Mord in Travemünde: Tödliche Wellen - Anke Gebert - E-Book
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Mord in Travemünde: Tödliche Wellen E-Book

Anke Gebert

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Beschreibung

Ein fataler Verrat ... Der packende Küsten-Krimi »Mord in Travemünde – Tödliche Wellen« von Anke Gebert jetzt als eBook bei dotbooks. Bunte Verkaufsstände und Musik am Strand: In Travemünde hat die Sommersaison begonnen. Doch statt sich vom Partytreiben mitreißen zu lassen, beschattet die Privatermittlerin Nina Wagner einen berühmten Partysänger – seine Frau ist sicher, dass er eine Affäre hat, auch wenn Nina dafür zunächst keine Anzeichen finden kann. Erst als Ricci Bell während eines Auftritts zum ersten Mal in seiner Karriere eine junge Frau auf die Bühne holt, scheint sich der Verdacht zu bestätigen … Doch dann peitscht ein Schuss durch die Luft und das Mädchen fällt tot zu Boden. Ist Ninas Auftraggeberin eine von Eifersucht zerfressene Mörderin? Oder hat jemand eine Rechnung mit Ricci Bell offen, die nur mit Blut bezahlt werden kann? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt – denn Nina ahnt, dass der letzte Schuss noch nicht gefallen ist ... Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der fesselnde Regiokrimi »Mord in Travemünde – Tödliche Wellen« von Anke Gebert ist der zweite Band ihrer Reihe um die Privatermittlerin Nina Wagner, der unabhängig von den anderen gelesen werden kann. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Bunte Verkaufsstände und Musik am Strand: In Travemünde hat die Sommersaison begonnen. Doch statt sich vom Partytreiben mitreißen zu lassen, beschattet die Privatermittlerin Nina Wagner einen berühmten Partysänger – seine Frau ist sicher, dass er eine Affäre hat, auch wenn Nina dafür zunächst keine Anzeichen finden kann. Erst als Ricci Bell während eines Auftritts zum ersten Mal in seiner Karriere eine junge Frau auf die Bühne holt, scheint sich der Verdacht zu bestätigen … Doch dann peitscht ein Schuss durch die Luft und das Mädchen fällt tot zu Boden. Ist Ninas Auftraggeberin eine von Eifersucht zerfressene Mörderin? Oder hat jemand eine Rechnung mit Ricci Bell offen, die nur mit Blut bezahlt werden kann? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt – denn Nina ahnt, dass der letzte Schuss noch nicht gefallen ist ...

Über die Autorin:

Anke Gebert studierte u.a. am Deutschen Institut für Literatur in Leipzig. Sie arbeitete in verschiedenen Berufen, bevor sie in Hamburg an der Master School Film ein Drehbuch-Studium absolvierte. Seit einigen Jahren ist sie freie Autorin von Romanen, erzählenden Sachbüchern und Drehbüchern. Sie gibt Seminare für fiktives und autobiografisches Schreiben. Für ihre Arbeiten erhielt sie diverse Preise.

Die Autorin im Internet: www.ankegebert.de

Bei dotbooks veröffentlicht Anke Gebert: »Eine Liebe im Adlon« und die Krimireihe um Nina Wagner mit den Titeln »Mord in Travemünde – Tödliche Brise«, »Mord in Travemünde: Tödliche Wellen« und »Mord in Travemünde: Tödliche Küste«

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eBook-Neuausgabe September 2022

Dieses Buch erschien bereits 2014 unter dem Titel »Travemünde: Tod« im Emons Verlag.

Copyright © der Originalausgabe 2014 Emons Verlag GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Kristin Pang, unter Verwendung von Motiven von bPictureDE / shutterstock.com, vane_khler / shutterstock.com und michelaubryphoto / shutterstock.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)

ISBN 978-3-98690-262-9

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Anke Gebert

Mord in Travemünde: Tödliche Wellen

Ostseekrimi

dotbooks.

Für Jan-Martin und Ralf

Das Schnellste auf Erden

ist der Übergang

vom Guten zum Bösen.

