An die kurze Leine gelegt - Tomás de Torres - E-Book

An die kurze Leine gelegt E-Book

Tomás de Torres

0,0

Beschreibung

"Ich liebe dich so sehr", sagte Angela an jenem Abend, "dass ich wünschte, ich könnte jeden Abend wie diese beiden Hunde zu deinen Füßen liegen und dir die Hand oder sogar die Stiefel lecken, um dir meine Ergebenheit zu beweisen." Francis Herschel Durward lächelte. Das Farbenspiel des Pools spiegelte sich in seinen Augen wie ein Versprechen von Wärme und Geborgenheit. "Steh auf." Angela gehorchte. Seine Finger strichen über ihre nackten Brüste, ließen die Warzen sich aufrichten und erzeugten Flammen der Lust. Er küsste sie, dann deutete er auf den Boden. Angela kniete zu seinen Füßen nieder und presste ihre Lippen zuerst auf den linken, dann auf den rechten der glänzenden schwarzen Stiefel. "Dein Wunsch", sagte Francis Herschel Durward, "sei dir erfüllt. Gleich morgen früh beginnen wir mit dem Training." Gemeinsam mit Sonja war Angela für 14 Tage an die wilde Costa Brava in Urlaub geflogen, B & B sozusagen: Bett & Bums. Selbst einem Abenteuer nicht abgeneigt, war Angela aber doch angewidert von der Intensität, mit der sich Sonja in eine lebende Matratze verwandelte … Und auf einmal fand sie ihr eigenes Abenteuer - ein echtes. Auf Augenhöhe? Natürlich nicht. Welches Schoßhündchen steht schon mit seinem Herrchen auf Augenhöhe?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 184

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



AN DIE KURZE LEINE GELEGT

SM-Roman von Tomás de Torres

SCHWARZE SERIE BAND IV

Impressum der Taschenbuchausgabe:

© MMXX by Marterpfahl Verlag, Nehren; omnia eius editionis iura reservantur; Druck: Bookpress, Allenstein; Cover: Lisa Keskin unter Verwendung eines Fotos aus der Sklavenzentrale (mit Einverständnis des Fotografen); https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch; [email protected];

ISBN 978-3-944145-64-8; 15,99 €.

Impressum der Ebook-Ausgabe:

© MMXXI by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,

Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren

https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch

[email protected]

E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Cover: Rüdiger Happ unter Verwendung desselben Fotos wie bei der Paperback-Ausgabe

E-Book ISBN 978-3-944145-80-8

„Ich liebe dich so sehr“, sagte Angela an jenem Abend, „dass ich wünschte, ich könnte jeden Abend wie diese beiden Hunde zu deinen Füßen liegen und dir die Hand oder sogar die Stiefel lecken, um dir meine Ergebenheit zu beweisen.“

Francis Herschel Durward lächelte. Das Farbenspiel des Pools spiegelte sich in seinen Augen wie ein Versprechen von Wärme und Geborgenheit.

„Steh auf.“

Angela gehorchte. Seine Finger strichen über ihre nackten Brüste, ließen die Warzen sich aufrichten und erzeugten Flammen der Lust. Er küsste sie, dann deutete er auf den Boden.

Angela kniete zu seinen Füßen nieder und presste ihre Lippen zuerst auf den linken, dann auf den rechten der glänzenden schwarzen Stiefel.

„Dein Wunsch“, sagte Francis Herschel Durward, „sei dir erfüllt. Gleich morgen früh beginnen wir mit dem Training.“

Begonnen hatte alles nur vier Tage zuvor, in einem Ferienhotel an der Costa Brava. Angela und ihre Freundin Sonja hatten sich auf zwei unbeschwerte Wochen am Meer gefreut, und zumindest Sonjas Urlaub verlief so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Am ersten Abend angelte sie sich am Strand einen 20 Jahre älteren Franzosen mit braunem Schnauzbart, und Angela bekam sie erst am Mittag darauf wieder zu Gesicht. Drei Tage später, als entweder der Franzose oder Sonja das Interesse verloren hatte, warf sie sich an der Bar einem 35-jährigen Engländer mit rotem Gesicht und blondem Borstenhaar an den Hals. Angela war das Ganze so peinlich, dass sie ihren Drink bezahlte und sich still und heimlich verdrückte.

