Der Mensch - eine Fehlkonstruktion? - Anton Weiß - E-Book

Der Mensch - eine Fehlkonstruktion? E-Book

Anton Weiß

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Beschreibung

Der Mensch identifiziert sich mit seinem Bewusstsein und ignoriert die Kräfte des Unbewussten. Das ist die Situation im Ich. Dadurch ist ein friedliches Zusammenleben unmöglich. Nur die Überwindung – die Transzendierung – des Ichs würde einen Ausweg eröffnen.

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Anton Weiß

Der Mensch - eine Fehlkonstruktion?

Warum Friede nicht möglich ist

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Zusammenfassender Überblick

Was Sie beim Lesen dieser Abhandlung erwartet

Gegebenheiten des Menschseins

Konflikt mit der Wirklichkeit

Abhängigkeit des Menschen

Unfreiheit in den Gefühlen

Unfreiheit im Denken

Art- und Selbsterhaltung als Naturtriebe

Bedeutung der Sexualität

Bedeutung der Selbstbehauptung

Das Anderssein des anderen

Macht zur Durchsetzung des Ich-Anspruchs

„Der Intoleranz kann man nicht mit Toleranz begegnen“

Ich und Unbewusstes:

Exkurs: Heutige Erziehung in der Kritik

Der Gegenstoß vom Unbewussten

Das unstillbare Verlangen nach Erfüllung

Die Notwendigkeit einer Transzendierung des Ichs

Leben aus dem ganzheitlichen Sein

Literatur:

Impressum neobooks

Zusammenfassender Überblick

Der Mensch glaubt, in seinem Denken und Wollen frei zu sein und erkennt gar nicht, wie vielen äußeren und inneren Bedingungen er unterworfen ist. Wir meinen, das Leben mit Verstand und Wille in die gewünschte Richtung lenken zu können, scheitern aber an unserer Verfasstheit als Ich. Deshalb ändert sich durch Revolution nichts, weil die, die vorher unten waren, jetzt oben sind und damit die gleiche Herrschaftsform errichten, die sie gestürzt haben.

Wir können das, was wir als richtig erkennen, nicht in unserem konkreten Leben verwirklichen, weil es durch unser Eigeninteresse torpediert wird. An dieser Egobezogenheit sind das Christentum und der Kommunismus gescheitert und auch die Demokratie gerät dadurch in Gefahr.

Der Mensch identifiziert sich mit seinem Bewusstsein und drängt seine unbewusste Schattenseite in den Untergrund, anstatt sich mit ihr auseinander zu setzen.

Immer wieder wird uns gezeigt, dass wir nicht über das Leben verfügen. Weder können wir das Wetter beherrschen noch Krebserkrankung oder einen Unfall verhindern. Wir verfügen nicht einmal über unsere Gefühle und unsere Gedanken.

Wir sind von zwei Grundkräften beherrscht, die in der Natur seit Anbeginn des Lebens walten: Art- und Selbsterhaltung. Wir werden von beiden beherrscht, in der Sexualität und im Machtanspruch. Wir sind unfähig, das Anderssein eines anderen zu respektieren, was sich deutlich in der Ausländerfeindlichkeit zeigt. Wir setzen unseren Ich-Anspruch mit Gewalt durch. Es kann sich aber niemand anmaßen, die Wahrheit für den anderen zu wissen.

Besonders, wenn ein Mensch in existenzieller Bedrängnis ist, zeigt sich seine Ich-Bezogenheit in aller Deutlichkeit.

Solange der Mensch im Ich steht, ist er immer in der Gefahr, von den unbewussten Kräften überrannt zu werden; das gilt besonders, wenn in der heutigen Erziehung die Ego-Haltung gefördert wird, anstatt dass Grenzen aufgezeigt werden.

Es geht um die Befreiung des Menschen, aber es geht nicht um die Befreiung des Menschen im Ich, sondern um die Befreiung vom Ich!

