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Daniela Felbermayr

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Beschreibung

Charlie Hannigan steckt in der Klemme. Sie hat nicht nur ihren Job verloren, sondern auch ihren langjährigen Freund - der sie mit einem Berg Schulden für eine Andere sitzen gelassen hat. Um irgendwie über die Runden zu kommen, nimmt sie nach einigem Zögern den Job als persönliche Assistentin des Milliardärs und Playboys Aidan Stone an, der nicht nur für seinen knallharten, nicht immer ganz legalen Umgang mit Geschäftspartnern bekannt ist, sondern auch dafür, dass er Menschen - und vor allem Frauen - in seiner Umgebung meist sehr schnell bricht. Als Charlie den Vertrag bei Aidan unterschreibt, ist ihr bewusst, dass dieser Job anders ist, als alle, die sie zuvor hatte. Doch sie hat keine Vorstellung davon, wie tief sie in den Sog der Dunkelheit, die Aidan umgibt, hineingezogen werden wird. Aidan Stone ist alles andere als begeistert, als man ihm eine Frau anstelle eines männlichen Assistenten ins Vorzimmer setzt. Frauen sind nur für ein paar nette Stunden im Schlafzimmer zu gebrauchen - zu sonst aber nichts. Doch aufgrund von akuter Personalnot muss er sich mit diesem lebendigen, quirligen Ding zufriedengeben, das sein Vorzimmer mit Links zu schmeißen scheint - zumindest so lange, wie seine Personalabteilung braucht, um Ersatz zu finden. Dummerweise macht Charlie Hannigan ihren Job sehr gut und außerdem hat sie etwas an sich, was Aidan unglaublich anzieht. Doch ... Aidan Stone ist ein Mann, der Unheil und Schlechtes über jeden Menschen in seiner Nähe bringt. Und der das dunkle Geheimnis, das ihn seit seiner Kindheit umgibt, nicht ablegen kann. Er DARF Charlie nicht näher kommen, wenn er ihr nicht schaden will, doch als er sich dessen bewusst wird, ist es längst zu spät...

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Copyright © 2019 Daniela Felbermayr

1. Auflage, 2019

Text & Titel: Daniela Felbermayr

Cover: www.rausch-gold.comCatrin Sommer,

unter der Verwendung von Shutterstock

Korrektorat: S.W. Korrekturen e.U.

All rights reserved.

 

 

 

www.danielafelbermayr.com

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin. Personen und Handlungen aus diesem Roman sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit oder Bezüge zu real existieren Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch vorkommen, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Besitzer.

 

Prolog

 

„Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst?“ Jen blickte ihre beste Freundin Charlotte, die von allen nur Charlie genannt wurde, an. „Ich meine … das ist eine unglaublich schwerwiegende Entscheidung. Die solltest du nicht übers Knie brechen.“Charlie rollte mit den Augen. Sie nippte an dem Champagner, den sie zuvor für sich und ihre beste Freundin eingeschenkt hatte, und stellte das Glas vor sich ab.

„Ich trete einen neuen Job an, Jen, ich spende niemandem eine Niere und habe auch nicht vor, jemandes Baby als Leihmutter auszutragen.“

„Du weißt genau, was ich meine. Aidan Stone ist ein Krimineller.“„Großer Gott, Jen, der Mann ist doch kein Krimineller.“ Charlie verschluckte sich fast an ihrem Champagner. Und obwohl sie nach außen hin die Bedenken ihrer besten Freundin als Mumpitz abtat, so war sie innerlich schon ein kleines bisschen beunruhigt. Ja, offiziell war Aidan Stone niemals etwas nachgewiesen worden. Nichts. Kein Fünkchen. Er war so reich, dass er sich Menschen, Richter und Freisprüche mit Sicherheit kaufen konnte. Und hieß es nicht, dass jeder so lange unschuldig war, bis seine Schuld eindeutig bewiesen war? In diesem Fall war Aidan Stones Weste weiß. Das wusste Charlie, weil sie sich eine ganze Nacht lang durch Artikel geklickt hatte, die sich mit ihm befassten. Aber … dieser Ruf, der ihm vorauseilte, war alles andere als positiv. Aidan Stone war der CEO eines multinationalen Ölkonzerns, den er vor zwölf Jahren von seinem Vater übernommen hatte. Er galt als harter Hund in Sachen Verhandlungen, er wurde als gnadenlos beschrieben, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, und es war bekannt, dass er mit Geschäftspartnern und Mitarbeitern nicht gerade zimperlich umging. In einem Forum hatte Charlie einen Beitrag entdeckt, in dem eine seiner Exfreundinnen sich zu Wort gemeldet hatte. Angeblich war Aidan auch als Partner keiner von der feinen Sorte. Natürlich bot er einem Luxus und Pomp, so weit das Auge reichte. Urlaube, Schmuck, Designerklamotten und Autos. Das alles waren nur „Kleinigkeiten“, wenn man die Frau an Aidan Stones Seite war. Das Luxusleben, das er einem anbot, wenn man sich dazu entschloss, die Frau an seiner Seite zu werden, hatte jedoch seinen Preis. Offenbar hatte Aidan besondere „Vorlieben“, auf die die Beitragserstellerin nicht näher eingehen wollte. Sie hatte sie aber als dunkel und verwegen und … fast schon widernatürlich beschrieben. Eine Umschreibung, die natürlich ausreichend Spielraum für Interpretationen ließ. Charlie hatte den Beitrag weggeklickt und außerdem die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass die Dame, die ihn verfasst hatte, vielleicht gar keine Ex von Aidan Stone war. Oder dass sie ihm damit einfach eins reinwürgen wollte, weil er sie möglicherweise gegen ein neueres Modell eingetauscht hatte. Fazit war jedoch, dass Aidan Stone vermutlich keinen Preis als bester Arbeitgeber der USA gewonnen hätte, dass er eine ziemlich fragwürdige Geschäftstaktik an den Tag legte und ja, dass er vermutlich das eine oder andere Ding gedreht hatte. Nichtsdestotrotz bot er Charlie einen Job an, der es in sich hatte. Und den sie einfach annehmen musste, erst recht in ihrer aktuellen Situation.

