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G. A. Aiken

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Beschreibung

G.A. Aikens neuer Coup in der Romantasy: Attraktive Gestaltwandler erobern die Buchseiten – und lassen dabei nichts anbrennen. Miki ist ein Genie, verdammt sexy - und ein normaler Mensch. Conall Viga-Feilan stammt in direkter Linie von den Wolfswandlern der Wikinger ab. Als er Miki begegnet, ist es um ihn geschehen, denn sie ist aufregender als jede Frau, der er jemals begegnet ist. Doch Miki ist ganz schön bissig, wenn es um den großen bösen Wolf geht. Der lässt sich nicht unterkriegen und belagert seine Auserwählte hartnäckig, bis sich die beiden auf der Flucht vor anderen Wandlern näherkommen, als sie es sich jemals hätten träumen lassen.

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Übersetzung aus dem Amerikanischen von Karen Gerwig

ISBN 978-3-492-98461-4 © für diese Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München 2018 © Shelly Laurenston 2007 Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Go Fetch«, Samhain Publishing, Macon 2007 Deutschsprachige Ausgabe: © Piper Verlag GmbH, München 2012 Covergestaltung und -motiv: Tanja Winkler Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck

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Inhalt

Cover & Impressum

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Guide

  Prolog  

Er schnüffelte noch einmal. Verdammt, er kannte diesen Geruch von irgendwoher, und er würde ihn wahnsinnig machen, bis er wusste, woher. Er lief weiter, folgte der Duftspur durch den Wald, während der Rave auf der Lichtung hinter ihm weiterging.

Er preschte durchs Unterholz, die Äste rissen an seinem Fell. Jetzt kam der Geruch aus einer anderen Richtung, also blieb er stehen und wirbelte herum, schnüffelte noch einmal und rannte weiter. Diesmal schoss er übers Ziel hinaus, und sie kamen aus der Dunkelheit und griffen ihn von hinten an. Zähne gruben sich in seine Flanke. Knurrend drehte er sich und schüttelte sie ab, bevor sie richtig zupacken konnten. Zwei andere kamen ihm zu Hilfe: einer seiner Meutenkameraden und ein Vollblut; aber bis die Wölfe sich nach ihnen umgedreht hatten, waren sie fort. Sein Meutenkamerad wirbelte im Kreis herum und versuchte herauszufinden, wohin sie verschwunden waren, wie sie aussahen und wer verdammt noch mal sie überhaupt waren.

Sie gehörten nicht zum Rudel, sie waren keine Wölfe, und sie waren ganz sicher keine Menschen. Was auch immer sie waren – sie gehörten nicht hierher. Sie befanden sich außerhalb ihres Reviers. Er wünschte nur, er könnte sich erinnern, woher er diesen Geruch kannte. Er hatte keine Ahnung, was ihn angegriffen hatte, aber jetzt waren sie weg. Ihr Geruch hing noch in der Luft, aber er kam einfach nicht drauf.

Conall machte sich auf den Rückweg dorthin, wo er seine Kleider gelassen hatte. Er hatte die Meute beschützt, und jetzt wollte er zurückgehen und den Rave genießen. Er merkte, dass das Vollblut ihm folgte, obwohl sein Meutenkamerad losgezogen war, um die Umgebung gründlich zu untersuchen. Er ließ den Wolf gewähren, denn er fürchtete ihn nicht. Die Vollblüter duldeten sie in ihrem Revier, weil sie wussten, dass sie hier waren, um eine Frau zu beschützen. Die Gefährtin seines Alphas – Sara.

Irgendwo heulten vollblütige Wölfe, und das Vollblut, das bei ihm war, blieb stehen, um einzustimmen. Conall lauschte dem Klang. Er liebte ihn mehr als alles andere. Ohne darüber nachzudenken, blieb er ebenfalls stehen, legte den Kopf in den Nacken und stieß ein Heulen aus. Es verschmolz mit dem der beiden Hybridmeuten auf dem Rave. So etwas geschah nicht jeden Tag. Drei Meuten heulten einstimmig. Alle für eine Frau. Aber Sara verdiente es auch. Die Frau war der helle Wahnsinn.

Ein anderer Geruch stieg ihm in die Nase. Ein Duft, den er in letzter Zeit zu lieben gelernt hatte. Hätte sie es zugelassen – er hätte sich den ganzen Tag darin gewälzt. Er folgte diesem wunderbaren Duft und stellte mit Freuden fest, dass sie sich in der Nähe seiner Kleider befand.

Lautlos bewegte er sich auf sie zu. Sie saß auf einem Felsblock und las in einem Taschenbuch. Mit zusammengekniffenen Augen nutzte sie das Licht des Mondes und des Raves zum Lesen.

Bis jetzt hatte er sich nicht die Zeit nehmen können, ihr nachzustellen – er war zu beschäftigt mit dem Schutz seiner Meute gewesen. Die paar Mal, die er sich ihr genähert hatte, hatte sie ihn nicht gerade freundlich empfangen. Ein hübscherer Ausdruck dafür, dass sie jedes Mal, wenn Conall in ihre Nähe kam, davonrannte, als sei ihr ein tollwütiger Pitbull auf den Fersen.

Aber jetzt, wo sie das Withell-Rudel – die Todfeinde der Meute – ausgelöscht hatten, gehörte seine Zeit ganz ihm selbst. Zumindest im Moment. Also konnte er ihr seine volle Aufmerksamkeit schenken. Übrigens sah sie heute wirklich heiß aus, und dieses eine Mal war sie tatsächlich allein.

Ihr Duft zog ihn an, als zöge man ihn an einer Leine, er trottete zu ihr hinüber, so nahe, dass seine Nase nur Zentimeter von ihrem Nacken entfernt war.

Wie der Blitz drehte sie den Oberkörper, ein massives Jagdmesser in der Hand. Da verwandelte er sich und blockte ihren Arm mit seinem ab. Glück gehabt. Sie hätte ihm mit dem Ding die Kehle von Ohr zu Ohr aufschlitzen können.

