Cowboy Kisses - Hunt me - Vivian Hall - E-Book

Cowboy Kisses - Hunt me E-Book

Vivian Hall

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Beschreibung

Verzweifelte Mütter ergreifen verzweifelte Maßnahmen, daher meldet Brenda Coleman ihre Söhne kurzentschlossen bei der Kuppelshow: Cowboy sucht Frau an. Sobald das TV-Team auf der Ranch auftaucht, versinkt das Leben der Männer im Chaos. Vor allem der verdammt attraktive, aber wortkarge Jesse will keine nervige Frau in seinem Leben und muss sich doch täglich mit der taffen Fernsehredakteurin Jane herumplagen. Diese Frau treibt ihn in den Wahnsinn! Sein Bruder Noah hingegen fühlt sich wie im Paradies. Ob blond oder brünett, jede Frau ist eine Göttin und er denkt, er kann sie alle haben. Bis er sein Herz verliert und sich an der Kamerafrau Rachel die Zähne ausbeißt. Zweiter Teil: Cowboy Kisses - Keep me

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Cowboy Kisses

Hunt me

Vivian Hall

Cowboy Kisses – Hunt me

©2020 Vivian Hall, alle Rechte vorbehalten

©Coverdesign: Vercodesign

Impressum: Vesna Coenen, Höhenstr. 40, 89584 Ehingen

Sämtliche Personen in diesem Roman sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Dieses eBook darf weder auszugsweise noch vollständig per E-Mail, Fotokopie, Fax oder jegliches andere Kommunikationsmittel ohne die ausdrückliche Genehmigung der Autorin weitergegeben werden.

Klappentext:

Verzweifelte Mütter ergreifen verzweifelte Maßnahmen, daher meldet Brenda Coleman ihre Söhne kurzentschlossen bei der Kuppelshow: Cowboy sucht Frau an. Sobald das TV-Team auf der Ranch auftaucht, versinkt das Leben der Männer im Chaos. Vor allem der verdammt attraktive, aber wortkarge Jesse will keine nervige Frau in seinem Leben und muss sich doch täglich mit der taffen Fernsehredakteurin Jane herumplagen. Diese Frau treibt ihn in den Wahnsinn!

Sein Bruder Noah hingegen fühlt sich wie im Paradies. Ob blond oder brünett, jede Frau ist eine Göttin und er denkt, er kann sie alle haben. Bis er sein Herz verliert und sich an der Kamerafrau Rachel die Zähne ausbeißt.

Neuauflage nach Rechterückgabe des früheren Titels „Cowboy sucht Frau“.

Kapitel 1

The show must go on …

Dieser von der Gesellschaft fast schon inflationär benutzte Satz passte besonders auf die derzeitige Situation an ihrem Arbeitsplatz, dem Denver Discovery Channel. Nach Jahren des Hoffens und Bangens, in denen keiner der Mitarbeiter einschätzen konnte, ob er auch im nächsten Monat noch einen Job haben würde, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, konnte Jane nach ihrem Urlaub das Gebäude wieder betreten, ohne dieses unangenehm mulmige Gefühl im Bauch. Der Denver Discovery Channel existierte mittlerweile seit fast vierzig Jahren, und in Zeiten, in denen bald schon jede größere Kleinstadt über einen eigenen Fernsehsender verfügte, wäre es ein Jammer gewesen, wenn die Pforten des Senders hätten schließen müssen. Viel hätte nicht mehr gefehlt. Der alte Besitzer war vor allem in den letzten Jahren nicht mehr in der Lage gewesen, die stetig wachsenden Ansprüche der Zuschauer zu erfüllen und auch völlig beratungsresistent, was das anging. Das trieb den Sender beinahe in den finanziellen Ruin, da nicht nur die Einschaltquoten sanken, sondern auch die Anzahl der Werbepartner. Am Ende geschah das Unvermeidliche: Der Sender wurde verkauft, an einen New Yorker Investor, der überraschenderweise seinen Lebensmittelpunkt nach Denver verlegte, um den Aufbau des Senders höchstpersönlich anzugehen.

Sie trat durch die Drehtür in das völlig neu gestaltete Foyer. Die erste von vielen Baustellen, die vom neuen Besitzer Jason Finch beseitigt worden war.

Der erste Eindruck ist es, der zählt.

So hatte er sich ausgedrückt und gleich mal den kompletten Innenbereich vom Look der späten Siebzigerjahre befreit. Alles entsprach nun den modernsten Standards. Der Boden war jetzt durchgängig mit anthrazitfarbenen Hochglanzplatten ausgelegt und mittendrin stand eine oval geformte Informationsinsel, in der sich gleich zwei Blondinen aufhielten. Beide sehr jung, beide sehr hübsch. Genau die Kragenweite des Senderschefs Jason Finch, dem der Ruf eines Womanizers anhaftete.

Ansonsten sah man entlang der Fensterseite zwei Sitzgruppen, eingerahmt von riesigen Topfpflanzen, und eine kleine Cafébar, hinter der ein Barista die Besucher mit Latte Macciato und anderen koffeinhaltigen Getränken versorgte. Auch eine Änderung von Finch, der den jungen Italiener namens Angelo aus New York mitgebracht hatte und der das Eingießen von Milchschaum zu einer Kunstform erhoben hatte. Ihre Freundin Hayley, eine der Visagistinnen des Senders, bekam stets eine Schaumkrone in Form eines Herzchens auf ihren Cappuccino. Weil sie so niedlich ist, wie Angelo immer sagte. Er versuchte schon seit einer Weile, sie zu einem Date zu überreden, doch Hayley war fürchterlich altmodisch eingestellt und weigerte sich, mit einem Mann auszugehen, der vier Jahre jünger war.

Endlich erreichte Jane die Aufzüge und drückte auf den Knopf, als sich ihr Handy vibrierend gegen die Außenseite ihres Schenkels drückte. Sie fischte es aus ihrer Hosentasche und ging ran. „Billings!“

„Wo bist du im Moment?“

„Ich stehe vor den Aufzügen“, antwortete Jane und musste grinsen. Ihre Chefin Rebecca Olson hielt nicht viel von übertriebener Freundlichkeit im Umgang mit ihren Mitarbeitern, aber daran hatte sich Jane im Laufe der Zeit schon gewöhnt. Sie fand Rebeccas unverblümte Geradlinigkeit sogar angenehm. Bei ihr wusste man immer, woran man war, und bekam keine Mogelpackung serviert. Außerdem schlug hinter der ruppigen Fassade durchaus ein menschliches Herz.

„Großartig! Dann schwing deinen Hintern in mein Büro. Wir haben etwas zu besprechen.“

Rebecca beendete das Gespräch und Jane steckte kopfschüttelnd das Handy wieder ein. Was es wohl so dringendes gab? Als Programmdirektorin fiel unter anderem die Ausarbeitung neuer Konzepte in Rebeccas Aufgabenbereich und Jane musste die Ideen anschließend in ein fernsehtaugliches Format umwandeln. Man konnte ihre momentane Arbeit wohl am ehesten mit der eines Lektors vergleichen. Vor allem in den letzten Monaten hatte sich ihr Job auf die Endkontrolle der Korrespondenten- und Journalistenbeiträge beschränkt, anstatt mit ihrem Kamerateam die Umsetzbarkeit eines redaktionellen Inhalts in laufende Bilder zu erarbeiten. Für neue Projekte hatte jahrelang das Geld gefehlt, doch Jason Finchs großzügige Finanzspritze setzte nicht nur den Grundstein für einen Neuanfang, sondern könnte auch ihre stagnierende Karriere wieder pushen, sollte Rebecca etwas Geniales ausgetüftelt haben, um dem Denver Discovery Channel wieder zu alter Form zu verhelfen. Jane war bereit, ihren Teil dazu beizutragen, indem sie Überstunden bis zum Exzess schob. Sie war ja niemandem Rechenschaft schuldig, nicht mal ihrem derzeitigen Lover Casey Bingham.