Gotthold Ephraim Lessing

Teil 1Freitag

Kapitel 1

Nina hielt ihren Regenschirm gegen den Wind. Er klappte um. Als sie ihn wieder aufgespannt hatte, riss ihr eine Windböe den Schirm aus der Hand. Er flog in Richtung Trave, wo er erst den Bug der »Marittima« streifte und dann mit den ablandigen Wellen in Richtung Ostsee trieb. Nina musste lachen. Sie brauchte keinen Schirm, niemand brauchte heute einen Schirm, denn durch den Wind kam der Regen von allen Seiten.

Nina wollte eigentlich weg aus Travemünde. Weshalb war sie immer noch hier? Ein Spaziergang am Wasser würde ihr helfen, endlich eine Entscheidung zu treffen.

Es war fast Mitte Juli, mitten in der Hochsaison, die Travepromenade wirkte wie leer gefegt. Seit Wochen war es bis auf wenige Unterbrechungen so kalt und regnerisch, dass einige Restaurants, die vor allem Außenplätze hatten, nicht mehr öffneten. Die meisten Einheimischen und Urlauber hatten kaum noch ein anderes Thema als das Wetter. Manche reisten eher ab oder gar nicht erst an. Ein Alptraum für Hotel- und Restaurantbetreiber an der Ostsee.

Nina war die einzige Spaziergängerin auf der Strandpromenade, und trotzdem war sie nicht allein. Bis zur Kaiserallee auf Höhe des Columbia-Hotels bauten Handwerker und Aussteller unter Hochdruck Bühnen, Zelte und Büdchen auf. Am morgigen Abend begann die Travemünder Woche. Bis zu eine Million Besucher würde diese Veranstaltung innerhalb der kommenden zehn Tage anziehen. Gleichgültig, bei welchem Wetter sie stattfand. So viele Menschen waren ein guter Vorwand, wenigstens für diese Zeit Travemünde zu verlassen. Jan würde Nina verstehen, ihre Mutter ebenfalls.

Auch andere, die in Travemünde lebten, entflohen ihrem Zuhause, bevor das große Spektakel eröffnet wurde, und kehrten frühestens zum Abschlussfeuerwerk zurück. So wie auch einige Kölner ihre Stadt verließen, wenn der Karneval begann. Ironischerweise reisten viele dieser Karnevalsflüchtlinge im Februar nach Travemünde. Wohin reisten Travemünder, wenn sie die zehn Tage Travemünder Woche überbrücken wollten?

Nina wusste es nicht, und es war ihr auch gleichgültig. So wie ihr die Travemünder Woche gleichgültig war. Der Lärm der vielen gleichzeitig stattfindenden Konzerte und der Stunde um Stunde in Kolonne durch den Ort ziehenden Menschen betraf nur diejenigen, die in der vordersten Reihe an Trave und Ostsee wohnten. Nicht ihre Mutter, die ihr Haus am Kirchplatz hatte, in dem auch Nina jetzt wieder wohnte. Nicht Jan, dessen Wohnung, in der Nina häufig übernachtete, am Hafen lag.

Nina hoffte für die Aussteller, die bei diesem schlechten Wetter ihre Stände aufbauten, dass es endlich sonnig und warm würde, damit sie bei den sehr hohen Standmieten genügend Umsatz machten, wenn sie zehn Tage lang von morgens bis nachts Getränke, Essen, Schmuck und vieles mehr anboten. Und den Seglern guten Wind für die Regatten.

Sie selbst könnte währenddessen ihren Aufenthalt in Hamburg nutzen, um nachzudenken. Ein Jahr lang war sie bereits in Travemünde, seit ihre Mutter es mit der Bandscheibe hatte und Jan ihr ab und zu einen kleinen Auftrag vermittelte, nachdem Nina im vergangenen Jahr unvorhergesehen seine Ermittlerin in einem Mordfall geworden war. Ninas Mutter ging es inzwischen gesundheitlich wieder besser, sodass Nina keine Wohnungen mehr an ihrer Stelle in der Maritim-Residenz putzen musste. Wenn Nina allerdings andeutete, endgültig nach Hamburg zurückkehren zu wollen, dann litt ihre Mutter schlagartig unter Rückenproblemen. Nina wusste, dass sie die Schmerzen nur vorgab, sie wusste außerdem, dass Jan ihr in den vergangenen Monaten die kleinen Aufträge für Nachforschungen für ihn als Anwalt nur vermittelt hatte, damit sie bei ihm in Travemünde blieb.

