Schizophrenie als Chance - Anton Weiß - E-Book

Schizophrenie als Chance E-Book

Anton Weiß

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Beschreibung

Während wissenschaftliche Sicht in Schizophrenie und Depression letztlich gehirnorganische Störungen sieht, die mit Medikamenten zu behandeln sind, wird in diesem Buch gezeigt, dass es sich oft um eine spirituelle Krise handelt. Diese wird verursacht durch das Spannungsverhältnis, das durch die einseitige Ich-Orientierung des Menschen ausgelöst wird. Psychose und Depression sind Ausdruck des Aufbegehrens des Unbewussten, das der Mensch aus seinem ichbetonten Leben ausschließt. Somit geht es darum, sich der eigenen geistigen Tiefe – dem Selbst – zu öffnen, was als "Individuation" oder "Transzendierung des Ichs" bezeichnet werden kann und die Auseinandersetzung mit dem Unbewussten erfordert.

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Seitenzahl: 121

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Anton Weiß

Schizophrenie als Chance

Depression als Fingerzeig

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Mein Leben:

Grundlegende Erkenntnisse über Schizophrenie

Aspekte des Ichs

Transzendierung des Ichs

Abschließende Zusammenfassung

Nachwort

Literatur

Impressum neobooks

Vorwort

Da ich den Hintergrund meiner psychischen Erfahrungen in den Jahren 2004-2007 verstehen wollte, fügte es sich nahezu zwangsläufig, dass ich mich mit dem Thema „Schizophrenie“ beschäftigen würde. Weil ich für meine Versuche, die Erfahrungen schriftlich darzustellen – in drei Schriften: „Sackgasse ‚Ich’“, „Der Ich und das Unbewusste“ und „Hampelmann oder Dann eben anders“ - keine Verleger gefunden habe, möchte ich auf diesem Weg das, was ich glaube vermitteln zu können, darlegen, in der Hoffnung, dass es von einem Fachverlag veröffentlicht wird.

Denn ich glaube, dass ich Betroffenen durchaus Hinweise geben kann, die das Ertragen dieses unaussprechlichen Leidens u. U. möglich macht, denn auch nach – durchaus laienhaftem - Studium der Fachliteratur über Schizophrenie vermisse ich entscheidende Hilfen zum Verständnis und zur Bewältigung schizophrenen Geschehens. Die Ursachen der Schizophrenie werden von den meisten Forschern in genetisch, pränatal oder durch Schädigungen des Gehirns während der Geburt bedingten Gegebenheiten gesehen, letztlich in einer Dysfunktion von Neurotransmittern, die man dann medikamentös behandeln kann. Dass es sich um einen Wandlungsprozess im Sinne von C. G. Jungs Begriff der Individuation handeln könnte, wird von den meisten nicht gesehen oder nur ganz am Rande erwähnt. Dass Jung so unbeachtet bleibt, ist umso verwunderlicher, als er ja als Psychiater tätig war und in seiner Eigenschaft als Psychiater und Psychologe in seiner Arbeit mit Patienten – auch Schizophrenen - zu seiner Auffassung gekommen ist. Dies zeigt, wie weit wir heute in unserem Denken von einer Auffassung, die das Leben des Menschen in einer dieses Leben transzendierenden Sinngebung begreift, entfernt sind.

Der Aspekt eines geistig-spirituellen Weges, den der Mensch zu gehen hat – wie es in allen Religionen propagiert wird – bleibt in der Schizophrenieforschung unberücksichtigt. Meiner Überzeugung nach liegt darin aber gerade ein Schlüssel zum Verständnis der Schizophrenie. Diesen Aspekt möchte ich einbringen.

Ich maße mir natürlich nicht an, für das weite Gebiet schizophrener Erscheinungsformen gleichermaßen Gültiges aussagen zu können, aber für die Fälle, die ähnlich gelagert sind wie bei mir, glaube ich doch Hintergründe und Verhaltensweisen aufzeigen zu können.

Der Betroffene muss selbst entscheiden, ob das aus meiner Sicht Dargelegte für ihn zutrifft oder nicht. Ich beschreibe meinen Weg, meine Lebensauffassung, die Konsequenzen und die daraus erfolgenden notwendigen Auseinandersetzungen.

Es muss klar sein, dass meine Auseinandersetzung mit Schizophrenie laienhaft ist. Kern meiner Darlegungen sind letztlich meine eigenen Erfahrungen und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass mein Modell vom Umgang mit der Schizophrenie mir nur für solche Betroffene geeignet erscheint, die von sich aus daran interessiert sind, die Krankheit zu verstehen.

