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Es ist ein Buch, wo noch viele Geschichten fehlen und doch ein schweres Leben eines Jugendlichen bis zum Mann aufzeigt. Welche Verzweiflung man als Mensch kennenlernen kann und das es doch immer wieder einen Ausweg gibt. Es ist ein Leben, das mit Gewalt, Liebe und Sex begleitet wird und doch nicht zum Ende kommt.
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Seitenzahl: 356
Olli Roses
Blick zurück
Ein reales Leben
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Eine Geschichte*
Vorwort
Einleitung
Der erste Umzug
Das neue Reich
Fußball auf der Wiese
Winterspiele
Feuerwehr auf der Wiese
Heimliches Rauchen
Das Leben verändert sich
Das fliegende Buch
Das Duschen
Wasserbomben
Endlich zu Hause
Ab in den Norden
Das Land fertig machen
Haut den Rüben den Kopf ab
Der erste Schultag im Norden
Kriegserklärung
Entschuldigungen
Pausenaufsicht
Klassenfahrtabstimmung
Klassenfahrtwoche und danach
Angelika & Karin
Achims Party
Krach mit Frau Rektor
Die Konsequenz (Nachspiel)
Abschlussfeier
Bundeswehr
Meyer macht Sitzstreik
Abschluss Feier von Kerstin
Petra
Ralf der Ältere
Die Geburtstagsfeier
Stress mit dem Meister
See
Piggys Bruder
Führerschein
Mathe in der Berufsschule
Mit dem Auto am Deich
Ihr neuer Freund
Arbeit
Feste
Frauen
Feten
Spätes Treffen
Gerade noch zusammen gefeiert
Silvester im Doppelpack
1988
Jaqueline
Anwendungen
Schwimmbad oder der Ostfriese
Feste feiern
Jens sein Notruf
Der totale Stress
Das super Angebot
Meine Gäste
Alles ausgesoffen
Karneval auf der Kegelbahn
Der Lottogewinn
Kleiner Überblick über GE
Schalke (FCN-Fete)
Wie hatte ich Sabrina kennengelernt?
Die heiße Jeans
Mutti kommt aus dem Urlaub
Einmal Leader sein
Türkei (Die Spinne und Roses come on)
Die Nacht des größten Verlustes
Krümel mal wieder gesehen
Das letzte Mal „Alte Lady“
Zu neuen Ufern
Wieder in GE
In der Kirche
Die Feier
Mein eigenes Nachwort
Impressum neobooks
„Blick zurück“
von
Olli Roses
*Namen wurden geändert
Es ist schon erstaunlich wie die heutigen Leser/innen und auch die Verlage ein Buch bewerten oder wie man es als Autor empfindet. Dabei meine ich mit Bewerten nicht den geschriebenen Inhalt, sondern eher das Thema über das ein Buch handelt.
Geht es um eine reale authentische Autobiografie mit kleinen Geschichten die zeitnahe geschrieben sind, wird dieses Buch eher ein Ladenhüter und kommt meistens gar nicht auf den Markt.
Es sei denn, diese Biografie wird von einem berühmten Menschen geschrieben und dabei schreiben die ihre Bücher oft nicht selbst. Auch die kleinen Geschichten werden unterschiedlich bewertet, in der Aussagekraft und deren Bedeutung.
Schreibt zum Beispiel ein unbekannter Autor/in, das er seine Schule ständig geschwänzt hatte und dass er lieber sein Leben genossen hat, ist dieses falsch.
„Wäre er/sie zur Schule gegangen, dann wäre aus diesem Menschen was geworden,“ wird dann eher schon gemeckert.
Schreibt aber ein Prominente/r über das gleiche Thema, dass man sogar die Schule abgebrochen hat, bekommt der Leser/in leuchtende Augen. „Ein Naturtalent und aus ihm/ihr ist richtig, was geworden und Schule muss, nicht immer sein,“ lautet dann die Bewertung.
Liest man eine Biografie über den unbekannten Menschen, der es im Leben schwer hatte, deren Eltern früh gestorben sind und er bei der bösen Verwandtschaft aufwachsen musste, bewertet man die Wichtigkeit auch anders. „Tut mir echt leid, aber das sieht man doch heute an jeder Ecke und darüber muss man doch nicht schreiben!“
Jetzt kommt aber eine fiktive Geschichte, die im Grunde die gleiche ist wird es ein Bestseller.
Ich selbst bin ein Potter-Fan, habe diese Bücher auch verschlungen und doch ähneln sich diese beiden Schicksale. Nur der unbekannte Mensch konnte nicht zaubern, das ist nur eine Fantasie und daher ist sein Kampf uninteressant. Da hatte es Harry eben viel besser und doch war sein Leben mehr als schön, genau wie bei dem Unbekannten Künstler.
Wird aus dem fiesen Physiklehrer plötzlich ein „Snape“, kann man sich damit identifizieren, ist es Herr Müller, hat man doch selbst erlebt.
Doch warum schreibt man trotzdem so eine authentische Lebensgeschichte? Es ist doch viel Arbeit, man strengt den Kopf an, erinnert sich, man sitzt Stunden vor dem Monitor und tippt auf der Tastatur herum?
Bei mir gab es einen Auslöser und das könnte man schon als erste Geschichte bezeichnen, doch nehme ich sie in das Vorwort mit hinein.
Das kennt doch jeder und vielleicht hat der Leser noch nicht darüber nachgedacht und es fällt Ihm erst jetzt wieder ein. Meine Mutter hat auch immer viele Geschichten aus dem Krieg erzählt, reale Geschichten aus ihrer Kindheit und man hörte sie immer wieder. Wie die Bomben fielen, ganze Straßenzüge nach dem Verlassen der Bunker nicht mehr standen und wie sie durch den brennenden Rosengarten laufen musste. Wie es war über das frische Haff zu flüchten oder wie sie Kohle und Kartoffeln aufgesammelt haben, die von der Ladefläche des Transporters gefallen waren. Immer wieder hörte man die gleichen Geschichten von den Eltern, schöne und auch traurige. Irgendwann konnte man sie besser erzählen als die Eltern und doch hörte man immer wieder zu. Innerlich hatte man schon seine Augen verdreht und hätte doch viel lieber Fußball gespielt.
