Castle 5: Deadly Heat - Tödliche Hitze - Richard Castle - E-Book

Castle 5: Deadly Heat - Tödliche Hitze E-Book

Richard Castle

4,9

Beschreibung

In Richard Castles Fortsetzung des New York Times-Bestsellers Frozen Heat - Auf dünnem Eis befinden sich Nikki Heat und Jameson Rook in einem Wettlauf gegen die Zeit, um eine tödliche Bedrohung aus Heats Vergangenheit sowie einen nur allzu aktuellen Serienmörder aufzuhalten. Fest entschlossen, für Gerechtigkeit zu sorgen, verfolgt NYPD-Mordermittlerin Nikki Heat auch weiterhin den flüchtigen ehemaligen CIA-Stationschef, der vor über zehn Jahre die Ermordung ihrer Mutter anordnete. Für diese Jagd tut sich Nikki einmal mehr mit ihrem Lebensgefährten, dem mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Enthüllungsjournalisten Jameson Rook, zusammen. Ihre Suche nach dem alten Spion und dem Motiv für den Jahre zurückliegenden Mord bringt einen beängstigenden Terrorplan ans Licht, der alles andere als Geschichte ist. Er ist tödlich. Er ist akut. Und die Endphase dieses Plans hat bereits begonnen. Als dann auch noch ein Serienmörder anfängt, das 20. Revier zu bedrohen, verkompliziert sich Heats Mission, diesen abtrünnigen Spion zur Rechenschaft zu ziehen und den drohenden Terroranschlag zu vereiteln. Ihr Mordermittlungsteam steht unter Druck und muss den Mörder so schnell wie möglich fassen. Denn dieser teuflische Kriminelle, der für seine eiskalte und heimliche Vorgehensweise bekannt ist, bestimmt Nikki nicht nur zur Empfängerin seiner höhnischen Botschaften, sondern auch zu seinem nächsten Opfer.

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RICHARD

CASTLE

DEADLY HEAT

TÖDLICHE HITZE

ÜBERSETZUNG

ANIKA KLÜVER

Die deutsche Ausgabe von CASTLE 5: DEADLY HEAT – TÖDLICHE HITZE wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Anika Klüver;verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Sabine Elbers;Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik; Cover Artwork: Shubhani Sarkar;Printausgabe gedruckt von CPI Morvia Books s.r.o., CZ-69123 Pohorelice.Printed in the Czech Republic.

Castle © ABC Studios. All rights reserved

Originally published in the United States and Canada as DEADLY HEAT by Richard Castle.This translated edition published by arrangement with Hyperion, an imprint of Buena Vista Books, Inc.

Print ISBN: 978-3-86425-296-9 · E-Book ISBN 978-3-86425-331-7 (Dezember 2013)

WWW.CROSS-CULT.DE

Für KB:Möge der Tanz niemals endenund die Musik niemals aufhören.

Inhalt

Eins

Zwei

Drei

Vier

Fünf

Sechs

Sieben

Acht

Neun

Zehn

Elf

Zwölf

Dreizehn

Vierzehn

Fünfzehn

Sechzehn

Siebzehn

Achtzehn

Neunzehn

Zwanzig

Danksagungen

Romane Bei Cross Cult

EINS

NYPD-Mordermittlerin Nikki Heat parkte ihren grauen Crown Victoria in zweiter Reihe hinter dem Wagen der Gerichtsmedizin und marschierte auf das Pizzarestaurant zu, in dem eine Leiche auf sie wartete. Ein uniformierter Polizist in einem kurzärmeligen Hemd hielt das Absperrband für sie hoch, damit sie darunter hindurchschlüpfen konnte, und als sie sich auf der anderen Seite wieder aufrichtete, hielt Heat inne und ließ den Blick über den Broadway schweifen. Genau in diesem Moment befand sich ihr Freund Jameson Rook auf einer Presseveranstaltung am Times Square, um die Veröffentlichung seines neuen großen Artikels zu feiern. Dieser Artikel war so groß, dass der Verlag daraus die Titelstory gemacht hatte, mit der er die Webseite der Zeitschrift eröffnen wollte. Heat hätte sich freuen sollen. Stattdessen fühlte sie sich absolut mies. Weil es in diesem großen Artikel um sie ging.

Sie machte einen Schritt, um das Restaurant zu betreten, aber nur einen. Diese Leiche würde ihr nicht weglaufen, und Heat brauchte einen Augenblick, um sich dafür zu verfluchen, dass sie Rook geholfen hatte, den Artikel zu schreiben.

Vor ein paar Wochen, als sie ihm die Erlaubnis erteilt hatte, ihre Ermittlungen im Mordfall ihrer Mutter aufzuzeichnen, war es ihr noch wie eine gute Idee vorgekommen. Nun ja, vielleicht nicht wie eine gute Idee, sondern eher wie eine kluge Idee. Heats dramatische Verhaftung des überraschenden Mörders nach über zehn Jahren wurde zur brisanten Neuigkeit, und Rook hatte es ganz unverblümt ausgedrückt: Irgendjemand würde diese Story schreiben. Wäre es ihr lieber, wenn es ein zweifach mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneter Journalist machen würde oder irgendein Boulevardblattschreiberling?

Rooks Interviews waren intensiv gewesen und hatten ein ganzes Wochenende in Anspruch genommen. In ständiger Anwesenheit seines Diktiergeräts begannen Heats Ausführungen mit dem Thanksgiving-Abend des Jahres 1999. Sie und ihre Mom hatten Kuchen backen wollen, und Nikki hatte sie aus der Gewürzabteilung des Supermarkts angerufen, nur um über das Telefon mit anzuhören, wie ihre Mutter erstochen wurde, während sie verzweifelt und hilflos nach Hause rannte. Sie erzählte Rook davon, wie sie ihr Hauptfach am College von Schauspiel zu Strafverfolgung gewechselt hatte, damit sie Polizistin statt Schauspielerin werden konnte, obwohl das eigentlich immer ihr Traum gewesen war. „Mord“, hatte sie gesagt, „verändert alles.“

Heat teilte ihre Frustration über die Suche nach Gerechtigkeit mit ihm, die sich über das folgende Jahrzehnt erstreckte. Und ihren Schock, als sie vor einem Monat einen Durchbruch erlebte. Ein Koffer, der in der Nacht des Mordes aus der Wohnung ihrer Mutter gestohlen worden war, tauchte plötzlich an einem von Nikkis Tatorten auf – und darin befand sich die Leiche einer Frau. Der Versuch, diesen neuen Mord an der Frau im Koffer aufzuklären, führte Heat auf eine unerwartete Reise in die verborgene Vergangenheit ihrer Mutter. Die Spur führte nach Paris, wo Nikki verblüfft erfuhr, dass Cynthia Heat eine Spionin für die CIA gewesen war. Statt der Klavierlehrerin, für die sie sich ausgegeben hatte, war ihre Mutter eine Agentin gewesen, die ihre Musikstunden als Tarnung benutzte, um sich Zugang zu den Häusern von Diplomaten und Industriellen zu verschaffen, damit sie diese ausspionieren konnte.

Nikki erfuhr das alles am Totenbett des ehemaligen CIA-Vorgesetzten ihrer Mutter, einem Mann namens Tyler Wynn. Doch da es bei Spionen nun einmal so üblich war, hatte der alte Mann seinen Tod nur vorgetäuscht, um sie von der richtigen Spur abzubringen. Nikki musste das auf die harte Tour herausfinden, als der ehemalige Mentor ihrer Mutter plötzlich mit einer Waffe in der Hand auftauchte, um ihr das Geheimnis in Form von belastenden Dokumenten abzunehmen, für das Cynthia Heat gestorben war. Warum? Weil Cynthia Heat herausgefunden hatte, dass ihr treuer Freund Tyler Wynn ein Verräter war.