Gerade als sie im zehnten Stock der Chefetage aus dem Fahrstuhl stieg, vibrierte ihr Mobiltelefon erneut. Als hätte er es gerochen, dass sie gerade an ihn gedacht hatte, sah sie Caseys Nummer auf dem Display aufleuchten. Widerwillig nahm sie das Gespräch an. Sie hasste es, wenn man sie während der Arbeitszeit anrief.

„Casey, was gibt’s schon wieder?“, fragte sie, bemüht darum, nicht allzu genervt zu klingen. Nebenbei klemmte sie das Handy zwischen Ohr und Schulter ein, um in ihrer Handtasche nach ihrem Lippenstift zu suchen.

„Hey Babe, ich wollte wissen, was du heute Abend machst? Ich hätte Premierenkarten für die Oper.“

„Casey, du weißt doch, dass ich dieses grauenhafte Gejaule nicht abkann“, antwortete sie und schloss die Augen.

Davon ließ er sich nicht entmutigen. „Die Musik ist doch egal. Aber du fehlst mir. Wir haben uns zwei Wochen nicht gesehen.“

Okay, es wurde langsam Zeit, diese Affäre zu beenden. Was nutzte eine unverbindliche Beziehung, wenn einer anfing, mehr darin zu sehen?

„Ich habe heute meinen ersten Arbeitstag und keine Ahnung, wann ich nach Hause komme“, meinte sie ausweichend. Sie musste ihm ja nicht gleich am Telefon den Laufpass geben. Er hatte zumindest ein persönliches Gespräch verdient. „Na gut, dann eben ein anderes Mal.“

Er klang enttäuscht und Jane bekam ein schlechtes Gewissen. Bei der nächsten Affäre würde sie besser auf die Alarmsignale achten. Wer hätte gedacht, dass es die Kerle waren, die anfingen, Gefühle zu entwickeln, während sie nichts weiter im Sinn hatte als ein bisschen Spaß. Verstanden sie denn alle nicht, dass die sogenannte große Liebe meist in Tränen und Kummer endete? Dazu musste man sich doch nur die enorme Scheidungsrate in den Vereinigten Staaten ansehen.

„Hör mal“, fing sie etwas versöhnlicher an. „Ich melde mich bei dir, sobald ich zeitlich ein bisschen flexibler bin. Frag doch eine andere Frau.“

Wie er wohl auf diese Aufforderung zum Fremdgehen reagieren würde? Sie hielt den Atem an.

„Hm, ja, vielleicht mach ich das sogar“, erwiderte er leise und Jane atmete erleichtert auf.

„Du wirst auch mit einer anderen Spaß haben!“, beteuerte sie. „Bis dann. Ich muss jetzt los.“

Jane drückte ihn weg und holte erst mal tief Luft. War sie zu gemein gewesen? Aber sie hasste nun mal diesen ganzen Beziehungskram und hatte keinen Bock auf einen Kerl, der ihr früher oder später vorschreiben würde, wie sie ihr Leben zu leben hatte. Sex war in Ordnung, doch Liebe stand ganz hinten auf ihrer persönlichen To-do-Liste. Sie wollte nicht so enden wie ihre Mutter: betrogen und alleingelassen.

Zielsicher steuerte Jane Rebeccas Büro an und blieb vor der Tür stehen, um noch einmal tief Luft zu holen. Gespräche mit ihrer Chefin waren immer anstrengend, man musste schon all seine Sinne sammeln, um ihren Ausführungen folgen zu können. Manche der Mitarbeiter waren überzeugt davon, in Rebeccas Kopf befände sich ein kleiner Computer, der in Sekundenbruchteilen Dutzende von Informationen verarbeitete und sofort wieder weitergab. Sie galt als die allumfassende Herrscherin des Senders, es gab nur eine Person, die ihr den Mund verbieten konnte und dieser Jemand war Jason Finch. Seit er den Sender gekauft hatte, vermieste er der guten Rebecca mit seinen Launen die Freude an ihrem Job. Außerdem versuchte er schon seit geraumer Zeit, sie loszuwerden. Doch ein gut dotierter, absolut wasserdichter Vertrag garantierte ihrer Chefin für die nächsten fünf Jahre ihren Arbeitsplatz. Selbst Jason und seine Anwaltsarmada konnten nichts dagegen ausrichten, und so bekämpften sich die beiden bis aufs Blut.

Jane straffte die Schultern, klopfte kurz an und trat ein, ohne das obligatorische „Herein“ abzuwarten.

Rebecca saß hinter ihrem riesigen Schreibtisch und blickte mit ironisch erhobener Braue von ihrem Bildschirm auf. „Auf mein Einverständnis zu warten, kam dir wohl nicht in den Sinn?“

„Warum Zeit verschwenden?“, antwortete Jane. „Du wolltest mich schnellstmöglich hier haben, et voilà, hier bin ich.“

Sie gab der Tür einen sanften Schubs und diese fiel mit einem dezenten Knall zu. Wie immer war sie ein wenig neidisch auf das große Büro mit den bodentiefen Fenstern, die einen tollen Blick auf Denver boten. Den ihre Chefin aber gar nicht genießen konnte, denn sie saß mit dem Rücken zum Fenster.

Janes Augen wanderten über den Rest der Einrichtung. Schwarze Hochglanzmöbel dienten als Büroschränke, eine wuchtige Ledercouch mit zwei Sesseln und einem kleinen Cocktailtisch befanden sich auf der linken Seite. Rebecca saß hinter ihrem ergonomisch geformten Arbeitsplatz und musterte Jane aus zusammengekniffenen Augen. Das hypnotische Blau stach selbst aus der Entfernung aus ihrem perfekt geschminkten Gesicht heraus. Schließlich deutete sie mit der Hand auf den Stuhl, der vor ihrem Tisch stand.

„Setz dich, ich wäre gern fertig, bevor dieser Armleuchter Finch hier aufkreuzt und mir die Laune verdirbt.“

Jane kicherte. „Stehen die Zeichen bei euch immer noch auf Sturm?“

Ihre Chefin schnaubte abfällig. „Dieser elende Drecksack. Er hält sich für ein Gottesgeschenk an die Menschheit, aber lassen wir dieses unangenehme Thema. Ich habe eine neue Aufgabe für dich.“

Jane lauschte aufmerksam. Sie hatte also recht gehabt mit ihrer Vermutung. „Leg los, worum gehts?“

Rebecca strich sich mit der Hand ihr tizianrotes Haar zurück und lächelte geheimnisvoll. „Was hältst du von einer Kuppelshow mit ein paar knackigen Rinderzüchtern oder Landwirten?“

Jane machte ein langes Gesicht. Rinderzüchter … ernsthaft? „Also ich weiß nicht“, antwortete sie ausweichend, denn sie wollte Rebecca nur ungern sagen, wie bescheuert sie die Idee fand. Wer sollte sich für so was interessieren? Rebeccas Lächeln wollte nicht weichen, es wurde nur noch breiter. „Hör mir erst mal zu, bevor du das vorschnell abschreibst. Die Idee zum Konzept kam mir beim Duschen. Ich habe überlegt, wie ich mich vor der Geschäftsreise mit Finch drücken könnte und im Zuge dessen hatte ich einen richtigen Geistesblitz.“

Jane kicherte. „Du denkst beim Duschen an Jason Finch?“ Rebeccas Gesicht erhitzte sich und sie wiegelte sofort ab. „Denk doch nicht gleich das Schlimmste“, ereiferte sie sich entrüstet, wurde aber verdächtig rot dabei.