Und nun, am Nachmittag des achten Urlaubstages, als Angela die Tür des gemeinsamen Appartements öffnete, hörte sie ein doppeltes Keuchen und Stöhnen, das keinerlei Missinterpretation zuließ.

Sie wollte schon ebenso unbemerkt verschwinden, wie sie gekommen war, als ihre Neugierde siegte. Wer, fragte sie sich, war wohl Nummer drei?

Sie stieg die beiden Stufen empor, die vom Flur in den Wohnbereich führten, und schlich sich in das Wohnzimmer. Es war leer, aber die Tür zum Schlafzimmer dahinter war angelehnt. Angela zögerte nur kurz, dann trippelte sie auf Zehenspitzen weiter und spähte durch den Spalt.

Sonja kauerte auf dem Bett, auf allen vieren, mit gespreizten Schenkeln und baumelnden Brüsten. Ihre Hände hatten sich in der zerknüllten Tagesdecke verkrampft. Sie war ebenso nackt wie der braungebrannte Mann, der seine Hände um ihre Hüften gekrallt hatte und in einem schnellen, harten Rhythmus seinen Unterleib gegen Sonjas Po warf. Angela erkannte einen der spanischen Hotelgärtner wieder. Er war höchstens 25 Jahre alt, sah phantastisch gut aus und hatte Muskeln wie ein Preisringer.

Wenn man etwas über Sonjas Auswahl sagen kann, dachte Angela, während die beiden sich hörbar dem Höhepunkt näherten, dann nur so viel: Mit fortschreitendem Urlaub wird sie wählerischer.

Sie schlich sich aus dem Appartement. Es war später Nachmittag, sie hatte den ganzen Tag am Strand verbracht und 100 Seiten eines Buches umgeblättert, ohne sich an den Inhalt zu erinnern. Sie sehnte sich nach einer Dusche, aber das Zimmer war ja nun blockiert, und so ging sie hinunter in die Hotelhalle und dann hinaus, nicht zum Strand, sondern in Richtung der alten und kurvenreichen Küstenstraße. Eine kleine, von Felsen umgebene Bucht fiel ihr ein, die sie vom Bus aus entdeckt hatte, gar nicht weit vom Hotel entfernt – und menschenleer. Sie beschloss, die Straße entlangzuwandern und zu nachzusehen, ob es einen Weg gab, der zu dieser Bucht hinabführte.

Sie wollte allein sein.

Angela hatte nichts gegen Sex im Urlaub. Im Gegenteil, sie war einem Abenteuer nicht abgeneigt und hatte sich sogar darauf gefreut. Aber Sonjas Verhalten gleich am ersten Abend hatte sie abgestoßen. Die beiden kannten sich seit zwei Jahren und hatten auch gleichzeitig die Ausbildung zur Bürokauffrau begonnen, aber dies war ihr erster gemeinsamer Urlaub. Man lernt einen Menschen wohl erst dann wirklich kennen, wenn man ihn außerhalb seiner gewohnten Umgebung erlebt und mit ihm Tag und Nacht das Zimmer teilt.

Und so hatte Angela das genaue Gegenteil getan: Sie hatte sich abgekapselt, den Kontakt mit Männern vermieden – und eine schrecklich öde erste Urlaubswoche verbracht.

Die Bucht war leicht zu finden, und sie war so abgeschieden, wie Angela sie in Erinnerung hatte, obwohl die Entfernung zum Hotel kaum 100 Meter betrug. Aber es gab keinen direkten Zugang zu ihr. Von dem weit geschwungenen Hotelstrand trennte sie ein Wirrwarr aus Granitfelsen, der sich bis ins Wasser erstreckte und dort eine chaotische Landschaft von Zwergeninseln bildete.

Angela fand schließlich eine Stelle, wo ein Abstieg möglich erschien. Sie presste ihre blaue Strandtasche an sich und schwang sich über die Leitplanke. Nur kurz schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, ob man sie hier wohl rechtzeitig fände, wenn sie abstürzte und sich ein Bein brach, oder ob sie vorher verschmachten würde. Doch ein paar Schritte weiter wies der Fels Spuren von Bearbeitung auf, und sie fand einen schmalen Pfad, der nach unten führte.