Leider gibt es dann ein Ereignis, dass diese Geschichten in Vergessenheit geraten lassen, man würde sie gerne noch einmal hören. Dieses Ereignis ist der Tod der Eltern, von einem Tag auf den anderen sind sie nicht mehr da und die Geschichten verblassen mit den Jahren. Wenn sie noch lebten, würden diese Geschichten noch einmal erzählt oder man könnte sie irgendwo nachlesen.
Nur hatten sie keine aufgeschrieben und so hilft nur noch die Erinnerung. Das Schwelgen vergeht mit der Zeit. Ich kann jetzt keine Geschichten über Krieg und Flucht schreiben.
Zum Glück aber gab es Momente im Leben, die ganz lustig waren. Bei denen manche Freunde geschmunzelt haben und die Hände über den Kopf zusammengeschlagen hatten. Jetzt bin ich in einem Alter, wo die Luft nach oben immer dünner wird, und deshalb habe ich mich hingesetzt und meine Lebensgeschichten aufgeschrieben. Sie sollen nicht in Vergessenheit geraten und vielleicht bringen sie euch, oder spätere Generationen noch zum Schmunzeln, auch wenn ich nicht mehr da bin.
Die ganze Geschichte fing am 12.09.1964 in Blankenstein/Ruhr an, wo ich als zweiter Sohn von Esther und Fritz Roses geboren wurde. Mein älterer Bruder war schon sieben Jahre alt und seine erste Frage soll gewesen sein, „Muss ich nun meine Schokolade mit ihm teilen?“
Dabei kann ich mich kaum erinnern, dass wir viel Schokolade bekommen haben, und vielleicht war das seine Befürchtung, dass die kleine Ration, jetzt noch kleiner würde. Das sollte aber nicht der letzte Einschnitt in seinem Leben gewesen sein. Drei Jahre später wurde mein jüngerer Bruder geboren und jetzt teilte man durch, Drei. So schlimm war das nicht, in meiner Erinnerung gab es immer was Süßes für uns und so schlecht waren die ersten Jahre nicht.
Zu der Zeit haben wir in Welper gewohnt, in einer kleinen 2,5 Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss und so richtig kann ich mich nicht mehr so gut erinnern. Wir wohnten dort auch nur in meinen ersten sieben Lebensjahre, bevor der erste Umzug kam und doch muss es schon gewesen sein.
Dieses habe ich durch Fotos, sowie den Erzählungen meiner Mutter und meinem älteren Bruder mitbekommen.
Unsere Mutter war zu 100% nur Hausfrau, wie es damals üblich war. Sie hatte zwar Schneiderin gelernt doch nach der Hochzeit ging sie aus dem Beruf heraus. Sie war in Königsberg, geboren, flüchtete im zweiten Weltkrieg mit ihren Eltern über das frische Haff nach Schleswig-Holstein und nach den ersten Flüchtlingslagern landete sie später im goldenen Westen. So wurde damals das Ruhrgebiet genannt. Bauwesen und Industrie gab es damals an jeder Ecke und damit auch jede Menge Arbeitsplätze.
Das Oberhaupt der Familie war Maurer, eigentlich gelernter Schlosser und war auch nicht aus NRW, sondern kam aus Norddeutschland in den Westen und wollte da sein Glück versuchen. Dort haben sich unsere Eltern auch kennengelernt und wie ich aus den Erzählungen weiß, war es auf einer Karneval Feier und dann später wurde geheiratet. Das war 1957, da war mein Vater schon 27 Jahre und meine Mutter 25 Jahre, ein Jahr später kam Rolf dann zur Welt. Er hatte als erstgeborener kein leichtes Leben, unsere Eltern haben später auch immer gesagt, dass sie viele Fehler gemacht hatten und oft überfordert waren. Autoritäre Erziehung war zu dieser Zeit noch stark verbreitet und so hat er wohl des Öfteren mal „Schläge“ bekommen.
Bei dem zweiten Kind, mit meiner Geburt, wollten sie alles besser machen und von da an änderte sich auch Rolfs Leben. Ich kann mich nicht mehr so daran erinnern und doch sahen die Familienfotos immer schön aus. Zu Ostern wurden die Ostereier im Hinterhof versteckt und wir durften, später alle drei, suchen. Fritz dokumentierte alles oben aus dem Fenster mit seiner Kamera und immer hielten wir stolz die Eier zu ihm hoch in die Luft. Selbst Weihnachten schien immer super gewesen zu sein, es gab volle bunte Teller, Nüsse, Obst, viele Geschenke und einen kleinen Weihnachtsbaum. Daher schien es immer, dass wir eine kleine harmonische Familie waren, doch in der Zukunft sollte sich das eine oder andere noch anders entwickeln.
Klar habe ich auch später mal die alte Heimat besucht und kann sie deshalb auch gut beschreiben. Vor der Tür war eine stark befahrene Straße, die mit Kastanienbäumen gesäumt war und gegenüber gab es lauter kleine Geschäfte. Darunter gab es auch eine Eisdiele, in der ich als Kind nie Eis wollte und mehr auf die ungesüßte Sahne stand. Das kann ich mir heute kaum noch vorstellen, denn ich liebe Schokoladeneis und das mit Sahne. Neben der Eisdiele ging es in einen großen Park, mit Spielplätzen und super Hügeln, von denen man im Winter super rodeln konnte. Dort soll auch mein katholischer Kindergarten gewesen sein, keine Ahnung, wo ich nie bleiben wollte und doch hingehen musste. Nach einiger Zeit soll ich sogar allein durch den Park dorthin gewandert sein, Mutter brachte mich über die Straße und dann musste ich mich selbst durchkämpfen.
