Dein härtester Gegner bist du selbst - Andreas Renz - E-Book
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Dein härtester Gegner bist du selbst E-Book

Andreas Renz

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Beschreibung

Vom Mut, sich seinen Gefühlen zu stellen

Mit brutalen Trainingseinheiten und einem unbeugsamen Siegeswillen pusht sich der Eishockey-Profi Andreas Renz zum Erfolg. Er schafft es bis zum Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und Rekordnationalspieler, gilt als »unkaputtbar«. Seit seiner Kindheit wird er von der Angst angetrieben, nicht gut genug zu sein. Doch hinter der harten Schale versteckt Renz eine innere Leere, die er auch außerhalb des Spielfelds mit Kicks zu füllen versucht.
Wie sehr er auf der Flucht vor sich selbst ist, wird ihm erst durch einen folgenschweren Trainingsunfall klar. Seiner beruflichen Perspektiven beraubt und in einem Beziehungschaos gefangen, muss er nun genauer hinschauen. In einem schmerzhaften Prozess löst er sich von seinen alten Überzeugungen und kann seine emotionalen Verwundungen heilen. Andreas Renz erzählt vom Loslassen und der Kraft der Gefühle. Seine Geschichte zeigt, wie die Liebe zu sich selbst das Leben radikal ins Positive verändern kann. Er ist überzeugt: »Wenn ich, einer der ehemals härtesten Typen des Profi-Eishockeys, der ›Eisen-Renz‹, einen Zugang zu seinen Gefühlen und in die Selbstliebe finden konnte, dann schafft das jeder.«

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Seitenzahl: 364

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Zum Buch

Mit brutalen Trainingseinheiten und einem unbedingten Siegeswillen pusht sich der Eishockeyprofi Andreas Renz zum Erfolg. Er schafft es bis zum Kapitän der deutschen Nationalmannschaft und Rekordnationalspieler, gilt als »unkaputtbar«. Seit seiner Kindheit wird er von der Angst angetrieben, nicht gut genug zu sein. Doch hinter der harten Schale versteckt Renz eine innere Leere, die er auch außerhalb des Spielfelds mit Kicks zu füllen versucht.

Wie sehr er auf der Flucht vor sich selbst ist, wird ihm erst durch einen folgenschweren Trainingsunfall klar. Seiner beruflichen Perspektiven beraubt und in einem Beziehungschaos gefangen, muss er nun genauer hinschauen. In einem schmerzhaften Prozess löst er sich von seinen alten Überzeugungen und kann seine emotionalen Verwundungen heilen.

Andreas Renz erzählt vom Loslassen und der Kraft der Gefühle. Seine Geschichte zeigt, wie die Liebe zu sich selbst das Leben positiv verändern kann. Er ist überzeugt: »Wenn ich, einer der ehemals härtesten Typen des Profi-Eishockeys, der ›Eisen-Renz‹, zu meinen Gefühlen und in die Selbstliebe finden konnte, dann kann das jeder.«

Zum Autor

Andreas Renz, Jahrgang 1977, war viele Jahre lang als Eishockeyspieler erfolgreich. Er spielte für die Schwenninger Wild Wings und die Kölner Haie, mit denen er 2002 die Deutsche Meisterschaft errang. International nahm er an zehn Weltmeisterschaften und zwei Olympiaden teil. Mit 181 Länderspielen zählt er zu den Rekordnationalspielern in Deutschland. Im Jahr 2011 musste er seine Karriere verletzungsbedingt beenden.

Seit 2015 ist Andreas Renz ein gefragter Coach und Speaker. Er begleitet Menschen auf ihrem Weg der Selbstfindung und hilft ihnen Freude, Klarheit und Zufriedenheit zu finden. Zusammen mit seiner Partnerin Veronika Volke hostet er den Podcast »WEARE«. Auf seiner Plattform Revolution-Now bietet er Coachings, Retreats und Online-Kurse an.

Weitere Informationen unter www.revolution-now.de

ANDREAS RENZ

mit Mirko Kussin

DEIN HÄRTESTER GEGNER BIST DU SELBST

Wie mich das Leben lehrte, mich radikal selbst zu lieben

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Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

© 2023 Kailash Verlag, München

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Lektorat: Angela Kuepper

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

Umschlaggestaltung: Daniela Hofner, ki 36 Editorial Design, München

Autorenfotos: © Frank Bauer

Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

ISBN 978-3-641-30086-9V001

www.kailash-verlag.de

Für all jene, die die Liebe ruft

Dieses Buch ist meinen Kindern gewidmet. Es vergeht kein Tag, an dem ihr vier mich nicht in der Tiefe meiner Seele berührt. Ihr erinnert mich daran, warum ich hier bin. Miu, Otis, Silas, Mattis, ihr seid mein größtes Glück. Mein ganzer Stolz.

Ich liebe euch.

Euer Papa

Inhalt

Prolog

Kapitel 1: Der Schwur

Kapitel 2: Trainieren, trainieren, trainieren

Kapitel 3: Erste Liebe

Kapitel 4: Profivertrag: Ein Kindheitstraum wird wahr

Kapitel 5: Die erste sportliche Krise

Kapitel 6: Hochzeit und Start bei den Kölner Haien

Kapitel 7: Achterbahn zur Meisterschaft

Kapitel 8: Der schönste Tag im Leben

Kapitel 9: Ausbrüche in ruhigen Zeiten

Kapitel 10: Die Haut als Spiegel der Seele

Kapitel 11: Erstes Suchen

Kapitel 12: Auf dem Kilimandscharo

Kapitel 13: Weiter, immer weiter

Kapitel 14: Dunkle Zeiten, Schweigezeiten

Kapitel 15: Die letzte Kölner Saison – der Anfang vom Ende

Kapitel 16: Das ging ins Auge

Kapitel 17: Das Ende

Kapitel 18: Die Zwischenzeit

Kapitel 19: Zurück zum Anfang – die »Woche des Neubeginns«

Kapitel 20: Vom Loslassen und Aufbrechen

Kapitel 21: Neue Wege

Kapitel 22: Werde zu deiner besten Freundin, deinem besten Freund

Danksagung

Infos und Kontaktdaten

Bildnachweis

Register

Prolog

»Wie schön, dass ihr euch so zahlreich eingefunden habt. Ich möchte euch heute Abend zu einer Meditation in euer Herz einladen.«

Zeitverschwendung, Geldverschwendung, schießt es mir durch den Kopf.

»Bitte macht es euch gemütlich und beginnt, etwas tiefer ein- und auszuatmen. Loslassen und entspannen. Alles darf da sein. Spürt nochmals die Anspannung von heute Morgen, als ihr hier im Seminarhotel angekommen seid. Fühlt in euren Körper und nehmt euch selbst war. Wie waren die ersten Begegnungen mit den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern? Seid ihr euch selbst vielleicht schon etwas nähergekommen?«

Zeitverschwendung, Geldverschwendung.

