Aenne und ihre Brüder - Reinhold Beckmann - E-Book
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Aenne und ihre Brüder E-Book

Reinhold Beckmann

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Beschreibung

»Die Geschichte meiner Familie. So viel ungelebtes Leben!« Reinhold Beckmann »Reinhold Beckmanns Mutter war eine große Erzählerin. Und nun gibt Beckmann ihre Geschichte an uns weiter. Er erzählt sie uns auf völlig schnörkellose Weise, klar, einfach, eindringlich.«Senta Berger Das Leben von Reinhold Beckmanns Mutter Aenne war früh von Verlusten gezeichnet. Ihre Mutter starb, als Aenne noch ein Baby war. Vier Brüder hatte sie, alle im Krieg gefallen. Anders als viele ihrer Generation hat Aenne über diese Zeit nie geschwiegen. Ihre Brüder und Eltern blieben immer gegenwärtig, in Gesprächen, Fotos und Erinnerungen.  Reinhold Beckmann erzählt die Geschichte von Aenne, Franz, Hans, Alfons und Willi, zwischen hartem Alltag auf dem Dorf, katholischer Tradition und beginnender Diktatur. Und davon, was der Krieg mit Menschen macht. wenn keiner zurückkehrt. »Reinhold Beckmann erzählt mit Respekt und Liebe die Geschichte seiner Mutter. Ein aktuelles, ein lesenswertes Buch!«  Gerhart Baum  »Ein Buch voller Liebe und Trauer. Ein Buch über die Verwüstungen des Krieges. Und ein Buch für den Frieden - das genau zur richtigen Zeit kommt.« Heinrich Wefing, Die Zeit »Das Buch ist so berührend, weil es diese vier jungen Leben so sichtbar macht. Als ob es gestern gewesen wäre. Ja, es war gestern – und ist heute leider wieder so!« Udo Lindenberg

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Aenne und ihre Brüder

Der Autor

REINHOLD BECKMANN (geboren 1956 in Twistringen) ist Journalist und Musiker. Seine Fernsehkarriere begann er beim WDR. Nach einem Ausflug zu den privaten Fernsehsendern mit ran und ranissimo moderierte er in der ARD zwei Jahrzehnte lang die Bundesliga-Sportschau und diskutierte in der wöchentlichen Talksendung beckmann politische und gesellschaftlich relevante Themen. Heute ist er als Produzent und Filmemacher aktiv und mit seiner Band deutschlandweit unterwegs. Mit seiner Initiative NestWerk e.V. setzt er sich für benachteiligte Kinder und Jugendliche in strukturschwachen Stadtteilen Hamburgs ein.

Das Buch

Reinhold Beckmanns Mutter Aenne hat alle vier Brüder im Zweiten Weltkrieg verloren. In vielen deutschen Familien gibt es solche Schicksale, doch oft wurde darüber geschwiegen.Anders Aenne: Sie hat über ihre Trauer und den großen Verlust sprechen können. Kurz vor ihrem Tod hat Aenne Beckmann ihrem jüngsten Sohn einen Schuhkarton voller Briefe vermacht: die Feldpost seiner gefallenen Onkel.In diesem Buch erzählt Reinhold Beckmann die Geschichte seiner Mutter und ihrer Brüder: von Kindheit und Jugend im tief katholischen Dorf Wellingholzhausen und vom bedrückenden Aufstieg des Nationalsozialismus. Vom Schicksal der vier Brüder an der Front und von ihrer Hoffnung auf ein Leben nach dem Krieg. Von der Trauer der Menschen zuhause – und vom Weiterleben. Ein tief berührendes Buch.»Reinhold Beckmann erzählt mit Respekt und Liebe die Geschichte seiner Mutter. Ein aktuelles, ein lesenswertes Buch!«Gerhart Baum»Das Buch ist so berührend, weil es diese vier jungen Leben so sichtbar macht. Als ob es gestern gewesen wäre. Ja, es war gestern – und ist heute leider wieder so!«Udo Lindenberg

Reinhold Beckmann

Aenne und ihre Brüder

Die Geschichte meiner Mutter

Ullstein

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© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Alle Rechte vorbehalten Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.Lektorat: Ulrich WankUmschlaggestaltung: BÜRO JORGE SCHMIDT, MünchenUmschlagabbildungen: Vorne: Montage aus Bildmaterial von Reinhold Beckmann, HAKINMHAN/shutterstock (Schachtel) und Krasovski Dmitri/shutterstock (Fotorahmen)Autorenfoto: © Steven HaberlandLied »Vier Brüder«: © R. Beckmann/W. WeismantelE-Book Konvertierung powered by PepyrusISBN: 978-3-8437-3015-0

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Inhalt

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

Prolog: Ein Schuhkarton voller Briefe

Leben und Sterben auf dem Dorf

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Kreuz und Hakenkreuz

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Intermezzo: Make Love, Not War

Zwanzig

Und dann der Krieg

Einundzwanzig

Zweiundzwanzig

Dreiundzwanzig

Vierundzwanzig

Fünfundzwanzig

Sechsundzwanzig

Siebenundzwanzig

Achtundzwanzig

Neunundzwanzig

Dreißig

Einunddreißig

Zweiunddreißig

Dreiunddreißig

Vierunddreißig

Fünfunddreißig

Die Brüder an der Ostfront

Sechsunddreißig

Siebenunddreißig

Achtunddreißig

Neununddreissig

Vierzig

Einundvierzig

Unendliches Hoffen – Hans und Alfons

Zweiundvierzig

Dreiundvierzig

Vierundvierzig

Fünfundvierzig

Sechsundvierzig

Siebenundvierzig

Achtundvierzig

Wann hört dieser Schwindel endlich auf?

Neunundvierzig

Fünfzig

Einundfünfzig

Zweiundfünfzig

Dreiundfünfzig

Vierundfünfzig

Fünfundfünfzig

Das ist das Ende – Franz und Willi

Sechsundfünfzig

Siebenundfünzig

Achtundfünfzig

Neunundfünfzig

Sechzig

Einundsechzig

Zweiundsechzig

Aenne wagt ein neues Leben

Dreiundsechzig

Epilog: Wenn keiner zurückkehrt

Hans

Alfons

Franz

Willi

Bildteil

Der Song: Vier Brüder

Anhang

Dank

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Prolog: Ein Schuhkarton voller Briefe

Prolog: Ein Schuhkarton voller Briefe

Franz, Hans, Alfons und Willi.Vier Brüder. Keiner kam zurück.

Kurz vor ihrem Tod hat meine Mutter mir einen Schuhkarton voller Briefe vermacht. Es sind die Feldpostbriefe ihrer Brüder, die meine Onkel ihrer kleinen Schwester von den verschiedenen Fronten des Zweiten Weltkriegs geschrieben haben. Meine Mutter hat sie fein säuberlich aufbewahrt – genauso wie die Erinnerung an ihre gefallenen Brüder.