Weiter im hinteren Park soll es auch eine Art Klippe gegeben haben und da kann ich mich sehr verschwommen erinnern. Vielleicht erinnert man sich eher an schlimme Ereignisse, denn da hielten sich immer Rocker auf und damals war man schnell mit diesem Wort. Ich weiß nur eines, sie waren nicht nett, tranken dort ihre Biere und warfen dann die Kisten in diesen alten Steinbruch (so sah er aus) hinunter. Sie hielten mich auch in die Luft über das Geländer, so dass ich den Aufprall der Kiste sehen konnte, und ich fand das nicht lustig. Rolf war 11 oder 12 damals, er konnte das auch nicht verhindern und mein Vater wurde nach einer Ansage dann mal verfolgt. Er ist wohl mal dahin gegangen und hatte auf den Putz gehauen und später wurde er dann von der ganzen Gang verfolgt, bis zur Haustür. Vielleicht war das auch ausschlaggebend dafür, dass wir von dort wegzogen.
Schemenhaft kann ich mich an den Kiosk erinnern, da musste man links aus der Haustür, über eine kleine Straße und war da. Die Nasenspitze ging gerade bis an den Tresen und für die paar Groschen gab es immer mehr Süßes, als man hätte bekommen sollen. Vielleicht liegt es an dem Schreiben, das Schönes in die Erinnerung kommt.
So wie das mit den Kastanienbäumen, die Älteren konnten nicht abwarten, bis sie von allein herunterfielen und so wurden dicke handliche Knüppel in die Äste geworfen. Mit den Kastanien konnte man schöne Sachen basteln, auch später in der Schule und da verlassen mich wieder die Erinnerungen. Ich kann mich Null an diese Schule erinnern, weiß nur, dass ich mit der Schultüte vor der Schule stand, und das kenne ich auch nur von Fotos. Dabei war ich da schon sieben Jahre alt, und wurde wegen meines Geburtsmonats erst mit sieben eingeschult. Die Schulzeit dauerte auch nur bis Ostern, es waren so sieben oder acht Monate und doch ist davon nichts hängen geblieben.
Man muss sich echt anstrengen, in den Tiefen des Bewusstseins suchen, so weiß ich auch noch ein wenig, dass wir oft in das Schwimmbad mit der ganzen Familie gegangen sind. Es tauchen immer wieder Bilder auf und dann sind sie wieder weg. Sogar Empfindungen, Gerüche und Gefühle kommen hoch, total verschwommen. So spürt man plötzlich die schmierigen Duschkabinen unter seinen Füßen, der Chlorgeruch steigt einem in die Nase und dass man immer im Kinderbecken war. Vater wollte das man schwimmen lernt und so strengte man sich an, nur man versank ständig im Wasser.
Rolf musste anders schwimmen lernen, das hat er mir mal erzählt und ich habe später nur mit dem Kopf geschüttelt. Fritz ging mit ihm zum Schwimmerbecken, nahm ihn hoch und warf ihn rein. So musste er anfangen zu schwimmen, aber keine Angst, er hat ihn immer gerettet und doch kann ich diese Methode nicht gutheißen. Mit mir hat er es Humaner gemacht, er ging mit mir in das tiefe Wasser, legte mich auf seinen Rücken und schwamm durch das Wasser. Ich umschlang seinen Hals, erwürgte ihn fast und doch hatte ich panische Angst. Schwimmen habe ich erst mit 17 gelernt. Durch ein Ereignis, das kommt später.
Rolf hatte mich immer an der Backe, wie man so schön sagt und musste mich immer mitnehmen. Auch zu seinem besten Freund und das ist wieder, als ob es gestern war.
Es gab damals doch diese kleinen Cowboys und Indianerfiguren. Da sein Freund ein großes Zimmer hatte, haben die beiden in ihrer Freizeit eine richtig schöne Westernstadt gebaut. Aus Schuhkartons und vielen anderen Materialien. Da durfte ich nie mitspielen, so einen kleinen Godzilla konnten sie nicht brauchen und dann schenkte mir der Freund eine eigene Figur. Es war ein handgroßes rotes Pferd mit einem Cowboy darauf. Damit habe ich mich immer beschäftigt und das hatte ich auch noch bis ich Erwachsen wurde.
Im goldenen Westen war es damals einfach einen neuen Job zu finden, wenn der alte Chef nicht so wollte wie man es gerne gehabt hätte und das hat auch unser Vater getan. Nach einem Disput mit dem alten Räuber, sorry so hieß sein Chef, landete er irgendwie bei einem Bauunternehmer aus Breckerfeld und fragt mich nicht, wie das ging.
Breckerfeld war schon etwas weg von Welper / Hattingen und doch fing er dort an. Das erste Haus, was sie umbauten, lag im Sauerland, in der Nähe von Breckerfeld und auf dem Land. Es war ein altes Bauernhaus, nur wie nenne ich es jetzt, Dorf, Bauernhof, es waren nur drei Häuser und zwei Scheunen. Egal, es war Stenking und übersetzt, Steinkönig. Einen Kilometer weiter kamen dann noch drei Bauernhöfe und danach ganze drei Kilometer nur noch Wald, Wiesen und Felder. Die schmale Straße, bergauf und bergab führte einen dann in das erste Dorf, Zurstraße und heute heißt es Waldbauer. Alles komische Namen und davon kommen noch mehr.
Der Auftraggeber war Bauer Schlecht und er hieß echt so. Man sagte immer, er war schlecht, ist schlecht und wird schlecht bleiben. Ein Riese von zwei Meter mal zwei Meter und seine Hände waren so groß wie zwei Schaufeln. Ich empfand ihn nie als schlecht, war zwar streng und doch nie böse.
Jedenfalls unterhielt sich auch unser Vater mit ihm, während sie das Bauernhaus zu zwei schönen Wohnungen umbauten, und schilderte ihm unsere Situation. Das hat mir mein Vater später erzählt, ich war nicht dabei und so erfuhr er, dass noch kein Mieter vorhanden war. So wurden sie sich schnell einig, dass wir nach der Fertigstellung die eine Haushälfte als neue Heimat bekommen sollten. Auf zwei Etagen verteilten sich die vier Zimmer, kam man rein ein großer Flur mit Gäste-WC, Abstellkammer, eine schöne große Küche und ein (für uns) riesiges Wohnzimmer. Die Treppe nach oben, gab es ein WAngelikanbad, einen großen Flur mit einer Nische, ein Riesenzimmer und ein kleineres dahinter. In der Nische bekam Rolf sein eigenes kleines Reich, das große Zimmer bezog ich mit meinem kleinen Bruder und in dem hinteren Zimmer kam das Schlafzimmer hinein. Das war Luxus pur für uns Kinder und dann noch der große Keller, wo sich eine Quelle befand, wo man früher die Milch gekühlt hatte. Es war eine Naturquelle unter dem Haus und später wollten wir immer herausfinden, wie tief sie war. Das gelang uns nie und wir wurden immer wieder gewarnt davor. Kleiner Vorgarten vor dem separaten Eingang, ein großer Hof, wo links und rechts eine Scheune stand, und die Tore dienten uns immer für unsere Fußball Einlagen.
