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Die Freunde Erik und Emmi werden beim Sammeln von Pilzen im Wald von einem Unwetter überrascht. Der Regen ist so stark, dass die Kinder sich verlaufen. Als eine geheimnisvolle Katze auftaucht, welche sie zu einem uralten Schloss führt, nimmt ein ungeplantes ABenteuer seinen Lauf. Denn im Inneren des dunklen, verlassen wirkenden Gebäudes lauert eine große Gefahr. Ein Märchen über Märchen und die Macht der Bücher.
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Seitenzahl: 76
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Regentropfengeprassel
Rätseltor
Eulenschwingen
Labyrinth
Bücherflüstern
Buchlebenszeichen
Wolfsschmatzen
Fesselsprengung
Apfelblut
Weise Worte
Edelsteinmagie
Rubinrot
Riesensaphir
Wasseropal
Spiegelbilder
Bücherleuchten
Es war einmal vor gar nicht allzu langer Zeit….
Als ein schreckliches Unwetter ausgerechnet über das Waldgebiet hereinbrach, in dem Erik und Emmi Pilze sammeln wollten.
Die beiden waren seit dem Kindergarten beste Freunde und unternahmen regelmäßig Dinge gemeinsam. Natürlich hatten sie auch andere Freunde, aber wenn es hart auf hart kam, dann waren sie immer und jederzeit füreinander da.
An diesem Tag hatten sie sich getroffen, um Pilze zu sammeln. Ein Bestimmungsbuch brauchte Erik zwar nicht, aber heimlich war er doch froh darüber, dass seine Emmi so ein Bücherwurm war. Denn die hatte darauf bestanden, ein Pilzbuch aus dem Regal ihres Vaters mitzunehmen.
Schon ganze zweimal hatten sie in der letzten Stunde dann doch hineingeschaut und sogar einen besonders gutaussehenden Pilz wieder aus dem Körbchen genommen.
Eriks Mutter würde ihnen ihre essbare Beute dann später zubereiten. Worauf gerade Erik sich schon diebisch freute.
Sie waren so damit beschäftigt, den Boden nach den braunen Kappen der leckeren Steinpilze abzusuchen, dass ihnen gar nicht auffiel, wie schnell am Himmel dicke, schwarze Wolken aufzogen.
Wenn man Spaß hatte, dann waren Kleinigkeiten wie ein heranziehendes Unwetter eben erstmal völlig unwichtig. Erst, als es unten am Waldboden fast nachtschwarz wurde, schauten sie auf.
Aber da war es schon zu spät.
Die ersten dicken Regentropfen suchten sich ihren Weg herab und gleich darauf schüttete es, als hätte dort droben jemand eimerweise Wasser ausgekippt.
Oder eher schon ganze Schwimmbäder voll kaltem, ekelhaften Wasser. Hatte ich den Wind schon erwähnt? Der trieb die Regenmassen nämlich direkt in die Gesichter der Freunde. Egal, wie sie sich drehten und wendeten, der Wind schien immer von vorn zu kommen.
Der Waldboden quietschte schon längst triefendnass unter Emmis Gummistiefeln, als sie sich zu Erik umdrehte. „Hier waren wir doch vorhin schon, oder?“, fragte sie und hielt einen halb matschigen Steinpilz in der Hand, den Erik erst vor Kurzem aussortiert hatte, da ihn die Würmer schon halb verspeist hatten.
Erik schüttelte den Kopf und nickte gleichzeitig.
„Keine Ahnung. Okay, den Pilz kenne ich, aber die verflixten Bäume sehen bei dem Wetter irgendwie alle gleich aus.“
Vor höchstens einer halben Stunde hatten sie noch gelacht, als sie mit ihren Körben durch das Unterholz gestapft waren. Emmi hatte sogar ein Lied über Steinpilze erfunden. Jetzt klang nur noch das Prasseln des Regens, der aus dem Nichts über sie hereingebrochen war, zwischen den Bäumen.
