Kritische Anmerkungen zu spirituellen Denkern - Anton Weiß - E-Book

Kritische Anmerkungen zu spirituellen Denkern E-Book

Anton Weiß

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Beschreibung

Das konkrete Leben wird im Denken dieser Weisen, insbesondere bei Nisargadatta, in seiner Bedeutung für den Menschen und auch für seinen Weg zur Erleuchtung zu wenig gewürdigt. Es werden Widersprüche und Ungereimtheiten aufgedeckt und gezeigt, dass das Unbewusste, von dem der Mensch bedrängt wird und mit dem er sich auseinander zu setzen hat, gar nicht gesehen wird.

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Anton Weiß

Kritische Anmerkungen zu spirituellen Denkern

Eine Auseinandersetzung insbesondere mit Nisargadatta

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Das konkrete Leben wird zu wenig gewürdigt

Die Frage nach der Realität dieser Welt

Die Bedeutung des Körpers

Vom Wert der Erfahrung

Die Polaritäten des Lebens

Gibt es im transzendierten Zustand noch Freude und Leid?

Ich und Individuum

Verstand und Denken

Die Qualität der Gefühle

Sicht des Bösen

Fügungen bleiben unberücksichtigt

Indische Theorie als unnötiger Ballast

Gewahrsein und Ich-bin

Vom Wert praktischer Anweisungen

Frage nach der Notwendigkeit eines Gurus

Widersprüche und Ungereimtheiten

Beziehungslose Antworten

Die Bedeutung des Unbewussten wird nicht gesehen

Sehnsucht als Wirkung des Unbewussten

Ideen als Wirkung des Unbewussten

Emotionen als Wirkung des Unbewussten

Projektionen als Wirkung des Unbewussten

Schlussgedanke:

Nachwort

Literatur

Impressum neobooks

Vorwort

Vielleicht ist das, was ich hier unternehme, ein bisschen vermessen, aber es drängt mich, meinen Gedanken Ausdruck zu verleihen in der Meinung, dass es vielleicht für andere, die in einer ähnlichen Auseinandersetzung stehen, hilfreich sein könnte.

Ich möchte gleich einschränken, dass sich meine Auseinandersetzung im Wesentlichen auf folgende Autoren beschränkt: Ramesh S. Balsekar, Sri Nisargadatta Maharaj und U. G. Krishnamurti. Ich habe auch nicht alles von ihnen gelesen. Meine Kritik bezieht sich auf das, was ich gelesen habe, aus dem aber m. E. deutlich die wesentlichen Gedanken dieser indischen Weisen hervorgehen.

Natürlich verdanke ich diesen Denkern viel und die Auseinandersetzung mit ihnen halte ich für einen großen Gewinn und zeigt meine Wertschätzung für sie. Aber eben diese Auseinandersetzung hat auch die Kritik hervorgerufen.

Was ich hier darlege, scheint anmaßend zu sein, ist es aber nicht. Ich begegne ihnen auf Augenhöhe, d. h. ich gehe von meiner Erfahrung aus und beurteile von hier aus andere. Ich kann nicht sehen, dass es irgend jemand anders macht, der authentisch spricht. Alles andere Reden ist das Ergebnis von Angelesenem, Verehrtem oder Tradiertem, in deren Folge oft Fanatismus steht. In keiner anderen Weltanschauung ist der Fanatismus größer als im religiösen Bereich und in den Bereichen, die quasi religiösen Charakter haben wie praktisch alle –ismen: Kommunismus, Nationalsozialismus, Nationalismus, Szientismus. Dies zeigt aber nur, dass keine persönliche Erfahrung dahinter steht, sondern nur ein Glaube. Wer eigene Erfahrung hat, braucht keinen „Glauben an“ mehr, denn er weiß jetzt. Wer nur einen Glauben hat, verteidigt ihn fanatisch, weil immer die Unsicherheit dahinter steht, dass er sich nicht als tragfähig erweisen könnte, weil die gewonnene Überzeugung aus zweiter und nicht aus erster Hand herrührt. Welche Tragweite das hat mag man daran ermessen, dass zweitausend Jahre Christentum bis auf wenige Ausnahmen nur tradierter Glaube sind, was ja auch die Ursache des heutigen Bankrotts ist.