Ihr merkt schon der Umzug war beschlossen und Ostern 1971 zogen wir dann an das Ende der Welt. Es war das Ende der Welt, die Teerstraße nach Stenking endete auf einem Schotterweg, danach gab es nur noch den Hof und nach dem kleinen Aufstieg war eine Schranke. Danach kam nur noch ein Hohlweg, auf der einen Seite ein kleiner Hang und es ging bergauf mit den Feldern und auf der anderen Seite ging es bergab bis in das Tal. Ein Paradies für Kinder und das Paradies baute unser Vater auch noch aus. Hinter der Scheune hatten wir noch einen Stall, wo dann später Hühner und Kaninchen gezüchtet worden sind. Wir bekamen sogar einen Hund und ständig traf man auf Katzen, die auf der Wanderschaft waren. Sie wurden gefüttert und manchmal waren dann bis zu 20 Schmusetieger bei uns. Einfach nur herrlich, die frische Luft und ein Spielplatz der soweit reichte wie das Auge.
Nur der Schulweg war etwas extremer, entweder fuhr man mit dem Fahrrad drei Kilometer durch dunkele beängstigende Wälder nach Zurstraße und dann 23 Kilometer mit dem Schulbus oder man nahm den kürzeren Weg. Der führte einem, auch über einen unbeleuchteten Landweg, zwei Kilometer bis zum Weißen Pferd. Quer durch die Natur und damals gab es noch Tiere da, den Fuchs, Eulen und andere, die Geräusche machten. Man konnte aber auch die Abkürzung von einem Kilometer nehmen, durch den dunklen TAngelikanwald und das mit fast acht Jahren.
Die erste Zeit nahm uns oft unser Nachbar mit oder Bauer Ludwig, bis unsere Mutter ihren Führerschein hatte. Doch als wie älter wurden mussten wir mit zehn Jahren den Weg auch mal allein mit dem Fahrrad fahren. Der Knaller war immer im Winter und damals gab es noch Winter mit viel Schnee. Da konnte man kein Fahrrad oder das Auto nehmen, ergo, musste man den Weg zu Fuß gehen. Entweder über die freien Felder zum weißen Pferd oder die Abkürzung durch den dunklen Wald. Grausam sage ich euch und doch möchte ich heute diese Zeit nie vermissen. Einmal hatte ich mich sogar verirrt, ich stieg am weißen Pferd aus, es war nebelig und wanderte gerade aus Richtung nach Hause. Man sah nur noch weiß, es wurde einem auch langsam kalt und ich wusste echt nicht mehr, wo ich war. Doch plötzlich sah ich Fußspuren, endlich und diesen Spuren folgte ich. Nach einer Weile wurden es immer mehr Spuren und die Kälte kroch langsam unter meine Winterkleidung. Irgendwann hörte ich die Stimme meines Vaters, ich war schon eine Stunde überfällig und so hatte er sich auf die Suche nach mir gemacht. Irgendwann fand er die tausend Spuren im Schnee, ich war im Kreis gelaufen und dann sagte er nur, „Banane (mein Spitzname) bleib endlich stehen.“ Das tat ich dann auch, bis ich seine Silhouette im Nebel auftauchen sah, er nahm mich auf seinen Arm und trug mich sicher nach Hause.
Das Wetter hielt noch eine ganze Woche an, diese Woche mussten wir drei auch nicht in die Schule und durften zu Hause bleiben, bis dann wieder der Nebel der Sonne wich.
Es ist schon schwer chronologisch fortzufahren, wenn man im Schreiben ist und manchmal muss man wieder ein Stück zurückspringen. Wir waren jetzt angekommen und eingezogen, während die Erwachsenen auspackten, und aufbauten machten wir unsere ersten Erkundungen. Stenking war der oder hatte den höchsten Punkt in der ganzen Umgebung. Ich habe natürlich gesucht, nichts gefunden und so muss ich mich auf die Erinnerungen berufen. Es waren aber irgendwie 438 Meter über dem Meeresspiegel und von dort hatte man schöne Aussichten auf Lüdenscheid und zu der Sauerlandlinie, Autobahn 45 und das auf die große Talbrücke. Da konnte man sogar die LKWs sehen oder ein schönes Gewitter über Lüdenscheid.
Auf Stenking wohnte noch Richie mit Familie, zwei Söhne, die einige Jahre jünger waren und ab sofort unsere neuen Spielkameraden waren. In der anderen Bauernhaushälfte wohnte damals am Anfang ein nettes älteres Ehepaar. Das war es schon in diesem kleinen Dorf und auf den naheliegenden Bauernhöfen gab es nur zwei Mädchen. Eigentlich drei, aber die Älteste war so in Rolf s Alter und mit Ihr hatten wir wenig am Hut. Die anderen beiden waren ein bzw. zwei Jahre jünger als ich. Natürlich wurde sich schick angezogen und man besuchte mit den Eltern die Nachbarn. Wir Kinder, 7,6,5 und 4 zogen gleich raus in den Kuhstall und lernten uns erst einmal kennen. Die Erwachsenen, wo sich dann auch die anderen Bauern einklinkten, saßen auf der Terrasse und tranken Kaffee. Steffi und Simone sollten uns in den nächsten Jahren die ganze Umgebung zeigen und mir noch etwas mehr. Stenking lag echt schön, von da aus ging es dreimal bergab und dreimal bergauf und da fand man einen alten Bauwagen. Im Tal gab es eine angefangene Stallung für Pferde, die aber nicht weiter gebaut wurde, weil es doch ein Ferienhaus werden sollte und das ohne Genehmigung. Doch es sollten alles Spielplätze für die nächsten acht Jahre werden. Man lernte als Stadtkind so viel neues kennen, Heu oder Kornernte, in den Ferien morgens die Kühe auf die Weide bringen oder auch mal, wie man einen Truthahn schlachtete. Auch das gehört zum Landleben, wir hatten selbst jedes Jahr 100 Kaninchen und die wurden bis auf die Zuchttiere auch jedes Jahr zu Weihnachten geschlachtet. Ich habe nie Kaninchen gegessen, weil ich sie alle kannte und mag sie bis heute nicht. Doch überall hast du freilaufende Tiere gesehen, Schweine, Rinder, Pferde, Gänse, Enten, Hühner, Kühe, Hunde und Katzen. Da wurde es nie langweilig und das alles ohne die Gefahr im Straßenverkehr. Dazu hatte jeder einen großen Garten, wo alles selbst angebaut wurde, und man lernte von der Pike an. Man lernte die Natur und die Ernte kennen, aber nicht nur diese Natur von dem Pflanzen und Tierwelt.