Je weiter Nina die Strandpromenade ging, desto entschlossener wurde sie, noch heute zurück nach Hamburg zu fahren. Sie brauchte endlich Abstand. Von diesem Blick auf die Ostsee, obwohl sie den so sehr liebte. Von ihrer Mutter und Jan, wenn sie endlich herausfinden wollte, wie es in ihrem Leben weitergehen konnte. Jan und sie waren heute Abend zur Eröffnung der Travemünder Woche im Medienzelt verabredet. Nina beschloss abzusagen.

Die »Finnlines« fuhr hinaus. Es schien, als würde sie im Dunst, den der Regen vom Wasser aufsteigen ließ, verschwinden. Wie viele große Schiffe hatte Nina schon Travemünde verlassen sehen? Seit sie Kind war, wohl unzählige. Sie liebte diesen Anblick immer noch, doch würde sie es lieben, in Travemünde zu leben?

Ein Handwerker, der trotz des Regens nur ein Muskelshirt über seinen kunstvoll tätowierten Armen trug, hielt beim Verlegen von Brettern für eine Bühne inne und pfiff, als Nina an ihm und seinem Kollegen vorbeiging. Nina lächelte, denn ihr fiel ein, was mal jemand entgegnet hatte, nachdem sie sich über Bauarbeiter, die ihr nachpfiffen, beschwerte: Wenn der Tag kommt, an dem Bauarbeiter das nicht mehr tun, dann solle sie sich beschweren.

Mit kleinen Baggern wurden immer mehr weiße Häuschen herangefahren und in freien Lücken auf der Strandpromenade aufgestellt. Alle waren mit Nummern versehen, die meisten noch verschlossen. An manchen hatten die Aussteller ihre Autos geparkt und luden die Waren aus, die sie während der nächsten Tage feilbieten wollten. Taschen, Gürtel, aus Holz geschnitzte Tiere. Schmuck und nochmals Schmuck. Waffeleisen, Weinkisten, eine etwa drei Meter hohe, aufblasbare Aperolflasche, die für den Aperol-Spritz-Verkauf werben sollte. In einem weißen Zelt richteten sich bei lauter Musik zwei junge Männer ein, um während der kommenden zehn Tage Piercings anzubieten. In einem anderen Zelt konnte man sich Tattoos stechen lassen. Wie viele Leute würden nach einer durchzechten Nacht während der Travemünder Woche morgens aufwachen und feststellen, dass sie ein Tattoo hatten oder gepierct waren?

Die Strandoase, das kleine Getränkehäuschen auf Höhe Brügmanngarten, an dem man das ganze Jahr über sitzen und bei einem Getränk bei schönster Abendsonne einen eindrucksvollen Ausblick über die Ostsee haben konnte, war geschlossen, weil bei diesem Regen und Wind niemand hier hätte haltmachen wollen. Auf der Wiese dahinter bauten einheimische Getränke- und Imbissbudenbetreiber ihre Wagen auf, um Würste und Bier zu verkaufen. Dazwischen stand ein kleines Holzhaus, das aus dem Rahmen fiel, weil es zwischen den fast ausnahmslos schneeweißen Hütten wie ein Hexenhaus anmutete. Es war braun und mit eigentümlichen Ornamenten verziert. Die Tür so niedrig und schmal wie bei einem Kinderspielhaus. Das Fenster von innen mit einem dunkelblauen, mit Mond und Sternen bedruckten Stoff abgehängt. An der Tür klebte ein DIN-A3-großer Zettel: »Wahrsagerin Rosa Rialto – Horoskope, Kaffeesatzlesen, Handdeutung. Bitte vereinbaren Sie einen Termin!«

Es war, als würde es Nina zu diesem Häuschen ziehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte sie während der Travemünder Woche und während der Jahreswende, als hier am Brügmanngarten ebenfalls tagelang gefeiert wurde, davorgestanden. Vielleicht würde eine Hellseherin in Ninas Händen oder im Kaffeesatz lesen können, was in Zukunft das Beste für Nina wäre. Oder wenigstens das Richtige. Denn Nina wusste es nicht.

