Das Bayern-Lesebuch - Almut Irmscher - E-Book

Das Bayern-Lesebuch E-Book

Almut Irmscher

0,0

Beschreibung

Leise klingt die träumerische Ouvertüre zu Wagners Lohengrin an. Überirdisch schön flirren die zarten Geigenklänge durch die laue Luft, die von tanzenden Sonnenstrahlen in gleißendes Licht getaucht wird. Üppig blühende Wiesenblumen wiegen sich sanft in einer leichten Brise – und darüber erhebt sich fast unwirklich ein Märchenschloss vor atemberaubender Alpenkulisse. Träume ich, oder bin ich in Bayern? Vom Bayern-Klischee bis zur modernen Realität erzählt dieses Buch in unterhaltsamen Geschichten vom eigenwilligen Freistaat im Süden der Republik. Begleitet und abgerundet werden die einzelnen Kapitel durch Rezepte aus der reichhaltigen bayerischen Küche.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 207

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Almut Irmscher

Das Bayern-Lesebuch

Impressionen und Rezepte aus dem Land südlich des Weißwurst-Äquators

Inhalt

Einführung

It’s nice to be a Preiss – but it’s higher to be a Bayer

Brezen

Ein Volk aus dem Nichts – die Findelkinder der Völkerwanderung

Krustenbraten mit Zwiebelconfit

Mit Gamsbart zum Schuhplattler – die bayerischen Trachten

Semmelknödel mit Schwammerln

O’zapft is – das Oktoberfest

Schweinshaxe mit Bayrisch Kraut

Von der Sommerfrische zum Führersperrgebiet – Obersalzberg

Bayerische Creme

Goethe und die Raubritter – die Romantik der Luisenburg

Bänkstiezel – ein Rezept aus dem Fichtelgebirge

Die Perle am Bodensee – Lindau

Lindauer Butschellen

Faschingsnotstand mit Folgen – die Münchner Weißwurst

Münchner Weißwurst mit süßem Senf

Wie Jim Knopf auf einer Insel mit zwei Bergen landete – die Augsburger Puppenkiste

