Alfred und die stärkste Urgroßmutter der Welt - Uwe Kant - E-Book
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Alfred und die stärkste Urgroßmutter der Welt E-Book

Uwe Kant

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Beschreibung

Alfred Kieferberg hat geheime Wünsche, die sehen so aus: Einmal eine Torte ganz allein aufessen. Einmal so lange schlafen, bis man nicht mehr schlafen kann. Einmal einen Hund zu Hause haben. Einmal allein sein und es sich richtig gemütlich machen. Alfred hat eine Menge solcher Wünsche, aber immer, wenn er daran geht, sich einen dieser Wünsche zu erfüllen, passiert etwas. Ganz schuldlos ist eine gewisse Frau G., die stärkste Urgroßmutter der Welt, auch nicht daran. Alfred, den alle vernünftigen Leute Fredi nennen, hat es nicht leicht.

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Impressum

Uwe Kant

Alfred und die stärkste Urgroßmutter der Welt

ISBN 978-3-96521-886-4 (E-Book)

Das Buch erschien 1988 in Der Kinderbuchverlag Berlin – DDR.

Umschlaggestaltung: Ernst Franta

© 2023 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: verlag@edition-digital.com Internet: http://www.ddrautoren.de

Für Leser von 9 Jahren an

Eine Torte für Alfred

Eines Tages beschloss Alfred, den natürlich jeder vernünftige Mensch außer Lehrern und Ausländern Fredi nannte, ganz allein eine ganze Torte zu essen. Eine Torte für Alfred.

Dazu muss gesagt werden, dass Alfred schon lange ein ziemlich berühmter europäischer Tortenesser war. Nämlich berühmt wegen seiner ausgezeichneten Leistungen anlässlich von allerhand Geburtstagen, Jugendweihen, Hochzeiten und Sozialistischen Namensgebungen.

An jenem Tag, an dem die Tochter des Brigadiers Biebelkorn trotz durchdringenden Protestgeschreis den Namen Ramona-Verena zugeteilt bekam, was Alfred nicht so richtig sozialistisch gefunden hatte, weil keiner das Mädel, welches auch noch keine zehn Pfund Kartoffeln schwer war, gefragt hatte, ob es nicht doch lieber Hildegard oder Sophie heißen wollte, an jenem Tag war es Alfred gelungen, sich mit einer sehr netten Kirsch-Sahne-Schoko-Torte an ein Ende der Festtafel zurückzuziehen, an deren anderem Ende die sogenannten Erwachsenen sich teils Witze erzählten und sich teils über Fragen der Versorgung mit bunten Strumpfhosen und neuartigen Trabant-Lenkrädern unterhielten. Allerdings war auch noch der Onkel des Brigadiers Biebelkorn, ein rüstiger Pfeifenraucher von neunundsiebzig Jahren, genannt Onkel Fritze, zugegen gewesen, der sich leider weder für Strumpfhosen noch für Lenkräder interessierte. Vielmehr hatte er Alfred verstohlen beobachtet, und dabei war ihm ein Gedanke gekommen, den er plötzlich sehr laut aussprach.

„Donnerschlag“, sagte er, „ich glaub, der Jung könnte ’ne ganze Torte ganz allein aufessen!“

Alfred hatte dies als den Beifall eines begeisterten Fans aufgenommen, seine aufgeschreckte Mutter dagegen als schonungslose und umfassende Kritik. Seine Mutter hatte sein Verhalten als skandalös, schamlos, rowdymäßig, rockerartig sowie auch gefräßig eingeschätzt. Sie hatte ihn des Saales verwiesen und ihm im Abgang zugezischt: „Darüber sprechen wir noch!“ Und so war es auch gekommen. Nur dass es so in der Mehrzahl nicht ganz richtig ausgedrückt war, denn das Sprechen besorgte seine Mutter nachher allein, während Alfred die aufmerksame Zuhörerschaft bildete. Später hatten ihm noch lange die Ohren geklungen, und am Abend jenes Tages hatte er dann den Beschluss gefasst, einmal unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ganz für sich und notfalls auf eigene Kosten den kühnen Gedanken des Onkel Fritze zu verwirklichen. Monate waren seit dem Beschluss vergangen, ehe der geeignete Zeitpunkt herangereift war.