Wer aus eigener Erfahrung spricht, tut es in dem Bewusstsein, für sich die gültige Wahrheit gefunden zu haben. Die Gefahr besteht darin zu glauben, dass diese Wahrheit auch für die anderen gilt. Ich bin mir der Eingeschränktheit meiner für mich erkannten Wahrheit bewusst, möchte sie aber mit dem gleichen Recht darstellen dürfen, wie es andere tun. Alles, was ich sage, hat für mich Gültigkeit; wie weit es für andere Gültigkeit hat, muss der andere selbst herausfinden. Das heißt, wenn ich andere kritisiere, heißt das nur, dass ich es anders sehe; es heißt nicht, dass die Sicht des anderen falsch ist, sondern nur, dass ich diese Sicht nicht teile und die Dinge anders sehe. Das glaube ich, ist nicht anmaßend, sondern richtig verstanden nur selbstbewusst.

Da ich auf eine saubere Begrifflichkeit dringe, muss ich mich selber an der Nase fassen: Einerseits verwende ich den Ausdruck „Ich“ meistens in dem Sinn, dass es als Zentrum seines Bewusstseins fungiert und nicht das ganze Menschsein repräsentiert, sondern eben nur dessen Ich-Aspekt. Andererseits aber verwende ich den Begriff „Ich“ rein syntaktisch, wie in dem Satz: „Ich gehe jetzt hinüber“, was ich auch als Mensch tun kann, der das Ich transzendiert hat.

Ich hoffe, dass aus dem jeweiligen Zusammenhang klar wird, wie der Begriff Ich verwendet wird. Es wäre sprachlich zu aufwendig, jeweils auf die entsprechende Verwendung aufmerksam zu machen.

Des weiteren unterscheide ich zwischen Ich und Individuum, wobei ich unter Individuum das verstehe, was Ramesh S. Balsekar als Körper-Geist-Organismus bezeichnet, also den Menschen in seiner Geschöpflichkeit. Individuum heißt ja ungeteilt, Einheit, Ganzheit. Individuum bleibt der Mensch, auch wenn das Ich transzendiert ist, ja erst dann ist er Individuum, ungeteilt, im Ich ist er gespalten.

Das konkrete Leben wird zu wenig gewürdigt

Wenn man sich in diese Autoren – Sri Nisargadatta Maharaj, Ramesh S. Balsekar, U. G. Krishnamurti - hineinvertieft, dann schält sich als Gemeinsamkeit heraus, dass dieses konkrete Dasein nur marginale Bedeutung hat. Das kann man an vielen Äußerungen aufzeigen. Mir scheint das der Wirklichkeit nicht gerecht zu werden, es erscheint mir zu abgehoben. Die Welt wird nur als Illusion gesehen, die Dramatik des Lebens, Liebe und Tod, Beziehung zu anderen Menschen erscheinen als unbedeutend gegenüber der Einheitserfahrung allen Seins. Es ist eine Entwertung dieses konkreten Daseins. Folgerichtig stehen diese Weisen relativ beziehungslos und unbeteiligt im Leben. Ganz deutlich äußert sich U. G. Krishnamurti in dieser Richtung: „Ich habe keine emotionalen Verbindungen zu ihnen [seinen Kindern] oder zu sonst jemandem, was das anbelangt. Nicht einmal zu Valentine, der alten Schweizer Dame, mit der ich die letzten zwanzig Jahre zusammen gewesen bin. Ich glaube, dass ich zu niemandem eine emotionale Bindung habe“ (MM 159) (zitiert U. G. Krishnamurti, Mythos Mind, Seite 159).

Die Frage nach der Realität dieser Welt

Es scheint, als ob sowohl Nisargadatta als auch Balsekar dieser Welt die Realität absprechen wollten. Ganz deutlich wird das in einem Gespräch zwischen Balsekar und einem Sucher namens Yoganand: Balsekar: „Selbstverwirklichung ist die Auslöschung von Yoganand als Täter. Wenn das geschieht, spielt alles andere keine Rolle mehr.“ Darauf Yoganand: „Ich sehe einen Hund vor mir, der seinem eigenen Schwanz nachrennt. Wenn ich verstanden habe, hört das auf. Der Hund hört auf damit.“ Darauf Ramesh: „Nein, der Hund existiert gar nicht erst! Der Hund verschwindet, weil er von Anfang an nur ein Gebilde des Verstandes war. Es ist ein vom Denken hervorgebrachtes Bild, das wieder verschwindet“ (Wo Nichts 209) (zitiert R. S. Balsekar, Wo Nichts ist, kann auch nichts fehlen, Seite 209).