Buabaspitzle – Schlupfnudeln aus Augsburg

On Tour mit Ziegenbock – der Bocksbeutel

Fränkisches Hochzeitsessen

An Deutschlands Zenit – die Zugspitze

Leberknödel

Grießnockerl

Dichter, Räuber und ein Wasserschloss – das Wirtshaus im Spessart

Fränkischer Karpfen

Bayerischer Kartoffelsalat

Watzmann, Watzmann, Schicksalsberg – sagenhafte Alpenwelt

Berchtesgadener Bratäpfel

Erfahren, was dahintersteckt – das Deutsche Museum

Obatzda

Selbstverwirklichung um jeden Preis – Ludwig II. und Richard Wagner

Fasan im Speckmantel

Wildes Grenzland – der Bayerische Wald

Pichelsteiner Eintopf – ein Rezept aus dem Bayerischen Wald

Vom Kochtopf zum Luxusauto – die Bayerischen Motoren Werke

Apfelkrapfen mit Vanillecreme

Von Streit, Macht und weiblicher List – die bayerischen Farben

Blaue Zipfel mit bayerischem Krautsalat

Rettung durch Weinkrug und Käseglocke – Rothenburg ob der Tauber

Rothenburger Schneeballen

Hopfen und Malz, Gott erhalt’s – das flüssige Brot

Arme Ritter mit Himbeeren und Dunkelbier

Bayerns Küche – vom Bauernschmaus zu Alfons Schuhbeck

Bayerische Kartoffelknödel

Von Schein und Sein – Rudolph Moshammer

Prinzregententorte

Als Kaspar Hauser das Christkind traf – Geschichten aus Nürnberg

Muskazine – ein Weihnachtsgebäck aus Nürnberg

Nürnberger Lebkuchen

Eine Existenz aus Holz – Mittenwald

Kalbsvögerl-Rouladen mit Blaukraut

Exkurs in den Fußball-Olymp – Besuch beim 1. FC Bayern München

Bratwürste mit Sauerkraut

Vom Prinzesschen zur Naturforscherin – Therese von Bayern

Dampfnudeln

Das Allgäu im Aufruhr – der Bauernaufstand

Allgäuer Kässpatzen

Salz – das Weiße Gold der Berge

Kronfleisch

In Schönheit schwelgen – Land der Seen

Hollerkiachal – ausgebackene Holunderblüten

Das letzte Wort

Danksagung

Einführung

Schuhplattler und Dirndlkleid, ein Maßkrug voll Bier und das Oktoberfest – keine regionale Bevölkerungsgruppe Deutschlands kann auf so ein erfolgreiches Marketing verweisen wie die Bayern. Wer an Bayern denkt, hat sogleich eine Vielzahl von Bildern vor Augen, gerahmt von hohen Bergen im Sonnenschein. Vom Hofbräuhaus mit trinkfesten Mannsbildern und Bierkrüge stemmenden Kellnerinnen bis zur Alpenwiese mit den typischen beige-braunen Rindern, deren Kuhglocken das Landschaftsbild mit stetigem Läuten untermalen: Bayern erscheint wie ein farbenprächtiges, barockes Sittengemälde des idealisierten Landlebens. Es fasziniert Betrachter im In- und Ausland.

Zu den romantisch verklärten Klischeebildern gesellt sich bei manchen Nichtbayern auch ein kritisches Stirnrunzeln, wenn sie an die kernigen Stammtischparolen diverser bayerischer Politiker denken. So manches Nordlicht möchte sich da kopfschüttelnd abwenden. Doch dann wiederum zieht die liebenswerte Bodenständigkeit, die alles Bayerische so selbstverständlich verströmt, wohl jeden in den Bann. Die freundlichen Menschen mit ihrem für Nichtbayern so erheiternd klingenden Idiom, die deftige, schmackhafte Küche, deren Spezialitäten bis weit in den Norden Einzug in deutsche Kochtöpfe gehalten haben. Und natürlich die idyllische Landschaft, in die sich auch noch überirdisch schöne Märchenschlösser schmiegen.

Respektvoll müssen die übrigen Deutschen anerkennen, dass die Wirtschaft in Bayern so erfolgreich floriert wie nirgends sonst in unserem Land. Bayerische Technik setzt Maßstäbe, die Schulbildung ist vorbildlich, und Fußball spielen können die Bayern auch.

Kein Wunder, dass im Ausland Bayern oft mit Deutschland gleichgesetzt wird. Weiß-blaue Rautenmuster, Sauerkraut und Blasmusik, dralle Mädels im Dirndlkleid und kernige Burschen in kurzer Lederhose gelten dort vielfach als das typisch Deutsche schlechthin.

Dieses Buch erzählt von Bayern und seinen Besonderheiten, es wirft aus nicht-bayerischer Sicht einen Blick auf Land und Leute, sowohl auf allgemeine Themen als auch auf ein paar ganz spezifische Besonderheiten. All das verbindet sich zu einem bunten Bilderbogen bayerischer Impressionen. Ergänzende Eindrücke erhalten Sie im Fotoalbum auf www.almutirmscher.de. Und schließlich wird der kleine Ausflug ins Bayernland mit typischen Rezepten abgerundet – von Brezen bis Haxen, von Bayerischer Creme bis Obatzda.

Willkommen im Land südlich des Weißwurstäquators –

Servus in Bayern!

It’s nice to be a Preiss – but it’s higher to be a Bayer

Vielleicht ist es vermessen, ein Buch über Bayern zu schreiben, wo ich selbst doch gar keine Bayerin bin. Und schlimmer noch, ich bin nicht nur keine Bayerin, ich bin sogar Preußin!

Was genau ein Preuße eigentlich ist, bleibt dabei zunächst etwas nebelhaft. In Bayern werden mit diesem – oft abwertend gemeinten – Begriff für gewöhnlich alle Deutschen bezeichnet, die aus dem Norden oder dem Osten der Republik kommen. Die also jenseits einer gedachten Linie geboren wurden, die landläufig als »Weißwurstäquator« beschrieben wird. Dieser wiederum stellt definitionsgemäß die Kulturgrenze dar, die Bayern von den Teilen Deutschlands trennt, in denen die Münchner Weißwurst keine Verbreitung mehr findet.

Strittig ist der genaue Verlauf der erwähnten Markierungslinie. Hardliner ziehen sie entlang der Donau, was aber bedeutet, dass auch einige Regionen ausgegrenzt werden, die politisch zu Bayern gehören. Das betrifft Franken, Niederbayern, die Oberpfalz und sogar Teile Oberbayerns. Die Bewohner dieser Regionen mögen jedoch durchaus mit wenig Begeisterung darauf reagieren, wenn sie als Preußen bezeichnet werden.

Der von noch strengeren Puristen angedachte Hundert-Kilometer-Radius rund um München ist aus dem gleichen Grund völlig indiskutabel.

