Das Haus Zamis 61 - Catalina Corvo - E-Book

Das Haus Zamis 61 E-Book

Catalina Corvo

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Beschreibung

Schirille lebt - und Coco hat zum Schluss einige interessante Informationen über die Habergeiß erhalten. Da Schirille ein Spion Asmodis ist, beschließt Coco im Umgang mit ihr zukünftig vorsichtiger zu sein.
Andererseits bedeutet diese Tatsache aber auch Chancen. Michael Zamis wäre nicht der einflussreichste Wiener Dämon, wenn er nicht prompt einen Plan schmieden würde, mit Schirilles Hilfe den Kontakt zu den Oppositionsdämonen zurückzugewinnen.
Nur Coco muss er noch überzeugen, ihm beizustehen, denn sie soll die entscheidende Rolle in seinem Plan spielen - wenn das Blutopfer dargebracht wird ...


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Seitenzahl: 136

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

BLUTOPFER

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Coco Zamis ist das jüngste von insgesamt sieben Kindern der Eltern Michael und Thekla Zamis, die in einer Villa im mondänen Wiener Stadtteil Hietzing leben. Schon früh spürt Coco, dass dem Einfluss und der hohen gesellschaftlichen Stellung ihrer Familie ein dunkles Geheimnis zugrundeliegt. Die Zamis sind Teil der Schwarzen Familie, eines Zusammenschlusses von Vampiren, Werwölfen, Ghoulen und anderen unheimlichen Geschöpfen, die zumeist in Tarngestalt unter den Menschen leben.

Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht Coco den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Ihr Vater sieht mit Entsetzen, wie sie den Ruf der Zamis-Sippe zu ruinieren droht. So lernt sie während der Ausbildung auf dem Schloss ihres Patenonkels ihre erste große Liebe Rupert Schwinger kennen. Aber das Glück ist nicht von Dauer. Auf einem Sabbat soll Coco zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an, doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut und verwandelt Rupert Schwinger in ein Ungeheuer.

Seitdem lässt das Oberhaupt keine Gelegenheit aus, gegen die Zamis-Sippe zu intrigieren. So schickt Asmodi den Dämon Gorgon vor, der Wien und alle seine Bewohner zu Stein erstarren lässt – und die Stadt komplett aus dem Gedächtnis der Menschheit löscht. Nur Coco kann im letzten Augenblick entkommen, allerdings hat sie jede Erinnerung an ihre Herkunft verloren ... Kurz darauf findet sie sich jedoch in einer Vision in Wien wieder und steht ihrer versteinerten Familie gegenüber. Nach und nach gewinnt sie ihre Erinnerung zurück und fühlt sich mehr denn je verpflichtet, etwas gegen Gorgons Fluch zu unternehmen.

In einer Bibliothek auf Schloss Laubach in Deutschland stößt Coco auf die Dämonenvita ihres Vaters. Bisher wusste sie nur, dass ihr Vater einst aus Russland nach Wien emigrierte. Aus der Dämonenvita erfährt sie, dass er zuvor über Jahre hinweg seinen Halbbruder Rasputin bekämpft hat. Coco wird klar, dass die damaligen Ereignisse für die Rettung ihrer Familie von elementarer Bedeutung sein könnten.

Aus diesem Grund ist auch Asmodi hinter der Dämonenvita her, doch Coco gelingt es, Gorgons Bann zu brechen und Wien zu retten. Michael Zamis allerdings dankt seiner Tochter die Rettung schlecht und quartiert sie nach Südamerika aus, um ungestört seine Kontakte zu den Oppositionsdämonen auszubauen, die sich Asmodis Sturz auf die Fahnen geschrieben haben. Als Cocos Mutter Thekla von Michaels Liaison mit einer Kämpferin des Widerstands erfährt, tötet sie diese. Michael und Thekla finden wieder zueinander, aber da Michael als Täter verdächtigt wird, schickt er Coco aus, um Verbündete zu aquirieren, zunächst nach Klagenfurth und Venedig und schließlich nach Rumänien auf das Schloss des Grafen Ferdinand Mihaly zu Kronfeld, auf dem es zum Aussöhnungstreffen mit dem Anführer der Oppositionsdämonen kommen soll ...

BLUTOPFER

von Catalina Corvo

Das Erste, was mir bei meiner Rückkehr nach Hause ins Auge stach, waren die Krähen.

