101 Wien - Reiseführer von Iwanowski - Sabine Becht - E-Book

101 Wien - Reiseführer von Iwanowski E-Book

Sabine Becht

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Beschreibung

Wer Wien kennt, weiß, wie es sich zu leben lohnt. Die Donaumetropole mit Charme, von der aus einst ein Weltreich regiert wurde, hat für jeden Besucher etwas zu bieten: Weltstadtambiente mit "Kaiser-Architektur" und postmodernen Bauten, Museen und Theater von Weltrang, urbane Szene-Lokale, moderne Gourmet-Tempel und alteingesessene Restaurants. Nicht zu vergessen der Inbegriff des Wiener Lebensgefühls schlechthin: das Kaffeehaus.Die Wien-Experten Sabine Becht und Sven Talaron stellen in Ihrem Reise-Verführer "101 Wien – Geheimtipps und Top-Ziele" die wichtigsten Highlights wie Stephansdom und Hofburg sowie außergewöhnliche Tipps abseits der bekannten Sehenswürdigkeiten zusammen. In 101 doppelseitigen Porträts geben sie Reiseempfehlungen in acht Rubriken: u. a. "Stadtviertel und Stadtansichten", "Architektur, Schlösser und Parks", "Essen und Ausgehen" oder auch "Wien kurios – und manchmal auch ein wenig morbid" … Außerdem finden sich Tipps, wie man die Stadt am besten an einem Wochenende erobert: ob "Wien für Einsteiger" "Wien Imperial" oder "Wien mit Kindern".

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Sabine Becht Sven Talaron

101 Wien

Geheimtipps und Top-Ziele

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101 Wien – Geheimtipps und Top-Ziele2. Auflage 2019

© Reisebuchverlag Iwanowski GmbHSalm-Reifferscheidt-Allee 37 • 41540 DormagenTelefon 0 21 33/26 03 11 • Fax 0 21 33/26 03 [email protected]

Titelfoto: Hundertwasserhaus © Olimpio Fantuz/Huber-Images Alle anderen Farbabbildungen: siehe Bildnachweis Seite 250 Layout: Monika Golombek, Köln Karten: Klaus-Peter Lawall, Unterensingen Titelgestaltung: Point of Media, www.pom-online.de Redaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung: Michael Iwanowski

Alle Rechte vorbehalten. Alle Informationen und Hinweise erfolgen ohne Gewähr für die Richtigkeit im Sinne des Produkthaftungsrechts. Verlag und Autoren können daher keine Verantwortung und Haftung für inhaltliche oder sachliche Fehler übernehmen. Auf den Inhalt aller in diesem ebook erwähnten Internetseiten Dritter haben Autoren und Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung dafür wird ebenso ausgeschlossen wie für den Inhalt der Internetseiten, die durch weiterführende Verknüpfungen (sog. „Links“) damit verbunden sind.

ISBN epub: 978-3-86457-370-5ISBN Mobipocket: 978-3-86457-371-2ISBN pdf: 978-3-86457-372-9

Inhalt

Einleitung

Wien – ein Lebensgefühl

Wien entdecken

Ein Wochenende in Wien

Stadtviertel und Stadtansichten

     1   Wiener Lebenswelten – Wo reiche, arme, kreative und bürgerliche Wiener wohnen

     2   Das Herz der Stadt – die Gassen und Plätze in der Inneren Stadt (1. Bezirk)

     3   Flaniermeilen der Inneren Stadt – Kärntner Straße, Graben, Kohlmarkt, Tuchlauben

     4   Die Wiener Hofburg – Zentrum einer Weltmacht

     5   Das Kaffeehaus – ein Wiener Lebensgefühl

     6   Ein Hoch auf den Prachtboulevard – die Wiener Ringstraße

     7   Wiener Jugendstil und Aufbruch in die Moderne – auf den Spuren von Otto Wagner

     8   Wien kulinarisch und multikulturell – der Naschmarkt

     9   Jüdisches Wien

   10  Das MuseumsQuartier Wien – eine großartige urbane Kulturlandschaft

   11  Wiener Theaterwelten – die „Burg“ und andere Bühnen

   12  Cooles Wien – am Neubau (7. Bezirk)

   13  Schöner Wohnen im 9. Bezirk – der schicke Alsergrund

   14  Wiener Naherholung – der Prater

   15  Wien von oben – die schönsten Aussichtspunkte der Stadt

   16  Hippes Wien – das Freihausviertel

   17  Wohnen zwischen Touristenattraktionen und Diplomatenviertel – der 3. Bezirk

   18  Weinstadt Wien

Geschichte erleben

   19  Das Römermuseum – der Legionsstandort Vindobona

   20  Das älteste Kloster der Stadt – das Schottenstift an der Freyung

   21  Der Stephansdom – gotische Hochkultur

   22  Die Neidhart Fresken – Darf ich bitten?

   23  Karlskirche und Karlsplatz

   24  Sisi-Museum und Kaiserappartements – die schöne Kaiserin und ihr Museum

   25  Das Parlament – ein Tempel für die Demokratie

   26  Nicht nur ruhmvoll – der Heldenplatz

   27  Die Entdeckung des Unbewussten – im Sigmund Freud Museum

   28  Musikalisches Wien – den großen Komponisten auf der Spur

   29  hgdö – Haus der Geschichte Österreich

   30  Das Wien Museum am Karlsplatz – alles über Wien

   31  Das Hofmobiliendepot – Schöner Wohnen in Wien

   32  Das Heeresgeschichtliche Museum im Arsenal – vom Mantel der Geschichte

   33  Dem Zorn Gottes entkommen – die Pestsäule am Graben

   34  Reitkunst in Vollendung – die Spanische Hofreitschule

   35  Das „Rote Wien“ – der Karl-Marx-Hof und sein Waschsalon

   36  Die Votivkirche – ein Gotteshaus aus Dankbarkeit

   37  Alfred Hrdlickas Mahnmal gegen Krieg und Faschismus

   38  Technisches Museum Wien – die Geschichte des Fortschritts

Architektur, Schlösser und Parks

   39  Der Burggarten – ehedem Majestäten vorbehalten

   40  Maria-Theresien-Platz – ein Gesamtkunstwerk

   41  Schloss Schönbrunn – die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Österreichs

   42  Ein barockes Gesamtkunstwerk – das Belvedere

   43  Der Rathausplatz und das Rathaus

   44  Noch mehr Jugendstil – Otto Wagners Kirche am Steinhof

   45  Der Flakturm im Esterházypark – Unterwasserwelten im Hochbunker

   46  Jenseits der Donau – „UNO-City“ (VIC) und Donau City

   47  Zeitgenössische Architektur – die Postmoderne in Wien

   48  Der Wiener Stadtpark – Wiens erste kommunale Parkanlage

   49  Im Augarten – Flaktürme und Porzellanmanufaktur

Kunst und Kultur – die Museen der Stadt

   50  Albertina – Dürers Hase und Monets Seerosen im erzherzoglichen Palais

   51  Leopold Museum und mumok – die großen Museen im MuseumsQuartier

   52  Das österreichische Literaturmuseum im Grillparzerhaus

   53  Das Kunsthistorische Museum – ein Museum von Weltrang

   54  Das Naturhistorische Museum – von Dinos und Dodos

   55  Wahrzeichen des Wiener Jugendstils – die Secession

   56  Die Schatzkammer – Insignien der Macht

   57  Das Weltmuseum – in 14 Sälen um die Welt

   58  MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst

   59  Die Sammlung österreichischer Kunst im Oberen Belvedere

   60  WestLicht und OstLicht – Kunst, belichtet

   61  Der Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek – barocker Büchertempel

   62  Die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste – zu Gast im Theatermuseum

   63  Das letzte Atelier des Meisters – die Klimt Villa in Hietzing

Bummeln und Einkaufen, Essen und Ausgehen

   64  Dorotheum – berühmtes Auktionshaus und Pfandleiher de Luxe

   65  Julius Meinl, Demel und das Schwarze Kameel

   66  Wiener Märkte – nicht immer nur Naschmarkt

   67  Vienna handmade – feines Tuch und edle Schuhe wie zu k. u. k. Zeiten

   68  Shoppingmeilen Gumpendorfer und Mariahilfer Straße

   69  Wiener Weihnachtsmärkte – Adventszauber und Punsch

   70  Wiener Kaffeehäuser II – noch mehr Kaffeehauskultur

   71  Wiener Küche I – Wirtshäuser und Beisl

   72  Wiener Küche II – Gourmettempel und Restaurants

   73  Und bei Nacht – Wiener Barleben

Wien kurios – und manchmal auch ein wenig morbid …

   74  Es lebe der Zentralfriedhof – und alle seine Toten

   75  Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof – Impressionen zur letzten Reise