Als sie ihn erkannte, weiteten sich ihre Augen. Dann schaute sie an ihm herab, und ihre Augen wurden noch größer. »Warum müsst ihr eigentlich immer nackt herumrennen?«

Er liebte es, wie verärgert sie klang. »Das ist ein Gestaltwandler-Ding.«

»Faszinierend. Aber wenn du nicht sofort was anziehst, muss ich anfangen, nach allem zu hacken, was vorsteht.« Und er wusste, dass sie Ernst machen würde.

»Meine Kleider sind da drüben.«

»Hol sie!«

Sie senkte den Arm und steckte das Messer zurück in die Scheide an ihrem Gürtel. Conall zweifelte nicht daran, dass sie damit umgehen konnte. Er hatte sie in Aktion gesehen. Sie war eine unglaublich gute Jägerin – für einen Menschen.

Und hatte einen noch unglaublicheren Arsch.

Conall ging zu dem Klamottenhaufen, den er neben einen Baum gelegt hatte, und zog sich an, während Miki sich die größte Mühe gab, ihn nicht anzusehen. Er hatte erlebt, wie sie aus einem fahrenden Auto heraus einer Löwin mit einem einzigen Gewehrschuss den Kopf weggepustet hatte, aber sein Schwanz schien sie aus dem Konzept zu bringen. Sonderbares Mädchen.

Er würde wohl etwas sagen müssen, denn sie machte keine Anstalten, mit ihm zu sprechen. »Ich bin Conall …«, begann er.

»Das hatten wir schon.«

»… Víga-Feilan«, vollendete er. Sie unterbrach ihn einfach. Das war neu. Bisher hatte ihn noch nie eine Frau unterbrochen. Sie fanden ihn nicht unbedingt faszinierend, aber sie heuchelten es sehr gut. Zumindest, bis sie flachgelegt wurden.

Aber sein Nachname schien sie zu interessieren, auch wenn sie den Blick nicht von ihrem Buch hob. »Víga-Feilan?« Die Leute wiederholten seinen Nachnamen immer. Wie ein Echo. Es war ein merkwürdiger Name, und er hätte ihn um nichts in der Welt geändert. »Ist das nicht wikingisch?«

Er starrte sie an, sein Harley-T-Shirt in den Händen. »Woher zum Henker weißt du das?« Um genau zu sein, war es natürlich ein altnordischer Beiname, aber wikingisch traf es zumindest fast. Das wusste sonst nie jemand. Niemals. Miki war die Erste, die es richtig sagte. Himmel, er wollte sie.

»Es gibt da diese faszinierenden Orte mit Büchern drin. Man nennt sie Bibliotheken. Wenn du nicht gerade deinen Schwanz jagst oder einen Ball auf der Nase balancierst, solltest du mal darüber nachdenken, eine zu besuchen.«

Er beobachtete das listige Lächeln auf ihren umwerfenden Lippen und grinste. O ja. Er mochte sie von Sekunde zu Sekunde lieber. Ein so bösartiges Mädchen war ganz sicher ein höllisch wilder Ritt.

Auf sein Schweigen hin hob Miki den Kopf und zog eine Augenbraue hoch, als sie ihn lächeln sah. »Weißt du, bei all den Leuten hier draußen, die heulen und an meinem Hintern schnüffeln, halte ich es für ziemlich dämlich, herumzustehen und mich anzustarren. Ich könnte jeden Moment Amok laufen.«

Himmel, er liebte ihre Stimme. Irgendwie tief und rau, mit diesem süßen texanischen Akzent. Sie spielte auf seinen Nervenenden wie auf einem Instrument. Und er hatte an ihrem Hintern geschnüffelt, aber nur einmal. »Das klingt vielversprechend.«

Sie seufzte und wandte sich wieder ihrem Buch zu.

Er zog sich vollends an und setzte sich dann auf die Erde, um in seine schwarzen Harley-Davidson-Stiefel zu schlüpfen.

»Was liest du da?« Eigentlich war es ihm egal. Er wollte sie nur noch etwas sagen hören.

»Ein Buch über Wölfe.«

Das weckte sein Interesse. »Ehrlich?«

»Ja. Werden Zach und Sara vor deinen Augen Sex haben müssen?«

Bei diesem plötzlichen – und furchterregenden – Themenwechsel hob Conall ruckartig den Kopf. Sie schaute ihn direkt an, und ihm wurde klar, sie meinte es ernst. »Was? Nein!«

»Bist du sicher? Denn laut diesem Buch sind die Alphas die Einzigen, die sich paaren dürfen, und sie müssen es vor der Meute tun.«

»Aber wir sind menschlich … irgendwie.«

»Aber ihr rennt in einer Meute herum. Macht ihr dann nicht auch andere Meutensachen?«

»Na ja … äh … ich … das heißt, wir …« Conall schüttelte den Kopf. »Sie werden nicht vor uns Sex haben. Und glaub mir, wir dürfen alle Sex haben.«

Ihre Augen wurden schmal. »Verstehe.« Sie widmete sich wieder ihrem Buch.

Conall schnürte den einen Stiefel zu und machte sich dann an den anderen. »Also, Miki, was …?«

»Ich lese.«

»… tust du?« Er blinzelte. So einfach war er noch nie abserviert worden. Und dieses Mädchen gab ihm auf ganzer Linie einen Korb. Ganz kurz kam der Ärger in ihm hoch, und seine Stimme troff vor Sarkasmus: »Du liest auf einem Rave? Du weißt echt, wie man Party macht, was?«

Ohne auch nur von ihrem Buch aufzublicken, zeigte sie ihm den Mittelfinger.

Mann, sie ist so gemein! Er war froh, dass er seine Jeans anhatte. Er war schon steinhart.

Als er mit dem Schnüren fertig war, lehnte er sich zurück und beobachtete sie. Er staunte, wie schön sie war. Weiche braune Haut, die süßesten Grübchen der Menschheit, lockige schwarze Haare, die ihr umwerfendes Gesicht einrahmten, und den festesten Hintern, den er je gesehen hatte.