Aenne blieb ihr Leben lang mit Franz, Hans, Alfons und Willi verbunden. Sie hat mir oft von ihnen erzählt. Nach dem Krieg hatte sie ein Foto anfertigen lassen, auf dem die Brüder wieder vereint sind. Diese Fotomontage behielt bei uns zu Hause ihren Ehrenplatz. Und an Weihnachten und anderen Feiertagen saßen sie gefühlt immer mit am Tisch.

Wenn man die Briefe meiner Onkel liest, dann spürt man zwischen den Zeilen ihre tiefe Einsamkeit, ihre Sehnsucht, wieder nach Hause zu kommen, und auch ihre Verzweiflung. Die besten Jahre des Lebens werden ihnen gerade genommen. In den Zeilen selbst geht es oft um ganz konkrete Dinge: den Versuch, aus der Ferne ein zukünftiges Leben aufzubauen. Ein Leben nach dem Krieg, wenn der ganze Wahnsinn endlich ein Ende hat. Und um die Gewissheit, dass man zu Hause nicht vergessen ist.

Ich frage mich, wer wäre ich damals gewesen? Was wäre aus mir geworden, wenn ich 1939 zwanzig Jahre alt gewesen wäre? Wir können uns einfach nicht vorstellen, wie furchtbar und auf grausame Art alltäglich Krieg ist. »Diese verdammte Normalität, dass er jeden Tag da war, das hat einen fertiggemacht. Und die Angst, dass schon wieder eine Nachricht kommt …«

Die Traurigkeit aussprechen, das hat meine Mutter gekonnt. Sie hat, anders als viele ihrer Generation, offen über die Zeit damals und über ihren Verlust geredet.

Vielleicht auch, weil sie fest in ihrem Glauben verankert war. Aber wie kann man dem Herrgott vertrauen, wenn er einem all seine Lieben nimmt? Aennes Mutter war im Wochenbett gestorben, ihr Vater, als sie vier Jahre alt war. Die Geschwister waren durch dieses Schicksal umso enger miteinander verbunden.

Gibt es etwas Unverlierbares in uns Menschen? Einen sicheren Platz für das Gute? Meine Mutter trug es wohl in sich. Ihre Seele war nicht verbogen, sie hatte nichts Zynisches. Aenne war von einer Offenheit und Nähe, die ansteckend war.

Mutter kam aus einer einfachen Familie in einem kleinen, tief katholischen Ort namens Wellingholzhausen, nahe dem Teutoburger Wald. Den Nazis hat man dort lange misstraut, das Wort des Pfarrers von der Kanzel war Gesetz. Nach dem 13. Lebensjahr war meist Schluss mit Schule – auch für meine Mutter. Als Mädchen ging man irgendwo beim Bauern in Stellung, und am besten bald heiraten. Das war der vorgesehene Lebensplan, und höhere Bildung nicht so wichtig. Herzensbildung jedoch besaß Aenne ganz viel.

Genauso habe ich jetzt auch ihre Brüder kennengelernt. Meine Onkel waren Jungs vom Dorf. Schuster, Schneider, Autoschlosser.

Mit diesem Buch möchte ich meinen Onkeln Franz, Hans, Alfons und Willi ein Gesicht geben. Und meiner Mutter dafür danken, dass sie mir ihre Geschichte anvertraut hat. Es ist an uns Kindern und Enkelkindern, diese Geschichten weiterzuerzählen.

Reinhold Beckmann

Leben und Sterben auf dem Dorf

Eins

1. August 1921

Das kräftige Glockengeläut der St. Bartholomäuskirche von gegenüber ist auch an diesem Montagmorgen der unüberhörbare Weckruf im Haus des Schuhmachermeisters Mathias Haber. Die Nacht ist unruhig gewesen. Die ersten Wehen hatten bereits nach Mitternacht eingesetzt. Aber noch sind die Abstände lang genug.

»Ik gläube, et duert no, auwer giv Maria man all Bescheed«, ruft seine Frau Elisabeth ihm aus dem Bett zu. Hebamme Maria Knemöller hat schon den ersten drei Haber-Kindern auf die Welt geholfen. Franz (8), Hans (6) und Alfons (2) waren unkomplizierte Geburten und sind mittlerweile gut geratene Jungs. Die drei ziehen sich noch mal die Bettdecke über den Kopf. Es ist schließlich Ferienzeit. Von dem, was heute bevorsteht, ahnen sie nur wenig.

Mathias Haber wirft einen kurzen Blick in die Werkstatt. Der Stapel der noch zu reparierenden Schuhe schaut ihn etwas vorwurfsvoll an. Am Samstag sind erneut einige Paar abgegeben worden. Die Namen der Kunden schreibt Mathias immer mit einem Fettstift auf die Sohle. Neue Absätze, neue Sohlen. Das tägliche Geschäft. Um acht Uhr kommt sein Geselle ins Haus und wird sich heute ganz allein an die Arbeit machen.

Mathias liebt diesen Moment der Stille am frühen Morgen. Dann, wenn sich der Geruch von Leder und Leim mit Kümmel und Anis vermischt. Die Backstube von Lagemann ist direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite.

Lagemann grüßt kurz. Mathias grüßt zurück. Das Brot wird er auf dem Rückweg mitnehmen. Auch wenn die Speisekammer der Habers in dieser Zeit nicht viel hergibt, Lagemanns Graubrot ist ein Genuss. Ein bisschen Zucker auf das backwarme Brot, und die drei Söhne sind erst mal zufriedengestellt.

Mathias hat ein paar schwere Jahre hinter sich. Der Krieg hat bei ihm Spuren hinterlassen. Die alte Frische ist noch nicht wieder zurück. Dazu diese täglichen Sorgen um die Schusterwerkstatt. Aber all das soll heute keine Rolle spielen. Zum vierten Mal wird er, wenn alles gut geht, heute Vater werden. Wieder ein Sohn – oder wird’s endlich ein Mädchen?

Und so geht Mathias durch die kleinen, gepflasterten Straßen von Wellingholzhausen hinunter zum Haus der Hebamme. Es gehört zu den Eigenarten des Dorfes, dass die Straßen alle ein wenig krumm und verbogen sind. Manche Häuser springen im Winkel vor oder zurück, je nachdem, wie es dem Bauherrn gefiel. Fachwerkbauten mit weiß getünchten Wänden und kaffeebraunem Gebälk. Ein malerischer Anblick.

Als er vor dem Haus der Hebamme ankommt, steht die schon vor der Tür. In freudiger Erwartung sozusagen.

