Das Schwert der Freiheit - Marc Debus - E-Book

Das Schwert der Freiheit E-Book

Marc Debus

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Beschreibung

Gerhard Maibach reist für einen Auftrag nach Schottland. Hier ereignen sich plötzlich Dinge, mit denen niemand gerechnet hat. Was Gerhards Arbeit schließlich mit Sir Walter Scott und dem legendären Rob Roy McGregor zu tun hat, erfahrt ihr im Buch. Ein historischer Roman, der in verschiedenen Zeitlinien spielt, die schließlich alle zusammenführen.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

1708 Toledo / Spanien

1671 Ein Knabe wird geboren

2019 Auf dem Weg

1671 bis 1684 Jugend am Loch Katrine

2019 Schottland

1702 Eine große Verantwortung

2019 Der Landsitz

1711 Ein schwerer Verlust

2019 Ein erster Eindruck

1712 Schlimme Kunde

2019 Viel Arbeit

1713 Ein anderes Leben

1789 Edinburgh

2019 Ein unerwarteter Vorfall

1713 Erste Rache und neue Verbündete

2019 Warum?

1713 Ernüchternde Erkenntnis

1792 Edinburgh

2019 Erwachen

1715 Die Schlacht von Sheriffmuir

1797 - 1805, Ehe, Kinder und Traditionen

2019 Arbeit und neue Fragen

1716 Probleme mit dem Duke of Atholl

1805 - 1810, Erfolg und ein eigener Verlag

1716 Logierait

1810 Eine Begegnung im Nebel

2019 Ein Original

1716 Glen Shira

1810 Eine Idee wird zum Plan

2019 Der Foliant

1716 Mars Plan

1810 Ein Besuch bei den McGregors

2019 Oldtimerliebe

1719 Glen Shiel

2019 Die Bergung

1725 Der Kampf um Fort Inversnaid

1810 Eine Geschichte über Rob Roy

2019 Verdachtsmoment

1725 Aufgabe

1811 bis 1817, Ein Buch über eine Legende

2019 Ein ungeplantes Ereignis

1727 Begnadigung

2019 Der Tag danach

1820 - 1826 Das finanzielle Desaster

2019 Eine interessante Entdeckung

1818 Ein Hochzeitsgeschenk

2019 Ein Werkstattbesuch

1832 - Oktober - Abbotsford

2019 Familienchronik

1728 -1734 Die Farm

2019 Ländereien und Hausgepflogenheiten

1734 Das Ende

2019 Weitere Verdachtsmomente

1853 Ein spätes Glück

1883 Eine unübliche Weitergabe

2019 Ein Besuch bei Chief Inspector Craig

1883 bis 1903 Die nächste Generation

2019 Die Suche nach einem Grund

1929 – 1944 Die Zeit der Kriege

1944 - 1955 Einsame Jahre

2019 Sichtung der Artefakte

1955 Eine Zwangsehe und ihre Folgen

1968 ein neuer Hausangestellter

2019 Die Lösung

2019 Die Wohnung

2019 Eine Entscheidung

2019 Ende eines Auftrages

Nachwort

Gerhard Maibachs Abenteuer

Das Schwert der Freiheit

Marc Debus

Schreibstark-Verlag

Saalburgstr 30

61267 Neu-Anspach

ISBN: 9783969470633

1708 Toledo / Spanien

Alejandro stand in seiner Werkstatt und blickte nach draußen in den Hof. Die Sonne schien und es war sehr warm, typisches Wetter für diese Jahreszeit in Spanien. Ihm machte das schon lange nichts mehr aus, zumal die fünf Essen neben der Werkstatt ebenfalls jede Menge Hitze von sich gaben.

Er sah einen seiner Lehrjungen, der ein Stück Stahl aus der Esse zog und am Amboss begann es mit dem Hammer zu bearbeiten. Alejandro lächelte, der Junge war noch nicht lange bei ihm, aber er machte seine Arbeit schon wirklich gut.

Dann blickte er wieder auf den Tisch vor sich. Er hatte in den letzten Stunden noch einige Feinarbeiten an einem Schwert vorgenommen, das ein Kunde aus dem Norden Englands bestellt hatte: Ein schottisches Breitschwert, mit einem mächtigen Handkorb über dem Griff, der die Hand schützen sollte. Es war eine schöne Arbeit und das Schwert würde seinen Besitzer nicht nur wehrhaft machen, sondern ihn auch schmücken…das Aussehen war ein Aspekt, den Alejandro bei allen seinen Arbeiten mitbedachte, die Waffe sollte auch schön sein. Bei diesem Stück war ihm das gut gelungen. Er hatte ein Schwert nach schottischem Vorbild gefertigt.