Eine kleine Frau mit einem gewaltigen Busen über dem dicken Bauch trat aus dem Hexenhaus heraus. Die langen, schwarz gefärbten Haare zerzaust. Das Gesicht ungeschminkt. Die Augen dunkel und sehr lebendig.

»Ab morgen bin ich für Sie da!«, sagte sie und rollte ein Stück Kunstrasen im Matsch vor ihrem Häuschen aus.

»Morgen werde ich leider nicht mehr hier sein. Könnte ich vielleicht schon heute einen Termin bekommen?«, fragte Nina.

»Kindchen«, sagte Rosa Rialto, nachdem sie sich etwas schwerfällig wieder aufgerichtet hatte. »Ich muss erst mal meinen Arbeitsplatz vernünftig herrichten, sonst funktioniert meine Kunst nicht. Ich bin die ganzen zehn Tage der Travemünder Woche hier. Vielleicht kommst du ja noch mal wieder.«

Nina schüttelte den Kopf.

»Ab morgen früh um elf«, fügte Rosa Rialto hinzu. »Du wärst die Erste, wenn du jetzt einen Termin ausmachst. Danach geht es Schlag auf Schlag. Ich habe hier viele Stammkunden, weißt du. Man kennt mich aus Film und Fernsehen. Nutze die Gelegenheit. Das Wetter wird ab morgen schön. Du solltest hierbleiben!«

Nina sah in den Regen. Es war auch für die nächsten Tage schlechtes Wetter angesagt.

»Ich werde während der gesamten Travemünder Woche weg sein.«

»Warten wir es ab«, entgegnete die Wahrsagerin.

Nina musste plötzlich lachen, denn ihr wurde das Bild bewusst, das die Hellseherin und sie auf dieser matschigen Wiese stehend abgaben. Ninas lange blonde Haare hingen noch nasser und zerzauster an ihr herunter, als es die dunklen Haare der Hellseherin inzwischen taten.

Ninas Handy klingelte. Rosa Rialto wandte sich augenblicklich von ihr ab und verschwand in ihrem Holzhaus.

Nina sah auf das Display. Jan. Sie wollte jetzt nicht mit ihm sprechen, denn dann müsste sie ihm mitteilen, dass sie vorhatte, nach Hamburg zu fahren, und drückte den Anruf weg.

Sie stand im Regen und sah sich um. Wohin sollte sie gehen? Sie musste sich endlich entscheiden.

Sie schlenderte über die Wiese in Richtung Strandbahnhof. Ihre Jeans waren mittlerweile bis zu den Knien nass. Ihre Sneakers durchweicht. Unvorstellbar, dass es Mitte Juli war. Unvorstellbar, dass jemals wieder die Sonne scheinen würde.

Im Hotel A-Rosa standen Urlaubsgäste in den Türen zu ihren Balkons und sahen in Richtung Strand. Wie viel zahlten sie wohl pro Person und Nacht, um ihren Urlaub hier zu verbringen? Bei diesem Wetter. Doch die Gäste im A-Rosa hatten es bei jedem Wetter gut, denn das Hotel verfügte über großzügige Wellnessoasen und unterschiedlichste Angebote, sich auch im Haus die Zeit gut zu vertreiben. Als Nina am Hotel Columbia vorbeiging, irritierte sie erneut, dass sich das traditionsreiche Casino nicht mehr darin befand, weil es nach Lübeck verlegt worden war. Am Busbahnhof war vor Wochen eine schäbige Häuserzeile abgerissen worden. Der Schutt wurde gerade abgeräumt. Die große Uhr am Strandbahnhof zeigte an, wann der nächste Zug nach Lübeck fuhr.