   76  Kapuzinergruft – die letzte Ruhestätte der Habsburger

   77  Der Narrenturm – Schrecken und Fortschritt im Guglhupf

   78  Sechs Jahrhunderte Zeit – das Uhrenmuseum

   79  Das Globenmuseum – Weltenreise im Palais Mollard

   80  Kunstvoll, aber unecht – das Fälschermuseum

   81  Das Kriminalmuseum – Einblick in die Abgründe der menschlichen Seele

   82  Der Friedhof der Namenlosen – ein melancholisches Idyll

   83  Die Spinnerin am Kreuz – Richtstätte am Bildstock

Aktivitäten

   84  Sightseeing im Zweispänner – Fiaker in Wien

   85  „Alles Walzer“– Ballsaison in Wien

   86  Ein echtes Volksbad – das Amalienbad

   87  Wiener Sommerfrische – die Freibäder der Stadt

   88  Wiener Wintertraum – Eislaufen in der Stadt

   89  Wien von unten – auf den Spuren des Dritten Manns

   90  Die exotische Menagerie – Tiergarten Schönbrunn, Palmenhaus und Wüstenhaus

   91  Wiener Spaziergänge – Stadtführungen für Individualisten

Ausflüge

   92  Naturparadies vor den Toren der Stadt – die Lobau im Nationalpark Donau-Auen

   93  Zum Heurigen I – Grinzing und Nußdorf

   94  Kahlenberg und Leopoldsberg – die aussichtsreiche Höhenstraße über Wien

   95  Im Wienerwald am Rande der Stadt – der Lainzer Tiergarten

   96  Ort einer Tragödie – Mayerling

   97  Zum Heurigen II – Gumpoldskirchen: Ausg’steckt is!

   98  Klosterneuburg – ein Ausflug in die Welt der sakralen Schätze

   99  Ausflug zum Neusiedler See – das kleine Meer im Burgenland

 100 Thermen – Baden bei Wien und Bad Vöslau

 101 Tulln an der Donau – die Geburtsstadt Egon Schieles

Anhang

Wien in Zahlen

Geschichtlicher Abriss

Besondere Unterkünfte

Wien für Kinder

Festivals und Events

Praktische Informationen

Anreise

Stichwortverzeichnis

Bildnachweis

Die Autoren

Kartenmaterial

Dieses Buch enthält folgende Karten:

Wien Innenstadt

Wien Umgebung

Wien – ein Lebensgefühl

Willkommen in der lebenswertesten Großstadt der Welt! Das finden nicht nur wir, das ist sogar amtlich bzw. in Umfragen so ermittelt. Damit liegt die Donaumetropole noch vor Städten wie Sydney, Vancouver oder Zürich. Den Wienern wird so ein Ranking letztlich wurscht sein, weil’s eh klar ist.

Wer Wien kennt, weiß, wie es sich zu leben lohnt – allem vielbesungenen Tod, der ja ein Wiener sein soll, zum Trotz – oder vielleicht sogar wegen des morbiden Charmes, der aber selbst schon ein wenig verblichen ist. Ein Weltreich wurde einst von Wien aus gelenkt! Passé. Vergangen ist all die habsburgische Macht. Die Pracht ist geblieben, an allen Ecken und Enden der Stadt – und eine gewisse Langmut mit den Zeitläuften. Auch das Fin de Siècle ist schließlich schon über hundert Jahre her.

Längst ist Wien eine moderne, weltgewandte Stadt, eine internationale Metropole, eine Drehscheibe nach Osteuropa und in den Nahen Osten, ein europäisches Scharnier, eine junge Stadt mit einem aufregenden Nachtleben und ein Paradies für Genießer. Und natürlich ist Wien die Welthauptstadt der Musik und ein Epizentrum der deutschsprachigen Bühnenwelt – wer zum Ensemble des Burgtheaters gehört, hat es geschafft in diesem Schauspielerleben.

Wer sich für Kunst interessiert, kann sich in Wien verlieren, geradezu verschollen gehen zwischen Kunsthistorischem Museum, Gemäldegalerie und Leopold Museum, traumwandeln zwischen Secession, Oberem Belvedere und Kirche am Steinhof oder geradewegs in die Albertina oder ins Museum für angewandte Kunst (MAK) marschieren. Nicht zu vergessen der Inbegriff des Wiener Lebensgefühls schlechthin: das Kaffeehaus. Auch hier ist es durchaus denkbar, sich über Stunden zu verlieren, einfach dazusitzen und zu schauen, Zeit zu haben. Wenn man sich umguckt, sind es doch beneidenswert viele Wiener, die genau das tun.

Und wenn man an einem heißen Sommertag am Beckenrand des Krapfenwaldlbads sitzt und über die flimmernde Stadt sieht, wenn man sich nach der größten Hitze aufmacht, hinunter nach Grinzing zu schlendern, und wenn man dort im Heurigen einkehrt, um sich bei dem ein oder anderen Achterl von den Strapazen des Tages zu erholen, dann weiß man sich nahe am Paradies.

Von vielen Klischees freilich muss man sich verabschieden. Wien ist weit mehr als Sisi und Fiaker, Sachertorte, Walzer und Mehlspeise. Und doch geht es nicht ohne. Dieses Buch möchte Sie zu den großartigen Sehenswürdigkeiten führen und auch ein wenig abseits, zu Stephansdom und Hofburg-Pracht, aber auch in die nicht ganz so prominenten Bezirke jenseits der Inneren Stadt.

Wir wünschen viel Vergnügen!

Sabine Becht und Sven Talaron

PS: Derzeit wird in Wien viel renoviert und gebaut, man könnte meinen, die ganze Stadt soll erneuert werden, so viele Baukräne, Gerüste und Absperrungen bestimmen das Bild. Leider sind deshalb einige Sehenswürdigkeiten – darunter das Parlament, das Wien-Museum, das Freud-Museum und die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste – in den Jahren 2019 und teils auch 2020 nicht oder nur eingeschränkt zugänglich (teilweise gibt es Ausweichquartiere).

Ein Wochenende in Wien

Zum ersten Mal in Wien?

Beim erstmaligen Besuch der österreichischen Hauptstadt steht einiges auf dem Programm. Es gibt viel zu sehen. Starten Sie in der Mitte, am Stephansdom (S. 54) und kreiseln Sie sich erst einmal zum Ring: ein Bummel durch die Innere Stadt (S. 14, 16), wahlweise eine kleine Rundfahrt im Fiaker (S. 190), führt zum Michaelerplatz und zur Hofburg (S. 18), anschließend geht es mit der Straßenbahn den Ring (S. 22) entlang – und weiter zum Prater, also zum Riesenrad (S. 38). Zwischendrin den Kaffeehausbesuch (S. 20, 158) nicht vergessen!

Wien für die Kunst

Wie viel Zeit haben Sie mitgebracht? Erste Anlaufstelle ist das MuseumsQuartier (S. 30): Vor allem das Leopold Museum (S. 118) sollte man nicht verpassen. Klassische Moderne bieten die Ausstellungen der Albertina (S. 116). Für den Besuch im weltberühmten Kunsthistorischen Museum (S. 122) ist ein halber Tag eher knapp kalkuliert. Die Gemäldegalerie (S. 140) birgt weitere Meister. Ein Tempel des Jugendstils ist die Secession (S. 126), noch mehr Klimt hängt im Oberen Belvedere (S. 134), auch hierfür sollte man ausreichend Zeit einplanen. Abends geht es natürlich ins Theater: ins Theater in der Josefstadt (S. 33), idealerweise in ein Nestroy-Stück, oder gleich ins Burgtheater (S. 32).

Wien Imperial

Die Imperiale Tour pendelt wie einst Maria Theresia von der Hofburg (S. 18) nach Schloss Schönbrunn (S. 96), wo man mit der Besichtigung von Schloss und Park locker einen halben Tag verbringen kann. Wer in der Innenstadt bleibt, kann ins Sisi-Museum (S. 60) und die Hofreitschule (S. 80), dann Mittagessen im Burggarten und das Kunsthistorische Museum (S. 122) besuchen, dort geht es auch ins Café (oder ins Landtmann). Abschließend kann man von den Habsburgern noch Abschied nehmen: in der Kapuzinergruft (S. 172).