Simone und Steffi hatten uns die ganze Umgebung schon gezeigt, wir waren jeden Tag zusammen, denn die nächsten Schulfreunde wohnten weit weg und so wurde man irgendwie eine kleine Gang. Wir waren auch sechs Leute, von 3 bis 8 Jahre alt und hatten irgendwie auch immer nur Blödsinn im Kopf. Ich war bis dahin nur mit Brüdern und anderen Jungs aufgewachsen und da gab es ein Erlebnis, das mich schockiert hatte.
Wir wollten uns wieder auf dem Bauernhof treffen und dann sollte es in den Wald gehen. Der Bauwagen wurde von Generation zu Generation weitergegeben, die Älteren hatten eine andere Hütte im Wald, um Party zu machen.
Eigentlich wollten wir gleich los, doch Steffi meinte sie müsste eben noch schnell Pipi und hockte sich hinter den Kühen. Total ungefährlich, doch was ich da sah, schockierte mich total. Ich dachte sie wäre kaputt, denn sie hatte keinen Penis und ich sprach sie auch darauf an. Sie schüttelte nur den Kopf und später an unserer Hütte musste ich auch Pipi. Da hat sie gedacht ich wäre kaputt und was hatten Jungs denn da? Jetzt war die Neugierde geweckt, zuerst schauten wir drei, die beiden Mädchen und ich uns beim Pipi machen zu. Danach musste alles näher erkundet werden und wir bauten uns auf dem Strohboden, damals gab es nur die kleinen Strohballen eigene kleine Häuser und Zimmer. In der Schule lernte man dann auch den Unterschied zwischen Jungs und Mädchen kennen, damit wurde alles noch interessanter. Das ist eben das Leben auf dem Land und ich denke mal auch in der Stadt und so ging unser Leben weiter.
Doch gab es auch andere Interessante Begegnungen dort und eine fand immer auf der wechselnden Fläche oben bei Stenking statt. Es war eine große Wiese, die aber auch im Wechsel zu einem Kornfeld gemacht wurde. Damals kannten die Bauern noch etwas von dem Anbau von Weizen und dass man einer Fläche auch mal ein Jahr Pause geben musste. In dem einen Jahr, ich kann mich nicht mehr erinnern, es tat weh, da war es eine Heuwiese und das heißt, Bauer lässt das Gras wachsen und dann wird Heu gemacht. Das Gras wird richtig schön hoch und man kann da verstecken drin spielen und wir hatten doch auch das andere Geschlecht entdeckt. Doch die Erwachsenen hatten uns auch entdeckt. Wir hatten das Gras platt getreten und gelegt. Ludwig hat uns erwischt, sowie auch unser Vater und das noch mit nacktem Arsch. Wir Jungs, also mein jüngerer Bruder und ich bekamen nur einen Arschtritt, den einzigen in meinem ganzen Leben. Die Mädchen bekamen, als angehende Bäuerinnen schon etwas mehr auf dem Popo und sie hätten es wissen müssen. Dabei hatten wir die Hosen runter und dafür gab es noch zwei Wochen Hausarrest. Später im Alter hat mein Vater mir erzählt, dass er sowas auch mit den Mädels gespielt hatte im Vollmond. Tolle Wurst!
Doch es gab auch andere Erlebnisse auf diesem Feld ….
Es wird Zeit mal für eine Geschichte und da spielt die große Wiese bei uns oben bei Stenking eine große Rolle. Doch in diesem Jahr war der Weizen angebaut und nach der Ernte war es ein Stoppelfeld. Stoppelfeld deshalb, weil dort die Stoppeln von den Halmen des Weizens stehen bleiben. Es sind so vier Zentimeter hohe Getreidehalme und die können echt gut stechen. Jedenfalls haben Simone, Steffi, JohAngelikas, Thorsten, Jens und ich da Fußball gespielt. Drei gegen drei und dabei sollte es nicht bleiben. Von der Ferne haben wir schon Rolf seine Kreidler gehört, er kam nach Hause, er stellte sein Moped ab und kam zu uns, im Anhang sein bester Freund Bolle. Dann ging es Schlag auf Schlag, Bauer Ludwig kam mit seinem Trecker auf das Feld, um es eigentlich umzupflügen, Richi kam nach Hause und über das Feld kam unser Vater. Alle stellten ihr Fahrzeug oder die Taschen ab, mischten sich unter uns Kinder und es gab neue Mannschaften. Kurze Zeit später kam auch unsere Mutter und die Frau von Richi zu uns. Auch sie mischten dann mit und schon war ein kleines Fußballspiel auf dem Stoppelfeld in Gange. Es war richtig lustig, weil die Stoppeln immer wieder den Ball stoppten und er auch manchmal kurz vor dem Tor zum Stillstand kam. Ich muss auch sagen, die Erwachsenen nahmen auch Rücksicht auf uns kleinen Würmer, nur bei Mann gegen Mann ging es zur Sache.
Langsam senkte sich die Sonne dann über den Horizont und es wurde immer dunkler. Das Feld wurde erst am nächsten Tag gepflügt, bei solchen Aktionen blieb auch mal die Arbeit liegen und irgendwann gingen alle wieder ihre Wege. Nur die Mütter waren etwas am Meckern, weil, sie das Mittagessen zum Abend wieder aufwärmen mussten.