Während des Interviews hatte Nikki gestanden, dass sie sich das Gefühl des Verrats, das ihre Mutter in diesem Moment zweifellos empfunden hatte, nicht vorstellen musste. Sie hatte es selbst erlebt, als ihr College-Freund Petar hinter Wynn aus den Schatten getreten war und mit seiner Waffe auf sie gezielt hatte. Und dann hatte sie dieses Gefühl sogar noch heftiger empfunden, als sich der alte Spion mit der Tasche voller zur Überführung ausreichenden Beweisen und einer letzten Anweisung an Nikkis Ex aus dem Staub gemacht hatte. Petar hatte sie töten sollen – genau wie er ihre Mutter getötet hatte.

An diesem Punkt hatte Rook sein Diktiergerät ausgeschaltet, um die Batterien zu wechseln, doch eigentlich hatte er Nikki damit die Möglichkeit geben wollen, sich emotional zu sammeln. Im weiteren Verlauf des Interviews hatte sie zugegeben, tief im Inneren stets davon ausgegangen zu sein, dass ihre Wunde endlich verheilen würde, sobald sie den Mörder ihrer Mutter verhaftete. Doch stattdessen war sie aufgerissen und blutete wieder. Der Schmerz war nicht geringer geworden, sondern brannte regelrecht. Ja, sie hatte es geschafft, Petar festzunehmen, aber der Drahtzieher, der die Entscheidungen traf, war entkommen und vom Radar verschwunden. Und Petar würde ihr nicht dabei helfen, ihn aufzuspüren. Nicht nachdem einer von Wynns anderen Komplizen so unverschämt gewesen war, sein Gefängniszellenessen zu vergiften.

Heat öffnete sich für Rook mit einer Intimität, die sie sich noch vor einem Jahr nicht hätte vorstellen können, als man ihr den Star-journalisten gewissermaßen ans Bein gebunden hatte, damit er sie bei ihren Ermittlungen beobachten konnte. Vor ihrer Zeit mit Rook hatte Nikki stets geglaubt, dass es auf der Welt zwei Sorten natürlicher Feinde gab – Polizisten und Verbrecher sowie Polizisten und Journalisten. Diese Überzeugung hatte sich während der Hitzewelle des vergangenen Sommers ein wenig gemindert, als sie sich bei der Zusammenarbeit an ihrem ersten gemeinsamen Fall ineinander verliebt hatten. Gemindert vielleicht, doch selbst als Liebespaar würden es eine Polizistin und ein Journalist nie leicht haben. Und diese Beziehung stellte sie pausenlos auf die Probe.

Die erste Probe hatte sich im vergangenen Herbst ergeben, als das Ergebnis von Rooks Recherchetour mit dem Team des Morddezernats als Titelstory einer landesweiten Zeitschrift veröffentlicht wurde, und Nikkis Gesicht sie einen ganzen Monat lang von jedem Zeitungskiosk aus angestarrt hatte. Die Aufmerksamkeit war ihr unangenehm gewesen. Und zu sehen, wie ihre persönlichen Erfahrungen in einen Artikel verwandelt worden waren, verursachte bei Nikki ein ungutes Gefühl bezüglich ihrer Rolle als Rooks Muse. War dieses Leben, das sie führten, überhaupt ihr eigenes oder nur Quellenmaterial?

Und nun würde dieser neue Artikel in Kürze mit großem Tamtam im Internet erscheinen, und ihre einstigen Bedenken wegen des Kontakts zur Öffentlichkeit hatten sich mit einem Schlag in ernsthafte Beklemmung verwandelt. Dieses Mal ging es nicht darum, dass sie den Druck der persönlichen Publicity fürchtete, sondern um ihre Sorge, dass der Artikel ihre laufende Ermittlung gefährden könnte. Denn für Detective Heat hatte dieser Fall keine ungeklärten Ungereimtheiten. Alles war klar, und Nikki sah Publicity als den Feind der Gerechtigkeit an. Und in diesem Augenblick stand gut einen Kilometer entfernt am Times Square ein Geist kurz davor, aus seiner Flasche zu entweichen.

Nikki war froh, dass sie zumindest ein großes Geheimnis für sich behalten hatte. Es handelte sich um etwas so Explosives, dass sie es nicht einmal Rook verraten hatte.

„Kommen Sie rein?“ Detective Ochoa riss sie in die Gegenwart zurück. Er stand da und hielt die Glastür des Domingo’s Famous für sie auf. Heat zögerte, löste sich dann aber doch von ihren Sorgen und trat über die Schwelle.

„Ich hab hier was fürs Protokoll“, sagte Ochoas Partner, Sean Raley. Die beiden Detectives, die den aus ihren Nachnamen zusammengesetzten Spitznamen Roach trugen, führten Heat an den leeren Formica-Tischen vorbei, die sich in ein paar Stunden mit Mittagsgästen gefüllt hätten, wenn der Mord nicht gewesen wäre. Als sie die Küche erreichten, fragte Raley: „Sind Sie bereit für etwas Neues?“ Er legte seine behandschuhte Hand an die oberste Tür des Pizzaofens und zog sie auf, um ihr das Opfer zu präsentieren. Oder das, was von ihm übrig war.

Er – es sah zumindest wie ein Er aus – war seitlich und aus Platzgründen zusammengekrümmt in den Ofen geschoben und gebacken worden. Nikki sah nacheinander Raley und Ochoa an und dann wieder die Leiche. Der Ofen strahlte immer noch ein wenig Wärme ab, und die Leiche darin erinnerte an eine Mumie. Er war angezogen gewesen, als man ihn hineingeschoben hatte. Überreste verkohlter Kleidung baumelten an seinen Armen und Beinen und bedeckten Teile des Rumpfs wie eine teilweise zerstörte Steppdecke.

Raleys Ausdruck makaberer Belustigung verging, als er neben sie trat. Ochoa gesellte sich zu ihm und betrachtete sie. „Wird Ihnen schlecht?“

„Nein, es geht mir gut.“ Sie beschäftigte sich damit, sich ein Paar blauer Latexhandschuhe anzuziehen und fügte hinzu: „Ich habe nur etwas vergessen.“ Nikki sagte es beiläufig, als ob es keine große Sache wäre. Aber für sie war es das. Was sie vergessen hatte, war ihr Ritual. Die kleine persönliche Zeremonie, die sie an jedem Tatort bei ihrer Ankunft durchführte. Sie hielt dann immer für ein paar Sekunden still inne, bevor sie den Tatort betrat, um das Leben des Opfers, das sie gleich treffen würde, zu ehren. Es handelte sich um ein Ritual, das aus ihrer Empathie heraus geboren worden war. Ein Ritus so selbstverständlich wie das Gebet vor dem Essen. Und heute hatte Nikki Heat zum ersten Mal vergessen, dieses Ritual zu vollziehen.