Ninas Handy klingelte erneut. Sie eilte unter das Vordach des Bahnhofseingangs. Sie würde Jan jetzt sagen, dass sie vorhatte, erst mal nur die kommenden zehn Tage, während der Travemünder Woche, nach Hamburg zu fahren.

Doch es war Jans Rechtsanwaltsgehilfin, die anrief.

»Herr Andresen bittet Sie dringend, in sein Büro zu kommen. Er hat einen Auftrag für Sie.«

»Jetzt?«, fragte Nina.

»Jetzt.«

Kapitel 2

Was sollte der abschätzige Blick der Anwaltsgehilfin, als sie völlig durchnässt in Jans Büro eilte? Kurz darauf verstand Nina. Jan war nicht allein. Ihm gegenüber saß eine Frau, offensichtlich eine Mandantin. So elegant, wie sie gekleidet war, vermutlich eine wichtige Mandantin. Eine, die einen Auftrag für Nina hatte? Der sich jetzt wohl erledigt hatte, so, wie sie hier aufkreuzte. Jan machte die beiden Frauen miteinander bekannt.

»Vera Schwab, Nina Wagner.«

Vera Schwab blieb sitzen und reichte Nina die Hand.

»Sie sind das also. Ich habe schon einiges über Sie gehört.«

Nina versuchte, sich für ihren Aufzug zu entschuldigen. Der Regen, der Wind, und hätte sie gewusst, dass …

Vera Schwab sah beiläufig auf ihre Cartier-Armbanduhr.

Etwas aufgesetzt lächelnd bot Jan Nina den Stuhl neben Vera Schwab an.

»Frau Schwab ist aus Hamburg gekommen, weil sie dich mit etwas beauftragen möchte.«

Vera Schwab wandte sich Nina zu und musterte sie.

»Aber wie ich sehe, sind Sie bereits damit ausgelastet, hinter jemandem her zu sein.«

Nina strich sich unwillkürlich die nassen Haare zurück. Um ihre Sneakers herum bildeten sich Pfützen. Ja, hinter mir selbst bin ich her, dachte sie und schüttelte den Kopf.

»Ich habe gerade einen Auftrag beendet. Nur noch ein Protokoll, danach hätte ich Zeit.«

»Erfolgreich beendet?«, fragte Vera Schwab.

Bevor Nina die Frage bejahen konnte, sagte Jan: »Frau Schwab hat etwas über deine Arbeit im Fall Elisabeth Bergmann gehört. Sie möchte, dass du in den nächsten Tagen ihren Mann observierst.«

»In Hamburg?«, fragte Nina.

Vielleicht wurde ihr gerade ein Grund geliefert, Travemünde ohne einen Vorwand zu verlassen. Gleichzeitig war die Vorstellung, in einer großen Stadt wie Hamburg als Ermittlerin tätig zu werden, besorgniserregend. Obwohl Nina dort seit Jahren wohnte, kannte sie sich dort längst nicht so gut aus wie in ihrem Heimatort Travemünde.

»Nein, in Travemünde«, entgegnete Vera Schwab. »Ich brauche jemanden, der sich hier gut auskennt. Bei allem Respekt, in Hamburg hätte ich mir jemand gesucht, der sich dort gut auskennt.«

Na prima, dachte Nina, deshalb schien Jan also so erfreut. Einige Observationen, die sie für ihn in den letzten Monaten durchgeführt hatte, waren vermutlich gar nicht nötig gewesen. Und manche ihrer Recherchen hatten den Mandanten vermutlich unnötige Kosten beschert. Oder hatte Jan sie seinen Mandanten gar nicht in Rechnung gestellt, sondern aus eigener Kasse bezahlt? Vera Schwab schien jedoch eine wirkliche Auftraggeberin zu sein. Eine, die immerhin extra aus Hamburg angereist war.

»Was genau soll ich für Sie tun?«, fragte Nina.

Vera Schwab rückte ihren Stuhl ein Stück zu ihr herum, um Nina besser ins Gesicht sehen zu können. Die Prada-Tasche, die sie an ein Stuhlbein gelehnt hatte, kippte um. Nina und Vera Schwab bückten sich gleichzeitig, um die Tasche wieder aufzustellen. Als sich die beiden Frauen aufrichteten, stießen sie mit den Köpfen gegeneinander. Sie mussten lachen.