Großzügigere Kulturgeografen denken sich den Weißwurstäquator deshalb auch eher auf Höhe der Mainlinie. Ob das bedeutet, dass Bewohner der südlichen Frankfurter Stadtgebiete wie Oberrad oder Sachsenhausen als Bayern zu bezeichnen sind, weiß ich nicht. Zumal die Ortsbezeichnung »Sachsenhausen« das Bayerische ja im Grunde schon kategorisch ausschließt, denn die Sachsen sind bekanntlich keine Bayern. Sachsen liegt nordöstlich von Bayern, und die einzige Gemeinsamkeit der beiden Bundesländer liegt darin, dass es sich um Freistaaten handelt. Ein gemeinsames Idiom gibt es nicht, Sachsen und Bayern begegnen sich allenfalls in der hochdeutschen Schriftsprache. Die reibungslose mündliche Verständigung eines sächsischen Mundartsprechers mit einem Dialekt sprechenden Bayern kann wohl so gut wie ausgeschlossen werden.

Andererseits entspricht der geografische Verlauf der Mainlinie der alten Hegemoniegrenze Preußens gegenüber Bayern. Was allerdings auch bedeuten würde, dass Baden-Württemberg zumindest südlich des Weißwurstäquators liegt. Deshalb ist es aber noch lange nicht bayerisch.

Doch sind heute all diese gedachten Linien allein deshalb Makulatur, weil die Weißwurst zusammen mit der Brezen bis hoch in Deutschlands Norden Verbreitung gefunden und sogar schon lange in die Sortimente der einschlägigen Discounter Einzug gehalten hat. Was also verstehen die Bayern unter einem Preußen, oder besser, um es mit ihrer Bezeichnung zu sagen, einem »Preißn«? Dazu müssen wir erst einmal einen genaueren Blick auf Bayern werfen.

Bayern besteht aus sieben Regierungsbezirken: Unterfranken, Oberfranken, Mittelfranken, Oberpfalz, Schwaben, Niederbayern und Oberbayern. Sie bilden eine politische Gemeinschaft. Das kulturelle Herz Bayerns ist aber das sogenannte Altbayern. Das wiederum ist das Gebiet, in dem der mittelalterliche Stamm der Bajuwaren lebte und umfasst die drei Landesteile Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz. Von den Bajuwaren stammt die Bairische Mundart, damit lässt sich also feststellen, dass sich da, wo so richtig bairisch gesprochen wird, das Kernland Bayerns befindet.

Bedeutet das gleichzeitig, dass ein Deutscher, der nicht als Muttersprache Bairisch spricht, als Preuße zu bezeichnen ist, auch wenn er auf bayerischem Territorium geboren wurde?

Tatsächlich wird der Begriff »Preiß« von den Urbayern in diesem Sinne angewendet. So werden Franken als »Lebkuachapreißn« und bayerische Schwaben als »Schwobn« bezeichnet. Münchner, die Hochdeutsch sprechen, heißen »Isarpreißn«.

Manche Bewohner Altbayerns gehen mitunter sogar so weit, gleich jeden Nicht-Urbayern als »Preißn« zu bezeichnen, sodass die abwertende Bezeichnung »Saupreiß« sogar auf Besucher und Einwanderer ganz anderer Herkunft Anwendung findet, seien diese Japaner, Russen oder gar dunkelhäutige Afrikaner. Womit die Urbayern, zumindest in ethnologischer Hinsicht, vielleicht ein bisschen über das Ziel hinausschießen.

Die Bayern lehnen die Preußen nicht ab, weil sie Preußen sind, sondern weil sie keine Bayern sind. Das habe ich zumindest einmal irgendwo gelesen. Muss das denn nicht in der logischen Fortführung des Gedankens heißen, dass der Bayer jeden ablehnt, der kein Bayer ist?

Teilt sich damit die Welt in Urbayern und Preußen? Bei der Bewohnerzahl der drei urbayerischen Bezirke von insgesamt annähernd 6,75 Millionen Menschen bedeutet das, dass diesen etwa sieben Milliarden und 960 Millionen Preußen gegenüberstehen, Tendenz steigend. Wobei von den 6,75 Millionen Bewohnern Urbayerns bestimmt nicht alle tatsächlich echte Ureinwohner sind.

Auf jeden Fall sind wir Preußen in der deutlichen Überzahl, auch wenn wir uns mit der Bezeichnung »Preiß« jetzt wieder auf die Nord- und Ostdeutschen beschränken wollen. Wie aber kommt es, dass die Bayern den Preußen so ablehnend gegenüberstehen?