Sie schien zu spüren, dass er sie beobachtete, und warf ihm einen finsteren Blick zu. »Was ist denn jetzt noch?«

»Ich schaue dich nur an.«

»Lass das.«

»Bist du schüchtern?« Schüchternheit machte ihm nichts aus. Er konnte Schüchternheit lieben lernen. Zum Henker, für eine Nacht voll heißem, bedeutungslosem Sex konnte er fast alles lieben lernen.

»In welchem Sinn?«

Was war das denn für eine Frage? »Was?«

»In welchem Sinn fragst du, ob ich schüchtern bin? Es gibt verschiedene Arten von Schüchternheit. Es gibt Leute, die eine Scheu vor anderen Leuten haben. Oder vor Tieren – wozu du zählst. Und solche, die nur in bestimmten Situationen zurückhaltend sind. Was meinst du also genau?«

»Ich habe keine Ahnung.«

»Typisch.«

Okay, Freundlichkeit funktionierte bei ihr wohl nicht. Er würde etwas anderes versuchen müssen. Langsam wurde es eng. Sie reisten am nächsten Tag ab, und er wollte seine letzte Nacht in diesem hübschen kleinen Städtchen zwischen ihren Schenkeln verbringen.

»Weißt du, wenn du den Rave verlassen hast, weil du nervös bist, kann ich dich nach Hause bringen.« Sie nach Hause begleiten. Sie entspannen. Sie feucht machen. Und sie dann ins Bett kriegen. Ja, das klang nach einem Plan.

Jetzt musterte sie ihn mit klugem Blick. »Tatsache?«

Conall schenkte ihr sein patentiertes unschuldiges Achselzucken. Er hatte lang und hart daran gearbeitet, der große, harmlose Typ zu werden. Der Typ, an den sich schutzsuchende Frauen wandten. Niemand erfuhr je, dass er ganz dicht unter seiner Oberfläche einen der gefährlichsten Wölfe, den die nordischen Götter kannten, angekettet hatte. Einen Wolf, der von Loki höchstpersönlich abstammte. Einen Wolf, der ständig darum kämpfte, befreit zu werden. Aber Conall kämpfte genauso hart, denn er wollte wie der Rest seiner Familie sein. Also hatte er den Wolf an die Kette gelegt. Fast so, wie manche Leute ihre Hunde an einen Pfahl in ihrem Garten ketten. Er hatte ihn angekettet und zurückgelassen. Nur während der Jagd oder in einem Kampf kam der Wolf heraus. Aber wenn er menschlich war, ließ er ihn angekettet und sicher weggesperrt, wo er keinen Schaden anrichten konnte. Ein paar schlechte Erfahrungen hatten ihm schon gezeigt, dass keine Frau, ob Mensch oder Wolf, mit dem tödlichen Wolf umgehen konnte, den er in seinem Inneren verborgen hielt. Keine Frau war mutig genug, sich diesem Teil von ihm zu stellen.

Er stand langsam auf und sah, wie ihr Blick an seinem Körper entlangwanderte, wenn er sich bewegte. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und senkte den Blick, um ihr das zu schenken, was eine Frau einmal den »süßesten, unschuldigsten Blick, den sie je gesehen hatte« genannt hatte – kurz bevor sie ihm einen Wahnsinns-Blowjob bescherte. Ein Blick, der bei vielen, vielen Frauen vor Miki funktioniert hatte. Er würde auch jetzt funktionieren. »Klar, Mik. Kein Problem.«

Sie starrte ihn eine volle Minute an, dann lachte sie los. »Du redest so eine Scheiße!«

Conall runzelte die Stirn, und sein Körper spannte sich. »Wie bitte?«

»Du hast schon verstanden. Du glaubst wohl, ich kaufe dir deine Unschuldsmasche ab, was? ›Oh, der süße Conall. Was für ein großer, lieber Teddybär!‹« Sie schüttelte den Kopf. »Teddybär, von wegen!«

Conall war schockiert. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte eine Frau ihn schockiert. »Meinst du das ernst?«

»Todernst.« Sie legte ein Stück Papier als Lesezeichen in ihr Buch, stand auf und kam auf ihn zu. Damit sie ihn richtig sehen konnte, musste sie den Kopf in den Nacken legen. »Ich kenne dich noch nicht einmal eine Woche, und ich durchschaue dich schon, Conall. Du bist niemandes Teddybär. Mir ist egal, was für einen Müll du allen anderen zu verkaufen versuchst.« Sie musterte ihn eindringlich, und er konnte den Blick nicht von ihren braunen Augen losreißen. Sie hatte immer noch eine Schramme von dem Schlag, den ihr einer der Rudelmänner verpasst hatte, als sie versucht hatte, Sara zu beschützen. Er hatte dem Dreckskerl höchstpersönlich das Genick gebrochen.

»Ich sehe es in deinen Augen«, fuhr sie fort. »Du bist ganz Wolf. Aber da ist noch mehr. Irgendetwas …« Sie schaute zu ihm auf, und es fühlte sich an, als spaziere sie in seinem Garten herum und begutachte seinen angeketteten Wolf. Er war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Eigentlich hatte er geglaubt, er hätte das Tor abgeschlossen.

Sie nickte. »Du bist eher wie dein Name. Ein Wikinger. Aber weißt du was, Wikinger? Ich bin keine britische Insel, die du erobern kannst. Also such dir ein nettes, dünnes Mädchen, das dir deinen Schwachsinn mit Begeisterung abkauft. Der du ohne nachzudenken das Herz brechen kannst. Ich bin tabu.«

Sie ging von ihm weg, aber er musste sie einfach immer weiter anstarren. Er hatte nie im Leben jemanden mehr gewollt. Plötzlich schien ihm eine Nacht zwischen ihren Schenkeln nicht mehr annähernd genug zu sein.