»Wenn ihr möchtet, dann sagt euch mit eurer inneren Stimme, dass es jetzt nichts zu tun gibt. Einfach nur da sein. Und aaaaaatmen.«

Zeitverschwendung, Geldverschwendung. Immer wieder kommt mir der Gedanke, wie ein Mantra. Und der passt zu dem ganzen Ambiente hier in diesem Konferenzsaal des Tagungshotels. Von meinem Platz in der letzten Reihe aus habe ich einen guten Überblick aufs Publikum. Alles in allem so um die einhundertfünfzig bis zweihundert Menschen.

Ich sehe Frauen in bunten Kleidern, Männer in Leinenhosen, aber auch ein paar Leute im Business-Outfit, die ich eher im gehobenen Management erwartet hätte als hier, auf dieser Veranstaltung namens »Woche des Neubeginns«.

»Versucht jetzt einmal, euch noch bewusster mit eurem Atem zu verbinden. Atmet tief eiiiiiiinnnn … und wieder auuuuusssss.«

Die Trainerin auf der Bühne hat eine irre Präsenz, die mich total fasziniert. Wenn ich ehrlich bin: Sie ist der Grund, warum ich überhaupt noch hier bin und nicht bereits heute Morgen nach der ersten Seminareinheit das Weite gesucht habe. Ich fühlte mich komplett fehl am Platz. Als ob ich im falschen Kinosaal gesessen hätte. Aber es lief nicht nur der falsche Film, hier wurde auch kein Popcorn verkauft. Stattdessen entdeckte ich Verkaufsstände mit Büchern, Engelsfiguren, Räucherwerk und Yoga-Utensilien. Spiri-Spiri nenne ich das gerne. Dazu jede Menge Flyer für diverse Ausbildungen und Seminare. Das fühlte sich nach Esoterik-Kaffeefahrt an und nicht nach Neubeginn. »Die Reise in dein Herz – die Abendmeditation« stand auf dem Tagesplan. Kein Titel, der mich von der Abreise abgehalten hätte.

Die Koffer standen gepackt in meinem Zimmer. Doch dann sah ich sie und bekam mit, dass sie die Abendmeditation leiten würde. Sofort veränderte sich meine Stimmung. Irgendetwas an ihr zog mich an. Vielleicht war es ihre herzliche Ausstrahlung, vielleicht war es ihr Lächeln. Jedenfalls konnte ich mich auf einmal doch nicht ins Auto setzen und nach Hause fahren. Ich wollte sie näher kennenlernen.

Warum nicht?, dachte ich also. Der Tag heute ist eh verloren, dann kann ich auch bis zum Abend bleiben.

»Noch einmal! Eiiiiinnn … und auuuuussss. Vielleicht folgt ihr eurem Atem und spürt ihn an einigen Stellen stärker. Dort könnt ihr gerne ein paar Atemzüge lang verweilen und dem Gefühl nachgehen.«

Einatmen und ausatmen. Super! Das mache ich seit meiner Geburt. Tag für Tag. Beim Einkaufen, auf dem Klo, im Kraftraum und beim Waldlauf. Ich kann das sogar im Schlaf, denke ich und muss über meinen eigenen Witz schmunzeln. Wie happy und beseelt einige Leute während des tiefen Atmens dreinschauen, ist für mich befremdlich.

»Und wenn es sich für euch richtig anfühlt, dann könnt ihr jetzt gerne eure Augen schließen und euch nach innen wenden.«

Die Stimme der Trainerin ist der Hammer. Warm, liebevoll und einladend. Ich schaue nach rechts und links durchs Publikum. Die meisten, deren Gesicht ich sehen kann, sind bereits ihren Anweisungen gefolgt und haben die Augen geschlossen. Kein Wunder, bei dieser Stimme.

Ich habe keine Ahnung, ob es Engel gibt, aber wenn, dann klingen sie bestimmt so wie diese Frau da vorne auf der Bühne.

Ich schließe ebenfalls die Augen. Zumindest so halb. Unsicher blinzele ich immer wieder ins Publikum. Einerseits aus Neugier, um zu sehen, was die anderen so machen, andererseits aus einem Wunsch nach Sicherheit. Beobachten, kontrollieren, überprüfen. Wissen, was um mich herum passiert. Damit verdiene ich mein Geld. Die meisten anderen hier sind lockerer. Die sitzen einfach tiefenentspannt mit geschlossenen Augen auf ihren Stühlen. Als wenn sie keine Angst hätten.

»Jetzt lenkt eure Aufmerksamkeit auf euer Herz. Spürt ihr, wie es schlägt?«

Ich zwinge mich dazu, die Augen nun auch geschlossen zu lassen, und konzentriere mich ganz auf die Ausführungen der Trainerin. Ist das mein Herzschlag? Oder bilde ich ihn mir nur ein? Ich kenne das Gefühl, wenn es in meiner Brust pumpt und das Blut durch meine Adern rauscht. Aber es passiert sonst nur, wenn ich Höchstleistungen bringe.

Nach einem Sprint quer übers Eis.

Kurz vor dem Einlaufen in das ausverkaufte Stadion, wenn Tausende Besucher meinen Namen brüllen.

Wenn ich komplett im Adrenalinrausch bin.

Dann spüre ich mich und mein Herz.

Doch jetzt? Hier? Schwierig.

»Wenn ihr möchtet, könnt ihr eure Hand auf eure Brust legen und versuchen, die Energie zu spüren. Genau dort liegt das Anahata- oder auch Herz-Chakra. Da kommt vieles zusammen. Es verbindet Körper und Seele. Dort fühlt ihr Liebe. Dort ist euer Leben.«

Ich folge ihren Worten. Hand aufs Herz. Auf mein Herz. Ich sehe vor dem inneren Auge, wie es pumpt und mir Leben schenkt. Von allen Seiten kann ich es betrachten. Kraftvoll und lebendig wirkt es. Ein Fleck fällt mir auf, tiefschwarz. Er breitet sich langsam aus. Färbt immer mehr Bereiche meines Herzens tiefschwarz. Und je größer er wird, desto größer wird auch meine Aufmerksamkeit, die ich dem schwarzen Fleck schenke.

Die Frau auf der Bühne redet weiter, aber ich höre ihre Worte nur noch leise, als spräche sie aus großer Entfernung zu mir.

»Atmet …«

»innen …«

»fühlt ihr …«

»Schönheit der Seele …«

»Liebe …«

Ich sinke immer tiefer in mich und in diesen schwarzen Fleck. Plötzlich taucht ein Bild aus dem Schwarz auf.

Ich als Neugeborener.

Mein ganzer Körper wird plötzlich starr. Eine Eiseskälte steigt in mir auf.

Eins, zwei, drei, vier, fünf.

Und sechs.

Ich komme mit sechs Fingern auf die Welt.

Seit ich denken kann, gibt es diese Geschichte von meiner Geburt und dem sechsten Finger an meiner linken Hand. Die besorgt weinende Mutter, weil ihr Kind nicht normal ist. Der fragende Blick der Ärzte. Unverzüglich wurde er entfernt, damit alles seine Richtigkeit hatte.

