Das Leben genießen - trotz und durch Spiritualität - Anton Weiß - E-Book

Das Leben genießen - trotz und durch Spiritualität E-Book

Anton Weiß

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Beschreibung

Das Missverständnis, dass Spiritualität den Verzicht auf die Genüsse des Lebens bedeuten würde, wird durch die Unterscheidung zwischen Ich und Individuum beseitigt. In der Regel identifiziert sich der Mensch mit den Mustern des Ichs, und es bedarf eines erheblichen Aufwandes zu durchschauen, dass ich mehr bin als nur ein Ich. Im Ich erhofft sich der Mensch die Erfüllung von den Dingen und bindet sich deshalb an sie, während er als Individuum frei ist und alle Dinge des Lebens genießen kann.

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Seitenzahl: 59

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Anton Weiß

Das Leben genießen - trotz und durch Spiritualität

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Hinführung

Zwei stehen an der Mühle

Ich und Individuum

Wie der Fisch im Wasser

Wie kann ich mein Ich-Sein erkennen?

Worum es im Leben geht

Gibt es einen Weg?

Es geht um Gleichmut

Schlussgedanken

Literatur:

Impressum neobooks

Hinführung

Der ursprüngliche Titel lautete: Das Leben genießen – trotz Spiritualität. Und da habe ich gedacht: Für jemanden, der diesen Titel liest, kann das eigentlich nur bedeuten, Spiritualität jemandem schmackhaft machen zu wollen, der vielleicht nicht so viel damit am Hut hat, sozusagen sich denen anzubiedern und die fangen zu wollen, die eher einen Bogen um Spiritualität machen.

Das entsprach aber nicht meiner Absicht. Meine Absicht war zu zeigen, dass es ein Missverständnis ist, wenn man glaubt, dass spirituelles Bemühen einen dazu anhält, auf viele Dinge des Lebens – genussvolle Dinge! – verzichten zu müssen. Dass dieses Denken verbreitet ist, zeigt z. B. die Frage eines Teilnehmers bei einem Vipassana-Kurs: „Ja, darf ich mich dann gar nicht mehr freuen, wenn meine Fußballmannschaft ein Tor schießt?“

Gerade wenn man sich mit Buddhismus beschäftigt, dann wird einem im Achtfachen Pfad nahegelegt, dass man keine berauschenden Getränke zu sich nimmt, natürlich keine Drogen, Sex nur in streng geregelten Bahnen lebt – am besten sich ganz enthält -, im Prinzip also allen Sinnengenüssen entsagt.

Therese von Lisieux hat sich Asche auf ihr Brot gestreut, um ja keinem Sinnengenuss beim Essen des Brotes zu erliegen.

Zwei stehen an der Mühle

Vielleicht kennen Sie folgenden Ausspruch von Jesus: „Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die mit derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen“ (Mt 24,40f).

Für mich hat das immer bedeutet: Zwei tun das gleiche, aber der eine ist in seinem Tun gerechtfertigt, während es der andere bei dem gleichen Tun nicht ist. Um es ganz konkret zu machen: Zwei haben Sex, bei dem einen ist es in Ordnung, bei dem anderen nicht; zwei trinken ein Glas Wein, bei dem einen ist es in Ordnung, bei dem anderen nicht, zwei verdienen ihren Lebensunterhalt auf eine bestimmte Weise, bei dem einen ist es in Ordnung, bei dem anderen nicht.

Was ist das, was einen so entscheidenden Unterschied macht, dass das gleiche Verhalten beim einen gerechtfertigt ist und beim anderen nicht? Was sind diese beiden Haltungen, die dem Verhalten zugrunde liegen, von denen her die gleiche Verhaltensweise einmal als richtig und im anderen Fall als falsch angesehen wird?

Ich und Individuum

Im einen Fall geschieht die Handlung aus der Ich-Haltung heraus, im anderen Fall aus einer Haltung, die eben dieses Ich transzendiert hat. Diesen Zustand, in dem das Ich transzendiert ist, nenne ich den individuellen Zustand, das Individuum. Als Individuum zu handeln heißt, im Zustand des natürlichen Seins zu handeln. Andere nennen es vom Selbst her leben, wieder andere reden von der wahren Natur des Menschen, von dem her es zu leben gilt. Es ist der Zustand, von dem Nisargadatta sagt: „Sei einfach.“

Den Menschen, der sein Ich-Sein transzendiert hat, als Individuum zu bezeichnen, scheint mir deshalb sehr sinnvoll, weil Individuum „ungeteilt“ heißt, also ganz. Der Mensch ist als Individuum eine Ganzheit und das ist das exakte Gegenteil zu seinem Sein als Ich, das den geteilten, getrennten Zustand bezeichnet.

Im Ich ist der Mensch erstens gespalten in Denken und Leben, und zweitens ist er abgetrennt von seinem Grund, aus dem er lebt. Im Zustand des Individuums hingegen ist die Kluft zwischen Denken und Leben überbrückt und er ist mit seinem Grund vereint, er steht mit dem Grund, aus dem er lebt, in Beziehung. Er ist wieder eine Ganzheit, die Getrenntheit ist überwunden.

Im Ich sucht der Mensch nach Erfüllung, weil ihm durch das Getrenntsein von seinem Ursprung die Ganzheit fehlt. Letztlich versucht man in all seinem Streben und Bemühen die verlorene Ganzheit wiederzufinden. Deshalb ist alles, was man im Ich unternimmt, von der Hoffnung auf die gesuchte Ganzheit getragen. Und das misslingt immer. Durch nichts, was man sich aneignen kann, findet man die Ganzheit. Deshalb ist der Sexualakt eine so verlockende Hoffnung, denn in der Vereinigung wird ein ganz klein wenig von dem Ganzwerden erlebt, aber eben nur andeutungsweise. Auch Essen ist ein Versuch, eins zu werden; das Einverleiben ist ein besonderer Ausdruck für das Verlangen nach dem Ganzwerden. Alles Aneignen von Gütern beinhaltet den Versuch, durch Einverleiben das Einssein, die Ganzheit zu erleben. Aber alles, was man als Ich unternimmt, was auch immer es sei, wird nie die Ganzheit, das Einssein und damit die Erfüllung bringen, die der Mensch so dringend braucht. Damit ist alles, was ein Mensch unternimmt, um zu einem erfüllten Leben zu gelangen, letztlich sinnlos, weil es nicht die Getrenntheit überwinden kann, was die Voraussetzung für ein erfülltes Leben ist.

Depression, gerade eine solche, die einen ohne erkennbaren Anlass überfällt, ist Ausdruck für die Verzweiflung an der Tatsache, die Erfüllung nicht finden zu können.

Alles, was du tust, tust du ja, um glücklich zu werden. Du erhoffst es dir von einem Mann/einer Frau, von einer Familie, von einem erfüllenden Beruf, von einem Konzertbesuch, von einer Party, von einem Disko-Besuch, von einem Sonnenuntergang, von einer schönen Reise – aber was auch immer es sei, es bringt nicht die erhoffte Erfüllung. Natürlich bringt es kurzzeitigen Spaß, aber es bringt nicht die tiefe Erfüllung, nach der sich der Mensch so sehr sehnt.

Und weil im Zustand des Ichs alle Unternehmungen immer zum Ziel haben, dass sich Erfüllung einstellt, bleibt die Erfüllung aus. Wie schon Viktor E. Frankl gesagt hat: Glück kann man nicht direkt anstreben, Glück stellt sich immer nur als Folge, oft von Anstrengung (z. B. beim Bergsteigen), ein.



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