Wien entspannt

Erstmal ins Kaffeehaus Ihrer Wahl – zum Frühstück, ausgiebig. Sie sind schließlich in der Welthauptstadt des Kaffeehauses (S. 20, 158). Danach empfiehlt sich ein Spaziergang, im Stadtpark (S. 110) oder im grünen Prater (S. 38), Baden in der Donau (Gänsehäufel, S. 196) oder mit Aussicht (Krapfenwaldlbad, S. 197) oder bei schlechtem Wetter im denkmalgeschützten 1920er-Jahre-Arbeiterbad (S. 194).

Wien mit Kindern

Der Prater (S. 38) scheint fast unumgänglich: Riesenrad, Kettenkarussell, Autoscooter, Ponyreiten und andere Attraktionen – und im Winter geht es zum Eislaufen auf den Rathausplatz (S. 198). Aber auch zahlreiche Museen haben ihr Angebot kindgerecht erweitert. Ob Quadrilletanzen im Kindermuseum von Schloss Schönbrunn oder die Mitmachprogramme im ZOOM Kindermuseum (S. 31) im MuseumsQuartier; nicht zu vergessen – Dinos! – das Naturhistorische Museum (S. 124).

   1    Wiener Lebenswelten – Wo reiche, arme, kreative und bürgerliche Wiener wohnen

Die österreichische Bundeshauptstadt ist eine vielseitige und internationale Metropole, in der die unterschiedlichsten Menschen verschiedenster Herkunft eine Heimat gefunden haben. Zurzeit sind dies knapp 1,9 Millionen, und Wien wächst – jährlich um etwa 25.000 neue Bürger. Als Kapitale der über sechs Jahrhunderte währenden Donaumonarchie ist die Stadt rasantes Wachstum gewohnt. Während zu Habsburger Zeiten die Einwanderer aus Böhmen und Mähren, Galizien und der Bukowina kamen, waren es im 20. Jh. Türken und Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien. In jüngster Zeit finden vor allem auch Deutsche in Wien eine (Wahl-)Heimat. Und: Wien ist das Tor zum (Süd-)Osten und zum Nahen Osten. Die Stadt ist Drehscheibe zwischen Europa und der arabischen Welt, Organisationen wie die OPEC und die UNO haben hier ihren Sitz.

Über die heutigen österreichischen Wiener – immerhin rund 70 % aller Bewohner der Donaumetropole – kann man sagen, dass die meisten irgendwann aus irgendeinem Teil des österreichisch-ungarischen Vielvölkerstaates nach Wien gekommen sind, worauf allein schon die vielen slawischen, ungarischen, böhmischen, mährischen und sonstigen Nachnamen schließen lassen. Wien ist eine Einwanderungsstadt – und das schon seit Jahrhunderten.

Die meisten Wiener lieben ihren Bezirk, in dem sie wohnen, und besonders ihr Grätzl (was sich am ehesten mit dem Berliner Kiez oder Veedel in Köln gleichsetzen lässt), aus dem man nur ungern in ein anderes Grätzl oder gar einen anderen Bezirk umsiedeln würde. Eine Wiener Besonderheit ist der Gemeindebau (sozialer Wohnungsbau), der heute etwa 220.000 Wohnungen in der Stadt zählt. Rund eine halbe Million Wiener wohnt in den subventionierten Wohnungen, was die andernorts so viel beklagte Gentrifizierung in Wien zumindest in Grenzen hält. Was auffällt, sind die zahlreichen und häufig sehr noblen Dachaufbauten auf mehrstöckigen Häusern: Luxuspenthouses mit Blick über die Stadt und dennoch mittendrin.

Die Innere Stadt, der 1. von 23 Bezirken, ist der teuerste, aber auch der am wenigsten bewohnte Bezirk. Hier wird eher gearbeitet als gewohnt, was sich ohnehin nur die wenigsten leisten können – laut Statistik nur etwa 16.500 Menschen. Ministerien, Unternehmen, Kanzleien, Arztpraxen, aber auch Museen und Hotels besiedeln diesen Bezirk. Reiche Wiener residieren hier vereinzelt in den stilvollen Altbauetagen, bevorzugt aber in den grünen Wiener Bezirken: im vornehmen Hietzing (13.) am Rand des Wienerwalds oder aber im nicht minder vornehmen Währinger bzw. Döblinger Cottageviertel um den Türkenschanzpark (im Norden von Wien im 18./19. Bezirk). Mindestens genauso exklusiv lebt es sich in Grinzing (19.) in den Villen am Fuß der Weinberge.

Wer in der bunt gemischten Leopoldstadt (2. Bezirk) auf der anderen Seite des Donaukanals oder im 3. bis 9. Wiener Gemeindebezirk – also zwischen Ring und Gürtel – lebt, zählt vielleicht nicht zu den reichen, in der Regel aber auch nicht zu den armen Wienern. Kreative leben im Freihausviertel und rundum auf der Wieden (4. Bezirk), zunehmend auch im angrenzenden Margareten (5. Bezirk) und am Neubau (7. Bezirk). Etwas bürgerlicher geht es in den feinen Altbauten der Josefstadt (8. Bezirk), dem kleinsten aller 23 Wiener Bezirke zu, der gemeinsam mit dem Neubau auch „Boboville“ genannt wird – hier sind die bourgeoisen Bohemiens zu Hause. Noch akademischer und auch bürgerlicher ist der Alsergrund (9. Bezirk), in dem dank des neuen Allgemeinen Krankenhauses AKH (des größten Österreichs) und des Unicampus im Alten AKH eine besonders hohe Dichte an Hochschulabsolventen anzutreffen ist. Begehrte Wohngegend am Alsergrund ist das Servitenviertel um die Servitenstraße.

Außerhalb des Gürtels wohnen in den klassischen Arbeiterbezirken Favoriten (10.), Simmering (11.) und Teilen von Meidling (12.) sowie in Ottakring (16.) die nicht ganz so reichen Wiener, wobei einige Ecken wie das Yppenviertel in Ottakring zu neuen In-Vierteln avancierten. Die meisten Migranten leben in Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) und in Favoriten, dem mit über 200.000 Menschen einwohnerstärksten aller Bezirke.

Heute dehnt sich Wien in Richtung Osten aus, Donaustadt (22.) und Floridsdorf (21.) sind die größten Wiener Wohngebiete in „Transdanubien“ – also jenseits der Donau. Riesige Neubauprojekte wie die Seestadt Aspern (Donaustadt) mit rund 240 Hektar Fläche, das Sonnwendviertel (Favoriten) oder das Nordbahnhofsgelände (Leopoldstadt) schaffen neuen Wohnraum in der stetig wachsenden Stadt.

Die Wiener nutzen ihren Burggarten im Sommer gerne zum Entspannen und geselligen Beisammensein

   2   Das Herz der Stadt – die Gassen und Plätze in der Inneren Stadt (1. Bezirk)

Die Wiener Altstadt lässt sich idealerweise zu Fuß erkunden, ein relativ kleiner, aber gehaltvoller Spaziergang führt zu einigen der schönsten Plätze der Stadt. Als Ausgangspunkt eignet sich bestens der Hohe Markt: Hier befand sich im – noch recht kleinen – römischen und dann mittelalterlichen Wien das Herz der Stadt, mit Markt, Schranne (Gerichtsgebäude), Pranger und Galgen. Heute erhebt sich hier der barocke Vermählungsbrunnen (der Hohepriester vermählt Josef und Maria). In der Ecke steht die berühmte Ankeruhr, die als Meisterwerk des Jugendstils gilt. Zwölf Figuren der Zeitgeschichte durchlaufen die Zeit jede Stunde, um 12 Uhr mittags erscheinen sie nacheinander zu verschiedenen Spielweisen.