Geblieben ist der schmerzhafte Gedanke, irgendwie falsch und nicht liebenswert auf die Welt gekommen zu sein.

Dann das nächste Bild: Ich als Kind, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, werde aus den Armen meines Vaters gerissen, der in eine psychiatrische Einrichtung muss. Ich will nicht, dass er fortgeht. Ich will bei ihm bleiben. Ich klammere mich mit all meiner Kraft an ihn. Als hätte ich da schon gewusst, dass er lange wegbleiben und dass ein Teil von ihm niemals wieder aus dieser Einrichtung zurückkommen würde. Doch Vater wird trotz meiner flehenden Schreie mitgenommen. Ich war nicht stark genug, um ihn zu halten. Ich habe es nicht geschafft, ihn zu retten.

In den folgenden Tagen werden die Erwachsenen immer wieder ein Wort fallen lassen, wenn sie über meinen Vater in der Einrichtung sprechen. Ein Wort, das ich nicht kenne: Psychose. Und so, wie die Erwachsenen es sagen, macht es mir Angst.

Dieser schwarze Fleck in meinem Herzen zeigt mir noch weitere Bilder aus meiner Kindheit: Mama steht in der Wohnungstür. In ihren Augen sehe ich Tränen, ihr Blick ist verzweifelt. »Ich kann das nicht mehr. Ich muss hier weg«, höre ich aus ihrem Mund. Ich klammere mich an ihrem Knie fest. »Bitte, bitte geh nicht, Mama«, schluchze ich. »Lass mich nicht allein. Mamaaa!«

Das nächste Bild: Ich liege in meinem Bett und werde aus dem Schlaf gerissen. Schreie dröhnen dumpf aus der Nachbarswohnung unter uns bis in mein Kinderzimmer. Ich höre, wie Geschirr scheppernd an Wänden zerspringt, ich höre wütende Flüche, dann Schmerzensschreie, dann ein Weinen und Wimmern. Ich mache mich ganz klein und ziehe die Bettdecke über den Kopf. Es soll endlich aufhören. Bitte.

Ich fühle die tiefe Verzweiflung und bedrohliche Existenzangst des kleinen Jungen, der ich einmal war. Spüre seine Trauer, seine Hilflosigkeit und auch seine panische Angst, allein gelassen zu werden. Gefühle, die mir nie bewusst waren, weil ich sie jahrzehntelang verdrängt habe. Mich überwältigt ein tiefes Mitgefühl für dieses Kind. Ich spüre, wie mir eine einzelne Träne die Wange hinabläuft. Eine Träne randvoll mit Kindheitsschmerz.

Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal selbst beweint habe. Es muss Jahrzehnte her sein. Klar, ich habe bei meiner Hochzeit vor Rührung geweint und beim Tod eines lieben Freundes vor Trauer. Aber da ging es nie wirklich um mich. Gefühlt ist diese Träne die des unglücklichen Mannes von heute und des kleinen Jungen, der ich war. Der Junge, der in seiner Verzweiflung irgendwann einmal beschlossen hatte, nicht mehr zu fühlen und sein Herz zu verschließen.

Vom Rest der Meditation bekomme ich nichts mit. Zurück in die Realität finde ich nur langsam. Ich höre, wie Personen um mich herum den Saal verlassen. Einige reden flüsternd miteinander, andere sind lauter, manche lachen befreit. Ich bleibe noch lange mit geschlossenen Augen auf meinem Stuhl sitzen. Ich bin erschöpft und ausgepowert. Zugleich fühlt es sich so an, als ob ich nach einem lebenslangen Kampf endlich die schützende und doch schwere Rüstung ablegen könnte. Ich fühle mich zart, berührt, traurig, mitfühlend. Alles auf einmal.

»Hey, geht es dir gut? Bist du okay?«

Da ist sie wieder, diese Engelsstimme. Ich blinzle nach links. Die Trainerin sitzt neben mir, ihre Hand liegt auf meiner Schulter.

»Ja, geht schon«, sage ich mehr zu mir selbst, als müsste ich mich erst einmal überzeugen, dass ich wirklich okay bin.

Ganz leise, fast flüsternd, kommt mir ein »Danke!« über die Lippen. Weil mir nichts anderes einfällt und weil ich für das alles, was gerade passiert ist, noch gar keine Worte habe. Und dann noch einmal: »Danke!«

Sie schaut mich ein paar Sekunden lang lächelnd an. Ihr Blick ist warm, verständnisvoll und achtsam. Er schafft es durch all die stählernen Muskeln hindurch, mich zu berühren. Es fühlt sich an, als könnte sie in mir lesen. Als könnte sie all das erkennen, was ich einige Augenblicke zuvor in mir entdeckt habe. Ich halte ihrem Blick stand, obwohl ich mich gerade unendlich verletzlich fühle. Dann verabschiedet sie sich wortlos, mit einem langen Lidschlag von mir. Ich sehe dich, lese ich darin. Und auch: Ich verstehe dich.

Irgendwann verlasse ich den Tagungssaal, gehe schweigend auf mein Zimmer und packe den Koffer aus. Keine Ahnung, was in den kommenden Tagen noch passieren wird, aber eines weiß ich bereits jetzt: Das hier ist einer dieser Tage, die das eigene Leben in ein Davor und ein Danach teilen. Irgendetwas endet, irgendetwas anderes beginnt.

Auf das, was da endet, kann ich getrost verzichten: die rastlose Suche nach der nächsten Herausforderung, nach Bestätigung und Erfolg. Letztendlich: die Suche nach Anerkennung, nach Aufmerksamkeit, nach Liebe. Alles immer von den anderen, alles immer von außen, nie aus mir selbst heraus.

Und auf das, was da beginnt, bin ich gespannt.

KAPITEL 1:Der Schwur

Das Erste, was ich wahrnehme, ist der strenge Geruch, als hätte sich der Schweiß der Spieler über Jahrzehnte in das Holz der Sitzbänke gefressen.

»Hey«, sage ich in die Runde und versuche, möglichst cool zu klingen. »Hey« und »Hallo« schallt es zurück. »Ich bin der Andi.« Einige nicken, ich höre von irgendwoher ein »Hallo, Andi«, dann wenden sich die Jungs wieder ihren eigenen Gesprächen zu.

Der Raum ist dunkel und kleiner, als ich erwartet hätte. Ich suche mir einen freien Platz auf einer Bank und ziehe mich um. Die anderen reden durcheinander, scherzen und albern rum, als wäre alles ganz normal. Ist es für sie ja auch. Nur ich bin der Neue, bin heute das erste Mal hier, und mein Bauch fühlt sich an, als hätte ich ziemlich viele Wackersteine geladen. Verstohlen hole ich Luft, atme tief ein und wieder aus. Das hilft mir meistens.

Ob dieser Platz gut ist? Oder habe ich mich etwa auf den Stammplatz eines Jungen gesetzt, der einen Kopf größer ist als ich und der mich gleich rüde auffordern wird, von hier zu verschwinden? Ich hole noch einmal Luft, sauge diesen beißenden Kabinengeruch, den ich schon vom Fußball kenne, tief ein und wünsche mir nur eines: dazuzugehören.