 

Es war jetzt genau drei Monate her, dass das Leben, das sie bislang gekannt hatte, sich von Grund auf verändert hatte. Vor drei Monaten war alles gelaufen wie geschmiert. Sie hatte als Assistentin eines der CEOs für ein Immobilienunternehmen gearbeitet und ihren Job geliebt. Es war der erste Job, den sie nach dem College angetreten hatte, und sie mochte, was sie tat. Sie hatte ein umfangreiches Aufgabenfeld, die Leitung der Marketingabteilung inne und hin und wieder zeigte sie Interessenten die eine oder andere Liegenschaft – gerne auch in Florida, L. A. oder Seattle. Wenn sie jetzt an diesen einen speziellen Tag zurückdachte, der ihr Leben so komplett auf den Kopf gestellt hatte, wurde ihr übel. Sie erinnerte sich, als wäre es gestern gewesen, als sie gerade einen Termin für eine Besichtigung vereinbart hatte, als die Tür ihres Büros sich plötzlich öffnete und ihr Boss – gefolgt von einem weiteren Partner – den Raum betrat. In dieser Sekunde hatte Charlie gewusst, dass sie ihren Job in den nächsten fünf Minuten los war – und so war es dann auch gewesen. Mark Newman, einer der Geschäftsführer, erklärte ihr in zwei Sätzen, dass man sich von ihr würde trennen müssen, weil die Zusammenarbeit für beide Seiten nicht mehr passte. Charlie hatte darauf verzichtet, zu argumentieren, woher die Geschäftsführung denn zu wissen glaubte, dass es für sie nicht mehr passte. Und dass es die letzten zehn Jahre „gepasst“ hatte. Dass es „gepasst“ hatte, wenn sie an den Wochenenden arbeitete, weil so viel zu tun war, und dass es „gepasst“ hatte, wenn sie Überstunden machte, ohne sie zu notieren. Dass es „gepasst“ hatte, wenn sie bei der Weihnachtsparty darauf verzichtete, mit den anderen zu feiern, weil die Firma zu geizig war, um einen Fotografen zu engagieren, und so Charlie mit der Kamera durch den Festsaal tingelte. Und dass es „gepasst“ hatte, als sie zahlreiche Reden für alle möglichen Geschäftsführer und Partner zu Hause verfasst hatte, weil auch das offenbar zu ihrem Tätigkeitsfeld gehörte. Charlie hatte kurz überlegt, sich auf eine Diskussion mit Mark und Neil, ihrem Boss, einzulassen, hatte es dann aber doch nicht getan. Was hätte sie auch schon erreicht? Ihre Kündigung war offenbar über ihren Kopf hinweg beschlossen worden, und selbst wenn sie im Viereck sprang, würde sich daran nichts mehr ändern. Und außerdem … wollte sie wirklich für ein Unternehmen arbeiten, das so mies mit seinen Mitarbeitern umsprang? So hatte Charlie also ihre Siebensachen gepackt und war mit dem prototypischen Karton, in dem sich ihre Habseligkeiten befanden, nach Hause gefahren.

 

An diesem Abend wollte sie nur noch eines: sich bei ihrem Freund Ben ausheulen, vielleicht ein Glas Rotwein trinken – oder besser: eine Schachtel Pralinen verdrücken – und ihre Wunden lecken. Sie hatte mit vielem gerechnet. Aber nicht, dass Ryder Realty sie einmal so mies behandelte und sie einfach so rauswarf. Im Nachhinein hatte Charlie erfahren, dass Mark Newton sie nur aus dem Grund entlassen hatte, weil er eine neue Freundin hatte, die scharf auf einen Job in der Firma gewesen war. Also hatte man sie – Charlie – abgesägt – und eine völlig neue Position für die Frau geschaffen, die mit einem der Bosse schlief. Großartig.

 

Dass dieser absolute Horrortag noch lange nicht vorbei war, ahnte sie nicht, als sie ihr Appartement an diesem Nachmittag betrat. Die Lifttüren öffneten sich und sie zog ihren Schlüsselbund heraus. Was würde Ben nur zu der Sache sagen? Charlie schloss das Appartement auf und wäre fast über Bens Schuhe gestolpert, die direkt vor der Eingangstür ausgezogen worden waren. Sie zog die Augenbrauen hoch und sah die braunen Sneakers von Nike an. Eigentlich kam Ben immer erst gegen sechs nach Hause. Er arbeitete in Brooklyn für ein Sportmagazin und hatte gerade in den Abendstunden gut zu tun. Jetzt war es gerade mal Viertel vor eins und er war hier? Sie hängte ihre Handtasche an die Garderobe und schlüpfte aus ihren Pumps, dann lauschte sie. Es war merkwürdig, dass der Fernseher nicht lief. Den Fernseher anzumachen und diesen dämlichen Pay-TV-Sender einzuschalten, auf dem den ganzen Tag über alte Wiederholungen von Two and a half Men liefen, war das Erste, was Ben tat, wenn er die Wohnung betrat. Egal, ob er sich tatsächlich vor den Fernseher setzte oder etwas ganz anderes zu tun hatte, offensichtlich brauchte er die sexistischen und unlustigen Sprüche, die die Serienmacher Charlie Sheen auf den Leib geschrieben hatten. Doch diesmal war alles merkwürdig still im Appartement. Sie überlegte. Ben trug immer diese braunen Sneakers im Büro, wenn er nicht gerade einen Termin hatte, bei dem Sportschuhe unangebracht waren. Charlie schüttelte kurz den Kopf. In diesem Moment hatte sie andere Dinge zu tun, als sich über Bens Schuhe Gedanken zu machen. Vielleicht hatte er sich an diesem Morgen entschlossen, eines der zahlreichen anderen Schuhpaare anzuziehen, die sich im Garderobenschrank befanden und so gut wie nie das Tageslicht erblickten. Und trotzdem … war es merkwürdig, dass die Sneakers hier waren und nicht an Bens Füßen in der Redaktion. Charlie betrat das geräumige Wohnzimmer des Appartements, das um diese Zeit lichtdurchflutet war und angenehme Wärme ausstrahlte. Auch hier deutete nichts darauf hin, dass Ben zu Hause war.