Die Bucht war tatsächlich leer. Nur ein paar rote Cruzcampo-Bierdosen und Fetzen von Packpapier wiesen darauf hin, dass sie von der Menschheit nicht völlig vergessen worden war. Angela sprang den letzten halben Meter, ihre Sandalen gruben sich in weichen, grauen Sand.

Sie drehte sich einmal um sich selbst.

Die Küstenstraße war von hier aus weder zu sehen noch zu hören, hoch aufragende Granitblöcke hielten den Lärm der wenigen Autos und Busse ab. Die einzigen Geräusche waren das regelmäßige Rauschen der Brandung – der Herzschlag des Meeres – und die Schreie von Möwen und Seevögeln, die hoch über Angela ihre Kreise zogen. Weit draußen kreuzten einige Motorboote und zogen Spuren weißer Gischt durch ein postkartenblaues Meer. Salzige Tropfen trafen Angelas Gesicht, ihre nackten Arme und Beine.

Es war einfach, sich vorzustellen, allein auf dieser Welt zu sein.

Sie warf die Tasche in den Sand, streifte die Schuhe ab und lief zwei-, dreimal rund um die Bucht. 20 Meter Strand, zehn Meter Hinterland, keinesfalls mehr. Sie hatte keine Lust, schon wieder zu schwimmen, setzte sich auf einen großen Stein und atmete die salzhaltige Luft in tiefen Zügen ein. Aber sie konnte ihre Gedanken nicht von Sonja und ihren mittlerweile drei Liebhabern lösen.

Vor ein paar Tagen hatte Angela ihren ganzen Mut zusammengenommen und Sonja darauf angesprochen, in einem der selten gewordenen gemeinsamen Momente, als sie auf dem Balkon lagen – Sonja oben ohne wie meist – und auf das bunte Treiben am Strand starrten. Zunächst hatte Sonja überhaupt nicht verstanden, worauf Angela hinauswollte.

„Gibt es denn keinen, der dir gefällt?“, fragte sie.

„Doch, schon“, antwortete Angela nach kurzem Nachdenken. „Vielleicht bin ich zu altmodisch, aber ich denke, der Mann sollte den ersten Schritt machen.“ Ihr Blick wanderte aufs Meer hinaus. „Es sollte ein starker Mann sein. Nicht unbedingt ein Muskelprotz, aber mit einem festen Willen, der auch keine Angst vor einer Niederlage hat und der …“

Sonjas Gelächter ließ sie verstummen. „Meine Liebe, wenn du auf einen Märchenprinz wartest, wirst du eher alt und grau! Du musst dich schon mit dem begnügen, was im Angebot ist.“ So wie ich.

Sonja sprach den Nachsatz zwar nicht aus, aber Angela verstand auch so. Sie stellte das Glas mit der Sangria – Sonja hatte unbedingt Sangria trinken wollen – hart auf den Plastiktisch. „Natürlich muss es kein Märchenprinz sein! Ich meine doch nur …“

Doch dann trällerte Sonjas Smartphone und beendete die Unterhaltung. Und plötzlich hatte sie es ganz eilig, aus dem Appartement zu kommen. Allein.

Jetzt, während ihre nackten Zehen den feuchten Sand zu Klumpen ballten, spann Angela den abgerissenen Faden weiter.

Natürlich muss es kein Märchenprinz sein. Ich bin nicht so dumm, auf einen Ritter in glänzender Rüstung zu warten, der mich von meinem öden Dasein als Bürokauffrau errettet. Aber die meisten Männer, die ich kenne, sind unsicher und voller Komplexe. Wenn mich mal einer anspricht, und ich gehe nicht sofort auf ihn ein, entschuldigt er sich stotternd und mit rotem Kopf, und ich sehe ihn nie wieder. Egal, wie gut er aussieht: Wenn er sich wie ein Feigling benimmt, will ich ihn gar nicht wiedersehen. Ist das altmodisch?