Doch es war ein schönes gemeinschaftliches Erlebnis und solche Momente gab es öfters. Das fing beim Fußball an, oder auch mal bei einer Außerschulischen Stunde über Landschaftsbau, Schweinehaltung, Gartenarbeit oder auch, wie man sich eine Hütte in dem Wald baute. Manches hört sich etwas nach Unterricht an und doch haben wir Kinder und selbst die Erwachsenen, so manches Treffen und Austausch genossen. Doch meistens blieben wir Kinder unter uns, tollten nach den Hausaufgaben in den Wäldern und bei unserer Hütte herum.
Viele Jahre später, ich war schon erwachsen, habe ich meinem Vater mal bei einem Bier erzählt, was wir da so gemacht haben. Dabei kam heraus, dafür konnte ich keinen Stubenarrest bekommen, dass er die gleichen Geschichten in Norddeutschland auf dem Land erlebt hatte und die sind sogar weiter gegangen. Wir hatten es auch versucht, klappte aber nicht und jetzt könnt ihr eure Fantasie spielen lassen.
In meiner Kindheit war der Winter noch Winter, klirrende Kälte überzog das Land und eine dicke weiße Schneedecke bedeckte das ganze Sauerland. Soweit das Auge nur reichte, hüllten die sonst so grünen Berge sich in ein strahlendes Weiß und schwer hingen die Äste der Bäume unter der Last nach unten.
Für uns war es gerade deswegen das Paradies, wir Männer, lernten von unserem Vater wie man einen Iglu baut und spielten an den Hängen die Winterspiele nach.
Da wurde aus Schnee, die Sprungschanze gebaut und dann noch mit Wasser begossen, damit sie richtig stabil wurde. Dafür musste sie aber die ganze Nacht durchfrieren und das Wasser wieder zu Eis werden. Das ist das Schöne in den Bergen, man konnte richtig super rodeln und nur das Hochsteigen war immer irgendwie blöde. Einen Sessellift gab es nicht und doch sind wir immer so lange draußen geblieben, bis die Hosen gefroren waren. Mit steifer Kleidung sind wir dann nach Hause, JohAngelikas und Thorsten zu sich und manchmal sind die Mädchen dann mit nach uns. Dann hieß es immer, sich im Flur bis auf die Unterwäsche ausziehen, warten, bis die Kleidung aufgetaut und auf der Heizung getrocknet war. Einen Trockner hatte man damals noch nicht und so musste man einfach warten, bis die Hose, so wie die anderen Klamotten, auf der Heizung trocken waren. Dauerte es zu lange, griffen die Eltern zum Telefon, riefen die Eltern von den Mädchen an und teilten ihnen mit, dass sie die Nacht bei uns übernachten konnten. Manchmal wurden sie mit trockener Kleidung abgeholt und manchmal steckte man uns nach dem Abendbrot einfach zusammen in unsere Betten.
Selbst wo ich schon fast 14 Jahre war, passierte so was noch und da waren wir nicht mehr so lieb unter der Bettdecke. Mehr muss ich nicht sagen und ich hatte immer zwei Mädchen im Bett!
Am nächsten Tag ging es dann wieder auf die Piste, die Schanze war durchgefroren und nun konnte der Schlittenweitsprung beginnen.
Mit einem Kribbeln im Bauch saß man dann am Anlauf auf seinem Schlitten, stieß sich ab und setzte den ersten Maßstab für die anderen. Die Weite wurde markiert und der nächste war dran. Eine Rekordweite jagte die andere und mit steigendem Mut, wurde der Anlauf erweitert.
Mehr als einmal stürzte der eine oder andere bei der Landung und der Schlitten machte sich allein, auf den Weg in das Tal. Dann hieß es den gut noch 300 Meter Hang, hinter seinem Sportgerät herzulaufen und kam prustend wieder oben an. Den ersten Tag der Winterspiele von der kleinen Schanze hatten wir hinter uns und nun wurde sie am Abend noch vergrößert. Noch mehr Schneeschichten wurden aufgetragen, mit Wasser verhärtet und sie wuchs Stück für Stück.
Am nächsten Tag trafen wir uns nach der Schule dann im Olympischem Dorf, das unser Iglu war und draußen drängten sich schon die Zuschauer, in Gestalt der Schneemänner. Geschlossen ging es dann zur neuen Schanze, der Schnee knarrte unter den Schuhen und mit einem noch größeren dumpfen Gefühl im Magen saß man nun da. Schaute den Hang hinunter in das tiefe Tal und mächtig, fasst bedrohlich, stand sie da, die neue Schanze.
Es schien fast, ob sie kichern würde und rief, „du traust dich nicht!“
Kneifen, nein das gab es jetzt nicht, Füße hoch und der Schlitten glitt über den festgetretenen Schnee. Ein Ruck, ein kurzer Schrei und schon landete man mit einem neuen Rekord sicher und glücklich.
Je später es wurde, wechselten auch die Zuschauer ihre Gestalt und aus der reinen Schneemännerschar, wurden richtige Menschen. Unsere Väter und Mütter, sowie die großen Brüder mit ihren Kumpels, schauten mal vorbei, um zu sehen, was wir da so trieben.
Der Applaus der Männer und das Aufschreien der Frauen, spornte uns Kinder zu immer neuen Weiten an. Aber der Spaß und der Olympische Gedanke, sprang wie Funken auf die Erwachsenen über.
Richie, unser Nachbar, ein 1.60 Meter großer, drahtiger, lebensfroher und immer lustiger Mann, sprang über den Zaun und kam zu uns rüber. Kichernd, so wie wir in kannten, schnappte er sich einen Schlitten und die anderen Erwachsenen stimmten in seinem Lachen mit ein. Johlend und künstlich um „Hilfe“ schreiend stieß er sich ab und sauste auf die Schanze zu. Ein lang gezogener Schrei hallte aus dem Tal zurück und wurde durch das Bersten von Holz jäh gestoppt. Der kleine Schlitten gab seinem Gewicht bei der Landung nach, streckte seine Kufen jeweils nach links und rechts. Wie von einem Katapult abgefeuert schoss Richie in die Höhe, um danach im weichen Schnee neben der Landebahn einzutauchen. Eine Schneewolke umhüllte den kleinen Mann und wild purzelnd, nach halt suchend, trieb ihn die Wucht des Fluges immer weiter Richtung Tal.
