Brandzeichen & Bänder - Vanessa Vale - E-Book

Brandzeichen & Bänder E-Book

Vale Vanessa

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Beschreibung

Es gibt nur Eines, was er tun kann, um ihr Verlangen und ihren Ruf zu schützen…sie heiraten.

Daisy Lenox hat sich neben ihren hübschen und lebhaften Schwestern immer unsichtbar gefühlt. Aber der neue Stadtarzt, Ethan James, hat all das verändert. Er beobachtet sie mit einer Intensität, die sie nicht leugnen kann. Er ist der Erste, der sie ermutigt und der Erste, der sie streng tadelt, wenn sie es braucht.

Doktor Ethan James hat ein Geheimnis…bis Daisy Lenox ihm folgt und die Wahrheit herausfindet – wobei sie fast getötet wird.
Da Daisy Ethan wichtig ist, ist er entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie ihr Leben nie wieder in solche Gefahr bringt.

Dieses Buch wurde bereits unter dem Titel Daisy veröffentlicht.
 

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Brandzeichen & Bänder

Lenox Ranch Cowboys - Buch 4

Vanessa Vale

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Copyright © 2015 von Vanessa Vale

Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Fantasie der Autorin und werden fiktiv verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebendig oder tot, Geschäften, Firmen, Ereignissen oder Orten sind absolut zufällig.

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder auf elektronische oder mechanische Art reproduziert werden, einschließlich Informationsspeichern und Datenabfragesystemen, ohne die schriftliche Erlaubnis der Autorin, bis auf den Gebrauch kurzer Zitate für eine Buchbesprechung.

Umschlaggestaltung: Bridger Media

Umschlaggrafik: Wander Aguiar Photography; Deposit Photos: tampatra

Dieses Buch wurde bereits unter dem Titel Daisy veröffentlicht.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

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ÜBER DIE AUTORIN

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1

DAISY

Mir war kalt. Bitterkalt. Mir war noch nie in meinem Leben so kalt. Wenn ich das hier überlebte, würde ich in jedem Zimmer meines Hauses einen bauchigen Ofen aufstellen und dicke Wollstrümpfe tragen, sogar im Sommer. Ich hatte schon lange das Gefühl in meinen Fingern und Zehen verloren, mein Kleid und Mantel fingen an, steif zu werden und zu gefrieren. Ich kroch über den verschneiten Boden, wobei ich es nur wenige Zentimeter vom Flussufer weg schaffte.

Zuerst hatte der Schock des Wassers mir die Luft aus den Lungen gepresst, aber direkt im Anschluss hatte er mich dazu angetrieben, aus selbigem zu entkommen. Doch es war zu spät. Ich war von Kopf bis Fuß nass. Mein Pferd, das mich abgeworfen hatte, stand ruhig neben dem Ufer, seine warme Schnauze rieb sich an mir. Meine Zähne klapperten laut. Ansonsten hätte ich mit dem Tier geschimpft, weil es nervös geworden war und mich abgeworfen hatte. Was das Tier dazu veranlasst hatte, zu steigen, wusste ich nicht so genau. Es war auch nicht länger wichtig, da niemand in der Nähe war. Die Prärie war flach, es gab lediglich vereinzelte kleine Erhebungen, in jeder Richtung lag meilenweit nur weites Land, die hohen Berge befanden sich im Westen. Ich hatte keine trockenen Kleider. Keine Decken. Ich hatte meine kleine Zwischenmahlzeit aus Brot und Käse vor einer Stunde gegessen.

Mein Plan war gewesen, Doktor James zu folgen, um herauszufinden, wohin er mehrmals die Woche verschwand. Der Mann war zu meiner Obsession geworden und seine Abwesenheit in der Stadt und der Mangel an Gerüchten über ihn hatten meine Neugier geweckt. Eine meiner Adoptivmütter, Miss Esther, wusste von Mr. Peters‘ eingewachsenem Zehennagel, Mrs. Rays schwieriger Steißgeburt, Bobby Cuthberts Krupp und den Windpocken der Maxwell Zwillinge. Sie wusste aber nichts über die Ausflüge von Doktor James und das bedeutete, der Mann hielt sich gut bedeckt.