Morgens, am ersten Tag der großen Großen Ferien, der Ferien aller Ferien, der beinahe unendlichen Sommerfreiheit, wachte Alfred mit dem Gedanken daran auf, wie er sich wohl am angenehmsten die Stunden bis zum Nachmittag vertreiben könnte. Für den Nachmittag hatte sich nämlich Marie-Louise Grodelüschen, die kurze Gruppenratsvorsitzende mit den langen Namen und Titeln, etwas ganz Neues ausgedacht: Gruppenratssitzung in den Ferien. Na ja, sie mussten noch einmal über die Klassenfahrt sprechen. Natürlich konnte man bis dahin noch eine Menge Sachen unternehmen. Die Briefmarkensammlung sortieren (endlich), das Fahrrad aus dem Keller holen, ein paar vernichtende Siege aus dem Schachbuch nachspielen, zum dritten Mal „Tom Sawyers Abenteuer“ lesen, den seit acht Tagen fälligen Brief an Tante Paula wenigstens anfangen oder einfach im Bett liegenbleiben. Aber irgendjemand in Alfreds Kopf hatte gegen jedes dieser Vorhaben etwas einzuwenden beziehungsweise was zu meckern. Alfred wollte gerade anfangen, mit sich selbst zu schimpfen, redete sich schon probehalber mit „unentschlossenes Eselsohr“ an, als ihm wie eine Silvesterrakete die Erinnerung an den Tortenbeschluss durch den Kopf schoss.

„Jawohlja, wir sind jung, die Welt ist offen, schrimm schrumm“, sagte er und schwang beide Beine auf einmal aus dem Bett.

Nach beschleunigter Blitzwäsche und verschärfter Expressankleidung schüttete er den Inhalt seines Portemonnaies auf den Tisch, durchkämmte allerhand Jacken- und Hosentaschen, wühlte in verschiedenen Schachteln und Büchsen zwischen abgewetzten Radiergummis, ausgetrockneten Filzstiften und stumpfen Bleistiftanspitzern herum, kam auf die Weise schließlich auf elf Mark und vierunddreißig Pfennig und begab sich damit unverzüglich zu Bäcker Böhnkes Bäckerladen.

Ganz so unverzüglich nun auch wieder nicht, um die Wahrheit zu sagen. Frau Großkreutzer hatte ihn noch ein bisschen aufgehalten. Frau Großkreutzer, in ihrem Wohngebiet als stärkste Urgroßmutter der Welt bekannt, hielt jeden einigermaßen auf, der ihr in die Hände fiel. Sie trug einen ihrer berüchtigten geblümten Kittel und witschelte mit einem feuchten Lappen am Treppengeländer herum. Das tat sie immer, wenn sich etwas auf der Treppe hören ließ. Es handelte sich keineswegs um Putz- und Reinigungssucht, sondern ausschließlich um Neugier.

„Na, Fredi?“, sagte Frau Großkreutzer, als Alfred eilig und entschlossen die Treppe herunterkam, „wieder ganz alleine, mein Junge? Ich versteh deine Mutter ja nicht, dass sie noch immer arbeiten gehen muss. Dein Vater verdient doch genug. Oder nicht? Nein, nein. Das ist nicht richtig. Da kann einer sagen, was er will, und wenn er auch dreimal von der Partei ist und was weiß ich noch alles. Gerade wo jetzt Ferien sind. Musst wohl den lieben langen Tag auf der Straße herumlungern, was?“

„Nee, nee“, sagte Alfred, „vierzehndreißig ist Sitzung.“

„Sag ich ja, sag ich ja, Sitzung und alles Mögliche von Politik auch noch, Olympiade und Spartakiade und Jugendtanz und Dod und Deibel! Wann haben die Kinder noch Zeit zum Spielen? Du, hör mal! Habt ihr neulich die leere Fischbüchse in ’n Hof geschmissen? Seid ihr das vielleicht immer, die immer die ganzen leeren Fischbüchsen dahin schmeißen? Das ist nämlich gesetzlich verboten. Davon können sich Ratten herziehen.“

„Ach wo“, sagte Alfred, „wir essen gar keinen Fisch, bloß immer Schmelzkäse.“ Und mit dieser harmlosen Lüge auf den Lippen schlüpfte er gekonnt an Frau Großkreutzer vorbei.