Mein Leben:

Geistige Orientierung

Wenn ich meine Lebensintention auf eine Kurzformel bringen wollte, würde ich mich im Kern als religiösen Sucher bezeichnen. Die zentrale Devise meines Lebens ist in dem Satz Jesu enthalten: „Suchet zuerst das Reich Gottes, und alles andere wird euch dazugegeben werden.“ Da ich im katholischen Oberbayern aufgewachsen bin, war ich als Kind überzeugt, dass es eigentlich den meisten Menschen darum ging, denn das war ja die Botschaft Jesu. Die vielen Menschen, die in die Kirche gingen, würden wohl seiner Botschaft zu folgen versuchen, so dachte ich. Erst allmählich begriff ich, dass es den meisten recht ferne lag, die Botschaft Jesu so ernst zu nehmen und sie in ihrem Leben umzusetzen. Für mich stellte sich als junger Mensch konsequenterweise die Frage, ob ich diesen Weg nur in einem Kloster oder auch in einem normalen Leben verwirklichen kann und mir ahnte, dass man dem konkreten Leben nicht ausweichen dürfe, dass man seinen Glauben in diesem konkreten Lebensalltag unter Beweis stellen müsse.

So wird es nicht verwundern, dass ich als Beruf Religionslehrer wählte, eine Möglichkeit, die sich in den 60er Jahren erst allmählich für Laientheologen eröffnete.

Ich war wohl kein sehr guter katholischer Religionslehrer, jedenfalls nicht in den Augen der kirchlichen Obrigkeit. Schon früh (mit etwa 17 Jahren) beschäftigte ich mich mit Zen-Buddhismus, fühlte mich von Meister Eckehart angesprochen und später vom Taoismus. Mein Horizont war damit echt katholisch, das heißt allumfassend. Es ging mir ganz zentral um die unmittelbare Beziehung zu Gott, und Anleitungen dazu fand ich im Zen-Buddhismus mehr als im traditionellen Christentum. Sehr wohl aber fand ich im Neuen Testament gleiche Elemente, wie sie auch in anderen Religionen, gerade in den mystischen Richtungen, zu finden waren. Das „Es schießt“ von Eugen Herrigel in der „Kunst des Bogenschießens“ war für mich gleichbedeutend mit „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ eines Paulus. Diesen Zustand zu erreichen, war mir Lebensziel.

Ich bewunderte Zen-Schüler, die ihr Leben damit verbrachten, tagaus tagein vor einer Wand zu sitzen und sich dem Lösen von Koans zu widmen. Ich war überzeugt, dass es dabei um die Überwindung unseres normalen Denkens ging, dass ein Durchbruch zum wahren Sein nur erfolgen könnte, wenn das normale Bewusstsein überstiegen würde.

Mit Koans aber konnte ich mich nicht anfreunden, ich versuchte es mit Meditations- und Konzentrationsübungen und merkte, wie unfähig ich war, auch nur eine Sekunde „gedankenlos“ zu sein. Immer stand ich im Mittelpunkt des Handelns, ich war es, der die Absicht hatte, absichtslos zu werden und damit war immer ein Teil meines Geistes außerhalb. Es war immer ein Beobachter vorhanden, der mich anhielt, antrieb und mahnte, wohl das, was S. Freud als Über-Ich bezeichnen würde. Und der Beobachter stand immer außerhalb des Vorgangs und mir war klar, dass volle Konzentration nur zu erreichen war, wenn es keinen Beobachter mehr gäbe. Aber wie war das zu bewerkstelligen?

Psychologischer Hintergrund:

Ich bin sicher ein introvertierter Typ (nach C. G. Jung), d. h., mich interessierte das Innenleben viel mehr als das Außen, die Welt. Der Introvertierte ist sehr mit sich beschäftigt, die Welt und der andere Mensch interessieren ihn nicht wirklich. Ich kenne keine Untersuchung, die den Anteil der Introvertierten an der Schizophrenie aufzeigt; ich würde meinen, dass er sehr hoch ist. Der Introvertierte kennt die Tiefe; Oberflächlichkeit ist ihm verhasst. Die Welt und ihr Getriebe ängstigen ihn und bleiben ihm fremd. Genau das sind wichtige Kennzeichen in der Schizophrenie: Es sind in der Regel Menschen, die Probleme in der Sozialisation haben, die als Kind lieber allein spielen, sich zurückziehen und Einzelgänger sind. Sie fühlen sich fremd in dieser Welt.

In der Schizophrenie läuft der Betroffene aber Gefahr, von der Tiefe verschlungen zu werden. Seine Aufgabe ist es, in die Welt hinauszutreten, und das erfordert ein ungeheures Kämpfen.

Der Extravertierte lebt in der Welt und fühlt sich in ihr heimisch, aber ihm fehlt die Tiefe, das Leben bleibt oberflächlich. Ob daraus Schizophrenie entstehen kann, wäre mir interessant zu wissen.

Dass aus der Introversion Schizophrenie entsteht, scheint mir fast unausweichlich, da mit ihr eine starke Selbstbespiegelung Hand in Hand geht, eine nahezu ausschließliche Beschäftigung mit sich selbst.

