Butler Parker 160 – Kriminalroman - Günter Dönges - E-Book

Butler Parker 160 – Kriminalroman E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Butler Parker ist ein Detektiv mit Witz, Charme und Stil. Er wird von Verbrechern gerne unterschätzt und das hat meist unangenehme Folgen. Der Regenschirm ist sein Markenzeichen, mit dem auch seine Gegner öfters mal Bekanntschaft machen. Diese Krimis haben eine besondere Art ihre Leser zu unterhalten. Diesen Titel gibt es nur als E-Book. "Sehr interessant, Mr. Parker, doch auf die Dauer ziemlich langweilig", urteilte Lady Agatha Simpson ein wenig abfällig. Sie saß auf einer überdachten Ehrentribüne und beobachtete Fallschirmspringer, die aus vorbeiziehenden Transportmaschinen der Air Force absprangen und sich in Ziellandungen übten. Die Männer, die bereits in ihren Gurten hingen, versuchten bestimmte Zielpunkte auf dem Boden anzuvisieren. "Mylady vermissen möglicherweise gewisse Höhepunkte?" vermutete Josuah Parker in seiner höflichen Art. Er hatte hinter seiner Herrin Stellung bezogen und bot das Bild eines urbritischen, hochherrschaftlichen Butlers. Josuah Parker trug einen schwarzen Covercoat, eine gleichfarbene Melone und dazu passende Handschuhe. Am angewinkelten linken Unterarm hing sein altväterlich gebundener Patentregenschirm. "Höhepunkte, das ist genau das, was bisher fehlt", antwortete Lady Agatha, die seit dem sechzigsten Geburtstag die Lebensjahre nicht mehr zählte. Sie war eine majestätische Erscheinung, ein wenig mehr als mittelgroß, vollschlank, und, was ihre Bewegungen betraf, ungemein dynamisch. "Mylady haben gewisse Vorstellungen, was die erwähnten Höhepunkte angeht?" fragte Parker und beugte sich diskret vor. Man war nicht allein auf dieser Ehrentribüne. Zu dieser Gala-Show hatte man Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Hochfinanz eingeladen. Man hatte gerufen, alle waren gekommen. Es war eine Art Auszeichnung, zu dieser Veranstaltung geladen zu werden. "Ich vermisse Fallschirme, die sich nicht öffnen, Mr.

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Butler Parker – 160 –

Parker fällt aus alles Wolken

Günter Dönges

»Sehr interessant, Mr. Parker, doch auf die Dauer ziemlich langweilig«, urteilte Lady Agatha Simpson ein wenig abfällig. Sie saß auf einer überdachten Ehrentribüne und beobachtete Fallschirmspringer, die aus vorbeiziehenden Transportmaschinen der Air Force absprangen und sich in Ziellandungen übten. Die Männer, die bereits in ihren Gurten hingen, versuchten bestimmte Zielpunkte auf dem Boden anzuvisieren.

»Mylady vermissen möglicherweise gewisse Höhepunkte?« vermutete Josuah Parker in seiner höflichen Art. Er hatte hinter seiner Herrin Stellung bezogen und bot das Bild eines urbritischen, hochherrschaftlichen Butlers. Josuah Parker trug einen schwarzen Covercoat, eine gleichfarbene Melone und dazu passende Handschuhe. Am angewinkelten linken Unterarm hing sein altväterlich gebundener Patentregenschirm.

»Höhepunkte, das ist genau das, was bisher fehlt«, antwortete Lady Agatha, die seit dem sechzigsten Geburtstag die Lebensjahre nicht mehr zählte. Sie war eine majestätische Erscheinung, ein wenig mehr als mittelgroß, vollschlank, und, was ihre Bewegungen betraf, ungemein dynamisch.

»Mylady haben gewisse Vorstellungen, was die erwähnten Höhepunkte angeht?« fragte Parker und beugte sich diskret vor. Man war nicht allein auf dieser Ehrentribüne. Zu dieser Gala-Show hatte man Vertreter aus Politik, Wirtschaft und der Hochfinanz eingeladen. Man hatte gerufen, alle waren gekommen. Es war eine Art Auszeichnung, zu dieser Veranstaltung geladen zu werden.