„Entschuldige, erzähl weiter“, meinte Jane versöhnlich.

Nach einem letzten strafenden Blick sprach Rebecca weiter. „Ich stand also unter der Dusche und dachte daran, dass ich lieber mein Leben lang Ställe ausmisten würde, als drei Tage mit Jason Finch zu verbringen, und dabei kam ich auf die Idee für eine Kuppelshow mit ein paar knackigen Naturburschen. Wir suchen per Fernsehspot nach jungen Frauen, die bereit sind, für eine gewisse Zeitspanne auf die Ranch zu ziehen, um sich gegen zwei bis drei Kontrahentinnen zu behaupten. Am Ende der festgelegten Zeit entscheidet sich unser Junggeselle dann für eine der Damen, spätere Heirat nicht ausgeschlossen. Und das Ganze nennen wir dann Cowboy sucht Frau und strahlen es erst mal regional aus. Mit ein bisschen Glück können wir die Show an eines der größeren Fernsehnetzwerke verkaufen und es läuft landesweit.“

Jane war verblüfft und positiv überrascht, weil die Idee, wenn man sie entsprechend verpackte, richtig gut klang. Solche Kuppelshows hatten immer das Potenzial, die Zuschauer vor den Bildschirmen zu fesseln. Ein paar Schönheiten aus der Stadt, die in eine völlig fremde Umgebung verpflanzt wurden, wo sie sich beweisen mussten und dabei das Herz eines scharfen Hinterwäldlers eroberten. Nicht übel, wirklich nicht übel …

„Ich sehe schon, du erwärmst dich langsam dafür“, sagte Rebecca zufrieden. „Sobald wir die passenden Kandidaten haben, wirst du mit deinem Team auf die Ranch fahren. Dort nehmt ihr ein oder zwei Wochen lang alles auf, was ihr an interessantem Material zusammenbekommt. Versuch, so wenig wie möglich zu planen, es soll natürlich wirken und nicht gestellt. Am Ende schneiden wir die besten Szenen für die erste Folge zusammen. Dann geht es an den nächsten Drehort.“

„Legst du wert auf Romantik?“

Rebecca schnaubte. „Lieber Gott nein, alles nur kein schmalztriefendes Gesülze. Was wir brauchen ist Zickenterror vom Feinsten und jede Menge erotische Spannung. Unsere Cowboys sollen keine dümmlichen Bauerntrampel sein, sondern vor Testosteron triefende Sexmaschinen. Das wollen unsere weiblichen Zuschauerinnen. Ein heißer Kerl, während neben ihnen im Sessel der fettbäuchige Göttergatte schnarcht und von seinem nächsten Bier und dem Sieg seiner Mannschaft beim Superbowl träumt.“

Jane grinste beifällig. „Also waschechte Machos mit Muskeln wie Baumstämme und knackigen Ärschen.“

„Genau so stelle ich mir das vor.“

Ein Hauch von Skepsis schlich sich in Janes Begeisterung. „Meinst du wirklich, du kriegst genug sexy Naturburschen zusammen für eine komplette Staffel?

Rebecca verstummte und dachte kurz nach. „Hm, lassen wir uns überraschen. Eine andere Alternative wäre es natürlich auch, die hässlichsten Typen an die Frau zu bringen. Das wäre sozusagen mein Notfallplan, sollten sich keine Männer finden, die unseren optischen Ansprüchen genügen. Eine Freakshow lässt sich auch immer gut verkaufen.“ Rebecca grinste verschlagen. „Obwohl mir persönlich die Sexvariante besser gefallen würde.“

Jane schwieg und ging in sich. Je länger sie darüber nachdachte, umso mehr begeisterte sie sich für das Konzept, welches Rebecca während ihrer feuchten Träumereien über Finch ausgetüftelt hatte. „Also ich bin auf jeden Fall dabei.“

Just in dieser Sekunde öffnete sich die Tür und Rebeccas Lächeln machte einem unendlich genervten Gesichtsausdruck Platz. Jason Finch trat ein und grinste süffisant. Sein schwarzes Haar trug er relativ kurz und Jane fand immer, dass er eine frappierende Ähnlichkeit mit dem heißen Männermodel David Gandy aufwies. Das Gesicht extrem markant, nicht auf die herkömmliche Weise attraktiv, aber mit einer harten männlichen Ausstrahlung gesegnet, die jede Frau ansprechen musste. Bis auf Rebecca natürlich.

„Ladys, welche Freude, Sie beide hier anzutreffen.“

Sein ganzes Auftreten wirkte herausfordernd lässig und selbstbewusst. Er ist schon ein gut aussehender Kerl, dachte Jane still und registrierte das beunruhigte Flackern in den Augen ihrer Chefin. Die war von Jasons Erscheinen gar nicht angetan.

„Was gibt’s, Mister Finch?“

Puh, in manch anderem Unternehmen wäre sie allein für diesen geringschätzigen Tonfall rausgeflogen, doch Finch amüsierte das nur.

„Na, na, na“, tadelte er milde. „Warum denn so unfreundlich, Rebecca? Ich wollte doch nur nachfragen, wie Ms. Billings auf Ihre Schnapsidee reagiert hat.“

„Sie ist begeistert“, antwortete Rebecca mühsam beherrscht.

„Tatsächlich!” Mit gespieltem Erstaunen warf er einen Blick zu Jane, die sich nur schwer das Grinsen verkneifen konnte. „Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, dass Sie darauf anspringen. Ich persönlich bin der Meinung, dass die ganze Sache floppen wird. Aber gut, wenn Ms. Olson sich diese Sendung in den Kopf gesetzt hat, will ich mal nicht so sein.“

Becca fletschte ihre blendend weißen Zähne. „Wie edelmütig von Ihnen, Jason. Wie komme ich zu der Ehre?“

Jason grinste breit, er sah unheimlich zufrieden aus. „Ganz einfach, Ms. Olson. Wenn diese ganze Sache scheitert … und das wird sie“, fügte er überzeugt hinzu, „dann wird das den Sender so viel Geld kosten, dass es kein Problem mehr für mich sein wird, Sie zu feuern.“

Empört richtete sich Rebecca in ihrem Sessel auf. Jane befürchtete schon, ihre Chefin würde Finch jeden Augenblick anspringen und sich wie ein Pitbull in seinem Gesicht festbeißen.