Die Wurzeln des gespaltenen Verhältnisses der Bayern zu den Nord- und Ostdeutschen sind noch gar nicht alt. Denn eigentlich haben Norddeutsche, Ostdeutsche und Bayern in den vergangenen Jahrhunderten ganz gut miteinander koexistiert. Ihre Herrschaftshäuser besaßen durch Eheschließungen enge Verbindungen untereinander, militärisch unterstützten sie sich gegenseitig.

Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts keimten ernsthafte Aversionen auf. Das militärisch überlegene Preußen besiegte Österreich im Deutschen Krieg von 1866. Damit stieg es zur Großmacht auf und dominierte fortan den Deutschen Bund. Bayern fühlte sich gegängelt. Dort wurden die Preußen als hochnäsig und besserwisserisch empfunden. Karikaturen aus dieser Zeit stellen dem von sich selbst überzeugten, arroganten Preußen gerne hinterwäldlerische bayerische Bauerntölpel gegenüber. In der historischen Satirezeitschrift »Simplicissimus« wird 1898 ein Gespräch zweier Berliner während eines Besuchs in München wiedergegeben: »Ich hatte nicht jedacht, dass man in den Straßen dieser Stadt doch so viele jebildet aussehende Leute treffen würde.« – »Janz einfach zu erklären: Drei Ferien-Sonderzüge aus Berlin heute anjekommen.«

Unter Kaiser Wilhelm II. spitzte sich die Situation weiter zu. Berlin wurde zum Maß aller Dinge und zur blühenden kulturellen und politischen Hauptstadt verklärt. Berlins höhergestellte Schichten hielten sich für die Elite der modernen Zeit und betrachteten das stark bäurisch geprägte Bayern mit mildem Spott. In Reaktion darauf wuchs der Ärger der Bayern auf die Preußen. Wir Preußen haben die Situation also selbst zu verantworten. Wobei ich anmerken möchte, dass nicht alle als »Preißn« bezeichneten Deutschen aus Berlin kommen und mir persönlich München zumindest geografisch näher liegt als Berlin.

Die Bayern kultivierten im Gegenzug zur preußischen Häme nun erst recht ihre landestypischen Besonderheiten und die alten Traditionen des mittelalterlichen Volksstamms der Bajuwaren. Doch was charakterisierte die Menschen dieser Ethnie eigentlich, und woher kamen sie ursprünglich?

Bevor wir uns damit näher befassen, noch eine kurze sprachliche Erläuterung. Vor lauter Bajuwaren, Bairisch und Bayern schwirren uns ja schon die Buchstaben vor den Augen. »Bairisch« bezeichnet allein den im Südosten des deutschen Sprachraums gesprochenen Dialekt. Zu diesem Sprachraum gehören übrigens weite Teile Österreichs, auch wenn die Österreicher bestimmt nicht gerne hören wollen, dass sie »Bairisch« sprechen.

Bis zum 20. Oktober 1825 hieß das Land offiziell »Baiern«. An diesem Tag unterschrieb König Ludwig I. ein Dekret, mit dem das römische »i« durch ein griechisches »y« ersetzt wurde, denn alles Altgriechische galt damals als hochmodern und besonders schick.

Bayerisch ist alles, was im politischen Sinne zu Bayern gehört. Vereinfacht wird das Wort auch schlicht »bayrisch« geschrieben.

Und zu den Bajuwaren werden wir gleich nach unserem ersten kleinen Rezept kommen.

Brezen

Zutaten für 18 Stück

500 g Mehl

300 ml Milch

25 g Hefe

2 El grobes Meersalz

50 g Schmalz

3 El Natron

1 Tl Salz

1 Tl Zucker

Mehl für die Arbeitsplatte Fett für das Backblech

Zubereitung

Die Hefe in einer Tasse mit dem Zucker vermischen und so lange rühren, bis sie flüssig geworden ist. Das Mehl in eine Schüssel geben und mit Milch, Schmalz, 1 Tl Salz und der flüssigen Hefe zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten. Danach mindestens 5 Minuten lang kräftig weiterkneten. Anschließend mit einem Tuch abdecken und an einem warmen Ort 30 Minuten lang gehen lassen. Das Volumen sollte sich dabei verdoppeln.

