Der trügerische Verstand - Anton Weiß - E-Book

Der trügerische Verstand E-Book

Anton Weiß

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Beschreibung

Markus Gabriel glaubt, dass es eine vom Bewusstsein unabhängige Wirklichkeit gibt. Das ist naiver Realismus. Alles ist immer zuerst im Bewusstsein, bevor ich eine Aussage darüber machen kann. Durch die Gehirnforschung wird heute unwiderleglich gezeigt, dass die Wahrnehmung, die Voraussetzung allen Erkennens, absolut unzuverlässig ist und wir somit keine sichere Erkenntnis über die Wirklichkeit gewinnen können.

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Anton Weiß

Der trügerische Verstand

Eine Erwiderung auf Markus Gabriels Buch "Warum es die Welt nicht gibt"

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

1 Kritik von Verstand und Logik

2 Denken und Leben

3 „Die Welt gibt es nicht“

4 Gibt es eine bewusstseinsunabhängige Wirklichkeit?

a Wahrnehmung einer objektiv gegebenen Welt?

b Die Sinnfrage

c Das Ich bestimmt entscheidend unsere Sicht der Welt

5 Schlussgedanken

6 Literatur

Impressum neobooks

Vorwort

Ich möchte vorausschicken, dass ich Philosophie nicht studiert habe – außer einigen Semestern, die ich während meines Theologiestudiums belegt habe -, mich aber trotzdem für die Frage nach dem Sinn menschlichen Daseins interessiere und deshalb nach alter Auffassung als Philosoph zu gelten habe. Ich fühle mich als interessierter Laie, der sich seine Gedanken über das Leben macht und beim Lesen von philosophischer Lektüre diese mit seinen eigenen Einsichten vergleicht. Daraus ist dieses kleine Büchlein entstanden: in der Auseinandersetzung mit Markus Gabriels Buch: „Warum es die Welt nicht gibt.“

Das Anliegen von Markus Gabriel, die Realität angesichts der Leugnung durch Konstruktivismus (Wirklichkeit als Projektion des Bewusstseins) oder östliche Religionen (Wirklichkeit als Illusion) retten zu wollen, ist durchaus anerkennenswert.

Dennoch stellt sich die Frage, ob die Realität objektiv, also so, wie sie an sich ist, vom menschlichen Bewusstsein erfasst werden kann. Ich versuche im Folgenden zu zeigen, dass dem nicht so ist und möchte darlegen, dass wir über eine vom Bewusstsein unabhängige Welt keine Aussage machen können, wie es Markus Gabriel vertritt.

Statt „Neuen Realismus“ würde ich die von Markus Gabriel begründete philosophische Richtung als „Naiven Realismus“ bezeichnen.

Dies steht im Zentrum meiner Erwiderung auf Markus Gabriel.

1 Kritik von Verstand und Logik

Ich kenne niemanden, keinen Philosophen und keinen Naturwissenschaftler, der die Zuverlässigkeit des Verstandes angezweifelt hätte. Alle sind überzeugt, dass sie mit ihrem Verstand gültige Aussagen über die Welt machen können.

M. Gabriel sagt, dass er alles in Zweifel gezogen, alles hinterfragt hat – aber eines hat er nie in Zweifel gezogen und nie hinterfragt: die Zuverlässigkeit seines Verstandes.

Alle Denker sind überzeugt, dass ihr Verstand das geeignete und in der Regel einzige Instrument ist, Wirklichkeit zu erfassen. Man muss sich schon mit spiritueller Literatur befassen, um auf den Gedanken zu stoßen, dass der Verstand nicht ausreicht, um unser Dasein vollgültig zu erfassen. Aber auch in diesem Denken wird diese Aussage mit dem Verstand gemacht. Jeder sinnvolle Satz setzt die Funktionstüchtigkeit des Verstandes voraus.

Wir machen unseren Verstand zur Norm unseres Verstehens und setzen seine Gültigkeit fraglos voraus. Wenn wir aber unseren Verstand hinterfragen – was sowieso nur wenige tun -, dann würden wir das wiederum mit unserem Verstand tun. Der Verstand würde also über die Gültigkeit des Verstandes urteilen.

Um es an einem einfachen Beispiel zu verdeutlichen: Wenn ein Lehrer seinen eigenen Unterricht beurteilen würde, dann wäre jedem klar, dass das parteiisch sein würde. Genau so wäre es, wenn die Polizei Verfehlungen innerhalb der Polizei aufdecken sollte. Um ein zuverlässiges Urteil zu erhalten, muss immer ein Außenstehender eingeschaltet werden.

Wenn wir nun darüber urteilen, ob der Verstand wirklich alles beurteilen kann, dann müsste das von woanders her erfolgen als vom Verstand selbst. Wir bräuchten eine Ebene, die über Verstand und Wirklichkeit steht, eben einen Außenstehenden. Diese Metaebene aber haben wir nicht.

Dies zu erkennen bedeutet eine entscheidende Einschränkung der Gültigkeit des Verstandes.

Der Verstand wird immer Partei für sich ergreifen und sich als legitimen Beurteiler der Wirklichkeit ansehen. Das aber ist naiv und zeigt unsere Unfähigkeit anzuerkennen, wie begrenzt unser Verstand und damit unsere Erkenntnisfähigkeit in Bezug auf die Wirklichkeit ist.

Von daher leuchtet es auch ein, dass der Verstand alles leugnet, was von ihm nicht erfasst werden kann. Dies ist weitgehend in der traditionellen Wissenschaft der Fall, was Markus Gabriel durchaus sieht. Aber auch er setzt kritiklos den Verstand als die Größe an, mit der die Dinge erfasst werden können.