Sie hockten zu Dutzenden auf den kahlen Bäumen hinter der mannshohen Steinmauer, die unser Grundstück umschloss, und beobachteten aus schwarzen Augen, wie ich aus dem Taxi stieg.

Instinktiv streckte ich meine magischen Fühler aus. Die Anwesenheit der Krähen hatte nichts Gutes zu bedeuten, so viel stand fest. Vorsichtig betrat ich das Grundstück. Über den verschlungenen Steinweg näherte ich mich der Veranda, die der Villa vorgelagert war. Der Himmel hatte sich zugezogen und kündigte Regen an. Im Haus brannte kein Licht. Ich blickte mich um. Im Schatten der Dämmerung erblickte ich die Umrisse des Swimmingpools im Garten. Es befand sich seit Wochen schon kein Wasser mehr darin. Der Grund war von fauligem Laub bedeckt. Ein Herbstwind schüttelte weitere Blätter aus den Bäumen. Ich legte den Kopf in den Nacken. Über mir hockten immer noch die Krähen und starrten mich an, als würden sie nur darauf warten, dass ich in eine vorbereitete Falle tappte.

1. Kapitel

Ich setzte den Fuß auf die Veranda, stieg die Stufen hinauf. Das Haus wirkte leer und kalt, als wäre es seit Jahren verlassen. Dabei hatte ich doch nur einen kurzen Trip in die Wiener Innenstadt unternommen.

Ich hatte ein paar Stunden mit mir allein sein wollen, nichts weiter. Seit ich aus Italien nach Wien zurückgekehrt war, mied ich die Gesellschaft anderer Dämonen noch mehr als sonst. Lieber saß ich allein in einem Kaffeehaus, beobachtete das bunte Leben, das sich in einer sorglosen, alltäglichen Welt abspielte, die nicht meine war.

Ich war anders. Ich lebte in der Welt der Dämonen und der Schwarzen Familie, sie war der böse Zwilling aller Albträume und Ängste. Manchmal überschnitten sich die Welten, doch selbst dann waren es die Dämonen, die die Menschen kontrollierten, mit ihnen spielten, ohne dass diese es bemerkten.

Während ich in dem Kaffeehaus saß, dachte ich an den Dämon Belios und seine Söhne. Und wie immer in den letzten Tagen fragte ich mich, ob ich es anders hätte machen können, ob ich die Katastrophe hätte verhindern können.

Ich hatte Rufo gemocht. Er war ein Außenseiter in der Schwarzen Familie gewesen, so wie ich. Aber letztendlich war auch er ein Opfer der Machenschaften seines Vaters geworden. Nein, sagte ich mir. Niemand in Venedig, und das galt auch für Rufo, hatte mit offenen Karten gespielt. Das Drama hätte auch ohne mich stattgefunden. Ebenso wie das Versagen der Maschera Nera oder die Rache Asmodis an den Verschwörern.

Die Einzige, der gegenüber mich ein schlechtes Gewissen plagte, war Schirille, die stinkende Habergeiß. Statt sie nach ihrem Verschwinden zu suchen, hatte ich sie im Stich gelassen.

Dabei hatte ich sie eigentlich sogar ein bisschen liebgewonnen, nachdem wir einen ziemlich schweren Anfang gehabt hatten. Ich wäre es ihr schuldig gewesen, nach ihr zu suchen. Selbst da sie sich am Ende als Geschöpf Asmodis entpuppt hatte. Doch was bedeutete das schon, wir steckten alle in unseren Zwangsjacken.

Mit dem Gedanken an Schirille hatte ich den Kaffee bezahlt und war nach Hietzing zurückgekehrt, wo sich unsere Villa befand – und stellte überrascht fest, dass seit meinem Fortgang vor einigen Stunden irgendetwas passiert sein musste. Ein Rauschen über mir schien meine üblen Befürchtungen zu bestätigen. Die Krähen waren aufgeflattert! Unter heiserem Krächzen flog der Schwarm davon und verschwand wie eine Wand aus Leibern in den abendlichen Himmel.

Jetzt spürte auch ich, was los war.

Oder besser gesagt, ich spürte – nichts!