„Ben?“, rief Charlie in das leere Appartement. „Bist du hier? Ich brauche eine Umarmung. Und Alkohol.“

Sie lief durch das Wohnzimmer den Flur entlang zum Schlafzimmer. Was, wenn Ben mit einer Frau da drin war? Ein mulmiges Gefühl ergriff von ihr Besitz, das sie aber sofort wieder abschüttelte. Sie und Ben waren jetzt seit sieben Jahren ein Paar, und er war die treueste Seele, die man sich vorstellen konnte. Klar, er hatte hin und wieder seine Macken, aber die hatte jeder. Und betrügen würde er sie nicht. Niemals. Dennoch zitterten ihre Hände, als sie nach dem Türknauf griff und die Tür zum Schlafzimmer öffnete.

 

Sie erschrak, als Ben unmittelbar hinter der Schlafzimmertür stand und sie angrinste.

„Charlie, was machst du denn schon so früh hier?“, fragte er und küsste sie kurz.

„Ich …“ Charlie war verwirrt. Wieso war Ben selbst um diese Zeit zu Hause? Hatte er etwa auch seinen Job verloren?

„Die haben mich bei Ryder rausgeworfen“, sagte sie, während die Tränen zu laufen begannen. „Mark Newton hat mir ohne mit der Wimper zu zucken die Kündigung ausgesprochen, weil ‚die Zusammenarbeit für beide Seiten nicht mehr passt‘ – so ein Schwachsinn.“ Resignation machte sich in Charlie breit, während Ben sie in seine Arme zog.

„Ach, Charlie, das macht doch nichts“, sagte er. „Du findest was Neues. Was Besseres. Diesen Scheißjob bei dieser Scheißagentur hast du gar nicht nötig. Außerdem warst du zehn Jahre da. Da wird es ohnehin Zeit für frischen Wind.“

Es fühlte sich gut an, von Ben getröstet zu werden. Er fand exakt die richtigen Worte. Sie hatten tatsächlich schon einmal darüber gesprochen, ob Charlie nicht ihren Job wechseln sollte. Immerhin war die Stelle bei Ryder tatsächlich die erste, die sie nach dem College angenommen hatte, und vielleicht sollte sie ihre Fühler wirklich einmal nach etwas anderem ausstrecken.

„Weißt du was, ich lasse dir jetzt erst mal ein Bad ein und du entspannst dich ein wenig. Später könnten wir was essen fahren und dann machen wir uns einen gemütlichen Abend? Du hast die ganzen letzten Jahre wie ein Tier gearbeitet. Jetzt hast du dir erst mal ein paar freie Wochen verdient. Und gleich heut Abend fangen wir damit an. Ist das ein Deal?“Charlie, die zwischenzeitlich heulte wie ein Schlosshund, nickte nur.

„Gut. Mach dir nichts draus, du findest einen Job, der viel besser ist als der in dieser eingebildeten Agentur.“ Ben wischte mit seinem Daumen eine Träne von Charlies Wange. Dann verschwand er im Badezimmer, wo sie kurz darauf Wasser in die Wanne laufen hörte.

 

„So – während du dein Bad nimmst, mach ich draußen klar Schiff und dann genießen wir unseren freien Nachmittag“, sagte Ben wenig später, als er Charlie ins Badezimmer brachte. Die Wanne dampfte und auf ihr schwamm ein Berg Schaum.

„Danke, Ben“, sagte Charlie, die schon wieder den Tränen nahe war. Ben war so großartig, und sie hatte tatsächlich gedacht, er würde sie betrügen und hintergehen. „Ich liebe dich.“„Ich liebe dich auch, Charlie“, sagte er und küsste sie noch einmal sanft auf die Stirn, bevor er das Badezimmer verließ.

 

Charlie setzte sich auf den Wannenrand und sah ins Wasser. Sie hatte tatsächlich ihren Job verloren. Ben hatte recht. Sie würde etwas anderes – etwas Besseres finden und Ryder konnte ihr gestohlen bleiben. Sie war gerade dabei, ihre Bluse aufzuknöpfen, als ihr einfiel, dass da noch keine kleine Flasche Champagner im Kühlschrank stand, die sie vor einigen Tagen beim Einkaufen mitgenommen hatte. Sie hatte zwar geglaubt, die Flasche würde sich gut für einen gemütlichen Abend vor dem Fernseher eignen, aber warum sollte der Schampus nicht jetzt zum Einsatz kommen? Charlie trat aus dem Schlafzimmer und lief durch den Flur in die Küche. Ben kam aus der Gästetoilette. Sie stutzte. Seit wann benutzte er das Gästeklo?

„Charlie, ich dachte, du wolltest ein Bad nehmen?“, fragte er und wirkte zum ersten Mal an diesem Tag etwas gestresst.

„Ich wollte mir den hier holen“, erwiderte Charlie und hielt die kleine Flasche hoch, die sich in ihrer rechten Hand befand. „Ist … alles in Ordnung?“ Sie warf einen Blick auf die Tür des Gästeklos. Konnte es sein, dass er da drin … Nein, sie wurde vermutlich langsam paranoid, was nach diesem Tag kein Wunder gewesen wäre. Sie war immer noch völlig durch den Wind und konnte nicht glauben, was vor wenigen Stunden passiert war.

„Klar, ich habe nur schnell nachgesehen, ob die Handtücher ausgetauscht wurden“, sagte Ben und lächelte Charlie selbstsicher an.