Den Handkorb hatte er mit einem feinen roten Stoff ausgekleidet und darunter gepolstert. Er hatte sich viel Mühe gegeben, ihn so zu fertigen, dass die Rundungen und Bögen so ausgearbeitet waren, dass es keinerlei Kanten oder Ecken mehr gab, die der Hand beim Führen des Schwertes hätten hinderlich sein können. Der Handkorb war danach außen poliert worden und er reflektierte das Licht wie ein Spiegel. An der Verschraubung am Ende, die sich nahtlos an den Handschutz anschloss, waren einige in Rot gehaltene Troddeln angebracht.

Die Klinge sprach für sich…sie bestand aus dem mehrfach gefalteten Stahl, für den seine Werkstatt so bekannt war und die ihm seinen Wohlstand eingebracht hatte. Die Klinge war lange bearbeitet, danach poliert und fein geschliffen worden. Alejandro war Schwertmacher mit Leib und Seele und er liebte jede Klinge, die in seinem Haus hergestellt worden war und irgendwie tat es ihm immer weh, wenn eine solche Klinge das Haus letztendlich verließ. Es war jedes Mal so, als ob ein Stück von ihm selbst gehen würde.

Er hatte die Klingenschärfe des schottischen Breitschwerts an verschiedenen Gegenständen für Schnitt- und Schlagübungen im Hof selbst ausprobiert und die Gegner seines Kunden würden sich vor diesem Stück Stahl hüten müssen. Mit diesem Schwert konnte man einen Arm oder sogar ein Bein, mit einem gut geführten Hieb, problemlos abtrennen. Aber wie man unter Schwertmachern zu sagen pflegte: Erst der Mann macht die Klinge.

Zusätzlich hatte der Kunde um eine Gravur am Heft des Schwertes direkt vor dem Korb gebeten. Hier waren von Alejandro zwei kunstvoll geschwungene Buchstaben in den Stahl graviert worden, die für den Namen des Kunden standen. Ein kleines, aber besonderes Detail.

Nun galt es, das gute Stück mit einem Boten an seinen Kunden zu versenden. Bei dem Preis, den eine solche Waffe erzielte und die der Kunde natürlich zum Teil vorher zu zahlen hatte, war die persönliche Überbringung unumgänglich. Er hatte Männer, die seine Arbeiten in ganz Europa und manchmal auch nach Arabien auslieferten. Er setzte dabei vor allem auf alte Soldaten, die das Kriegshandwerk verstanden, zumal sie die Restsumme für die Schwerter mit nach Hause zu bringen hatten. Das sie dabei gut bewaffnet waren, verstand sich von selbst, zumal Alejandro die Leute selbst mit sehr guten Waffen aus seinem Haus ausgerüstet hatte.

Nun schlug er das Schwert, das in seiner ebenfalls passgenau angefertigten Scheide steckte, in eine feine Decke ein. Danach verpackte er es kunstvoll, so dass es seinen Kunden unbeschädigt erreichen würde. Vielleicht würde mit dieser Waffe ein Stück Geschichte geschrieben werden, möglich war so etwas ja immer.

1671 Ein Knabe wird geboren

Das Geräusch, das durch das Haus in Glengyle drang, sagte Lt. Col. Donald MacGregor, dass seine Frau Margaret Campbell soeben ihr zehntes Kind zur Welt gebracht hatte. Ihr ältester Sohn war schon 13 Jahre alt und seine Frau war immer schnell wieder schwanger geworden, trotzdem war er wie bei jeder Geburt zuvor aufgeregt.

Nun eilte er durch das Haus und seine Frau lächelte ihn an, als er das Schlafzimmer betrat. Abigail, die Frau, die ihr bei der Geburt geholfen hatte, legte gerade das frischgeborene Kind an Margarets Schulter. „Es ist ein Sohn Donald“, sagte sie, als er nähertrat.