»Ich vermisse Fallschirme, die sich nicht öffnen, Mr. Parker«, beantwortete die ältere Dame laut und ungeniert. »Perfektion geht mir auf die Nerven.«

»Fallschirme, Mylady, die sich nicht öffnen, dürften hier nicht sonderlich geschätzt werden«, meinte der Butler, »darüber hinaus wäre solch ein Versagen für die Betreffenden wohl äußerst unangenehm.«

»Sie könnten sich ja im freien Fall an einen anderen Fallschirmspringer klammem«, meinte Agatha Simpson, »ich habe so etwas schon mal im Fernsehen gesehen. Es war recht hübsch.«

Lady Simpsons Stimme war sehr dunkel, fast baritonal gefärbt – und volltönend. Die Worte waren nicht nur in der näheren Umgebung gehört worden. Einige Herren wandten sich verstohlen nach der Sprecherin um, hüteten sich jedoch, Stellung zu nehmen. Die ältere Dame war in Kreisen der Gesellschaft wohlbekannt. Mit dem Blut- und Geldadel der Insel eng verschwistert und verschwägert, galt sie als eine immens reiche Frau, der man eine nachdrückliche Skurrilität durchaus zubilligte. Ihre Ungeniertheit war bereits Legende.

»Es muß doch eine Kleinigkeit sein, mit einem Fallschirm abzuspringen«, überlegte sie halblaut. Parker beschloß automatisch, darauf nicht zu antworten. Er kannte die sportliche Unternehmungslust seiner Herrin nur zu gut.

»Man läßt sich hochtragen, steigt aus und schwebt nach unten«, stellte Agatha Simpson weiter fest. Sie wandte sich halb zu ihrem Butler um, doch Parker schien nichts gehört zu haben.

»Ich habe immerhin aus dem Stand heraus Panzer gesteuert«, sagte sie, »erinneren Sie sich, Mr. Parker?«

»Es war ungemein beeindruckend, Mylady«, gab der Butler zurück und dachte mit leichtem Grauen an diesen Tag. Seine Herrin war damals zu einer Vorführung neuartiger Panzerwagen eingeladen worden und hatte es verstanden, solch einen Kampfwagen heimlich zu besteigen. Anschließend war es ihr gelungen, mit großer Fahrt und scharfer Munition die Tribüne mit den Ehrengästen zu stürmen und zu leeren.

»Ich denke, ich werde mich für einen Sprung melden«, redete die ältere Dame munter weiter, »Mr. Parker, veranlassen Sie das Nötige!«

»Mylady werden in einer halben Stunde im Festsaal erwartet«, erinnerte Josuah Parker.

»Sie trauen mir solch einen Sprung nicht zu?« Ihre Stimme enthielt bereits ein leichtes Grollen. Agatha Simpson fühlte sich herausgefordert.

»Mylady haben ganz gewiß keinen Sport zu scheuen«, versicherte Parker. Er war ein Mann, der sich stets unter Kontrolle hielt, doch jetzt spürte er, daß sich auf seiner Stirn winzige Schweißperlen bildeten.

»Ich lade Sie ein, mitzukommen«, redete Lady Agatha munter weiter und stand unvermittelt auf. »Verschwenden wir keine Zeit, oder haben Sie etwa Angst vor einem Sprung?«

»Mylady werden meine bescheidene Wenigkeit stets an Myladys Seite finden, wenn die Umstände es erfordern«, entgegnete der Butler gemessen, »aber darf man daran erinnern, daß Mylady die Güte hatten, Mr. Herbert Denfeld eine Unterhaltung zu gewähren?«

»Aber das hat doch Zeit, Mr. Parker«, reagierte sie verärgert, »er läuft mir nicht davon. Er will ja was von mir, nicht umgekehrt.«

»Mr. Denfeld dürfte nach dieser Sprung-Show von den Herren des Verteidigungsministeriums abgeschirmt werden.«

»Nun gut, dann werde ich Denfeld eben vorziehen, Mr. Parker. Bringen Sie mich zu ihm!«

Sie ließ sich von ihrem ursprünglichen Vorhaben nicht abbringen. Lady Agatha stand auf und schob sich mit der Eleganz eines Räumpanzers durch die Sitzreihen, wobei Hüte und Uniformmützen verschoben wurden oder auf dem Boden landeten. Einige Herren in höchsten dienstlichen Stellen rutschten sogar von ihren Sitzen und gesellten sich den Kopfbedeckungen zu. Agatha Simpson aber störte das alles nicht. Sie bahnte sich ihren Weg und stampfte dann über eine der hinteren Treppen von der Tribüne.