Nun die Arbeitsplatte mit Mehl bestäuben und den Teig darauf noch einmal fünf Minuten lang kräftig durchkneten. Im Anschluss daran eine Wurst daraus rollen und diese in 18 gleiche Teile aufteilen. Aus jedem dieser Teile eine etwa 30 cm lange Wurst formen, die in der Mitte dicker ist und an den Rändern spitz zuläuft. Aus diesen Würsten Brezen formen, auf ein gut eingefettetes Backblech legen und nochmals 20 Minuten lang unter einem Tuch abgedeckt gehen lassen. Dann für 1 Stunde ohne Tuch in den Kühlschrank stellen.

Nach Ablauf der Zeit 1 l Wasser in einem Topf mit dem Natron vermischen und aufkochen lassen. Die Brezen nun einzeln jeweils für ½ Minute in das siedende Wasser geben. Sie schwimmen dabei oben. Mit einem Schaumlöffel heraus nehmen, gut abtropfen lassen, zurück auf das Backblech legen und mit grobem Meersalz bestreuen.

Anschließend das Backblech in den kalten Backofen schieben und den Backofen auf 220°C aufheizen. Nach ca. 30 Minuten sollten die Brezen goldbraun sein, dann herausnehmen und abkühlen lassen.

Mit Butter genießen oder zur Weißwurst reichen.

Bei der Zubereitung darf übrigens kein Backpapier verwendet werden, denn durch die Mischung von Wasser und Natron entsteht eine Lauge, die das Backpapier zerstört.

Ein Volk aus dem Nichts – die Findelkinder der Völkerwanderung

Der letzte römische Soldat schnürte eines Tages im Jahre 488 sein Bündel und verließ das nördliche Alpenvorland, um es sich selbst zu überlassen. Mit der fremdländischen Besatzungsmacht verschwand auch die römische Hochkultur. Keine Legionäre marschierten mehr über gepflasterte Straßen, keine Togaträger sinnierten über Schriftrollen in den Studierzimmern ihrer Landvillen, keine Sklaven bestellten sorgfältig angelegte Felder, keine römischen Damen steckten ihr Haar zu kunstvollen Frisuren auf.

Wie die Einheimischen auf diese neue Situation reagierten, ist im Nebel der Geschichte versunken. Denn tatsächlich hinterließen die Römer nach ihrem Abzug ein ziemlich entvölkertes, vereinsamtes Land. Es gab kaum noch jemanden, der etwas davon hätte überliefern können.

Aber es dauerte nur gut sechs Jahrzehnte, bis sich ein neuer Name in der Geschichtsschreibung der Voralpenregion niederschlug: die Bajuwaren. Wer sie waren und warum sie so plötzlich erschienen, gehört nach wie vor zu den großen ungelösten Mysterien der bayerischen Geschichte. Ein Wiener Historiker hat sie einmal die »Findelkinder der Völkerwanderung« genannt. Kamen sie etwa aus dem Nichts? Oder sind sie, was mancher Preuße vielleicht vermuten könnte, sogar die Nachfahren von Außerirdischen?

Lange Zeit galt die Überzeugung, dass diese geheimnisvollen Leute gegen Ende des Zeitalters der Völkerwanderung aus dem heutigen Böhmen im Voralpenland eintrafen und sich dort niederließen. Dazu gehörte die Annahme, der Name »Baier« bedeute so viel wie »Mann aus Böhmen«. Denn Böhmen hieß bei den Römern »Boiohaemum«, zumindest bis später »Bohemia« daraus wurde. Und »Boiohaemum« klingt ja schon ein bisschen nach »Baiern«, zumindest mit etwas Fantasie. Noch 1988 gab es eine Landesausstellung über die Bajuwaren, die diese These untermauerte. Doch dabei lag ein Irrtum zugrunde, wie die Forschung in jüngerer Zeit feststellte. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Vorstellung um nichts anderes als eine mittelalterliche Mär, die als Meistererzählung in die Geschichtsschreibung Einzug hielt und über lange Zeit hinweg blindlings als Tatsache hingenommen wurde.

Doch woher stammten die Bajuwaren, wenn nicht aus Böhmen? Diese Frage zu beantworten, ist bis heute nicht gelungen. Und vielleicht lässt sie sich auch gar nicht beantworten, solange sich das Augenmerk auf die Suche nach einem bestimmten Herkunftsland richtet.

Denn es ist denkbar, dass die Bajuwaren nicht als geschlossene Siedlergruppe von irgendwoher nach Bayern gezogen sind. Vielmehr liegt der Verdacht nahe, dass sich der Stamm der Bajuwaren zu Beginn aus den Leuten formiert haben könnte, die nach Abzug der Römer noch vereinzelt im nördlichen Voralpenland lebten.