Irene, eine Jugendfreundin, die Angela schon lange aus den Augen verloren hatte, pflegte es kurz, aber prägnant auszudrücken: „Ich will keinen Warmduscher!“

Angela ließ ihren Oberkörper auf den von der Sonne erhitzten Stein zurücksinken. Sie dachte an das, was sie soeben beobachtet hatte. Keiner ihrer bisherigen Liebhaber hatte sie von hinten genommen. Nicht, dass Angela dies verlangt hätte. Sie war nie auf diesen Gedanken gekommen, und ihre jeweiligen Freunde wohl ebenso wenig. Aber diese Stellung hatte etwas Animalisches, etwas zutiefst Archaisches an sich. So mussten vor 10.000 Jahren alle Männer ihre Frauen genommen haben, am nächtlichen Feuer in der Höhle oder in einer Schilfhütte …

Sie spreizte die Beine, und wie von selbst glitten die Finger ihrer rechten Hand an ihrem Körper nach unten, verharrten kurz am Bund der weißen Shorts und gruben sich dann darunter durch, bis sie den Rand der Stoppelhaarzone erreichten. Angela hatte ihr Schamhaar vor dem Urlaub abrasiert, nachdem sie gelesen hatte, dass mehr als 80 Prozent aller Männer von einer Frau erwarteten, zwischen den Beinen glatt wie ein Baby zu sein. Doch mittlerweile hatten die Haare bereits wieder drei oder vier Millimeter Länge erreicht.

Weiter glitten ihre Finger, bis ein glühender Blitz aus Lust durch ihren Körper fuhr und sie aufkeuchen ließ. Mit der Linken öffnete sie den Knopf der Shorts und den Reißverschluss, dann spreizte sie die Beine noch weiter. Die rechte Hand presste sie auf den Schamhügel und spürte Wärme und Feuchtigkeit. Sie massierte die Schamlippen, dann öffnete sie diese mit zwei Fingern und drang in die rote Grotte ein.

Ein langgezogenes Stöhnen verließ Angelas halb geöffneten Mund. Sie reckte ihren Unterleib in die Höhe, als böte sie sich einem Unsichtbaren an. Daumen und Zeigefinger legten sich um den steifen Kitzler und massierten ihn, während ihre Hüften zu kreisen begannen. Mit der linken Hand schob sie die Bluse hoch und ertastete eine der vor Sehnsucht schmerzenden, korallenroten Warzen. Unter der Berührung versteifte sie sich, und Angela stöhnte erneut auf.

Sie schob den Unterleib vor, bis ihr Po zur Hälfte in der Luft hing, schloss die Beine und streifte Shorts und Slip bis zu den Knöcheln hinab. Sofort kehrte ihre linke Hand zurück zur Brust und die rechte begann, die Klitoris zu massieren. Sie spürte, wie sich der Orgasmus allmählich aufbaute, und schob einen dritten Finger in ihre nasse Höhle. Gleichzeitig zupfte und zerrte die andere Hand an der linken Brustwarze. Angelas Brüste waren so empfindlich, dass sie manchmal allein durch deren Berührung zum Höhepunkt gelangte.

Die Wellen des Meeres schlugen an den Strand, rollten zurück und brandeten erneut dagegen, und Angelas Finger passten sich diesem Rhythmus ganz von selbst an. Der feuchte Wind kühlte ihre Schenkel, nicht jedoch die Hitze, die im Zentrum ihres Körpers loderte. Angelas Mund öffnete sich und stieß leise Schreie der Lust aus, ihre Beine zitterten, und ihr Unterleib zuckte, während sich die Finger ihrer Rechten weiter vorarbeiteten und der Daumen am Kitzler rieb. Dann war es soweit, der Orgasmus rollte über sie hinweg wie die Brandung über den Strand. Sie schrie ihre Lust hinaus, zuckte noch einige Male und sank erschöpft zusammen.

„Wenn du mein Mädchen wärst“, sagte eine dunkle Stimme in die sich ausbreitende Stille hinein, „würde ich dir das nicht erlauben.“

2

Angelas Herzschlag setzte aus. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich, und für einen Moment schien die Welt in ihrem Lauf innezuhalten. Feuerringe kreisten vor ihren Augen. Die Nachwehen des Orgasmus vereinigten sich mit dem Schock, dass jemand sie bei einer so intimen Handlung beobachtet hatte, und lähmten sekundenlang ihr Denken.

Dann sprang sie auf und wäre beinahe gestürzt, da die Shorts noch immer um ihre Knöchel hingen. Ihre Hände schossen nach unten und zogen Slip und Shorts hoch. In ihrer Hast verlor sie dabei doch noch das Gleichgewicht und fiel zunächst mit den Knien, dann mit der rechten Körperseite in den feuchten Sand.