„Ach so“, sagte die und machte sich auf den Weg zurück ins Bad. Sie war wirklich verrückt. Okay, sie hatte ihren Job verloren und war deshalb etwas aufgewühlt, und Ben war an einem Nachmittag zu Hause. Deswegen musste sie sich noch lange nicht ausmalen, er würde sie betrügen. Ob die Handtücher ausgetauscht worden waren, hatte er sich gefragt. Charlie stutzte und ihr Herz setzte einen Schlag aus. Er versteckte jemanden im Gästeklo. Erst heute Morgen, bevor er das Appartement verlassen hatte, hatte er ihr gesagt, er habe die Handtücher in der Gästetoilette ausgetauscht, und sich dabei über die Putzhilfe beklagt, die dreimal wöchentlich kam und für Ordnung sorgte, weil die die Handtücher nur einmal die Woche tauschte. Er wollte aber, dass sie mindestens zweimal die Woche getauscht wurden, egal, wie viele Gäste sie hatten. Charlie drehte sich langsam um und stellte ihre Champagnerflasche auf einen der kleinen Beistelltische im Flur. Dann ging sie langsam auf Ben zu.

„Charlie? Was ist los mit dir?“ Bens Stimme hatte einen fast unsicheren Unterton angenommen. Ohne ein Wort zu sagen, ging Charlie an ihm vorbei und öffnete die Tür der Gästetoilette.

 

Hätte sie die Flasche Champagner noch in der Hand gehalten, so wäre sie ihr nun entglitten. Etwas in ihr hatte bis zur letzten Sekunde gehofft, dass sie sich täuschte, dass Ben hier drin Gott weiß was tat – sich vielleicht einen Porno ansah und dazu masturbierte oder sonst was. Doch hier vor ihr stand eine dünne Frau um die zwanzig mit dunklem Bob. Sie trug einen Stringtanga, hielt sich die Hände erschrocken vor die nackten Brüste, an denen definitiv ein Chirurg gewesen war. Ihre Füße steckten in Plastik-High-Heels mit einem Mörderabsatz, so, wie man sie nur im Sexshop bekam – und wie sie Ben gefielen. Schuhe, die so unbequem aussahen, dass man sie ohnehin nur tragen konnte, wenn man sich in der Waagrechten befand.

 

Ben hatte Charlie nicht nur einfach so verlassen, er war untergetaucht und hatte aufgehört, die Raten für den Kredit zu bezahlen, den er aufgenommen hatte, um sich eine Camaro zu kaufen. Natürlich war die Bank auf Charlie zurückgekommen, die nun nicht nur allein für die Miete ihres Appartements hatte aufkommen müssen, sondern auch noch für das Auto ihres Exfreundes. Sie hatte also gar keine andere Wahl gehabt, als den Job bei Aidan Stone anzunehmen, obwohl sie selbst ebenfalls so ihre Bedenken gehabt hatte. So war das Vorstellungsgespräch zum Beispiel über eine Agentur geführt worden. Charlie hatte ihren neuen Boss noch nicht einmal kennengelernt, selbst dann nicht, als sie den Dienstvertrag unterschrieben hatte. Sie hatte sich dazu verpflichten müssen, Stillschweigen über sämtliche Vorgänge in der Firma zu bewahren, und die Headhunterin hatte sich mehrmals versichert, dass Charlie eine starke Persönlichkeit war und kein Problem damit hatte, wenn der Ton einmal etwas rauer wurde. All das waren natürlich Alarmzeichen dafür, dass es die bessere Wahl gewesen war, sich gegen den Job als persönliche Assistentin von Aidan Stone zu entscheiden. Doch Charlie war im Moment nicht in der Lage, sich auszusuchen, was sie machen wollte. Wenn sie ihr Appartement weiterhin behalten und Bens idiotische Schulden abbezahlen wollte, dann blieb ihr gar nichts anderes übrig, als am nächsten Morgen ihren Dienst bei Stone Inc. anzutreten.

 

 

 

 

Eins

 

Am nächsten Morgen um neun Uhr begann Charlies neuer Job als persönliche Assistentin von Aidan Stone. Natürlich startete ihre Tätigkeit mit einer Besonderheit. Sie bezog an diesem Tag nicht ihr Büro in einem der zahlreichen Wolkenkratzer Manhattans, sie wurde gebeten, Aidan in dessen Privatresidenz am Central Park aufzusuchen. Vielleicht für den ersten Arbeitstag etwas ungewöhnlich, aber als persönliche Assistentin gehörten auch Besuche im Privathaushalt des Vorgesetzten dazu. Sie erinnerte sich zurück an ihre Collegezeit, wo sie für ihren damaligen Boss Windeln für dessen Kinder besorgen musste und sie seiner völlig überforderten Frau nach Hause brachte. Bei der Gelegenheit hatte sie gleich auch das vier Monate alte Baby spazieren gefahren, damit dessen Mutter zumindest eine halbe Stunde Zeit für sich hatte. Ja, es war völlig in Ordnung, den Boss auch bei sich zu Hause zu unterstützen. Manager von Aidan Stones Format arbeiteten nun mal ziemlich viel.

 

Sie hatte einen Zugangscode zum Gebäude erhalten sowie ihre Fingerabdrücke bei der Headhunterin abgeben müssen, die ihr mitteilte, dass sie sie dafür benötigte, um sie in Aidan Stones privaten Lift einzuspeisen. Charlie seufzte, als sie vor dem mächtigen Gebäude direkt am Park stand, und war für einen Moment versucht, umzukehren. Sie hatte die letzten Jahre eine ziemlich ruhige Kugel in der Agentur geschoben. Ihre Aufgaben waren ihr in Fleisch und Blut übergegangen. Und sie hatte ihren Job gern gemacht. Sie wusste nicht, ob sie die Richtige für so eine Mega-Stelle wie die war, die sie in Kürze bekleiden sollte. Dann fiel ihr wieder ein, wie viel Überwindung es sie mittlerweile kostete, zum Briefkasten zu gehen. Und dass fast jeden Tag neue Rechnungen und Mahnungen aufliefen, die sie über kurz oder lang nicht mehr würde bezahlen können. Sie hatte also gar keine andere Wahl.