Als die Römer im Jahr 15 vor Christus diese Region eroberten, fanden sie ein weitgehend menschenleeres Land vor, in dem nur hier und da ein paar wenige Kelten lebten. Die gehörten dem Stamm der »Boier« an, der damals weite Teile Mitteleuropas besiedelte. Warum er diesen Namen trug, ist unbekannt. Doch gilt mittlerweile als gesichert, dass der Name »Böhmen« auf ihn zurückzuführen ist, denn dessen lateinische Übersetzung »Boiohaemum« bedeutet im wörtlichen Sinne »Heimat der Boier«. Und auch der Name »Bajuwaren« lässt sich von den Boiern herleiten. Das germanische »Baiowarioz« bedeutet nämlich so etwas wie Boio-Mann. Die Kelten sind also Namensgeber der Bajuwaren, aber verkörpern sie auch den ethnischen Ursprung dieses Volksstamms?

In den 500 Jahren der römischen Besatzungszeit kam es in der Voralpenregion durch Immigranten aus den verschiedensten römischen Provinzen zu einem starken Bevölkerungswachstum. Als die Römer schließlich wieder abzogen, siedelten mit ihnen auch ihre Angestellten, Knechte, Mägde und Sklaven nach Italien um. Die Einwohnerzahl sank dramatisch.

Doch nicht alle verließen das Land. Neben einigen keltischen Familien, die bereits seit vorrömischer Zeit hier lebten, blieben auch ein paar römische Siedler zurück. Es gab vereinzelte Alemannen, Ostgoten, Langobarden, Slawen und Franken, die es hierher verschlagen hatte, sowie eine Handvoll germanischer Söldner, die nach Abzug der Römer zurückblieben. Hinzu kamen Elbgermanen, die sich an den Ufern der Donau niedergelassen hatten. Noch heute existierende Ortsbezeichnungen wie »Sachsenkam« oder »Schwabing« deuten darauf hin, dass sich auch Sachsen und Schwaben dazugesellten. Es existierte also ein buntes Gemisch von allerhand Menschen verschiedenster Herkunft. Sozusagen ein multikultureller Schmelztiegel der Spätantike.

Die Frage lautet daher nicht, woher die Bajuwaren kamen, sondern vielmehr, seit wann sich diese ganz unterschiedlichen Menschen als zusammengehörige Gruppe begriffen und zu einer eigenen Identität fanden.

Im Jahr 551 verfasste ein Gelehrter namens Jordanes ein Geschichtswerk, in dem er die östlich vom Schwabenland lebenden Menschen als »Baioras« beziehungsweise »Baibaros« bezeichnet. Dieser Begriff findet sich von da an in Abwandlungen immer wieder. Der erste Herzog von Baiern regierte bereits ab dem Jahr 555. Es kann also angenommen werden, dass sich die Bajuwaren schon in den wenigen Jahrzehnten nach Abzug der Römer als Volksgruppe zusammenfanden und in germanischer Tradition als Stammesherzogtum organisierten. Vermutlich geschah das während der Herrschaft des Ostgotenkönigs Theoderich zwischen 493 und 526. Es heißt, dass dieser in jenen Jahren Flüchtlinge aus ganz Germanien in Baiern ansiedelte und unter seinen Schutz stellte.

Vermutlich beruhte der Zusammenschluss der Bajuwaren auf einer militärischen Grundlage. Denn gemeinsam fiel es deutlich leichter, sich gegen die ständigen Übergriffe fremder Eindringlinge in der unruhigen Zeit nach dem Zusammenbruch des Römischen Reichs zu verteidigen.

Damals gab es noch keine größeren Städte. Die Bajuwaren wohnten in kleinen Dorfgemeinschaften und auf Einzelhöfen. Als Erwerbszweig diente ihnen die Landwirtschaft, sie lebten als Selbstversorger.

So unterschiedlich ihre Wurzeln auch gewesen sein mögen, seit jener Zeit bildeten die Bajuwaren eine eigenständige Ethnie. Sie verschmolzen durch Sitten und Traditionen miteinander, insbesondere aber auch durch ihren Dialektverband. Die bairische Mundart bildet heute das größte zusammenhängende Dialektgebiet Mitteleuropas.

Schon ab 615 kamen Mönche aus Irland und Schottland nach Bayern und bekehrten die Bajuwaren durch – wie noch heute ersichtlich – sehr erfolgreiche Missionierung zum Katholizismus. Vorher hatte eine bunte Vielfalt an Glaubensvorstellungen existiert, wie ja auch die Bewohner Bayerns von ganz unterschiedlicher Herkunft abstammten. Diese religiösen Traditionen verschwanden oder gingen in römisch-katholischen Riten auf.