»Ich habe gehört, dass es maßgeblich Ihrer Arbeit zu verdanken war, dass der Mörder der älteren Dame, die im Maritim gewohnt hat, gefasst wurde«, sagte Vera Schwab.

Nina schmeichelte das Kompliment. Sie bezweifelte allerdings bis heute, dass der Mann, der gefasst wurde, tatsächlich derjenige war, der Frau Bergmann vom Balkon ihrer Wohnung gestürzt hatte. Wenn dieser Zweifel Nina gelegentlich schlaflose Nächte bereitete, dann versuchte sie, sich damit zu beruhigen, dass sie damals überhaupt keine Erfahrungen als Er mittler in gehabt hatte und dass es die Aufgabe der Polizei gewesen wäre, den wahren Täter zu stellen.

»Ich möchte, dass Sie meinen Mann beschatten«, wiederholte Vera Schwab. »Er wird morgen gegen Mittag anreisen und während der Travemünder Woche jeden Abend auftreten. Er ist Künstler.«

Nina sah Jan fragend an. Auch ihm schien der Name Schwab nichts zu sagen. Vera Schwab bemerkte es.

»Vielleicht haben Sie schon mal etwas über ihn gehört. Oder kennen seine Musik. Ich habe ein Foto dabei …«

Vera Schwab nahm ihre Handtasche auf den Schoß und holte einen Stapel Autogrammkarten hervor. Von Ricci Bell!

Jeder, fast jeder im Lande, sogar Nina, wusste, wie Ricci Bell aussah. Und beinahe jeder kannte wohl sein Lied »Auf allen vieren ins Glück«. Nina konnte sich an keinen Abend im Smokys oder im Nightlife erinnern, an dem es nicht irgendwann gespielt wurde und die Gäste spätestens dann zu schwofen begannen, wenn die ersten Takte erklangen.

Nina betrachtete das offensichtlich etwas ältere Foto des attraktiven Sängers.

»Weshalb soll ich ihn beobachten?«

»Ich möchte gern wissen, was mein Mann vor und nach seinen Auftritten treibt.«

»Weshalb?«, fragte Nina.

»Das soll Ihnen gleichgültig sein. Ich möchte eine Auflistung, wann mein Mann sich in den kommenden Tagen wo aufhält, wenn er nicht gerade auf der Bühne steht. Und mit wem. Das ist alles.«

Nina sah auf das Foto. Warum sagte die Frau nicht, dass sie befürchtete, ihr Mann hätte eine Affäre? Vermutlich wusste sie es bereits.

Vera Schwab packte die Autogrammfotos in ihre Handtasche zurück und holte eine Visitenkarte hervor.

»Ich muss jetzt zurück nach Hamburg. Mein Mann steigt morgen im Maritim ab. Seine Agentur bringt ihn dort immer unter, wenn er in Travemünde Auftritte hat. Ich vertraue auf Ihre Professionalität und Ihre Diskretion. Ihren Tagessatz akzeptiere ich, den hat mir Herr Andresen bereits genannt.«

Nina blickte zu Jan. Der nickte und unterdrückte ein Lächeln. Vera Schwab erhob sich.

»Bitte rufen Sie mich nicht an! Ich werde Sie anrufen! Haben Sie eine Karte für mich, damit ich Sie erreichen kann?«

Nina kritzelte eilig ihre Nummer auf die Rückseite einer Karte von Jan. Es wurde Zeit, sich eigene drucken zu lassen.

Kapitel 3

Der Regen hatte nachgelassen, als Vera Schwab auf ihr Auto zuging. Sie konnte es kaum erwarten zu telefonieren. Doch sie vermutete, dass dieser Anwalt und seine kleine Ermittlerin am Fenster standen und sie beobachteten. Vera drehte sich nicht um, um sich zu vergewissern.

Ihre Knie zitterten bei jedem Schritt. Was hatte sie soeben getan? Sie hatte veranlasst, ihren eigenen Mann auszuspionieren. Etwas, für das sie bis vor Kurzem noch jede andere Ehefrau verabscheut hätte.