Dieser Fehler nagte an ihr, war aber vielleicht unvermeidlich gewesen. In letzter Zeit waren Routinemordfälle zu einer Ablenkung geworden, die sie davon abhielt, sich voll und ganz auf ihren größeren Fall zu konzentrieren. Natürlich konnte sie das niemandem in ihrem Team mitteilen, aber sie hatte sich bei Rook darüber beschwert, wie schwer es war, zu versuchen, ein Kapitel abzuschließen, wenn die Leute ständig neue begannen. Er hatte sie daraufhin an John Lennons Worte erinnert: „Das Leben ist das, was passiert, während man damit beschäftigt ist, andere Pläne zu machen.“

„Mein Problem“, hatte sie erwidert, „ist, dass der Tod passiert.“

„Das Küchenpersonal hat ihn gefunden, als sie aufschlossen, um alles für das Mittagessen vorzubereiten“, begann Raley.

Ochoa übernahm sofort. „Sie fanden es seltsam, dass sich der Ofen warm anfühlte. Also öffneten sie die Ofentür und fanden unsere extrakrosse Leiche.“ Roach tauschten ein selbstzufriedenes Grinsen aus.

„Sie wissen schon, dass Sie nicht als Komiker fungieren müssen, nur weil Rook nicht hier ist, oder?“ Sie legte ihre Handflächen an den Ofen. Er fühlte sich warm, aber nicht heiß an. „Haben sie ihn ausgeschaltet?“

„Nein“, antwortete Raley. „Der Koch sagte, er war aus, als sie hereinkamen.“

„Irgendeine Ahnung, wer unser Opfer ist?“, fragte sie und starrte in den Ofen. Die Hitzeschäden würden es schwer machen, den Mann zu identifizieren.

Ochoa warf einen Blick auf seine Notizen. „Wir nehmen an, dass es sich bei dem Opfer um einen gewissen Roy Conklin handelt.“

Die Gerichtsmedizinerin Lauren Parry kam hinter ihrer Laborausrüstung in Sicht. „Aber das ist nur eine Vermutung, bis wir es mithilfe der Zahnbefunde und der DNA bestätigen können.“

„Eine wohlbegründete Vermutung“, beharrte Ochoa. Heat merkte, wie er seine nicht ganz so geheime Freundin Dr. Parry damit ein wenig aufziehen wollte. „Wir haben eine Brieftasche gefunden.“ Er deutete auf eine Arbeitsfläche aus Edelstahl und die darauf liegende Asservatentüte, in der sich ein verformter Lederklumpen sowie ein verzogener Führerschein des Staates New York befanden.

„Und es wird sogar noch seltsamer“, sagte Raley, während er eine Minitaschenlampe aus seiner Westentasche zog und sie auf die Leiche richtete. Heat ging näher heran, und Raley fragte: „Seltsam genug?“

Nikki nickte. „Allerdings.“ Um den Hals des Opfers hing der einlaminierte Ausweis eines gewissen Roy Conklin vom Gesundheits- und Hygieneamt der Stadt New York.

Ochoa trat neben sie. „Wir haben bereits beim Gesundheits- und Hygieneamt angerufen. Sind Sie bereit? Die Leiche in diesem Ofen ist ein Restaurantkontrolleur.“

„Das ist definitiv ein Verstoß.“ Alle Anwesenden drehten sich zu der vertrauten Stimme um. Und dem frechen Spruch. Jameson Rook spazierte herein und bot in Nikkis Augen einen wundervollen Anblick. Er trug seinen perfekt geschnittenen marineblauen Anzug von Boss und dazu ein lila und weiß gemustertes Hemd mit einem breiten Kragen – und die anthrazit- und lilafarbene Krawatte, die sie für ihn ausgesucht hatte. „Diese Klitsche wird schon heute Abend eine schlechte Bewertung im Fenster haben, passt nur auf.“

Heat ging zu ihm. „Nicht dass ich deine Hilfe nicht zu schätzen weiß, aber was ist passiert? Erzähl mir nicht, dass dich dein großer Auftritt auf dem roten Teppich gelangweilt hat.“

„Ganz und gar nicht. Ich wollte noch für das Händeschütteln nach dem großen Andrang bleiben, aber dann hat mir Raley wegen dieser Sache hier eine SMS geschrieben. Und was für ein Glück, dass er es getan hat. Warum sollte man für eine weitere Publicity-Show bleiben, wenn man die Chance hat, das hier …“ Er starrte in den Ofen. „Verdammt. Ein Alien aus der Area 51.“

Roach wussten den Galgenhumor zu schätzen. Lauren Parry allerdings nicht. „Haben Sie da Flitter auf Ihrer Schulter?“, fragte die Gerichtsmedizinerin. „Raus hier, bevor Sie meinen Bereich kontaminieren.“

Rook grinste. „Wenn ich jedes Mal einen Dollar bekäme, wenn ich das höre.“ Aber er trat aus der Küche in den Essbereich hinaus und hängte sein Jackett über die Lehne eines Stuhls. Er kehrte genau in dem Moment zurück, als zwei technische Mitarbeiter der Gerichtsmedizin gerade die Leiche aus dem Ofen entfernten. Ochoa reichte ihm ein Paar blauer Latexhandschuhe, das er anziehen sollte.

„Sehen Sie sich mal diesen Ausweis an“, sagte Raley. Heat ließ sich neben ihm auf ein Knie sinken, damit sie sich das Beweisstück genauer ansehen konnte. Conklins Ausweis und das Band, an dem er hing, wiesen absolut keine Anzeichen von Hitze- oder Schmelzschäden auf.

Rook kniete sich neben sie. „Das bedeutet, dass der Mörder gewartet haben muss, bis der Ofen abgekühlt war, oder später wiedergekommen sein muss, um ihm das Ding um den Hals zu hängen.“ Nikki drehte sich um und warf ihm einen Blick zu. „Hey, das ist nicht fair. Das ist das Gesicht, das du immer bei wilden Spekulationen machst. Erzähl mir nicht, dass du mich jetzt auch noch fertigmachen willst, weil ich die Fakten rechtzeitig zusammengefasst habe.“

Ochoa, der neben dem Ofen stand, sagte: „Detective?“ Heat erhob sich und folgte dem Strahl seiner Taschenlampe. In der hinteren Ecke des Ofens, die zuvor von der Leiche verdeckt worden war, lag ein zusammengefaltetes Jackett. Genau wie der Ausweis und das Band wies es keinerlei Brandspuren auf. Detective Ochoa benutzte einen Pizzaschieber mit einem langen Griff, um es herauszuholen. Als er es auf sie zuzog, sagte niemand ein Wort. Sie starrten einfach nur das Jackett und das, was darauf lag, an: eine Spule mit einer ordentlich aufgerollten roten Kordel und eine tote Ratte.