 

Charlie öffnete das Eingangsportal und fand sich kurz darauf in einer dunkel gehaltenen, edel anmutenden Eingangshalle wieder. „Stone Inc.“ stand in großen, weißen, erhabenen Lettern an einer der Wände. Ansonsten gab es hier drin rein gar nichts. Der Raum war dumpf ausgeleuchtet und wurde mit klassischer Musik beschallt, aber hier fand sich weder ein Portier noch eine Pflanze noch ein Möbelstück. Ihr neuer Boss war also Minimalist, stellte Charlie fest und ging zur gegenüberliegenden Seite der Eingangshalle, wo sich ein schlichter Glaslift befand. Davor gab es ein Touchpad, auf das man seinen Finger legen sollte. Charlie war gespannt, ob das mit dem Fingerabdruck geklappt hatte. Eigentlich rechnete sie ja viel eher damit, dass etwas schiefging. Es würde absolut zu ihrem aktuellen Lauf passen, wenn etwas nicht geklappt hatte und sie an ihrem ersten Tag zu spät kam. Zaghaft legte sie ihren Finger auf das hell beleuchtete Feld. Im nächsten Moment ertönte ein kurzer Piepton, ein grünes Häckchen erschien auf dem Tastenfeld und darunter ihr Name. Charlie Hannigan. Check. Die Lifttüren öffneten sich, und Charlie tippte auf den einzigen Knopf, der sich darin befand. Dann setzte der Lift sich in Bewegung.

 

Einige Sekunden später hielt er auch schon wieder an. Die Türen öffneten sich erneut und Charlie fand sich in einer prächtigen, modernen, cleanen Eingangshalle. Kaum dass Charlie eingetreten war, kam bereits ein Hausangestellter in dunklem Anzug auf sie zu und sah sie skeptisch an.

„Was wollen Sie hier?“, fragte er. Charlie sah den Mann an. Hatte man ihn nicht unterrichtet, dass sie heute ihren ersten Tag hatte? Oder war etwas durcheinandergebracht worden und sie hätte doch in die Firmenzentrale nach Downtown müssen?

„Ich … Mein Name ist Charlie Hannigan. Ich habe heute meinen ersten Tag als persönliche Assistentin bei Mr. Stone. Mir wurde gesagt, ich soll um neun Uhr an dieser Adresse sein.“

Der Mann sah Charlie überrascht an. Ihr schien es fast, als würde sie Entsetzen in seinen Augen erkennen. Dann fing er sich wieder. „Einen Moment bitte. Ich melde Sie bei Mr. Stone an.“Charlie sah dem Mann nach, wie er linker Hand hinter einer Flügeltür verschwand. Dann passierte eine Weile nichts.

 

„Sie können eintreten“, sagte der Mann, als er ein paar Minuten später wieder aus dem Raum kam. Er trat zur Seite und machte Platz für Charlie. Die straffte ihre Schultern und ging an dem Mann vorbei. „Danke“, sagte sie mit fester Stimme.

 

Im nächsten Moment fand sie sich in einem modernen Büro wieder, das sie an die Eingangshalle unten erinnerte. Alles war clean, kubisch, in gedämpften Farben gehalten. Und es wirkte luxuriös. Das Büro war riesig, und ganz vorn befand sich ein Schreibtisch aus Beton, an dem ein Mann saß. Charlie hielt kurz den Atem an, als sie ihn in Fleisch und Blut vor sich sah. Als sie die Stelle bei Aidan Stone angenommen hatte, hatte sie gegen eine ihrer Prinzipien verstoßen. Sie hatte sich schon früher fest vorgenommen, niemals für einen Mann zu arbeiten, den sie attraktiv fand. Das war vielleicht ihre eigene persönliche Macke, aber bislang war sie damit immer gut gefahren. Im Laufe der Jahre hatte sie einige hässliche Geschichten in ihrem Bekanntenkreis miterlebt, wenn jemand sich auf seinen Boss eingelassen hatte. Richtige Dramen hatten sich abgespielt. Charlie hatte derartige Situationen immer gut umlaufen, indem sie sich von vornherein für Bosse entschieden hatte, bei denen sie nicht Gefahr lief, ihr Herz zu verlieren. Doch jetzt, als sie Aidan Stone zum ersten Mal sah, wurde ihr bewusst, dass ihre Prinzipien in diesem Moment den Bach runtergegangen waren. Noch nie hatte sie einen so gut aussehenden Mann wie ihren zukünftigen Chef gesehen. Und niemals hatte jemand, der noch nicht einmal ein Wort mit ihr gewechselt, ja sie nicht einmal eines Blickes gewürdigt hatte, so derartig viel Anziehung auf sie ausgeübt. Aidan Stone hatte dunkles, kurzes, gestyltes Haar und markante Gesichtszüge, aber das wusste sie bereits von den Artikeln, die sie über ihn gelesen, und von den Bildern, die sie von ihm gesehen hatte. Er war angeblich ein solcher Womanizer, dass jede Frau bei ihm schwach wurde, doch Charlie hatte das nicht ausschließlich auf sein gutes Aussehen zurückgeführt. Er war steinreich. Die meisten Frauen fuhren auf Kerle ab, die ihnen etwas bieten konnten. Und dazu war lang noch kein Mann wie Aidan Stone nötig. Doch jetzt, wo sie ihm gegenüberstand und so etwas wie Ablehnung in seinem Auftreten erkannte, bemerkte sie, wie ihr Herz langsam begann, höher zu schlagen. Wie verrückt das doch war. Ihr war schon bewusst, dass Männer, deren Auftreten stark, selbstbewusst und sogar abweisend war, Frauen oft magisch anzogen, aber eigentlich hatte sie von sich selbst geglaubt, dass sie gegen solche Typen immun war. Jetzt sah Aidan Stone auf … und blickte sie aus eiskalten Augen an. Charlie fühlte sich wie ein kleines Mädchen an ihrem ersten Schultag. Ihr Herz raste. Und … diese Stimmung zwischen Aidan und ihr … War das etwas, was man sexuell aufgeladen hätte nennen können?