„Ich schwöre Ihnen, diese Show wird ein Riesenerfolg werden“, fauchte sie, „und wenn ich Kuhmist fressen müsste, um das zu erreichen. Sie werden mich nicht los, da können Sie sich noch so sehr anstrengen. Ich war vor Ihnen da und ich lasse mich nicht verjagen.“

„Wir werden sehen“, grinste Jason siegessicher. Er zwinkerte Rebecca noch frech zu, nickte freundlich in Janes Richtung und schlenderte selbstzufrieden aus dem Büro.

Rebecca schloss gepeinigt die Augen. „Gott, ich hasse ihn, ich hasse ihn so sehr“, flüsterte sie.

Jane wartete, bis ihre Chefin sich ein wenig beruhigt hatte, ehe sie sich erhob. „Hör zu, wir lassen uns die Sache von Finch nicht vermiesen. Ich finde das Konzept großartig und sobald die Gelder dafür freigegeben sind, werde ich alles Notwendige in die Wege leiten.“

Rebecca lächelte. „So lob ich mir das. Und du hast recht, ich lasse mir die Idee von diesem eingebildeten Affen nicht schlechtreden. Die Auswahl der Kandidaten werde ich höchstpersönlich übernehmen. Was das angeht, überlasse ich nichts dem Zufall, sonst behält dieser Pavianarsch am Ende noch recht.“

Jane kicherte, obwohl sie diese ständigen Beleidigungen gegen den Oberboss nicht wirklich guthieß. „Beiß nicht in die Hand, die dich füttert. So etwas kann auch nach hinten losgehen.“

„Ich kann nichts dagegen machen“, beschwerte sich Rebecca etwas kleinlauter. „Jedes Mal, wenn er mich anspricht, würde ich am liebsten meine Hände um seinen Hals legen und zudrücken, bis es knackt. Wie kann man nur so dermaßen unangenehm und eingebildet sein“, ereiferte sie sich weiter.

Jane schüttelte lachend den Kopf, mutmaßte aber insgeheim, dass Rebecca Jason Finch längst nicht so schrecklich fand, wie sie es alle Welt glauben machen wollte. Ob sie scharf auf ihn war und es einfach nicht wahrhaben wollte?

„Ihr solltet euch irgendwann zusammenraufen, sonst landet einer von euch noch im Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses.“

Rebecca rieb sich müde die Stirn. „Das werde dann wohl ich sein“, meinte sie nur und erhob sich. Sie reckte und streckte sich, bis sich die hauchdünne weiße Bluse über ihren Brüsten spannte. Dann wandte sie sich wieder an Jane. „Du weißt ja, was du zu tun hast. Triff alle nötigen Vorbereitungen und informier dich auch über die günstigsten Wetterbedingungen in den jeweiligen Bundesstaaten. Wir können uns Ausfälle nicht erlauben. Finch wird keinen Dollar mehr als nötig freigeben.“

Jane salutierte scherzhaft. „Alles klar, Chefin.“

Zufrieden und voller Erwartungsdrang verließ sie das Büro. Dieser Job könnte ihr in der hart umkämpften Fernsehbranche zum Durchbruch verhelfen. Nicht, dass sie den Denver Discovery Channel verlassen wollte, aber sie wollte sich unbedingt einen Namen machen, um sich im Fall der Fälle die Jobs aussuchen zu können, anstatt sich wie ein Bittsteller zu fühlen. Mit einem fröhlichen Summen auf den Lippen machte sie sich auf den Weg in ihr eigenes Büro und hoffte, dass diese Show ihr Leben verändern würde.

Kapitel 2

 

„Mom! Wo steckst du? Mooom …“

Brenda Coleman befand sich in ihrem Vorratsraum und räumte die Gläser mit der eingemachten Blaubeermarmelade in die Regale, als sie der lang gezogene Schrei ihres Sohnes Jesse zusammenzucken ließ. Vor lauter Aufregung hätte sie um ein Haar das Glas mit der Blaubeermarmelade fallen lassen, das sie zwischen den Händen hielt. Sie war gerade dabei, die Regale ihres Vorratshauses aufzufüllen, das sich direkt neben dem Hauptgebäude befand. Hier lagerte sie die Lebensmittel, meist aus eigenem Anbau. Maismehl, ihre allseits beliebte Blaubeermarmelade und natürlich das Fleisch ihrer Rinder.

Ihr Ehemann Ben hatte vor etlichen Jahren mit der Aufzucht von Bio-Gallowayrindern begonnen und nun verkauften sie das Fleisch an diverse Feinkostgeschäfte und Restaurants. Brenda konnte sich noch lebhaft daran erinnern, wie er von den anderen Züchtern in der Umgebung belächelt worden war, weil sie der Meinung waren, mit rein biologisch gezüchteten Tieren wäre er als Einzelner nicht konkurrenzfähig im von Feedlots dominierten Colorado. Doch Ben hatte sich von dem Gespött nicht beirren lassen. Er wollte niemals Inhaber eines supereffektiven Hochleistungszuchtbetriebs werden, der die Tiere dauerhaft einsperrte und mästete, bis sie vor lauter Muskeln aussahen wie Karikaturen. Und wie sich herausstellte, war er den anderen weit voraus gewesen, denn die meisten seiner Kollegen mussten aufgeben und verkauften ihre Tierbestände an ein riesiges Lebensmittelunternehmen. Ben hingegen musste sich keine Sorgen machen, da er mit seinen Biorindern eine Marktlücke füllte. Nebenbei hatte er mit ihr gemeinsam zwei Söhne aufgezogen. Jesse und Noah waren ihr ganzer Stolz, junge Männer, die mit beiden Beinen fest im Leben standen und auch den Betrieb übernehmen wollten. Nur eines fehlte noch, um ihrer aller Glück perfekt zu machen: ein paar niedliche Enkelkinder.

Leider erwiesen sich Jesse und Noah nicht als sonderlich kooperativ, was die Familienplanung anging. Jesse hatte aufgrund seines Problems eine regelrechte Phobie gegen Frauen entwickelt und flüchtete, sobald sich ihm ein hübsches Mädchen näherte. Noah war das komplette Gegenteil. Ihr Jüngster galt als Draufgänger und konnte das Flirten nicht sein lassen. Kurzum: Ihre Jungs wollten partout nicht heiraten.

Das nagte an ihr, schließlich wollte sie nur, dass die beiden glücklich waren, und sie war fest davon überzeugt, dass dies nur mit einer netten Frau an ihrer Seite funktionieren konnte. Als sie dann eines Tages zufällig beim Fernsehen den Werbespot für Cowboy sucht Frau gesehen hatte, kam ihr das vor wie ein Wink des Himmels. Wenn das keine Möglichkeit war, um ihre Söhne für einige Zeit mit ein paar hübschen jungen Frauen zusammenzubringen!

Heimlich schoss sie möglichst vorteilhafte Bilder von den beiden und schickte sie zusammen mit einer etwas ausgeschmückten charakterlichen Beschreibung der beiden an die Redaktion des DenverDiscovery Channel. Der unverhohlene Ärger, der in der Stimme ihres Erstgeborenen mitschwang, konnte nur eines bedeuten: Der Sender hatte zurückgeschrieben.

Endlich!