»Na, Matsken, es et bi Liesbeth all so wiet?«

»Jau, ick gläube, dat duert nich mäh lange.«

»Jä, dann goh ick mal mit.«

Die meisten Menschen in Wellingholzhausen sind Bauern oder Handwerker. Die harte Arbeit auf dem Feld und in der Werkstatt prägt ihren Alltag. Und am Abend wird ein »Vaterunser« gebetet. Gottergeben und obrigkeitstreu sind die Menschen in Wellingholzhausen. Es ist die Zeit, als in den Familien nahezu jedes Jahr ein Kind geboren wird. Stirbt es, ist es schade, bleibt es am Leben, ist es gut und Gottes Segen zu verdanken.

Pünktlich zum Mittagessen erblickt Anna Maria, genannt Aenne, das Licht der Welt. »Halb eins«, so wird es im Geburtsregister von Wellingholzhausen vermerkt. Mutter und Kind sind wohlauf. Papa Mathias ist bei der Geburt nicht im Zimmer. Kinderkriegen ist Frauensache, Ehemänner sind dabei nicht erwünscht. Erst als die Hebamme das Zeichen gibt, darf Mathias seine Tochter sehen. Wenig später können auch die drei Racker Franz, Hans und Alfons kurz um die Ecke blinzen und ihre kleine Schwester begutachten.

Am 3. August hält der Herrgott seine schützende Hand über das Würmchen. Die kleine Anna Maria wird getauft. Vielleicht war der Herr im Himmel nicht so ganz bei der Sache. Denn das Leben hat schon bald ein paar Schicksalsschläge für die Familie Haber vorgesehen, die so manchen am lieben Gott hätten zweifeln lassen. Aber nicht so meine Mutter Aenne.

Zwei

Die Landschaft um Wellingholzhausen hat ihre eigene verträumte Schönheit. Der nahe gelegene »Beutling« ist ein beliebter Wanderort. Eine kleine Erhebung von immerhin 220 Metern, vorgelagert dem Hauptkamm des Teutoburger Waldes. Der Beutling wird auch deshalb so gern aufgesucht, weil er den jungen Paaren ein paar Verstecke zum Träumen und Lieben bietet. Zärtlichkeiten werden schließlich nicht in den elterlichen vier Wänden ausgetauscht, zumindest nicht, bis ordentlich geheiratet wurde.

Die Menschen in Wellingholzhausen erfüllen die Pflichten, die ihnen der Glaube aufgibt. Die katholische Kirche hat das Sagen im Dorf. Wen interessiert da schon, wer die weltlichen Geschicke lenkt und führt. Der Name des Bischofs aber ist jedem geläufig. Bischof Wilhelm Berning amtiert ja quasi in der Nachbarschaft. Von Wellingholzhausen nach Osnabrück ist es ein Katzensprung.

Mathias Haber, der Dorfschuster, und sein Zwillingsbruder Balthasar sind eng verbunden miteinander. Sie sehen sich täglich. Balthasar kommt gern in das Haus seines Bruders, auch weil er im Moment nicht so viel zu tun hat in seiner Schneiderwerkstatt. Und um seine kleine Nichte zu bestaunen. Mathias und Balthasar waren beide im Ersten Weltkrieg. Im Stellungskrieg gegen Frankreich an vorderster Front. Balthasar hat diesen beißenden, kläffenden Husten von dort mit nach Hause gebracht. Und auch Mathias ist seit seiner Rückkehr aus Frankreich nur ein Schatten früherer Tage. Die beiden machen sich Sorgen um Elisabeth. Die Mutter der kleinen Aenne liegt immer noch im Wochenbett. Das Stillen fällt ihr schwer. Sie kommt einfach nicht zu Kräften. Dazu dieses ständige Hüsteln. An den Nachmittagen ist ihre Temperatur immer leicht erhöht. Auch der zierlichen Aenne ist anzusehen, dass etwas nicht stimmt. Die Augen sind entzündet. Dorfarzt Dr. Große-Schönepauck weiß nicht recht zu helfen, ahnt aber Böses. Hat sich Elisabeth Haber etwa die Schwindsucht zugezogen? Alle Symptome deuten darauf hin. Nur wie ist der Bazillus ins Haus gekommen? Mathias hegt einen Verdacht. Sein Zwillingsbruder muss es gewesen sein – dieser Husten, den er aus Frankreich mitgebracht hat. Da liegt kein Segen drauf.

Für Aennes Vater sind das jetzt aufreibende Tage. Er muss die Werkstatt am Laufen und seine drei kleinen Jungs bei Laune halten. Besonders der zweijährige temperamentvolle Alfons mit seinem dunklen Wuschelkopf benötigt eigentlich noch die ganze Zuwendung der Mutter. Die Dinge spitzen sich immer mehr zu. Da hilft auch kein »Vaterunser«. Die Hebamme ist inzwischen Dauergast bei Habers. Sie kämpft um die kleine, schwächelnde Aenne. Dr. Große-Schönepauck hat Balthasar Hausverbot erteilt. Der kann ohnehin nicht mehr kommen, seine Lungenkrankheit setzt ihm mittlerweile schwer zu. Schon seit Tagen ist er bettlägerig.

»He hät de galoppierende Schwindsucht. De Herrgott hät da all siene Hand up«, konstatiert Nachbar Nesemeyer am Sonntag nach dem Kirchgang.

Drei Tage später stirbt Balthasar. Im Sterberegister von Wellingholzhausen wird notiert: »Kriegsschwindsucht.« Also die gefürchtete Tuberkulose. Wenn ein Kranker hustet, genügen schon winzig kleine Tröpfchen, um die Infektion weiterzutragen.

Es ist Mittwoch, der 19. Oktober 1921. Mathias’ Zwillingsbruder ist tot. Seine Frau Elisabeth kämpft um ihr Leben. Und die kleine zwölf Wochen alte Aenne ist noch längst nicht übern Berg.

Drei

Bischof Wilhelm Berning ist schon seit dem 26. Mai 1914 Oberhirte des Bistums Osnabrück. Wegen seines jugendlichen Alters von nur 37 Jahren war die Wahl des Tischlersohns aus Lingen zum Bischof durch das Domkapitel seinerzeit eine ziemlich spektakuläre Angelegenheit. Und dann kam gleich der große Krieg, wenige Monate nach seiner Weihe. Berning ist ein leidenschaftlicher Verfechter der Monarchie und hat seine Gläubigen während des Krieges immer wieder zur bedingungslosen Vaterlandsliebe aufgefordert:

»Ein guter Katholik ist stets ein guter Patriot. Vaterlandsliebe ist eine heilige, religiöse Pflicht. (…) Treu stehn wir deshalb, auch in Not und Tod, zu unserem geliebten Vaterland und unserem verehrten Kaiser und König Wilhelm II., dem gerechten und gütigen Landesvater, dem wir unverbrüchliche Treue und Liebe bewahren.«

Daran hat auch der Schustermeister Mathias Haber einmal geglaubt. Doch dann kam die Wirklichkeit des Krieges. Im Schützengraben gibt es keinen Herrgott. Das hat er in Frankreich bitter erfahren müssen. Ihm wird elend, wenn er daran zurückdenkt. Nachts quälen ihn Schreckträume. Es gewittert dann in seinem Kopf. Wie ein endloses Trommelfeuer, das man einfach nicht abstellen kann. Viele seiner Freunde sind nicht mehr nach Hause gekommen.