Doch es sieht nicht so aus, als würde sich dieser Traum erfüllen. Ich bin noch nicht einmal zur Hälfte fertig mit Umziehen, als die Jungs die Kabine verlassen und aufs Eis gehen. Da hilft auch meine zweihundert Mark teure Ausrüstung nichts. Wochenlang habe ich meinen Eltern in den Ohren gelegen, bis ich sie bekommen habe. Natürlich ist sie gebraucht. Eine neue Ausrüstung hätten sie mir niemals gekauft. Wer zahlt schon so viel Geld für einen Zehneinhalbjährigen, der mit dem Eishockey beginnen möchte?

»Nachher endet es wieder so wie mit dem Fußball, und du bist nicht gut genug«, meinte meine Mutter skeptisch. Wenn die wüsste!

Zu Hause habe ich all die Teile schon zig Mal an- und wieder ausgezogen: den Helm, den Brustpanzer, die Schienbeinschoner. Sogar auf Schlittschuhen bin ich durch mein Zimmer gewankt und habe damit fast den Teppich ruiniert. Stolz, stark und unverwundbar fühle ich mich hinter all dem Hartplastik. Ich stelle mir vor, wie ich mit dem Puck am Schläger übers Eis rase. Immer schneller aufs gegnerische Tor zu. Vorbei am ersten Gegenspieler, dann an zwei weiteren, bis nur noch der Torwart vor mir ist. Ich hole aus, und mit einem kräftigen Schuss donnere ich die schwarze Hartgummischeibe links oben am Torhüter vorbei ins Eck.

Tor! Sieg! Jubel!

Dabei war ich noch nie mit der Ausrüstung auf dem Eis. Vor unserem Haus spielen meine Cousins manchmal Straßenhockey, besonders im Winter, wenn sich in ganz Schwenningen sowieso alles nur ums Eishockey dreht. Da bin ich dann mit Feuereifer dabei. Und deshalb kann ich sehr wohl einen Schläger halten und den Puck treffen. Auch Schlittschuh bin ich schon gelaufen, na ja, ich stand zumindest ein paar Mal auf Kufen.

Die letzten Spieler verlassen die Kabine Richtung Eisfläche. Ich bin schon wieder einmal der Letzte. Während ich noch mit den Schienbeinschonern kämpfe, kommt der Trainer in die Kabine und begrüßt mich.

»Du bist also der Andi und willst bei uns mitmachen? Hast du schon mal Eishockey gespielt?«

»Nein, nicht so richtig. Aber Straßenhockey.«

»Du weißt schon, dass das hier kein Anfängerteam ist? Die meisten Jungs haben angefangen, als sie fünf oder sechs waren. Wie alt bist du?«

»Zehneinhalb.«

»Hm. Aber Schlittschuh laufen kannst du?«

»Ja, schon, denke ich.«

»So, denkst du. Na, dann wollen wir mal schauen.«

Er ist freundlich, aber ich spüre seine Skepsis. Unsicher stakse ich zum Eis und spüre seinen prüfenden Blick im Nacken. Trotz meiner Aufregung wird mir ganz kalt, meine Hände in den Handschuhen sind eisig. Während sich der Rest der Mannschaft auf der einen Hälfte des Spielfelds einläuft und sich in Kleingruppen den Puck zupasst, muss ich auf der anderen Hälfte ein Probelaufen veranstalten. Kreise im Uhrzeigersinn, gegen den Uhrzeigersinn, vorwärts, rückwärts. Das Gesicht des Trainers verfinstert sich. Er schaut mir ein paar Sekunden lang zu und wendet sich dann zum Rest der Mannschaft, ruft ein Kommando aufs Eis, das ich unter meinem Helm nicht verstehen kann. Sofort bilden sich Zweierteams, die routiniert ihre Passübungen machen. Das Klackklackklack, wenn die Pucks mit den Schlägerkellen gestoppt werden, legt sich wie ein fröhlicher Klangteppich übers Eis. Ich ziehe weiter meine Kreise, so gut es eben geht. Und so gut mich die anderen Jungs aus der Mannschaft lassen, denn sie machen sich einen Spaß daraus, auf mich zuzusprinten und möglichst dicht an mir vorbeizufahren. Das bringt mich aus der Konzentration, und ich muss höllisch aufpassen, damit ich nicht mein Gleichgewicht verliere und aufs Eis falle. Dann, da bin ich mir ganz sicher, brauche ich nicht wiederzukommen. Aber von Minute zu Minute wird die Enttäuschung größer und lässt meine Bewegungen schwerer werden. Da hinten trainiert das Team, ich fahre hier allein Kringel übers Eis. Immer wieder blicke ich unauffällig zum Trainer, der mich aber gar nicht mehr beachtet. Die paar Sekunden am Anfang haben ihm gereicht. Und obwohl ich nicht gefallen bin, hat er sein Urteil gefällt. Wahrscheinlich wird es doch wieder wie beim Fußball. Hat Mama ja bereits geahnt.

Schließlich winkt er mich zu sich, während der Rest der Mannschaft eine neue Übungseinheit beginnt. Ich versuche, in seinem Blick zu lesen, der mich sehr an den meines Fußballtrainers erinnert. Das macht keinen Sinn!

Ich schließe kurz die Augen, damit ich mich nicht aufs Eis übergeben muss vor Angst, und versuche die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben. Diese Erinnerungen, ein paar Monate alt. Seither sind sie fast unablässig da, wie eine Wunde, die nicht verheilt. Ich stehe auf dem Fußballfeld im Strafraum. Das Spitzenspiel der Saison. Der BSV Schwenningen tritt auswärts beim Tabellenführer an, der Spielvereinigung Schramberg. Unser Trainer liegt uns seit einer Woche in den Ohren, wie wichtig dieses Spiel ist und wie sehr wir uns ins Zeug legen müssen. Der Regen läuft mir in die Augen, sodass ich kurz blinzeln muss. Doch, es stimmt. Der Schiri zeigt auf den Elfmeterpunkt, meine Mannschaftskameraden blicken mich wütend an. An der Seitenlinie steht mein Trainer und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Nicht wütend oder böse, eher wie in Zeitlupe, traurig und resigniert.

Noch steht es unentschieden – kurz vor dem Abpfiff. Ich habe versagt, war zu langsam, habe statt dem Ball den Fuß meines Gegenspielers erwischt – im Strafraum. Der Getroffene nimmt jetzt gerade Anlauf, hält kurz inne, zielt und versenkt den Ball im Tor. Auf den letzten Metern habe ich dafür gesorgt, dass wir dieses wichtige Spiel verlieren. Danach redet niemand mehr mit mir. Vorwurfsvolle Blicke begleiten mich mit in die Kabine, mit in den Bus, der uns Verlierer nach Hause fährt. Dort angekommen, nimmt mich der Trainer zur Seite. Ich ziehe den Kopf ein in Erwartung einer Standpauke, die sich gewaschen hat. Nur ein klitzekleiner Teil in mir hofft auf ein tröstendes »»Das kann doch jedem passieren, Andi, ist nicht so schlimm«. Schließlich habe ich das ja nicht absichtlich gemacht. Ich war einfach nur nicht schnell genug und habe mich saublöd angestellt.