Sie konnte kaum glauben, dass sich diese großstädtischen Fernsehmenschen tatsächlich gemeldet hatten. Mit klopfendem Herzen wartete sie darauf, dass Jesse durch die Tür gestürmt kam und sie zur Rede stellte. Normalerweise war er ja eher der stille, grimmige Typ. Jesse redete nie viel und blieb gern für sich, aber wenn er mal Vertrauen zu jemandem fasste, dann verwandelte er sich in den herzlichsten und liebevollsten Menschen, den man sich vorstellen konnte. Sie seufzte. Jemand wie er brauchte einfach eine süße Frau, die ihm half, ein wenig aus sich rauszugehen, vor allem was sein vermeintliches Handicap anging, und wenn sie seinen Schrei richtig interpretierte, dann waren die Weichen dafür gestellt. Jetzt musste sie nur noch das Kunststück vollbringen und ihre Söhne dazu überreden, bei der ganzen Sache mitzumachen. Das war ihr eigentliches Problem, und Jesses wutentbrannter Aufschrei eben hörte sich nicht gerade ermutigend an.

Schwere Schritte erschütterten den Boden, als Jesse durch die Tür trat und ein sehr repräsentativ aussehendes Kuvert zwischen seinen Händen hielt. Brenda schluckte. Er sah wirklich sehr, sehr wütend aus. Die Augenbrauen bildeten eine zusammengezogene Linie und seine Nasenflügel bebten wie bei einem gereizten Bullen. Ob es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, über seinen und Noahs Kopf hinweg zu entscheiden? Andererseits meinte sie es nur gut, und das würden sie früher oder später auch einsehen.

Sie lächelte ihren Ältesten freundlich an. „Kann ich dir irgendwie helfen, Jesse?“

„Ich will eine Erklärung“, zischte er wütend, hielt das Schreiben hoch und wedelte aufgebracht vor Brendas Gesicht damit herum.

„Jesse …“ Sie legte ihm beschwichtigend eine Hand auf den Oberarm. „Es stimmt. Ich habe dich und deinen Bruder dort angemeldet.“

„Und wie kommst du dazu? Ohne uns überhaupt zu fragen!“

Sie stemmte die Hände in die Hüften und funkelte ihren zwanzig Zentimeter größeren Sohn angriffslustig an.

 „Jesse Coleman, sprich nicht in diesem Ton mit mir. Ich bin immer noch deine Mutter“, schimpfte sie und holte tief Luft, um an sein schlechtes Gewissen zu appellieren. Das funktionierte eigentlich immer. „Du und dein Bruder, ihr seid selbst schuld, dass ich zu solchen Mitteln greifen musste. Ihr bemüht euch ja nicht mal, eine nette junge Frau kennenzulernen. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie sehr dein Dad und ich geschuftet haben, um euch die Ranch in schuldenfreiem Zustand zu übergeben? Oder kannst du auch nur ansatzweise erahnen, was für Entbehrungen wir dafür hinnehmen mussten?“

„Mom, ich bitte dich, nicht schon wieder diese Masche“, beschwerte er sich und verdrehte die Augen.

„Doch, genau die Masche und keine andere“, beharrte sie und hob eigensinnig das Kinn. „Dein Dad und ich haben eine Menge Zeit und Arbeit in die Ranch investiert, damit du“, sie pikte mit ihrem Zeigefinger gegen seinen Brustkorb, „und dein Bruder eine gesicherte Zukunft habt. Und natürlich auch eure Kinder. Doch ohne eine Ehefrau wird daraus nichts, Jesse. Das ist unser Lebenswerk und wenn ihr nicht bald in die Gänge kommt, heiratet und ein paar Kinder in die Welt setzt, wird die Ranch verrotten, sobald ihr zu alt und tattrig seid, um euch anständig darum zu kümmern.“

Erleichtert sah sie, dass seine Wut verrauchte und dass er über ihre Worte nachdachte. Sie wusste, dass er ihre Sorgen nachvollziehen konnte, aber er spekulierte sicher darauf, dass Noah eines Tages heiratete und für Nachkommenschaft sorgte. Doch darauf wollte sie sich nicht verlassen. Noahs Ruf in Bezug auf Frauen war wirklich fürchterlich und schreckte die heiratswilligen Frauen in der Gegend eher ab. Sie wollten alle mit ihm eine Runde im Heu schieben, aber langfristig suchten sie einen zuverlässigen und treuen Partner. Und niemand in Cherry Springs glaubte daran, dass Noah sich jemals auf eine einzige Frau beschränken würde.

Nein, sie wollte kein Risiko eingehen, und so legte sie all ihre Sehnsucht in ihre Stimme, als sie flehte: „Jesse, bitte … es ist doch nur zu eurem Besten.“

Er stieß einen lang gezogenen Seufzer aus und schien intensiv über ihre Bitte nachzudenken. Seine grünen Augen, die denen seines Vaters so sehr ähnelten, sahen resigniert auf sie nieder.

„Also gut, ich bin einverstanden, ich werde mitmachen“, erklärte er schließlich und Brenda fiel die Kinnlade runter.

„Echt jetzt?“ Sie sah ihn an, als wären ihm zwei Hörner gewachsen.

Jesse sah sie unschuldig an. „Sonst würde ich es doch nicht sagen, oder?“

Grinsend streckte sie die Hand aus. „Schlag ein und schwöre mir, dass du dir Mühe geben wirst“, verlangte sie.

„Aber nur unter einer Bedingung.“

Skeptisch verzog sie den Mund. „Ich wusste doch, dass es da einen Haken gibt. Spuck’s aus!“

Ihr hübscher Sohn lächelte großspurig. „Ich werde diesen Vertrag unterschreiben, aber nur, wenn du mir versprichst, dass du nach dieser Geschichte nie wieder versuchst, mich an die Frau zu bringen.“

So war das also. Er glaubte wohl, wenn er sich breitschlagen ließ, würde er um die Gründung einer Familie herumkommen. Dass er sich tatsächlich verlieben könnte, kalkulierte er offenbar gar nicht ein. Sie lächelte gelassen. „Du scheinst ja sehr überzeugt davon zu sein, dass du dich nicht verliebst.“

 „Versprich es mir!“, beharrte er hartnäckig und sie seufzte.

„Also schön, ich verspreche es.“

„Was genau? Ich will, dass du es Wort für Wort aussprichst, damit ich dich später immer daran erinnern kann.“

Das wurde langsam lächerlich. „Also wirklich, Jesse, du tust ja gerade so, als würde ich es darauf anlegen, dich auszutricksen. Aber bitte, wenn es dich glücklich macht, dann hier noch einmal: Solltest du diese Dreharbeiten bis zum Ende durchziehen und dich danach immer noch nicht verliebt haben, werde ich nie wieder versuchen, dich mit jemandem zu verkuppeln. Zufrieden?“

„Das hört sich nach einem guten Deal an.“

Sie schüttelten einander die Hände, danach verschwand er und hatte dermaßen gute Laune, dass Brenda ein ungutes Gefühl beschlich. Sie kannte ihren Sohn. Sein schnelles Einverständnis passte nicht zu ihm und sie war sich sicher, dass er noch ein Ass im Ärmel hatte. Achselzuckend widmete sie sich wieder ihrer Arbeit. Wenn die Frauen erst mal auf der Ranch waren, dann würden die Dinge ihren natürlichen Lauf nehmen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

 

Drei Monate später …

 

Es war erst acht Uhr morgens und Jane saß schon an ihrem Schreibtisch und arbeitete. Sie war gerade dabei, sich auf ihrem Monitor einen Bericht über die High Society in Denver anzusehen, bevor sie ihn endgültig freigab. Eine Schadensersatzklage wegen angeblicher Verleumdung konnte sich der Sender nicht erlauben, und so musste alles, was im Reich der Mutmaßungen angesiedelt war, genau überprüft und bei Bedarf rausgeschnitten werden. Ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen, griff sie zum Hörer. „Billings“, meldete sie sich.