Da die Demokratie die schrankenlose freie Selbstverwirklichung des einzelnen als oberstes Prinzip hat, besteht die Gefahr eines Bürgerkrieges.

Die Grundtriebe werden bei den meisten durch moralische Schranken im Zaum gehalten. Sobald aber das geordnete Leben durchbrochen wird – bei Katastrophen oder im Krieg – brechen diese Dämme.

Es gibt neben Art- und Selbsterhaltung noch eine dritte Grundkraft: das Streben nach Erfüllung. Diese Erfüllung aber ist dem im Ich befindlichen Menschen verwehrt; die Folgen sind Unzufriedenheit und Gier nach immer mehr, wodurch sich der Mensch seine Lebensgrundlage – die Erde – zerstört.

Der Misere seines Lebens entkommt der Mensch nur, wenn das Ich überwunden, transzendiert wird. Das Dilemma aber besteht darin, dass dies keine Möglichkeit des Ichs ist: Das Ich kann sich nicht selbst aus den Angeln heben, so dass sich die Frage stellt: Wie geschieht es dann?

Der Autor gibt eine Antwort.

Zum Schluss wird gezeigt, wie Leben aus dem transzendierten Ich aussieht.

Was Sie beim Lesen dieser Abhandlung erwartet

Mein entscheidender Ansatz ist, dass der Mensch sich prinzipiell als Ich erfährt, d. h. er glaubt, als Ich mit seinem Verstand und seinem Willen sein Leben meistern zu können. Er fühlt sich frei und unabhängig und als Gestalter seines Lebens. Er erschafft sich seine Welt nach seinen Wünschen und Vorstellungen, wobei er oft zu wenig an die Auswirkungen und Folgen denkt. Er übersieht bzw. will es nicht wahrhaben, dass er von vielen Faktoren abhängig ist, sowohl äußeren als auch inneren. Die äußeren treten als Schicksal in sein Leben wie Naturkatastrophen, Unfall, Krankheit oder Tod. Deshalb ist es eines seiner Hauptziele, dies alles unter Kontrolle zu bringen und in den Griff zu bekommen, was ihm aber nur ansatzweise – z. B. bei Krankheiten - gelingt. Aber auch von inneren Faktoren ist er abhängig; seine Körperfunktionen, Schlaf und Triebe sind seinem Wollen nicht unterworfen. Dass sein Leben von Mächten gesteuert und abhängig ist, die er nicht in der Hand hat, beachtet er kaum. Bei genauerem Hinsehen ist er auch in seinem Denken und seinen Gefühlen unfrei und abhängig, ohne sich dessen bewusst zu sein. Er wähnt sich frei und ist doch von vielen Faktoren abhängig.

Würde er sich eingestehen, wie sehr er den sein Leben bestimmenden Faktoren unterworfen ist, müsste er in seinem Denken und Handeln ganz andere Akzente setzen. Er würde nicht mehr glauben, Herr seines Lebens zu sein. Nur durch Leugnen dieser ihn bedingenden Faktoren kann er seine irrige Meinung aufrecht erhalten, über sein Leben verfügen und frei schalten und walten zu können, wobei sein gesamtes Denken und Streben auf sein persönliches Wohlergehen ausgerichtet ist, weitgehend ohne Rücksicht auf das Wohlergehen der anderen. Der Mensch im Ich denkt nur an seinen Vorteil, nur der Mensch in seiner Ganzheit sieht auch den anderen. Da aber das Ich eines anderen den gleichen Anspruch auf das eigene Wohlergehen mit dem gleichen Recht erhebt, muss es notwendigerweise zum Konflikt, letztlich zum Krieg, kommen. Der andere ist der Konkurrent, immer schon um Nahrung und Weibchen, auf höherem Niveau um Ansehen, Position, Geltung, Macht. So gilt es, den anderen zu überlisten, zu übervorteilen, auszustechen, zu bekämpfen. Deshalb kann es in der Ich-Haltung nicht zu Frieden und Harmonie kommen. Das gibt es nur, wenn das Ich transzendiert, überwunden wird. Und da türmt sich ein unermessliches Problem auf: Der Mensch kann sein Ich vom Ich her nicht überwinden!!! Er bleibt immer als Ich in all seinen Bemühungen erhalten. Alles was er denkt, tut und unternimmt, ist immer er als Ich. Der Weg zur Befreiung vom Ich führt über den Zusammenbruch – den Tod - des Ichs. Das ist die schmerzliche und für das Ich unannehmbare Wahrheit. Und diesen Weg kann niemand für einen gehen, niemand kann einem diesen Schmerz ersparen.

