Das Jüngste Gericht - Heinrich von Stahl - E-Book

Das Jüngste Gericht E-Book

Heinrich von Stahl

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Beschreibung

Im November 1952 ist der kalte Krieg zwischen den USA und dem Nordischen Bund nichts weiter als ein gigantisches Täuschungsmanöver, um unbemerkt von der Öffentlichkeit Ressourcen zur Bekämpfung der bald auf der Erde eintreffenden Vegalier bereitstellen zu können. In Wirklichkeit sind sowohl die USA als auch die in Sibirien scheinbar noch kämpfenden Sowjets Vasallen des Deutschen Kaisers. Die einzige bislang noch nicht durch die kaiserlichen Truppen endgültig besiegte Militärmacht im Sonnensystem ist der CFR, der unter seinem Präsidenten Edward Mandell House auf Rache für die zahlreichen Niederlagen sinnt, die ihm von der Kastrup beigebracht wurden. Im letzten verbliebenen CFR-Stützpunkt auf dem Saturnmond Titan reift ein teuflischer Plan heran, der den Nordischen Bund in seinen Grundfesten erschüttern soll.

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Seitenzahl: 250

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Kaiserfront 1949

 

 

Band 9

Das Jüngste Gericht

 

 

von Ralph Hammerstein

nach einem Exposé von Heinrich von Stahl

Inhalt

Titelseite

Kapitel 1: Dies ist die gute alte Zeit, von der wir in zehn Jahren schwärmen werden

Kapitel 2: Zielort

Kapitel 3: Die wahren Christen

Kapitel 4: Der Katastrophenplan

Kapitel 5: Mr. Morrisey gibt sich die Ehre

Kapitel 6: Die Offenbarung

Kapitel 7: In dunkler Nacht

Kapitel 8: Auf der Flucht

Kapitel 9: Das Ende ist nah

Kapitel 10: Der Sturm bricht los

Kapitel 11: Welch schöne neue Welt, die solche Bürger hat

Kapitel 12: Homo Homini Lupus est

Kapitel 13: Ende mit Schrecken

Kapitel 14: Vom Regen in die Traufe

Kapitel 15: Hinter den Kulissen

Kapitel 16: Wer zuletzt lacht, ist schwer von Begriff

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Impressum

Kapitel 1:Dies ist die gute alte Zeit, von der wir in zehn Jahren schwärmen werden

Wer nichts weiß, muss halt glauben

 

 

Titan… Johnson schwebte so hoch über dem Saturnmond, dass er in den endlosen Wüsten vereinzelte Seen ausmachen konnte. Die Werk II genannte CFR-Station unter dem Kommando von Colonel Pohl war allerdings gut getarnt und mit bloßem Auge nicht zu sehen.

Die dreiäugigen Vögel mit den roten Schnäbeln, die ihn mit klatschenden Schwingen und schrillem Gekreisch in der wolkigen Atmosphäre umschwärmten, waren ihm unheimlich: Obwohl seine Kenntnisse über die Örtlichkeit bestenfalls rudimentär waren, wusste er genau, dass er eins ziemlich sicher wusste: Er hatte bisher noch nie etwas über einheimisches Leben gehört…

Captain Baker, die ihn nach seiner Ankunft unter ihre Fittiche genommen hatte, war zwar bemüht gewesen, ihn über die Lage im Refugium aufzuklären, doch ihr verdammt gutes Aussehen hatte ihn immer abgelenkt, sodass er nur an den doofen Spruch hatte denken können, der an einer Toilettenwand in Chile gestanden hatte: Auch wenn ich den Eindruck erwecke, jedem deiner Worte andächtig zu lauschen, ist die Wahrheit die, dass ich mir gerade vorstelle, wie du nackt aussiehst.

Johnson musste lachen. Dass sein Gelächter die Vögel wie Luftballons platzen ließ, bewies ihm, dass er nicht über dem Mond schwebte, sondern durch einen Traum.