In Bäcker Böhnkes Bäckerladen wurde gerade eine vorwitzige Kundin zurechtgewiesen, die tatsächlich angefragt hatte, ob die Streuselschnecken wohl auch wirklich frisch wären.

„Ach woher denn, woher denn, wir verkaufen hier bloß alte Sachen“, sagte die umfangreiche Frau Böhnke, „deshalb ist der Laden auch immer so voll, die Leute stehen richtig danach an.“

Die Verkäuferin kicherte entzückt, und der dürre, mehlbestäubte Meister steckte persönlich den Kopf zur Backstube heraus und sagte vorwurfsvoll: „Gehen Sie doch mal rüber ins Kabelwerk, liebe Dame, und holen Sie doch mal all die Bäcker da wieder raus, die da arbeiten. Will doch gar keiner mehr machen hier, können doch alle ihr Geld leichter verdienen. So sieht es doch aus, nicht wahr.“

Die liebe Dame schwieg beschämt, die nächsten zehn Jahre würde sie nicht mehr solche unverschämten Fragen stellen.

Alfred hatte während der Aufklärungsarbeit des Bäckerladenkollektivs genug Zeit gehabt, die Tortenvitrine zu besichtigen. Es gab mächtig aufgetürmte, geschnörkelte, geschichtete Exemplare wie der Dom gegenüber vom Palast der Republik, richtige Hochzeitstorten für kinderreiche Familien. Es gab auch kleinere, einfache, für alle Tage, sogenannte Besuchstorten. Die kosteten neun Mark und vierzig. Die waren in jeder Beziehung zu schaffen.

„Na, Fredi, was darf ’s denn sein, der Herr?“, fragte Frau Böhnke.

„Ich möchte so ’ne Torte, so ’ne kleine da. Sind die auch frisch?“

„Ha“, machte Frau Böhnke, „Fredi! Du willst mich wohl auf n Arm nehmen, was?“ Und sie lachte dröhnend. Die Verkäuferin Elvira kicherte wieder entzückt.

„Ja“, sagte Frau Böhnke, „hast du dir schon eine ausgesucht?

Einen winzigen Augenblick lang dachte Alfred daran, dass er gerade dabei war, den größten Teil seines mühsam angesammelten Vermögens für nichts als Luxus und Schlemmerei zu verschleudern. Aber schon hörte er sich selbst sagen: „Die da an der rechten Seite, die gelbliche da.“

Frau Böhnke packte die kleine Torte mit geübtem Griff, verhüllte die cremige Oberfläche mit feinem Seidenpapier, stellte sie sogar in einen der Kartons für gute Kunden und stülpte den Deckel darüber.

Neun Mark im Kasten. Die Kasse machte schnirr und schnapp und klingelte triumphierend.

„Ihr kriegt wohl Besuch“, sagte Frau Böhnke, „Großeltern kommen wohl wieder mal? Dann grüß deine Oma von mir, und guten Appetit wünsche ich ihr, nicht?“

„Nee“, sagte Alfred, „wir kriegen keinen Besuch. Die Torte ist für mich. Die ess ich ganz allein.“

Natürlich hätte er das getrost für sich behalten können. So genau wollte das ja gar keiner wissen.

Aber – er wollte es so genau sagen!

Schließlich fand es alle Welt in Ordnung, dass man ganz alleine ganze Löffel scheußlich schmeckenden Hustensaft herunterschluckte wie ein Pinguin, tiefe Teller mit undurchsichtigen Suppen hatte man zu leeren, Wasserbüffelportionen von Spinat oder gar Grünkohl sollte man allein vertilgen, bitte schön. Da konnte es auch jeder wissen, dass der berühmte Alfred Kieferberg sich entschlossen hatte, ganz allein eine ganze Torte zu essen.