Detective Feller hatte seine Befragungen des Kochs und der Küchenhilfe bereits abgeschlossen, als Heat, Rook, Raley und Ochoa aus der Küche kamen. „Ihre Geschichten passen zusammen“, berichtete er. „Sie haben ihre letzten Bestellungen um Mitternacht serviert, sauber gemacht und gegen eins geschlossen. Um neun kamen sie zurück und fanden das Opfer.“ Er blätterte durch seinen Notizblock. „Keine ungewöhnliche Aktivität in den letzten Tagen, keine Anzeichen für einen Einbruch oder gewaltsames Betreten. Sie haben eine Überwachungskamera, aber die ist letzte Woche ausgefallen. Keine Probleme mit Kunden oder Lieferanten. Was den Restaurantkontrolleur angeht, Conklins Name oder Foto kamen keinem der beiden bekannt vor. Ich habe ihnen natürlich nicht mitgeteilt, wo Sie den Ausweis gefunden haben, aber als ich ganz allgemein fragte, ob sie die Leiche berührt oder bewegt hätten, antworteten beide mit Nein.“

„Sobald wir ein paar bessere Bilder von der Familie oder dem Gesundheits- und Hygieneamt haben, sollen sie sich die mal ansehen“, sagte Heat. „Aber fürs Erste brauchen wir sie nicht mehr.“

Den genauen Zeitpunkt und die Ursache des Todes zu bestimmen, würde schwierig werden, da bei einer gebackenen Leiche weder die Zellstrukturen noch die Körpertemperatur verlässliche Hinweise liefern konnten. Also überließ Heat es ihrer besten Freundin, der Gerichtsmedizinerin, die Leiche für die Autopsie in ihr Labor zu bringen, und beschäftigte sich mit den nächsten Schritten für ihr Team. Ochoa sollte einen Trupp uniformierter Polizisten zusammenstellen, der die Nachbarschaft mit Handyfotos von Conklins Ausweisbild abklapperte. Sobald diese Gruppe unterwegs war, würde Ochoa zu Conklins Wohnadresse fahren, um die Familie zu informieren und zu sehen, was er dort herausfinden konnte. Raley würde sich wie immer um die Überprüfung der Überwachungskameras in der Gegend kümmern, die womöglich etwas Brauchbares aufgezeichnet hatten. Heat beauftragte Detective Feller damit, sich beim Gesundheitsamt den Beschäftigungsnachweis des Opfers zu besorgen und seinen Vorgesetzten zu diesem Fall und den Beziehungen im Büro zu befragen. Rook bot unterdessen an, als zusätzliches Gehirn bei der Teambesprechung zu fungieren, und Nikki konnte nicht widerstehen, zu sagen: „Du schmeichelst dir, aber meinetwegen.“

Als die beiden das Domingo’s Famous verließen, schüttelte Rook angesichts der versammelten Schaulustigen hinter dem Absperrband den Kopf. „Weißt du, Nikki, ich komme einfach nicht über diese Gaffer hinweg, die an Tatorten herumhängen, weil es ihnen irgendeinen makaberen Kick verschafft, zuzusehen, wie ein Leichensack in einen Wagen geladen wird. Das sind in meinen Augen alles Schwachköpfe.“

Eine Stimme erklang aus der Menge. „Jameson? Jameson Rook?“ Sie blieben stehen. „Hier, hier drüben!“ Der winkende Arm gehörte zu einer jungen Frau mit einer voluminösen Frisur. Sie trug eine schwarze Lederhose und an den Füßen etwas, das man wohlwollend als Fick-mich-Schuhe bezeichnen konnte. Sie schob sich durch die Schaulustigen nach vorn und presste ihre gut gefüllte Leopardenmusterweste gegen das gelbe Absperrband. „Dürfte ich ein Foto mit Ihnen machen? … Bitte?“

„Mir fällt gerade ein, dass ich nach meinem Auftritt am Times Square möglicherweise getwittert haben könnte, dass ich mich hierher begeben würde …“, murmelte Rook kleinlaut in Nikkis Richtung.

„Beeil dich einfach.“ Und als Rook zu der Frau hinüberging, fügte Nikki hinzu: „Aus diesem Grund hat Matt Laurer immer Handdesinfektionsmittel dabei.“

Heat wartete im Undercover-Wagen, während Rook nicht nur mit dem einen Fan, sondern auch noch drei weiteren Tussis posierte, die plötzlich aus der Menge aufgetaucht waren. Wenigstens signierte er dieses Mal nicht ihre Brüste.

Sie überprüfte kurz ihre E-Mails. „Ja!“, rief sie laut in das leere Auto, als sie sah, dass sie eine Nachricht von einem Privatdetektiv erhalten hatte, auf die sie schon gewartet hatte. „Bist du endlich fertig?“, fragte sie, als sich Rook auf den Beifahrersitz sinken ließ.

„Das Foto war erst der Anfang. Sie wollte, dass ich das Bild selbst twittere und es mit dem Hashtag ziemlichattraktiver Mann versehe.“ Er lehnte seinen Kopf gegen die Kopfstütze und stellte fest: „Offenbar werde ich mit jeder Minute angesagter.“

Nikki startete den Wagen. „Erinnerst du dich an Joe Flynn?“

Rook saß sofort wieder kerzengerade. „Dieser Privatdetektiv. Der, der auf dich steht? – Nein.“

„Tja, dieser Privatdetektiv hat mir einen Gefallen getan und seine Archive durchsucht, wo er ein paar alte Observierungsbilder von meiner Mom gefunden hat. Er will sich mit mir zum Mittagessen treffen.“

„Ich dachte, du hättest in einer Stunde eine Teambesprechung wegen Krusty der Leiche angesetzt.“ Und dann fügte er feierlich hinzu: „Möge er in Frieden ruhen.“

Heat trommelte mit den Fingern auf dem Lenkrad herum und verspürte einmal mehr den Konflikt der täglichen Mordfallschinderei. Sie führte ein paar schnelle Berechnungen durch. „Wir sagen ihm einfach, dass wir nur Zeit für einen kurzen Snack haben.“

„Okay“, sagte Rook mit einem Seitenblick auf den Tatort. „Aber keine Pizza. Ich sag’s ja nur.“

Da Heat und Rook keine Zeit hatten, sich zwei Stunden lang mit Smalltalk und Nachtischkarten in einem Restaurant aufzuhalten, hatte Joe Flynn ein kleines Feinkostbüffet im Konferenzraum von Quantum Recovery, seiner Eliteprivatdetektei über dem exklusiven Sole Building organisiert. Er hatte eine Platte mit kaltem Aufschnitt von Citarella besorgt, die über und über mit Parmaschinken, Roastbeef, Jarlsberg- und Munsterkäse sowie rustikalen Senfsorten und Kräutermayonnaise gefüllt war. Sie lehnten die exklusiven Biere aus einer ortsansässigen Brauerei, die aus Kübeln mit zerstoßenem Eis herausschauten, ab und entschieden sich stattdessen für das Quellwasser aus Saratoga, das ihr Gastgeber ihnen daraufhin einschenkte.

„Sie haben es ja ganz schön weit gebracht, Joe“, bemerkte Rook, der auf einem Cornichon herumkaute, an dem riesigen Fenster stand und auf Midtown Manhattan hinausschaute.

„Sie meinen, seit ich für dreihundert Dollar pro Tag Ehebrecher bei ihren Stelldicheins in zwielichtigen Motels beschattet habe?“ Er gesellte sich zu Rook ans Fenster und bewunderte mit ihm zusammen den Frühlingstag. „Ich würde sagen, dass die Wiederbeschaffung von Kunstgegenständen mein Leben ein wenig leichter gemacht hat. Außerdem verspüre ich jetzt nach dem Einlösen des Schecks nicht mehr das dringende Verlangen nach einer Dusche.“

Bevor Joe Flynn in die Eliteränge aufgestiegen war und einen Expressaufzug brauchte, um in sein Büro zu gelangen, war Nikkis Mom das Objekt einer seiner Ehebrecherbeschattungen gewesen – und Nikkis Dad hatte ihm den Auftrag erteilt. Da er wegen Cynthia Heats zunehmend geheimen Lebenswandels besorgt gewesen war, hatte ihr Ehemann Flynn 1999 angeheuert, weil er vermutete, dass seine Frau eine Affäre hatte. Flynn hatte nie Beweise für ihre Untreue gefunden, besaß aber ein Observierungsfoto von Nikkis Mom, das sich für ihre Suche nach Tyler Wynn als hilfreich erweisen mochte.