Mathias besucht trotzdem regelmäßig den Gottesdienst und betet täglich seine Rosenkränze. Erst kommt der Glaube, dann das Brot und dann irgendwann die Politik. Und die muss christlich ausgerichtet sein. So hat er es gelernt. Deshalb wählt Mathias Zentrum, die Partei der Katholiken. Wie fast alle in Wellingholzhausen.

Er weiß, sein junger Bischof hält nicht viel von der Republik, lehnt alle Politiker und Parteien ab, die sich nicht mit der Kirche verbunden erklären.

Die katholische Kirche tut sich schwer mit den neumodischen Ideen des modernen Menschen, der sich selbst bestimmen will. Alles liegt schließlich in Gottes Hand. So auch das Leben der kleinen Aenne. Die kämpft um jedes Gramm. Ihre Augen sind so verklebt, der Husten so bellend, und ihre Mutter kann sie nicht stillen. Elisabeth ist zu schwach. Mit verdünnter Kuhmilch mit extra Milchzucker versucht man den Säugling so gut es geht hochzupäppeln.

»Ach, wenn use Herrgott es goht ment, dann nimmt he dat lütke Lüd in den Himmel«, sagen die Frauen in der Nachbarschaft.

Soldat im Ersten Weltkrieg: mein Großvater Mathias Haber

Elisabeth ist abgemagert auf unter fünfzig Kilo. Ein leichtes, durchgehendes Zittern liegt auf ihrer Haut. Ihr ist ständig kalt. Selbst jetzt in diesen Spätsommertagen. Auch die Kur an der Ostsee vor ein paar Monaten hat keine Linderung gebracht. Aennes Mutter hat keine Kraft mehr, der Krankheit zu trotzen. Ihre ausgetrockneten Lippen bewegen sich ganz leise, als ob sie Mathias noch einen wichtigen Rat mit auf den Weg geben möchte. Der hat bereits den Pfarrer gerufen. Pastor Rudolf Bolte versieht Elisabeth mit den Sterbesakramenten. Das Wochenbett ist dreizehn Monate nach Aennes Geburt jetzt ein Sterbebett.

Am 25. September 1922 schließt meine Großmutter Elisabeth im Alter von 35 Jahren für immer die Augen.

»Der Herr gebe ihr die ewige Ruhe«, spricht der Pfarrer. »Und dat ewige Licht lüchte ihr«, antwortet Mathias.

Elisabeth wird in die Ewigkeit gehen. Aber wer kümmert sich um das Baby, um die kleine Aenne? Was wird aus Franz, Hans und Alfons – neun, sieben und drei Jahre alt? Und was wird aus der Schusterwerkstatt? Das ist alles zu viel für den angeschlagenen Mathias.

Elisabeth hinterlässt vier Kinder, einen kränkelnden Ehemann und viele Fragen. Im Register steht: Todesursache Schwindsucht. Auch sie ist ein Kriegsopfer.

Vier

Der Tod verlangt Stille. Laute Geräusche und lautes Reden sind nicht erlaubt im Trauerhaus. Und der Tod verlangt ein bestimmtes Handeln. Die Nachbarn sind schon da und besorgen das Waschen und Ankleiden der Leiche. Sie überbringen die Nachricht von Elisabeths Ableben an die Totengräber und den Küster. Tischlermeister Unnerstall hat den Sarg im Hausflur aufgestellt. Das Binden des Tannenkranzes steht an. Er wird den Sargdeckel am Beerdigungstag schmücken.

Elisabeth liegt offen aufgebahrt in der Diele. Daneben ein kleiner Kerzenständer. Ein schummriges Licht flackert auf ihrem jungen Gesicht. Vier Kinder hat sie zur Welt gebracht. Gearbeitet, geschuftet, den Mann im Haus ersetzt, als dieser im Krieg gegen Frankreich war. Sie hat den Schuhladen und die Schusterwerkstatt ganz allein organisiert und den Gesellen angeleitet. Nebenbei noch die beiden Erstgeborenen, Franz und Hans, großgezogen. Als Mathias aus dem Krieg zurückkam, wurde sie sofort wieder schwanger. Alfons kam am 27. April 1919 zur Welt. Er sah ihr so ähnlich und hat diesen schönen dunklen Schopf. Genauso wie Elisabeth.

Wer ist jetzt an der Seite der Kinder? Wer erklärt ihnen, was da gerade passiert ist? Oder ist der Tod in diesen Zeiten so selbstverständlich, dass gar nicht viele Worte gemacht werden?

Ich habe dieses Bild vor mir, wie die drei Söhne Franz, Hans und Alfons um den offenen Sarg im Hausflur herumschleichen und nicht wissen, wohin mit sich und ihren Ängsten.

Der einzige Lichtblick, der die Düsternis im Hause ein wenig aufhellt, ist die kleine dreizehn Monate alte Aenne. Sie hat sich etwas erholt. Aenne wiegt jetzt fast 9000 Gramm und scheint über den Berg zu sein.

Zum Abschluss der Beerdigungsvorbereitungen reinigen die Nachbarn das Haus von Grund auf. Wenn der Herrgott vorbeikommt – oder sein Stellvertreter, Pastor Rudolf Bolte –, soll schließlich kein Schmutz in den Ecken zu finden sein.

Vier Tage nach dem Tod ist die Beerdigung. Die Nachbarn und Verwandten sind zusammengekommen, um Abschied von Elisabeth zu nehmen.

Dann betritt Tischlermeister und Bestatter Unnerstall die Diele, um mit geübtem Griff den Sarg zu schließen. Elisabeth wird aus dem Haus getragen, mit den Füßen voran. So wie es der Brauch ist, aus Angst vor Wiedergängern. Wer mit den Füßen voraus aus dem Haus gebracht wird, kann nicht als Untoter zurückkehren.

Die Nachbarn haben sechs Träger bestimmt. Jeder von ihnen hat ein weißes Taschentuch erhalten, das sie jetzt um den Tragegriff legen. Draußen steht der kleine Totenwagen, auf den sie den Sarg stellen. Das dumpfe Läuten der Totenglocke begleitet den Trauerzug durchs Dorf bis hinaus zum Friedhof. Unaufhörlich betet der Pfarrer Rosenkränze. Die Blicke der Trauergemeinde sind auf Mathias und seine vier kleinen Kinder gerichtet. Jeder weiß, wie schwer es für den Witwer jetzt werden wird. Wie soll er das alles leisten?