Donald war glücklich, dass die Geburt so problemlos verlaufen war. Der Junge schien kräftig zu sein und seine Frau hatte zum Glück auch alles gut überstanden und sie würde sicher schnell wieder auf den Beinen sein. Abigail, die Hebamme, wusch sich in der Ecke des Zimmers gerade ihre Hände und teilte dann dem Paar mit, dass sie nun nach Hause gehen würde. Sie war mit Margaret gut befreundet und deshalb fast zwei Tage bei ihnen gewesen. Nun wollte sie nach Hause, wo ihre eigenen Kinder auf sie warteten.

Donald steckte ihr deshalb noch schnell die vereinbarten Münzen, plus einer guten Extraentlohnung zu, die sie für ihre professionelle Hilfe mehr als verdient hatte. Danach brachte er sie noch zur Haustür und dankte ihr noch einmal herzlich. Dann kehrte er zu seiner Frau und seinem Sohn ins Schlafzimmer zurück.

Als Donald das Zimmer betrat, sagte Margaret: „Ich würde den Jungen gerne Raibert nennen, wenn du damit einverstanden bist?“ Donald nickte. Er trat ans Bett heran und nahm den Jungen in beide Hände. Er hielt ihn hoch und betrachtete ihn, bevor er sprach: „Raibert McGregor, sei willkommen.“

2019 Auf dem Weg

Gerhard stand in der Warteschlange des Eurotunnels in Coquelles. Wie auch schon bei seinem letzten Englandaufenthalt hatte die Schlange vor dem Tunnel bereits auf der Autobahn mit stockendem Verkehr begonnen. Es war erst April und die Fahrzeuge quälten sich trotzdem im Schritttempo auf das Terminal zu.

Gerhard dachte darüber nach, was wohl passieren würde, wenn man sich an die Anreiseempfehlungen halten würde, die diese Stunde Stau nicht berücksichtigten. Da er bereits gestern die lange Fahrt durch Belgien und Frankreich hinter sich gebracht und in einem kleinen Hotel übernachtet hatte, hatte er die Anfahrt gut planen können. Er war früh genug und hatte sich wohlweislich einige Flaschen Bier mit ins Auto genommen, um die Wartezeit vor der Tunneldurchfahrt zu überbrücken. Da er nach dem Passieren des Tunnels direkt in Folkstone übernachten würde, sollte das bisschen Bier kein Problem darstellen.

Während des Wartens sah er die Papiere durch, die ihm sein momentaner Kunde hatte zukommen lassen. Eric Woodhouse hatte ein recht ansehnliches Landhaus in Schottland geerbt, zu dem Gerhard nun auf dem Weg war.

Eric Woodhouse war ebenfalls in Schottland geboren, hatte Wirtschaft in London studiert und war dann für eine Bank nach Frankfurt gegangen, als er 26 Jahre alt war. Hier hatte er seine Frau Carmen kennengelernt und war nach der Heirat in Deutschland geblieben. Mit 40 Jahren war er dann deutscher Staatsbürger geworden. Seine Eltern waren bereits vor einigen Jahren verstorben und er sah deshalb keinen Grund mehr nach Schottland zurückzukehren. Er war in Deutschland glücklich mit seiner Frau, mit der er ein neues Einfamilienhaus in der Nähe von Bad Homburg bewohnte.

Im Januar war die Nachricht vom Tod seiner Großtante aus Schottland gekommen. Sie hatte reich geheiratet und hatte mit ihrem Mann ein stattliches altes Landhaus in den Trossachs, westlich von Stirling bewohnt.

Eric hatte sie einmal als Kind mit seiner Mutter besucht. Das Landhaus hatte ihn verängstigt mit all den Jagdtrophäen, Waffen und Bildern von Schlachten und schottischen Kampfszenen. Er war damals froh gewesen, als sie wieder in Edinburgh waren, wo sie zu dieser Zeit bereits in einer modernen Wohnung lebten. An seinen Besuch und seine Großtante hatte er bis zu dem unerwarteten Erbe nie mehr gedacht.

Ein Freund in der Bank hatte ihm dann Gerhard empfohlen, als er den Entschluss gefasst hatte, aus dem Haus eine Ferienunterkunft zu machen und im Vorfeld das Inventar schätzen zu lassen. Er hatte vor, die unnötigen Dinge zu verkaufen und den Erlös in den Umbau des Hauses zu stecken. Gerhard hatte den Auftrag gerne angenommen, zumal er dafür in die Region reisen musste, aus der sein Lieblingsgetränk stammte, guter Whisky. Er hoffte in seiner Freizeit vor Ort ein paar gute Tropfen zu sich nehmen zu können.