Genau in dem Moment, als Nikki zu ihnen hinüberschlenderte, da auch sie dem Ausblick auf das Empire State Building und das in der Ferne zwischen den Wolkenkratzern gelegene Staten Island nicht widerstehen konnte, erhielt Rook einen Anruf auf seinem Handy und entschuldigte sich, um ihn entgegenzunehmen. Sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, sagte Flynn: „Ein echter Glückspilz.“ Nikki drehte sich zu ihm herum und stellte fest, dass er sie gleichermaßen hoffnungs- und erwartungsvoll anstrahlte. Nikki wünschte sich, dass ihr Handy ebenfalls klingeln würde. Stattdessen wechselte sie einfach das Thema.

„Ich weiß es zu schätzen, dass Sie nach diesen Fotos gesucht haben.“

„Oh, richtig.“ Flynn zog einen kleinen USB-Stick aus seiner Tasche und hielt ihn zwischen den Fingern einer Hand. Er wollte sie damit nicht reizen, übergab ihn ihr aber auch noch nicht. „Ich habe nach dem Mann und der Frau gesucht, deren Bilder Sie mir letzte Woche per SMS geschickt haben“, sagte er und bezog sich damit auf die Bilder, die sie ihm von Wynn und seiner Komplizin, Salena Kaye, geschickt hatte. „Ich habe sie hier drauf nicht gefunden.“ Und dann grinste er wieder und fügte hinzu: „Ihre Mutter war eine wunderschöne Frau.“

„Das war sie.“

„Genau wie ihre Tochter.“

„Danke“, erwiderte sie so neutral wie möglich.

Endlich deutete er die Signale und reichte ihr den USB-Stick. „Darf ich fragen, wer sie sind? Diese beiden Leute, nach denen Sie suchen?“

„Tut mir leid, ich würde es Ihnen gerne verraten, aber dabei handelt es sich um eine vertrauliche Polizeiangelegenheit.“

„Sie können mir nicht vorwerfen, dass ich gefragt habe. Neugier gehört zu meinem Job, wissen Sie? Das kann ich nicht abschalten.“

Oh, Nikki wusste nur zu gut, was er meinte.

Heat hoffte, auf diesen Fotos mehr als nur einen Anhaltspunkt für Tyler Wynns und Salena Kayes Verbleib zu finden. Sie suchte auch nach einer Spur, um ihr großes Geheimnis zu lüften.

Vor ein paar Wochen war Nikki über eine Reihe seltsamer Bleistiftnotizen gestolpert, die ihre Mutter auf ihren Notenblättern hinterlassen hatte. Sie glaubte, dass es sich dabei um eine verschlüsselte Botschaft handelte. Die Punkte, Striche und Schnörkel folgten keinem ihr bekannten Muster. Nikki hatte nach dem Morsealphabet, ägyptischen Hieroglyphen, dem Alphabet der Mayas und sogar nach städtischem Straßengraffiti gegoogelt, doch nichts davon hatte sie weitergebracht. Um ihre Polizistinnenobjektivität zu befriedigen, hatte sie sogar Nachforschungen angestellt, um herauszufinden, ob es sich bei den Symbolen möglicherweise einfach um eine Art Stenografieanweisungen für Musiker handeln mochte. Doch auch diese Suche endete nur in einer weiteren Sackgasse.

Sie brauchte Hilfe, um den Code zu knacken, aber da ihr die heikle Natur dieser Botschaft nur allzu bewusst war – immerhin mochte dieser Code der Grund sein, warum Tyler Wynn ihre Mutter hatte ermorden lassen –, wusste Heat, dass sie die Sache geheim halten musste. Absolut geheim. Sie hatte mit dem Gedanken gespielt, Rook davon zu erzählen, da sie wusste, dass sich Mr. Verschwörungstheorie mit seiner hyperaktiven Fantasie sofort darauf stürzen und alles Menschenmögliche tun würde, um diesen Code zu knacken. Doch fürs Erste hatte Nikki beschlossen, das Ganze doch lieber für sich zu behalten. Dies war nicht nur einfach ein Geheimnis.

Dieses Geheimnis war tödlich.

Nach ihrer Besprechung bei Quantum Recovery meldete Heat sich und Rook am Sicherheitsschalter in der Lobby ab. Sie trat durch den Ausgang an der Avenue of the Americas hinaus, spürte aber, dass Rook zurückblieb. „Planänderung“, sagte er. „Dieser Anruf? Das war Jeanne Callow, du weißt schon, meine Agentin.“

„Fitnessstudiojunkie, zu viel Make-up, Jeanne the Machine, diese Jeanne Callow?“

Er lächelte angesichts ihrer sarkastischen Bemerkungen und fuhr fort: „Eben diese. Jedenfalls muss ich jetzt so schnell wie möglich in ihr Büro in der Fifth Avenue düsen, damit wir die Publicity für den neuen Artikel planen können.“

Eine wohlbekannte Klaue grub sich in Nikkis Zwerchfell, aber sie lächelte und sagte: „Kein Problem.“

„Sehen wir uns heute Abend bei dir?“

„Klar. Können wir uns dann zusammen diese Bilder ansehen?“

„Ähm, ja. Das können wir machen.“

Heat fuhr allein zum Revier zurück und fühlte sich in ihrem Instinkt, Rook den Code vorzuenthalten, bestätigt.

Nikki warf von ihrem Schreibtisch aus einen angespannten Blick durch den Hauptraum und fühlte sich einmal mehr zwischen ihrem großen Fall und einem weiteren Mord hin- und hergerissen. Das Team aus Detectives, das sie wegen des Mordes an Conklin zusammengerufen hatte, saß wartend da, weil sie zu spät zu ihrer eigenen Besprechung kam. Da sie verzweifelt versuchte, eine Spur zu Tyler Wynn zu finden, hatte Heat gedacht, sie könnte diesen Anruf noch vor der Teambesprechung dazwischenquetschen, aber nun musste sie feststellen, dass sie von einem Torwächter aufgehalten wurde. „Dies ist bereits mein vierter Versuch, Mr. Kuzbari zu erreichen“, sagte sie, und war bemüht, sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen. „Ist ihm bewusst, dass es sich hierbei um eine offizielle Untersuchung des New Yorker Polizeidezernats handelt?“

Fariq Kuzbari, der Sicherheitsattaché der Beobachtermission der Vereinten Nationen in Syrien, war einer der Klavierlehrerkunden ihrer Mutter gewesen. Heat hatte bereits vor Wochen versucht, ihn zu befragen, aber er und seine bewaffneten Gorillas hatten sie abblitzen lassen. Sie würde jedoch nicht einfach so aufgeben. Ein Mann wie Fariq Kuzbari konnte ihr möglicherweise ein paar Informationen über einen Spionagekollegen wie Tyler Wynn liefern.

„Mr. Kuzbari befindet sich auf unbestimmte Zeit außer Landes. Würden Sie gern eine weitere Nachricht hinterlassen?“

Tatsächlich wollte Nikki mit dem Telefonhörer auf ihren Schreibtisch eindreschen und dabei etwas sehr Undiplomatisches brüllen. Sie zählte langsam bis drei und sagte: „Ja, bitte.“

Heat legte auf und erhaschte ein paar nervöse Blicke ihrer Teammitglieder. Auf ihrem Weg zur Vorderseite des Raums begann sie eine Entschuldigung zu formulieren, weil sie sie hatte warten lassen, doch als sie das Mordfallbrett erreichte und sich umdrehte, um sie alle anzusehen, hatte die Leiterin des Mordermittlungsteams beschlossen, dass es sich bei ihrem Anruf und der Verzögerung um eine Polizeiangelegenheit gehandelt hatte. Scheiß auf John Lennon, dachte sie. Dann kam Detective Heat direkt zur Sache.

