Ich denke schon, und er tönte damals längst schräg. Es hat nur kaum jemand hören wollen, und die negativen Effekte dieses Erfolgsmantras sind geflissentlich ignoriert worden. Die ökonomisch prekäre Situation des Globalen Südens, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und die unverantwortlich hohe Emission von klimaschädlichen Gasen, die zunehmend ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen – all das spricht Bände. Wir haben Raubbau betrieben, wo wir besser die Grundlagen des langfristigen Erfolgs geschützt und die Systeme gesund erhalten hätten. Aktuell befinden wir uns in der unangenehmen Situation, dass wir gravierende ökologische, ökonomische und soziale Probleme gewissermaßen in Echtzeit und gleichzeitig lösen müssen.
Wie problematisch der Fokus auf die klassisch-ökonomischen Vorstellungen von Erfolg ist, erzählen uns Abend für Abend die Sprecherinnen und Sprecher von Tagesschau oder heute, vermelden seriöse Medien fast jeden Tag. Das Wundersame daran ist, wie schwer es uns als doch eigentlich vernunftbegabte Wesen fällt zu akzeptieren, dass unser Erfolgsstreben einen Preis hat. Es ist nämlich kein Geheimnis, dass viele Menschen auf dem Planeten und vor allem die künftigen Generationen dafür teuer bezahlen müssen. Mit den ökonomischen Erfolgsprinzipien zerstören wir die Umwelt in einem Maße, das längst Lebensqualität und vor allem unsere Lebensgrundlagen gefährdet.