Nach dem Requiem treffen sich Nachbarn, Verwandtschaft und Freunde im benachbarten Gasthaus Schliehe zum gemeinsamen Kaffeetrinken mit Butterkuchen. Leichenschmaus. Sie sind sich alle einig: Es braucht bald eine neue Frau im Hause Haber.

Fünf

Mathias weiß es noch ganz genau. Er kam aus dem Krieg zurück, und das Dorf litt Hunger. Lebensmittel waren streng rationiert, es gab fast nur Steckrüben und Kartoffeln. Fleisch und Milchprodukte waren rar. Wofür war er vier Jahre im Krieg, fragt er sich immer wieder. Dieser Friedensvertrag von Versailles ist doch ein Kotau gegenüber den Siegermächten. Eine Demütigung. Wie soll sich Deutschland jemals aus dieser Schraubzwinge befreien? Am Sonntag wird darüber heftig diskutiert in der Gastwirtschaft Schliehe, direkt neben der St. Bartholomäuskirche. Und nicht nur von denen, die wie Mathias an der Front waren.

»Die deutsche Delegation durfte ja nicht mal an den Verhandlungen teilnehmen. Nur ein paar Eingaben waren zugelassen. Sonst nichts.«

Im Versailler Vertrag wird notiert: Deutschland trägt die alleinige Verantwortung für den Ausbruch des Weltkriegs und verpflichtet sich zu Gebietsabtretungen, Abrüstung und Reparationszahlungen an die Siegermächte.

»Welche Hand müsste nicht verdorren, die sich und uns in solche Fesseln legte?«, fragt der sozialdemokratische Reichsministerpräsident Philipp Scheidemann in der Weimarer Nationalver-sammlung am 12. Mai 1919. Trotz Waffenstillstand besteht weiter die britische Seeblockade. In Deutschland nagen viele auch deshalb am Hungertuch.

Unter diesem Druck stimmt die Nationalversammlung am 22. Juni 1919 für die Annahme des Versailler Vertrages. Es gibt nicht wenige Historiker, die später der Meinung sind, dieser Vertrag sei einer der Gründe für den Aufstieg der Nationalsozialisten gewesen. Ein Volk, das so gedemütigt wird, wird anfällig für Demagogen wie Adolf Hitler.

Das Deutsche Reich hat große Probleme, die vertraglich festgesetzten Reparationszahlungen in Form von Kohle- und Holzlieferungen zu erfüllen. Deshalb marschieren Frankreich und Belgien ins Ruhrgebiet ein. Frankreich will sich die Kohle als Pfand sichern. In Deutschland machen sich darüber Empörung und Wut breit. Am 13. Januar 1923 ruft die Regierung zum passiven Widerstand gegen die Besatzer auf. Das Ruhrgebiet streikt. Es kommt zu Krawallen. Dreizehn Arbeiter werden in Essen von französischen Soldaten erschossen, die wahllos in die Menge feuern.

Der Staat zahlt den Streikenden im Ruhrgebiet weiter ihre Löhne. Weil nicht genug Geld vorhanden ist, druckt man es einfach. Die Inflation rast ins Unendliche, die Papiermark verliert binnen eines Tages mehr als die Hälfte ihrer Kaufkraft. Die deutsche Finanznot wird immer dramatischer. Im Münchner Bürgerbräukeller ruft Adolf Hitler am 9. November 1923 die »nationale Revolution« aus, die bayerische Landespolizei greift ein. Ein chaotischer Aufstand, der am Ende zwanzig Tote fordert.

Mathias hat das Trauerjahr überstanden. Das Geschäft aber läuft nicht gut. In den Handwerksbetrieben fehlt es an Material. Die Schuster haben schon seit Längerem kein Leder mehr erhalten. Der Laden wirft kaum noch Ertrag ab.

Die gute Nachricht: Aenne ist jetzt zwei Jahre alt und richtig proper geworden. Sie muss aber einiges wegstecken. Franz, Hans und Alfons sind nicht gerade zimperlich im Umgang mit der kleinen Schwester, da wird auch schon mal ein wenig geknufft und geboxt.

Seit einigen Wochen ist zudem eine neue Frau im Haus. Erst nur wenige Tage, dann immer öfter, und nun ist sie fortwährend da. Ihr Name: Maria Unnerstall. Sie ist die Tochter des Tischlermeisters Diedrich Wilhelm Unnerstall. Genau der Unnerstall, der vor 12 Monaten den Sarg für Elisabeth gefertigt hat. Maria weiß, was sie will. Ihre Strenge und ihr Durchsetzungsvermögen machen es den drei Jungs nicht immer leicht.

In Krisenzeiten muss schnell gehandelt werden. Dreimal wird das Aufgebot ausgehängt. Keine Einwände erfolgen. Maria ist schließlich katholisch und gottesfürchtig und ihr Vater als Tischler und Bestatter ja ein Mitarbeiter des Herrn. Am 1. Dezember 1923 wird geheiratet, dreizehneinhalb Monate nach Elisabeths Tod. Für die vier Kinder Franz, Hans, Alfons und Aenne brechen jetzt andere Zeiten an.

Sechs

Im Land ist die Katastrophe gerade noch einmal abgewendet. Vorerst jedenfalls. In Berlin wird die Währungsreform beschlossen, die »Rentenmark« löst die Papiermark ab. Für eine Million Papiermark gibt es jetzt eine Rentenmark. Der Staat saniert sich auf Kosten der kleinen Leute, deren mühsam Erspartes nun nichts mehr wert ist. Und zu viele Menschen sind nach wie vor ohne Arbeit. In Wellingholzhausen gehen Arbeitssuchende aus Osnabrück und Bielefeld von Tür zu Tür und betteln um eine bezahlte Tätigkeit. Die Gemeinde hat so gut wie keine gewerblichen Arbeitsplätze, aber die jobsuchenden Städter geben sich für ein paar Mark mit den einfachsten Arbeiten wie Roden oder Holzfällen zufrieden.

Doch die wirtschaftliche Situation verbessert sich allmählich. Die Währungsreform zeigt erste positive Wirkung. Ebenso die Neuregelung der Reparationszahlungen. Was bleibt, ist der Zweifel an der Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie. 1924 wird gleich zweimal ein neuer Reichstag gewählt. Kanzler kommen und gehen. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die ohnehin nichts von der neuen Staatsform halten. Die Konservativen fordern mehr Obrigkeit, sie wollen den starken Mann im Staat. Andere rufen nach der proletarischen Revolution. Die junge Demokratie steht weiter unter Druck.

In Wellingholzhausen interessiert das trotz ein paar bierseliger Diskussionen beim sonntäglichen Frühschoppen nur wenige. Hier regiert der Glaube. Im Mai 1924 ruft Papst Pius XI. das »Ordentliche Heilige Jahr 1925« aus, wie es nur alle fünfundzwanzig Jahre gefeiert wird. Die Kirchen sind voll besetzt. Das macht zugleich die Kneipenbesitzer glücklich. Die Gläubigen strömen nach dem Gottesdienst in die Wirtsstuben. In erster Linie in die Schankwirtschaft Schliehe. Dort wird gern getrunken und gefeiert.