„Okay, hier sehen wir Roy Conklin, männlich, zweiundvierzig Jahre alt …“, begann Heat und ratterte die Grundinformationen vom Tatort herunter. Nachdem sie vergrößerte Fotos vom Ausweis des Opfers sowie ein farbiges Porträtfoto von der Webseite des Gesundheitsamts am Mordfallbrett befestigt hatte, fuhr sie fort. „Also, bei diesem Tod gibt es ein paar Ungereimtheiten, um es harmlos auszudrücken. Alles fängt mit dem Zustand und der Platzierung der Leiche an. Ein Pizzaofen spielt bei einem Mord üblicherweise keine Rolle.“

Detective Rhymer hob eine Hand. „Wissen wir bereits, ob er im Ofen getötet wurde oder ob der nur benutzt wurde, um die Leiche zu entsorgen?“

„Gute Frage“, sagte Heat. „Die Gerichtsmedizin untersucht die Leiche noch, um sowohl die Todesursache als auch den genauen Zeitpunkt des Todes zu bestimmen.“

„Die Gerichtsmedizinerin hat bereits gemeldet, dass auf der Vorderseite des Jacketts des Opfers Spuren von Chloroform gefunden wurden“, warf Detective Ochoa ein. Heat drehte ruckartig den Kopf in seine Richtung. Das hatte sie nicht gewusst. Sie erinnerte sich an einen verpassten Anruf von Lauren Parry, während sie mitten in einer Diskussion mit der syrischen Mission gesteckt hatte. Der Freund der Gerichtsmedizinerin schenkte Nikki ein knappes Nicken. Ochoa gab ihr Rückendeckung.

„Also …“, Nikki war sofort wieder in der Spur, „ist es möglich, dass Mr. Conklin entweder am Tatort chemisch betäubt wurde oder aber schon vorher, was bedeuten würde, dass man ihn bewusstlos in das Restaurant brachte. Bis wir die genaue Todesursache kennen, wissen wir nicht, ob er lebendig oder tot in den Ofen gesteckt wurde. Falls er noch lebte, können wir nur hoffen, dass er aufgrund des Chloroforms vollkommen ohne Bewusstsein war.“ Stille legte sich über den Raum, während die Polizisten über Roy Conklins letzte Momente nachdachten.

Heat fuhr fort. „Die anderen Ungereimtheiten sind die unverbrannten Gegenstände an oder in der Nähe der Leiche.“ Sie zählte einen nach dem anderen auf, während sie die Fotos der Spurensicherung ans Mordfallbrett heftete. „Das Band mit dem Ausweis um seinen Hals, sein zusammengefaltetes Jackett und die Spule mit roter Kordel und der toten – ungebackenen – Ratte neben der Leiche. Diese bizarre Vorgehensweise legt Abartigkeit, Rache oder eine Botschaft nahe, die der Mörder vermitteln wollte. Wir sollten nicht vergessen, dass der Mann ein Gesundheitskontrolleur für Restaurants war und wahrscheinlich in einem Restaurant ermordet wurde – möglicherweise mithilfe eines der dortigen Utensilien. Die Platzierung der Ratte sowie die Unversehrtheit seines Ausweises vom Gesundheitsamt bedeuten etwas. Was genau, müssen wir herausfinden.“

Ochoa berichtete, dass die uniformierten Kollegen in der unmittelbaren Nachbarschaft keinerlei Augenzeugen auftreiben konnten. Und bei seinem Besuch in Conklins Wohnung hatte er keinerlei Anzeichen für einen Kampf, einen Einbruch oder sonst etwas entdeckt. Laut dem Hausmeister befand sich Conklins Frau auf einer Geschäftsreise, und der Hausmeister hatte ihm ihre Handynummer gegeben. Raley war in der Gegend auf ein halbes Dutzend Überwachungskameras gestoßen und war bereit, seine Videountersuchung zu beginnen. Feller, der beim Gesundheits- und Hygieneamt gewesen war, hatte mit Conklins Vorgesetztem gesprochen, der ihn als einen vorbildlichen Angestellten beschrieb. Er benutzte Worte wie „motiviert“ und „engagiert“ und nannte ihn „einen dieser seltenen Typen, die für den Job leben und nie Feierabend machen.“

„Trotzdem müssen wir herausfinden, was er sonst noch so getrieben hat“, sagte Heat. Sie beauftragte Rhymer damit, Conklins Bankdaten zu überprüfen und nach Unregelmäßigkeiten wie möglichen Bestechungsgeldern, kostspieligen Urlauben und anderen ungewöhnlich hohen Ausgaben zu suchen. Feller sollte noch genauer bei seinen Kollegen nachbohren und herausfinden, ob es von den Restaurants, die er kontrolliert hatte, Beschwerden über ihn gab. „Rales, zusätzlich zur Untersuchung der Überwachungsvideos sollten Sie sich mit Miguel zusammentun und die Restaurants und Bars auf Conklins Dienstplan abklappern. Hören Sie sich an, was diese Leute über seine Gewohnheiten, Laster, Feinde und so weiter zu sagen haben – Sie wissen ja, wie das läuft. Ich rufe die Ehefrau an und versuche, für morgen früh ein Treffen mit ihr zu arrangieren.“

Als Nikki nach der Besprechung wieder an ihrem Schreibtisch saß, betrachtete sie den Papierschnipsel, auf dem der Name Olivia Conklin sowie die Telefonnummer standen. Sie streckte eine Hand zum Telefon aus, doch bevor sie den Hörer abnahm, hielt sie inne. Nur zehn Sekunden. Um der Leiche Respekt zu erweisen. Zehn Sekunden, das war alles.

Als sie in ihre Wohnung kam, fand sie Rook vor, der gerade den Drahtkorken von einer Flasche Louis Roederer entfernte, die die First Press ihm geschickt hatte, um seine Rolle beim Start ihrer Webseite zu würdigen. „Weißt du, Nik, nach dem abgefahrenen Tag, den ich hatte, würde ich dieses Ding eigentlich am liebsten mit einem Säbel köpfen. Das wollte ich immer schon mal ausprobieren. Du hast hier nicht zufällig irgendwo einen Säbel herumliegen, oder?“

Während er ihre Champagnergläser füllte, sagte Nikki: „Du hast mir gar nichts von deiner Feier erzählt. Ich habe nur den Flitter auf deiner Schulter gesehen.“

„Ich gebe zu, dass es Spaß gemacht hat. Natürlich habe ich so getan, als wäre es furchtbar lästig, aber willst du die Wahrheit wissen? Es war so cool. Wir standen alle hinter diesem Band auf dem Bürgersteig, direkt auf dem Broadway gegenüber von dem Team von Good Morning America. Ich, der Bürgermeister, Green Day, die hohen Tiere von der Zeitschrift …“

„Moment mal. Green Day waren da?“

„Na ja, nicht die ganze Band. Nur Billie Joe Armstrong. American Idiot eröffnet diese Woche im St. James und dafür musste er sowieso ein wenig die Werbetrommel rühren. Jedenfalls kommt dann endlich der Moment, in dem mich die Chefredakteurin, Elisabeth Dysegaards, ankündigt. Die Kameras blitzen und surren, und ich drücke auf den großen roten Knopf.“

„Um die Neujahrskugel herunterfallen zu lassen?“

„Mm … Es war eher so eine Art ‚Das war einfach‘- Knopf. Aber bei der ganzen Sache ging es darum, dass ich derjenige bin, der als Erster auf den Knopf drückt und damit den ersten Artikel auf FirstPress.com online stellt.“

„Toll.“

Er erhob sein Glas. „Trinken wir auf ‚In der Hitze des Gefechts‘.“ Der Titel des Artikels führte dazu, dass sich unvermittelt ihr Magen verkrampfte. Doch sie lächelte, stieß mit ihrem Glas an seines und nippte an dem teuren Champagner.