Zwischen dem 6. und dem 8. Jahrhundert entstand mit der Lex Baiuwariorum eine Sammlung von Gesetzen, die das Miteinander der lokalen Bevölkerung regelte. Sie gilt als das älteste überlieferte gesellschaftliche Dokument der Bajuwaren und behielt ihre Gültigkeit bis ins Jahr 1180.

Es lässt sich also wohl feststellen, dass die Bayern seit 1.500 Jahren ein aus vielfältigen Wurzeln zusammengesetztes menschliches Konglomerat im Herzen von Europa bilden. Die reizvolle Vorstellung von einem geheimnisvollen Volk, dass sich einst aus einem unbekannten Land mit Lederhosen und Dirndln bekleidet auf den Weg machte, um das Bayernland zu erobern, können wir damit ad acta legen.

Krustenbraten mit Zwiebelconfit

Zutaten für 4 Personen

1 Schweinebraten mit Schwarte (ca. 1200 g, Schwarte vom Metzger rautenförmig einschneiden lassen)

300 ml Starkbier

500 ml Gemüsefond

6 Möhren

1 Porreestange

3 Zwiebeln

¼ Sellerie

3 Knoblauchzehen

2 Gemüsezwiebeln

50 g Butter

1 El Zucker

¼ l Weißwein

Speiseöl, gemahlener Kümmel, Soßenbinder, Salz, Pfeffer

Zubereitung

Zwiebeln, Möhren, Sellerie und Porree schälen bzw. putzen und in grobe Stücke schneiden. Die Knoblauchzehen häuten und fein hacken.

In einer kleinen Schüssel etwas Öl mit Knoblauch, Salz, Kümmel und Pfeffer vermischen und den Braten damit ringsum gut einpinseln.

In einem Bräter etwas Öl stark erhitzen und den Braten darin auf der Schwartenseite kräftig anbraten. Anschließend herausnehmen und den Bräter vom Herd stellen. Das Gemüse auf dem Boden des Bräters verteilen, die Gemüsebrühe dazugießen und den Braten mit der Schwarteseite nach oben darauflegen. Den Backofen auf 180°C erhitzen und den Bräter ohne Deckel hineinstellen. Die Backzeit beträgt insgesamt ca. 1 ½ Stunden. Während der ersten Stunde regelmäßig mit dem Bratensud übergießen, schließlich das Bier darübergießen und nicht mehr neu übergießen. Für die letzten 15 Minuten der Bratzeit auf Oberhitze und maximale Temperatur umstellen, damit die Kruste knusprig wird.

Für das Zwiebelconfit sobald der Braten in den Ofen geschoben wurde die Gemüsezwiebeln schälen und grob in Stücke schneiden. In einer Pfanne die Butter zerlassen und den Zucker darin karamellisieren. Danach die Zwiebeln hinzugeben und braten, bis ihr Gemüsesaft verdampft ist. Nun den Wein hinzugießen, mit einer Prise Salz und Pfeffer würzen und den Wein bei mittlerer Hitze komplett einreduzieren lassen.

Nach Ende der Bratzeit den Krustenbraten aus dem Ofen nehmen und kurz ruhen lassen. Den Bratensaft mit dem Gemüse durch ein Sieb in einen Topf gießen, dabei das Gemüse gut durch das Sieb ausdrücken. Die Sauce aufkochen und bei großer Hitze einige Minuten kräftig wallend kochen lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken, eventuell mit etwas Soßenbinder abbinden. Den Braten in Scheiben aufschneiden und mit der Sauce und dem Zwiebelconfit servieren.

Dazu passen Salzkartoffeln oder Knödel (Rezept Seite 28) sowie grüne Bohnen, Sauerkraut oder Rotkohl (»Blaukraut«, Rezept Seite 167).

Mit Gamsbart zum Schuhplattler – die bayerischen Trachten

Es ist anzunehmen, dass sich die Bajuwaren des Mittelalters noch mit recht grobem Zwirn bekleideten. Denken wir aber heutzutage an Bayern, so kommen uns auch unwillkürlich Trachten in den Sinn. Den Bayern ist vermutlich mit nichts anderem eine so grundlegende Identitätsstiftung gelungen, wie mit ihren Lederhosen und Dirndln. Darin spiegelt sich das Bayernsein an sich, daran ist der Urbayer erkennbar, und zwar weltweit.

