Alle Wege sind offen - Annemarie Schwarzenbach - E-Book

Alle Wege sind offen E-Book

Annemarie Schwarzenbach

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Beschreibung

Im Juni 1939 fuhren die Journalistinnen und Schriftstellerinnen Annemarie Schwarzenbach und Ella Maillart mit dem Auto nach Afghanistan. "Alle Wege sind offen" präsentiert eine Auswahl von Annemarie Schwarzenbachs Artikeln - Feuilletons, Reportagen und Erzählungen - über diese abenteuerliche Fahrt und lässt die Leserinnen und Leser an der äußeren und inneren Reise der Autorin teilnehmen: vom Balkan über die Türkei, Iran nach Afghanistan und zurück in die Schweiz. Annemarie Schwarzenbach erfährt das Glück des Unterwegsseins und die berauschend-bedrohliche Weite der Landschaften Asiens. Als Zeitzeugin protokolliert sie hellwach die gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, während sie als Schriftstellerin die Abgründe ihres Ich erkundet im Spannungsfeld zwischen der oft atemberaubenden Fremde und dem Schatten des in Europa ausgebrochenen Zweiten Weltkriegs.

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Seitenzahl: 166

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Die Autorin

Annemarie Schwarzenbach wurde 1908 in Zürich geboren. Studium der Geschichte in Zürich und Paris. Ab 1930 enge Freundschaft mit Erika und Klaus Mann. 1931 Promotion. 1931 bis 1933 als freie Schriftstellerin zeitweise in Berlin. Erstmals Morphiumkonsum. 1933 bis 1934 Vorderasienreisen. 1935 kurze, unglückliche Ehe mit dem französischen Diplomaten Claude Clarac in Persien. 1936 bis 1938 (Foto-)Reportagen im Zusammenhang mit Reisen in die USA, nach Danzig, Moskau, Wien, Prag. Entziehungskuren in der Schweiz. 1939 Reise mit Ella Maillart nach Afghanistan. 1940 Aufenthalt in den USA. 1941 bis 1942 in Belgisch-Kongo. Die Journalistin, Schriftstellerin und Fotoreporterin starb 1942 in Sils.

E-Book-Ausgabe 2014

Copyright © 2000 by Lenos Verlag, Basel

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Anne Hoffmann Graphic Design, Zürich

Coverfoto: Annemarie Schwarzenbach

(auf der Nordroute bei Bala Murgab, Afghanistan, August 1939)

www.lenos.ch

ISBN EPUB-E-Book 978 3 85787 557 1

Inhalt

I. Der Ararat

Balkan-Grenzen

Therapia

Trapezunt: Abschied vom Meer

Der Ararat

II. Die Steppe

Die Steppe

Die Gefangenen

Niemandsland – zwischen Persien und Afghanistan

III. Die Frauen von Kabul

Herat, am 1. August 1939 …

Dreimal der Hindukusch

Im Garten der schönen Mädchen von Kaisar

Die Frauen von Kabul

IV. Das Oxus-Ufer

Das Nachbardorf

Das Oxus-Ufer

Die Töpfer von Istalif

Die Reise nach Ghasni

V. Zwei Frauen allein in Afghanistan

Zwei Frauen allein in Afghanistan

Cihil Sutun

VI. Nach Peshawar …

Nach Peshawar …

Aden, eine Morgenvision

Die Reise durch den Suez-Kanal

Anhang

Essay von Roger Perret

Anmerkungen zu den Texten

Zur Edition

I Der Ararat

Ende des Ramadan: gemeinsames Mittagsgebet, Ghorband-Tal, Afghanistan, August 1939.