„Ja, ja“, sagte Frau Böhnke in dieser automatischen Art von Leuten, die gar nicht richtig hingehört haben. Aber dann schreckte sie doch zusammen.

„Was?“, rief sie, „was willst du machen?“

Und dann lachte sie, dass alle ihre Polster wackelten.

„So ’n Junge“, sagte sie, „so ’n Bengel, kaum hat er Ferien, geht er schon los, alte Bäckersfrauen verklapsen. Na, Humor hast du ja, das muss ich sagen. So was aber auch. Hast du das gehört, Elvira?“

Natürlich hatte Elvira es gehört, und sie hatte auch rechtzeitig mit dem Kichern angefangen. Ein ahnungsloser Beobachter hätte meinen können, sie sei zu nichts anderem als zum Kichern angestellt.

„Ja, das ist vielleicht ’ne Marke“, sagte sie gicksend, „hoffentlich, hoffentlich hat er Messer und Gabel bei sich, hi, hihihi.“

Messer und Gabel, Messer und Gabel hatte er selbstverständlich nicht bei sich, aber einen kleinen Löffel hatte er, offen gesagt, für alle Fälle eingesteckt. Er nahm den Karton mit der Torte, sagte den Wiedersehensspruch und bahnte sich rasch einen Weg durch die lächelnden Kunden, die all die alten Sachen kaufen wollten. Er hatte das deutliche Gefühl, nicht so ganz ernst genommen zu werden.

Draußen vor Bäcker Böhnkes Bäckerladen lag Mausi, der Bernhardiner von Goldschmied Jessen. Jedes Mal, wenn Alfred den Hund sah, bekam er einen Zorn auf den Goldschmied, der einem so gewaltigen Tier einen so kleinen närrischen Namen angehängt hatte.

Als Alfred sich drei Meter fortbewegt hatte, erhob sich Mausi und ging in gleichbleibendem Abstand hinter Alfred her. Von Zeit zu Zeit sog er geräuschvoll die Luft in seine faustgroße Nase. Nach hundert Metern drehte sich Alfred um und sagte: „Hör mal zu, mein guter alter Mäuserich, wenn du vielleicht die Torte meinst, dann hau lieber gleich ab. Die ist nämlich für mich. Für mich ganz allein, dass das klar ist. Doswidanije, lieben Sie wohl! Ich will ja auch nix von deinem Hundekuchen abhaben oder was es da bei euch in der Goldschmiede so gibt.“

Der Hund hörte zwar aufmerksam zu, blieb jedoch eine Antwort schuldig. Und als Alfred weiterging, kam er in gleichbleibendem Abstand schnüffelnd hinterher.

Alfred beschloss, die Überlegenheit des denkenden Menschen über das schnüffelnde Tier zu beweisen. Er näherte sich der Ecke Poststraße. Gleich hinter der Ecke wusste er als denkender Mensch eine Haustür. In die wollte er in dem kurzen Augenblick, in dem Mausi ihn nicht sehen konnte, hineinschlüpfen und über den Hof aus dem Hinterausgang verschwinden.

Vielleicht hätte er wirklich die Überlegenheit des Menschen demonstriert, wäre nicht zur gleichen Zeit ein weiterer Mensch erschienen. Und zwar einer, der gerade zur Tür hinaus wollte. Dem rammte Alfred den Tortenkarton kräftig in den Bauch.

„So, so“, sagte der Mensch, nachdem er sich vom ersten Schreck erholt hatte, „du überfällst also die Leute mit Pappkartons, Alfred. Und ich hab dir doch immer Zweien gegeben!“

Der Mensch war niemand anders als der Mathematiklehrer Lemke, ein noch sehr junger Mann in Hosen und Haaren nach der Mode, aber schon ein ziemlich verteufelter Rechenkünstler. Verflixt, dachte Alfred, die Stadt ist wirklich zu klein, kaum rempelt man jemanden an, da ist es auch schon ein Lehrer und Erzieher.