Als sie mit brennendem Gesicht aufsah, ragte vor ihr ein Paar schwarzer Hosenbeine mit tadellosen Bügelfalten empor, die in einem Gürtel mit einer ovalen Schnalle endeten. Darüber ein weißes Hemd, zugeknöpft und mit gestärktem Kragen, und schließlich ein von schwarzen Haaren umrahmtes, bärtiges Gesicht, das freundlich lächelnd auf Angela herabsah.

Der Mann bückte sich, umfasste ihren rechten Unterarm und zog sie daran auf die Beine. Er hatte englisch gesprochen, aber nicht das breiige Cockney-Englisch von Sonjas zweiter Urlaubseroberung, sondern ein akzentfreies Englisch, das in Angelas Ohren gehoben klang.

Hastig brachte sie ihre Bluse in Ordnung und schloss den Knopf der Shorts. Erst dann wagte sie, den Fremden aus dem Augenwinkel anzusehen. Sein Teint war hell, und trotz der Fältchen in den Augenwinkeln konnte er kaum älter als 30 sein. Der Bart war gepflegt und weniger als einen Zentimeter lang. Insgesamt machte der Fremde den Eindruck, als sei er auf dem Weg zu einer Dinnerparty, hätte sich jedoch aus unbegreiflichen Gründen in diese abgeschiedene Bucht verirrt.

Dann wallte in Angela heiße Erinnerung an die Situation auf, in der er sie vorgefunden hatte. Sie senkte den Blick und klopfte sich den Sand von Shorts und Bluse. Hatte sie vorhin noch den Eindruck gehabt, ihr Herz würde stillstehen, so raste es nun. Ihr Gesicht glühte und ihre Hände waren schweißfeucht. Sie sah sich um, konnte aber keinen weiteren Zeugen entdecken. Am liebsten hätte sie …

Sie machte einen Satz zur Seite und sprang an dem Mann vorbei in Richtung des Felspfads, der den einzigen Fluchtweg aus dieser schrecklichen Situation bot. Ihre Sandalen lagen zum Glück nicht weit entfernt, und Angela schlüpfte hinein, ohne sich umzusehen. Erst als sie zwei oder drei Meter Höhe gewonnen hatte, riskierte sie einen scheuen Blick zurück. Der Fremde hatte sich nicht vom Fleck gerührt.

„Du hast deine Tasche vergessen!“, rief er ihr nach.

Doch für Angela gab es in diesem Moment nichts Unwichtigeres.

Als sie ausgepumpt die Tür ihres Appartements erreichte, bereute sie ihre überstürzte Flucht, denn in der Strandtasche befand sich die Schlüsselkarte. Sie gönnte sich einige Sekunden, um zu Atem zu kommen, und strich die nassen Strähnen ihres dichten braunen Haars aus der Stirn. Dann klopfte sie.

Hoffentlich sind sie nicht mehr im Bett!

Wenigstens in dieser Beziehung war ihr das Glück hold. Sonja öffnete sofort, und sie war allein. Sie musterte Angela.

„Hast du ein Geisterschiff gesehen oder so was?“

Angela schüttelte den Kopf, ging an ihrer Freundin vorbei in die kleine Küche und goss sich ein Glas kalten Orangensafts ein. Erst nachdem sie es hinuntergestürzt hatte, war sie in der Lage zu antworten.

„Nur ein kleiner Dauerlauf, solltest du auch mal machen. Ich brauche unbedingt eine Dusche.“

Sonja machte eine einladende Geste in Richtung des Badezimmers. Erst jetzt bemerkte Angela das gerötete Gesicht und die nassen Haare ihrer Freundin. Sonja musste soeben selbst aus der Dusche gekommen zu sein. Sie trug lediglich einen roten Bikini mit einem wie üblich viel zu knappen Oberteil.

„Hast du heute noch etwas vor?“, fragte Angela, während sie sich der sandverkrusteten Bluse und Shorts entledigte.

„Tut mir leid, dich wieder allein zu lassen“, hörte sie Sonjas Stimme aus dem Flur, „aber ich habe eine Verabredung, muss gleich weg. Sag mal …“

Angela, die nackt bis auf den Slip vor der Duschkabine stand, sah auf. Sonja stand in der Tür und knöpfte gerade einen kurzen Faltenrock zu.