Am Sonntag sind auch die unverheirateten Bauernsöhne im Dorf, um Brautschau zu halten. Sie wissen, es kommt nur die infrage, die vor Stall- und Hofarbeiten nicht zurückschreckt. Für Franz und Hans, die beiden zwölf- und zehnjährigen Jungs, ist es ein großer Spaß, den heimlich Verliebten hinterherzuspionieren.

Im Haus des Schustermeisters Haber geht mittlerweile alles wieder seinen geregelten Gang. Dank Stiefmutter Maria. Aenne kann ihren vierten Geburtstag feiern, und Alfons, der Sechsjährige, ist gerade eingeschult worden. Auch die Schusterwerkstatt verzeichnet jetzt bessere Umsätze. Mathias hat sogar einen weiteren Schuhmacher eingestellt. Sein Name: Josef Hölscher. Er kommt zwei Kirchtürme weiter aus Riemsloh und reist jeden Morgen mit dem Fahrrad an.

Nur der Gesundheitszustand von Papa Mathias macht der Familie Sorgen. Sein Gesicht ist irgendwie eingefallen. Seine Augen tanzen oft nervös hin und her. Die Bitten Marias, sich ein wenig mehr auszuruhen, ignoriert er. Ständig ist er unterwegs. Hinterm Haus, um ein bisschen Brennholz zu schlagen, oder in der Werkstatt, um das Tagwerk der Gesellen zu begutachten. Dort, wo es für ihn so vertraut nach Kleber und Leder riecht.

Das Schusterhandwerk hat sich in den letzten Jahren immer weiter verändert. Mathias muss sich auf die neuen Bedürfnisse einstellen. Das ist nicht einfach. Vereinzelt sieht man jetzt schon Damenschuhe mit hohen Absätzen im Dorf. Die Pariser Mode hat tatsächlich Wellingholzhausen erreicht. Immer öfter werden Schuhe aus der Fabrik getragen – und die kauft man im nahen Osnabrück oder günstig auf dem Markt in Melle. Dabei ist Mathias Haber doch gelernter Schuhmacher. Das Fertigen von Schuhen ist sein Handwerk. Nur gibt es dafür Mitte der Zwanzigerjahre kaum noch Kundschaft. Reparaturen und Verkauf sind jetzt sein Tagesgeschäft. Die Bauern tragen immer noch gern Holzschuhe. Auch die verkauft Mathias in seinem Laden. Einige Bauern lieben ihre »Holsken« so sehr, dass sie selbst am Sonntag mit ihnen in die Kirche klappern.

Arbeit auf dem Feld: Stiefmutter Maria

Das Essen im Hause Haber ist mitterweile wieder üppig und gut. Ganz zur Freude der vier Kinder. Papa Mathias hat vor ein paar Jahren ein Stück Land gepachtet, draußen vor dem Dorf. So eine Art »Gartland«, wo Kartoffeln, Gemüse, Erd- und Himbeeren wachsen. An späten Sommerabenden und auch am Wochenende wird geerntet. »Da gab es immer was abzustauben, wenn wir mit draußen waren. Die frischen Erbsen aus der Schote zum Beispiel«, erinnert sich meine Mutter. Außerdem besitzen Maria und Mathias Haber noch ein Schwein in einem kleinen Verschlag und ein paar Hühner direkt hinterm Haus. Die Schlachttage sind ein gruseliges Schauspiel für die Kinder, und Stiefmutter Maria besitzt hierbei eine beindruckende Handfertigkeit. Mit ihrem Lockruf »Boarrrrk, Boarrrk, Boarrrk« schleicht sie sich langsam an das Federvieh heran. Dann plötzlich greift sie blitzschnell zu, legt ihre rechte Hand um die Gurgel, der tödliche Griff sitzt, der Hals wird umgedreht, dann flattern die Flügel noch einmal kurz, und schon liegt das tote Huhn in ihrer Schürze. Der Rest ist ebenfalls Routine: Federn rupfen, ausweiden und dann ab in den Suppentopf.

Die Feuchtigkeit des frühen Herbstmorgens kriecht durch die Türritzen ins Haus des Schustermeisters. Mathias hat tief geschlafen, traumlos, wie Blei. Maria hat ihrem Mann gestern noch zu später Stunde einen Nachttrunk zubereitet. Einen großen Krug mit Rotwein, einigen rohen Eiern darin und zehn gehäuften Löffeln Zucker. Aennes Papa ist 41 Jahre alt und ausgezehrt vom Leben. Seine Schulterknochen sind ganz spitz und eckig und staken aus dem Hemd hervor wie bei einer Marionette. Schon seit Tagen war er nicht mehr in der Werkstatt. Ihm fehlt die Kraft dazu. Dr. Große-Schönepauck weiß auch keinen Rat. Er verbindet täglich die offenen Stellen am Körper seines Patienten. Aber heilen kann er ihn nicht. Sieben Jahre nach der Rückkehr des Soldaten Mathias Haber aus dem Ersten Weltkrieg kommt die überwunden geglaubte Tuberkulose zurück. Mathias’ Blut ist völlig zersetzt. Es ist Freitag, der 13. November 1925. Die Geburt seines fünften Kindes wird Mathias Haber nicht mehr erleben.

Sieben

Es heißt, Kinder beginnen mit drei Jahren, den Tod zu erforschen. Und erst mit elf Jahren verstehen sie, was Sterben wirklich bedeutet. Aenne ist vier Jahre alt, als sie mit ihren Brüdern vor dem Sarg ihres Vaters steht. Mathias liegt aufgebahrt in der Diele.

»Ich hab das damals gar nicht begriffen. Ich dachte, Papa wacht schon irgendwann wieder auf. Er ist nur ganz tief eingeschlafen«, so hat mir meine Mutter in einem unserer Gespräche ihre Erinnerungen beschrieben. Was ist der Tod für ein Kind in dem Alter? Eine Person? Ein Skelett mit einer Sense? Und kann man sich vor dem Tod vielleicht verstecken? Gibt es da einen Trick? Mit vier Jahren beginnt die Zeit der vielen Fragen. Alfons, dem sechsjährigen Bruder, geht es kaum anders. Nur für Franz und Hans ist der Tod von Papa Mathias gnadenlose Wirklichkeit. Sie wissen, er ist endgültig, und dass alle Menschen sterben. Franz wird im nächsten Jahr die Schule beenden. Er sollte dann zu Papa in die Werkstatt, sich von ihm zum Schuster ausbilden lassen und irgendwann das Geschäft übernehmen. So war es geplant. Doch was wird jetzt?