Lucia sollte, wenn seine Arbeit abgeschlossen war, nachkommen und sie wollten dann zusammen noch ein wenig in Schottland herumreisen. Sie hatten vor, Castles, Natur und vielleicht auch ein paar Destillerien zu besichtigen. Mit dieser Aussicht versprachen die nächsten Wochen schön zu werden. Er liebte es, wenn er die Gelegenheit bekam, Beruf und Freizeit miteinander zu verbinden.

Die Autoschlange hatte ihn über zwei Warteparkplätze und die beiden Grenzkontrollen geführt und er erreichte schließlich den doppelstöckigen Autozug, in den er seinen geliebten alten /8 Mercedes vorsichtig hineinmanövrierte. Eine halbe Stunde und ein weiteres Bier später war er in England angekommen.

Er fuhr die wenigen Kilometer zu seinem Hotel an der Strandpromenade von Folkstone, wo das Flair einer längst vergangenen Pracht noch immer vorherrschte. Sein Zimmer war klein, aber sauber und er beschloss mit den Exposees der Stücke, die Mr. Woodhouse bereits geschickt hatte einen Pub aufzusuchen und sie bei seinem ersten englischen Bier noch einmal genauer durchzusehen.

Er fand, nicht weit vom Hotel entfernt, einen gemütlichen kleinen Pub namens „The Pullmann“, wo er neben einem Pint Bier auch noch eine Kleinigkeit zu essen bestellen konnte. Jetzt schrieb er zuerst Lucia eine Nachricht, dass er die Insel gut erreicht hatte, bevor er sich in die Beschreibungen der Antiquitäten in seinem Schnellhefter vertiefte.

Er sah sich die Bilder der Exponate an. Einige würden sicherlich auf großes Interesse bei den Käufern stoßen, da sie aus der schottischen Geschichte stammten, die nicht erst seit dem Film „Braveheart“ auf ein breites Interesse stieß. Alte Schwerter, Messer, Kilts und Uniformen brachten beim Verkauf zum Teil ein kleines Vermögen und auch das Landhaus der verstorbenen Großtante von Eric Woodhouse hatte diesbezüglich augenscheinlich einiges zu bieten.

Gerhard freute sich auf diesen Job. Nach dem zweiten Pint wurde von der Theke die letzte Bestellung angekündigt. Gerhard nahm noch einen 10 Jahre alten Benriach aus deren Whiskysortiment und ein letztes Bier und sah zu, wie sich der kleine Pub langsam lehrte. Er trank ebenfalls aus und ging dann, über den kleinen alten Friedhof des Ortes zu seinem Hotel zurück. Er genoss die frische Luft und war nach der Ankunft im Zimmer und der Abendtoilette schon nach wenigen Minuten eingeschlafen.

1671 bis 1684 Jugend am Loch Katrine

Raibert wuchs die nächsten Jahre am Ufer von Loch Katrine auf. Das Haus der McGregors stand in Glengyle fast direkt am Seeufer und Raibert ging später ganz in der Nähe zur Schule.

Er zog mit seinen Spielkameraden und Freunden viel umher und kannte in der Gegend jeden Baum und jeden Strauch. Bei jeder Gelegenheit waren die Knaben in den Bergen und Tälern unterwegs und sie hatten Spaß daran. In der Schule lernte Raibert Lesen und Schreiben und er konnte Gälisch und Englisch sprechen, was nicht viele Kinder in Schottland lernen konnten. Raibert hatte auch Grundkenntnisse in Latein und Griechisch erworben und war im Fach Mathematik ein guter Schüler gewesen, was ihm später zugutekommen sollte. Es war sein Glück, dass sie einen so guten Lehrer in dem kleinen Ort hatten, der ihm dies alles hatte vermitteln können.

In seiner Jugend mangelte es im Haus an nichts, denn es ging der Familie relativ gut. So fehlte es ihm eigentlich an nichts. Sein Vater unterrichtete ihn früh im Umgang mit Gewehr und Schwert und Raibert war ein wirklich guter Schüler. Der Umgang mit Waffen bereitete ihm Freude und so wuchs er zu einem stattlichen Schotten heran.