„Ja?“

„Du solltest mal hier raus. Warum fährst du nicht in die Stadt, Empuriabrava heißt sie wohl? Der Bus geht jede halbe Stunde. Den Yachthafen musst du dir unbedingt ansehen! Oder nach Roses, da kann man prima einkaufen.“

„Vielleicht werde ich das tun“, log Angela.

Aber nach zwei Stunden, in denen Angela ihren Schreck mühsam verarbeite, hatte diese Idee deutlich an Attraktivität gewonnen. Zum einen wollte sie wirklich mal ’raus aus dem Hotel, und zum anderen hatte sie Sehnsucht nach einem guten Abendessen. Das Hotel brüstete sich zwar mit vier Sternen, aber das Halbpensionsdinner schmeckte eher nach einem Stern. Nicht umsonst waren wohl zwei der vier Sterne an der Fassade bereits abgebröckelt.

Sie zog sich an, doch als sie die Hand auf die Klinke legte, fiel ihr ein, dass sie ja keinen Schlüssel mehr besaß. Ihre Strandtasche hatte sie völlig vergessen.

Mist! Das bedeutet, ich muss die Tasche aus der Bucht holen, falls sie überhaupt noch da ist. Und es dunkelt bereits.

Doch als sie die Tür öffnete, stolperte sie beinahe über die blaue Tasche. Jemand musste sie dort abgestellt haben.

Aber wer?

Nun, da kam eigentlich nur einer in Betracht.

Das Blut schoss ihr ins Gesicht und rauschte in ihren Ohren. Panisch sah sie sich um, aber der Gang war leer. Sie trug die Tasche ins Zimmer und kontrollierte den Inhalt. Es fehlte nichts.

Mit fahrigen Bewegungen nahm sie die Schlüsselkarte heraus und steckte sie in die Handtasche. Sie verließ das Appartement und fuhr mit dem Lift hinunter in die Lobby. Mehrere Dutzend zumeist junge Gäste standen in kleinen Gruppen zusammen oder verliefen sich in dem weiten Raum. Kinder schrien. Angela passierte das endlos lange Pult der Rezeption und den durch eine Glaswand abgetrennten Raum, in dem der Manager residierte. Zwei Männer und eine Frau saßen dort zusammen und diskutierten unhörbar. Als einer der Männer in Angelas Richtung blickte, glaubte sie, vor Schreck und Scham sterben zu müssen. Es war das bärtige Gesicht des Fremden vom Strand!

Und er hatte sie ebenfalls wiedererkannt, denn seine eben noch konzentriert-ernste Miene wandelte sich zu einem Lächeln. Doch damit nicht genug: Er winkte Angela auch noch zu!

Sie fuhr herum und flüchtete aus der Halle, wobei sie eine ältere Dame mit einer dreireihigen Perlenkette beinahe umgerannt hätte. Draußen, im gelben Zwielicht der Außenbeleuchtung, orientierte sich sie flüchtig und lief dann über den voll belegten Parkplatz auf die Haltestelle zu.

Hoffentlich kommt der Bus bald!

Doch die Sekunden dehnten sich zu Minuten. Vier Busse fuhren vorbei, ohne zu halten. Angela überlegte bereits, sich zu Fuß auf den Weg zu machen, als ein helles Cabrio unmittelbar vor ihr anhielt.

„Steig ein, ich nehme dich mit.“ Der Fahrer benutzte die englische Sprache, die über keine Höflichkeitsform verfügt.

Mit offenem Mund starrte sie den Mann an, der sich soeben herüberbeugte und die Beifahrertür aufstieß. Angela machte einen Satz rückwärts, als ob ein sprungbereiter Tiger vor ihr kauerte.

„Ich … ich wollte nach Empuriabrava“, stammelte sie ebenfalls auf Englisch und deutete mit dem Daumen nach links.

„Dann stehst du aber auf der falschen Straßenseite“, antwortete der Mann vom Strand mit dem wärmsten Lächeln, das Angela jemals gesehen hatte. Es hatte nichts Herablassendes oder gar Spöttisches an sich. „Schiffe und Millionäre sind doch langweilig. Warst du schon mal in Cadaqués?“

Stumm schüttelte Angela den Kopf und schielte nach dem Bus, der gerade auf der gegenüberliegenden Straßenseite anhielt.