Vom Hohen Markt in nordwestliche Richtung sind es auf der Wipplinger Straße nur wenige Minuten zum Alten Rathaus, das heute im hochbarocken Stil glänzt, in seinen Ursprüngen jedoch viel älter ist und bis 1883 das Rathaus der Stadt war. Wiederum wenige Schritte sind es zur Hohen Brücke, deren volle Jugendstilpracht sich allerdings erst erschließt, wenn man sie von unten vom Tiefen Graben aus betrachtet (am schnellsten zu erreichen über die Schwertgasse und bei Maria am Gestade die Treppen hinunter). Von der Hohen Brücke ist es nur ein Katzensprung zum Börseplatz mit dem mächtigen, 1877 von Theophil Hansen erbauten Börsengebäude im Neorenaissancestil. Die heutige Börse befindet sich im Barockpalais Caprara-Geymüller in der Wallnerstraße.

Juwel des Jugendstils: die Ankeruhr am Hohen Markt

Retour von der Hohen Brücke geht es nach rechts durch die Färbergasse zum Platz Am Hof, dem größten Innenstadtplatz und ehemals römischen Heereslager mit dem heute noch genutzten barocken Zeughaus der Wiener Feuerwache und der zentralen Mariensäule (Mitte 17. Jh.). Dann wendet man sich von der Wipplinger Straße nach links in die Schwertgasse. Hier trifft man auf die sehenswerte Kirche Maria am Gestade, deren Name daher rührt, dass es einst an dieser Stelle vor der Donaubegradigung ein steiles Ufer über dem Fluss gab. Eine erste Kirche entstand hier bereits im Jahr 1154, später wurde gotisch umgebaut.

Über Salvatorgasse, Fischerstiege und Sterngasse gelangt man linkerhand zum Ruprechtsplatz mit der ältesten Kirche der Stadt, St. Ruprecht aus dem 8./9. Jh. (gotischer Anbau aus dem 11. Jh.). Das winzige Kirchlein hoch über dem Donaukanal geht heute ein wenig unter im allgemeinen Nightlifetrubel des Bermudadreiecks. Am Platz befand sich bis 1824 auch das alte Wiener Salzamt, in dem das wertvolle Konservierungsmittel mit hohen Steuern belegt wurde. Über die Seitenstettengasse (hinter Haus Nr. 4 verbirgt sich die Wiener Synagoge) und Rabensteig gelangt man in die Griechengasse im ehemaligen Griechenviertel: einst ein bedeutender Handelsplatz in Wien. Das Griechenbeisl kennt jeder in Wien, ein paar Häuser weiter hat die griechisch-orthodoxe Gemeinde ihre prachtvoll ausgeschmückte Kirche. Wenn sie geöffnet ist, kann man ruhig einen Blick hineinwerfen.

Der „Donnerbrunnen“ (Providentia-Brunnen von Georg Raphael Donner), wie er nach Bau der Tiefgarage wieder aussehen soll ...

Die nahe gelegene Schönlaterngasse zählt zu den schönsten in der Altstadt. Der schönste Platz ist für viele der ein Stück südlich gelegene, wunderbar beschauliche Franziskanerplatz mit seinen kleinen Lokalen. An der parallelen Himmelpfortgasse beachte man das mächtige barocke Winterpalais von Prinz Eugen – heute Museumsstandort des Belvedere. Durch sie gelangt man geradewegs, die Kärntner Straße überquerend, zum Neuen Markt: Schon im 13. Jh. gab es hier einen Markt, ab dem 14. Jh. befand sich hier ein großer Getreidespeicher, daher auch der Beiname Mehlmarkt. Der Providentia-Brunnen von Georg Raphael Donner (auch: Donnerbrunnen) aus dem Jahr 1739 zählt zu den schönsten und bedeutendsten Barockbrunnen der Stadt (er wurde zuletzt aber abgebaut und wird erst 2022 nach Vollendung der Tiefgarage am Platz wieder aufgestellt).

Info

Hinkommen: U 1/U 3 bis Stephansplatz, Bus 1 A und 3 A bis Hoher Markt.

Essen & Trinken:Griechenbeisl, Griechengasse 9/Fleischmarkt 11, Tel. 01/5331977, www.griechenbeisl.at, tgl. durchgehend 11–1 Uhr geöffnet. Das Griechenbeisl ist ein historisches Beisl und rühmt sich, das älteste Gasthaus Wiens zu sein. Der berühmte Augustin (S. 78) war hier Stammgast, aber auch alle anderen, die in der Stadt Rang und Namen hatten.

   3   Flaniermeilen der Inneren Stadt – Kärntner Straße, Graben, Kohlmarkt, Tuchlauben

Die Kärntner Straße zwischen Staatsoper und Stephansplatz ist die Shoppingmeile Nummer eins in Wien. Die Schlucht zwischen den hoch aufragenden, eleganten Stadtpalais wurde schon in den 1970er-Jahren zur Fußgängerzone umfunktioniert. Historische Erwähnung fand sie als „Strata Carinthianorum“ erstmals 1257 – als Straße nach Kärnten (und weiter Richtung Triest und Venedig). 1776 wird erstmals von der „Kärnthnerstraße“ berichtet. Heute sind hier große Modekaufhäuser wie auch die repräsentative Kristallwelt von Swarovski ansässig – und natürlich auch viele internationale Ketten wie Benetton, Douglas, Peek & Cloppenburg, H & M, Mango, Wolford und Palmer – an sich nicht viel anders als in jeder Fußgängerzone einer beliebigen europäischen Großstadt. Ins Auge fällt aber dennoch das Nobelkaufhaus Steffl, das auf acht Stockwerken Mode, Accessoires, Schuhe und Kosmetik vieler bekannter Designer anbietet – nicht gerade günstig allerdings. Bar und Restaurant im siebten Stock bieten Entspannung mit Ausblick.

Wer Richtung Stephansdom geht, wird auf der linken Seite die auffällige Fassade der „Niederlage“ von J. & L. Lobmeyr kaum übersehen. Das 1823 gegründete Unternehmen, Hoflieferant für verschiedene Königshäuser, bietet in seinem eleganten Firmensitz in der Kärntner Straße 26 edelstes Kristallglas, Porzellan und beeindruckende Kronleuchter, entworfen von den größten Designern ihrer Zeit – darunter Adolf Loos, Josef Hoffmann und Helmut Lang. Man traut sich kaum hinein aus Angst, die filigranen Glaswerke versehentlich anzustoßen oder gar zu Fall zu bringen. Schließlich sind 25.000 Euro für einen der großen Kristallluster durchaus Respekt einflößend.

Blickfang auf der Kärntner Straße: die „Niederlage“ von J. & L. Lobmeyr

Ein Stück weiter auf der gleichen Seite erreicht man die 1948 gegründeten Österreichischen Werkstätten (Kärntner Straße 6), die aus der berühmten Wiener Werkstätte von 1903 (gegründet u. a. von Josef Hoffmann und Koloman Moser) hervorgehen: Porzellan und Gläser, u. a. nach Entwürfen von Josef Hoffmann, auch Schmuck und Accessoires.

„Sehen und gesehen werden“ ist das Motto am Graben wie kaum anderswo in der Stadt, entsprechend hoch sind die Heels, im Winter trägt man fast selbstverständlich Pelz und ganzjährig großes Make-up. Ins Haas-Haus am Eck zum Stephansdom ist jüngst eine Nobelversion von „Zara“ eingezogen und auch sonst herrscht an edlen Geschäften kein Mangel (das edelste ist vielleicht: „Knize“, S. 152). Ursprünglich römischer Festungsgraben, befand sich hier im Mittelalter ein Markt, später war der Graben Fest- und Prozessionsplatz. Zahlreiche eindrucksvolle Palais flankieren den lang gezogenen Platz mit der mächtigen Pestsäule (S. 78). Heute ist der Graben eine der bekanntesten und wichtigsten Shoppingmeilen Wiens.

Tipp

Von der schicken Sky Bar im Kaufhaus Steffl genießt man einen schönen Blick auf die Stadt und den Stephansdom, Panoramalift beim Eingang hinauf in den 7. Stock (s. auch unter „Wien von oben“, S. 40, und „Wiener Barleben“, S. 164).

Übrigens: Wer mal „muss“, kann am Graben die sehenswerte öffentliche Jugendstiltoilette aus dem Jahr 1905 aufsuchen.

Der Kohlmarkt (im Mittelalter Holzkohlenmarkt) zwischen Graben und Michaelerplatz vollendet das sogenannte „Goldene U“, das der Straßenverlauf Kärntner Straße, Graben und Kohlmarkt beschreiben. Hier werden die höchsten Mieten Wiens gezahlt, folgerichtig reihen sich hier die großen Luxuslabels aneinander: von Armani bis Zegna, dazu Nobeljuweliere wie Cartier und Tiffany.