»Wo finde ich diesen Wundermann?« fragte sie, als Parker zu ihr aufschloß.

»Mr. Denfeld wohnt der Show dort von der Kontrollbaracke aus bei«, erklärte Parker und deutete auf eine Betonbaracke, die, etwa zweihundert Meter von der Tribüne entfernt, am Rand einer Rollbahn stand.

»Ich brauche einen Wagen«, verlangte sie, »Sie wollen mir doch nicht zumuten, daß ich diese Strecke zu Fuß zurücklege, wie?«

Agatha Simpson wartete Parkers Antwort erst gar nicht ab. Sie hatte einen Jeep entdeckt, der seitlich neben der Tribüne stand. Ein Stander vorn auf dem Kotflügel sagte deutlich aus, daß dieser Wagen dem höchsten Militär zur Verfügung stand. Zwei Fallschirmspringer in Paradeuniform standen in strammer Haltung links und rechts neben dem Wagen.

Sie standen nicht lange.

*

»Mylady benötigen Ihre umgehende Hilfe«, sagte Josuah Parker, »Mylady leiden an einer gewissen Indisposition des Kreislaufs.«

»Mein Herz«, röhrte die ältere Dame und nahm auf dem Fahrersitz Platz, bevor einer der beiden Männer protestieren konnte.

»Mylady werden Ihre Hilfsbereitschaft an höherer Stelle zu rühmen wissen, meine Herren«, versicherte der Butler den beiden ratlos-verdutzten Wachen, »rechnen Sie möglicherweise mit einer lobenden Erwähnung.«

»Genug«, ließ die passionierte Detektivin sich vernehmen, die den Zündschlüssel bereits bewegt hatte. Der Motor war angesprungen, Agatha Simpson legte bereits den ersten Gang ein. Parker hatte kaum Zeit, sich auf den Beifahrersitz zu setzen, als seine Herrin bereits lospreschte. Erst jetzt merkten die beiden Wachleute, daß da wohl doch einiges nicht stimmte. Sie versuchten, die Abfahrt zu stören und wollten sich vor dem Wagen aufbauen. Dann aber hechteten sie blitzschnell zur Seite, um nicht überrollt zu werden.

»Gute Reaktion«, lobte Lady Agatha wohlwollend und steuerte die Betonbaracke an, »sagen Sie, Mr. Parker, wer ist dieser Denfeld eigentlich?«

»Mr. Herbert Denfeld, Mylady, ist ein hochkarätiger Wissenschaftler, dessen Spezialgebiet die Elektronik ist«, gab Parker Auskunft, »er traf vor zwei Tagen hier in London ein, um mit britischen Kollegen an einem Symposium teilzunehmen.«

»Aha.« Sie nickte und hielt auf einen anderen Jeep zu, der ihnen genau entgegenkam. Die Insassen dieses Fahrzeuges waren wohl offensichtlich per Sprechfunk alarmiert worden und hatten die Absicht, Mylady und Parker zu stoppen.

Lady Agatha dachte nicht im Traum daran, den Kurs ihres Wagens zu änderen. Sie schien den entgegenkommenden Jeep überhaupt nicht zu sehen.

»Mr. Denfeld ist ein hoher Geheimnisträger«, berichtete Parker würdevoll weiter, als sei mit einer Kollission überhaupt nicht zu rechnen, »es wurde in jüngster Vergangenheit schon einige Male versucht, ihn zu entführen.«

»Kein Wunder, daß er mich dann sprechen will«, sagte sie, »dieser Mann braucht Hilfe und Schutz, nicht wahr?«

»Dies ließ Mr. Denfeld in der Tat anklingen, als er mit meiner Wenigkeit sprach«, antwortete Josuah Parker. »Mylady, könnte es nicht sein, daß der Fahrer des entgegenkommenden Jeeps auf ein Ausweichmanöver verzichten will?«

»Eine Frage der Nerven, mein lieber Mr. Parker.« Die Detektivin lächelte grimmig und ging nicht vom Kurs ab. »Eine Lady Simpson kann man nicht schrecken.«

Die Lage wurde kritisch.

Die beiden Wagen näherten sich, ein Zusammenstoß schien unvermeidlich. Lady Simpson kniff die Augen zusammen, ihr Kinn reckte sich vor. Sie glich jetzt einem Energiebündel, das durch nichts mehr zu stoppen war.