Der erste Schrecken mit einem Aufschrei aus allen Hälsen gleichzeitig, wich einem lautem Gelächter, als er wieder aufstand und wie ein Schneemann, weiß von oben bis unten, unverletzt uns zu winkte.
Ich glaube nur Jens, mein kleiner Bruder, fand die ganze Situation nicht so zum Lachen, denn es war sein Schlitten, der gerade in die kleinsten Bestandteile zerlegt war.
Nach diesem Erlebnis war uns allen nicht mehr nach springen und so schlossen wir die Disziplin Sprungschanze ab. Doch er bekam am nächsten Tag einen neuen Schlitten von Richi.
Grübelnd saßen wir dann im olympischen Dorf und dort durften wir sogar ein kleines Feuerchen machen, das wir nicht froren. Es ist schon komisch, wie warm es in so einem Schneehaus werden kann und das es nicht schmolz. So zog man seine übliche Kleidung aus und irgendwann kamen wir auch mal wieder auf die Idee, Onkel Doktor im Schneeiglu zu spielen. Wir waren schon versaute Kinder, aber das ist ebenso, man muss seine Erfahrungen machen!
Doch wir beschlossen dabei, uns zwei Rutschbahnen zu bauen und dann das Wettweitrutschen auszutragen. Auf einer flachen Wiese traten wir den Schnee mit unseren Füßen platt, kippten Wasser darauf und glätteten die ganze Sache mit einer Schaufel. Doch es hatte nicht so den Erfolg wie unsere Schanze, mehr wie drei bis vier Meter rutschte keiner von uns auf den Bahnen.
Etwas enttäuscht gingen wir nach Simone und Steffi nach Hause und wollten dort eine Runde „Spiel des Lebens“ spielen. Durch den Kuhstall, wo einem der Geruch von Silofutter entgegenkam, durchschritt man einen kleinen Flur, der wie eine Schleuse zwischen Stall und Küche war, bevor man in die warme Küche kam. In dieser Schleuse zogen wir die Stiefel aus, legten unsere Jacken ab und gingen dann hinein.
Es war immer herrlich warm dort, denn wie alle Bauern, heizte man hier auch noch mit Holz, was eine ganz andere Wärme abgab.
Während wir Kinder uns an die Eckbank setzten, das Spiel aufbauten, machte uns die Mutter von Simone und Steffi ein paar Brote mit selbstgeschlachteter Wurst und einen heißen Kakao.
Das Würfelrad drehte sich, die Figuren wanderten über den Spielplan, doch unser Gespräch drehte sich immer mehr darum, wie man das Rutschen verbessern konnte. Und je länger wir darüber redeten, je klarer wurde es uns, die Arena musste der Teich sein.
Der Teich lag, wenn man aus dem Kuhstall kam, leicht links über den Hof und den kleinen Hügel dann runter. Im Sommer fingen wir dort immer die Kaulquappen und Frösche ein, doch jetzt lag er still mit einer braunen Eisdecke da. Die braune Farbe bekam das Eis von der Gülle aus dem Schweinestall, die von dort in den Teich floss.
Kaum standen wir vier am Rand des Teiches und betraten ihn vorsichtig, hörten wir den Vater der Mädchen schimpfen. Er erklärte uns, dass durch die Gülle das Eis nie richtig dick wurde und es gefährlich sei, dort hinaufzugehen. Damit bekamen wir ein Verbot auf das Eis zu gehen und mit hängenden Köpfen rodelten wir etwas auf der Wiese neben dem Teich.
Es war schon spät geworden und der Blick auf die Uhr sagte, dass es Zeit war nach Hause zu gehen. Simone hatte die ganze Zeit schon an den Ausführungen ihres Vaters gezweifelt, war am Schimpfen und brütete was aus.
Während Jens und ich mit unseren Schlitten in den dunkler werdenden Abend Richtung nach Hause zogen, konnte sie es dann nicht lassen und nahm die Abkürzung über den Teich. Steffi mahnte Simone noch laut und in dem Moment als wir uns nach den lauten Stimmen umdrehten, sahen wir Simone im Eis einbrechen. Mit blankem Entsetzen sahen wir sie bis zu den Schultern in das kalte Wasser gleiten und immer tiefer sacken. Doch bevor wir uns klar wurden, was da geschah, kam schon ihr Vater über den Zaun gesprungen und über die Wiese rennen. Wie angewurzelt schauten wir dem Geschehen zu, wie er vorsichtig über das Eis ging, seine Tochter, die drohte noch tiefer zu sinken packte und sie aus dem Eis zog.
Aufatmend standen wir dann da, als sie das rettende Ufer erreichten und laut schimpfend legte er Simone über das Knie. Ich denke mal, da war ihr nicht mehr kalt und irgendwie hatte sie es auch verdient.
In den nächsten Tagen ging es für die Mädels nicht mehr nach draußen, Stubenarrest, und wir trafen uns in der Küche bei ihnen zum Spielen.
Die Winterspiele waren nach diesem Schreck für uns auch vergessen und bis zum Ende des Winters, begnügten wir uns mit Rodeln, Schneeballschlachten und Schneemänner bauen.
Mit der nächsten Geschichte gebe ich ein Geständnis ab und ich hoffe mal, dass es nach 40 Jahren verjährt ist.
Von Stenking aus musste man drei Berge runter und wieder rauf gehen, bevor wir an unseren Bauwagen ankamen und ich muss sagen, wir haben dort viel Zeit verbracht.
In dem selbigen stand auf der Stirnwand ein Bett, wenn man rechts reinkam, war da eine kleine Kommode mit Deckchen und links war vor dem Fenster ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen. Vor dem Fenster war ein rot-weißer Flor und vor der Hütte stand noch eine Bank aus Baumstämmen. Vor dem Fenster hatten wir uns auch einen kleinen Garten mit Möhren, Salat und Radieschen angelegt, wobei das muss ich sagen, darüber haben sich mehr die Hasen und Rehe gefreut. Die hatten uns regelmäßig unsere Ernte weggefressen, aber das war uns egal, denn wir hatten es für sie angelegt.