Auch Nisargadatta spricht dieser Welt die Realität ab. Er hält nur das für Realität, was jenseits der Welt und allen Seins ist. Das halte ich für unangemessen. Es geht nicht darum, der Welt die Realität abzusprechen, sondern folgendes klarzumachen: Jedes Ich hat seine eigene Welt und diese Welt ist nicht real, sie besteht aus dem Denken, den Vorstellungen und Wünschen eines Ichs und ist damit ganz anders als die Welt eines anderen Ichs. Dieser Welt eines Ichs kann man die Realität sehr wohl absprechen. Aber dennoch leben wir alle in der gleichen objektiv vorhandenen Welt, nur ist deren Wahrnehmung bei den meisten durch ihr Ich getrübt.

Gerade die objektive Welt ist es, die das Ich zwingt, anzuerkennen, dass es noch etwas anderes gibt als seine Eigenmächtigkeit. Und diese objektive Welt tritt einem am deutlichsten im anderen Menschen gegenüber, der auch Ich ist. Und wenn zwei Ichs aufeinanderprallen, dann werden beide gezwungen, zu begreifen, dass es noch etwas anderes gibt als nur sich. Das ist der erste Schritt zur Erkenntnis der eigenen Relativität.

Während Nisargadatta nur eine einzige Realität anerkennt – das universale Sein – gibt es für U. G. Krishnamurti sehr wohl die Realität einer Welt, „die von der Natur so mühevoll erschaffen wurde“ (MM 28) und die der Mensch heute so gedankenlos zerstört, weil er sich und sein Profitdenken über alles stellt.

Aber auch bei Nisargadatta gibt es Ausdrucksweisen, die zeigen, dass er eine Welt als gegeben voraussetzt, wenn das Ich bin-Sein das Universum erschaffen hat (Jens 73) (zitiert Sri Nisargadatta Maharaj „Jenseits von Freiheit“, Seite 73).

. Und wenn „das Universum verschleiert“ werden kann, dann muss es das auch in unverschleiertem Zustand geben.

„Ihr Körper bleibt selbstverständlich in der Welt und ein Teil davon, doch sie kann Sie nicht mehr irreführen“ (II/213) (zitiert Sri Nisargadatta Maharaj „Ich bin, Teil II, Seite 213). Hier geht Nisargadatta doch wieder davon aus, dass es eine Welt gibt und einen Körper, der in dieser Welt existiert. Wenn aber doch die Welt nur das Produkt meines Verstandes ist, dann gibt es keine Welt unabhängig von mir. Richtig ist, dass mich die Welt „nicht mehr irreführen“ kann, wenn das Ich transzendiert ist. Aber um das zu gewährleisten, brauche ich Welt und Körper nicht als Illusion und Produkt meines Verstandes zu qualifizieren, es setzt sie voraus! Das muss man einfach auseinander halten.

Wenn gesagt wird: „Meine Welt ist real, ihre ist im Verstand“ (II/81), dann kann das doch nur heißen, dass es eine objektive Welt gibt, die allerdings in der Regel durch ein Ich gebrochen erlebt wird, so wie das Licht durch ein Prisma gebrochen wird. Das wird auch bestätigt durch die Aussage: „Dinge zu sehen, wie sie tatsächlich sind, bedeutet errettet zu werden“ (II/84). Also gibt es Dinge, gibt es Welt, und es geht darum, sie zu sehen wie sie sind und nicht darum, sie als nicht existierend hinzustellen. Wenn es aber II/89 heißt: „Doch ich beziehe meinen Standpunkt dort, wo es keine Dinge gibt und auch keinen Verstand, der sie erschafft“, dann wird da doch der Eindruck erweckt, dass der Verstand die Dinge erschafft! Das ist aber so einfach nicht richtig und widerspricht dem oben Gesagten. Die Dinge sind, wie sie sind, unabhängig von meinem Verstand. Durch den Verstand eines Ichs werden die Dinge gefärbt, wird ihnen ein Schleier übergeworfen oder wie immer man das bezeichnen will. Durch das Ich wird die Wirklichkeit verzerrt; insofern werden die Dinge nicht so gesehen, wie sie sind, sondern im Licht eines Ichs. Darum geht es ja in der ganzen Spiritualität: Die Dinge so zu sehen, wie sie sind, unmittelbar und ungetrübt durch die Verstellungen eines Ichs.