In entgegengesetzte Richtung ab Graben schließt sich mit Tuchlauben, Bogner- und Seitzergasse (dem sogenannten „Goldenen Quartier“) und der modernen Passage zwischen den beiden Letzteren ein weiteres Nobelshoppingareal an.

Shoppingvergnügen rund um den Stephansplatz

Info

Hinkommen: U 1 und U 3 bis Stephansplatz, die Straßenbahnen D, 1, 2 und 71 bis Opernring/Kärntner Ring.

Information:

Öffnungszeiten: Die Wiener Innenstadtgeschäfte haben in der Regel Mo–Fr 9–18.30, Sa bis 17 bzw. 18 Uhr geöffnet, Kaufhäuser (z. B. Steffl, P & C) Mo–Fr 10–20, Sa 9.30–18 Uhr, Shoppingcenter wie die Ringstraßen-Galerien Mo–Fr 10–19, Sa 10–18 Uhr.

Essen & Trinken: Die Gegend um den Graben ist ein kulinarisches Paradies, wenn auch ein eher teures, Näheres hierzu S. 148.

In der Nähe: Pestsäule am Graben (S. 78), Stephansdom (S. 54), Hofburg (S. 18)

   4   Die Wiener Hofburg – Zentrum einer Weltmacht

Eine ewige Baustelle. Ewig wie die Dynastie der Habsburger. Vom gotischen Burgkern bis zum secessionistischen Palmenhaus verging kaum ein Jahrhundert, ohne dass an der Hofburg gebaut wurde, kaum eine Generation, die nicht ihren architektonischen Fingerabdruck hinterlassen wollte. Doch bekanntlich endete auch die Herrschaft der Habsburger, und mit ihr erlag die Bautätigkeit an der Herrschaftszentrale.

Man muss sich erst einmal einen Überblick verschaffen über dieses vielgestaltige architektonische Ungetüm. Von der Albertina bis zur Amalienburg, von der Hofreitschule bis zum Ring erstrecken sich in 18 unterschiedlichen Trakten und um 19 Höfe insgesamt mehr als 2.600 Räume – das ergibt unüberschaubare 240.000 Quadratmeter. Über 600 Jahre lang lebte hier (und ließ bauen) eine regierende Dynastie, deren jeweiliges Oberhaupt die Geschicke des Landes, nach 1438 auch des Heiligen Römischen Reiches und nach dessen Untergang des Österreichischen Kaiserreichs lenkte.

Die Baugeschichte ist so verworren, wie sie lang ist. Zwar gab es immer wieder Pläne, die Heimstatt der Habsburger in eine baulich einheitliche Residenz umzuformen, doch auf Wien marschierende Türken und der ständige Geldmangel verhinderten einen geschlossenen Ausbau. Also wurde in nahezu jedem Jahrhundert angefügt und abgerissen, über-, um- und ausgebaut.

Besonders prachtvoll: die Michaelerkuppel der Wiener Hofburg

Der erste Stein wurde wahrscheinlich bereits in der ersten Hälfte des 13. Jh. unter den Babenbergern gesetzt. Die Wehrburg von Herzog Friedrich II., dem Streitbaren, ist der gotische Kern der Alten Burg, die heute Schweizertrakt genannt wird – übrigens nicht als Reminiszenz an die schweizerische Herkunft der Habsburger, sondern weil die Schweizergarde im 18. Jh. hier Wachdienst versah. Diese Alte Burg machte der Habsburger Herzog Albrecht II. 1339 zu seiner Residenz. 1449 wurde auf den Grundmauern einer gotischen Kapelle die Hofburgkapelle errichtet. Unter Ferdinand I. wurde Mitte des 16. Jh. die mittelalterliche Burg ausgebaut. Der Schweizertrakt verlor seine Ecktürme und erhielt dafür ein Antlitz im Renaissancestil, namentlich das Schweizertor, die heute Stallburg genannte fürstliche Wohnanlage wurde errichtet – auch dieser Name wurde im 18. Jh. vergeben, als die berühmt-beliebten Lipizzaner einzogen (Hofreitschule, S. 80) – und kurze Zeit später die Amalienburg. Letztere wurde im 17. Jh. unter Leopold I. mit dem Schweizertrakt verbunden: durch den frühbarocken Leopoldinischen Flügel, heute residiert darin der Bundespräsident.

Im 18. Jh. begann eine üppige barocke Bauphase, dank des kunstsinnigen Kaisers Karl VI.: Es entstanden grandiose Bauten wie die Hofbibliothek mit dem Prunksaal (S. 138) und die Winterreitschule (S. 80) sowie der Reichskanzleitrakt, darin befinden sich heute das Sisi-Museum und die Kaiserappartements, die bis in den Amalienburgtrakt reichen (S. 60). Maßgebliche Baumeister dieser Epoche waren Vater (Johann Emanuel) und Sohn (Joseph Emanuel) Fischer von Erlach. Von dem Jüngeren stammen auch die Pläne für den fotogenen Michaelertrakt, der aber erst Ende des 19. Jh. realisiert wurde. Stallburg und Hofreitschule wurden unter Maria Theresia mit dem Schweizertrakt verbunden, mittels des Redoutensaaltrakts. Dieser umfasst mit der Hofbibliothek und dem ebenfalls Mitte des 18. Jh. errichteten Augustinertrakt (der seinerseits Augustinerkloster und damit auch die Albertina an die Hofburg anschließt) den schmucken Josefsplatz samt Augustinerkirche, der Traukirche der Habsburger mit ihrer „Herzgruft“ (s. auch S. 173).

Der baufreudige Kaiser Franz Joseph I. schließlich hatte ganz Großes mit der Hofburg vor. Kolossal sollte das Kaiserforum werden, das Juwel des Rings (S. 22). Doch entstanden ist „lediglich“ die Neue Burg, der zweite Flügel wurde nicht mehr realisiert (s. auch Heldenplatz, S. 64). Auch das letzte Gebäude, das der Hofburg angefügt wurde, stammt aus der Zeit des Fin de Siècle: das Jugendstil-Palmenhaus im Burggarten (S. 92). Die Zeit der Habsburger neigte sich dem Ende zu und mit ihr die gestaltreiche Baugeschichte der Hofburg.

Info

Hinkommen: U 2 bis MuseumsQuartier, U 3 bis Herrengasse, Straßenbahn D, 1, 2 und 71 bis Burgring oder Karl-Renner-Ring.

In der Hofburg: Sisi-Museum, Kaiserappartements, Silberkammer (S. 60), Spanische Hofreitschule (S. 80), Schatzkammer (S. 128), Österreichische Nationalbibliothek mit Prunksaal (S. 138), Albertina (S. 116), Burggarten (S. 92).

   5   Das Kaffeehaus – ein Wiener Lebensgefühl

200.000 Melanges werden in Wiener Kaffeehäusern getrunken – und das jeden Tag! Dazu kommen natürlich noch die vielen anderen Kaffeespezialitäten, die in den rund 2.500 Wiener Kaffeehäusern konsumiert werden. 2011 wurde die Wiener Kaffeehauskultur zum Immateriellen Kulturerbe der UNESCO erklärt, ein lebendiges Erbe, dessen einzigartige Atmosphäre Wiener, Wahlwiener und Touristen täglich ausführlich genießen.

Ein erstes Wiener Kaffeehaus wurde 1685 in der Rotenturmstraße 14 eröffnet. Ab etwa 1750 gehörte das Kaffeehaus zum Stadtbild, der Mythos darum entstand aber erst gegen Ende des 19. Jh., als Literaten und sonstige Geistesgrößen Wiens – von denen es in jener Zeit wahrlich nicht wenige gab – damit begannen, hier ihre Tage zu verbringen. Das heute leider nicht mehr existierende Café Griensteidl am Michaelerplatz war der sicherlich beliebteste Treffpunkt, hierher kamen u. a. Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Hugo von Hofmannsthal und Arnold Schönberg – aufgrund der weltbewegenden Gespräche wurde es bald in „Café Größenwahn“ umbenannt. Als das Griensteidl 1897 geschlossen wurde, ging man ins Café Central im Palais Ferstel, ins Café Herrenhof (gibt es nicht mehr) und ab 1899 in das nach Plänen von Adolf Loos gestaltete Café Museum 5f  in der Operngasse: Hier trafen sich Gustav Klimt, Egon Schiele, Oskar Kokoschka, aber auch Otto Wagner sowie bedeutende Schriftsteller und Komponisten der Wende zum 20. Jh. Der damals so purististischen Einrichtung verdankte es seinen Beinamen „Café Nihilismus“. Das Café Sperl in der Gumpendorfer Straße gilt hingegen als Geburtsort der Wiener Secession. In den 1950er- und 1960er-Jahren kam das traditionelle Kaffeehaus zwischenzeitlich ein wenig aus der Mode, man wollte zeitgemäßer sein, die Espresso-Bars kamen auf. Doch die Lust am gepflegten Herumsitzen wurde längst wiederentdeckt und ist seither ungebrochen.