Als Jugendlicher fing er an mit seinen Freunden Rinder zu stehlen, oder besser gesagt, sie sammelten sie zusammen. Highland Rinder gehörten eigentlich niemandem so richtig, was das Ganze zu einer Art Sport werden ließ. Man musste nur darauf achten, dass einem die Rinder dann nicht wieder durch jemand anderen abhanden kamen. Raibert machte seine Sache recht gut und die Familie konnte dadurch ihren Besitz gut mehren. Sie verkauften Rinder in Crieff and Falkirk und seine Familie hatte weiterhin alles, was sie brauchte…was sich aber ändern sollte.

2019 Schottland

Am nächsten Morgen packte Gerhard seine Tasche sehr früh. Er wollte die lange Fahrt nach Schottland gemütlich angehen und hatte noch einen Zwischenstopp in den Lowlands, genauer in Dumfries eingeplant, bevor er in den Trossachs Nationalpark fahren wollte.

Während er die lange Strecke durch England fuhr, hing er seinen Gedanken nach und hörte Musik. Er hatte eine gute Auswahl an Scheiben auf der SD-Karte seines modernen Autoradios, das eigentlich nicht zu seinem alten Mercedes passte, aber auf Musik legte er nun einmal extrem viel Wert. Passend zum Land hörte er abwechselnd alte Platten der Rolling Stones und der Beatles.

Als er sich Liverpool näherte, machte er einen Tankstopp und stellte fest, dass er gut in der Zeit lag. Zuerst hatte er überlegt, ob er das Beatles-Museum vielleicht noch besuchen sollte, aber es gab hier in Liverpool noch etwas, das ihn wesentlich mehr interessierte.

Er wusste, dass man im Fährhafen von Birkenhead die Reste des alten deutschen U-Boots U-534 besichtigen konnte. Seit er damals mit Jasmin Pandle die aufregende Geschichte in Gisors und Carcassonne erlebt hatte, die viel mit Jasmins Großvater zu tun gehabt hatte, der solch einen grauen Wolf im zweiten Weltkrieg kommandierte, faszinierten ihn U-Boote sehr.

Also machte er einen Abstecher an den Hafen von Liverpool. Das Boot war nach der Hebung in den 90ziger Jahren auseinandergeschnitten worden und lag in drei riesigen Einzelstücken in einem Museum am Woodside Fährterminal. Man konnte hier einen sehr guten Eindruck gewinnen, was nach einem halben Jahrhundert unter Wasser von dem Koloss noch übriggeblieben war.

Der Blick ins Innere machte den Zerstörungszustand deutlich, während das Boot von außen noch aussah, wie man es erwartete. Gerhard war beeindruckt. Er hielt sich eine gute Stunde in dem kleinen Museum auf, bevor er wieder aufbrach. Dabei dachte er noch einmal über die Geschichte mit Jasmin nach, während er wieder auf die Autobahn fuhr. Bei dem Gedanken daran, wie viele Männer in diesen, wie Gerhard Werner es in seinem Buch ausdrückte, „Eisernen Särgen“ ihr Leben gelassen hatten, wurde Gerhard mulmig. Eine grausame Art zu sterben, wie er fand.

Nach drei Stunden erreichte er Dumfries. Er wollte sich kurz die Altstadt ansehen und den Friedhof besuchen, auf dem Robert Burns begraben lag. Danach hatte er den Plan im „Globe Inn“ etwas zu trinken, dem Pub, in dem auch Robert Burns zu Lebzeiten schon seinen Whisky verkostet hatte.

Nachdem er den Wagen geparkt hatte, brauchte er ca. 20 Minuten durch die Fußgängerzone des Städtchens, um den Friedhof zu erreichen. Das Mausoleum von Robert Burns lag im hinteren Teil des Friedhofes und war ein weißes kleines Gebäude mit einem runden Kupferdach. Das Gebäude wurde gut gepflegt und setzt dem 1796 verstorbenen Dichter ein würdiges Andenken. Es war nun fast 15 Uhr und er ging den kurzen Weg zum Pub. Hier trank er ein Ale, bekam eine gute Portion Haggis, Neeps und Tatties und einen 18er Oban zum Nachtisch. Um 16 Uhr saß er wieder im Auto und fuhr wieder seinem Ziel entgegen.