Dieses Wissen bewirkte, dass die Ränder seiner Vision ausfransten und merkwürdige kleine Blitze vor seinen Augen aufzuckten. Ein dumpfes Donnergetöse drang von allen Seiten auf ihn ein. Er spürte plötzlich, dass seine Glieder so schwer wie Blei wurden.

Johnson träumte nicht zum ersten Mal vom Fliegen. Er erlebte es auch nicht zum ersten Mal, dass er im Traum begriff, dass er träumte. Im Laufe seiner sechzig Lebensjahre hatte er zahllose Albträume überstanden. Oft endeten sie so, dass er in Schweiß gebadet desorientiert und hektisch atmend zu sich kam. Die schlimmsten Albträume aber waren die, aus denen er nicht erwachen konnte, und wenn er sich noch so sehr bemühte: Es gab nichts Schlimmeres als eine Gefahr auf sich zukommen zu sehen und nicht um sich schlagen zu können, weil einem die Arme eingeschlafen waren.

Wach auf, wach auf, schrie er sich stumm zu, denn nun wurde ihm klar, dass die Donnerschläge höchstwahrscheinlich real waren. Wach auf, Blödmann, du bist in Gefahr!

Unter ihm: Vibration. Die extraterrestrische Landschaft war verschwunden. Als Johnson die Augen öffnete, lag er auf einer weißen Decke. Im Schnee? Die Notbeleuchtung an den Wänden der Kabine besagte, dass jemand oder etwas die Hauptstromversorgung außer Gefecht gesetzt hatte.

Johnson richtete sich auf. Er hätte sich eigentlich erleichtert fühlen müssen, doch sein Herz pochte rasend schnell. Salzige Schweißtropfen liefen ihm von der Stirn in die Augen. Dass er nicht im Schnee lag, sondern auf dem weißen Laken seiner Koje beruhigte ihn, doch das Donnern und Rumpeln, das den Raumer hin und her warf, war nicht dazu angetan, positive Gefühle zu erwecken.

Die Alarmanlage schrillte.

Johnson holte aus und schlug mit der Hand auf den Knopf an der Wand, der ihn mit der Brücke verband.

»Wir sitzen in der Scheiße, General«, hörte er Captain Quincannon sagen. »Stellen Sie keine Fragen. Ich muss mein bisschen Grips zusammen halten…«

Das System machte Krchzzz, dann war die Verbindung tot. Ein erneuter Schlag ließ das dreihundert Meter lange Rochenschiff wanken.

Johnson, nun hellwach, sprang aus der Koje, verlor das Gleichgewicht und segelte wie ein Papierflieger durch den Raum. Es war unvermeidbar, dass er gegen die Wand schlug, die sich seiner Lagerstatt gegenüber befand, doch dass es ausgerechnet seine Stirn sein musste, die mit dem Stahl Bekanntschaft schloss, ließ ihn aufstöhnen.

Trotz seines Alters war er noch immer Soldat genug, um sofort wieder auf die Beine und in seine Kombination zu springen – was nicht etwa auf seine regelmäßigen sportlichen Aktivitäten zurückzuführen war, sondern eher auf die biotechnologischen Verfahren, die das Alter stoppten und sogar rückgängig zu machen vermochten. Bevor er in den Stiefeln war, wurde das Schiff erneut von der Faust eines Riesen gepackt und geschüttelt. Die Sirenen waren zwar nun verstummt, doch dafür erlosch nun auch die Notbeleuchtung – nicht unbedingt ein gutes Zeichen, dachte er in einem Anflug von Sarkasmus.

Johnson zog die Stiefel an, schnürte fluchend seinen Gürtel, tastete sich ans Notfach neben der Tür heran und entnahm ihm eine Taschenlampe. In deren Licht fand er den Knopf, der die Kabinentür öffnete.

Leider ließ sich der dämliche Knopf nicht eindrücken. Es war kein Strom da! Sieben Flüche und ebenso viele Tritte später ging die Notbeleuchtung wieder an. Die Tür ließ sich bewegen! Johnson stürzte in den Gang hinaus, an dessen Ende sich der direkt zur Brücke führende Lift befand. Der Rochen war zwar dreihundert Meter lang, doch die Hälfte nahm sein »Stachel« ein. Deswegen war der Weg zum Lift nicht weit. Johnson drosch auf den Liftknopf ein. Die Tür ging auf. Johnson sprang hinein, betätigte einen anderen Knopf.