Noch immer gibt es in den Kaffeehäusern Tische, die ausschließlich für eine bestimmte Person reserviert sind. Bewerbungsgespräche werden hier genauso geführt wie geschäftliche Unterredungen. Man trifft sich zum Kaffeeklatsch oder liest Zeitung. Fast jeder Wiener hat sein Lieblingscafé, nicht zwingend in den noblen Etablissements der Inneren Stadt, sondern oft auch im eigenen Viertel. Denn einige Kaffeehaus-Perlen liegen gerade nicht in der Inneren Stadt.

Eine Melange im Café Schwarzenberg

Über die vielen Wiener Kaffeehäuser kann man nur eines mit Bestimmtheit sagen, nämlich dass keines dem anderen gleicht. Doch gibt es durchaus Indizien für das „typische“ Kaffeehaus: Es geht über Eck, hat eine ehrwürdig historische (oft sorgfältig renovierte) Einrichtung und wird von Obern/-rinnen der alten Schule in entsprechender Berufskleidung regiert. Neben den hervorragenden Kaffeespezialitäten und der einladenden Vitrine mit frischen Kuchen und Torten wird auch eine vielseitige (Wiener) Küche mit wechselnden Tagesgerichten und Mehlspeisen geboten, dazu ausgewählte Weine überwiegend aus Österreich. Oft, aber nicht immer, gibt es auch einen Billardtisch, manchmal auch ein Klavier, auf dem mehrmals wöchentlich ein Pianist spielt. Und ganz typisch für ein Wiener Kaffeehaus ist, dass man auch bei kleinem Verzehr stundenlang bleiben kann. Wer Zeit hat, den ganzen Tag.

Von Nihilismus ist kaum noch etwas zu sehen im Café Museum

Zu den berühmtesten Wiener Cafés zählt heute das Café Sacher hinter der Staatsoper (Philharmonikerstraße 4), dessen prachtvolles Hotel seit fast 150 Jahren die Mächtigen und Illustren dieser Welt beherbergt. Zu weltweitem Ruhm hat es die Original Sacher-Torte (s. dazu auch S. 148) gebracht und wo sonst, wenn nicht hier am Marmortischchen auf roter Samtbank, sollte man die köstliche Kalorienbombe stilecht (wenn auch nicht ganz günstig) mit einer Melange genießen? Ins Café Sacher kehrt fast jeder Tourist einmal ein, entsprechend voll und international ist es hier. Für seine gleichnamige Torte ist übrigens auch das sehr noble Café Imperial 5a  am Ring (Kärntner Ring 16) bekannt.

Das Café Central 5b  in der Herrengasse/Ecke Strauchgasse ist bei Touristen und Wienern immerwährend beliebt (obwohl Peter Altenberg aus Pappmaché nicht jedem gefällt). Am Ring zählt das Politiker- und Journalistencafé Landtmann 5c  zu den bekanntesten Adressen (Universitätsring 4), zudem das altehrwürdige Café Schwarzenberg 5d  vis-à-vis dem Schwarzenbergplatz (Kärntner Ring 17) und das Café Prückel 5e  mit einzigartigem 1950er-Jahre-Flair (Stubenring 24). Eine in die Jahre gekommene, aber vielleicht gerade deshalb auch bei Touristen so beliebte Institution ist das winzige Café Hawelka, ehemals ein bohemienhafter Künstler- und Musikertreff (Dorotheergasse 6). Als ältestes Wiener Kaffeehaus gilt das gediegene Café Frauenhuber (Himmelpfortgasse 6), in dem schon Mozart ein Konzert gegeben hat!

Weitere Wiener Kaffeehäuser s. S. 158.

   6   Ein Hoch auf den Prachtboulevard – die Wiener Ringstraße

Selten hat sich eine einzelne Unterschrift nachhaltiger in ein Stadtbild eingegraben. Im Dezember 1857 unterzeichnete der noch junge Kaiser Franz Joseph einen Erlass, demzufolge das alte, militärtechnisch längst bedeutungslose Glacis zu schleifen – die letzte Türkenbelagerung war ja auch schon ein paar Jahre her – und stattdessen in grandioser Geste ein prachtvoller Boulevard rund um die Altstadt Wiens zu legen war. Dass der Ring nicht ausschließlich zu Repräsentationszwecken diente, sondern auch militärisch von Nutzen war, um dem renitenten Volk im Bedarfsfall geschwind Soldaten entgegenzustellen, sei nur am Rande erwähnt, schließlich war die Revolution von 1848 nicht einmal zehn Jahre her.

Also wurde gebaut. Angefangen bei der Staatsoper, dem „ersten Haus am Ring“ von August Sicard von Sicardsburg und Eduard van der Nüll, die 1861–1869 als Neorenaissancebau entstand (S. 243). Die Infrastruktur war um 1870 weitgehend fertiggestellt: ein weiter Straßenzug, der sich ringförmig um die Altstadt legt. Ein erstes Teilstück war bereits 1865 eröffnet worden. An den Bauwerken, die den einzigartigen Prachtboulevard zieren, wurde bis zur Jahrhundertwende gebaut. Die Krönung des Rings hätte das Kaiserforum werden sollen, aber daraus wurde ja bekanntlich nichts (s. Hofburg, S. 18 und Heldenplatz, S. 64).

Für Architekturstudenten, die sich am Historismus abarbeiten, ist die Ringstraße ein Fest. Aber auch der Laie kann entlang des grandiosen, gekrümmten Straßenzugs leicht erkennen, dass Wiens Stararchitekten des 19. Jh. keineswegs beliebig in die Formkiste historischer Baustile griffen. Vielmehr wollten sie die Funktion des Bauwerks in der architektonischen Ausgestaltung widergespiegelt sehen. Für seinen „Ringstraßendom“, die Votivkirche, bediente sich Heinrich Ferstel natürlich bei der französischen Kathedralengotik. Auch das Rathaus gestaltete Friedrich Schmidt im Stil der (flämischen) Neogotik, um auf den Aufstieg städtischer Freiheit im Mittelalter zu verweisen, während Theophil Hansen mit seinem (spät-)klassizistischen Parlament auf die attische Demokratie anspielte. Auf der anderen Seite des Rathausparks ist Ferstels Universität, die im Grundriss einer barocken Klosteranlage nachempfunden ist, in ihrer Fassadengestaltung von der italienischen Renaissance inspiriert – stellte doch die Renaissance den Menschen in den Mittelpunkt des Denkens und damit Kunst und Wissenschaft auf neue Beine. Aus diesem Grund sind auch die Zwillingsmuseen zur Kunst- und Naturgeschichte von Gottfried Semper und Carl von Hasenauer als Neorenaissancebauten inszeniert. Beide Architekten zeichneten ebenfalls für das Burgtheater verantwortlich, dessen Anlage (Semper) der Neorenaissance verpflichtet ist und im Dekor (Hasenauer) üppig neobarocke Formen trägt. Auch die Börse, ebenfalls von Theophil Hansen, ist als Neorenaissancebau gestaltet, um daran zu erinnern, wann Geldflüsse das Zirkulieren lernten.