Nach einer weiteren Anderthalbstunde passierte er Glasgow und näherte sich dem Trossachs Nationalpark, in dem das alte Landhaus gelegen war. Der nächstgrößere Ort hieß Aberfoyle und das Anwesen lag nach Angaben seines Kunden etwas außerhalb. Die Fahrt durch die Berge war einfach wunderschön und er genoss die großartigen Ausblicke auf grüne Berge und kleine Seen. Weitere 50 Minuten später war er in dem Ort angekommen und folgte der Wegbeschreibung zum Anwesen.

Er fuhr einige Kilometer auf einer Ausfallstraße bis zum Loch Ard. Nach einigen Minuten bog er von der Uferstraße in einen Privatweg ein, der von einem mächtigen Tor und einer Mauer eingefasst war. Das Tor stand offen und Gerhard lenkte seinen Mercedes über einen fein geschotterten Weg über das Grundstück.

Nach einigen Metern konnte er das Anwesen durch die Bäume auftauchen sehen. Gerhard war begeistert von der baulichen Schönheit des Gebäudes mit dem kleinen Türmchen und der Vortreppe. Hier hätte auch ein Laird residieren können. Das Gebäude würde als Gästehaus sicher einige zahlungskräftige Besucher anlocken. Hier würde man stillvoll direkt am See übernachten können.

1702 Eine große Verantwortung

Raibert stand auf dem kleinen Friedhof, auf dem sich hunderte von Männern und Frauen des Clans McGregor drängten. Es war Juni und bereits sehr warm in den Highlands. All diese Menschen waren gekommen, um seinem Vater, Donald Glas MacGregor, die letzte Ehre zu erweisen, da dieser über Jahre ihr Clanchief gewesen war. Raibert hatte mit seinem Vater viel erlebt und schon in jungen Jahren in Schlachten auf der Seite der Jakobitag mit ihm gekämpft. Viele Erinnerungen kehrten in diesem Moment des Abschieds zurück, während die Trauermelodien über den Friedhof klangen.

Vor vier Jahren waren sie zusammen in die Schlacht bei Killicrankie gezogen. Hier hatten sie unter der Führung von John Graham, dem Viscount of Dundee, und Sir Ewen Cameron of Lochiel gekämpft. Auf der anderen Seite hatten die Rotröcke unter Hugh Mackay gestanden.

Am Pass von Killicrankie waren die Truppen schließlich auf sehr schwierigem Gelände in dem schmalen Tal, im dem der Garry floss, zusammengetroffen. Steile Hänge, dichtes Buschwerk und Felsformationen bestimmten diesen Ort und machten es während der Schlacht sehr schwer, den Überblick zu behalten.

Den ersten Schuss feuerte ein guter Schütze auf ihrer Seite ab und er traf einen berittenen Leutnant der gegnerischen Truppen über eine sehr lange Distanz in die Brust. Als die Schlacht dann richtig begann, hatten sie in ihren Reihen sehr schnell große Verluste zu beklagen, weil die Rotröcke sich mit ihren Musketen in Feuerlinien aufgestellt hatten und die ankommenden Highlander in den Kugelhagel der Gegenseite liefen.

Bei einem der Vorstöße wurde dann auch John Graham schwer verwundet. Die Kugel eines Musketen-Schützen hatte die Brustplatte seiner Rüstung durchschlagen und war nahe dem Herzen in seinen Körper eingedrungen. Die Verletzung war letztendlich so schwer, dass der Viscount of Dundee gegen Ende der Schlacht daran verstarb.

Die Highlander feuerten mit ihren Waffen nur einmal zurück und zogen es dann vor, sich mit ihren Schwertern und Äxten auf die Truppen der Rotröcke zu stürzen. Es war ihnen klar gewesen, dass sie bei einem Kampf, der weiterhin mit Musketen geführt werden würde, keinerlei Chance auf einen Sieg bestanden hätte. Die Rotröcke hatten dann erstaunlicherweise nur wenige Schwerter, um sich zu verteidigen, weil sie mit neuartigen Bajonetten für ihre Musketen ausgerüstet worden waren, die in einem eventuellen Nahkampf zum Einsatz kommen sollten. Scheinbar waren sie im Umgang damit aber nicht sehr gut geschult worden und so vielen unzählige Rotröcke in einem blutigen Gemetzel, bevor deren restliche Soldaten flohen.