Balkan-Grenzen

Man hatte uns von den Balkan-Strassen erzählt, und es liesse sich ein Kapitel darüber schreiben, leicht und gern, jetzt, da unser Ford alle Mühen hinter sich hat und, auf dem Deck des türkischen Dampfers »Ankara« verstaut, der Küste Anatoliens entlang fährt. Auf unserer Landkarte war eine »Internationale Strasse« eingezeichnet, von Triest über Zagreb nach Belgrad, von Belgrad nach Sofia, von Sofia schnurstracks nach Istanbul. Gewiss, sie existiert, diese Strasse: Hinter der Hauptstadt Jugoslawiens gab es achtzig Kilometer Asphalt, von Luleburgaz bis Konstantinopel sogar über hundert Kilometer, und auf langen Strecken wurde gebaut, das hätte uns trösten sollen. Doch wo gebaut wurde, gab es für uns keine Strasse mehr, wir fuhren über das offene Feld. In Bulgarien schickte man uns über einen Saumpfad, durch ein Gebirgstal von phantastischer Schönheit, der Ford war geduldig wie ein Maultier. Hinter Adrianopel endlich arbeiteten wir uns durch eine kahle, wasserlose, offene Ebene, Lastwagen und Autobusse hatten die verschlungene Wegspur unterhöhlt, viel Steine gab’s und wenig Brot, und wir waren froh, überhaupt vorwärts zu kommen, obwohl wir es nur auf acht Kilometer pro Stunde brachten. Vor uns aber eilte das gelbe Bett der zukünftigen Strasse pfeilgerade dem Horizont zu, die weissen Zelte der Ingenieure leuchteten; Hunderte von Arbeitern, Männer, Kinder und Greise, waren aufgeboten. Geduldige Pferde und Ochsenpaare vor ihren Karren warteten enggedrängt in der Mittagshitze am kargen Wegrand; unser Wagen kochte, machte Halt vor unüberwindlichen Rinnen und Löchern, es ging ihm beinahe der Atem aus. Und doch, es wurde gearbeitet in der neuen Türkei, und hinter Luleburgaz war es wahrhaftig die geträumte, die zukünftige »Internationale Strasse«, die uns blitzschnell der kühlen, verschleierten Bläue des Meeres und den Mauern von Byzanz entgegentrug …

Genug von den Strassen: Wir haben uns vorgenommen, den Leser daheim nicht zu langweilen mit den Alltagssorgen unseres Autos. Warum haben wir uns darauf eingelassen, auf solche Wege? Als ich, vor fünfeinhalb Jahren, zum ersten Mal nach Osten fuhr, sass ich im Orient-Express (wir haben seinen Schienenstrang, und einmal sogar seine verschlossene Wagenreihe gekreuzt), da war der Balkan eine Region von gleichförmiger Melancholie. Diesmal aber haben wir, zur Erntezeit, die Grenzen kennengelernt. Welcher Reichtum, welche Verschiedenheiten, und, wiederum, welche überall wiederkehrenden, schlichten Gesetze: Brot wurde gebacken, Obst geerntet, Heu eingebracht, und die Viehherden weideten am Simplon, in der Ebene von Treviso, an der Donau (da, wo sie »Dunav« hiess) und an den Hügeln der europäischen Türkei. In Simplon-Dorf hatten wir am ersten Abend mit unseren letzten Schweizer Rappen beim Bäcker ein rundes Roggenbrot gekauft, in dessen dunkle Rinde schöne Muster eingepresst waren: ein Skorpion, Sternbilder und Buchstaben. Das erste Stück dieses Schweizer Brotes assen wir zum Frühstück im Piemont, vor unserem Zelt voller Tau, während ringsum die italienischen Bauern mit geschulterten Sensen zur Arbeit gingen; die letzte Kruste kauten wir in Bulgarien, kurz vor der türkischen Grenze, da, wo es Weizen, Rosen und Erdbeeren, Mais und Tomaten gibt, aber kein schwarzes Brot. In der Zwischenzeit hatten wir vielerlei Brot gegessen. In Italien klagten die Bauersfrauen ein wenig und zeigten uns ein paar Getreidekörner in der rauhen Hand: »Daraus müssen wir jetzt Kaffee machen.«