Da wir uns alle in der Ich-Haltung vorfinden, fällt es uns schwer, den geschilderten Ansatz nachzuvollziehen.

Wer ist meine Zielgruppe? Jeder, der auf der Suche ist, auf der Suche nach sich selbst und nach den Rätseln des Menschseins und nach Antworten auf Fragen, die das Leben an uns stellt. Jeder, der merkt, dass im Menschsein bei sich selbst und bei den anderen vieles schief läuft, dass wir Vorstellungen davon haben, wie schön das Leben sein könnte und keinen Weg sehen, wie Beglückung und Erfüllung zu erreichen wäre.

Gegebenheiten des Menschseins

Ratio und Wille in ihrer Bedeutung für den Menschen

Man braucht nur eine x-beliebige Tageszeitung an einem x-beliebigen Tag zur Hand zu nehmen und wird feststellen: Korruption, Vergewaltigung, Betrug, Folter, Mord, Raubüberfall, Streitigkeiten unter Einzelpersonen und Staaten machen 90 % der Berichte aus. Würde man eine Zeitung von vor einem Jahr, vor 10 Jahren oder vor fünfzig Jahren in die Hand nehmen – es böte sich einem immer das gleiche Bild. Der größte Teil der Berichte, ob aus dem eigenen Land oder aus fremden Erdteilen, besteht aus Taten, die uns aufrütteln und uns die abgründige Seite des Menschen vor Augen führen. Wir sind entsetzt über solche Berichte und glauben, dass man das doch ändern können müsste. In der Regel sind wir der Meinung, dass es nur eine kleinere Minderheit der Menschen ist, die sich zu solchen Taten hinreißen lässt.

Die Mehrheit glaubt, mit etwas gutem Willen und dem Verstand des Menschen das Leben in die gewünschten Bahnen lenken zu können. Alle Revolutionäre sind angetreten, um es besser zu machen. Die Männer der französischen Revolution genau so wie die der kommunistischen. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit waren eben so Ziele wie Befreiung aus Sklavenarbeit und Herrschaftsverhältnissen. Woran sind alle Revolutionen gescheitert? An der konkreten Wirklichkeit des Menschen in seinem Ich. In der Vernunft hat der Mensch eine Ahnung, wie Zusammenleben aussehen könnte und weiß um die Möglichkeiten menschlichen Lebens. Aber in der Realität sind bisher alle Versuche gescheitert, die Sehnsucht nach einem befreiten Leben zu erfüllen.

Viele möchten ja ein guter Mensch sein, der verständnisvoll und liebevoll für andere da ist, aber sie scheitern an der Realität ihres Ichs. Das Gut-sein-Wollen ist nur ein schöner Wunsch, ein schönes Gewand, unter dem sich das ungezähmte Raubtier, die unbearbeitete Natur verbirgt, die eben nicht verwandelt ist. Das dürfte gerade solche Menschen entsetzen, die sich so sehr bemühen. Aber vom Ich her ist es immer nur ein verstandesmäßiges Bemühen, das im konkreten Lebensvollzug von den Mächten des Unbewussten überrollt wird. Und dies kann man nur sehen, wenn man sich kritisch gegenüber steht und Anspruch und Wirklichkeit bei sich selbst vergleicht. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen dem, was wir als vernünftig und richtig und daher wünschenswert ansehen – wie z. B. im politischen Bereich der Schutz der Regenwälder oder der Abbau des CO2, das die Klimaerwärmung bewirkt – und dem, was die Menschen bereit sind, dafür einzusetzen, wo sie in ihrer Existenz – im Beispiel dem Ausbau ihres Wirtschaftswachstums - betroffen sind. Denn da ist man konfrontiert mit der Wirklichkeit seines Ichs, seinen eigenen elementaren Interessen, die dem Wünschenswerten entgegenstehen. Und solange das Ich nicht überwunden ist, siegen diese Interessen immer, weshalb man sich nicht zu wundern braucht, wenn es hier keinen Fortschritt gibt.