„Jane, ich bin es, Rebecca. Ich will dich und dein Team in einer halben Stunde in meinem Büro sehen. Wir haben endlich den Standort für den ersten Dreh festgelegt.“

„Was lange währt …“, feixte Jane grinsend. Seit einem Monat tat Rebecca nichts anderes, als sich von einer Bewerbungsunterlage zur nächsten zu kämpfen. Jane hatte die Show schon fast abgehakt, doch jetzt sah es so aus, als würde endlich etwas Bewegung in die Sache kommen.

„Hör auf, Witze zu reißen, und komm hoch!“

Meine Güte, Rebeccas Laune befand sich seit Tagen im Sturzflug. Genau genommen, seit sie wusste, dass sie Finch nach New York begleiten sollte, um ihn bei Vertragsverhandlungen zu unterstützen. Das fiel eigentlich gar nicht in ihren Aufgabenbereich, er bestand aber darauf und lief seit Tagen mit einem breiten Dauergrinsen durch die Gegend. Wahrscheinlich malte er sich in den schönsten Farben aus, wie er Rebecca am besten auf die Nerven gehen konnte. Jane kicherte. Entweder würden die beiden sich auf dieser Reise gegenseitig umbringen oder zusammen im Bett landen. Auf die eine oder andere Art würden sie ihre Aggressionen ausleben.

„Bin schon unterwegs“, brummte Jane gutmütig. Sie informierte noch Hayley und Rachel über das kurzfristig anberaumte Meeting und fuhr dann nach oben. Auf dem Flur zu Rebecca Olsons Büro kamen ihr die beiden auch schon entgegen. Jane fing an zu grinsen. Rachel sah aus wie eine wandelnde Schnapsleiche. Die goldenen Locken hingen fahl und strähnig an ihr herunter, unter den Augen zeigten sich dunkle Schatten. Offenbar hatte sie es gestern ein wenig mit dem Feiern übertrieben. So ein Kater konnte einem wirklich den Tag versauen und Jane bekam Mitleid mit Rachel. Hayley hingegen strahlte, als hätte man sie mit Zuckerguss überzogen. Bei ihrem Anblick musste Jane immer an hübsch bestickte Schürzen, rosa Cupcakes und die heile Welt der Fünfzigerjahre denken. Fehlte nur noch, dass sie anfing, eine Schleife im dunklen Haar zu tragen, und sich als menschliches Hello-Kitty-Double bewarb.

„Sag mir bitte, dass du ein Aspirin dabei hast, sonst übersteh ich dieses Meeting nicht“, stöhnte Rachel anstatt einer Begrüßung. Dabei hielt sie sich den schmerzenden Kopf und schien furchtbare Qualen zu leiden.

„Dir auch einen schönen Morgen“, meinte Jane grinsend, kramte aber bereits in ihrer Handtasche herum, bis sie ein Päckchen Aspirin hervorzog. Grinsend warf sie Rachel die kleine Schachtel zu. „Hier, nimm dir zwei von denen. Du wirst sie brauchen, wenn Rebecca erst mal in Fahrt kommt.“

„Danke! Ich hab es gestern ziemlich krachen lassen und irgendwie den Zeitpunkt zum Aufhören verpasst.“ Rachel grinste schwach und schluckte gleich zwei Pillen trocken hinunter. Danach deutete sie auf Rebeccas Bürotür. „Was will sie denn? Geht es um diese Kuppelshow?“

Hayley und Rachel hatten recht unterschiedlich auf das Konzept von Cowboy sucht Frau reagiert. Während Hayley sich vor Begeisterung kaum bremsen konnte und schon davon träumte, im Mondschein Schafe zu zählen, konnte sich Rachel so gar nicht damit anfreunden, die Brautschau von ein paar Cowboys zu filmen. Sie wollte höher hinaus, und da sie das Filmstudium an der University of Southern California mit Auszeichnung absolviert hatte, besaß sie durchaus die nötigen Fähigkeiten dazu. Jane lächelte und versuchte, Optimismus zu versprühen.

„Rebecca hat endlich einen Kandidaten für die Show ausgesucht. Es könnte jetzt unter Umständen recht schnell gehen. An eurer Stelle würde ich private Planungen erst mal auf Eis legen.“

Rachel grinste schwach. „Das habe ich mir schon fast gedacht. Sie will bestimmt alles in trockenen Tüchern haben, bevor Finch ihr so kurz vor dem Start doch noch die Gelder streicht.“

Jane wollte diese Schwarzmalerei nicht unterstützen. „Er ist in erster Linie Geschäftsmann“, erklärte sie aufgeräumt. „Er wird sich das ansehen und wenn die Sendung gut ankommt, wird er Rebecca unterstützen, wo er nur kann. Er ist zu sehr Profi, um aufgrund persönlicher Antipathie ein Projekt zu boykottieren.“

„Also, meinetwegen kann er die Sache einstampfen“, murrte Rachel.

„Untersteh dich, so was laut auszusprechen“, schimpfte Jane, auch wenn sie die Gründe für diese Einstellung kannte. Ihre Freundin hatte ihre Kindheit und Jugend auf einer Farm verbracht und es hatte sie viele Tränen und Durchhaltevermögen gekostet, diesem Leben zu entfliehen. Statt, wie von ihren Eltern ersehnt, einen netten und tüchtigen Rancher zu heiraten und einen Stall voll Kinder zu gebären, hatte sie sich mit ihrer Familie überworfen, um an die Uni zu gehen. Zwar hatte sie sich mittlerweile mit ihren Leuten versöhnt, doch die vielen Kämpfe und die schlaflosen Nächte, die sie dafür hatte ertragen müssen, waren immer noch tief in ihrem Gedächtnis verankert. Seither wollte sie mit dem Landleben nichts mehr zu tun haben.

„Lass uns einfach reingehen.“ Energisch drückte Rachel die Tür auf und schob die anderen einfach durch.

„Hey, jetzt sei doch nicht so grob“, beschwerte sich Jane eingeschnappt und rieb sich den Oberarm.

„Jetzt stell dich nicht so an“, murrte Rachel unfreundlich zurück. Dass sie demnächst wieder das Landleben genießen durfte, schien nicht unbedingt ihre positivsten Eigenschaften zu fördern. Jane, die weder dumm noch schwer von Begriff war, konnte ihrer Freundin an der Nasenspitze ablesen, wie sehr sie die Aussicht darauf ankotzte, und kniff warnend die Augen zusammen. Sie konnte es gar nicht ab, wenn man sich bei der Arbeit von persönlichen Gefühlen leiten ließ. Eine Einstellung, die Rachel eigentlich teilte, doch in diesem Fall schien sie das einfach zu vergessen.

„Ladys, wenn ihr damit fertig seid, euch anzugiften, dann wäre es reizend von euch, wenn ihr endlich reinkommen würdet. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“

Rebeccas süffisante Bemerkung sorgte dafür, dass sie sich alle drei blitzartig auf die Couch setzten, während diese hinter ihrem Schreibtisch hervorkam. In ihrem schwarzen Hosenanzug und der dazu passenden weißen Bluse sah sie wie der Prototyp einer erfolgreichen Karrierefrau aus. Sie machte es sich in einem Sessel bequem und legte los.