Anders als manche Leute interessierte ich mich nicht für Gerüchte oder irgendwelche Wehwehchen der Stadtleute. Ich interessierte mich dafür, was es war, das Doktor James tat, von dem niemand wusste. Der Grund war eindeutig und ich hatte es bereits zugegeben: ich war besessen von dem Mann.

Ich versuchte, das Wasser aus dem Saum meines Kleides zu wringen, aber ich konnte meine Finger nicht bewegen. Das ließ mich an das erste Mal denken, als ich Doktor James gesehen hatte, als meine Obsession mit ihm ihren Anfang genommen hatte. Es war einer dieser Spätherbsttage gewesen, die überraschend warm sind, weil der Sommer noch nicht gewillt ist zu weichen, als ein Indianer namens Roter Bär im Warenladen direkt vor mir umgekippt war. Er war in die Stadt gekommen, um Büffelhäute, Wolle und Felle zu tauschen. Während Mr. Crane besorgt um den Mann gewesen war und seinen Sohn zu Doktor James geschickt hatte, hielten einige der anderen Kunden nicht so viel von den Indianern.

Nachdem ich Mr. Crane um ein feuchtes Tuch und einen Becher Wasser gebeten hatte, hatte ich mich neben den Mann gekniet, der einfach nur überhitzt zu sein gewesen schien. Ich hatte das kühle Tuch um seinen Hals geschlungen und auf Doktor James Ankunft gewartet. Ich hatte den neuen Arzt noch nicht kennengelernt, nur von Miss Esther von ihm gehört, die so ziemlich alles und jeden im Umkreis von fünfzig Meilen kannte. Meine verheiratete Schwester Rose hatte die erste Hälfte ihrer ersten Schwangerschaft bereits hinter sich und ihn ein paar Mal aufgesucht. Ihr Ehemann Chance war überfürsorglich und hatte sie eines frühen Morgens den ganzen Weg bis in die Stadt gebracht wegen etwas, das sich als Verdauungsstörung herausgestellt hatte. Also hatte sie von der Peinlichkeit einer unbegründeten Sorge abgelenkt, indem sie uns unverheirateten Lenox Mädchen – es gab noch fünf von uns – davon erzählt hatte, wie gut aussehend der Mann war.

Aufgrund dessen, was Rose berichtet hatte, hatte ich damit gerechnet, dass er attraktiv sein würde, als er in den Warenladen gerauscht war. Dennoch war es eine ziemliche Überraschung gewesen, als er sich neben mich gekniet hatte. Seine beeindruckende Gestalt hatte sich unter dem maßgeschneiderten Anzug klar abgezeichnet. Seine Hose hatte sich straff über seine Oberschenkel gespannt und seine dunklen Haare waren ordentlich und akkurat geschnitten gewesen.

Seine Hände hatten mich jedoch am meisten fasziniert. Ja, seine Hände. Sie waren groß, vielleicht doppelt so groß wie meine mit langen, stumpfen Fingern. Dunkle Haare sprossen vereinzelt auf dem Handrücken und seine Haut war von der langen Sommersonne gebräunt gewesen. Er hatte diese unglaublichen Hände zwar nicht auf bemerkenswerte Weise bei Rotem Bär zum Einsatz gebracht, aber als er den Indianer untersucht und sich um diesen gekümmert hatte, hatte ich überlegt, wie sie sich wohl auf meiner Haut anfühlen würden. Hätten sie harte Schwielen? Wäre sein Griff fest oder sanft? Wie würde er mich berühren? Wo?

Ich hatte bei dem Gedanken, dass dieser Mann sich auf solch methodische und ruhige Art um mich kümmerte, über meine Lippen geleckt. Der Mann verhätschelte nicht. Er war nicht in Panik geraten und hatte dankbar den Becher Wasser von Mr. Crane angenommen. Die Damen, die sich darüber aufgeregt hatten, dass der Indianer in ihrer Mitte umgekippt war, waren von der geradlinigen Art des Arztes beruhigt worden. Ich war erleichtert gewesen, als ich gesehen hatte, dass er keine Probleme damit hatte, dem Mann zu helfen und er war in meiner Achtung gestiegen.