Normalerweise war unser Grundstück durch einen Riegel von magischen Fallen geschützt, die das Eindringen von Unbefugten verhinderten. Ich kannte die Fallen und umging sie meist wie im Schlaf, ohne sie überhaupt zu bemerken. So fiel mir erst jetzt auf, dass sie fehlten. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich, doch ich spürte keine Resonanz.

Hatte mein Vater die Fallen deaktiviert? Aber warum hätte er das tun sollen?

Mein Herz schlug bis zum Hals, als ich die Klinke der Haustür berührte. Äußerlich gab es keine Zeichen von Gewalteinwirkung. Ich kramte meinen Schlüssel hervor und schloss auf. Kaum stieß ich die Tür auf, da ertönte hinter mir ein heiserer Krächzlaut. Eine Krähe war zurückgeblieben und musterte mich bewegungslos aus perlschwarzen Augen. Wollte sie mir ein Zeichen geben?

Ich trat auf sie zu, doch da erhob sie sich und flüchtete.

Ich betrat das Haus. Die Anwesenheit der Vögel bedeutete nichts Gutes. Tiere hatten eine feine Intuition für magische Vorgänge. Umso merkwürdiger war es, dass meine magischen Sinne immer noch nicht Alarm schlugen ...

Der Schatten griff mich ohne jede Vorwarnung an.

Er lauerte in der Diele auf mich, hinter der Garderobe. Mit einem Brüllen stürzte er vor. Alles, was ich sah, waren zwei riesige Klauen und ein aufgerissenes Maul, aus dem mir stinkender Atem entgegenwehte! Ich reagierte, ohne nachzudenken, und ließ mich zu Boden fallen. Der Schatten huschte über mich hinweg und krachte gegen die Wand. Es war ein Tier, eine Mischung aus Löwe und Wolf, mit zwei Schwänzen und kraftvollen Läufen. Sofort wälzte es sich herum und setzte zu einem weiteren Angriff an. Ich ließ mich in den rascheren Zeitablauf fallen.

Das heißt, ich wollte es.

Doch mein Innerstes war wie entleert und ausgehöhlt. Ich spürte keine magische Kraft!

Das Zeitfeld entstand nicht!

Panikartig wich ich zurück und entging der Bestie abermals um Haaresbreite. Sie krachte mit dem Schädel gegen die Wand und ließ ein wütendes Brüllen hören. Panikartig wurde mir klar, dass ich aus irgendeinem Grund keine meiner Fähigkeiten einsetzen konnte. Das bedeutete, dass ich dem Angreifer hilflos ausgeliefert war.

Ich huschte herum und nutzte die Sekunde, in der die Bestie sich orientierte, um durch die nächstbeste Tür zu fliehen. Es war die in den Keller. Ich warf sie hinter mir ins Schloss – gerade noch rechtzeitig. Das Türblatt erzitterte unter dem Ansturm des Ungetüms. Gleich darauf folgte der zweite Angriff. Die Scharniere knirschten, die Bretter verbogen sich. Ich hastete die Stufen hinunter. Beiläufig nahm ich wahr, dass auch hier unten irgendetwas anders war als sonst. Das Neonlicht flackerte und summte, als müsse die Röhre ausgewechselt werden, dabei war mir bisher kein Defekt aufgefallen. Was war in meiner Abwesenheit passiert? Wo war meine Familie? Und warum hatte mich der Wächter des Hauses nicht vor dem Ungeheuer gewarnt?

Die Treppe führte in einen Korridor, an dessen Ende sich die wuchtige, massive Holztür befand, die in den Beschwörungsraum führte. Auf ihren altmodischen Eisenbeschlägen waren mächtige Schutzzauber angebracht, die mir neu waren. Trotzdem musste ich es riskieren und griff nach dem Knauf. Oben erzitterte bereits das Holz der Kellertür unter dem Ansturm der zweischwänzigen Bestie!

Ich berührte das kühle Metall, ruckte an dem Knauf.

Verschlossen!

Gleichzeitig öffnete sich im Holz auf der Höhe meines Gesichts ein einzelnes, großes Lid. Ein großes, wässriges Auge starrte mich an! Die Pupille war nichts als ein tiefschwarzer senkrechter Schlitz, der wie aus einer anderen Dimension auf mich herabzublicken schien.

Ein Schlangenauge!