„Mist, ich seh kaum noch was!“, fluchte Emmi und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.
Erik wollte gerade etwas sagen, als ein hohes Kreischen durch die Büsche fuhr. Dann bewegte sich etwas Schwarzes zwischen den Gräsern.
„War das etwa eine Katze? Das klang ja grässlich. Ob sie sich verletzt hat?“ Emmi blinzelte angestrengt in den unablässig herabrinnenden Regen.
Tatsächlich. Da war sie.
Das Katzen ohne Not so schreien konnten, war ihr allerdings neu. Und immerhin wohnte ein stattliches Exemplar dieser Tierart bei ihnen zu Hause auf dem Heuboden. Na gut, im Frühjahr konnten die schon nervig sein, wenn sie die halbe Nacht Konzerte gaben, aber das war eine andere Geschichte. Weder war gerade Mai noch sah das Tier hier so aus, als wolle es bei diesem Mistwetter mitten im Wald nach einem Kater Ausschau halten.
Die pechschwarze Katze, die ein außergewöhnlich glänzendes Fell hatte, saß auf einem moosbewachsenen Stein. Aber etwas war eigenartig.
Trotz des strömenden Regens wirkte sie nämlich völlig trocken. Erik hockte sich vor den Stein und schaute das Tier ganz genau an. So gut das eben mit Regenwasser in den Augen ging.
„Was macht die denn hier mitten im Wald?“
Die Katze sah erst Erik und dann Emmi aus ihren großen, grünen Augen an, stand dann auf, streckte sich gemächlich und trottete los.
„Katzen suchen sich doch eigentlich bei so einem Mistwetter trockene Plätze, oder?“, überlegte Emmi laut.
„Vielleicht weiß sie, wo’s einen Unterschlupf gibt.“ Erik nickte.
„Oder ein Haus. Oder wenigstens ein Dach.“
Ohne ein weiteres Wort folgten sie der Katze. Alles war besser, als weiterhin orientierungslos durch den Wald zu trotten.
Das war leichter gesagt als getan. Der Regen rauschte weiterhin wie ein Wasserfall vom Himmel, ihre Kleidung klebte an der Haut, und der Wald schien mit jedem Schritt dunkler zu werden.
Die Katze tauchte allerdings immer wieder auf.
Einmal wartete sie auf einem Stein, dann wieder hinter einem Baumstumpf oder auf einem Ast und verschwand dann wieder. Es war zum Verrücktwerden.
Emmi und Erik hatten ja schon genug damit zu tun, überhaupt einen Weg zu finden, auf dem sie nicht permanent ausglitten oder sich die Zehen anstießen.
Da war es wirklich mühsam, auch noch eine Katze im Auge zu behalten.
„Ich habe das Gefühl, sie führt uns irgendwohin“, sagte Erik und stolperte beinahe über eine Wurzel.
Nach einer Ewigkeit, oder vielleicht nur zwanzig Minuten, aber in strömendem Regen fühlt sich alles wie eine Ewigkeit an, blieb die Katze stehen.
Sie saß wie ein Denkmal mitten auf einem alten, mit Efeu überwucherten Pfad.
Emmi trat neben das Tier und stieß Erik an. „Da vorne... sieh mal!“
Zwischen den Bäumen stand es.
Wow. Das war ein Anblick. Es sah aus wie ein Denkmal oder ein Abbild aus einem der Zauberbücher, die Emmi so gern las.
Ein gewaltiges, schmiedeeisernes Tor, vom Alter schwarz und mit filigranen, künstlerisch gestalteten Mustern durchzogen.
Die Spitzen liefen zu scharfen, speerartigen Zacken aus. Rechts und links standen zwei Steinpfosten, jeder über zwei Meter hoch, mit moosbedeckten Kugeln aus verwittertem Stein an der oben drauf.
„Wow“, flüsterte Erik.