Tröstende Worte gibt es jedoch keine für mich, und was viel schwerer wiegt, sogar die Standpauke bleibt aus. Die Stimme des Trainers ist sehr leise, als er mir sagt, dass er keine Verwendung mehr für mich hat, dass es einfach keinen Sinn macht, wenn ich weiter Fußball spiele. Ich bin ausgemustert worden. Zu schlecht. Man will mich nicht haben. Dreieinhalb Jahre habe ich in dieser Mannschaft gespielt. Sicher nicht besonders gut, aber mit Freude und Spaß an der Sache. Bei jedem Wetter bin ich angetreten, meistens sogar pünktlich. Doch ab jetzt muss ich zu Hause bleiben, wenn meine Kumpels zum Training gehen. Ich bin zehn Jahre alt, und mir wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich falle und falle ins Endlose, treibe durch die Schule, durch die Nachmittage, durch meinen Alltag, würde mich so gerne verkriechen. Mich irgendwo verstecken, unentdeckt bleiben, damit niemand vorwurfsvoll gucken kann oder mitleidig, weil ich der Junge bin, der so schlecht Fußball spielt, dass es keinen Sinn mehr macht. Aber erst einmal falle ich nur, tagelang, wochenlang. Zum Verkriechen braucht es einen Halt, und den habe ich verloren. Meinen Eltern erzähle ich, dass ich nicht länger zum Training gehe, weil ich keine Lust mehr auf Fußball habe.

Einige Zeit nach meinem Aus beim Fußball nimmt mich ein Klassenkamerad mit zu meinem ersten Bundesligaspiel des Schwenninger ERC. Die Stimmung in der ausverkauften Halle ist schon vor Spielbeginn unbeschreiblich mitreißend. Doch der wirklich magische Moment soll noch kommen: Als das Licht runtergefahren wird und das Team auf dem Eis einläuft, leuchten Tausende von Wunderkerzen auf den Rängen auf, das ganze Stadion ist ein einziger Jubelschrei, ein paar Fans hauen auf riesige Trommeln.

Und in mir wird es trotz des Trubels ganz still.

Okay, denke ich, vielleicht war ich beim Fußball wirklich falsch. Wenn ich das hier sehe, will ich sowieso viel lieber Eishockey spielen. Und irgendwann wird dann der Stadionsprecher ins Mikro rufen: »Und für Schwenningen, mit der Nummer 12: Andi Renz!«

Ein kreisender ERC-Schal triff mich am Hinterkopf und holt mich aus meinen Gedanken. »EeeeÄrrrrZeeehhh«, brülle ich lauthals mit. Bei jedem Tor reiße ich die Arme hoch, bei jedem Foul gegen meine Mannschaft pfeife ich, jede Strafzeit des Gegners beklatsche ich. Und dazwischen immer wieder dieser eine Gedanke: Ich will da unten mitspielen.

Nach dem Match bin ich den ganzen Heimweg lang total aufgedreht.

»Wie lange spielst du denn schon?«, frage ich meinen Klassenkameraden.

»Na, so drei, vier Jahre.«

»Das ist bestimmt total hart. Nicht so wie Fußball.«

»Na klar. So ein Check gegen die Bande ist schon nicht ohne«, sagt er und rempelt mich dabei leicht an.

»Würde ich irgendwie auch gerne können.«

»Dann probier es halt einfach mal aus. Einer aus meinem Team hat gerade aufgehört und verkauft seine komplette Ausrüstung.«

Jetzt, hier auf dem Eis, ist von meiner damaligen Euphorie nichts mehr übrig. Der neue Trainer erläutert mir sehr rational und abgeklärt die Situation.

»Ich kann dich beim besten Willen nicht mit den anderen spielen lassen. Das funktioniert einfach nicht, Andi. Sie sind dir vier Jahre voraus!«

Innerlich sacke ich zusammen. Die Wackersteine in meinem Magen werden noch ein wenig schwerer, wahrscheinlich halten sie mich auf dem Eis, obwohl ich eigentlich nur wegwill. Dass das auch dem Trainer am liebsten wäre, ist allzu offensichtlich.

Später sitze ich erneut isoliert in der vollen Umkleidekabine. Niemand redet mit mir, sie machen das, was sie wahrscheinlich immer machen: sich gegenseitig ärgern, Witze reißen, lachen. Ich vermeide jeden Blickkontakt und beobachte den Trubel aus den Augenwinkeln. Wie gerne wäre ich einer von ihnen. Ein Teil des Teams. Voll dabei, bei den Witzen und Sprüchen.

Als ich aus der Halle komme, spricht der Trainer gerade mit meiner Mutter, die vor dem Stadion auf mich wartet. Er sieht mich zwar, redet aber weiter, als wäre ich gar nicht anwesend.

»Es ist halt ein Eishockeytraining. Keine Eislaufschule. Ich kann den Kindern nicht das Schlittschuhlaufen beibringen, das müssen sie können. Ohne diese Grundlage wird es schwer. Und er hat außerdem noch drei Jahre Trainingsrückstand. Das holt er nie auf!«

Beide sehen mich an, erwarten jetzt wohl, dass ich etwas sage. Und ich lege los! Rede aufgeregt, erzähle, wie sehr es mir Spaß gemacht hat, dass ich wirklich gerne wiederkommen möchte und dass ich von nun an wie verrückt trainieren werde, um möglichst schnell richtig sicher auf den Kufen zu sein.

Ich weiß nicht, ob es Mitleid ist, weil der Trainer das Flehen in meinen Augen sieht, oder ob meine Mutter ihm im Vorfeld ebenfalls schon gut zugeredet hat, aber er bietet mir schließlich einen Deal an: Ich darf wiederkommen, werde aber bis auf Weiteres nicht am regulären Training teilnehmen, mir stattdessen auf dem Eis eine ruhige Ecke suchen und das kleine Einmaleins des Eishockeys lernen. Also in erster Linie: Schlittschuh zu laufen, den Puck mit dem Schläger zu beherrschen und mich in der dicken Ausrüstung vernünftig zu bewegen.

Ich höre nur, dass ich wiederkommen darf. Ich bin so glücklich, dass ich einfach weiterplappere und ihm verspreche, jeden Tag aufs Eis zu gehen und mein Bestes zu geben. Ich werde ihn nicht enttäuschen!

Während meine Mutter das Auto wendet, werfe ich einen Blick zurück auf das Eisstadion am Bauchenberg. Hier spielt der ERC in der ersten Liga vor meist ausverkauftem Haus. Die Stadt Schwenningen ist stolz auf ihren Verein und die Mannschaft. Ich auch. Und wenn ich das nächste Mal in der Kabine bei den Jungs sitze, werde ich nicht mehr ganz der Neue sein. Dann wird es anfangen, dass ich langsam ein Teil der Mannschaft werde. Ich werde auch Witze erzählen und Quatsch machen, und die anderen werden mit mir lachen. Sogar die großen Spieler der ersten Mannschaft, die Profis, von denen man jeden Montag in der Zeitung lesen kann, werden dann praktisch so was wie Vereinskollegen von mir sein.