»In guten wie in schlechten Zeiten«, hatte Vera ihrem Mann vor über zwanzig Jahren versprochen, und bis vor ein paar Wochen hatte sie keinen Gedanken daran verschwendet, ihr Versprechen nicht zu halten. Dabei hatten Riccis schlechte Zeiten immer überwogen. Nicht weil er in seinem Leben durch Krankheiten oder Schicksalsschläge auf die Prüfung gestellt worden wäre, sondern weil er die Fähigkeit hatte, allen Menschen, die ihn umgaben, und damit auch seiner Frau, das Leben schwer zu machen.

Vera war immer für ihn da gewesen, gleichgültig, was passierte, gleichgültig, was Ricci getan hatte. Doch neuerdings stellte Vera sich eigentümliche Fragen wie: War Ricci eigentlich auch mal für sie da gewesen? War es wirklich normal, dass in einer Beziehung immer der eine der Stärkere und der andere der Schwächere war? Dass der Starke immer gab und der Schwache immer nahm? Täuschte Ricci vielleicht nur vor, schwach zu sein, um nehmen zu können?

Veras Telefon klingelte.

»Wo bist du?«, fragte Ricci.

»Im Fitnessstudio, wie jeden Freitag, das weißt du doch«, antwortete sie.

»Und morgen klappt alles?«

»Ja, ich werde dich nach Travemünde bringen, so wie immer.«

»Du weißt ja, ich kann als Künstler nicht den ganzen Tag Auto fahren, wenn ich abends noch auftreten muss.«

Es sind nur achtzig Kilometer von Hamburg bis Travemünde, dachte Vera und wiederholte, dass sie ihn fahren würde.

»Wann kommst du nach Hause?«, fragte Ricci.

»Ich bin gerade erst angekommen und möchte ein paar Kurse mitmachen und dann in die Sauna. Danach komme ich.«

»Viel Spaß«, sagte Ricci. »Und sieh nach, ob du für morgen noch tanken musst.«

»Mache ich«, sagte Vera, doch da hatte Ricci bereits aufgelegt.

Auf der Strecke zwischen Travemünde und Lübeck fuhr Vera rechts ran und rief den Mann an, dessen Nummer sie auswendig gelernt und nirgends gespeichert hatte. Er ging sofort ans Telefon.

Nachdem Vera sich mit ihm verabredet hatte, löschte sie seine Nummer aus der Liste der getätigten Anrufe.

Kapitel 4

Der Bürgermeister stand an Bord der »Lisa von Lübeck« und eröffnete kurz vor achtzehn Uhr mit einer launigen Rede die Travemünder Woche. Selbstverständlich durfte ein Vergleich zur erst kürzlich stattgefundenen Kieler Woche nicht fehlen: »Wir haben uns in Travemünde fest vorgenommen, besseres Wetter zu haben – aber das dürfte nicht allzu schwer werden …«

Die Sonne schien entgegen allen Voraussagen seit etwa einer Stunde am wolkenlosen Himmel, wie für die Travemünder Woche bestellt.

Junge Männer aus dem Azubi-Team des NDR richteten die letzten Kabel und Scheinwerfer im Medienzelt der Lübecker Nachrichten und des Norddeutschen Rundfunks. Hier würden ab diesem Abend in kurzer Folge nacheinander Künstler auftreten und auf einem großen Bildschirm Berichte übertragen werden.

Die Finanzministerin von Schleswig-Holstein sagte ein paar begeisterte Worte über die Travemünder Woche, bevor zwei junge Segler vom Lübecker Yacht-Club den sportlichen Eid sprachen. »Heißt Flagge!«, rief der Bürgermeister danach ins Mikrofon.

Damit war die zweitgrößte Segelregatta der Welt eröffnet.

Hundert Luftballons stiegen auf. Das Publikum klatschte begeistert und zog los, um die Travemünder Woche zu erobern.