Zunehmend merkte ich, wie sehr ich in allem um mich selbst kreiste und mir war von der Religion her klar, dass es genau darum ging, dieses Um-sich-selbst-Kreisen, diese Egozentriertheit, zu überwinden. Es dauerte lange, bis ich mir eingestand, dass ich in meinem Bemühen, den religiösen Weg zur Ichlosigkeit zu gehen, sehr ichhaft war, dass dies meine Weise war, das Ich zu leben und ins Spiel zu bringen. Ich wollte andere bekehren, war überzeugt davon, dass nur religiöses Leben richtiges Leben ist, und entdeckte, dass genau dies die Weise war, in der mein Ich zur Geltung kam.

Grundlegende Erkenntnisse über Schizophrenie

Grundsätzliches

Wenn man sich mit Schizophrenie beschäftigt, zeigt es sich, dass sie ein sehr vielfältiges Geschehen und sowohl in der Entstehung wie im Verlauf kaum auf gemeinsame Nenner zu bringen ist.

Die Ursachen der Schizophrenie genetisch, pränatal oder embryonal zu sehen, scheint mir Ausdruck einer Hilflosigkeit zu sein; gesichert sind diese Erkenntnisse in keiner Weise. Wir sehen in unserem wissenschaftlich begrenzten Horizont eben keine andere Möglichkeit, als Krankheiten entweder als ererbt oder umweltbedingt erworben zu verstehen. Psychische Ursachen, die geistig bedingt sind, erscheinen suspekt, weil kaum nachprüfbar.

Dass Schizophrenie als Stoffwechselstörung im Gehirn verstanden wird, zeigt, wie weit wir heute von einem Verständnis des Menschen als sinnsuchendes Wesen und der damit verbundenen Unsicherheit entfernt sind. Dass die Unsicherheit und das innere Aufgewühltsein, die einen Menschen erfasst, Niederschläge im Gehirn verursacht, dass also Ursache und Wirkung genau umgekehrt ablaufen könnten, auf diese Idee kommt offensichtlich niemand. Es wiederholt sich hier das Problem des geo- und heliozentrischen Weltbildes. Derzeit steckt die Wissenschaft noch im geozentrischen Denken; dass die Umkehrung genau so logisch ist, d. h. dass es genau so logisch ist, dass psychische Vorgänge hirnphysiologische und letztlich genetische Niederschläge hinterlassen, ist für die meisten heute offensichtlich undenkbar. Die häufige Argumentation, dass man mit Medikamenten das Andocken von Botenstoffen im Gehirn bekämpfen oder verstärken kann, widerspricht dem ja überhaupt nicht: Genau so, wie psychische Erlebnisse sich physiologisch niederschlagen, kann man durch Eingriff in die Physiologie psychische Veränderungen hervorrufen. Geist/Seele und Körper sind ja nicht getrennt, es ist eine undurchschaubare Einheit und ein Hin- und Herfließen vom einen zum anderen; es besteht eine ständige Wechselwirkung. Was ich bezweifle, ist, dass durch den Eingriff mit Medikamenten sich der Mensch auch tatsächlich verändert. Es ist der Wunschtraum aller Leidenden, dass es Medikamente gäbe, die das Leiden lindern. Meines Erachtens ist geistiger Fortschritt ohne Leiden nicht möglich. Gerade das Ich wird nur zurückweichen, wenn es unter Druck gesetzt wird, sei es von außen oder von innen. Natürlich bestreite ich nicht die positive Wirkung von Medikamenten für Menschen, die ohne diese Hilfe zerbrechen würden. Aber es müsste klar sein, dass es nur eine Überbrückungshilfe sein kann, nicht eine Lösung des Problems.

Natürlich ist das, was ich hier darlege, wissenschaftlich nicht überprüfbar. Ich könnte mir aber vorstellen, dass diejenigen, die mit Schizophrenie befasst sind – Psychiater, Betroffene und deren Angehörige -, sehr wohl Übereinstimmungen mit ihren eigenen Erkenntnissen sehen.

Einige grundlegende Dinge zum Krankheitsbild „Schizophrenie“ kristallisieren sich heraus, die bestimmende Merkmale der Schizophrenie sind bzw. zu ihrer Entstehung führen:

Zu den in der Schizophrenieforschung gesicherten Erkenntnissen gehört u. a., dass die Anzeichen multifaktoriell sind, das heißt, dass es eine Vielzahl von schizophrenen Erscheinungsformen gibt, die nahezu alle Menschen betreffen, die aber nur ausnahmsweise in die Schizophrenie münden. Gekannt und erlebt aber werden sie von zahlreichen - ich würde so weit gehen und sagen: von allen - Menschen in mehr oder weniger großem Ausmaß, wie z. B. Gedächtnisstörungen, Wahrnehmungsstörungen, Einbildungen, Wahrnehmung von nicht Vorhandenem, usw. Jeder kennt es, dass ihm ein sonst geläufiger Name nicht einfällt, dass er einen Pfosten in der Dämmerung für eine bedrohliche Gestalt hält, dass er sich fragt, ob sich die Äußerung am Nebentisch auf ihn bezieht und dass er nicht sicher ist, ob er eine bestimmte Szene geträumt oder vor einigen Tagen tatsächlich erlebt hat und ob er einen Gedanken, der ihm durch den Kopf geht, nun schon gesagt hat oder doch nur gedacht.