„Okay, ihr könnt euch sicher denken, worum es geht. Ich habe die Kandidatensuche für die erste Mini-Staffel abgeschlossen. Finch wird allerdings erst nach der Ausstrahlung der Pilotfolge entscheiden, ob es weitergehen wird oder nicht.“ Sie seufzte. „Ich schwöre euch, wenn die Einschaltquoten nicht stimmen, wird er mich ratzfatz gegen einen schleimbeutelproduzierenden Arschkriecher mit Schlips und Krawatte austauschen.“

„Oh nein, alles, nur das nicht. Wir möchten dich gerne behalten“, warf Hayley ein und wirkte dermaßen entsetzt über Rebeccas nicht allzu rosige Zukunftsvisionen, dass Jane und Rachel nur schwer ein Lachen unterdrücken konnten.

„Tja, das hängt davon ab, ob wir erfolgreich sind. Ich habe euch hierhergerufen, um euch die ersten Infos über den Drehort zukommen zu lassen. Es wird euch sicher freuen, dass die Ranch nur anderthalb Autostunden entfernt von Denver liegt.“

Jane hob überrascht die Augenbraue. „Wie kommts?“

Rebecca lächelte. „Es hat sich so ergeben. Außerdem haben die beiden Jungs wirklich prachtvolle Ärsche“, scherzte sie.

Oha, das war ja eine interessante Information. Gleich zwei?

„Hab ich das gerade richtig verstanden? Wir reden hier von einem Doppelpack?“, fragte sie sicherheitshalber nach.

Rebeccas Augen begannen zu leuchten, als hätte sie den Jackpot in der Lotterie geknackt. „Exakt. Ist das nicht großartig? Wir haben zwei Brüder für die Pilotfolge, und die beiden sind so verdammt sexy, dass die Ladys reihenweise feuchte Schlüpfer haben werden.“

Jane blieb ein wenig skeptisch, bevor sie diese Wunderknaben nicht mit eigenen Augen gesehen hatte. „Und wohin genau schickst du uns?“

„In ein kleines Kaff namens Cherry Springs, östlich von Castle Rock. Dort werdet ihr euch im Hotel einmieten. Die Blueberry Ranch der Colemans ist circa eine halbe Stunde entfernt und gut erreichbar.“

Jane nickte. Ihr persönlich war es völlig egal, wohin es sie verschlug. Eine Ranch sah doch aus wie die andere. Sie hatte sogar den Vorschlag gemacht, eine einzige zu mieten und die Kandidaten für die Dreharbeiten dorthin zu karren, doch Rebecca wollte absolut authentische Drehorte. Mal ganz abgesehen davon, dass es den Männern gar nicht möglich war, für eine längere Zeitspanne ihre Ranch zu verlassen.

„Hast du ein paar Bilder von diesen Wunderknaben?“

Bedauernd schüttelte ihre Vorgesetzte den Kopf. „Sorry. Aber die hat Finch gerade zur Ansicht auf seinem Schreibtisch liegen. Du kannst dir vorstellen, dass ich keinen Schritt in das Büro dieses dämlichen Proleten machen werde. Aber kommen wir endlich zu den wichtigen Punkten“, ordnete Rebecca an und wechselte das Thema, doch Finch hatte anscheinend einen Riecher dafür, wann über ihn gesprochen wurde, und stand auf einmal in Rebeccas Büro. Jane war sich nicht sicher, ob sie das Klopfen überhört hatten oder ob er einfach so reingekommen war. Mit ausdrucksloser Miene trug er einen Stapel mit Akten zu Rebeccas Schreibtisch und ließ diese mit einem Knall drauffallen. „Hier, für Sie“, meinte er ungerührt. „Damit Ihnen abends nicht langweilig wird. Lesen Sie sich die Projektvorschläge durch und dann fassen Sie mir die interessantesten Sachen in einem Dossier zusammen.“

Rebeccas saß gespannt wie eine Bogensehne auf ihrem Sessel und schien kurz davor, ihn an seiner Krawatte zu packen und ihn daran aufzuhängen. Jane griff ablenkend ein, bevor ihre Chefin explodierte.

„Mr. Finch, haben Sie zufällig die Bilder unserer Kandidaten bei sich? Rebecca erwähnte, Sie hätten sie bei sich auf dem Schreibtisch liegen.“

Er nahm keine Sekunde den Blick von Rebecca, nicht mal, als er ein knappes „Nein“ herauspresste. Dann entspannte sich seine Mimik ein wenig und er grinste frech.

„Eines muss man Ihnen lassen, Rebecca. Die Kerle haben Potenzial und es könnte tatsächlich sein, dass die Sendung kein völliges Fiasko wird. Aber um kein Risiko einzugehen, werde ich die Dreharbeiten nach unserer Rückkehr aus New York besuchen. Apropos New York … haben Sie schon gepackt?“

„Nein , das habe ich nicht“, antwortete die. „Ich hoffe immer noch, dass mich der Blitz trifft und mich vom drohenden Übel erlöst.“

Sein Lächeln wurde etwas sparsamer. „Und dieses Übel bin dann wohl ich, oder wie soll ich das verstehen?“

Sie streifte ihn mit einem gleichgültigen Blick. „Wenn Sie sich den Schuh anziehen wollen …“

Finch schüttelte tadelnd den Kopf und ließ sich davon nicht provozieren. „Meine liebe Rebecca, an Ihrer Stelle wäre ich vorsichtiger. Ich könnte in Versuchung kommen und Sie wegen Beleidigung feuern lassen.“

„Versuchen Sie es und wir sehen uns vor Gericht wieder“, schnauzte sie zurück.

Er lächelte gelassen, nur seine Wangenmuskeln zuckten verräterisch, was sich bei Rebeccas nächstem Vorschlag noch verstärkte. „Wenn Sie sonst nichts mehr zu sagen haben, wäre es dann nicht an der Zeit zu verschwinden?“

„Sie scheinen sich Ihrer Sache sehr sicher zu sein, aber freuen Sie sich nicht zu früh, Rebecca. Es wäre ein Fehler mich zu unterschätzen, den haben schon andere gemacht und es bitter bereut.“

Er strich sich mit einem genüsslichen Lächeln übers Kinn, als würde ihm bei diesem Streitgespräch einer abgehen. Dass Jane, Rachel und Hayley diese kleine Auseinandersetzung mitbekamen, interessierte ihn scheinbar nicht. Hayley murmelte irgendwas Unverständliches vor sich hin und sah aus, als würde sie jeden Augenblick anfangen zu weinen. Sie hasste Streitereien jeglicher Art, und Rachel bescherte dieser Schlagabtausch offenbar eine Neuauflage ihrer Kopfschmerzen. Mit den Fingerspitzen massierte sie sich die Schläfen und wirkte unendlich genervt. Nur Jane lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und verfolgte das Schauspiel fasziniert. Sie liebte es, wenn die beiden sich fetzten und wartete gespannt auf Rebeccas Reaktion. Die natürlich nicht lange auf sich warten ließ.