Nun ja, sobald ich Schlittschuh laufen kann.

Und das werde ich, denke ich und lege vor mir selbst einen Schwur ab – so feierlich, wie es nur Zehneinhalbjährige mit riesengroßen Träumen können: Ich werde es ihnen allen zeigen! Nie wieder wird man mich wegschicken, weil ich nicht gut genug bin! Ich werde kämpfen! Härter als jeder andere. Und es wird Sinn machen! 

KAPITEL 2:Trainieren, trainieren, trainieren

Nach meinem ersten Eishockeytraining und dem Schwur wird das Eisstadion mein zweites Zuhause. Jeden Tag nutze ich die öffentlichen Eiszeiten, um sicherer auf den Kufen zu werden, schneller, besser. Stundenlang ziehe ich meine Runden übers Eis. Fahre vorwärts, rückwärts, spurte und bremse ab. Nach zwei Wochen kennt mich die Frau vom Eintrittskartenverkauf und begrüßt mich mit einem Lächeln.

»Na, auch wieder hier?«

»Ja.«

»Scheint dir ja Freude zu machen, so fleißig, wie du übst.«

Ich übe nicht, ich trainiere, denke ich, antworte aber lediglich mit einem weiteren »Ja«.

»Na, dann wünsche ich viel Spaß, mein Bub.«

»Danke. Ihnen auch.«

Ich gehe an ihr vorbei und merke erst einige Momente später, was für einen Quatsch ich da geredet habe: »Ihnen auch!« Als hätte sie Spaß daran, den Schwenninger Jugendlichen das Eintrittsgeld für die Eishalle abzuknöpfen. Wie peinlich.

Mein reguläres Training mit der Mannschaft bleibt weiterhin ziemlich langweilig. Während alle Pass- und Schussübungen machen, Trainingsspiele absolvieren und Abwehr- und Sturmreihen zusammengestellt werden, ziehe ich immer noch am anderen Ende der Eisfläche meine Bahnen. Der Trainer redet nur wenig mit mir, und manchmal glaube ich, er vergisst einfach, dass ich überhaupt da bin. Den anderen Jungs bin ich ziemlich egal. Aber das ist gar nicht schlecht, denn ziemlich egal bedeutet auch, dass sie mich nicht auf dem Kieker haben. Sie lassen mich größtenteils in Ruhe, und mit jedem Training bin ich etwas weniger aufgeregt.

Es sind vielleicht acht Wochen seit meinem ersten Training vergangen, als ich wieder Kringel übers Eis ziehe, während sich der Rest der Mannschaft geschlossen am anderen Ende der Halle aufwärmt. Mit einem lauten Pfiff verschafft sich der Trainer die Aufmerksamkeit der Jungs. Ich fahre weiter meine Bahnen, weil ich weiß, was jetzt kommt. Die Mannschaft wird in zwei Gruppen eingeteilt, ein Eimer Pucks wird ausgekippt, und dann wird abwechselnd von halb rechts und halb links aufs Tor geschossen.

»Aufteilen und Torwart einschießen«, ruft der Trainer gewohnt knapp aufs Eis. Ich lasse mich nicht stören und spurte stattdessen eine besonders schnelle Runde.

Dann ein weiterer schriller Pfiff. Ich gucke zu den anderen rüber. Weitere Pfiffe bedeuten meist nichts Gutes. Irgendwer wird ausgemeckert, oder irgendein anderer muss Extraübungen machen, und wenn es ganz schlimm wird, müssen alle leiden. Das interessiert mich schon. Aber der Trainer ist gar nicht mit den anderen beschäftigt. Viel schlimmer: Er schaut zu mir. Sofort wird mir flau im Magen.

»Andi, auch da rüber.«

Ich sehe wohl etwas ungläubig aus und gleite langsam Richtung Bande auf ihn zu.

»Ja, nicht zu mir, zu den anderen. Hopphopphopp. Oder willst du weiter deine Achten fahren?«

Ich bin immer noch verdutzt, aber drehe auf der Stelle bei und spurte zur Mannschaft, die sich an der Drittellinie in zwei Gruppen aufgeteilt hat. Ich explodiere fast vor Freude und strahle unter meinem Helm wie ein Honigkuchenpferd. Ab jetzt darf ich bei den Übungen der anderen mitmachen! Ab jetzt bin ich ein richtiger, echter Teil der Mannschaft.

Nach dem Training nimmt mich der Trainer an die Seite. Ich strahle immer noch bis über beide Ohren.

»Respekt, Andi. Hast dich in den letzten Wochen verbessert.«

»Habe ich ja versprochen. Und daran habe ich mich auch gehalten. Jeden Tag war ich auf dem Eis«, sage ich aufgeregt.

»Und das wirst du auch weiterhin so machen.«

»Aber …«

»Kein Aber, Andi. Jetzt kannst du das, was die anderen schon vor drei, vier Jahren konnten. Du hängst immer noch hinterher.«

Meine Miene verdunkelt sich, und es fühlt sich an, als hätte er mit seinen Worten alle Freude in mir ausgelöscht.

»Aber weil man sieht, dass du den Trainingsfluss nicht ganz ausbremst, kann ich dich jetzt mit den anderen trainieren lassen.«

»Danke, Trainer!«

»Und du musst weiter dranbleiben, darfst dich jetzt nicht ausruhen.«

»Mache ich, Trainer. Versprochen!«

»Und jetzt ab mit dir.«

Er, der sonst hauptsächlich schimpft und meckert, manchmal auch einfach nur schweigt, hat ausnahmsweise mal ein paar positive Worte fallen lassen. Mit gutem Gefühl und dem festen Vorsatz, weiter hart zu trainieren, nein, vielleicht sogar noch härter, fahre ich nach Hause.

1988: Endlich im Team angekommen. Freudestrahlend in der oberen Reihe links außen

Ein paar Monate später ist es dann so weit: Es ist eines der letzten Spiele der laufenden Saison. Ich sitze auf der Auswechselbank wie in all den Spielen zuvor und feuere meine Mannschaft an. Auch diesmal wirbelt die Waschmaschine in meinem Bauch all die Wackersteine durcheinander. Mir ist übel. Schon heute Morgen hatte ich Durchfall, wie an vielen anderen Spieltagen zuvor auch. Die Aufregung ist einfach zu groß für mich und meinen Magen, der viel zu klein sein muss für so viele Wackersteine.

Eingewechselt wurde ich noch nie, vielleicht liegt es auch daran. Training für Training gebe ich alles, meckere nicht über die Anweisungen des Trainers, sondern führe sie so gut ich kann aus. Gehen die anderen Jungs nach dem Training nach Hause, warte ich auf die nächste freie Eiszeit und drehe meine Extrarunden. Wochenende für Wochenende sitze ich auf der Auswechselbank, schaue den anderen zu, aber mitspielen darf ich nie.