„Guten Morgen, Mr. Stone. Ich bin Charlie Hannigan, Ihre neue Assistentin. Maggie Parker von Parker Recruiting schickt mich“, begann sie, um die drückende Stille zu durchbrechen.

„Ich weiß, wer Sie sind, Miss Hannigan“, sagte Aidan. Er hatte eine tiefe, sonore Stimme, die einen vermutlich verrückt machte, wenn sie einem die wildesten Dinge ins Ohr flüsterte. „Ich habe soeben noch einmal mit Miss Parker telefoniert und sie gefeuert. Schade für sie. Meine Firma hat ihrem kleinen Unternehmen jährlich ein ganz schönes Sümmchen eingebracht.“ Er sah sie an. Charlies Herz sank in ihre Hose, zum einen, weil sie sich noch nie im Leben von einem Mann so angezogen gefühlt hatte wie von Aidan. Zum anderen … weil sie in seiner Nähe kaum zu atmen wagte und fürchtete, irgendetwas falsch zu machen. Warum hatte der Mann die Headhunterin gefeuert? Bestimmt hatte sie bei der Einstellung Charlies irgendetwas falsch gemacht.

„Sie fragen sich jetzt, warum ich Maggie gekündigt habe, nicht wahr? Haben aber Angst, mich direkt darauf anzusprechen“, sagte Aidan nun.

„Ich … Miss Parker hat erstklassige Arbeit geleistet“, begann Charlie. „Ich bin genau das, was Sie gesucht haben, Mr. Stone. Ich habe jahrelange Erfahrung als persönliche Assistentin, ich habe bereits für einige CEOs gearbeitet, ich …“

„Habe ich Sie nach Ihrer Meinung gefragt?“ Aidan schnitt ihr das Wort ab. „Wenn ich eine wie Sie hätte haben wollen, dann hätte ich mir ein jüngeres und attraktiveres Modell ausgesucht“, sagte Aidan. Charlie glaubte nicht, was sie da zu hören bekam. „Ich hatte Maggie Parker damit beauftragt, einen Ersatz für meinen Assistenten Paul einzustellen, der sich selbstständig gemacht hat und nach Idaho gegangen ist. Ich hatte nach einem ‚AssistentEN‘ verlangt, nicht nach einer aufgetakelten Hupfduhle mit Klamotten von der Stange.“ Abfällig blickte Aidan Stone Charlie an. Deren Gedanken überschlugen sich. Was ging hier bitte vor? Sie hatte einfach nur ihren ersten Arbeitstag antreten wollen und geriet in die Schusslinie eines Verrückten? Das konnte doch nicht die Möglichkeit sein. Für einen Augenblick war Charlie versucht, Aidan zu überreden, es mit ihr zu versuchen. Sie war eine perfekte Assistentin, das wusste sie. Und das Geld, das sie in dem Job verdienen würde, brauchte sie mehr als nur dringend. Doch dann fiel ihr ein, was ihr in den letzten Monaten alles widerfahren war. Weil sie war, wie sie war. Weil sie immer versuchte, es allen recht zu machen. Weil sie ihre eigenen Bedürfnisse hintanstellte und über Dinge hinwegsah, die oft nicht in Ordnung waren. Aidan Stone hatte sich gegen sie entschieden und das war zu akzeptieren. Es reichte schon, dass er sie hier auf eine Art und Weise bloßstellte, die nicht in Ordnung war. Ja, der Job wäre ein Volltreffer gewesen, aber sie hatte es bestimmt nicht nötig, darum zu betteln und sich von diesem Idioten beschimpfen zu lassen. Da suchte sie lieber weiter nach einem andern Job und streckte ihre Ersparnisse noch etwas in die Länge.

„Tut mir leid, dass es zu diesem Missverständnis gekommen ist, Mr. Stone“, sagte sie. „Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag.“ Sie drehte auf dem Absatz um und ging ein paar Schritte aus dem Büro.

„Halt“, rief Aidan ihr nach. „Ihnen ist doch klar, dass ich für Ihre Zeit bezahle?“

Charlie drehte sich um. Aidan blitzte sie aus boshaften Augen an. Was war mit diesem Mann nicht in Ordnung?

„Sie sagten mir eben, dass ich nicht für die Stelle geeignet bin, und haben an meiner Persönlichkeit und an meinem Aussehen herumgemeckert. Mit Verlaub, Mr. Stone, ich denke nicht, dass Sie für meine Zeit bezahlen.“

„Sie bekommen zwei Riesen, wenn Sie diesen einen Tag für mich arbeiten“, sagte Aidan jetzt geschäftsmäßig. „Ich habe mich darauf verlassen, dass heute mein neuer Assistent anfängt, und es gibt einiges zu tun. Ich werde umgehend mein Personalbüro damit beauftragen, nach richtigem Ersatz für Paul zu suchen, aber für heute brauche ich jemanden, der einige Dinge für mich erledigt.“

Charlie war drauf und dran, Aidan zu fragen, ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Nachdem er sie aufs Wüsteste beschimpft hatte, wollte er jetzt, dass sie einen Tag für ihn arbeitete? Bis ein männlicher Assistent gefunden war? Andererseits, wenn er ihr wirklich zweitausend Dollar für diesen einen Arbeitstag anbot, dann war ihr Auskommen zumindest einen weiteren Monat gesichert und sie könnte in Ruhe nach einem anderen Job suchen. Was waren schon acht Stunden mit einem Idioten, wenn sie dafür einen ganzen Monat Zeit hatte, um einen Job zu finden, in dem man sie nicht wie den letzten Dreck behandelte.

„Wollen Sie dort Wurzeln schlagen? Was ist nun, nehmen Sie mein Angebot an? Wenn nicht, dann sehen Sie zu, dass Sie Land gewinnen. Ich habe einiges zu tun, und so ein großartiger Anblick, dass ich meine Augen nicht von Ihnen nehmen kann, sind Sie nun auch wieder nicht.“

Charlie schluckte. Was war mit diesem Typen nicht in Ordnung? Aidan Stone war ja völlig abgehoben.