„Das sieht echt aus wie der Eingang zu einem Schloss. Oder zu einem alten Friedhof. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas außerhalb von Filmen oder Spielen überhaupt gibt.“ Emmi schüttelte sich.
Mit einem Schloss konnte sie gut leben. Aber ein Friedhof? Nein danke. Da würden sie keine zehn Pferde hineinbekommen.
Die Katze sprang elegant auf einen der Pfosten und blickte sie abwartend an.
„Na super“, murmelte Emmi.
„Jetzt will sie wohl wirklich, dass wir da reingehen.“ Warum bitteschön, waren sie auf die hirnrissige Idee gekommen, einer Katze durch den Wald zu folgen?
Erik war offenbar der Gedanke an das, was hinter dem Tor warten mochte, auch nicht einerlei. Er drehte sich zu seiner Freundin.
„Ich sag nur eins. Wenn das, was hinter dem Tor auf uns wartet, verflucht ist, bist du schuld“,
„Ich? Du bist ihr zuerst gefolgt!“ Erik hatte sie ja nicht mehr alle der Reihe nach.
Aber es half ja nichts.
Sie hatten keinen blassen Schimmer, wo sie hier waren und brauchten Hilfe, wollten sie bei diesem Mistwetter nicht im Wald übernachten.
Also schoben sie das Tor langsam auf.
Es quietschte so laut, dass selbst die Katze zusammenzuckte und vom Pfosten sprang.
Offenbar war hier schon ewig niemand mehr hindurchgegangen. Erik schüttelte den Kopf. Wem auch immer das Tor gehörte, ein wenig Öl, um die Scharniere zu fetten, sollte doch jeder übrighaben. Aber egal. So konnte wenigstens niemand unbemerkt eindringen. Vielleicht war das quietschende Tor auch eine Art Alarmanlage?
Sie traten hindurch und sahen sich um.
Vor ihnen lag ein schmaler Weg aus altem, regenglatten Kopfsteinpflaster. Dieser war nun wieder sauber und frei von Schmutz und Unkräutern. Was für die Alarmanlagentheorie sprach. Der Pfad war auf beiden Seiten von dunklen Hecken, Farnen und alten, knorrigen Bäumen gesäumt. Erik hatte mehr und mehr das Gefühl, in einem schlechten Film, oder Spiel, gelandet zu sein.
„Also. Was meinst du? Gehen wir weiter?“
Emmi nickte.
„Na klar. Wer bei diesem Wetter einer Katze folgt, muss wohl damit rechnen, in ein Abenteuer zu geraten. Und außerdem ist es zu spät. Wir scheinen bereits knietief in der Geschichte drinzustecken.“
Erik lachte leise, betrat den Weg und die Katze spazierte mit erhobenem Schwanz hinterher.
Das Tier überholte sie und übernahm wieder die Führung. Der Weg wandt sich in mehreren Kurven und Biegungen zwischen alten Bäumen und Strauchwerk entlang. Allerdings wäre es echt notwendig, dass hier wirklich einmal gründlich gegärtnert werden müsste, stellte Erik fest, dem die nassen Farnwedel über die Beine strichen, als wären sie eiskalte Finger.
Nach einer ziemlich heftigen Kehre standen sie urplötzlich vor einer Tür.
Und was das für eine Tür war.
Ein regelrechtes Portal war das. Mindestens.
Den Kindern fielen förmlich die Münder auf, so sehr staunten sie. Sie schauten sich um.
Wow. Damit hatten sie niemals gerechnet.
Vor ihnen erhob sich ein gewaltiges Schloss. So finster und mächtig, dass es wirkte, als würde es den Himmel selbst verschlucken.
Die Mauern waren aus dunklem Stein, vom Regen glänzend wie kaltes Metall. Mehrere Türme ragten schief in die Nacht, wie Knochenfinger, die nach den Wolken griffen. Efeu schlängelte sich in armdicken Ranken an den Wänden empor, als würde er das Gemäuer festhalten wollen, damit es nicht erwachte.