Wochenende für Wochenende mache ich mir Hoffnungen, werde ab Donnerstagabend nervös. Vielleicht werde ich ja an diesem Spieltag eingewechselt und darf ein paar Minuten aufs Eis, denke ich ab Donnerstagabend. Und weiter: Dann gehöre ich endlich so richtig zur Mannschaft und bin nicht mehr der Andi, der zu schlecht ist, um mitzuspielen.

Inzwischen läuft das zweite Drittel, und wir führen ziemlich hoch. Bei jedem Tor juble ich mit den anderen, klatsche die Torschützen ab, sobald sie auf die Bank kommen. Da schaut der Trainer zu mir herüber und fixiert mich ein, zwei, drei Sekunden lang. Die Waschmaschine in meinem Bauch startet in den Schleudergang. Höchste Stufe.

»Andi, mach dich bereit, beim nächsten Wechsel gehst du mit aufs Eis«, schreit er über die Köpfe der halben Mannschaft hinweg in meine Richtung.

Ungläubig schaue ich ihn an. Mein Mund steht offen, und mein Herz pocht so laut, dass es die ganze Halle hören müsste.

»Was starrst du so? Oder willst du etwa nicht?«

»Doch! Natürlich!«

»Na also. Dann zeig mal, was du gelernt hast.«

Nach dem Spiel sitze ich in der Kabine. Natürlich habe ich nicht gut gespielt, das weiß ich. Aber ich habe gespielt. Und immerhin nicht schlecht. Habe keine großen Fehler gemacht, nach denen der Trainer kopfschüttelnd an der Bande gestanden hätte.

Und zum ersten Mal habe ich das Gefühl, nicht allein in der Kabine zu sitzen und die anderen dabei zu beobachten, wie sie sich gegenseitig ärgern und Witze reißen. Ein gutes halbes Jahr nach meinem ersten Training sitze ich mit erhobenem Kopf auf der speckigen Sitzbank, die nach Schweiß stinkt, und bin ein Teil dieser Truppe geworden. Ich lache mit und mache Sprüche. Fahre nicht mehr nur Achten übers Eis, sondern spiele Eishockey. Es ist Februar 1988. Ich bin angekommen. Und das fühlt sich unglaublich gut an. Ein bisschen wie eine Familie, in der ich sicher und geborgen bin. Etwas, was ich seit der Krankheit meines Vaters zu Hause nicht mehr hatte. Ja, er kam nach ein paar Monaten Klinikaufenthalt wieder heim, wenn auch verändert. Und ja, ich spüre, dass er und meine Mutter immer versucht haben, ihr Bestes für meine Schwester Sonja und mich zu geben. Und doch gab es seither einen Bruch. In der Familie. Zwischen meinen Eltern. Und vor allem in mir. Irgendwie war da immer eine innere Anspannung, eine Unsicherheit und das subtile Gefühl, die Familie zusammenhalten zu müssen.

Fünf Jahre später – 1993 – ist aus dem zweifelnden zehnjährigen Anfänger ein durchtrainierter, zielstrebiger junger Mann geworden. Der Grund für diese Entwicklung hat einen Namen: Bob Burns. Er ist der Co-Trainer der Profimannschaft und soll die besten Nachwuchsspieler an den Profikader heranführen. Seinen Spitznamen »General Schwarzkopf« hat er nicht ohne Grund, er war früher ein eisenharter Ausbilder bei der kanadischen Armee. Einer von der ganz alten Schule. Hart, aber herzlich – und fair. In seiner Fördergruppe werden wir militärisch gedrillt. Jede einzelne Trainingseinheit wird zum Kampf gegen den inneren Schweinehund und die eigene Leistungsgrenze. Mit Baumstämmen auf den Schultern rennen wir durch den Wald, machen eintausend Kniebeugen hintereinander und werden dabei konstant mit Militärgesängen angefeuert. Auf dem heimischen Sportplatz muss die ganze Mannschaft den Cooper-Test absolvieren, einen speziellen Leistungstest. Eigentlich ganz einfach: Man rennt zwölf Minuten lang volle Pulle über die Tartanbahn und schaut, wie weit man in dieser Zeit kommt. Mit der restlichen Puste, die mir noch bleibt, gebe ich in den letzten sechzig Sekunden noch mal alles. Meine Beine schmerzen, die Lunge brennt, der Puls hämmert in den Ohren. Nach zwölf Minuten und einer Sekunde bin völlig ausgepowert. Erschöpft lasse mich auf den Tartanboden fallen. Alles dreht sich, selbst die Sternchen vor meinen Augen, aber ich lächele auch, weil ich es überstanden und einen neuen persönlichen Rekord aufgestellt habe. Zumindest so lange, bis ich Bobs Stimme höre.

»Good job, boys. Zehn Minuten Pause. Dann wir machen das noch einmal.«

Es dauert ein, zwei, drei Sekunden, bis die Information in meinem Gehirn verarbeitet wird, dann ein paar weitere Sekunden, in denen ich mich frage, ob ich ihn richtig verstanden habe. Noch immer auf dem Rücken liegend, blicke ich nach rechts und links, sehe ein paar meiner Mannschaftskollegen, die ebenso irritiert sind wie ich. Zwei andere stehen am Rand der Laufbahn und übergeben sich aufgrund der Anstrengung auf den Rasen. Natürlich meint Bob es ernst, und neuneinhalb Minuten später sprinte ich erneut wie ein Verrückter über den Sportplatz.

Komm, Andi, kommkommkomm, wiederhole ich in meinem Kopf. Ich sehe den roten Boden unter mir vorbeirauschen, ich höre das Hämmern meiner Füße. Wie lang können zwölf Minuten sein? Wie lange laufe ich jetzt schon?

Ich schaffe das nicht, ich kann nicht mehr, zweifelt es in meinem Kopf.

Loslosloslos, zieeeeeehhhh, halte ich gedanklich dagegen. Merke aber, wie ich mir Meter für Meter weniger glaube.

Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr! Wofür?, schreit irgendetwas in mir. Und noch immer kann ich ein paar motivierende Gedanken herbeizaubern.

Nur noch ein paar Meter, nur noch ein paar Sekunden. Irgendwann wird es vorbei sein.«

Alles in mir schmerzt, brennt und flackert. Der Körper wehrt sich mit allem, was er hat, als wüsste er ganz genau, dass das hier nicht gut sein kann.

»Zehn, neun, acht, sieben«, endlich höre ich den erlösenden Countdown, den der General Schwarzkopf über den Platz schreit.

»Drei, zwei, eins. Aus! Great work, guys.«

Wieder falle ich augenblicklich hin. Meine Beine zittern. Übelkeit steigt mir den Hals hoch. Scharf und schnell sauge ich die Luft ein, trotzdem habe ich das Gefühl, ersticken zu müssen, weil sie einfach nicht in meinen Lungenflügeln ankommen will. Was die anderen machen? Keine Ahnung. Ich starre durch einen Tunnel in den Himmel. Wolken kreiseln im Blau. Mit jedem Herzschlag dehnen sie sich aus und ziehen sich erneut zusammen, ganz so, als würden sie dabei mithelfen, mein Blut durch die Adern zu pumpen. Ich bin mir sicher: Das waren die längsten zwölf Minuten meines Lebens.