Gottfried Semper ist der Architekt des Burgtheaters, das 1874–1888 erbaut wurde

Parlament nach attischem Vorbild

Und damit sind nur die Juwelen in der Wiener Ringstraßenarchitektur genannt. Doch es sind gerade auch Kettenglieder – all die Bürgerpalais und Adelspaläste (auch: Palazzi prozzi) mit ihren Hotels, Cafés und Ladengeschäften –, die nicht nur den Glanz zusammenhalten, sondern den opulenten Prachtboulevard mit Leben füllen. Mit dem 1859 angelegten Schwarzenbergplatz schuf man die Verbindung zum Gartenpalais Schwarzenberg: mit mächtigem Reiterstandbild des gleichnamigen Feldmarschalls und flankiert von prächtigen Palais. Der Hochstrahlbrunnen am Ende des Platzes wurde 1873 anlässlich der Eröffnung der ersten Wiener Hochquellwasserleitung zur Versorgung der Stadt mit, noch heute, hervorragendem Trinkwasser gebaut. Dahinter befindet sich heute das Befreiungsdenkmal der Roten Armee (1945).

Info

Tipp: Mit den historischen gelben Wagen der Vienna Ring Tram kann man einmal den Ring komplett umrunden (Fahrtdauer 25 Min.), inkl. Audioguide, tgl. 10–17.30 Uhr alle 30 Min. Abfahrt am Schwedenplatz, 9 €, unter 15 Jahren 4 €, unter 6 Jahren frei. Die günstigere Variante: Straßenbahn 1 ab Schwedenplatz (Richtung Stefan-Fadinger-Platz) bis Kärntner Ring, hier Umsteigen in die Straßenbahn 2 (Richtung Friedrich-Engels-Platz) und zum Schwedenplatz (2,40 €), jedoch ohne Erläuterungen und Sitzplatzgarantie.

In der Nähe: Votivkirche (S. 84), Rathaus (S. 100), Parlament (S. 62), Maria-Theresien-Platz (S. 94), Naturhistorisches Museum (S. 124), Kunsthistorisches Museum (S. 122), Hofburg (S. 18), Heldenplatz (S. 64), Burggarten (S. 92), MAK (S. 132)

   7   Wiener Jugendstil und Aufbruch in die Moderne – auf den Spuren von Otto Wagner

Es ist quasi nicht möglich, Otto Wagner (1841–1918) in Wien nicht zu begegnen. Man muss nur einmal mit den U-Bahnlinien U 4 oder U 6 fahren, die Linke Wienzeile (Naschmarkt) entlangschlendern und sich Hausnummer 38 mit seinen goldenen Ornamenten und die Hausnummer 40, das „Majolikahaus“ gleich daneben, anschauen, am Karlsplatz zu den Stadtbahnpavillons (einer davon übrigens mit einer sehenswerten Otto-Wagner-Ausstellung, S. 73) gehen oder aber den Weg zur Baumgartnerhöhe mit der Kirche am Steinhof (S. 102) finden, zum eigens für den Kaiser errichteten Hofpavillon vor dem Schloss Schönbrunn. Oder aber, etwas aufwendiger, man steuert die weit draußen gelegene Schleuse nach Nußdorf oder die beiden Wagner-Villen in der Hüttelbergstraße in Penzing an.

Schon zu Zeiten des Ringstraßenbaus war Otto Wagner als Architekt und Bauunternehmer tätig, zunächst noch dem konventionellen Stil verhaftet. Seine radikal neue Jugendstilarchitektur prägte die Stadt Wien spätestens ab 1893, als er die Ausschreibung der Stadt Wien zum „Generalregulierungsplan“ der Wiener Verkehrsanlagen und des Donaukanals gewann, woraus das bis 1901 andauernde Stadtbahnprojekt und das Nußdorfer Donauwehr (1894–1898) hervorgingen. 1894 wurde Wagner zum Professor für Architektur an der Akademie der bildenden Künste berufen, zu seinen Schülern zählten u. a. Josef Hoffmann und Joseph Maria Olbrich, der spätere Architekt des Secessionsgebäudes (S. 126). Der 1897 gegründeten Künstlerbewegung der „Secession“ trat Wagner 1899 bei.

Die Stadtbahnpavillons am Karlsplatz schuf Otto Wagner Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau der Wiener Stadtbahn

Doch schon bald wandte sich Wagner vom üppig-spielerischen Dekor des Jugendstils ab und machte sich – wiederum handelte es sich um einen öffentlichen Auftrag (von 1903) – an sein Schlüsselwerk: die Postsparkasse, die mit Unterbrechung in den Jahren 1904–1912 entstand. Sie galt seinerzeit als eines der modernsten Gebäude Europas. Hier konnte Wagner seine nun radikal moderne Auffassung „artis sola domina necessitas“ („die einzige Meisterin der Kunst ist die Notwendigkeit“) ausleben, von der Außenfassade bis hin zu Bürostuhl und Warmluftgebläse stammte alles aus seiner Hand. Revolutionär ist die helle, mit Glasdach und Glasboden versehene Schalterhalle. Dem Thronfolger Franz Ferdinand gefiel das Bauwerk nicht so sehr, generell konnte der erzkonservative Habsburger mit den modernen Ideen dieser Zeit wenig anfangen. Spätestens bei der Eröffnung der Kirche am Steinhof 1907 (S. 102) durch eben jenen Franz Ferdinand (der Wagner hier komplett überging) wurde klar, dass die Zeit der großen öffentlichen Aufträge für Otto Wagner vorbei war.

„Ornament und Verbrechen“ – Adolf Loos’ Gegenentwurf

Der Architekt Adolf Loos (1870–1933) brachte Anfang des 20. Jh. den radikalen Gegenentwurf zum Jugendstil – und vor allem zum von ihm so verachteten Ornament – nach Wien. Beeinflusst war er durch seinen USA-Aufenthalt 1893–1896 von der „Chicago School“ und ihrer rationalen Schlichtheit, die Loos 1908 in seinem berühmten Vortrag „Ornament und Verbrechen“ hervorhebt. Zu bewundern sind seine Entwürfe z. B. am Looshaus am Michaelerplatz (wegen der fehlenden Fassadenzier auch „Haus ohne Augenbrauen“ genannt) von 1911 oder aber in den Innenrichtungen der Loos American Bar (1908) im Kärntner Durchgang (bei der Kärntner Straße) sowie bei Knize am Graben (S. 152). Heute gilt Adolf Loos – wie auch Otto Wagner – als Vordenker der Architektur der Moderne.

Das der Postsparkasse gegenüberliegende Kriegsministerium (1909–1913) gibt im schönen Kontrast den Geschmack des Thronfolgers wieder. Seit 1945 Regierungsgebäude genannt, beherbergt der Bau seither verschiedene Ministerien.

Info

Hinkommen: Im Prinzip muss man nur U-Bahn fahren: z. B. ab „Stadtpark“, „Kettenbrückengasse“, „Margaretengürtel“, „Gumpendorfer Straße“ oder „Schönbrunn“ (U 4) – alles Stationen, die nach Entwürfen Otto Wagners gebaut wurden. Auf der Linie U 6 wird die Stadtbahn zur Hochbahn auf der Gürteltrasse, die ebenfalls von Wagner konzipiert und gestaltet wurde. Zur Wagner-Ausstellung in der Postsparkasse gelangt man besten mit der Straßenbahn 1 oder 2 bis Julius-Raab-Platz.

Information:Wagner: Werk – Museum Postsparkasse, Eingang bei Schalter 13 (hier auch ein kleiner Museumsshop), Georg-Coch-Platz 2, www.ottowagner.com, Mo–Fr 10–17.30 Uhr, Eintritt frei.

Essen & Trinken: Das Café Engländer 70c in der Postgasse 2 eignet sich wie auch das Café Prückel  5e  am Stubenring 24 zu jeder Tageszeit für eine Pause, Näheres s. dazu S. 158 bzw. S. 21.

   8   Wien kulinarisch und multikulturell – der Naschmarkt

Wiens größter Markt erstreckt sich in einem langen Schlauch über 2,3 Hektar Fläche zwischen Rechter und Linker Wienzeile. In zwei schmalen Gassen zwängt man sich zwischen den festen Ständen hindurch, viele davon heute Restaurants (vor allem im vorderen Bereich). Dazwischen Obst- und Gemüsestände in üppigster, bunter Pracht, Fleisch- und Fischverkäufer, kleine Vinotheken und schicke Käseläden, Buden mit einer gigantischen Auswahl an vermutlich allen Gewürzen dieser Welt, ganz heimisch dagegen das eingelegte Sauerkraut im Holzfass und die Wiener Gurken aus eigener Produktion, feinster Essig, die ganze Palette von auf Honig basierendem orientalischem Naschwerk, Falafel-Stände und Stehimbisse mit der breiten Wurstvielfalt Österreichs. Je weiter man nach hinten geht, desto schlichter, aber auch etwas leerer wird es. Doch voll ist es auf dem Naschmarkt fast immer, besonders aber am Samstag.