Das vom Verstand her als wünschenswert Gesehene kann vom Menschen in seiner Ich-Verhaftetheit nicht umgesetzt werden. Diesen alten Widerstreit von Erkennen und Tun hat schon Paulus im Neuen Testament formuliert: Das Gute, das ich will, tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will. Das gilt für jede Sucht, in der ein Mensch das tut, was er nicht will, genau so wie für alle hehren Ideen von Freiheit, Gemeinschaft, Liebe, rational begründetem Leben, Erziehung zu einem selbstverantwortlichen Denken und Handeln, Befreiung von repressiver Moral, gewaltfreies Zusammenleben der Menschen und der Geschlechter, Befreiung von jeglicher Unterdrückung usw., die immer Ideen bleiben und nirgends verwirklicht werden können. Dem Menschen gelingt es nicht, das als richtig und wünschenswert Erkannte in die Tat umzusetzen, tragischerweise auch denen nicht, die diese Ideen in gutem Glauben und mit bester Absicht propagieren. Sie scheitern an ihrem eigenen existenziellen Sein, das durch ihr Ich geprägt ist. Das Grunddilemma liegt in dem Zwiespalt zwischen Erkennen und Tun. Zum Erkennen braucht es nur die Ratio – den Verstand, die Vernunft -, zum Tun den Menschen in seiner ganzen Wirklichkeit, und die ist dem Ich verhaftet und damit seiner Natur, den unbewussten Mächten des Lebens, ausgeliefert. Das aber ist denen nicht bewusst, die die Verwirklichung dieser Ideen von anderen fordern – mit recht übrigens -, aber selber dort, wo sie diese Forderungen erfüllen müssten, aus den genannten Gründen scheitern. Dadurch wird die Forderung, so berechtigt sie auch ist, unglaubwürdig, weil sie nicht durch das eigene Handeln beglaubigt werden kann.

Wir glauben, mit unserer Ratio alles in den Griff bekommen zu können und sind uns überhaupt nicht bewusst, dass sie nur die letzte, dünne Schicht ist, die das Leben hervorgebracht hat. Über Jahrmillionen hinweg wurde das Leben von unbewussten Kräften vorangetrieben, was wir als Natur bezeichnen. Erst mit dem Menschen ist das Bewusstsein in Form der Ratio, des Verstandes, in die Welt getreten. Die Ratio ermöglicht es ihm, sich über die Natur zu erheben und sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen zu gestalten. Aber er merkt nicht, dass er noch immer den die Natur beherrschenden Mächten unterliegt, die besonders in der Sexualität und der Selbstbehauptung an ihn herantreten.

Und die Gewalt dieser Grundkräfte des Lebens fegt diese junge und deshalb dünne Schicht des Verstandes hinweg, wenn es ihr beliebt und gerade dann, wenn einer glaubt, mit der Ratio sich gegen das Leben stemmen zu können. Es gibt nur eine Möglichkeit, dem Teufelskreis zu entfliehen, und das ist die Erkenntnis der absoluten Unterworfenheit unter die Grundkräfte des Lebens.