Im letzten Moment wich der Fahrer des anderen Jeep aus, riß den Wagen jäh zur Seite und stellte ihn auf die Außenräder. Die beiden Fahrzeuge passierten einander, der Zwischenraum betrug nur Zentimeter.

»Sehen Sie, Mr. Parker, man muß nur deutlich machen, daß man keine Konzessionen eingehen will«, erklärte die Lady, »stellen Sie fest, wer dieser Lümmel von Fahrer ist. Ich werde ihn zur Rechenschaft ziehen. Es geht nicht an, eine wehrlose Frau zu ängstigen.«

»Sehr wohl, Mylady«, antwortete Parker, der seine Muskeln entspannte. Er schaute sich diskret um und beobachtete den Jeep, der wieder auf seinen vier Rädern stand und einen kleinen Bogen fuhr, um dann die Verfolgung aufzunehmen.

Lady Agatha hatte inzwischen die Baracke erreicht, prüfte den Griff der Bremsen und hatte wieder mal Glück. Die Bremsen blockierten nämlich, und der Jeep schlitterte über den Rasen bis dicht an die Längswand der Baracke. Die ältere Dame stieg aus und schritt energisch zur Tür.

Butler Parker war einen Schritt schneller, lüftete die schwarze Melone und öffnete. Lady Agatha schritt in den flachen, langgestreckten Steinbau und ... hüstelte. Dann wandte sie sich empört an Parker.

»Was soll denn das?« fragte sie und trat zurück. Tränen standen in ihren Augen.

»Meine Wenigkeit möchte den Dingen keineswegs vorgreifen, Mylady«, antwortete der Butler, »aber gewisse Indizien sprechen dafür, daß man mit Tränengas gearbeitet hat.«

»Sehen Sie doch!« Die ältere Dame hüstelte noch mal und deutete dann auf einige Gestalten, die regungslos auf dem Boden lagen. Einige Stühle waren umgestürzt und zerbrochen.

»Hier dürften sich Dinge ereignet haben, Mylady, die man nicht mehr als regulär bezeichnen kann und darf«, sagte der Butler, »es steht zu befürchten, daß man Mr. Herbert Denfeld entführt hat!«

*

»Weiß man genau, was passiert ist?« fragte Mike Rander zwei Stunden später. Lady Agatha und Butler Parker befanden sich im Stadthaus der älteren Dame in Shepherd’s Market. Die Detektivin glühte förmlich vor Tatendrang. Sie fühlte sich herausgefordert, witterte einen neuen Kriminalfall.

»Der Tathergang, Sir, ließ sich nur vage rekonstruieren«, antwortete Josuah Parker, »nach Angaben der betroffenen Männer des Geheimdienstes erschienen plötzlich einige Fallschirmspringer und überraschten die Begleiter Mr. Denfelds.«

»Sie warfen Tränengas und setzten die Beschützer dieses Amerikaners mit Waffengewalt außer Gefecht«, warf die ältere Dame erfreut ein, »es muß sehr hektisch gewesen sein, wie ich vermute. Die Entführer trugen übrigens Gasmasken.«

»Eine böse Schlappe für den Geheimdienst«, meinte Kathy Porter, die Gesellschafterin und Sekretärin der Lady. Die Achtundzwanzigjährige war schlank, groß und hatte kastanienbraunes Haar. Kathy Porter galt als Schönheit, doch sie bildete sich nichts darauf ein. Auf den ersten Blick war sie ein scheuer, zurückhaltender Mensch, doch sie konnte sich innerhalb weniger Sekunden in eine gefährliche Pantherkatze verwandeln.

»Hat Denfeld etwas geahnt?« erkundigte sich Mike Rander bei dem Butler, »er hat Sie doch angerufen, oder?«

»Ja, warum eigentlich?« Agatha Simpson sah den Butler fast vorwurfsvoll an.