Stiefmutter Maria organisiert die Beerdigung. Als Tochter des Bestatters und Sargschreiners Unnerstall weiß sie um die Dinge, die jetzt zu tun sind. Den Rest erledigen wie üblich die Nachbarn.

Zum Glück muss sich Maria um die Werkstatt keine Sorgen machen. Die beiden Gesellen und der Lehrling erfüllen die anstehenden Aufgaben ziemlich selbstständig. Besonders der neue Schuhmacher Josef Hölscher erweist sich als guter Griff. Er versucht, soweit es geht, Maria in diesen schwierigen Tagen beizustehen.

Durch den Tod von Papa Mathias ist die geliebte Adventszeit für die Kinder so gut wie ausgefallen. »O du fröhliche« passt einfach nicht in diesem Jahr. Darf man sich freuen auf Weihnachten, auf die Geschenke, auf die Süßigkeiten, wenn gerade der Vater gestorben ist?

Und dazu ist auch noch Hundewetter in Wellingholzhausen. Es regnet seit Tagen. Kein knirschender Schnee unter den Winterstiefeln, kein weißer Teppich, der das Fest still und feierlich macht. Stiefmutter Maria versucht trotzdem ihr Bestes. Es ist erst ihr drittes Christfest im Hause Haber. Welche Aufgabe hat ihr der Herrgott da zugedacht? Sie trägt ihr erstes eigenes Kind unter dem Herzen und muss vier weitere sicher ins Leben führen.

Die Arbeit am Fleischwolf mit dem Spritzgebäckaufsatz ist da eine gute Ablenkung. Weihnachtsplätzchen müssen gebacken werden. Fünf Wochen nach dem Tod von Papa Mathias kehrt ein bisschen Normalität zurück ins Haus. Aenne quält sich mit Bauchschmerzen. Sie hat wohl zu viel von dem fettigen Mürbeteig genascht.

Geschenke basteln steht ebenso an. Franz und Hans sind Spezialisten in Sachen Laubsägearbeiten. Irgendein Vogelhaus oder ein Schlüsselbrett liegt immer unterm Baum. Einen Tag vor Heiligabend wird die gute Stube abgeschlossen. Josef, der Geselle, hat zusammen mit Franz dafür gesorgt, dass ein Tannenbaum ins Haus kommt. Bislang ist das immer die Aufgabe von Papa gewesen.

Heiligabend heißt es dann: zuerst in die Kirche und danach die Bescherung. In der Diele stehen Franz, Hans, Alfons und Aenne und warten darauf, dass es endlich losgeht. Alle sind mucksmäuschenstill. Dann geht die Tür auf, und in der guten Stube leuchtet der pralle Baum mit den brennenden Kerzen. Die kleine Aenne will wissen, welche Geschenke das Christkind für sie gebracht hat. Aber erst muss der Tannenbaum bestaunt werden. »Es dat nich en herrlichen Baum?« Und gesungen werden muss auch noch. »Ihr Kinderlein kommet« und »Es ist ein Ros entsprungen«. Zum Gedenken an Papa betet Maria noch einen halben Rosenkranz. Das Jahr 1925 nimmt im Trauerhaus Haber ein ruhiges Ende.

Im fernen München ist der gescheiterte Putschist Adolf Hitler derweil politisch wieder aktiv. Von fünf Jahren Festungshaft für den Staatsstreich hat er nur zwölf Monate absitzen müssen. In dieser Zeit schreibt er sein Buch »Mein Kampf«. Dem bayerischen Ministerpräsidenten hat er versprochen, jetzt nur noch auf legale Art Politik zu machen. Das Verbot der NSDAP wird daraufhin aufgehoben. Hitler gründet seine »Schutzstaffel« (SS) und beginnt sich selbst zu inszenieren. Auf Parteiversammlungen trägt er hellbraune Uniform mit Hakenkreuzbinde. Er beauftragt den Aufbau der NSDAP in Nord- und Westdeutschland. Auch in Wellingholzhausen wird man bald von ihm hören.

Acht

Wie immer am frühen Morgen setzt der Hahn von nebenan den ersten Ton. Stolz thront er auf dem Misthaufen, direkt neben dem Hintereingang. Wer ihm zu nah kommt, den greift er an. Die Haber-Kinder wissen das zu genau. Sie trauen sich deshalb nur mit Vorsicht ins Haus des Nachbarn Menken Hannes, obwohl da jemand wohnt, den sie lieben.

Max heißt das treue Pferd, das die Haber-Kinder so gerne striegeln. Es dient dem Bauern Menken als gutmütiger Vierbeiner. Mal als Paketdienst, mal als Landarbeiter, der die Egge übers Feld zieht.

Nachbar Menken Hannes hat ein Herz für die Haber-Kinder. Es tut ihm in der Seele weh, dass die vier so früh beide Eltern verloren haben. Hannes hat Mathias und Elisabeth gut gekannt.

Es ist Samstag, der 17. April 1926. Bei Habers ist die Hebamme schon seit gestern im Haus. Am späten Nachmittag bringt Maria, fünf Monate nach dem Tod ihres Mannes, ihr erstes eigenes Kind zur Welt. Es ist ein Mädchen und wird auf den Namen Maria Elisabeth getauft. Rufname Lisbeth.

Aenne hat jetzt eine Halbschwester und bleibt ihr ein Leben lang eng verbunden. Im Haber-Haus sind alle erleichtert. Jeder packt so gut es geht mit an. In der Schusterwerkstatt haben die Gesellen und der Lehrling reichlich zu tun. Franz, der älteste Sohn, ist jetzt dreizehn. Im Sommer wird er die Schule verlassen und im Elternhaus seine Lehre beginnen. Josef Hölscher, der die Werkstatt führt und noch zur Meisterschule geht, soll sich um ihn kümmern.

Franz ist leidenschaftlicher Ministrant und hat schon in einige offene Särge schauen müssen. Ab und an begleitet er Pastor Bolte auch aufs Land zu den Bauern. Wenn dann der Leichnam in der Diele aufgebahrt ist, sind die Kühe in ihren Stallungen gleich nebenan keine stillen Trauernden. Hier und da ein Muh, ab und an ein Flatsch, wenn der Fladen fällt. Dazu das fast durchgehende Gegacker der Hühner. Beerdigungen auf dem Land haben ihren eigenen Soundtrack. Pastor Bolte trägt seine Gebete stoisch mit der immer gleichen Lautstärke vor.

»Proficiscere, anima christiana, de hoc mundo,In nomine Dei Patris omnipotentis, qui te creavit,Hodie sit in pace locus tuus et habitatio tua apud Deum in sancta Sion.«

Wer versteht hier auf dem Bauernhof eigentlich Latein?