Die Tür ging zu, der Lift ruckte an. Dann blieb er stehen.

»Das kann doch jetzt nicht wahr sein…« Johnson knirschte mit den Zähnen. Das Notlicht im Lift ging aus. Johnson trat, Obszönitäten schreiend, gegen die Tür. Eine weibliche Konservenstimme sagte gelassen: »Bleiben Sie ruhig. Hilfe ist unterwegs.«

Johnson glaubte ihr kein Wort. An Bord der Firebird befanden sich außer ihm nur fünf Menschen, die Notbesatzung: Zwei dieser Menschen waren in diesem Moment vermutlich damit beschäftigt, einen Zickzackkurs zu fliegen, um zu verhindern, dass die unbekannt Kraft, die auf sie einwirkte, sie vom Leben zum Tode beförderte. Zwei weitere Angehörige der Besatzung gingen ihnen dabei zur Hand, indem sie den Blick keine Sekunde von den Tastaturen hoben, mit denen sie die Maschinen kontrollierten. Das fünfte Besatzungsmitglied, Captain Finlay, saß jetzt mit Sicherheit an den Geschützen und gab dem Gegner Saures – wenn es denn ein Gegner war, der ihr Schiff wie einen Spielball behandelte hatte, und nicht etwa eine kosmische Naturgewalt.

Captain Finlay hatte jetzt bestimmt andere Sorgen als einem in einem Aufzug festsitzenden Etappenhengst zu helfen.

»Scheißtechnik!«, schrie Johnson. »Der Teufel soll dich holen!« Er schlug mit beiden Fäusten auf die Tür ein. »Hätten die Preußen doch diese Kiste gebaut! Die legen jeden um, der bei der Arbeit schludert!«

Natürlich glaubte er den Quatsch nicht, den er redete, aber er befand sich im Einklang mit den Vorurteilen, die der Durchschnittsamerikaner bezüglich der Preußen hatte.

»Bleiben Sie ruhig«, wiederholte die Stimme. »Hilfe ist unterwegs.«

»Du blöde F!$t&z?!«, sagte Johnson. »Wenn ich hier rauskomme, mach ich dich kalt…«

Das Notlicht ging wieder an, der Lift setzte sich nach oben in Bewegung. Im Nu öffnete sich die Tür.

Johnson sprang hinaus, stolperte über ein am Boden liegendes Bündel, das dort nun wirklich nicht hingehörte und verlor erneut die Balance. Er riss die Arme hoch, um sein Gesicht zu schützen, doch er konnte nicht verhindern, dass er gegen etwas Hartes schlug – eine Tür, die nur angelehnt war. Er trudelte in die Kabine, die das am Boden liegende Bündel – ein Mensch? – kurz zuvor verlassen hatte.

Johnson landete auf einer Koje, schlug mit der Nase gegen eine Wand und sackte auf der Matratze zusammen.

Er brauchte einige Sekunden, um sich darüber klar zu werden, wo er sich befand und über wen er gerade gestolpert war. Dann war er wieder auf den Beinen und beugte sich vor der offenen Liftkabine in dem finsteren, von roten Notleuchten erhellten Oberdeckgang, über die am Boden liegende Gestalt.

Captain Finlay. Sie stöhnte leise.

Johnson nahm ihren Kopf zwischen die Hände. »Sind Sie verletzt, Finlay?«

Er hob sie an den Schultern hoch. Ihm fiel ein, welche Position Finlay auf der Firebird bekleidete, und ihm wurde klar, dass momentan wahrscheinlich kein Mensch an den Geschützen saß, um die Angreifer das Fürchten zu lehren. Erneut brach ein Fluch über seine Lippen. »Finlay«, keuchte er und schaute intensiv in ihre braunen Rehaugen. Sie sah nicht nur aus wie ein Reh, sie war auch so schmächtig und zart.