Ich kannte diesen Schutzzauber. Er kostete sehr viel Kraft, weshalb er nur äußerst selten eingesetzt wurde. Wenn jemand damit diese Tür schützte, dann bedeutete das ...

Die Kellertür über mir barst unter dem wiederholten Aufprall der Bestie. Ich hörte, wie das Holz zersplitterte, und vernahm das Triumphgeheul des Angreifers. Kurz darauf sah ich den Schatten über die Treppe auf mich zustürmen.

Ich presste mich mit dem Rücken an die Tür. Es gab nichts, was ich tun konnte. Die Bestie würde mich umbringen ... Da gab plötzlich die Tür hinter mir nach!

Kräftige Hände umfassten meine Schultern und zogen mich in das Beschwörungszimmer. Über mir erkannte ich Georgs Gesicht. Er zerrte mich in den weihrauchgeschwängerten Kellerraum und warf die Tür wieder ins Schloss.

Keine Sekunde zu spät.

Ein dumpfer Knall ertönte, als die Bestie mit voller Wucht von außen gegen das Holz schlug. Der Stoß verhallte, dann war es wieder still. Der süßlich-schwere Dunst des Räucherwerks legte sich wie eine Wolke um meine Sinne. Ich zwinkerte ein paarmal, um die Benommenheit abzuschütteln, und sah im Schein schwarzer Kerzen meinen Vater, der in eine schwarze Robe gekleidet in einem Schutzkreis stand, vor ihm ein großes Pentagramm, in dessen Zentrum ein absonderliches Wesen hockte – eine Mischung aus Ziege und Vogel.

Schirille!

Starke Fesseln fixierten ihre drei zottigen Beine und die gefiederten Flügel. Ihr Leib war von Bannzeichen übersät. Immer wieder warf sie gepeinigt den Ziegenkopf herum und wand sich in Krämpfen. Die gespaltene Zunge zuckte wie eine wütende Kobra hin und her. Dabei schlug Schirille ihre zwei großen gedrehten Hörner gegen den Boden, als wollte sie ihn zertrümmern. Erschöpft und mit ihrem glanzlosen Federkleid erinnerte die Habergeiß an ein gerupftes Huhn, wenn auch an ein sehr dämonisches Huhn. Doch auch diesmal strömte sie den ihr typischen widerwärtigen Geruch aus. Das erklärte auch die allzu großzügige Anwendung von schwarzem Weihrauch.

Erst jetzt bemerkte ich, dass das Poltern auf der Kellertreppe verstummt war. Offenbar hatte die Bestie ihre Angriffe eingestellt. Gegen die Macht des Schlangenzaubers kam sie nicht an.

»Was ist denn hier los?«

Georg beachtete meine Frage nicht. »Warum nennst du das Codewort nicht?«, fuhr er mich an.

Auch Vater ignorierte mich. Konzentriert auf das Ritual, intonierte er einen dunklen, seltsam abgehackten Singsang. Einige Worte erkannte ich und begriff, dass er Ägyptisch sprach. Hinter ihm kniete meine Mutter in einem eigenen Schutzkreis, die Hände in seine Richtung gestreckt, als würde sie ihm ihre Kraft senden.

Meine Mutter Thekla war ein schwaches Geschöpf. Obgleich sie eine der äußerst zahlreichen Töchter Asmodis war, besaß sie keine nennenswerten magischen Fähigkeiten. Dies schien sich auch in ihrer äußeren Erscheinung widerzuspiegeln. Sie war schlank, ja, fast hager und stets ein wenig zu blass. Ihre Haare trug sie glatt und lang über die Schultern gekämmt. Sie hatte mir ihre hoch angesetzten Wangenknochen vererbt, doch anders als bei mir machten sie ihr Gesicht nur noch knochiger und ausgezehrter. Es gab keinen Zweifel, dass mein Vater Michael Zamis in unserer Sippe die Hosen anhatte. Meine Mutter hielt sich stets im Hintergrund.

Georg zog mich mit in seinen eigenen Schutzkreis.

»Warum hat mich keiner informiert?«, zischte ich zurück. »Wenn ich gewusst hätte, was ihr vorhabt ...«

»Dafür war keine Zeit«, fiel Georg mir ins Wort. »Außerdem wussten wir nicht, wo du dich rumtreibst. Du solltest Vater eine Nachricht hinterlassen, wenn du das Haus verlässt.«

»Ach, sollte ich das?«, spottete ich. »Falls du es vergessen haben solltest, ich bin keine zwölf mehr!«

»Du warst auch schon mit zwölf ziemlich anstrengend«, gab er kühl zurück.