»Miki?«

Sie sah ihn an, und ein leichtes Lächeln spielte über ihre schönen Lippen. Sie hatte Spaß. »Conall?«

Er stellte sich direkt vor sie und war beeindruckt, dass sie nicht zurückwich. »Ich wollte dir nur etwas sagen.«

»Ach, ja? Was genau?«

»Dass du absolut recht hast.«

»Tatsächlich?«

»Ja.« Conall legte die Hand in ihren Nacken und beugte sich hinunter, bis sein Gesicht dicht vor ihrem war. »Ich bin kein Teddybär.«

Er packte sie und hob sie hoch. Dann küsste er sie. Ein Kuss, wie er ihn ihr schon geben wollte, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ein roher, brutaler Kuss, und zu seiner Überraschung erwiderte sie ihn. Ihr Mund öffnete sich, und seine Zunge glitt zwischen ihre Lippen. Sie stieß ein Stöhnen aus, das sich anfühlte, als rissen ihm Fingernägel die Haut auf dem Rücken auf, und das ihn so hart machte, dass sein Schwanz schmerzte. Seine Hände, die um ihre Taille lagen, drückten sie eng an ihn. Dabei presste er seine Erektion gegen sie, während seine Zunge ihre streichelte, und durch sein T-Shirt spürte er ihre warme Hand. Als ihre Finger dann den Stoff packten und sie versuchte, ihn noch näher an sich zu ziehen, wusste er, dass er diese Frau haben musste.

Irgendwann ließ er sie los und senkte sie wieder auf den Boden, ließ aber die Hand besitzergreifend in ihrem Nacken und die Stirn an ihre gedrückt. Er musste sich dazu hinunterbeugen, aber das war ihm egal. Schließlich wollte er nichts weiter, als ihr die Kleider vom Leib zu reißen, sie auf den Bauch zu drehen und sie zu besteigen. Er wollte es ihr besorgen, bis sie beide schrien.

»Nimm mich mit nach Hause, Miki.« Er war so scharf auf sie, dass er kaum noch geradeaus schauen konnte.

Sie keuchte, und wenn ihr Herz noch ein bisschen schneller schlug, würde es ihr aus der Brust springen. Er wusste, dass sie ihn wollte. Er konnte es riechen.

Miki zog den Kopf zurück und sah ihm in die Augen. Sie lächelte. Kein gezwungenes Lächeln, wie sie es anderen schenkte, sondern ein echtes – warmherzig und so weiter.

»Ganz bestimmt nicht.« Sie entzog sich seiner Umarmung und ging ohne einen weiteren Blick zurück zum Rave. »Lebe wohl, Wikinger. Ich wünsche dir ein schönes Leben.«

Sein Schwanz war steinhart, und er spürte immer noch jede Stelle, an der sie ihn berührt hatte. Er richtete sich zu voller Größe auf und sah den vollblütigen Wolf in der Nähe im Unterholz. Er beobachtete Miki ebenfalls.

»Hau ab!«, knurrte Conall, woraufhin der Betawolf langsam zurückwich. Conall richtete den Blick wieder auf diesen schönen Hintern, der sich durch die Menge bewegte. Seine Reißzähne fuhren aus, und er grinste. »Der gehört mir.«

  Kapitel 1  

Sechs Monate später

Miki riss die Augen auf und merkte, dass sie die Hand schon um die Flinte gelegt hatte, die an ihrem Nachttisch lehnte. Sie setzte sich auf, die Waffe immer noch fest umklammert. Sie musste den Kopf schütteln, um sich selbst in die Realität zurückzuholen. Miki schlief nicht. Jedenfalls nicht viel. Aber in diesen wenigen Minuten, in denen sie tatsächlich ein bisschen Schlaf bekam, war es eine höllische Angelegenheit, sie tatsächlich aufzuwecken. Vor allem in letzter Zeit. Sie hatte diese intensiven Träume … Noch einmal schüttelte sie den Kopf. Das konnte sie sich jetzt nicht antun. Sie musste sich konzentrieren.

Sie hörte knirschende Geräusche vor ihrem Haus. Na ja, eigentlich war es Saras Haus. Sie hatte es Miki praktisch umsonst vermietet.

Miki glitt in T-Shirt und Jogginghose aus dem Bett und nahm die Waffe in beide Hände. Lautlos schlüpfte sie von Zimmer zu Zimmer und kontrollierte alle Ecken. Schließlich kam sie an der Haustür an. Tief einatmend, riss sie sie auf und zielte.

»Hallo auch, Miki.«

Miki senkte ihre Flinte. »Verdammt, Eddie! Was zum Geier willst du hier?«

Deputy Eddie Fogle aß weiter seine mit Schokolade überzogenen Erdnüsse und schien sich überhaupt nicht bewusst zu sein, dass Miki kurz davor war, ihm den Schädel wegzupusten. »Ich pass nur auf dich auf, Schätzchen.« Schwätzer. Der Mann lehnte sich rücklings an ihr Verandageländer, die unglaublich langen Beine vor sich ausgestreckt. Sie überlegte kurz, ob er sich seine Cowboystiefel extra anfertigen lassen musste. Seine Füße waren riesig.

»Hat Marrec dich hergeschickt?« Marrec war wie eine Glucke, seit sie vor einem halben Jahr dem Rudel in den Arsch getreten hatten, und schaute ständig nach Miki und Angelina. Nicht dass sie es nicht zu schätzen wusste, aber wenn mitten in der Nacht ein Hilfssheriff auf ihrer Vordertreppe saß, erschien ihr das dann doch ein bisschen übertrieben.