Ich behaupte, dass wir mit dem Verstand prinzipiell die Wirklichkeit nicht erfassen können. Wir erleben die Wirklichkeit vermittelt durch unseren Verstand und unterwerfen sie damit der Abstraktion. Nur mit Hilfe der Abstraktion ist der Verstand in der Lage, mit der Welt umzugehen. Damit haben wir aber nicht die Wirklichkeit als solche, sondern nur eine Abstraktion der Wirklichkeit; anders funktioniert der Verstand gar nicht. Welterfassen ist dem Menschen nur mit Hilfe von Verstand und Logik möglich, damit hat er aber nur ein dürres Skelett der Wirklichkeit. Die Einzelheiten des Konkreten kann er gar nicht erfassen. Wer erfasst denn die Wirklichkeit eines Baumes? Es gibt in der Wirklichkeit keinen Baum, weil „Baum“ ein Abstraktum ist, ein Begriff. Es gibt in der Wirklichkeit aber keine Begriffe, nichts Allgemeines, es gibt nur Konkretes. In der Wirklichkeit gibt es nur diesen einen, absolut einmaligen „Baum“ (deshalb in Anführungszeichen, weil ich ja in der Sprache den Begriff gebrauchen muss, um mich verständigen zu können); diesen konkreten Baum zu beschreiben würden 1000 Seiten eines Buches nicht ausreichen, weil das heißen würde, dass jedes einzelne Blatt bis ins Detail beschrieben werden müsste. Es würde u. a. bedeuten, die Vielfältigkeit seiner Verwurzelung in der Erde zu erfassen, was wiederum bedeutet, dass der Baum ohne die Erde gar nicht adäquat zu erfassen ist, und die Erde nicht ohne das Weltall. Das würde zeigen, dass alles mit allem in Zusammenhang steht.

Da alles mit allem verwoben ist, ist der Verstand gezwungen, die Dinge zu separieren. Die Separation liegt nicht in den Dingen, sondern der Verstand trägt sie in die Dinge hinein, um sie sich begreiflich zu machen. Nur wenn der Verstand die Dinge auseinanderreißt und damit voneinander trennt, vereinzelt und isoliert, kann er sie begreifen, eben in Begriffe fassen. Dadurch entsteht die Abstraktion.

Damit sind aber Verstand und Wirklichkeit durch eine unüberbrückbare Kluft getrennt: Dem Konkreten der Wirklichkeit steht der abstrakte Inhalt im Verstand gegenüber. Diese Trennung kann nur aufgehoben werden, wenn der denkende Verstand überstiegen, transzendiert wird, was der Verstand aber gar nicht als Möglichkeit sehen kann.

Die Trennung liegt also nicht in der Wirklichkeit, sondern befindet sich auf Seiten des Verstandes, während Markus Gabriel vertritt: „Die Welt selbst ist in Bereiche eingeteilt“ (S. 62). Nicht umsonst ist in der Bibel beim Sündenfall davon die Rede, dass die Sünde darin besteht, dass der Mensch Gut und Böse erkennt. Im paradiesischen Zustand kennt er diese Unterscheidung nicht. Erst der Sündenfall bringt es mit sich, dass nun der Mensch diese Einteilung und damit die Trennung der Dinge vornimmt, die Trennung dessen, was zuvor eine Einheit war. Sünde heißt „sondern“, absondern und damit trennen. Die Ursünde der Menschheit besteht im Abtrennen der Dinge, die unlösbar zusammengehören. Nur durch die Trennung ist es dem Verstand möglich, in die Schöpfung einzugreifen; dadurch kann er sie ordnen, einteilen, korrigieren, kontrollieren und nach seinen Wünschen gestalten.

Das Hauptwerkzeug des Verstandes ist die Logik. Ganz sicher hat sie im Bereich der Verstandestätigkeit ihre Berechtigung. Wer aber sagt, dass sie auch für die Beurteilung des Lebens zuständig ist?

Für die Logik gilt das gleiche wie das für den Verstand Gesagte: Die Beantwortung der Frage, ob die Logik adäquat auf das Leben angewandt werden kann, kann wiederum nur vom logischen Denken her beurteilt werden. Wieder urteilt die Logik über die Logik, was nicht anders als parteiisch für die Logik enden kann.

Mit Logik kann ich nicht darüber urteilen, ob logisches Denken anwendbar ist oder nicht. Man bräuchte eine Metaebene, um diese Frage zu beantworten. Die aber haben wir nicht!

Und so bleibt alles auf Sand gebaut, was wir mit dem Verstand erfassen, weil nicht geklärt werden kann, ob er überhaupt fähig ist, die Wirklichkeit adäquat abzubilden. Das müsste bei allem Nachdenken über die Welt im Hintergrund stehen und uns bescheiden und nachdenklich machen.

Ein Beispiel, das zeigen soll, dass Logik nicht auf die Wirklichkeit des Lebens angewandt werden kann (ich verwende hier einen Gedanken, den ich in „Intelligent atheistisch oder dumm gläubig“ gebracht habe): Denken Sie an eine Fußballmannschaft, die schon lange nicht mehr gegen eine andere gewonnen hat: Ist es logisch, dass sie diesmal auch nicht gewinnen wird oder ist es logisch, dass sie diesmal gewinnen wird? Ich sehe beides als gleich logisch an, das Gegenteil ist genau so logisch! Oder: Wer beim Roulette 100 mal hintereinander auf die 8 gesetzt und nie gewonnen hat, setzt jetzt wieder auf die 8. Was ist logischer: dass es diesmal die 8 wird oder wieder nicht? Es gibt für beide Meinungen logische Argumente und damit ist klar, dass Logik nicht auf das konkrete Leben anwendbar ist.