„Verzeihung“, sagte er, „ich wollte bloß …“

„Ja, ja, Lass man sein, man lebt, man ist gesund“, sagte Herr Lemke, „wird ja wohl kein Dynamit drin sein, was?“

„Nee, nur Torte.“

„Igitt, Torte am Montag bringt Kolik am dritten Tag, wer muss die denn essen“, sagte Herr Lemke und schnitt ein Gesicht.

„Ich!“

„So? Na ja, Strafe muss sein. Aber bestimmt wird dir jemand dabei helfen, was?“

Gut, dachte Alfred, wenn du neugierig bist, sollst du die Wahrheit hören. Hauptsache, du kannst sie vertragen.

Er reckte sich ein bisschen und sagte deutlich: „Nein, die habe ich mir extra gekauft, damit ich sie ganz allein essen kann.“

„Aha“, sagte Herr Lemke und zog an seiner Windjacke, „extra gekauft, ganz allein essen, ja? Sehr ulkig, sehr gut ausgedacht. Also, wenn du in Mathematik eine Vier hättest, würde ich dir sogar glauben. Aber Personen, die in Mathematik auf Zwei stehen, tun derartiges nicht. Entlarvt, mein Freund, April, April, auf Wiedersehen.“

Herr Lemke verschwand um die Ecke.

Nachdem er schon eine ganze Weile fort war, sagte Alfred noch hinter ihm her: „Auf Wiedersehen!“

Mausi sagte „Wau“ oder vielleicht auch „Hau“. Klang halb ratlos, halb ungeduldig.

Möchte bloß wissen, was Zensuren in Mathematik mit Tortenessen zu tun haben sollen, dachte Alfred. Eigenartiger Mensch, dieser Herr Lemke.

In einer abgelegenen Ecke des Spielplatzes hinter der Post fand Alfred, der nimmermüde Tortenträger, eine freie Bank. Mausi streckte sich ein Stückchen weiter ins Gras. Alfred hatte dem Hund unterwegs noch einige Male dringend geraten, sich lieber nach Hause zu trollen, aber das unvernünftige Tier hatte allen guten Zuspruch in den Wind geschlagen. Lag nun so da und warf so Blicke.

Alfred zerrte den Löffel aus der Hosentasche, befreite ihn von zwei matschigen Salmiakpastillen und leckte ihn ab. Wo steht geschrieben, dass man keine Löffel ablecken soll? Messer natürlich soll man nicht ablecken. Aber wer hat sich schon mal mit einem Löffel geschnitten? Oder geht es da mehr um Anstand, Sitte und Seuchenbekämpfung? Die Wahrheit ist, dass Alfred den Löffel …

Dann lüpfte er den Deckel und besah sich die Torte, die gelblich-cremige, runde, leckere Torte. Ach, ihr bloßer Anblick ließ das Wasser im Munde zusammenlaufen. An einem Rand war sie freilich etwas eingedellt, wohl durch die Begegnung mit Herrn Lemke. Aber das machte nun wirklich gar nichts. An der Stelle konnte man ja gleich mal den Löffel zum Einsatz bringen. O ja, o gewiss, das sollte man ungesäumt und unbedingt einmal tun.

„Was machst ’n du da, Junge?“, sagte in diesem köstlichen Augenblick eine höchst wissensdurstige Stimme, noch ehe der Löffel am Ziel war. Vor ihm, richtiggehend auf Zehenspitzen, stand ein kleines Mädchen von vier, fünf Jahren.

„Überhaupt nichts“, sagte Alfred.

Also die war nun wirklich noch zu jung; die brauchte noch nicht alles zu wissen.

„Doch, du willst naschen“, sagte das Mädchen streng, „das darf man gar nicht.“

„Richtig“, sagte Alfred, „da kriegt man Eselsohren von.“

Das Mädchen betrachtete ihn ungeniert, wie die ganz jungen Menschen sind, interessiert von der Seite und sagte: „Eselsohr, Eselsohr!“

Alfred sagte: „Pscht, nicht so laut, sonst wird der Hund ganz böse!“



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