»Wir wollen nur, dass du in Sicherheit bist.«

»Tja, das ist echt lieb und so …«

»Weißt du, Miki«, unterbrach er sie sanft, »ich bin so froh, dass du ein bisschen aus der Stadt rauskommst. Du verdienst es. Aber ich hoffe, du lässt dich nicht mit diesem Seattle-Stadtvolk ein wie schon mal. Es wäre wirklich schade, wenn du Sara und Angelina verärgerst oder allen anderen in der Stadt Schande machst. Schon wieder.«

Miki schloss resigniert die Augen. Junge, da ließ man sich einmal vom FBI in Handschellen aus der Mathevorlesung abführen, und die Leute schmierten es einem ewig aufs Brot. Abgesehen davon – hatte sie ihre Schulden bei der Gesellschaft nicht längst abbezahlt? Und wie lange stand der Kerl eigentlich schon hier draußen? Es war über fünf Stunden her, dass sie mit ihrem Kumpel Craig telefoniert hatte. Sie hatte vor, etwas mit ihm trinken zu gehen, wenn sie in der Stadt war, und je nachdem, ob ihr danach war, vielleicht noch auf eine von Craigs berüchtigten Partys zu gehen. Craig hatte angedeutet, sie könnten ihre ehemalige Beziehung wieder aufnehmen, aber das hatte sie strikt abgelehnt. Verdammte Wölfe mit ihrem verdammten Wolfsgehör. Ach, egal. Die Zeiten, in denen sie einen Aufenthalt im Bundesgefängnis riskiert hatte, waren schon lange vorbei. Sie hatte größere Pläne. Also war es eigentlich egal, was Fogle hörte.

»Ich habe nichts weiter vor, als mit meiner Freundin ihren Neunundzwanzigsten zu feiern und meinen Doktor zu machen.«

»Gut. Gut. Das ist wirklich schön zu hören.«

Miki sah ihn eine ganze Weile an, dann seufzte sie. »Du gehst hier nicht weg, oder?«

»Heute Nacht nicht, nein. Ist einiges los in der Stadt. Komische Gerüche, die mir gar nicht gefallen. Aber wenn es dich beruhigt: Ich bewache auch Angelinas Haus.«

»Nein, das beruhigt mich nicht«, erwiderte sie matt.

Eddie kicherte. »Wenn du Sara siehst, kannst du ihr dann liebe Grüße ausrichten?«

»Natürlich.«

»Ich hoffe auf jeden Fall, dass diese Magnus-Jungs gut zu ihr sind. Weiß nicht recht, was ich von diesem Zach Sheridan halten soll.« Miki wehrte sich gegen den Drang, die Augen zu verdrehen. Sie hatten Sara alle wie ein kleines Kind behandelt. Inzwischen wusste sie natürlich warum. Sara war eine von ihnen. Sie gehörte nicht zu ihrer Meute, aber sie war eine Gestaltwandlerin – genau wie die meisten in der Stadt, wie sich herausgestellt hatte. Anscheinend waren Miki und Angelina zwei der wenigen Menschen in einem Radius von hundert Meilen, die keine Gestaltwandler waren. »Und wir vermissen sie hier.«

»Ja. Ich auch.«

»Dann wird’s wohl Zeit, dass du deinen hübschen Hintern dort rüberschwingst, was?«

»Ich gehe ihr nicht aus dem Weg, Fogle. Ich arbeite an meiner Doktorarbeit. Und sie versteht das.« Sie waren alle wie ein Haufen alter Weiber. Wiesen sie ständig zurecht. Sie konnte praktisch sehen, wie sie ihr kollektiv mit der Tatze drohten.

»Ich dachte auch nicht, dass du Sara aus dem Weg gehst – aber vielleicht dem anderen Typ.«

»Wem? Zach?« Sie schnaubte. »Ich würde ihm die Eier abreißen und sie als Halskette tragen.«

»Nee, nicht der. Der andere. Der Große. Conall heißt er, glaube ich.«

»Ach, verschon mich!«

»O-oh!« Eddie sah sie wieder mit diesen Wolfsaugen an, die das Licht reflektierten wie Hundeaugen. »Wusstest du, dass du im Schlaf seinen Namen stöhnst?«

Der Mann hätte sie nicht mehr aus dem Tritt bringen können, wenn er ihr in den Magen geboxt hätte.

Darauf hatte sie keine Antwort, also ging sie zurück ins Haus und knallte die Tür zu. Dass sie sein Lachen durch das dicke Holz hören konnte, machte es nicht besser.

Mit der freien Hand rieb sie sich entnervt die Augen, wobei sie schon wieder ihren eigenen Geruch an ihren Fingern roch. Verdammt. Schon wieder im Schlaf masturbiert. Wegen Conall.

Also, das nimmt langsam echt überhand.

Conall Víga-Feilan, direkter Nachfahre des Wikinger-Lehensherren Sven Víga-Feilan und der Víga-Feilan-Meute, fiel mit dem Gesicht nach unten auf sein Bett. Er war immer noch nass von seiner dritten kalten Dusche in dieser Nacht. Also, das nimmt langsam echt überhand. Wie konnte eine einzige Frau seine Gedanken seit einem verdammten halben Jahr so komplett beherrschen? Er hatte seit der Highschool nicht mehr so viel masturbiert.

Aber Miki war nicht nur irgendeine Frau. Sie war die bösartigste Frau, die er kannte. Und ihre Bösartigkeit sprach ihn auf einer Ebene an, die er noch nie vorher erlebt hatte. Sie brachte den Wolf in ihm zum Vorschein, obwohl er diesen vor langer Zeit zu beherrschen gelernt hatte. Aber der bloße Gedanke an sie machte seinen Schwanz hart und ließ seine Reißzähne wachsen.

Sein ganzes Leben lang musste er schon die Tatsache akzeptieren, dass er nicht wie die anderen Víga-Feilans war. Sein Vater war zu nett gewesen. Liebte seine irische Frau zu sehr. Sein Onkel und sein Großvater hatten seinem Vater das Leben zur Hölle gemacht, während dieser bei der Víga-Feilan-Meute lebte. Erst als er Bruce Morrighan traf, änderte sich alles. Bruce machte Conalls Vater mit der Magnus-Meute bekannt. Sie hatte viele Mitglieder und war immer auf der Suche nach neuen. Jarl Víga-Feilan nahm seine Frau und seinen neugeborenen Sohn und verließ die Víga-Feilan-Meute ein für alle Mal. Seither versuchten sie alles, um Conall wieder in den Schoß der Meute zurückzuholen. Damit er einer von ihnen wurde. Sein Cousin Einarr war besonders entschlossen, ihn zur Rückkehr zu bewegen. Aber er würde die Meute auf keinen Fall verlassen. Vor allem jetzt nicht.