Er war an diesem warmen Tag nicht ins Schwitzen geraten, anders als ich. Mir war äußerst heiß geworden und zwischen meinen Beinen war es überraschend feucht geworden.

Roter Bär hatte sich recht schnell erholt, nachdem er genug getrunken hatte.

„Das kühle Tuch und der Becher Wasser waren genau das, was er gebraucht hat, Mr. Crane“, hatte Doktor James dem Ladenbesitzer erzählt. „Ich werde Sie vielleicht als Assistent einstellen müssen.“

Der ältere Mann hatte eine kleine Tüte Mehl unter dem Arm geklemmt gehabt. „Das Lob gebührt Miss Lenox. Sie war diejenige, die schnell gedacht hat.“

Ich wusste, was man tun musste, weil es gelegentlich auf der Ranch passierte. Ich hatte in einem Buch gelesen, dass ein kühles Tuch um den Hals dabei half, die Körpertemperatur einer Person zu senken und es schien Rotem Bär geholfen zu haben.

Doktor James hatte sich vergewissert, dass der Mann noch ein Glas Wasser trank und sich gut erholte, während er in einer schattigen Ecke des Ladens saß. Er hatte seine Arzttasche geholt und sich dann mir zugewandt. Seine dunklen Augen hatten in meine geblickt, bevor sie über mein Gesicht und meinen Körper hinabgewandert waren, was mein Herz einen Schlag aussetzen hatte lassen. Meine Handflächen waren feucht geworden und das Atmen war mir ziemlich schwergefallen. Vielleicht wäre ich die nächste, die in Ohnmacht fallen würde. Ich hatte noch nie zuvor eine solch…solch emotionale Reaktion auf einen Mann gehabt. Hyacinth und Rose hatten mir davon erzählt, aber ich hatte nur meine Augen verdreht und über diesen Irrsinn geschnaubt. Ich hatte mich eindeutig geirrt.

„Gute Arbeit, Miss Lenox.“

Meine Wangen waren furchtbar heiß geworden und da ich zu aufgeregt gewesen war, um zu sprechen, hatte ich nur mit dem Kopf genickt.

Er hatte mir einen letzten Blick zu geworfen, seinen Hut wieder auf den Kopf gesetzt und ihn zum Abschied mit einem Finger angetippt. „Ladies“, hatte er zu den älteren Frauen, die die Genesung beobachtet hatten, gesagt. Sein Blick war einen kurzen Augenblick zu mir zurückgekehrt und hatte meinen gehalten, wie ich meinen Atem. „Miss Lenox.“ Er hatte auf der Hacke kehrt gemacht und war so schnell verschwunden, wie er hergekommen war.

Während das Stadtvolk wieder seinen Beschäftigungen nachgegangen war, hatte ich die verschwindende Gestalt des Arztes durch das Ladenfenster beobachtet. Das wundervollste Gefühl hatte mich durchströmt, als ob ich eine ganze Flasche von Miss Trudys Huckleberrywein getrunken hätte. Seine Stimme, sein Blick waren, wenn sie auf mich gerichtet gewesen waren, tatsächlich sehr potent gewesen.

„Doktor James ist ziemlich mysteriös“, hatte eine Frau einer anderen zu gemurmelt.

„Ja, ich habe gehört, er komme aus dem Süden und sein Akzent zeugt ganz gewiss davon.“ Sie hatte ein Glas aus dem Regal genommen und die eingelegten Gurken gemustert. „Glaubst du Mrs. Atterburys selbstgemachte Essiggurken sind dieses Jahr gut?“

Das Gerede über Essiggurken hatte mich nicht interessiert. Ich war genervt gewesen, da ich den gesamten Tratsch über Doktor James hatte hören wollen. Ich war zu den vorgefertigten Kleidern gegangen, die ordentlich gefaltet auf einem Tisch gelegen hatten.