Es liegt in der Natur des Ichs, davon überzeugt zu sein, dass es mittels der Ratio über sich und seine Welt verfügen kann und auch soll. Dabei kann es guten Glaubens sein und nach seinen besten Kräften das Gute wollen, es kann sogar Gottes Hilfe anflehen, damit ihm das, was er sich vornimmt, gelingen möge, aber es ist immer das Ich, das im Mittelpunkt des Denkens und Handelns steht.

„Machet euch die Erde untertan“ – das ist keine göttliche Offenbarung, sondern es ist die Erfahrung des Menschen, der sich in seinem Ich-Sein erlebt und glaubt, dass das mit dem Ich-Sein verbundene Herrschaftsgefühl auch gottgewollt ist. Es ist eben der Naturfahrplan der Selbsterhaltung, sich alles gefügig zu machen, das heißt sich über alles zu stellen und nach seinen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Der Mensch herrscht über die Natur. Aber auch der Mann herrscht über die Frau – das ist im Christentum genau so grundgelegt wie im Islam oder Judentum -, die Frau über das Kind, der Clan über den einzelnen, der Staat über seine Bürger. Wer sich mächtig fühlt, stellt sich über jene, die schwächer sind. Aber immer, wo Menschen über Menschen herrschen, entsteht in einem kürzeren oder längeren Zeitraum ein Aufbegehren der Unterdrückten, das zu Veränderung und Revolte führt. Aber es ändern sich immer nur äußere Verhältnisse und nicht die Grundstruktur, die Ursache dieser Verhältnisse ist - das Ich. Denn auch der, der die Verhältnisse ändern möchte, will es deshalb, damit seinem Ich mehr Freiraum ermöglicht wird. Und damit drehen sich alle Veränderungen immer im Kreis, jede veränderte gesellschaftliche Situation muss wieder geändert werden, weil sich herausstellt, dass sich nur die Seiten gewechselt haben, dass, wer unten war, jetzt oben ist. Damit haben sich nur die Rollen vertauscht, an der Struktur des Menschen hat sich nichts geändert. Und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis es wieder zum Aufbegehren der jetzt neu Unterdrückten kommt. Solange die Vorherrschaft des Ichs nicht gebrochen wird, ändert sich in der Geschichte nichts. Diese Veränderung aber kann nur im Einzelnen geschehen, und es ist ein Kreuzweg, den der Einzelne gehen muss, und niemand kann es ihm abnehmen oder stellvertretend für ihn leisten. Der Weg führt durch das Feuer des Todes des eigenen Ichs, so wie es im Kreuzestod Jesu oder im Phönix aus der Asche, im Durchschreiten und Durchleiden der Unterwelt oder im Kampf um Leben und Tod mit dem Drachen symbolisch dargestellt ist. Die Menschheit hat immer schon in Mythen und Märchen den Kampf geschildert und daher davon gewusst, welche enorme Auseinandersetzung erforderlich ist, um über sein Ich hinaus zu gelangen, es zu überschreiten, zu transzendieren.

Seit der Aufklärung gibt es immer wieder Menschen, die überzeugt sind, dass man diese Machtstrukturen der Herrschaft von Menschen über Menschen aufbrechen und beseitigen können müsste. Sie glauben, dass es mit Hilfe der menschlichen Vernunft möglich sein müsste, zu einem friedlichen, gleichberechtigten Zusammenleben der Menschen ohne Herrschaftsverhältnisse zu gelangen. Was sie nicht sehen, ist die Tatsache des Ichs, das im Zentrum dieses Bemühens steht und sich damit selbst im Wege steht, denn das Ich setzt sich immer an die erste Stelle. Und so lange es nicht gelingt, die Ich-Struktur zu durchbrechen, was immer nur einem Einzelnen möglich ist und größten moralischen Einsatz verlangt, so lange ändert sich nichts im Verhalten der Menschen zu einander. Es sind nur schöne Ideen, bei deren Verwirklichung auch diejenigen scheitern, die von diesen Ideen überzeugt sind. Sie scheitern an ihrem Ich, das viel fundamentaler das Leben bestimmt als die Einsicht und die Ratio.