„Wissen Sie, Jason“, fing sie an und lächelte lieblich, „ich passe mich einfach Ihrem niedrigen Niveau an. Zugegeben, es fällt mir wirklich schwer, aber wie Sie sehen, bemühe ich mich redlich.“

Er zog nur eine Augenbraue hoch und flüsterte ein leises „Touché, meine Liebe“, ehe er lässig aus dem Büro schlenderte. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Anzugshose vergraben und der Anblick seines sensationellen Hinterns löste nicht nur bei Rebecca akute Atemnot aus. Bevor er den Raum verließ, drehte er sich noch mal um. „Ach ja, ehe ich es vergesse: Das Dossier liegt spätestens morgen früh auf meinem Schreibtisch.“

„Leck mich“, rief Rebecca, nachdem er den Raum verlassen hatte, und zeigte ihm den Mittelfinger. Eine Geste, die völlig wirkungslos verpuffte, da er es ja nicht sehen konnte.

Jane fühlte sich trotzdem dazu berufen, ihre Chefin zu warnen. „Sei froh, dass er das weder gehört noch gesehen hat. Er hat nicht ganz unrecht, für Beleidigungen kannst du fliegen.“

Janes Einwand interessierte Rebecca herzlich wenig. „Er hat es aber nicht mitbekommen“, meinte sie ungerührt und atmete dann tief durch. „Lasst uns weitermachen. Wir sind noch längst nicht am Ende.“

Punkt für Punkt besprachen sie die Vorgehensweise und es vergingen mehr als drei Stunden, ehe sie mit einer Flut an Informationen das Büro verließen. Janes Zuversicht wuchs und sie fing tatsächlich an, sich auf diesen Auftrag zu freuen

Kapitel 3

 

Ungefähr einen Monat später stand sie mit ihrem Koffer am Straßenrand und wartete auf Rachels Ankunft. Nach einigem Hin und Her hatten sie sich darauf geeinigt, sich für den Zeitraum der Dreharbeiten einen geräumigen Van zu mieten. Statt einzeln anzureisen, würden sie sich gemeinsam auf den Weg nach Cherry Springs machen und Rachel fiel die Rolle des Chauffeurs zu. Die toughe Blondine hegte, abgesehen von ihrer Film-und Kameraleidenschaft, auch ein ausgesprochenes Faible für Autos und hatte, wie man so schön sagte, Benzin im Blut. Jane reichte schon die tägliche Fahrt zum Sender, um ihren Bedarf an Motorgeräuschen zu decken. Deswegen war sie dankbar dafür, dass Rachel die Rolle des Fahrers übernahm. Und was Hayley anging … die ließ man lieber gar nicht erst in die Nähe eines Steuers, wenn man vorhatte, noch das Rentenalter zu erreichen.

Ungeduldig sah Jane auf ihre Uhr, da sie bisher vergeblich auf die Ankunft ihrer Freundin wartete.

„Wo bleibst du nur?“, murmelte sie verstimmt und setzte sich auf ihren stabilen Hartschalenkoffer, der ihre knapp fünfzig Kilo Körpergewicht problemlos aushielt. Frustriert zog sie ihren locker gewordenen Pferdeschwanz am Hinterkopf zusammen, weil die dunkelbraunen Haarspitzen sie am Nacken kitzelten. Nach einer Weile tauchte am Horizont ein kleiner roter Punkt auf, der sich beim Näherkommen als klappriger alter Transporter herausstellte. Eigentlich nichts Ungewöhnliches, wenn es nicht die fröhlich winkende Rachel gewesen wäre, die hinter dem Steuer dieses hässlichen Ungetüms saß. Das durfte doch nicht wahr sein!

Jane knirschte mit den Zähnen. Das war keineswegs ein mit allerlei Schnickschnack ausgerüsteter Van, sondern ein altersschwacher Schrottkübel, an dessen Anhängerkupplung ein nicht weniger reparaturbedürftiger Trailer hing. Sobald Rachel neben ihr am Straßenrand hielt und grinsend aus dem Fahrerhäuschen sprang, platzte Jane der Kragen.

„Kannst du mir verraten, was das hier soll? Du wolltest einen Mietwagen besorgen, einen Van“, ergänzte sie betonend und deutete dann, vor Empörung zitternd, auf den Transporter. „Von einer vorsintflutlichen Benzinkutsche war nie die Rede. Was hast du dir nur dabei gedacht und warum in Dreiteufelsnamen hast du diesen hässlichen Trailer im Schlepptau?“

Sie musste aufhören, weil sie Luft holen musste. Wenigstens besaß ihre Freundin den Anstand, ein wenig rot zu werden, bevor sie sich rechtfertigte. „Jetzt sei nicht so zickig. Das ist ein Erbstück, der alte Truck meines Großvaters, und er ist top in Schuss.“

„Vor dem zweiten Weltkrieg vielleicht“, motzte Jane und verspürte den Drang zu jammern. Ihrer Erfahrung nach war ein holpriger Start eines Projekts gleichbedeutend mit einem katastrophalen Ende. „Ich will nicht in dieser Kiste nach Cherry Springs fahren“, beharrte sie stur. „Ich will einen Van.“

„Sorry, dafür ist es jetzt zu spät“, entschuldigte sich Rachel und wirkte dabei keine Spur schuldbewusst. „Glaub mir, meine alte Lady ist das perfekte Auto, um dort in der Einöde ein bisschen Eindruck zu schinden.“

„Wen interessiert schon, was ein paar Cowboys von uns denken?“ Jane konnte es nicht fassen und betrachtete verzweifelt das rote Ungetüm, an dem stellenweise schon der Lack abblätterte. Anklagend wies sie mit dem Zeigefinger auf eine besonders ausgeprägt bräunliche Stelle, an der sich der Rost schon tief in die Karosserie gefressen hatte.

„Sieh dir das an. Der ganze Lack blättert ab. Ich will gar nicht wissen, wie es unter dem Wagen aussieht. Wahrscheinlich verlieren wir unterwegs den Motor oder irgendwas anderes Wichtiges.“

„Liebes, vertrau Tante Rachel. Meine alte Lady sieht vielleicht nicht danach aus, aber sie ist in einem Topzustand und wir werden pünktlich und in einem Stück in Cherry Springs eintreffen.“

Jane wäre ein modernes Fahrzeug mit funktionierender Klimaanlage lieber gewesen, aber offensichtlich hatte sie keine andere Wahl, als in dieses rote Monster zu steigen und zu beten, dass die Karre nicht mitten auf der Straße liegen blieb.

„Lass uns einfach fahren, bevor ich hier Amok laufe“, murrte sie schlecht gelaunt und riss die Wagentür auf. Mit Todesverachtung betrachtete sie die teils fleckigen, teils zerschlissenen Sitzpolster, ehe sie sich vorsichtig darauf niederließ. Dabei versuchte sie nichts anzufassen und griff in ihre Handtasche. Irgendwo da drin hatte sie doch noch ein Desinfektionsspray …

Ihre Freundin klemmte sich unterdessen hinters Steuer und wirkte ungeheuer zufrieden.

„So, bereit für die Fahrt deines Lebens?“

Jane warf ihr einen bedeutsamen Blick zu. „Kein Wort mehr! Lass uns einfach Hayley abholen. Die löst sich wahrscheinlich schon vor lauter Vorfreude in Luft auf.“

Hayley war die Einzige, die sich ehrlich auf diese Dreharbeiten freute, und schwelgte schon seit Tagen in Vorstellungen von altmodischer Lagerfeuerromantik.

---ENDE DER LESEPROBE---