„Ich glaube, er kommt aus Georgia.“

Georgia. Ich hatte mir nicht vorstellen können, dass Doktor James so affektiert war, wie ich es von anderen Bewohnern dieses Staates gehört hatte. Seine Stimme war tief und klar gewesen, aber er hatte stets leise geredet, während er Rotem Bär Fragen gestellt hatte. Die Buchstaben waren auf eine Weise von seiner Zunge gerollt, die zu seinem ruhigen Auftreten gepasst hatte.

„Ich habe ihn bis jetzt noch nicht gebraucht, aber er hat sich um die Sommergrippe meines Neffen gekümmert.“ Eine Frau hatte eine Rolle Karostoff hochgehoben, ihn betrachtet, dann wieder auf den Tisch gelegt.

Die andere hatte sich näher zu ihr gebeugt. „Er ist ein attraktiver Mann. Unverheiratet.“ Sie hatte das letzte Wort ausgesprochen, als wäre er von königlichem Blut anstatt ein einfacher Junggeselle. „Vielleicht sollte ihn deine Amanda in Erwägung ziehen?“

Ich kannte die Tochter der Frau. Sie war zwar recht freundlich, aber sie war zu sanftmütig, um zu dem neuen Arzt zu passen. Er brauchte jemanden mit einem flinken Verstand, einem eleganten Auftreten und einem hübschen Gesicht. Er brauchte…mich.

„Vielleicht, aber ich würde mir um ihre Sicherheit sorgen machen, wenn er sich mit Indianern abgibt.“ Sie flüsterte den letzten Teil, während sie in die Richtung schaute, wo Mr. Crane mit Rotem Bär plauderte. „Ich sollte ihn zum sonntäglichen Abendessen einladen und mehr herausfinden“, überlegte sie. Sie hob entschlossen ihr Kinn. „Es ist nur angemessen, ihn in der Stadt willkommen zu heißen.“

Ein neuer Mann in der Stadt wurde stets zum Thema müßigen Tratsches und Spekulationen und sorgte für überschwänglichen Elan unter den Frauen – besonders den Müttern unverheirateter Töchter – da es schwer war, im Montana Territorium einen würdigen Kandidaten zu finden. Ein Doktor war ein ziemlich guter Fang, aber eine Verbrüderung mit den Indianern wurde von einigen nicht gern gesehen.

Die Damen hatten miteinander geschnattert wie zwei Gänse, wahrscheinlich hatten sie bereits eine Ehe in nicht allzu weiter Zukunft gesehen.

Ich hatte das Kleid, das ich zu bewundern vorgetäuscht hatte, wieder auf den Tisch gelegt und meinen eigenen Korb von der Theke geholt. Wenn ich Doktor James Aufmerksamkeit erregen wollte, wenn ich mich wieder so fühlen wollte, würde ich schnell sein müssen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis eine dieser Frauen ihre Krallen in den armen Mann schlug und ihn zum Altar schleifte, damit er neben ihrer Tochter stand.

Da Doktor James neu in der Stadt war und sich der Unverfrorenheit dieser Frauen nicht bewusst war, war es mir zugefallen, ihn vor solch einer Grässlichkeit zu beschützen.

Ich würde klatschnass, wie ich war, nicht lange in diesem Wetter überleben. Der Fluss war selbst im Sommer vom Schmelzwasser aus den Bergen eiskalt, aber da Dezember war, musste die Temperatur gerade so über dem Gefrierpunkt liegen. Dampf stieg vom Wasser auf, was darauf hinwies, dass es wärmer war als die Luft. Denk ans Überleben, nicht an wissenschaftliche Fakten.

Unglücklicherweise würde ich höchstwahrscheinlich hier draußen sterben, weil ich mein Interesse an Doktor James geheim gehalten hatte. In den zwei Monaten, die seit dem Vorfall im Warenladen vergangen waren, hatte ich ihn so gut im Auge behalten wie ich konnte – mit vier Schwestern und zwei Müttern zu Hause war es schwierig, eine neue Routine oder Interesse zu verbergen.