Raibert war mit seinem Vater mitten in diesem Getümmel gewesen und er hatte ihn dafür bewundert, wie er trotz seines Alters gekämpft hatte. Er hatte mehrere Rotröcke schwer verwundet oder getötet und dabei nur eine kleine Verletzung an der Hand davongetragen. Für Raibert schien er in diesem Augenblick unbesiegbar zu sein. Raibert selbst hatte auch das Seinige zum Sieg beigetragen und mehrere Rotröcke ausgeschaltet. Er hatte auch eines der Gewehre mit einem Bajonett erbeutet und trug dieses nun über der Schulter. Ihre Truppen hatten zwar schwere Verluste hinnehmen müssen, aber trotzdem war der Kampf siegreich gewesen. Trotz allem hatte ihn der Verlust einiger Männer, die er gut gekannt hatte, sehr geschmerzt.

Die Highlander hatten in der Schlacht, die nur 10 Minuten gedauert hatte, immerhin 800 Tote und schwer verwundete Männer zu beklagen…ein herber Verlust. Von der Gegenseite behauptete man später, dass sie fast 2000 Männer verloren hätten, darunter auch den Bruder des Rotrock-Generals Mackay. Genau sagen konnte man das aber nicht.

Aber auch die schottischen Truppen waren nach dem Tod von John Graham nun ohne Führung, somit hatte die Gegenseite doch auch einen erheblichen Erfolg erzielt, der die jakobitische Sache sehr schwächte.

Kurze Zeit später hatte man Raiberts Vater dann gefangen genommen und ins Gefängnis gesteckt. Die Rotröcke hatten ihn des Hochverrats angeklagt. Über zwei Jahre war Donald in deren Gefangenschaft gewesen, bevor Raibert über den Verkauf von Rindern, die er „organisiert“ hatte, die Lösegeldsumme hatte aufbringen können, um seinen Vater endlich wieder nach Hause zu holen.

Tragischerweise war während dieser Zeit seine Mutter Margaret verstorben. Dies war für Donald ein schwerer Schlag. Er war in Folge nicht mehr derselbe Mann, den Raibert immer so bewundert hatte. Er war krank und schwach und er trauerte um seine geliebte Margaret.

Raibert war kurz nach der Rückkehr seines Vaters nach Monachyle Tuarach gezogen, dass zwischen Loch Voil und Loch Doile lag und hatte dort begonnen, Schafe zu züchten. Sein Vater hatte ihm dies ermöglicht, indem er Fürsprache beim Duke of Atholl für ihn eingelegt hatte, was dazu geführt hatte, dass er dieses Stück Land bekommen hatte.

Er hatte seinen Vater natürlich regelmäßig besucht und sich um ihn gekümmert, sie wohnten schließlich auch nur durch einen Bergrücken voneinander getrennt und somit waren Besuche nie ein Problem gewesen. Schließlich war Donald sehr krank geworden und Raibert hatte alles getan, um ihn wieder auf die Füße zu bekommen, was aber leider nicht gelang. Schließlich war Donald ans Bett gefesselt und es hatte nicht mehr lange gedauert, bis sein schwacher Körper den Kampf verloren hatte.

Jetzt war sein Vater tot und die Trauermelodie der McGregors schallte noch immer aus unzähligen Dudelsäcken in die Wälder hinein. Nachdem Donald in die Erde gebetet worden war und man das Grab geschlossen hatte, fingen die Männer an, die Schwerter gegen ihre Schilde zu schlagen und dabei den Namen „Raibert Ruahd“, roter Robert, was seiner Haarfarbe geschuldet war, zu rufen. Sie taten dies, um ihren neuen Clanchief zu ehren.

2019 Der Landsitz

Gerhard hatte den Mercedes im Hof des Anwesens geparkt und danach seine Tasche aus dem Kofferraum herausgenommen. Er stellte die Tasche ab und sah sich auf dem Gelände um. Er sah durch das offene Tor in einem Nebengebäude eine Kutsche stehen und es hingen Sättel an den Wänden. Pferde gab es hier also vermutlich auch...oder zumindest hatte es sie bis vor einiger Zeit noch gegeben.

Vor dem Stallgebäude stand ein alter Land Rover, der Gerhards Aufmerksamkeit auf sich zog. Er schätzte, dass das gute Stück mindestens so alt war wie sein Mercedes, eventuell sogar älter. Oldtimer hatten es ihm schon immer angetan. Er war noch in Gedanken versunken, als die mächtige Eingangstür des Landhauses geöffnet wurde.