Mich erstaunt, dass es doch eine vergleichsweise geringe Zahl von Menschen ist, die von Schizophrenie betroffen sind. Ich werde zeigen, dass das Ich die zentrale Rolle spielt und es würde mich nicht wundern, wenn in naher Zukunft Schizophrenie zunehmen würde, da in unserer Zeit das Ich gleichsam zum Kultobjekt geworden ist.

Auch die Tatsache, dass Schizophrenie ein kultur- und zeitübergreifendes Phänomen ist, bestärkt mich in der Auffassung, dass das Ich die zentrale Rolle spielt im Verständnis dieser Krankheit, denn auch das Ich ist unabhängig von Kultur und Zeit. Es ist mit der Tatsache des Menschseins gegeben, biblisch ausgedrückt ist: Es ist die Ursünde des Menschen.

Schizophrenie als Ich-Störung

Wenn ich die Definition von C. G. Jung vom Ich benützen darf, dann ist das Ich Zentrum des Bewusstseins. Welch beherrschende Stellung das Ich eines Menschen in seinem Bewusstsein einnimmt, soll weiter unten noch eingehend erläutert werden. Es ist durchaus normal, dass sich ein Mensch als Mittelpunkt seiner Welt erlebt und vielen ist bewusst, dass es auch andere Menschen gibt. In der Schizophrenie ist das Empfinden, Mittelpunkt der Welt zu sein, jedoch ins Extreme gesteigert. Der Schizophrene bezieht alles auf sich: Im Gespräch am Nachbartisch geht es um ihn, die Meldungen im Radio enthalten verschlüsselte Botschaften, die ihn betreffen und ihn vernichten wollen, die Leute auf der Straße blicken ihm alle nach und die Verlegenheit des Nachbarn ist der Beweis dafür, dass es in seinem Gespräch mit dessen Frau um ihn gegangen ist. In allem sieht er sich im Mittelpunkt. Das von den meisten Menschen als normal angesehene Empfinden, wichtig zu sein, ist beim Schizophrenen in einer Weise übersteigert, dass er sich in allem im Mittelpunkt sieht, alles dreht sich ausschließlich um seine Person. Er sieht sich in einer übersteigerten und damit gestörten Weise als Mittelpunkt allen Geschehens, als Mittelpunkt der Welt.

Isolierung

Ein weiteres typisches Merkmal Schizophrener ist der Rückzug aus der Welt. Häufig sind es Menschen, die schon als Kind lieber alleine gespielt und sich mit sich selbst beschäftigt haben. Es fällt ihnen schwer, Kontakt zu anderen Menschen zu entwickeln, sie sind verschlossen und öffnen sich, wenn überhaupt, nur ganz wenigen Menschen. Es sind Menschen, die sich abkapseln und in die man nicht hineinschauen kann. Äußerlich oft unscheinbar, ruhig und angepasst, sind sie innerlich ein gefährlicher Vulkan. Sie fühlen sich fremd in dieser Welt und sehen die meisten Dinge anders als „normale“ Menschen.

Vulnerabilität

Nahezu ein Hauptkennzeichen Schizophrener ist die Verletzlichkeit. Vulnerabilität ist eine Haupteigenschaft des Ichs. Da es keinen Halt hat, wie noch zu zeigen sein wird, wirkt jeder verbale Angriff, jede Kritik, jede Nichtbeachtung existenziell bedrohend. Jede kleinste Kritik verletzt; wenn Dinge nicht genau so sind, wie man sie sich vorstellt, z. B. dass jemand nicht pünktlich erscheint, wird es als Beleidigung empfunden und erregt einen zutiefst. Die Toleranz ist nahezu null. Wenn Dinge nicht genau der Vorstellung entsprechen, die man von ihnen hat, z. B. der Geschmack eines Gerichts oder die Farbe der Vorhänge, die die Frau gekauft hat, dann gerät man in äußerste Erregung. Ein schief hängendes Bild ist genau so unerträglich wie die Unordnung im Zimmer der Tochter. Selbst der eigene Verstand, der das vielleicht verurteilt, kann an der Erregung nichts ändern. Man ist nicht Herr darüber und auch das beunruhigt.