„Okay, ich mach’s. Diesen einen Tag heute.“Aidan sah sie aus funkelnden Augen an. Augen, die verrieten, dass mehr hinter dieser eiskalten, ablehnenden Fassade steckte, als man zunächst vermuten mochte.

„Ich wusste es ja – ihr seid alle käuflich.“

 

Zwei

 

Als James, Aidans Butler, an diesem Morgen in sein Büro gekommen war und ihm gesagt hatte, dass Charlie Hannigan hier war, aber dass es sich dabei um eine Frau handelte, war Aidan aus allen Wolken gefallen. Er hatte Maggie Parker in jedem Telefonat und jeder E-Mail mitgeteilt, dass er einen Assistenten suchte. Von einer Frau war niemals die Rede. Sich mit Frauen zu umgeben war für Aidan eine schlechte Idee. Ja, da waren die Freudenmädchen, die er sich regelmäßig gönnte, wenn er seine sexuelle Lust befriedigen und sich abreagieren wollte. Ja, manchmal ließ er sich auf die eine oder andere Frau ein, aber sie alle langweilten und nervten ihn schon nach wenigen Wochen. Manche machten ihn so aggressiv, dass er sich zusammennehmen musste, um nicht die Hand gegen sie zu erheben. Und außerdem waren sie am Ende des Tages ohnehin alle nur hinter seinem Geld her.

 

Sein Vater hatte ihn seinerzeit gelehrt, dass Kerle wie er ausschließlich zu einem Zweck auf dieser Welt waren: um das Geschäft voranzutreiben. Er hatte ihm eingebläut, dass es keine Frau geben würde, die ihn seinetwegen liebte. Zum einen, weil er ein Nichtsnutz war, der es aus eigener Kraft niemals geschafft hätte, ein Imperium wie Stone Industries aus dem Boden zu stampfen. Zum anderen, weil sein Lebensinhalt die Firma sein würde. Und nichts anderes. Aidan hatte diese Vorgaben schmerzhaft eingetrichtert bekommen. Sein Vater war nicht zimperlich gewesen, wenn es darum ging, seinen Sohn auf die Übernahme der Firma vorzubereiten. Schon als Aidan noch ein kleiner Junge gewesen war, bestand sein Alltag aus Drill und Regeln. Und aus Bestrafungen, wenn er sich dagegen auflehnte oder etwas nicht so erfüllte, wie sein Vater es von ihm erwartete.

 

Seine Mutter hatte in den Zeiten, wenn sein Vater seinen Gürtel aus der Hose gefädelt und ihn damit verprügelt hatte, niemals Partei für Aidan ergriffen. Er erinnerte sich daran, dass sie ihren Mann jemals versucht hatte, davon abzuhalten, den Jungen zu schlagen. Auch dann nicht, wenn Aidan hilflos nach seiner Mutter geschrien und unter Schmerzen gezittert hatte. Arthur Stone war ein Drecksack gewesen, wie er im Buche stand. Ja, er hatte die Firma zu dem gemacht, was sie heute war, und jetzt, wo der alte Mann tot war, führte Aidan ein Leben, wie es sich viele nur wünschen konnten. Doch der Ruhm und der Reichtum, dieser unermessliche Reichtum, hatten auch ihren Preis. Aidan hatte nie gelernt, wie es ist, zu lieben, und erst recht nicht, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. Sein Vater hatte recht gehabt. Als er älter geworden war und Mädchen interessant wurden, war es immer das Geld gewesen, das eine Rolle dabei spielte, dass viele sich für ihn interessierten. Und dieses Geld hatte sich wie ein roter Faden durch sein Leben gezogen. Heute war er davon überzeugt, dass keine Frau ihn auch nur ansehen würde, wenn er all sein Geld nicht hätte. Dass es immer nur darum ging, was jemand darstellte, was er einem bieten konnte. Und so bereute er es gar nicht, dass er dieses Gefühl, jemanden zu lieben und von jemandem geliebt zu werden, niemals kennengelernt hatte. Er war sich sicher, dass er sich einiges ersparte, wenn er diesem Gefühl namens „Liebe“ von vornherein aus dem Weg ging.

 

Die Kleine arbeitete anständig. Sie wäre in der Tat das gewesen, was er gesucht hätte, wäre sie ein Mann und keine Frau gewesen. Sie war organisiert, clever und hatte sich bereits nach ein paar Stunden in das System, das er gemeinsam mit Paul entwickelt hatte, eingearbeitet. Man musste es Maggie Parker lassen, sie hatte tatsächlich all jene Parameter umgesetzt, die er von seinem neuen Assistenten verlangt hatte – bis auf die Tatsache, dass der Assistent eine Frau war. Und eine Frau … nein, das konnte er nicht machen. Es hatte ihn schwer getroffen, als Paul ihm seine Entscheidung, er würde sein eigenes Geschäft in Idaho eröffnen, mitgeteilt hatte. Aber Paul war in all den Jahren so etwas wie ein Freund für Aidan geworden … oder zumindest eine Person, von der man das am nächsten hätte behaupten können, denn Arthur Stone hatte seinem Sohn verboten, Freunde zu haben. Er sollte sich um Geschäftskontakte Gedanken machen und um Networking, aber nicht um etwas wie Freunde. In jedem Fall war Paul Bekwell so etwas wie ein Freund für Aidan geworden und Freunden stand man nicht im Weg. Also hatte er ihn schweren Herzens ziehen lassen und ihm das Beste für die Zukunft gewünscht. Paul war so ziemlich der einzige Mensch gewesen, der jemals einen kleinen Blick hinter die Fassade von Aidan hatte werfen dürfen. Und er war geblieben. Trotz der Abgründe, die sich da oft aufgetan hatten. Einen wie Paul würde er nicht mehr finden. Obwohl die Kleine wirklich ein Volltreffer gewesen wäre, hätte sie das richtige Geschlecht gehabt. Und … sie sah gut aus. Zwar nicht annähernd so makellos wie die Frauen, mit denen er sich umgab, wenn ihm nach weiblicher Gesellschaft war, aber im herkömmlichen Sinne wäre sie ein absoluter Volltreffer gewesen. Sie war mittelgroß und sportlich, hatte dabei weibliche Kurven und dunkles, langes, glattes Haar. Die wachen, hellblauen Augen waren ihm sofort aufgefallen, als sie sein Büro betreten hatte. Und als sie tatsächlich auf dem Absatz kehrt gemacht hatte, als er sie angepöbelt hatte … das hatte ihm tatsächlich ein wenig imponiert. Er warf einen Blick nach draußen, wo sie hinter dem großen weißen Schreibtisch in seinem Vorzimmer saß und etwas abtippte. Er hatte ihr einen Geschäftsbericht gegeben, den sie ins Französische hätte übersetzen lassen sollen. Sie hatte ihn mit festem Blick angesehen und ihm mitgeteilt, dass sie fließend Französisch sprach und man deshalb nicht auf die Dienste eines Übersetzungsbüros würde zurückgreifen müssen.