Die Bezeichnung »Tracht« findet ihren Ursprung im praktischen Gebrauch: Das Wort kommt von »tragen«. Die »Tracht« stellte daher zunächst bloß die gewöhnliche Kleidung dar. Da Bayern seit jeher ein überwiegend bäuerlich geprägtes Land war, musste die Kleidung praktisch sein und sich für die Landarbeit eignen.

Die jungen Mädchen arbeiteten auf den Bauernhöfen als Magd, auch »Dierne« genannt. Sie benötigten einfache und strapazierfähige Kleider. Diese bestanden aus Leinen, in der Regel einfarbig, das Oberteil saß eng und Halt gebend über dem Hemd. Eine Schürze schützte den Rock vor Verschmutzungen, sie wurde meist aus abgenutzter Bettwäsche zusammengenäht.

Die Knechte trugen Hosen aus robustem Lederzeug. Witterungsbeständig und robust hielt das Material sowohl Nässe als auch Schmutz vom Körper fern, dazu erwies es sich auch noch als nahezu unverwüstlich.

Am Ende des 18. Jahrhunderts fiel der Blick der höfischen und bürgerlichen Gesellschaft auf die einfachen Bauersleute. Das Zeitalter der Romantik begann, und damit eine melancholische Sehnsucht nach Natur, Landleben und alten Traditionen. Es brach die Zeit an, in der die Industrialisierung um sich griff, Verstädterung und Landflucht läuteten eine neue Epoche ein. Diese Ära zog aber auch eine Entfremdung von den ruralen Wurzeln der Menschheit nach sich, die in Kreisen, die es sich leisten konnten, zur Verklärung des einfachen Bauernlebens führte.

So kam es, dass sich Interesse an den Trachten der bayerischen Bauern regte. Dabei zeigte sich, dass sich im Lauf der Zeit einige regionale Moden herausgebildet hatten, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sorgfältig katalogisiert worden waren. Heute werden sechs Trachtentypen unterschieden, die Berchtesgadener, die Chiemgauer, die Inntaler, die Isarwinkler, die Miesbacher und die Werdenfelser Tracht. Doch eigentlich existiert »die Tracht« an sich gar nicht. Vielmehr gibt es unzählige Varianten, ganz nach Geschmack, Mode und verfügbarem Budget.

In den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts entdeckten nämlich Städterinnen, die im Bayernland Urlaub machten, das Dirndlkleid. So etwas wollten sie auch besitzen, aber natürlich nicht in so einfacher und schlichter Form wie die Kleider der Bäuerinnen, die sie gesehen hatten. Denn ihr Stadtleben erforderte ja keine praktische Kleidung, vielmehr wollten sie durch modischen Schick auffallen. Deshalb wurden die Dirndl bunter, erhielten Applikationen und Stickereien, aufwendig auf wertvollen Stoffen angebracht. Und für die Schürzen dienten selbstverständlich keine alten Bettlaken mehr, sondern feinster Damast, mit filigranen Spitzen verziert. Diese Entwicklung griff nach dem Zweiten Weltkrieg vermehrt um sich, als in den Fünfzigerjahren rührselige Heimatfilme die Seelen der Menschen in den zerbombten Städten trösteten. Ließ sich doch mit der Trachtenkleidung die Illusion einer heilen Welt wenigstens ein bisschen in den grauen Alltag hinüberretten.

Mit dem männlichen Pendant zum Dirndlkleid verlief es ganz ähnlich. Schon der verträumte bayerische König Ludwig II. fand Gefallen an der Trachtenromantik, in der Folgezeit genoss die Lederhose als Jagdkleidung der Adeligen Popularität. Die Hosen der Knechte bestanden noch aus Ziegen- oder Schafsleder, in der Taille von groben Stricken zusammengehalten. Den einfachen Strick ersetzten nun lederne Hosenträger, verziert mit Edelweiß- oder Enzianmotiven. Die Hose selbst wurde aus Gams- oder Hirschleder gefertigt, denn im Gegensatz zu den Bauersleuten durften die Adeligen diese Tiere jagen. Das wertvolle Leder schmückten ansehnliche Laubapplikationen.

Bei den Knechten geriet die Lederhose in dieser Zeit allerdings aus der Mode. Stattdessen trugen sie jetzt lange Lodenhosen. Loden besteht aus gewalkter Wolle, das Material ist wind- und regendicht, außerdem hält es besser warm als Leder.