„Nettes kleines Fischerdorf mit guten Restaurants, noch nicht mit Betonklötzen zugemüllt. Ist nur eine halbe Stunde Fahrt durch die Berge. Interessiert?“

Hilfe suchend sah Angela sich um. In diesem Moment fuhr der Bus wieder an und gab den Blick frei auf ein Paar, das soeben ausgestiegen sein musste: Sonja und ein breitschultriger Südländer, Nummer vier in ihrer Sammlung. Der Gärtner hatte wohl Dienst. Angelas und Sonjas Blicke kreuzten sich, und Sonja winkte.

Ohne weiter zu überlegen, stieg Angela in den wuchtigen Sportwagen und schlug die Tür zu. „Also nach Cadaqués“, sagte sie hastig, bevor sie ihre Meinung ändern konnte.

„Meine Freunde nennen mich Francis“, sagte der Fremde und streckte die Hand aus.

Angela schlug ein; ein trockener, kräftiger Händedruck. „Angela. Na ja, eigentlich heiße ich Annika, aber das klingt so ähnlich wie eine Pflanze. Angela klingt viel schöner.“

Mein Gott, warum erzähle ich ihm das?, fragte sie sich, kaum dass sie ausgesprochen hatte.

Doch Francis schien diese Offenheit normal zu finden. „Angela bedeutet Engel.“ Er warf ihr einen Seitenblick zu und fuhr an. „Ein passender Name.“

Angela starrte auf die Straße. „Engel haben goldenes Haar, nicht braunes.“

„Engel haben Engelsgesichter.“

Die Lichtinsel des Hotels blieb hinter ihnen zurück.

Ein Gedanke schoss Angela durch den Kopf, und noch bevor sie ihn vollständig formuliert hatte, sprach sie ihn auch schon laut aus: „Du solltest nicht denken, dass ich leicht zu haben bin, weil du mich … weil ich …“

„Weil ich dich beim Masturbieren erwischt habe?“ Francis scheute sich offensichtlich nicht, die Dinge beim Namen zu nennen. Ein abschätzender glitt an Angelas Körper hinab, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, das denke ich nicht. Aber ich bleibe dabei: Wenn du mein Mädchen wärst, würde ich dir das nicht erlauben.“

Angela wandte den Kopf zum Meer, damit Francis nicht in ihrer Miene lesen konnte. Die Situation hatte etwas Bizarres an sich. „Wie willst du das verhindern?“, fragte sie, als die Stille zu drückend wurde.

Francis lachte. „Oh, da gibt es viele Möglichkeiten.“

Sie durchfuhren einen Kreisverkehr, dann wurde die Straße merklich steiler. Unruhe ergriff Angela.

Was tue ich da überhaupt?, dachte sie. Ich fahre mit einem wildfremden Menschen in die Berge! Zu Hause würde mir so etwas nicht im Traum einfallen. Wenn er nun irgendwo anhält und mich vergewaltigt?

Aber dann erinnerte sie sich an sein offenes Lächeln und daran, dass er mit dem Hotelmanager bekannt sein musste, und ihre Beklemmung löste sich ein wenig.

Sie warf Francis einen verstohlenen Blick zu. Er saß so ruhig und selbstbewusst hinter dem Lenkrad, als würde er jeden Tag mit unbekannten Frauen durch die Gegend brausen. Der Wind spielte mit seinen halblangen Haaren und übertönte das Fahrgeräusch des Wagens, eines Audis, wie Angela anhand der vier Ringe auf dem Lenkrad erkannte. Ihr fiel ein, dass sie nicht einmal auf die Autonummer geachtet hatte.

„Wohnst du hier?“, fragte sie.

„Hier und in England, wo ich geboren wurde“, antwortete Francis, ohne den Blick von der Straße zu wenden, die immer kurviger wurde. „Und du?“

„Düsseldorf.“

„Dein Englisch ist gut.“

Angela verzog die Mundwinkel. „Ich muss einen schrecklichen Akzent haben.“

„Aber du benutzt die richtigen Worte.“ Francis deutete nach rechts. „Die Lichter von Roses.“