»Wieso habt ihr die magischen Fallen deaktiviert? Und was diese zweischwänzige Bestie angeht ...«

»Wir brauchen alle Kraft für das Ritual«, unterbrach Georg. »Die Bestie ist unser Schutz gegen Eindringlinge, solange die magischen Fallen deaktiviert sind.«

»Na toll. Da hätte sie ja fast ihren Zweck erfüllt!«

Georg zuckte nur die Achseln. »Wenn du schon mal da bist, mach einfach mit und tu, was Mutter und ich tun.«

Ich wollte zu einer geharnischten Antwort ansetzen, aber ein eisiger Blick meines Vaters ließ mich verstummen. Anscheinend störten wir mit unserem Gespräch die Vorbereitung des Rituals.

Ich folgte Georg zähneknirschend. Wir knieten uns nebeneinander hin.

Vater intonierte einen unverständlichen Singsang. Er wechselte dabei in verschiedene Sprachen – Altgriechisch, Hebräisch, Latein –, und immer wieder forderte er uns auf, bestimmte Passagen nachzusingen. Das alles diente, soweit ich das beurteilen konnte, dem Zweck, uns Kraft zu entziehen und auf ihn zu konzentrieren. Am Ende musste sich meine Mutter am Boden abstützen. Sogar Georg standen Schweißperlen auf der bleichen Stirn. Ich selbst fühlte mich müde und zerschlagen, so als ob ich eine Grippe bekäme.

Schließlich stockte der Gesang. Vater konzentrierte sich auf den nächsten Schritt, was immer er vorhatte, und das gab Schirille in ihrem Gefängnis die Gelegenheit, mit uns Kontakt aufzunehmen.

»Lasst mich!«, heulte die Habergeiß mit erbärmlich heiserer Stimme. »Ihr tut mir unrecht. Wenn ihr mich tötet, wird Asmodis Rache über euch kommen!«

Fast bekam ich Mitleid mit ihr, wie sie so hilflos am Boden lag, während sich die Bannzeichen in ihr Federkleid brannten. Ihr Geheul wurde zu einem Flüstern. Mit letzter Kraft reckte sie den Hals und sah mich an.

»Hilf mir«, flehte sie. »Du musst sie dazu bringen, damit aufzuhören. Sie werden uns beide töten ...«

Was sollte ich tun? Schirille hatte recht. Wir waren durch ein unsichtbares Band aneinandergekettet, das mein Vater selbst installiert hatte. Wenn Schirille starb, würde auch mein Leben verwirkt sein. Gleichzeitig fragte ich mich, ob das überhaupt möglich war. Schließlich wurde immer wieder behauptet, dass Habergeißen sich von der Angst der Menschen ernährten – und nicht sterben konnten, solange die Menschen sich vor irgendetwas fürchteten.

In diesem Augenblick war Vater bereit. Mit einem einzigen mächtigen Wort löste er die angestauten Energien und lenkte sie auf Schirille hinab. Die Habergeiß schrie, wie ich sie nie zuvor gehört hatte. Ich presste mir die Finger in die Ohren, aber dennoch drang der Laut der Qual zu mir durch. Oder waren es meine eigenen Schmerzen, die mir wie eine Messerklinge ins Gehirn schnitten?

Dann war es vorbei. Reglos lag die Habergeiß am Boden. Vater sank in die Knie.

Wir alle brauchten ein paar Minuten zum Durchatmen. Ich lebte. Was auch immer Vater mit Schirille angestellt hatte, es hatte weder sie noch mich getötet. Obwohl mir unzählige Fragen durch den Kopf schossen, schwieg ich. Letztlich war ich mir nicht sicher, ob ich wirklich wissen wollte, was mein Vater getan hatte. Bestimmt heckte er wieder irgendeine Intrige aus, an der ich nicht teilhaben wollte. Vielleicht fand sich eine Gelegenheit, den Keller und das Haus zu verlassen, bevor ...

Da wandte mein Vater sich mir zu. »Und nun zu dir, Coco! Ich habe einen Auftrag für dich.«