Einen Markt gab es in der Gegend bereits Ende des 18. Jh., allerdings ein Stück weiter vorne am heutigen Karlsplatz. Dieser hieß „Aschenmarkt“ – vermutlich nach der „Asch“, dem hölzernen Milcheimer, in dem man die hier verkaufte Milch transportierte, oder aber vom ehemaligen Aschen- und Mistplatz (also eine Art Müllhalde) an dieser Stelle. Aus Aschenmarkt wurde irgendwann „Naschmarkt“. Mit der Wienflussverbauung bzw. der unterirdischen Kanalisierung der Wien zum Schutz vor Hochwasser entstand dann um die Jahrhundertwende das große Areal, auf das der Naschmarkt umziehen konnte. Vor Kurzem wurde der Markt umfassend saniert und erstrahlt heute wieder in neuem bzw. altem Glanz.

Der Naschmarkt hält allerlei bunte und appetitanregende Fotomotive bereit

Der Naschmarkt erfreut sich heute bei Touristen und bei Wienern gleichermaßen großer Beliebtheit, wobei sich in den vergangenen Jahren die Kritik häufte: Zur bloßen Fressmeile sei er geworden, dazu die hohen Preise an den wenigen noch übrig gebliebenen Marktständen.

Der Naschmarkt ist in der Tat mehr als nur ein Lebensmittelmarkt, in den Sommermonaten kann man es in einem der vielen kleinen Restaurants stundenlang aushalten, mit gekühltem weißem Spritzer und abwechslungsreicher, oft mediterran inspirierter Küche. Am besten schaut man selbst einmal vorbei! Samstagmittag ist so eine ideale Naschmarktzeit, wenn die Sonne scheint, man aber dennoch einen schattigen Platz mit guter Sicht auf das Geschehen hat. Immer samstags findet im hinteren Bereich des Naschmarktes der Bauernmarkt statt, ebenso der Flohmarkt, für Letzteren gilt es aber sehr früh aufzustehen, wenn man hier ein Schnäppchen machen will.

Zu einer Pause gibt es am Naschmarkt reichlich Gelegenheit: ob auf ein Getränk, einen Snack oder eine ausgiebige Mahlzeit

Info

Hinkommen: U 1, U 2 und U 4 bis Karlsplatz, zum Flohmarkt U 4 bis Kettenbrückengasse.

Information: Die Marktstände sind Mo–Fr mind. 9–18.30 Uhr, teilweise auch 6–19.30 Uhr geöffnet sowie Sa 6–18 Uhr, die Gastronomie Mo–Sa bis 23 Uhr, teilweise bis 24 Uhr.

Bauernmarkt Sa 6–17 Uhr,

Flohmarkt Sa 6.30–18 Uhr (etwa ab Höhe U-Bahnstation Kettenbrückengasse).

Essen & Trinken: Die Auswahl ist endlos und auch der exotischste Geschmack wird hier seine kulinarische Heimat finden. Als ausgezeichneter Fischhändler (Stand 38–39) und sehr gutes Fischrestaurant gilt Umar relativ am Anfang der Fressmeile (Stand 76–79, Tel. 01/5870456, www.umarfisch.at). Jung und hip ist das Naschmarkt Deli: Frühstück bis 16 Uhr, ansonsten mediterran-orientalische Küche mit vielen Salaten und Vegetarischem, Fleisch und Fisch, Hauptgerichte 9,50–16,50 €, ab 17.30 Uhr und Sa ganztägig mit DJ (Stand 421–436, Tel. 01/5850823, www.naschmarkt-deli.at). Konstrastprogramm dazu ist das Beisl Zur Eisernen Zeit, ein Wirtshaus-Urgestein aus den Gründungstagen von 1916 am rundum immer moderner werdenden Naschmarkt. Auf den Tisch kommt selbstverständlich Wiener Küche – Gulasch, Schnitzel, Krautfleisch und Palatschinken –, dazu heimische Weine und Bier (Stand 316–320, Tel. 01/5870331, www.zureisernenzeit.at).

   9   Jüdisches Wien

Wer das heutige jüdische Wien erleben möchte, muss in die Leopoldstadt, in den auf der anderen Seite des Donaukanals gelegenen 2. Bezirk gehen. Hier lebt die Mehrheit der ca. 30.000 jüdischen Wiener, hier befinden sich Synagogen und Bethäuser (u. a. in der Lilienbrunngasse), hier kann man koscher einkaufen und essen gehen. Die Leopoldstadt ist traditionell ein Einwandererbezirk. Viele jüdische Immigranten kamen einst aus dem (Süd-)Osten des riesigen Habsburgerreiches am prachtvollen Nordbahnhof am Praterstern an, der leider im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Auch heute bietet die Leopoldstadt jüdischen Einwanderern aus Südosteuropa eine Heimat – und ist darüber hinaus ein angesagtes multikulturelles Viertel.

Die erste Erwähnung von Juden in Wien datiert aus dem Jahr 1192, eine erste jüdische Gemeinde gab es hier 1230. Herzog Friedrich II. sicherte den Juden 1238 Privilegien zu – freie Religionsausübung, autonome Gerichtsbarkeit etc. –, zwischen Hof und Wipplinger Straße in der heutigen Inneren Stadt (1. Bezirk) entstand die „Judenstadt“ mit einer Synagoge und etwa 800 Bewohnern. Auf Anordnung von Herzog Albrecht V. wurden die Juden 1421 jedoch brutal vertrieben, viele auch ermordet. Dieser Vorgang ging als „Wiener Geserah“ in die Geschichte ein. Eine zweite jüdische Gemeinde, das sogenannte Ghetto, entstand 1624/1625 im Gebiet des Unteren Werd (heute Leopoldstadt), bis es 1670 geräumt und seine Bewohner vertrieben wurden – Anlass war ein Brand der Hofburg, für den man die Juden verantwortlich machte. Bis Mitte des 19. Jh. war es den Juden nicht erlaubt, eine neue Gemeinde zu gründen, sie wurden aber gegen Zahlung hoher Beträge („Toleranzgelder“) an die Habsburger weiterhin in Wien geduldet. Das Toleranzpatent (1781) Josephs II. ermöglichte den Bau der Synagoge in einem Innenhof in der Seitenstettengasse 4 (diese überstand als einzige die Pogromnacht vom 9./10. November 1938).

1852 genehmigten die Habsburger eine neue jüdische Gemeinde, 1858 wurde der Leopoldstädter Tempel, die größte Synagoge Wiens, in der heutigen Tempelgasse im 2. Bezirk eröffnet, 1867 wurde die Gleichstellung aller Untertanen beschlossen. Das jüdische Leben in Wien erfuhr fortan einen enormen Aufschwung, schon 1880 zählte die jüdische Gemeinde 72.000 Mitglieder (etwa 10 % der Stadtbevölkerung), viele von ihnen wohnten in der Leopoldstadt (der „Mazzesinsel“), am Alsergrund und in der Inneren Stadt. Um 1900 war Wien die drittgrößte jüdische Gemeinde Europas, zum prosperierenden Wiener Bürgertum zählten viele jüdische Intellektuelle und Kulturschaffende, orthodoxe Juden aus Galizien (Ukraine) zogen in die Stadt. Zugleich erstarkte erneut der Antisemitismus in der Bevölkerung, nicht erst mit dem Bürgermeister Karl Lueger (1897–1910), der antisemitische Äußerungen systematisch zur politischen Agitation nutzte. Beim Pogrom am 10. November 1938 frühmorgens wurden 60 Synagogen/Bethäuser und jüdische Einrichtungen in Brand gesetzt. Ab Februar 1941 fanden Deportationen statt. 120.000 Wiener Juden konnten fliehen, 66.500 wurden ermordet.

Nachguss des originalen Lessing-Denkmals

Shoah-Mahnmal vor dem Jüdischen Museum

Der Judenplatz in der Inneren Stadt ist einer der schönsten Plätze in ganz Wien, harmonisch geschlossen, autofrei und herrlich ruhig. Hier befand sich die erste Synagoge Wiens (bis 1421), heute erinnert das von Simon Wiesenthal initiierte Shoah-Mahnmal