In Slowenien, in einem Gasthof im Dorf Costanjavica, das auf deutsch einst »Landstrass« hiess, bekamen wir Wiener Kaffee, fette Milch und frische »Kipfel« zum Frühstück. Die Wirtin, in kauderwelschartigem Deutsch, klagte auch ein bisschen: Hier war früher Alt-Österreich, und wenn die Burschen zum Militär gingen, kamen sie als »Herren« zurück; die Kaiserin Maria Theresia besass in Landstrass ein Schloss, wo sie Münzen schlagen liess. Davon ist im verwilderten Park nichts mehr übrig, die Türken haben es zerstört. Was gibt es zu klagen? Die Frau belehrt uns: Damals, in der guten alten Zeit, gehörte man zu einem grossen Reich und hatte eine glänzende Residenz. Wenn auch die Wege in Costanjavica dieselben sind, für die Kaleschen der Kaiserin, unseren Wagen, und die Heuwagen der jugoslawischen Bauern – damals gehörten die Deutschsprachigen zum besseren Volk … Und heute? Wir erfahren: Deutsche, von Maria Theresia angesiedelte Kolonisten, Auswanderer und andere mehr, gibt es bis hinunter nach Serbien; in den früheren Garnisonsstädtchen sprechen die Kellner Deutsch, in Zagreb die Marktweiber. Und viele dieser Deutschen denken, es wäre besser, wieder zu einem grossen Reich zu gehören. Habsburg ist dahin, darum kann es passieren, dass uns im Dorf Klostar mit seinen schönen Klostergebäuden und seiner weissen, unmissverständlich österreichischen Barockkirche eine ganze Schulklasse, der Lehrer an der Spitze, mit »Heil Hitler« begrüsst … Dafür fragt uns eine alte Bäuerin, während wir im Schatten unter ihrem Kirschbaum ausruhen: »Ist es wahr, liebe Herrschaften, dass der Hitler bis hier herunter kommen wird?« Sie ist aus ihrer böhmischen Heimat ausgewandert (»die Böhmen gingen nach Slowenien, wie die Slowenen nach Amerika«), sie muss hart arbeiten, aber sie hat zu essen, und sie möchte ihren Frieden … Ja, sie haben zu essen in Jugoslawien: Welche Fülle, die Äcker, Weiden und Wälder im Hügelland hinter der italienischen Grenze, die riesigen, wogenden Felder an der Donau und bis zu den Toren von Belgrad, und die Bauern besitzen herrliche Gespanne, feurige, schmale ungarische Apfelschimmel vor ihren Heu- und Getreidewagen. Die Männer sind in Weiss gekleidet, mit bunten Westen darüber, die Frauen tragen gestickte Blusen und weite, wippende Röcke. So sehen wir sie, des Abends, von den Feldern in die Dörfer heimkehren, wo Gänseherden schnattern am lauen Dorfteich. Orient? Okzident? Mit dem österreichischen Charakter ist es vorbei, keine weissen Barockkirchen mehr auf grünen Hügeln – nennen wir es einfach: gesegnetes Bauernland.

Die bulgarische Grenze: fast ein Engpass, ein ganz schmales Tal, und Berge dahinter. Die Strasse ist im Bau, daher machen wir einen Umweg und geraten, kaum ist das riesige, einsame Grenzschild hinter uns, in eine abendliche Farbenglut: rote Erde, ein Bergbach, grüne Weiden, weisses Vieh und kahle Hänge. Das mutet schon asiatisch an, wenn die Sonnenseite der Hügel schwarz und ohne Vegetation ist, die Schattenseite aber wie eine Oase mit Wasser und tiefem Grün! Einige Tage später fahren wir, hinter Sofia, durch das berühmte »Tal der Rosen« auf Plowdiw oder Philippopolis zu, und finden nicht nur wilde Rosenfelder, die violette Flut von Lavendel, eine milde, von süssem Geruch erfüllte Luft, sondern auch die Dörfer ganz verändert. Reste der alten Türkei, Männer in Pluderhose und buntem Turban, scheue Frauen, schwarz verschleiert vom Kopf bis zur an der nackten Fessel zusammengeschnürten Hose – Mohammedanerinnen. Wie Sklavinnen sehen wir sie am nächsten Tag in den Erdbeerfeldern unter der Aufsicht eines herrischen »Patrons«, der die vollen Kistchen am Wegrand stapelt. Gehören diese scheuen und offenbar rechtlosen Wesen demselben Volke an wie die würdigen und freundlichen Bäuerinnen, die auf der Schwelle ihrer dörflichen Hütten sassen, spinnend, und wie die singenden Mädchen in ihren roten Röcken?

Das Land wird urplötzlich kahl. Rechts fliesst die Maritza, dahinter liegt Griechenland. Wir aber nähern uns einer neuen Grenze. Am steinigen Weg flattert im Abendhimmel die Fahne der Türkei.

Therapia

Von allen Namen, die nach einer langen Reise in meiner Erinnerung haften, ist mir dieser der liebste. Vielleicht weil er so griechisch klingt, und so heiter wie ein anhebender Lobgesang auf unbeschwerte, an schönen Gestaden verbrachte Tage? Vielleicht weil er am Anfang stehen sollte und nun in eine schon weit zurückliegende, verklärte Zeit gehört– die Reise hatte ja kaum begonnen, ich hatte kaum die Rebenhügel und Bauerndörfer Jugoslawiens, die Erdbeer- und Rosenfelder und ockergelben Berge Bulgariens und die nadelfeinen Minarette von Edirne hinter mir gelassen, und mich noch nicht an die wechselnden Himmel der Balkanländer gewöhnt, da spiegelte sich schon Stambul im Bosporus!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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