»Zur Zeit dieses Anrufs heute morgen meditierten Mylady noch«, erwiderte Josuah Parker und umschrieb damit die Tatsache, daß seine Herrin zu dieser Zeit noch dem Morgenschlaf gehuldigt hatte. »Mr. Denfeld bat nur um ein Gespräch mit Mylady nach der Demonstration der Fallschirmspringer. Einen akuten Grund nannte er hingegen nicht.«

»Man kennt mich selbstverständlich auch in den USA«, stellte die ältere Dame zufrieden fest, »wahrscheinlich brauchte er hier meine Hilfe.«

»Seine Gastgeber werden ihm Ihren Namen genannt haben, Mylady«, warf Mike Rander ein. Der Vierzigjährige war nach seiner Rückkehr aus Amerika von Agatha Simpson wie selbstverständlich ›vereinnahmt‹ worden und verwaltete jetzt von seiner Anwaltskanzlei in der Curzon Street aus das Vermögen der Lady. Vor seinem Aufenthalt in den Staaten war Josuah Parker sein Butler gewesen. Die beiden Männer hatten sowohl in England als auch in den USA viele Abenteuer hinter sich gebracht und arbeiteten auch jetzt wieder zusammen.

»Wer könnte diesen Elektroniker entführt haben?« fragte Agatha Simpson, »Mr. Parker, machen Sie mir Vorschläge.«

»Es gibt, wenn man so sagen darf, zwei generelle Möglichkeiten, Mylady«, schickte der Butler würdevoll voraus, »Mr. Denfeld könnte von einer fremden Macht entführt worden sein, oder aber von Gangstern, die auf ein Lösegeld hoffen oder Mr. Denfeld an eine Fremdmacht Weiterverkäufen wollen.«

»Sie sagen damit genau das, was ich vermute«, behauptete die Sechzigjährige und nickte wohlwollend, »ich fühle, daß ich es mit einer östlichen Macht zu tun habe. Sie fühlen das hoffentlich auch, Mr. Parker.«

»Meine Wenigkeit wird sich bemühen«, gab Parker zurück, während Kathy Porter und Mike Rander einen amüsierten Blick tauschten.

»Es war natürlich eine ausgemachte Frechheit, daß man auf meine Hilfe verzichtete«, redete Lady Agatha weiter. Ihre Stimme nahm einen grollenden Unterton an, »diese Leute vom britischen Geheimdienst wollten mich sogar verhören. Ich hoffe, Mr. Parker, ich habe den Laien meinen Standpunkt klar gemacht.«

»Mylady waren überzeugend«, lautete Parkers Antwort, »man nahm erstaunt zur Kenntnis, daß Mylady von Mr. Denfeld um ein Gespräch gebeten wurde.«

»Man behauptet sogar, Denfeld habe mir bereits einige Hinweise gegeben und gewisse Befürchtungen mitgeteilt«, freute sich die ältere Dame, »ich habe selbstverständlich alles abgestritten.«

»In einer Form, die erfreulicherweise das Gegenteil aussagte«, bemerkte Parker, »in diesem Zusammenhang wurde auch meine Wenigkeit einem strengen und eingehenden Verhör unterzogen.«

»Das hört sich ja alles sehr gut an«, fand Mike Rander, »hoffentlich spricht es sich herum.«

»Sie meinen hoffentlich das, lieber Mike, was auch ich meine«, fügte die ältere Dame hinzu, die im Moment nicht recht wußte, wie sie diesen Hinweis bewerten sollte.

»Falls die Entführer davon hören, müssen sie doch annehmen, daß Denfeld gewisse Hinweise gegeben hat«, erklärte Kathy Porter, »sie werden sich also notgedrungen mit Ihnen, Mylady, und mit Mr. Parker befassen müssen.«

»Das war meine Taktik«, behauptete die Detektivin erneut und nickte zufrieden, »ich bin sicher, daß die Entführer sich melden werden, sie kommen gar nicht daran vorbei und ...«

»Es hat geläutet«, sagte Parker in diesem Moment und deutete eine knappe Verbeugung an, »wenn man meine Wenigkeit entschuldigen möchte?«

Er verließ den Salon, durchschritt die große Wohnhalle des altehrwürdigen Fachwerkhauses und erreichte den verglasten Vorflur. Parker öffnete einen Wandschrank, schaltete die Fernsehkamera ein, die über der überdachten Eingangstür installiert war, und wartete, bis ein Bild auf dem Kontrollmonitor erschien.

Er sah zwei Männer mit hart geschnittenen Gesichtern, schmalen Lippen und kalten Augen. Parker wußte sofort, daß er es mit Profis zu tun hatte.

*

Sie stellten sich als Miller und Mayer vor, Namen, die offensichtlich falsch waren. Sie standen inzwischen im verglasten Vorflur und warteten darauf, daß Parker die Tür zur Wohnhalle öffnete.