 

Das Telefon auf seinem Tisch klingelte. Es war Heather Willows, die Leiterin des Personalbüros der Firma. Eine der wenigen, die seine private Durchwahl auf diesem Anschluss hatte.

„Heather?“, sagte er, als er das Gespräch annahm.

„Mr. Stone, ich …“ Heather machte eine Pause, und Aidan ahnte, was jetzt kam. Sie bereitete sich darauf vor, eine Standpauke von ihm gehalten zu bekommen.

„Mr. Stone, ich habe leider bislang noch keinen passenden Ersatz für Sie auftreiben können. Es wird noch einige Tage dauern.“ Aidan hörte förmlich, wie die Personalleiterin sich anspannte und damit rechnete, gleich eine Schimpftirade über ihre Unzulänglichkeiten über sich ergehen lassen zu müssen. Doch auf Aidans Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. Er sah die Kleine noch einmal an, die angestrengt auf den Bildschirm blickte, während ihre Finger über die Tastatur glitten.

„Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen, um einen passenden Assistenten für mich zu finden, Heather“, sagte Aidan ruhig. „Lieber zwei, drei Bewerber mehr ansehen, als den erstbesten einzustellen. Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie passende Kandidaten gefunden haben.“ Er legte auf. Dann erhob er sich.

 

 

***

 

„Der Typ hat einen an der Klatsche, wenn du mich fragst“, sagte Jen und sah ihre beste Freundin eindringlich an. Das Erste, was Charlie getan hatte, als sie aus dem Büro von Aidan Stone gekommen war, war, ihrer besten Freundin in der Boutique, in der sie arbeitete, einen Besuch abzustatten. Jetzt half sie Jen, eine neue Lieferung leichter Sommerpullover in hellen Farben aus einem Karton zu nehmen und zu falten.

„Er ist … eigen“, blieb Charlie diplomatisch. Dieser Arbeitstag war wirklich merkwürdig gewesen. Nachdem Aidan ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie nicht war, was er sich vorstellte, ihr dann aber doch einen Tag als seine Assistentin angeboten hatte, war das dicke Ende noch gekommen. Sie hatte gerade erst einen Geschäftsbericht ins Französische übersetzt, als Stone plötzlich vor ihrem Tisch auftauchte und sie mit eindringlichem Blick ansah. Ihr Herz setzte für einen Moment aus, und ihr wurde wieder klar, warum sie es bisher vorgezogen hatte, nicht für heiße Chefs zu arbeiten. Bloß gut, dass Aidan sie vom ersten Blick an nicht hatte leiden können. So würde keine verfängliche Situation entstehen können.

„Kann ich etwas für Sie tun, Mr. Stone?“, fragte sie und versuchte, seinem Blick standzuhalten, der unmögliche Gedanken in ihr auslöste.

„Ihr Arbeitstag ist nun vorüber. Sie können gehen“, sagte Stone, ohne die Schärfe aus seinem Blick zu nehmen. Er reichte ihr ein Stück Papier – einen Scheck, wie sie feststellte, der auf zweitausend Dollar ausgestellt war.

„Ich habe den Geschäftsbericht mit dem Zusatz ‚F‘ für Französisch in dem betreffenden Ordner abgelegt“, sagte sie, „genau so, wie Paul es bislang getan hat.“ Sie fuhr den Rechner herunter, stand auf und nahm ihre Handtasche. Aidan hielt ihr immer noch den Scheck hin, den sie bislang keines Blickes gewürdigt hatte.

„Ihr Geld“, sagte er nun. Jetzt sah Charlie den Scheck an und blickte dann zu Aidan hoch.

„Ach, wissen Sie was, Mr. Stone, es wäre falsch, zweitausend Dollar für einen Arbeitstag zu nehmen, der gerade einmal sieben Stunden gedauert hat und der mir nicht wirklich viel abverlangt hat. Sehen Sie es … als kleine Hilfe aus Nächstenliebe.“

Es würde zwar eng werden, wenn sie einen weiteren Monat ohne Job dastand und auf die zweitausend Dollar von Aidan verzichtete, aber es kam ihr dennoch falsch vor. Außerdem hatte es sie maßlos geärgert, als Aidan ihr unterschwellig vorgeworfen hatte, käuflich zu sein. Sie konnte nicht so viel Geld für ein paar Stunden Arbeit annehmen, in denen sie sich nicht wirklich einen Zacken aus der Krone gerissen hatte. „Haben Sie einen schönen Abend, Mr. Stone“, sagte Charlie, ohne sich noch einmal umzudrehen oder ihn eines Blickes zu würdigen.

„Halt“, rief Aidan ihr nach. Sie blieb stehen.

„Ja?“, fragte sie, als sie sich umdrehte.

„Wollen Sie den Job?“

„Ich dachte, ich sei dazu nicht geeignet und meine Garderobe wäre zu sehr von der Stange?

---ENDE DER LESEPROBE---