Zur gleichen Zeit war es aber auch leicht, übersehen zu werden, wenn so viele in einem Haus lebten, vor allem, weil ich gerne still in einer Ecke saß und meine Nase in ein Buch steckte. Bei all der Geschäftigkeit, die mit der Führung eines so großen Haushaltes einherging, war es schwer, mehr als auch nur ein bisschen Aufmerksamkeit zu erhalten. Dahlia hatte die meiste Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil sie leicht wild und offen gewesen war. Wir hatten uns nah gestanden und den Großteil unserer Zeit miteinander verbracht, wodurch ich in der Lage gewesen war, zumindest ein wenig dieser Aufmerksamkeit zu erhaschen. Aber Dahlia hatte Garrison Lee geheiratet und hatte ein deutliches Loch hinterlassen, das ich nur allzu schmerzlich spürte. Ich hatte eine Menge Zeit zum Lesen und um mir Gedanken über Doktor James Hände …und andere genauso reizvolle Körperteile zu machen.

Und das hatte dazu geführt, dass ich einige unbedachte Entscheidungen getroffen hatte, wie beispielsweise dem Mann nach…irgendwohin zu folgen. Ich stöhnte wegen dem Schmerz in meinen Fingern.

Denk nach!

Ich könnte dem Pferd den Sattel abnehmen und die Decke darunter benutzen, aber ohne einen Unterschlupf und trockene Kleider würde mir das nicht viel bringen. Ich konnte nicht hierbleiben. Ich musste das Pferd besteigen und in der Hoffnung losreiten, den Weg nach Hause zu überleben. Dieser würde über eine Stunde dauern und ich hatte bestimmt nicht mehr so viel Zeit. Ich warf einen Blick in die andere Richtung, während mein Körper von Schaudern geschüttelt wurde. War Doktor James in der Nähe? Wenn ich weiter nach Westen ritt, würde ich ihn dann schneller erreichen, als wenn ich nach Hause zurückkehrte? Er besuchte sicherlich einen Patienten und das bedeutete, dass es dort einen Unterschlupf gab. Hitze. Sicherheit.

Ich stolperte zum Pferd und hob die Zügel an. Irgendwie gelang es mir, mich in den Sattel zu hieven, aber ich konnte nicht mehr aufrecht sitzen. Ich lehnte mich nach unten auf den Hals des Pferdes und er war warm unter meiner gefrorenen Wange. Indem ich meine Schenkel zusammendrückte, setzte ich das Pferd in Bewegung. Ich war dankbar, dass das alles war, was nötig war, da ich keine Kraft mehr hatte. Wir wandten uns in Richtung der untergehenden Sonne und der Berge und ich musste einfach hoffen, dass Doktor James, irgendjemand – egal wer! – in der Nähe war.

Gedanken wirbelten durch meinen Kopf, traten an die Oberfläche und verflüchtigten sich wieder. Ich wusste, dass das ein Zeichen von Unterkühlung war. Ich versuchte, mit den Fingern und Zehen zu wackeln, aber es schmerzte zu stark. Ich dachte an Roses Baby, das ich aller Wahrscheinlichkeit nach nie kennenlernen würde. Genauso wenig wie Hyacinths. Ich dachte an die Fahrt in die Stadt, als Doktor James Hyacinths Vermutung bestätigt hatte. Ich war mit ihnen gegangen. Das war erst vor wenigen Wochen gewesen. Das Traben des Pferdes ließ meine Gedanken zurück zu dieser Begebenheit wandern.

Jackson hatte den Wagen vor Doktor James Haus angehalten. Die Tür zu seiner Unterkunft befand sich an der Vorderseite, aber es gab noch einen Nebeneingang, der zu zwei Zimmern führte, die er für seine Praxis nutzte. Ich war ein oder zwei Mal als Kind dort drin gewesen, um den vorherigen Arzt aufzusuchen, einmal, als ich meinen Arm gebrochen hatte – Dahlia hatte mich die hintere Treppe hinabgestoßen – und ein zweites Mal, als drei von uns Mädchen verdorbenen Apfelwein auf dem Herbstfest getrunken hatten.