Ein Mann mit grauem, streng zurückgekämmtem Haar stand in der Eingangstür. Er wartete, bis Gerhard ihn mit seinem Gepäck erreicht hatte. „Herr Maibach vermute ich. Mein Name ist Owen. Ich hatte sie bereits früher erwartet", sagte er in Englisch mit stark schottischem Akzent, während er Gerhard die Tasche abnahm. Sein rechtes Auge zuckte hier und da, was an einer nervösen Störung zu liegen schien. Der Mann ließ ihn ein und führte ihn in die große Eingangshalle.

Er machte eine ausladende Handbewegung und sagte: „Willkommen im Haus von Mrs. Weatherspoon, das ja nun ihrem entfernten Verwandten gehört. Im Lesezimmer habe ich Tee und die Unterlagen vorbereitet, die Sie sich durchsehen sollen. Sie erlauben aber, dass ich Sie erst in Ihr Zimmer im ersten Stock begleite." Er brachte Gerhard nach oben und führte ihn rechterhand der Treppe durch einen langen Flur zu seinem Zimmer. Gerhard fielen unterwegs die Gemälde und Statuen auf, die sehr zahlreich vorhanden waren und die er alle als relativ wertvoll einstufte, keine billigen Kopien oder nachgemachter Ramsch. Hier waren schon einige Werte vorhanden, was seine Arbeit sicherlich interessant machen würde. Owen öffnete am Ende des Ganges eine Tür und ließ ihn in ein prachtvolles Zimmer ein. Er stellte Gerhards Tasche auf einen Kofferständer und wiederholte dabei noch einmal, dass er ihn unten zum Tee erwarten würde. Danach verließ er den Raum und ließ Gerhard allein.

Das Gästezimmer war nicht weniger stilvoll ausgestattet als der Rest des Hauses. Gerhard sah sich in dem Zimmer mit dem mächtigen Himmelbett um. Auch hier hingen alte Gemälde und sogar einige Waffen an den Wänden. In Bezug auf seine Aufgabe gab es hier tatsächlich viel zu tun. Er ging einige Schritte und blickte durch das Fenster in den Hof und den Garten hinunter. Ein gepflegter Rasen, in Form geschnittene Büsche und hohe Bäume zeigten, dass das Anwesen immer gut gepflegt worden war. Am See gab es sogar ein kleines Bootshaus, in dem sicherlich auch Boote lagen.

Am Fenster stand ein kleiner Schreibtisch, auf dem Gerhard sein Laptop und seine Unterlagen ablegte. Ein weiterer Blick ins Zimmer enthüllte eine kleine Tür gegenüber dem Bett und er fand dahinter ein kleines Badezimmer, das altes Ambiente und moderne Gegebenheiten stilvoll miteinander verband. Er holte seinen Kulturbeutel, machte sich etwas frisch und packte einige Sachen aus seiner Tasche aus. Er ging noch einmal zu seinem Laptop und steckte das Kabel in die Steckdose, um den Akku aufzuladen. Sicherlich würde das bei der zu erwartenden Arbeit notwendig sein. Als er sich einigermaßen eingerichtet hatte und auch das Bett durch ein kurzes Probeliegen angetestet hatte, ging er wieder nach unten, um den angekündigten Tee zu trinken.

1711 Ein schwerer Verlust

Raibert Ruadh saß in seinem kleinen Haus in Inversnaid am Ufer von Loch Lomond, wo er mittlerweile hingezogen war. Er sah zu, wie seine Frau Mary das Essen zubereitete. Sie war eine gute Köchin und sie ernährte die kleine Familie sehr gut. Er hatte sie bereits 1693 geheiratet und seit dieser Zeit waren sie ein glückliches Paar. Er dachte kurz an die Zeit davor, als er mit seinem Vater in Killiecrankie gekämpft hatte. Danach war es nicht immer einfach gewesen, aber sie hatten einiges erreicht. Die beiden hatten jetzt bereits vier Söhne, James, Ranald, Coll und der jüngste hieß Drummond.

Der siebenjährige Ranald spielte in einer Ecke, sein Bruder Drummond war neun Jahre alt und kümmerte sich ums Feuer.

---ENDE DER LESEPROBE---