»Brich auf, christliche Seele, von dieser Welt,Im Namen Gottes, des allmächtigen Vaters, der dich erschaffen hat,Heute noch sei dir in Frieden deine Stätte bereitetund Deine Wohnung bei Gott im heiligen Zion.«

Für einen dreizehnjährigen Jungen hat Franz schon viel von der Endlichkeit erfahren. Er weiß, was bei einer Beerdigung zu tun ist. Das Weihwasser anreichen, den Weihrauch unter Dampf halten. Und bloß nicht den Trauernden in die Augen schauen. Das hat Küster Bitter ihm immer wieder eingetrichtert. Wenn alles gut gelaufen ist, gibt es für Franz oft noch ein kleines Trinkgeld.

Die Veränderungen zum Guten sind überall im Lande greifbar. Deutschland wird international wieder ernst genommen. Das liegt an Gustav Stresemann. Er ist die personelle Konstante in Zeiten der dauernden Regierungswechsel. Zunächst als Reichskanzler, dann als Außenminister. Er löst geduldig die Fesseln des Versailler Vertrags. Die Reparationszahlungen wegen des verlorenen Krieges sind zwar nicht vom Tisch, aber Auslandskredite sind wieder möglich, und Frankreich hat den ersten Teil des Rheinlands geräumt.

In Wellingholzhausen führt Maria ein strenges Regiment im Haus. Für Herzenswärme ist nicht viel Raum. Die beiden älteren Jungs haben das längst bemerkt. Franz und Hans sind unterwegs, wann immer es geht, und lassen sich erst zum Abendbrot wieder blicken. Die Speisekammer und der Keller sind zum Glück gut gefüllt. Im Winter verstreut Maria die Asche aus dem Ofen im Gemüsegarten. Das ist Dünger für die Bohnen, aber auch für die anderen Gemüsesorten. Im Frühjahr wird der Garten dann umgegraben. Josef Hölscher ist eine große Hilfe und schon längst nicht mehr nur in der Werkstatt zu finden.

Aenne wird wenige Tage nach ihrem sechsten Geburtstag eingeschult. Der Schulweg ist nicht weit. Ein Katzensprung. Hinterm Haus durch den Garten, dann ein Hüpfer über den Zaun, und schon sitzt Aenne auf der Schulbank. Die Volksschule befindet sich im benachbarten Küsterhaus.

Im Spätsommer gehen Stiefmutter Maria und Aenne gemeinsam in die Brombeeren.

»Sie wusste immer genau, wo sie wild zu finden waren«, erinnert sich meine Mutter.

»Es war jedes Jahr eine ziemlich blutige Angelegenheit. Die Hände waren total zerkratzt.«

Dafür gibt es dann leckere Brombeermarmelade. Und aus den gepflückten Holunderdolden wird Saft gemacht. Wenn die Nase läuft, ist Holunderbeersaft die beste Medizin. Maria ist voll bei der Sache. Keiner ahnt, weder in der Familie noch in der Nachbarschaft, dass sie seit Monaten ein kleines und immer größer werdendes Geheimnis gut unter ihren Röcken zu verbergen weiß. Und so erblickt ohne Ankündigung am 19. September 1927 mein Onkel Willi das Licht der Welt.

Neun

Im Dorf wird geredet. Es gibt allen Grund dazu. Die Kinder kommen vom lieben Gott, aber vom Himmel fallen sie trotzdem nicht. Als die Hebamme aus dem Haus ist, macht die Nachricht über die überraschende Geburt schnell die Runde. Nur wer ist der Vater?

Die Dorfgemeinschaft ist sich einig. Es kann nur einen geben: Josef Hölscher – der Schuhmacher aus der Werkstatt.

Der habe am frühen Morgen Dr. Große-Schönepauck gerufen, weil Maria Haber über starke Bauchschmerzen klagte. Der Dorfarzt habe nach kurzer Untersuchung gesagt:

»Minsk Jossep, min Geude, ick kann Maria nich helpen, wat se häbben mott, is ne Hebamme.«

Die Kinder stehen wieder mal vor vollendeten Tatsachen. Es wird nicht groß erklärt. Aber es muss schnell für ordentliche Verhältnisse gesorgt werden. Josef Hölscher bestellt das Aufgebot, damit der Tratsch ein Ende hat. Pastor Rudolf Bolte gibt seinen Segen. Sieben Wochen nach der Geburt des kleinen Willi sind Maria und Josef Hölscher ein kirchlich getrautes Ehepaar.

Im Hause Haber/Hölscher wird neu durchgezählt. Am Tisch sitzen jetzt Maria (34), Josef (31), Franz (14), Hans (12), Alfons (8), Aenne (6), Lisbeth (17 Monate) – und der kleine Willi liegt in der Wiege.

Ich frage mich, was war da wirklich los zwischen Maria und Josef? Warum haben die beiden die Schwangerschaft bis zur Geburt geheim gehalten? War es nur eine flüchtige Liebschaft? Und hat lediglich das kleine Malheur die beiden zum Traualtar getrieben?

Manchmal geht’s auch zufällig ins Glück. Die beiden bleiben bis zu ihrem Tod ein vertraut wirkendes Paar. Josef, der ehemalige Angestellte und knapp vier Jahre jünger als seine Ehefrau, hat seinen Platz in der zweiten Reihe gefunden. Maria ist und bleibt die Chefin im Haus. So habe ich meine Großeltern kennengelernt. Oma Hölscher, wie wir sie nannten, wurde 99 Jahre alt, mein Opa Josef brachte es auf stolze 89 Jahre.

»Meine Stiefmutter musste man zu nehmen wissen. Für meinen Stiefvater war’s nicht immer einfach«, so hat es mir meine Mutter erzählt.

Josef benötigt deshalb seine kleinen Fluchten. Dann sitzt er allein in der St. Bartholomäuskirche und betet sein »Vaterunser« und sein »Gegrüßet seist du, Maria«. Manchmal sogar mehrmals am Tag. Die tiefe gottverbundene Bewusstlosigkeit des Rosenkranzbetens hat Josef schon früh für sich entdeckt. Er betet sich die Probleme weg und für einen Moment auch seine gestrenge Ehefrau.

»Herrgott noch mol, wörs du oll wä inne Kirken?«, wird er dann von ihr begrüßt.

Josef bleibt oft gern länger in seiner Werkstatt als nötig. Selbst dann, wenn keine Schuhe mehr zu reparieren sind.

»Olle, kumm!«, ruft Maria, wenn das Essen fertig ist, und klopft mit dem Kochlöffel noch mal eindringlich an die Werkstatttür.

Und dann ist da noch Marias Bruder Franz Unnerstall. Ein Unikum. Er zimmert die Särge und kümmert sich für die Wellingholzhäuser um den letzten Weg. Sonntags betritt Marias Bruder immer als Letzter das Gotteshaus. Von ganz hinten bis in die erste Reihe schreitet er die Gemeinde ab. Kurz vor dem Altar streckt er dann seine Bethände ausdrucksvoll dem Herrgott entgegen. Irgendwann wird Franz Unnerstall den Sarg für seinen Neffen schreinern müssen.