Auf der Trave fuhr das Feuerschiff »Senator Emil Peters« und bot mit seinen meterhohen Fontänen eine imposante Wassershow. Das festlich beleuchtete Riesenrad auf Höhe des historischen Leuchtturms wurde in Gang gesetzt. Farbige Laserstrahlen beleuchteten das historische Segelschiff »Passat«.

Jan erblickte Nina, die ihm lächelnd entgegenkam. Nach einer kurzen Umarmung betraten sie das Medienzelt, auf dessen Außenplätzen gerade auch der Bürgermeister und die Finanzministerin Platz nahmen. Jose Ferreiras, der Sänger, der seit Jahren in der Maritim-Residenz lebte, begrüßte die beiden herzlich, schenkte ihnen seine neue CD und ließ sich gemeinsam mit ihnen fotografieren. Danach ging er in seinem weißen Jackett, das mit schwarzen Noten bedruckt war, zu einem der Tontechniker und ließ sich ein Mikrofon für seinen ersten Auftritt reichen.

Jan und Nina fanden noch Platz an einem freien Stehtisch und orderten zwei Gläser Wein. Jose Ferreiras begann seinen Millionenhit »Malaguena« zu singen. Jan und Nina stießen die Gläser aneinander.

»Da hätte ich ja etwas verpasst, wenn ich nicht in Travemünde geblieben wäre …«, sagte Nina lachend. »Danke, dass du mir den Auftrag von Vera Schwab vermittelt hast!«

Dass sie offenbar wieder mit dem Gedanken gespielt hatte, nach Hamburg zurückzugehen, versetzte Jan einen Stich. Er hatte Nina schon öfter zu verstehen gegeben, dass er sich wünschte, dass sie für immer hier bei ihm in Travemünde blieb. Doch sie hatte sich bis heute nicht eindeutig dazu geäußert.

Sie waren ein Paar. Weshalb wich Nina ihm dann in der Frage des Zusammenlebens aus? Wollte sie ihre Wohnung in Hamburg als Hintertürchen behalten, falls es mit Jan nicht gut ging? Oder missfiel ihr der Gedanke, zu ihm in die Wohnung über seiner Kanzlei am Hafen zu ziehen, weil diese nicht die ihre war und sie sich dort wie eine Besucherin vorkäme?

Jan hatte deshalb ein Immobiliengesuch in einem großen Internetportal aufgegeben. Er wäre bereit, seine jetzige schöne Wohnung zu verlassen, um mit Nina eine neue für ein gemeinsames Leben zu finden. Er setzte an, um ihr dies zu erzählen, doch im selben Moment begann Jose Ferreiras, »Stark wie der Wind« zu singen. Mit diesem Lied, das er 2006 gemeinsam mit der DLRG präsentiert hatte, trat er seitdem jedes Jahr an allen Abenden der Travemünder Woche im Medienzelt auf. Fast alle Gäste sangen lautstark mit, während sie mit erhobenen Armen über den Köpfen Wellenbewegungen machten.

Leute drängten ins Zelt, um an der guten Stimmung, die hier herrschte, teilzuhaben. Ein älteres Paar, das kleine Sonnenschirme in Regenbogenfarben auf dem Kopf trug, gesellte sich an Ninas und Jans Tisch. Nina orderte zwei weitere Gläser Wein. Spätestens als Jose Ferreiras sein Lied »Mein Travemünde« anstimmte, begriff Jan, dass dies kein Abend war, an dem man noch ein ernsthaftes Gespräch führen könnte.

***

Er hielt die Pistole in der Hand.

Fest entschlossen zu schießen.

Jemanden aus dem Weg räumen. Das sagte man doch so.

Er würde jemanden aus seinem Weg räumen.

Ihm blieb keine andere Wahl, um an sein Ziel zu kommen.

Er hatte alle anderen Möglichkeiten in Gedanken durchgespielt.

Manche hatte er sogar probiert.

Er hatte es mit Bitten versucht. Und mit Erpressung. Das Bitten und Flehen hatte ihn von seinem Ziel noch weiter entfernt als die Erpressung.

Der Mensch, den er liebte, würde sich erst für ihn entscheiden, wenn er einen anderen Menschen aus dem Weg räumte.