Und zwar nicht, weil die Meute ihn in diesen Kriegszeiten brauchte. Oder weil das Leben in der Meute richtig Spaß machte, seit Zach und Sara das Sagen hatten. Er konnte nicht gehen, weil Saras beste Freundin die Frau seiner Träume war. Eine bösartige, unverschämte Texanerin mit dem süßesten Lächeln, das er je an einer Frau gesehen hatte. Er liebte dieses Lächeln. Er liebte es, darüber nachzudenken, was dieser schöne Mund mit ihm anstellen konnte.

Conall knurrte. Falscher Gedanke. Das hätte er nicht tun sollen. Er stand auf und machte sich wieder auf den Weg zur Dusche, als ein Klopfen an der Tür ihn aufhielt.

»Ja?«

Jake streckte den Kopf herein. »Ich habe etwas auf unserem Gelände gerochen. Aber es war kein Rudel.«

Conall runzelte die Stirn. »Bist du sicher?«

»Es war etwas anderes. Aber ich habe es nicht erkannt.«

Conall ächzte. Das musste der gleiche verdammte Geruch sein wie in der Nacht des Raves. Der Geruch, den er kannte, aber ums Verrecken nicht wusste, woher. Das Ganze machte ihn verrückt.

»Ist noch jemand auf?«

»Jim und Kelly.«

»Hol sie. Nimm sie mit raus. Tötet alles, was nicht zu uns gehört.«

»Alles klar.«

»Und, Jake – grab Kelly nicht an. Sie würde dir die Luftröhre zerquetschen und dir das Mark aus den Knochen saugen.«

Jake sah so enttäuscht drein, dass er Conall fast leidtat. Aber nicht wirklich.

Als Jake weg war, stand Conall mitten in seinem Schlafzimmer und fragte sich, warum er mitten in seinem Schlafzimmer stand. Dann fiel ihm Miki wieder ein. Na ja, Miki und Oralsex. Mit einem Seufzen machte er sich wieder auf den Weg ins Bad.

Zach würde ihn umbringen, wenn die Wasserrechnung kam.

Kapitel 2

»Und, holt Conall dich am Flughafen ab?«

Miki ballte über ihrer Tastatur die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Wie oft wollten Sara und Angelina diesen Mann noch erwähnen? Es war schlimm genug, dass sie ihn nicht vergessen konnte. Schlimm genug, dass sie masturbierte, während sie von ihm träumte. Das Härteste, was sie in ihrem Leben je hatte tun müssen, war ihn damals auf diesem Rave stehen zu lassen. Aber sie wusste, was Kerle wie er mit einem anstellen konnten. Kerle mit unschuldigem Lächeln, die genau die richtigen Dinge sagten. Sie tauchten auf, krempelten das Leben komplett um, und dann verließen sie einen. Allein, schwanger und verbittert. Zumindest war das bei ihrer Mutter so gewesen.

»Wenn du diesen Arsch noch ein einziges Mal erwähnst, dann trete ich dich quer durch den ganzen beschissenen Flughafen!«

Angelina sah sie über ihren Sour Apple Martini hinweg ruhig an. »Hmm. Das klingt nach den verspannten Flüchen einer Frau, die dringend mal wieder flachgelegt werden müsste.«

Miki knurrte. Das tat sie in letzter Zeit oft, wenn sie mit Angelina zusammen war. Hauptsächlich, weil die nicht damit aufhören wollte, den »süßen, hinreißenden Conall« zu erwähnen.

Wie jemand glauben konnte, dieser Mann sei süß, überstieg ihren Verstand. Nicht bei seinen Augen. Diese schönen blauen Augen waren alles andere als unschuldig. Der Mann war ein Schurke. Ein Eroberer. Und er sah Miki an, als hätte er herrenlose Ländereien im alten China vor sich.

»Ich diskutiere jetzt nicht schon wieder mit dir darüber!«

»Okay. Na schön.« Angelina schwieg. Ungefähr fünfzehn Sekunden lang. »Aber du weißt schon, dass ein Vibrator nicht als Freund durchgeht.«

Miki ließ den Kopf in die Hände fallen. »Ich werde nicht mit Leuten wie dir über Mr. Happy reden!«

Angelina seufzte. »Ich finde die Tatsache, dass du deinem Vibrator einen Namen gegeben hast, äußerst verstörend.«

»Die beste Beziehung, die ich je hatte.«

Angelina nippte an ihrem Martini und beäugte Miki über ihr Glas hinweg. Miki nahm ihren Shirley Temple in die Hand und starrte zurück.

»Ich wusste nicht, dass Wahnsinn bei euch in der Familie liegt, Kendrick.«

»Wir haben ihn von euch, Santiago.«

Angelina schlug die Beine übereinander, und Miki sah sich nach den Männern um, die Angie beobachteten. Bemerkenswert. Die Frau besaß die Fähigkeit, jeden Mann im Raum aus dem Konzept zu bringen, und sie schien es nicht einmal zu bemerken. Oder es war ihr egal.