Während sie das mitgebrachte Essen aus dem SushiSamba aßen, plapperte Rook weiter über die riesige Anzahl Klicks, die sein Artikel auf der Webseite bereits erhalten hatte. Er fragte sie nach dem Pizzamord, und Nikki nannte ihm die Eckdaten, wechselte dann aber schnell das Thema, um ihrer Frustration darüber, dass sie Fariq Kuzbari immer noch nicht hatte erreichen können, Luft zu machen.

„Wollen wir wetten, dass er tatsächlich außer Landes ist?“, fragte Rook. „Meine Korrespondentenfreunde in Ägypten und Tunesien haben mir erzählt, dass die Lage dort unruhig ist. Kuzbari wurde vermutlich zurück nach Syrien beordert, weil so ein Sicherheitswauwau wie er dort eine Menge zu erledigen hat. So viele Folterungen, so wenig Zeit.“

Sie legte ihre Essstäbchen weg und wischte sich mit der Serviette den Mund ab. „Vergiss Kuzbari. Uns bleiben immer noch zwei weitere Personen von Interesse, die meine Mutter ausspioniert hat und zu denen ich bisher keinen weiteren Kontakt herstellen konnte. Einer befindet sich gerade in einem anderen Staat und nimmt mit seinen Ausstellungshunden an Wettbewerben teil, und der andere versteckt sich hinter seiner Anwältin. Und das ist mal ein richtiger Wachhund.“

„Willst du meinen Vorschlag für eine Win-win-Situation hören? Lass diese Anwältin mit Kuzbari tauschen. Während sie irgendwelchen Leuten in Syrien in den Hintern tritt, stehen dir hier zwei deiner Personen von Interesse zur Verfügung.“

„Ich bin froh, dass du das lustig findest, Rook.“ Heat schob ihren Teller von sich weg. „Ich versuche nur, den Mann zu finden, der die Ermordung meiner Mutter angeordnet hat, okay?“ Sein Grinsen verschwand und er begann zu sprechen, aber sie fiel ihm sofort ins Wort. „Und da Tyler Wynn in diesem U-Bahn-Tunnel auch versucht hat, mich ermorden zu lassen, hat dieses alte Arschloch eindeutig noch etwas zu verbergen, und zwar entweder etwas Gefährliches aus der Vergangenheit oder etwas Schlimmes, das jetzt passieren wird. Wenn du das hier also wie einen Witz behandeln willst, der dich amüsiert, nachdem ich dir mein Leben für deinen tollen Artikel offenbart habe, dann behalte das gefälligst für dich.“

Sie ließ ihn mit blassem Gesicht am Esstisch sitzen und hoffte, dass ihm das Zuknallen ihrer Schlafzimmertür einen Herzinfarkt verpasste. Als er zehn Minuten später zu ihr kam, schaltete er das Licht nicht an und sie hob das Gesicht nicht vom Kissen. Er setzte sich neben sie aufs Bett und sprach leise in die Dunkelheit hinein. „Nikki, wenn ich auch nur für eine Sekunde glauben würde, dass Tyler Wynn eine Bedrohung für dich darstellt, würde ich alles stehen und liegen lassen und Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um dich zu beschützen. Und ihn zu finden. Aber Tatsache ist, dass Tyler Wynn in dieser verlassenen U-Bahn-Station alles bekommen hat, was er wollte, als er sich diese Tasche schnappte, die du gefunden hast. Vertrau mir, Wynns größte Sorge besteht darin, zu verschwinden und selbst zu einem Geist zu werden. Wieder aufzutauchen, um dir Schaden zuzufügen, würde für ihn ein zu großes Risiko darstellen. Außerdem sind die Innere Sicherheit, das FBI und Interpol alle an der Sache dran. Lass sie diese Bürde tragen, sie sind die Experten. Aber ich entschuldige mich dafür, dass ich so vorlaut war. Ich halte diese Sache keineswegs für einen Witz, und ich will dich niemals verletzen.“

Ein stiller Moment verging. Sie setzte sich auf und konnte im dämmrigen Licht, das aus dem Wohnzimmer hereinfiel, eine Träne unter seinem Auge schimmern sehen. Nikki wischte sie sanft weg und hielt ihn fest. Sie umarmten sich lang genug, um die Zeit zu vergessen.

Als die Stille schließlich ihre heilende Wirkung getan hatte, sprach er wieder. „Du hast Arschloch gesagt. Im Ernst. Du hast Tyler Wynn ein altes Arschloch genannt.“

„Ich war aufgebracht.“

„So schmutzig redest du doch nie. Na ja, fast nie.“

„Ich weiß. Außer wenn wir …“ Sie ließ den Satz unbeendet und spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Dann schlug plötzlich sein Puls schneller und pochte gegen ihr Ohr, das an seinem Hals ruhte. Sie wandten einander ohne Aufforderung ihre Gesichter zu und küssten sich. Zuerst war es ein zärtlicher Kuss. Er schmeckte ihre Verletzlichkeit und sie seine liebevolle Fürsorge. Doch schon bald wurden ihre Küssen intensiver und die Leidenschaft erfüllte sie. Sie drückte sich drängend gegen ihn. Rook beugte sich zu ihr vor, und sie schlang beide Hände um ihn und zog ihn näher zu sich heran. Dann wanderten ihre Finger zu seinem Schoß und sie spürte ihn in ihrer Hand. Seine Hand fand sie, und sie stöhnte auf. Sie ließ sich unter ihm zurücksinken und fühlte sein Gewicht auf ihrem Körper, während sie sich ihm hingab.

Später, nachdem sie eine Weile lang eng umschlungen gedöst hatten, verließ er das Zimmer, und gewährte ihr dadurch einen guten Blick auf seinen umwerfenden Hintern. Er kehrte mit zwei gefüllten Champagnergläsern zurück, und sie setzen sich ins Bett und tranken davon. Die Bläschen waren immer noch zahlreich und prickelten auf ihrer Zunge.

Sie kuschelten sich aneinander, und Rook sagte: „Ich habe darüber nachgedacht, was für ein Höllentrip die letzten zehn Jahre für dich gewesen sein müssen.“

„Es waren mehr als zehn Jahre.“

„Weißt du, was ich kaum erwarten kann? Ich sehne mich nach dem Tag, an dem dieser ganze Tyler-Wynn-Fall abgeschlossen ist und ich dich irgendwohin entführen kann, wo wir beide einfach nur herumsitzen und uns entspannen können. Du weißt schon, schlafen, Liebe machen, schlafen, Liebe machen … Verstehst du, worauf ich hinauswill?“

„Das ist ein guter Plan, Rook.“

„Der beste. Und wir unterbrechen diesen Rhythmus nur, um uns mit einem Rumgetränk in der einen und einem netten Roman von Janet Evanovich in der anderen Hand auf den tropischen Sand zu legen.“

„Kommen wir lieber wieder zu dem Teil mit dem Liebe machen zurück.“

„Oh, darauf kannst du dich verlassen.“

„Ich meine, jetzt sofort“, sagte sie und stellte ihre Champagnergläser auf den Nachttisch.