„Ihre Welt ist Ihr eigenes Werk“ (II/205) könnte zwar in diesem Sinn – also getrübt durch die Verstellungen eines Ichs - aufgefasst werden, wenn es nicht durch Aussagen dahingehend verstanden werden muss, dass Nisargadatta doch die Welt als Produkt des Menschen sieht: „Warum nicht mit der Theorie arbeiten, dass Sie sich selbst geschaffen haben und Ihr eigener Schöpfer sind?“ (II/182); „Der Verstand erschafft Raum und Zeit und deklariert seine eigene Schöpfung als Realität“ (II/210); „Wenn Sie einmal ohne Zweifel erkannt haben, dass die Welt in Ihnen ist und nicht Sie in der Welt, dann sind Sie frei von ihr“ (II/213). Wenn die Welt in mir ist, wie kann dann der Körper Teil der Welt bleiben, wie es an anderer Stelle gesagt wird? Es werden hier einfach zwei Begriffe von Welt durcheinander gebracht, die man mühelos auseinander halten könnte: Die Welt, die ein Ich hat und die objektiv gegebene Welt. Zwar ist es richtig, dass die Welt immer eine ist, die der Mensch in seinem Bewusstsein hat und die damit immer den Bedingungen des Bewusstseins unterworfen ist – das hat schon I. Kant gesagt -, dennoch ist sie nicht durch das Bewusstsein erschaffen, sondern nur durch es wahrgenommen. Sonst bin ich selber Gott, was Nisargadatta auch konsequenterweise behauptet (II/182). Ich sehe drei Möglichkeiten von Welt: Erstens die Welt, die ein Ich hat, zweitens die Welt, die entsprechend der Struktur unseres Bewusstseins wahrgenommen wird, d. h. die Welt, die der Mensch als Individuum, also als transzendiertes Ich hat, die ich als objektive Welt bezeichne, und drittens die Welt, wie sie an sich ist, als solche aber für uns nicht zugänglich, da wir die Welt nur in Abhängigkeit von unseren Sinneswahrnehmungen und unserer Bewusstseinsstruktur wahrnehmen können. Die Welt an sich ist uns nicht zugänglich.

Worum es geht ist, den Standpunkt des Ichs zu transzendieren und damit von der ich-abhängigen Welt in die objektiv gegebene Welt zu gelangen, die mit dem ichfreien Bewusstsein so wahrgenommen werden kann, wie sie als Realität einem Menschen erscheint.

Der Mensch hat in seinem Dasein in dieser Welt als Körper-Geist-Organismus eine große Chance: Es kann sich in ihm die Transzendierung des Ichs vollziehen, was der Sinn und die Aufgabe dieses Lebens sind. Daher ist der Körper notwendig, ist Denken notwendig, ist der Verstand notwendig. Auch die daraus resultierenden, den Menschen begrenzenden Erfahrungen, insbesondere der Tod des Körpers, werden als Leid erlebt, auch wenn ich überzeugt bin, dass hinter dem Tod des Körpers der Geist unbeeindruckt bleibt und dass ich ein Sein bin, das jenseits von Geburt und Tod besteht. Denn das ist keine Erfahrung, sondern nur ein Glaube, den man haben kann oder auch nicht. Wir haben darüber kein Wissen. Alles Reden über ein Sein unabhängig von diesem körperlichen Dasein, was vor der Geburt und nach dem Tod sein wird, sind Theorien, Spekulationen, Überzeugungen. Aber kein Wissen.

Dieses konkrete Dasein bietet die Möglichkeit, das Ich zu transzendieren; nur in ihm gibt es das Ich, und alles drängt darauf hin, es zu transzendieren. Alles Verlangen, alle Gier, alle Hoffnung, alles Wünschen zielen letztlich darauf hin, das Ich zu überschreiten; das macht das Leben so ungeheuer wertvoll. Das ist keine Theorie, sondern erlebbar, wenn man sein Leben mit kritischem Bewusstsein begleitet.