»Und, hast du heute mit Sara telefoniert?«

Erleichtert, dass Angelina offenbar beschlossen hatte, das Thema Conall fallen zu lassen, und weil sie eine schöne Frau nicht mit ihrem Laptop ins Gesicht schlagen wollte, antwortete Miki: »Viermal oder so. Als würde ich sie nicht in ein paar Stunden sowieso sehen.«

»Ich weiß nicht, warum du zuerst zu ihr gehst. Warum fliegst du nicht direkt nach Seattle?«

»Sara hat die Tickets gebucht. Sie hat diesen kleinen Zwischenstopp arrangiert. Ich glaube, sie vermisst mich.«

»Na ja, das Haus wird dir gefallen. Es ist nett. Fehlt eigentlich nur eine Veranda.«

Angelina hatte Sara schon in ihrem neuen Zuhause in Nordkalifornien besucht. Miki war nicht mitgeflogen, sondern lieber in Texas geblieben, um an ihrer Doktorarbeit zu feilen. Sie wusste, dass Sara das verstand, aber sie wusste auch, dass sie verletzt gewesen war. Sie vermisste ihre beiden Freundinnen, fast so sehr, wie die beiden sie vermissten.

»Egal. Zumindest kann ich mich irgendwo entspannen, bevor ich nach Seattle muss. Ich bin jetzt schon so gestresst von dem ganzen Mist. Ständig lese ich meine Notizen durch und prüfe meine Doktorarbeit.«

»Und schreibst Listen.« Angelina schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. »Mach dir keine Sorgen, Mik. Du wirst das toll machen.«

»Und was ist, wenn ich es versaue, Angie?«

»Und wenn? Das wäre auch nicht das Ende der Welt.«

Aber fast. Ihre ganze Zukunft hing davon ab. Angie würde das nie verstehen. Für sie war immer alles so einfach. Und Sara hatte nie große Ansprüche, dazu war sie zu sehr Hund. Miki dagegen hinkte hinterher und wusste es.

Aber jetzt nicht mehr. Eine Stelle als Hochschulassistentin wartete auf sie, sobald sie mit ihrer Dissertation fertig war. Sie durfte es nur nicht versauen. Es erstaunte sie immer noch, dass man sie an der Uni überhaupt wollte. Sie und ihre Freunde in Seattle waren berüchtigt. Nicht nur an der Universität, wo sie den Abschluss gemacht hatte. Sondern an Unis im ganzen Land. Von dem Moment an, als sie in ihrem ersten Studienjahr ihre Klamotten im Schlafsaal abgeladen hatte, war sie für alle möglichen Streiche und Späße gut gewesen.

Was viele überraschte: Miki war nur einmal erwischt worden. In der Highschool. Der Richter hätte sie ins Jugendgefängnis stecken oder sogar nach Erwachsenenstrafrecht verurteilen können, aber ihre Mutter war im Jahr zuvor gestorben, und es hatte sich herausgestellt, dass sich die ganze Stadt für sie eingesetzt hatte. Sara war sogar mit Krücken erschienen. Sie hatte in all den Jahren, die Miki sie kannte, noch nie Krücken benutzt. Aber da stand sie im Gerichtssaal und stützte sich auf ihre mitleiderregenden Krücken, während sie unter Tränen an den Richter appellierte. Hätte Miki nicht so eine Todesangst gehabt, ins Gefängnis zu müssen, hätte sie sich über dieses Theater den Arsch abgelacht.

Am Ende bekam sie ein Jahr Hausarrest und durfte drei Jahre lang weder Computer noch Telefon benutzen. Man hätte meinen können, dass sie das von ihrem Unfug abgehalten hätte, als sie aufs College kam. Aber wenn man achtzehn ist, glaubt man immer, man sei unantastbar. Und aus irgendeinem Grund war sie das auch. Das FBI fand nichts, worauf es sie hätte festnageln können, obwohl es sich wirklich Mühe gab. Dann war Miki verschwunden. Okay, nicht in Wirklichkeit. Sie ging einfach nach Hause zurück. Sie hatte gerade mit ihrer Abschlussarbeit angefangen, als ihre Großmutter krank wurde. Mit einundzwanzig hatte sie sowieso keine Ahnung, was zum Henker sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen wollte, und konnte sich mit ihrem Abschluss auch Zeit lassen. Sie hatte damals gedacht, ein Jahr zu Hause würde helfen.

Doch jetzt waren es acht Jahre und zwei Master-Abschlüsse geworden, und Miki versuchte immer noch herauszufinden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte.

»Glaub mir«, beharrte Angelina. »Du machst das!«

»Ja, Ma’am.«

Angelina grinste. »Weißt du, eine Massage würde dir wirklich beim Entspannen helfen.«

Miki fand, das klang gut. Vielleicht hatte sie noch ein paar Mäuse auf ihrem tragisch ärmlichen Konto, mit denen sie bei Sara in der Gegend in eines von diesen schicken Spas gehen konnte.

»Und harter, dreckiger, wilder Sex mit einem scharfen Kerl wie Conall ist auch gut.«

Miki knallte ihren Drink auf den Tisch. »Also gut, lass uns das analysieren, ja?«

Angelina ließ den Kopf nach hinten fallen. »O Gott. Keine Analyse!«

»Sagen wir, ich gehe hin und habe heißen, wilden Sex mit dem Wikinger.«

Angelina sah sie an. »Mit wem?«

»Conall.«

»Okay. Tu das. Du schwitzt ihn aus deinem Organismus, und dann ist es vorbei. Dann können alle wieder zur Tagesordnung übergehen, und du kannst endlich lernen, dich zu entspannen, verdammt.«

»Das Problem ist, dass ich im Gegensatz zu dir und Sara ein Problem damit habe, alles zu ficken, was mir über den Weg läuft.«

»Hey! Ich glaube, das war eine Beleidigung! Blöde Kuh.«

»Nein, ernsthaft. Ich binde mich. Emotional. Das ist meine Schwachstelle. Und dann muss ich dieses Arschloch jedes Mal sehen, wenn ich dort bin. Er und seine Wolfskumpels werden sich gegenseitig mit den Ellbogen anstoßen und mich mit diesem ›Ich hatte sie‹-Blick ansehen, während ich so tun muss, als wäre alles gut.«

»Du hast es schon analysiert.«

»Das mache ich immer, Angelina.«

»Na gut. Du willst dein Leben allein und verbittert verbringen. Tu dir keinen Zwang an.«

»Glaub mir. Mit dem Wikinger in die Kiste zu springen wird an der Sache mit dem Einsam und Verbittert rein gar nichts ändern.«

»Wie du meinst.«

Miki hörte die Durchsage für ihren Flug und war unglaublich erleichtert. Hoffentlich hatte Angelina, bis sie in Nordkalifornien ankam, ein neues Gesprächsthema gefunden. Miki würde so eine enge Freundin wirklich nur sehr ungern umbringen müssen.