Ging man noch weiter durch den Wald, kam man auf eine große Wiese und da waren überall tiefe Löcher, die mit Ginster umwachsen waren. Warum die Löcher dort waren und ob man dort was abgebaut hatte, weiß ich nicht und das war uns damals auch egal. Dort konnte man gut verstecken spielen und die waren echt tief, so mindestens drei Meter. Ach so, wer Ginsterbüsche nicht kennt, das sind gelb blühende Büsche und deren Äste sind meistens trocken, sehen schon fast verdorrt aus.
Auf jedenfalls die wuchsen um diese Löcher herum und so konnte man sie kaum sehen.
An diesem Tag war wieder mal ein Cowboy Spiel dran und wie Cowboys das eben machten, wurde in einer der vielen Vertiefungen ein Feuer angezündet. Denn der Gegner durfte ja das Feuer nicht sehen und da unten drin, war es vor jedem neugierigen Blick geschützt.
Doch das hohe trockene Gras, das aus der Vertiefung nach oben gewachsen war, wurde uns zum Verhängnis. Das kleine Feuerchen wurde schnell größer, griff auf das Gras über und arbeitete sich schnell immer höher. Mit abgebrochenen Ginsterästen schlugen wir auf die Flammen ein, doch kaum hatten wir eine Stelle gelöscht, wurde es auf der anderen Seite wieder größer. Je höher das Feuer kam, desto mehr Fläche hatte es auch sich auszubreiten und als es dann die Ginsterbüsche erreicht hatte, war der Kampf verloren.
Das trockene Gehölz nahm die Flammen bereit auf und wir vier sahen zu, dass wir nur noch schnell von diesem Ort des Unheils wegkamen. Wie vom Teufel verfolgt, jagten wir die Berge herunter und wieder rauf, bis wir endlich den letzten rettenden Berg nach Stenking erreicht hatten.
Pech schwarz in den Gesichtern, die Hände total verrußt und die Kleidung völlig nach Rauch riechend, kamen wir oben an.
Dort hatte sich schon unsere Eltern mit den beiden Nachbarn versammelten und schauten auf den weit weg liegenden Hügel. Schön konnte man die hohe Qualmsäule sehen und wie rote Feuerwehrautos über die Wiese jagten. Fragende Gesichter schauten uns an, sogleich erzählten wir eine Haarsträubende Geschichte, dass wir das Feuer entdeckt hatten und noch versucht hatten zu löschen, aber da es zu gefährlich war, waren wir lieber schnell nach Hause gelaufen.
Irgendwie glaubte uns niemand da aus der Runde, doch konnte auch niemand das Gegenteil beweisen.
Erst viele Jahre später sprach ich mit meiner Mutter darüber und sie sagte mir, dass alle gewusst hatten, dass wir das Feuer gelegt hatten und von einer Bestrafung abgesehen hatten. Weil zum einen der Schreck schon eine große Bestrafung war und zum anderen, man ja selbst für den Schaden hätte aufkommen müssen. Selbst bei späteren Nachfragen bekamen wir ein Lupenreines Alibi und waren so fein aus der Sache gekommen.
Doch das hatte auch sein Gutes, denn so schön wie im darauffolgenden Jahr, hatte der Ginster noch nie geblüht und die Menschen mit ihrer gelben Pracht erfreut!
Unsere Hütte gaben wir trotzdem nicht auf und wir spielten oft das nach, was wir in dem damaligen Fernseher gesehen hatten.
Früher gab es auch schon Menschen, doch die hatten keine Kleidung an und liefen alle nackt auf ihren Feldern herum. Okay, Felder hatten wir nicht, nur einen kleinen Garten und viel Wald um uns herum. So beschlossen wir eines Tages, wie die Urvölker rumzulaufen und fanden es einfach nur schön. Man spürte die Winde und alles, was der Wald so zu bieten hatte viel intensiver. Wir kannten kein FKK, aber waren wohl die ersten FKKler in unserer Region, wie schön kann das sorglose Leben von Kindern sein.
Habt ihr schon mal aus einem klaren Bach das Wasser getrunken? Man ging von unserer Hütte so 200 Meter den Berg hinunter und da floss ein kleiner Bach. Wir hatten zwar immer etwas zum Trinken mitgenommen, doch wenn das ausging, sind wir runter gestiegen und haben unsere Flaschen da aufgefüllt.
Trotz den ganzen verbotenen Sachen, es war eine unbeschwerte Kindheit da, wo wir vieles ausprobierten und irgendwie auch unser Immunsystem gestärkt hatten.
Das war auch so eine Sache, denn die meisten Erwachsenen rauchten und wir mussten immer zugucken. Irgendwie dachten wir, das gehört zum Erwachsen werden dazu und ist wohl richtig cool. Nur wo bekommt man mit 12 Jahren Zigaretten her und das noch auf dem Land, wo es keine Automaten gab?
Doch das Problem sollte sich eines Tages von allein lösen, denn der Onkel von Steffi und Simone, kam mit seinem Mercedes zu Besuch und er war Zigarren Raucher.
Zu der Zeit hatten wir noch im Tal unsere Hütte, die später abgerissen wurde, weil sie illegal gebaut wurde und da ist auch meine ganze Schlangensammlung verloren gegangen. Ich war damals und noch heute, ein echter Fan von Schlangen und hatte damals eine Sammlung von 12 Stück. Sie verweilten in große Gläser und wurden jeden Tag gefüttert von uns. Ich hätte sie irgendwann wieder frei gelassen, doch mit ihnen zu spielen und den Mädchen damit Angst zu machen, war schon schön. Mein größtes Exemplar, das ich gefangen hatte, war 150 cm groß, die ich aber später in die Freiheit entlassen habe, so ein großes Glas hatte ich nicht.
Doch bevor ich sie in die Freiheit entließ, wollte ich sie meinem kleinen Bruder zeigen und der lag gerade mit der Sommergrippe im Wohnzimmer auf der Couch. Das fand meine Mutter aber echt nicht so schön, meckerte mit mir und ich musste mit der Schlange die Wohnung verlassen.