Sehr wohl lebt jeder in seiner Welt und natürlich habe ich im Tiefschlaf und nach dem Tod diese Welt nicht mehr, was Nisargadatta & Co. veranlasst, diese Welt als Illusion zu bezeichnen. Mir geht es um eine Welt, die sich mir entweder im Ich-Zustand zeigt oder im ich-transzendierten Zustand. Das sind wirklich zwei Welten: Die Welt im Ich-Zustand kann ich durchaus als Traumwelt bezeichnen, als Illusion, insofern diese Welt meine Welt ist und damit völlig anders als die eines anderen Ichs. Denn die Welt eines Ichs ist geprägt vom Ich-Bezug: Alles wird gesehen in einem Bezug zu meinem Ich. Ich stehe immer im Mittelpunkt und alles dreht sich um mich. Sehr deutlich zeigt sich das in der Schizophrenie, wo jemand das Geflüster anderer Leute auf sich bezieht und überzeugt ist, dass es im Gespräch dieser Leute um ihn geht, was jedoch überhaupt nicht der Fall ist. Wenn das Ich transzendiert ist, lebe ich noch in der gleichen Welt, die Leute flüstern genau so, aber ich beziehe es nicht mehr auf mich. Der Unterschied zwischen der Welt, die ich als Ich habe und der Welt im transzendierten Ich-Zustand kann gut verdeutlicht werden an Hand der Glasglocke: Leben im Ich ist Leben unter bzw. hinter einer Glasglocke. Im transzendierten Zustand ist die Glasglocke nicht mehr vorhanden und ich habe eine unmittelbare Beziehung zur Welt. Nicht die Welt hat sich verändert, sondern ich habe mich geändert, wenn das Ich transzendiert ist. Das Leben und mein In-der-Welt-Sein läuft ohne mich, ohne ein Ich, sogar viel besser, reibungslos, weil ich die Dinge so akzeptieren kann, wie sie sind, die guten und die schlechten, wobei gut oder schlecht sehr relativ ist. Für einen Urlauber ist Regen schlecht, für das Feld des Bauern aber ein Segen! Wenn ich in Urlaub bin und es ständig regnet, dann ist das vom Ich-Standpunkt aus ein Desaster und mit viel Ärger verbunden, weil einem die schönsten Tage des Jahres versaut sind. Im Zustand des transzendierten Ichs ist einem auch lieber, wenn das Wetter schön ist, aber es ist keine Tragödie und nicht mit Ärger verbunden, wenn es regnet. Man richtet sich eben nach den Gegebenheiten und besucht Museen oder liest oder spielt. Es gibt viele Möglichkeiten, die Zeit unabhängig vom Wetter zu gestalten wie Schwimmen, Bowling, Tennis in der Halle und vieles mehr. Als Individuum nehme ich die Gegebenheiten des Lebens, die ich nicht ändern kann, so hin, wie sie nun einmal sind, als Ich will ich immer alles anders haben und bin verärgert, wenn es nicht so ist wie ich mir das vorstelle.

Wenn es richtig ist, was Nisargadatta sagt, dass er die Menschen ist („Ich bin die Menschen“ II/163), warum erweckt sein Reden den Eindruck, dass er völlig unberührt bleibt vom Schicksal anderer Menschen und wenig Anteil an ihrem Wohl und Wehe nimmt? Wenn ein Fragender auf die Missstände in der Welt verweist, dann kommt als Antwort: „Das ist Ihre Welt und Ihr Denken ist die Ursache dieses Leids.“ Da muss man nicht zustimmen; meine Welt ist das nicht und ich sehe es auch nicht als erstrebenswert an, sich so in einen Elfenbeinturm zurückzuziehen, von dessen Höhe man ungerührt und unberührt die Welt betrachtet. Dieses Verhalten ist keine Konsequenz aus dem Erleben des transzendierten Ichs - und nur darum geht es: um das Frei-sein vom Ich, was gleich bedeutend ist mit einem Frei-sein von Wünschen, Begierden, Verlangen, Vorstellungen, Hoffnungen, Ängsten und vielen Gefühlen wie Ärger, Wut, Eifersucht, Neid. Es bleibt die Welt in ihrer Tatsächlichkeit, ihrem Leid und Elend auf der einen Seite und ihren Freuden, ihrem Lieben und Mitfühlen andererseits.