»Sie vertreten welche Institution, wenn man höflichst fragen darf?« Parker sprach über die Wechselsprechanlage mit den beiden Männern, die inzwischen ungeduldig geworden waren.

»Los, machen Sie schon«, sagte der Mann, der sich Mayer nannte, »mit dieser Masche können Sie uns nicht kommen.«

»Es geht um Denfeld«, warf der Mann ein, der sich Meyer nannte, »Sie wissen ja, wer das ist.«

»Wenn Sie erlauben, werde ich die Herren anmelden.« Parker wandte sich um und verschwand in der Tiefe der Wohnhalle. Miller und Mayer witterten eine Möglichkeit, ihm zu folgen. Sie zogen fast synchron Schußwaffen aus ihren Schulterhalftern und wollten die Tür öffnen, was sich allerdings als unmöglich erwies. Miller rüttelte am Türknauf, wechselte ein paar Worte mit seinem Begleiter und holte dann noch zusätzlich eine Art Dietrich aus der Hosentasche. Er führte dieses Instrument in das Schlüsselloch und ... zuckte dann wie unter einem unsichtbaren Peitschenhieb zusammen. Er ließ den Schlüssel los, als sei er plötzlich siedend heiß geworden und sah dann seinen Begleiter verblüfft an.

»Was ist denn?« fragte Mayer ungeduldig.

»Ich hab’ einen Schlag abbekommen«, antwortete Miller, der noch immer verdutzt und irritiert war.

»Unsinn«, gab Mayer zurück und beging den Fehler, es nun seinerseits zu versuchen. Er faßte nach dem Dietrich, vorsichtig, ein wenig zögernd und lächelte abfällig.

»Du bildest dir was ein, Partner«, sagte er dann, »nichts, rein gar nichts.«

Er hatte seinen Satz gerade beendet, als es auch ihn erwischte. Er fuhr zusammen, stieß einen heiseren Schrei aus und riß seine Hand von dem Dietrich los.

»Ich hab’ mir was eingebildet, wie?« fragte Miller.

»Diese verdammten Amateure«, ärgerte sich Mayer, »was diese Leute sich ausdenken!«

»Treten wir doch die Tür ein«, schlug Miller vor, »ist ja nur Glas.«

»Darf man sich erlauben, Ihnen eine Empfehlung zu geben?« war in diesem Moment die Stimme des Butlers zu vernehmen. Er hatte die Wohnhalle keineswegs verlassen und erschien wieder vor der Glasfront des Vorflurs.

»Schließen Sie auf, sonst kracht’s!« Mayer hatte die Geduld verloren und wurde sehr ärgerlich. Er richtete die Mündung seiner schallgedämpften Waffe auf den Butler.

»Ihr Geschoß müßte sich mit Panzerglas auseinandersetzen«, antwortete der Butler höflich wie stets, »Sie werden mit einem Querschläger zu rechnen haben, dessen Flugbahn man unmöglich im vorhinein berechnen kann. Verletzungen Ihrerseits sind also nicht auszuschließen.«

»Pan ... Panzerglas?« fragte Mayer stockend.

»In der Tat! Doch falls Sie meine Worte anzweifeln, steht es Ihnen selbstverständlich frei, die sogenannte Probe auf’s Exempel zu machen.«

»Also schön.« Mayer und Miller verzichteten auf eine Probe und ließen ihre Waffen wieder in den Schulterhalftern verschwinden. »Wann können wir nun endlich die Lady sprechen? Es ist dringend, es geht um Denfelds Leben, lassen Sie sich das sagen.«

»Sie möchten eine Botschaft überbringen?«

»Also schön, von mir aus eine Botschaft«, erwiderte Miller, »aber es ist ’ne Warnung. Denfeld hat mit Ihnen und der Lady gesprochen, nicht wahr?«

»Am heutigen Morgen«, bestätigte der Butler gemessen.

»Und was hat er gesagt?« wollte Mayer wissen.

»Ihre, wenn ich so sagen, darf, Naivität ist geradezu bemerkenswert«, erwiderte Josuah Parker, »selbst wenn Mr. Denfeld Andeutungen gemacht haben sollte, würde meine Wenigkeit sich nicht erlauben, sie an Sie weiterzugeben.«

»Wir könnten Sie dazu zwingen.« Mayer wurde ärgerlich.