»Ich bin ausgerutscht«, murmelte Finlay, noch immer leicht benommen. »Und mit dem Kopf gegen die Wand gebollert.«

Das Wort »gebollert« gefiel Johnson. Er tastete Captain Finlay von oben bis unten ab, um nach Brüchen zu suchen, doch dem Anschein nach war sie unverletzt.

Johnson bedauerte die Umstände, unter denen er sie abtastete. Er hätte es auch im privaten Rahmen ganz gern getan: Dass er aufgrund seiner Position und Dienststellung seit ewigen Zeiten abstinent leben musste, gefiel ihm ganz und gar nicht. Als er Finlay schließlich hoch hob, schlang sie die Arme um seinen Hals und seufzte erleichtert.

»Mein Gott«, sagte Johnson. »Was ist überhaupt hier los? Und wer sitzt an den Geschützen?«

Seine Frage weckte Finlay gänzlich. Sie äußerte einen sehr undamenhaften Fluch, löste sich aus seinen Armen und lief in Richtung Brücke.

Johnson folgte ihr.

Die von rotem Licht schwach beleuchtete Brücke war von vier an Computerkonsolen sitzenden Personen bemannt, die sich aus Johnson noch unbekannten Gründen bemühten, die Firebird durch zehn Millionen im Vakuum herum fliegende Gesteinsbrocken zu steuern. Captain Baker vertrat Finlay an den Geschützen. Die Bildschirme, vor denen die drei Männer saßen, blitzten fortwährend grellbunt auf. Kein Zweifel: Die Firebird wurden beschossen!

Johnson wusste sofort, wer ihnen auf den Fersen war: Die Spaltung der »Organisation«, die die Technik der Vegalier für sich hatte nutzbar machen können, hatte genug böses Blut erzeugt, um die Leitung der Kastrup1 davon zu überzeugen, dass es besser war, im Sonnensystem keine Konkurrenz zu haben – vor allem keine, die aus Sicht der Schwarzuniformierten ein falsches Spiel betrieben hatte. Aus der Spaltung war Krieg geworden. Die Kastrup vertraute dem einstigen Bündnispartner nicht mehr. Vielleicht hatte sie ihm auch nie vertraut. Während der Auseinandersetzungen der Vergangenheit war nicht nur Stahl verbeult worden: Es war auch jede Menge Blut geflossen.

Die Kastrup hatte alle Stützpunkte im Sonnensystem der ehemals gemeinsamen Organisation erobert, außer jenen auf dem Saturnmond Titan. Der Trabant des Gasplaneten war zum letzten Rückzugsgebiet des CFR2 geworden.

»Platz da…« Bevor Finlay Baker aus ihrem Schalensitz zerren konnte, ließ der nächste Treffer das Schiff erbeben.

Captain Quincannon, der es steuerte und kommandierte, drehte sich nicht einmal um.

Johnson hielt sich an der Rückenlehne des Leitenden Bordingenieurs fest, der mit seinem Kollegen fluchend seiner Arbeit nachging. Es gelang Baker gerade noch aufzustehen und zum Sitz des Kopiloten zu eilen, dann kam der nächste Treffer. Eine der Konsolen der Ingenieure fing an zu knistern und spie zischende Rauchwölkchen aus.

Johnson riss einen Feuerlöscher von der Wand und aktivierte ihn. Hell pfeifender weißer Schaum hüllte die Konsole ein. Doch er konnte nicht verhindern, dass sie knallte und meterhohe Flammenzungen ausspuckte.

»Macht euren Job!«, schrie Johnson. »Ich kümmere mich darum!«

Während er den ersten Löscher leerte und sich auf den zweiten stürzte, richtete Finlay sich an ihren Geschützen ein und feuerte die erste gezielte Salve auf den Verfolger ab. Quincannon, der auf seinen Schirmen offenbar Dinge sah, die Johnson nicht verstand, stieß einen Freudenschrei aus.

Finlay fiel in sein Gejohle ein. Dem Anschein nach hatte sie einen Volltreffer gelandet.