»Boys, wir haben zwei great Arbeit gegeben!«, höre ich Bob in seinem deutsch-englischen Mix rufen. In meinen Ohren kommen seine Worte nur ganz leise an, weil sie gegen das dröhnende Rauschen meines Blutes kaum eine Chance haben.

»Zehn Minuten Pause.«

Mühsam versuche ich mich aufzurichten, aber mein Oberkörper ist viel zu schwer. Keine Ahnung, ob ich jemals wieder in der Lage sein werde aufzustehen. Aber was kann er mit »Pause« meinen?

»Boys, wir haben eine große Ziel. Erste Mannschaft Spieler werden. Boys, it’s not for Bob – it’s for du. Drittes Mal Cooper-Test! Let’s go!«

Ein Raunen zieht über den Platz. Zwei Jungs neben mir flüstern böse Flüche gegen den Trainer. Andere sitzen fassungslos mit aufgerissenen Augen am Boden und starren Bob an. Bei mindestens einem Spieler bin ich mir nicht sicher, ob das Schweißtropfen sind, die ihm übers Gesicht laufen, oder Tränen. Ich selbst schüttele nur langsam den Kopf. Ich werde garantiert nicht noch einmal diese Tortur durchstehen. Auf keinen Fall. Niemals.

Weitere zehn Minuten später und nach einer Brandrede von Bob zum Thema Einsatz und Willen und Power und Leistung renne ich ein drittes Mal. Um den Platz. Vielleicht um mein Leben. Keine Ahnung. Fürs Denken habe ich gerade keine körperlichen Ressourcen frei. Ich spüre keine Schmerzen mehr, diesen Punkt habe ich längst hinter mir gelassen. Dafür fühlt es sich an, als würde ich jeden Schritt in Zeitlupe absolvieren. Nach jeder Runde laufe ich an Bob vorbei, sehe seine Gesten, die mich und die anderen anfeuern sollen, höre, dass er uns unermüdlich antreibt. Was genau er allerdings ruft, bekomme ich nicht mit.

»Einen Fuß vor den anderen. Immer rechts, links, rechts, links. Einen Fuß vor den anderen.« Ich wiederhole den Satz wie ein Mantra. Und ganz hinten in meinem Kopf ist da noch eine andere Stimme. »Schneller, schneller, schneller«, ruft die. Ich weiß nicht, wem sie gehört.

Nach gefühlt achtundvierzig Stunden enden auch diese letzten zwölf Minuten. Wieder breche ich zusammen, flehe innerlich, dass Bob nicht auf die Idee kommt, eine vierte Runde anzusetzen. Macht er nicht. Ich freue mich, fühle mich leicht wie eine Feder, obwohl meine Oberschenkel hart und schwer wie Beton wirken. Aber wieder einmal habe ich es geschafft. Habe durchgehalten. Die Zähne zusammengebissen. Habe es mir selbst bewiesen. Und General Schwarzkopf auch. Bin weiter gegangen, als ich es mir noch zwei Stunden zuvor überhaupt hätte vorstellen können. Und sosehr mich Bob während solcher Trainingseinheiten auch quält – ich vergöttere ihn. Für mich ist er wie ein Vater. Ein Mensch, dem ich vollkommen vertraue. Und wenn er sagt: »Drittes Mal Cooper-Test!«, dann weiß ich, dass ich es schaffen kann. Sonst hätte er so etwas nicht von mir – von uns – verlangt.

So brutal und herausfordernd das Training auch ist, auf irgendeine Art und Weise liebe ich es, mich derart zu schinden und Bob zu zeigen, was ich draufhabe. Und wenn ich schaffe, was er erwartet, dann erfüllt mich das mit einem tiefen Stolz. Gleichzeitig motivieren mich die Ergebnisse, die ich im Spiegel sehe. Da blickt mir ein junger Mann entgegen, gerade fünfzehn Jahre alt geworden, durchtrainiert, mit stahlharten Muskeln, Pferdelunge und einer scheinbar unendlichen Kondition. Einfach ein krasser Typ!

KAPITEL 3:Erste Liebe

Die Stimmung in der Villinger Altstadt vibriert. Es ist Fasnets Mentig, der Höhepunkt der sogenannten fünften Jahreszeit. Das Wetter spielt an diesem Februartag ١٩٩٤ mit, und entsprechend groß ist das Gewusel in den Villinger Gassen. Die ganze Stadt steht Kopf, überall laufen verkleidete Menschen herum. Clowns, Cowboys, Prinzessinnen. Und immer wieder tauchen die klassischen Figuren der Villinger Fasnet auf: der Narro, die Altvillingerin, der Butzesel. Und viele Hexen. Das sind teilweise ganz schön gruselige Masken, die mir als Kind einen gehörigen Schrecken bereitet haben. Aber auch sie singen, tanzen und haben sichtlich Spaß. Die vielen Angetrunkenen grölen zu den Schunkelliedern und Partyschlagern. An jeder Ecke sehe ich bekannte Gesichter. Jungs und Mädchen aus meiner Schule, die Verkäuferin aus der Bäckerei, die Eltern eines Mannschaftskollegen oder der Apotheker, bei dem meine Eltern ihre Medikamente abholen. Während der Hohen Tage der Villinger Straßenfasnet sind fast alle unterwegs.

Ich ziehe mit einigen Mannschaftskollegen durch die Menschenmassen: eine Handvoll kostümierter Halbstarker, die jede Menge Flausen im Kopf haben, ohne jedoch wirklich doll über die Stränge zu schlagen. Heute haben einige von uns eine große Rolle Paketschnur organisiert, die richtig dicke. Der Plan ist, Mädchen damit an Straßenlaternen oder Parkuhren zu binden. Oder aneinander. Egal. Natürlich müssen sie uns gefallen, die Mädchen. Solche Neckereien und Streiche zwischen Jungs und Mädels gehören einfach zur Fasnet dazu, das hat schon Tradition. Und mit unseren vierzehn, fünfzehn, sechzehn Jahren strotzen wir vor Selbstbewusstsein. Klar, der Bizeps ist dick, und durch die zahllosen Kämpfe auf dem Eis fühlen wir uns ganz schön stark.

Wenn es um Neckereien mit Mädchen geht, bin ich meistens die antreibende Kraft. Mein Interesse am anderen Geschlecht ist groß. Zeitgleich bin ich nervös, denn viele Erfahrungen mit Mädchen habe ich noch nicht. So zielstrebig und kompromisslos ich auf dem Eis bin, wenn es ums andere Geschlecht geht, bleibe ich immer etwas schüchtern. Ich grübele die ganze Zeit, was ich sagen oder wie ich mich verhalten muss. In der Gegenwart von Mädchen weiß ich einfach nicht, wie oder wer ich sein soll.