Wir glauben, das Leben mit Hilfe unseres Verstandes in den Griff bekommen zu können und merken gar nicht, dass wir uns dadurch über und gegen das Leben stellen. Das Leben ist aber mehr als wir, es war vor uns und wird nach uns sein. Es ist das, woraus alles kommt. Aber wir sind mit diesem Gang des Lebens nicht zufrieden und wollen unser eigenes Leben gestalten. Wir machen uns Gedanken und stellen Überlegungen an, wie wir das Leben nach unseren Vorstellungen und Wünschen gestalten wollen, sei es im persönlichen, sei es im politischen Leben. Und diese Vorstellungen kollidieren mit den Vorstellungen anderer Menschen, und dadurch kommt es unweigerlich zu Konflikten. Diese Tendenz des Menschen, das Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten hat als Kristallisationspunkt das Ich. Von seinem Ichsein her glaubt der Mensch sein Leben nach seinem Wollen und mit Hilfe seines Verstandes meistern zu können und kollidiert dabei mit den Gesetzen der Natur und den Wünschen, Vorstellungen und Interessen der anderen Menschen.

Konflikt mit der Wirklichkeit

Wir glauben, mit Verstand und unserer Tatkraft unser Leben in die von uns gewünschten Bahnen lenken zu können, und das wird einfach der Wirklichkeit nicht gerecht. Die Realität des Lebens ist so viel umfassender als dass sie vom Ich – gekennzeichnet durch Verstand und Willen – in den Griff zu bekommen wäre. Aber genau das versuchen wir in allen Bereichen des Lebens, sei es in der Technik, der Wirtschaft oder in den Beziehungen, sowohl den persönlichen als auch der Völker. Und das ist zum Scheitern verurteilt. 2008 haben wir so augenscheinlich erlebt, wie der Finanzmarkt genau durch dieses Denken, alles beherrschen zu können, zusammengebrochen ist. Boaz Weinstein erläutert in der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 07.02.09, wie Banker arbeiten. Sie bedienen sich komplizierter mathematischer – also höchst rationaler - Modelle, in die die Wahrscheinlichkeiten aller denkbaren Ereignisse eingehen, bis ins Kleinste ausgetüftelt in der Überzeugung, damit jedes Risiko vermeiden zu können. Dennoch ging es schief, weil Unvorhergesehenes passierte, nämlich dass Lehmann Brothers pleite ging. Das brach den großen Banken das Genick. Die mathematische Berechnung ist die Rationalität, der Zusammenbruch von Lehmann ist das Leben. Das Leben ist immer unberechenbar, es ist immer neu und immer anders als von der Ratio berechnet und geplant; es sind immer viel mehr Faktoren beteiligt, als es vom Verstand her zu erfassen ist. Dabei wäre das Unvorhergesehene sogar zu sehen gewesen, wenn man zur Kenntnis genommen hätte, dass irgendwann die Immobilienblase platzen musste.

Von der Vernunft her glauben wir Frieden schaffen zu können. Vernunft kommt von vernehmen. Wir vernehmen die Möglichkeit zu Frieden, aber im konkreten Leben spielen immer andere Faktoren eine Rolle, eben der konkrete Mensch in seinem Ich-Sein. In der Realität befindet sich der Mensch im Ich, d. h. maßgebend sind für ihn das Bestimmtsein durch Art- und Selbsterhaltungstrieb. Solange er das nicht transzendiert hat, ist er diesen Bedingungen unterworfen und damit unfähig zu Frieden. Dem, was er von der Vernunft her für wünschens- und erstrebenswert hält, wird von seinem konkreten Menschsein her Prügel zwischen die Füße geworfen.

Im konkreten Leben spielen immer viel mehr Faktoren eine Rolle, als dass sie vom Verstand der beteiligten Menschen in Rechnung gestellt werden könnten.