Johnson löschte die nach verbranntem Kunststoff stinkende Konsole und hängte den Feuerlöscher wieder auf. Den Beobachtersitz, in den er sich begeben wollte, um endlich wieder festen Halt zu haben, erreichte er nicht, da Captain Baker nun rief: »Verdammt, sind drei, nicht zwei!«

»Aber einer bleibt zurück«, sagte Finlay. »Ich schätze mal, dass unser Treffer bei denen mehr platt gemacht hat als die Treffer von denen bei uns.«

Johnson fragte sich, welche Auswirkungen die Treffer des Feindes auf ihr Schiff hatten. Bisher bemerkt er nichts. Vermutlich war es so, dass die brennende Konsole für irgendwas völlig Unwichtiges zuständig war: die Klospülung, die Proviantkühlung, die Kombüse!

»Vor zehn Minuten«, knirschte Captain Quincannon ironisch, »standen wir am Rande des Abgrundes – jetzt sind wir schon einen großen Schritt weiter!«

KRRRRRZZZ. Neben Quincannon zischte die nächste Konsole.

Eine Metallplatte wurde abgesprengt. Ein armdickes Kabelbündel sprang wie ein Kastenteufel aus der Öffnung hervor und versprühte Funken.

Bevor Johnson es mit dem dritten Feuerlöscher erreichte, hatte der Zweite Ingenieur das Feuer gelöscht.

Das Schiff bockte nun wie ein störrischer Esel.

Johnsons Magen schlug Kapriolen. Die Asteroiden, zwischen denen sie manövrierten, wiesen vom Kindskopf bis zum Einfamilienhaus jedes vorstellbare Format auf – und alle schienen sich auf sie zu zu bewegen.

Das ständiges Auf und Ab sägte nicht nur an Johnsons Nerven: Bakers hübsches Gesicht war bleich. Sie sah so aus als würde sie ihrem Kommandanten gleich in den Nacken spucken. Doch sie riss sich zusammen und nahm jene Schaltungen vor, die Quincannon aufgrund der hohen Konzentration, die er für seine waghalsigen Manöver brauchte, nicht selbst ausführen konnte. Offenbar konnte Baker die Gedanken des Chefpiloten lesen. Zwischendurch bediente sie mit links noch das Buggeschütz, das ihnen zu nahe kommende Kleinstmeteoriten in Atome auflöste.

»Warum…« Der Leitende Ingenieur räusperte sich. »Warum wollen die uns unbedingt erledigen?«

»Vielleicht kennen sie unseren Plan«, sagte Baker. »Und wollen verhindern, dass wir ihn ausführen.«

Das fehlt uns noch, dachte Johnson. Wenn die Kastrup ihren Plan kannte, hatte sie entweder einen Spitzel in den CFR eingeschleust oder… Hatten sie Werk II auf Titan etwa verwanzt?

Quincannon setzte zu einem neuen waghalsigen Manöver an: Er tauchte unter einem pockennarbigen Felsklotz von der Größe des Hotels Waldorf-Astoria her. Johnson hatte das Gefühl, ein im All rotierender Berg sei im Begriff, über sie hinweg zu rollen. Der Schatten des Asteroiden verdunkelte die im Zwielicht liegende Brücke. Vor ihnen im Nichts drehten sich Millionen weitere Gesteinsbrocken.

Johnson holte erleichtert Luft, und Baker sagte: »Das dritte Schiff gibt auf. Es ändert den Kurs.«

»Dann hat Ihr Treffer mehr Schaden angerichtet als es den Anschein hat, Miss Finlay«, sagte Quincannon. »Ich bin stolz auf Sie.«

»Das ist nur recht und billig, Mr. Quincannon. Wenn Sie mir schon beim Pokern immer das Höschen abgewinnen, will ich Ihnen wenigstens im Feuerleitstand überlegen sein.«

Die beiden Ingenieure lachten. Captain Baker drehte sich kurz um und grinste, und Quincannon sagte: »Ich muss doch sehr um Disziplin bitten. Wir haben immerhin einen Stabsoffizier an Bord.«

Johnson lachte. »Freut mich, dass Sie trotz der beschissenen Lage unserer Organisation Ihren Humor beibehalten, Ladies und Gentlemen.« Er beugte sich vor. »Wissen Sie, wo wir sind?«

»Gleich…« Quincannon und Baker beugten sich über ihre Instrumente.