Ferner Donner weckte Nikki auf. Sie schob den Vorhang zurück und sah im Schein der Stadtlichter, dass die Straßen und Dächer am Gramercy Park trocken waren. Die niedrige Wolkendecke wurde vom Licht eines weit entfernten Blitzes erhellt, vermutlich einer, der weit drüben im Osten über den Himmel gezuckt war.

Nikki setzte sich in ihrem Morgenmantel im Schneidersitz aufs Sofa, nahm ihren Laptop auf ihre Oberschenkel und rief FirstPress.com auf. Ihr stockte der Atem, als sie ihr eigenes Gesicht sah, das ihr unter dem Titel

IN DER HITZE DES GEFECHTS

entgegenstarrte.

Das Foto war ein Schnappschuss eines Fotojournalisten jener Nacht, in der sie Petar verhaftet hatte. Es zeigte sie, wie sie nach ihrer Tortur in der U-Bahn-Station aus dem Revier trat. In ihrem Gesicht spiegelte sich die ganze Erschöpfung und Härte und Schwere wider, die sie ertragen musste. Heat hatte Bilder von sich selbst noch nie gemocht, aber dieses hier war ihr wenigstens nicht ganz so unangenehm wie die gestellten Zeitschriftentitelfotos, die sie für Rooks ersten Artikel hatte machen müssen.

Sie überflog den Text, nicht um ihn zu lesen – das hatte sie schon vor Tagen getan –, sondern um ihn als einen Teil der Realität anzuerkennen. Manche Geister erschienen, wenn man an einer magischen Lampe rieb, andere wenn man eine geschenkte Flasche Champagner öffnete. Der Artikel war nun in der Öffentlichkeit, und sie hoffte, er würde ihrem Fall nicht schaden.

Nikki Heat bereitete sich auf die nächste Runde voller ungewollter Berühmtheit vor. Und auf die leichte Verärgerung darüber, dass Rook ein paar ihrer persönlichen Ermittlungsausdrücke veröffentlicht hatte, wie die Suche nach der „einzelnen Socke“ und das Betrachten des Tatorts mit dem „unvoreingenommenen Blick“. Wenn das das Schlimmste war, was dabei herauskam, konnte sie damit umgehen.

Am nächsten Morgen brummte Nikki der Schädel, weil sie die ganze Nacht Gedanken gewälzt hatte, also machte sie auf dem Weg zur U-Bahn in einem Starbucks Halt. Früher hatte sie sich nie mit überteuerten Kaffeegetränken aufgehalten. Das war alles Rooks Schuld. Er hatte es ihr angewöhnt. Nun war sie sogar schon so weit, dass sie mit der Espressomaschine, die er ihrem Team für den Pausenraum gespendet hatte, einen perfekten Espresso herstellen konnte.

Sie gab ihre übliche Bestellung auf und empfand diese unerklärliche Freude, als der Mitarbeiter über das Rauschen des Milchaufschäumers rief: „Ein grande Latte mit fettarmer Milch, zwei Schuss Espresso und zuckerfreiem Vanillesirup für Nikki.“ Es sind die kleinen Rituale, die einem versichern, dass es einen Gott gibt und auf der Welt alles in Ordnung ist.

Sie ließ den Blick durch den Raum schweifen und bemerkte einen Kerl Mitte zwanzig in einem seriösen Anzug, der sie anstarrte. Sein Blick zuckte zu seinem iPad zurück und dann wieder zu ihr. Dann lächelte er und prostete ihr mit seinem Latte macchiato zu. Und so beginnt es, dachte sie.

Der Barista rief: „Ein grande Latte mit fettarmer Milch für Nikki“, aber als sie zur Theke ging, um ihn zu holen, versperrte ihr der Kerl im seriösen Anzug den Weg und hielt ihr sein iPad entgegen, auf dem ihr Gesicht prangte. „Detective Heat, Sie sind der Hammer.“ Er lächelte und auf seinen Wangen erschienen Grübchen.

„Äh, tja, danke.“ Sie machte einen halben Schritt, aber der strahlende Fan folgte ihr und wich ihr nicht von der Seite.

„Ich kann nicht glauben, dass Sie es sind. Ich habe diesen Artikel gestern Abend zwei Mal gelesen … Heilige Scheiße, würden Sie meinen Kaffeebecher signieren?“ Da sie in solchen Dingen wenig Erfahrung hatte, stimmte sie zu, nur um den Kerl schnell wieder loszuwerden. Er hielt ihr einen Kugelschreiber hin, den er vermutlich zu seinem Abschluss an der Uni bekommen hatte, doch bevor sie den Stift nehmen konnte, kippte ein Holzstuhl um und die Leute keuchten erschrocken auf.

Auf der anderen Seite des Raums, in der Nähe der Abholtheke für die Getränke, lag ein Obdachloser auf dem Boden und wand sich zuckend. Seine Füße traten wild gegen den umgefallenen Stuhl. Erschrockene Kunden flohen von ihren Tischen und wichen zurück. „Rufen Sie den Notarzt“, sagte Heat zu dem Barista und lief zu dem Mann hinüber. Als sie sich hinkniete, hörte er auf zu zucken, und jemand hinter ihr schrie. Dem Obdachlosen lief nun Blut aus Mund und Nase. Es vermischte sich neben ihm auf dem Boden mit der Pfütze aus Erbrochenem und verschüttetem Kaffee. Die Augen des Mannes verharrten in einer Todesstarre, und ein verräterischer Gestank machte sich breit, als sich sein Darm entleerte. Heat legte eine Hand an seinen Hals und fühlte keinen Puls. Als sie ihre Finger zurückzog, rollte sein Kopf zur Seite, und Nikki sah etwas, das sie erst einmal zuvor in ihrem Leben gesehen hatte, und zwar an dem Abend, an dem Petar in der Arrestzelle vergiftet worden war. Die Zunge des toten Mannes hing schlaff aus seinem Mund und war schwarz.

Sie betrachtete das verschüttete Getränk auf dem Boden neben ihm. Ein Becher der Größe grande, auf dem mit einem Wachsstift der Name „Nikki“ geschrieben stand. Sie stand auf, um sich die umstehenden Leute anzusehen. In diesem Augenblick entdeckte sie ein bekanntes Gesicht, das auf dem Weg zur Tür war.

Salena Kaye stellte Augenkontakt mit Heat her und rannte los.

ZWEI

Nikki sauste zum Ausgang und rief: „Ich bin Polizistin, alle raus hier.“ Nur wenige Kunden schienen besonders erpicht darauf zu sein, näher an die Leiche heranzugehen, aber Heat hatte Bedenken wegen des Gifts und wollte dafür sorgen, dass der Tatort möglichst unberührt blieb, damit man nach Spuren suchen konnte. Sie riss die Tür auf und rief zu dem Barista mit dem Telefon: „Sagen Sie dem Notruf, dass eine Polizistin einen Tatverdächtigen in einem Mordfall verfolgt.“

Heat drückte sich flach an die Wand des Eingangsbereichs und schob den Kopf vorsichtig um die Ecke, um einen Blick auf den Bürgersteig zu werfen und sicherzustellen, dass sie nicht in einen Hinterhalt lief. Dort. Das war Salena Kaye, die sich durch die Masse aus Fußgängern davondrängelte. Heat nahm die Verfolgung auf.

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