Doktor Monroe hatte mich bei Laune gehalten, indem er mir seine medizinischen Niederschriften geliehen hatte. Sie waren für mich als Kind zu kompliziert gewesen, aber der ältere Mann hatte meine Begeisterung für die Wissenschaften erkannt und weiterhin sein Wissen mit mir geteilt, bis er in Rente gegangen und weggezogen war. Seit damals bestellte ich im Warenladen wissenschaftliche Aufzeichnungen und Bücher zu ungewöhnlichen und unterschiedlichen Themen. Allerdings hatte ich niemanden, mit dem ich mein Wissen teilen konnte.

Die gelangweilten und schrägen Blicke, die mir meine Familie zuwarf, wann immer ich ihnen etwas von dem Gelesenen erzählte, waren mir nur allzu vertraut geworden und hatten mich, auch wenn es von ihnen nicht beabsichtig war, verletzt. Ich hatte zugesehen, wie jeder Hyacinths Patchworkdecken oder Marigolds Gemälde bis in den Himmel gelobt hatte. Aber was ich in Büchern entdeckte, war für sie nicht gerade interessant, also hatte ich aufgehört, es ihnen zu erzählen. Das bedeutete aber nicht, dass ich aufhörte zu lesen. Ich behielt die Inhalte lediglich für mich. Wegen diesem angelesenen Wissen wusste ich jetzt, während ich unkontrolliert zitterte, dass dies der letzte Versuch meines Körpers war, mich warm zu halten. Meine trägen, durcheinander wirbelnden Gedanken hüpften von der Vergangenheit zur Gegenwart und wieder zurück. Es war, als würde ich träumen, aber ich war definitiv wach. Wenn ich schlafen würde, würde ich nicht solche Schmerzen empfinden. Meine Gedanken drehten sich wieder weiter.

Als ich an jenem Tag mit Hyacinth und Jackson gefahren war, war der Boden gefroren und es war bitterkalt gewesen. Jackson hatte Hyacinth und mir Decken für die Fahrt gegeben, aber die hatten nicht viel dazu beigetragen, mich zu wärmen, da ich in meiner Eile meinen Hut vergessen hatte. Meine Wangen hatten gebrannt und meine Ohrenspitzen waren taub geworden. Doktor James hatte die Tür auf Jacksons Klopfen hin geöffnet.

Nickend war er beiseitegetreten und hatte uns Einlass gewährt. „Mr. und Mrs. Reed, Miss Lenox.“

Er hatte einen schwarzen Anzug mit einem blütenweißen Hemd getragen. Die dünne, dunkle Krawatte, die er angehabt hatte, hatte ihn steif und förmlich wirken lassen. In einer Ecke hatte ein Ofen gestanden, um den Raum zu wärmen. Ich hatte meine Handschuhe ausgezogen, während ich Doktor James angestarrt hatte.

„Entschuldigen Sie bitte, dass ich gestern absagen musste“, hatte er zu Jackson und Hyacinth gesagt. „Ein kranker Patient hat außerhalb der Stadt meiner Hilfe bedurft.“

„Das verstehen wir“, hatte Jackson geantwortet und dann seinen Kopf gedreht, um mir einen bedeutungsvollen Blick zuzuwerfen.

„Ah, ja.“ Es war an der Zeit gewesen, dass ich mich aus dem Staub machte. Ich hatte die Einkaufsliste aus meiner Jackentasche gezogen und sie hochgehalten. „Ich werde den Korb holen und alles Nötige besorgen. Wird eine Stunde ausreichen?“ Ich hatte die Frage an Doktor James gerichtet. Er hatte einmal genickt und mit seiner Hand auf die Tür im Zimmer gewiesen, damit Hyacinth und Jackson in das Untersuchungszimmer gingen.