»Na komm, du aufsässiges Mädchen. Ich bring dich zu deinem Flugzeug.« Angelina trank ihren Cocktail aus.

Miki schob ihren Laptop in ihre Tasche und stand auf.

Angelina tat es ihr nach und stieß mit einem Geschäftsmann zusammen, der eben um ihren Tisch herumgehen wollte.

»Tut mir leid, Schätzchen.« Miki spürte diese Stimme. Sie schaute auf … und noch weiter hinauf. Ihre Großmutter hätte ihn einen »stattlichen jungen Mann« genannt. Als sie ihren Kopf ganz in den Nacken legte, sah sie endlich sein Gesicht. Er war atemberaubend gutaussehend. Sehr, sehr dunkle Haare mit einem Hauch von Rot und ein paar weißen Strähnen. Er war auf jeden Fall in ihrem Alter, vielleicht ein oder zwei Jahre älter. Leicht mandelförmige goldene Augen mit grünen Sprenkeln. Und ein sexy Lächeln. Im Grunde konnte man sagen: Ärger auf zwei Beinen und mit einem Penis. Aber er war gepflegt. Eindeutig wohlhabend, wenn seine Zehntausend-Dollar-Titanuhr und die Aktentasche aus Alligatorleder etwas zu sagen hatten. Und – ganz und gar nicht überraschend – er war an Angelina interessiert. Überraschend aber waren die beiden Männer, die bei ihm waren. Sie sahen genauso aus wie er. Offenbar waren sie Brüder. Was bedeutete, dass es irgendwo da draußen ein Paar gab, das diese drei umwerfenden Exemplare geschaffen hatte. Erstaunlich.

»Alles in Ordnung, Süße?« Zu allem Überfluss hatte diese sexy Stimme auch noch einen Südstaatenakzent. Miki hätte ihn irgendwo in Nord- oder Südcarolina oder Alabama verortet. Vielleicht auch Georgia. Woher auch immer er stammte: Typen mit Südstaatenakzent lösten in ihr und ihren beiden Freundinnen etwas aus, das andere Akzente einfach nicht schafften.

Angelina starrte ihn an. »Äh …«

Mikis Augen wurden groß. Nie, niemals in den zwanzig Jahren, die sie sie kannte, war Angelina bei einem Mann um Worte verlegen gewesen. Bei keinem Mann.

Miki warf sich die Tasche über die Schulter. »Tut mir leid, wir müssen mein Flugzeug erwischen.«

»Kein Problem. Ihr dürft mich jederzeit über den Haufen rennen.«

Er mochte »ihr« gesagt haben, aber er meinte eindeutig nur Angelina. Die hatte ihre Stimme immer noch nicht wiedergefunden. Mikis Flug wurde erneut ausgerufen. Sie musste los, oder sie würde den Flieger verpassen und sich das noch ewig von Sara anhören müssen.

Sie konnte Angelina aber auch nicht allein hier lassen. Nicht mit diesem Kerl. Und schon gar nicht mit allen dreien.

»Hey, Ang. Wir müssen gehen.« Sie nahm ihre Freundin am Arm und zog. Als das nicht zu funktionieren schien, zerrte sie daran.

Angelina wurde mit einem Ruck aus ihrer Benommenheit gerissen. »Äh … oh ja. Ja. Wir sollten los.« Sie warf einen Blick auf Mr. Südstaatencharme. »Sorry.«

»Keine Ursache.« Dann gingen er und sein maßgeschneiderter Anzug davon. Miki wusste, dass er maßgeschneidert war, denn Anzüge in dieser Größe wurden schlicht nicht für die Stange hergestellt. Seine zwei Brüder folgten ihm mit einem anzüglichen Blick auf Miki.

»Alles klar?«

»Ja.« Angelina schüttelte den Kopf. »Ja, mir geht’s gut, Mann.«

»Ich konnte dich nicht mit ihm allein lassen, weißt du?«

»Du glaubst, dass jeder große Typ entweder zum Rudel oder zur Meute gehört.«

»Ich weiß nicht, was er ist. Aber Sara und ihre Meute haben ein paar wichtige Typen echt angepisst.«

»Und dennoch haust du allein nach Seattle ab.«

»Zunächst einmal haue ich nicht ab. Zweitens kann ich selbst auf mich aufpassen. Konnte ich immer. Werde ich auch immer können. Ich brauche keine Babysitter. Abgesehen davon bin ich nicht diejenige, die in der Gefahr steht, die Liebessklavin von irgendeinem Gestaltwandler zu werden.«

Endlich kam Angelina wieder ganz in der Realität an. »Du machst Witze, oder? Mit Lassie auf den Fersen?«

»Halt die Klappe!«

Conall schaute auf die Uhr. Wieder einmal. Bald würde sein persönlicher feuchter Traum ankommen. Er fragte sich, ob es unangemessen war, sie im Treppenhaus niederzuringen, sobald sie ankam, und sie sofort in sein Schlafzimmer zu schleppen. Wahrscheinlich. Verdammte menschliche Etikette.

Er hörte, wie die Glasschiebetür aufging, die in den hinteren Teil des Hauses führte, und dann hörte er Zach. »Entweder du bekommst diesen Köter unter Kontrolle, oder ich spiele mit ihm auf der Autobahn Stöckchen holen. Deine Entscheidung, Frau.« Er knallte die Tür zu.

Zach kam zu ihm herüber und ließ sich mit einem schweren Seufzer neben ihn auf die Bank fallen.

Ende der Leseprobe