Während sie die Zahlen ablasen, die der Bordrechner ihnen lieferte, musterte Johnson die Asteroiden in ihrer Nähe. Auch ohne Raumfahrerpatent wusste er genug über die Gesteinsbrocken, die zwischen Mars und Jupiter die Sonne umkreisten. Normalerweise war es für Raumpiloten kein Risiko, in den Gürtel einzutauchen: Obwohl man inzwischen mehrere hunderttausend Asteroiden kannte, war der Raum, durch den sie sich bewegten, so immens, dass man sie meist suchen musste, um ihnen zu begegnen. Hier und da umkreisten sie die Sonne aber in Haufen von hundert oder mehr Brocken, sodass dort durchaus die Gefahr bestand, leck geschlagen oder vernichtet zu werden. Wäre es nicht um die Existenz der Firebird gegangen, hätte Quincannon sicher gern auf das Manöver verzichtet, das sie hierher gebracht hatte. Es hatte sich aber gelohnt: Der Feind hatte die Verfolgung eingestellt. Jetzt mussten sie nur einen Weg aus dem Wirrwarr finden und einen neuen Kurs berechnen.

Wenige Minuten später stand die Route fest.

Das Rochenschiff setzte seine Reise fort. Die Ingenieure prüften die Systeme, fanden heraus, welche Schiffsfunktionen durch das Feuer lahm gelegt worden waren und machten sich an die Reparatur. Finlay meldete, dass sie sich bei dem Sturz vermutlich das Nasenbein gebrochen hatte. Baker ging mit ihr ins Lazarett, um sie zu untersuchen und nötigenfalls zu versorgen.

Captain Quincannon meldete dem Stützpunkt Titan in verschlüsselter Form, was der Expedition widerfahren war. Johnson wartete, bis die anderen Offiziere auf die Brücke zurückkehrten, dann ging er in seine Kabine und legte sich aufs Ohr.

Zwölf Stunden später wurde er geweckt. Diesmal nicht von einer Automatenstimme, sondern Captain Baker, die ihm über Bordsprechfunk mitteilte, dass sie im Anflug auf die Erde waren.

»Kann man sie schon sehen?«

»Oh, ja, Sir. Sie ist ein sehr schöner Anblick, wenn man vom Titan aus betrachtet die Heimatwelt so lange nur als kleines Licht gesehen hat. Irgendwie…« Sie seufzte. »Irgendwie richtet ihr Anblick einen auf.«

»Wann werden wir da sein?« Johnson reckte sich. Er fühlte sich wunderbar.

»Ich schätze, gleich nach dem Frühstück, General – falls Sie sich aufraffen können, in einer Viertelstunde hier zu sein.« »Aber gern«, sagte Johnson. »Ich geh nur eben duschen.« »Daraus wird wohl nichts«, erwiderte Baker. »Es sei denn, Sie duschen gern kalt.« Sie kicherte. »Unsere wackeren Ingenieure hatten leider noch keine Zeit, sämtliche Schäden zu beheben, die wir dem Kastrup-Beschuss verdanken.«

»Merde, alors3.« Johnson verzog das Gesicht. Er hatte eigentlich nichts gegen kalte Duschen, war aber in jenem Moment nicht dazu aufgelegt. »Dann gibt’s auch nur kalten Kaffee?«

Captain Baker lachte. »Mal sehen.«

Eine Stunde später landete der Kreuzer im Licht des silbernen Mondes auf einer Waldlichtung in der Nähe des Städtchens Fredericksburg in Virginia.

 

1 Kaiserliche Schutztruppe

2 Council of Foreign Relations

3 Scheiße

Kapitel 2:Zielort

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