Glitzertanne - Margarethe Alb - E-Book

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Margarethe Alb

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Beschreibung

Die junge Kaufmannstochter Kunigunde muss zurück bleiben, als ihr Vater im Herbst des Jahres 1493 auf Handelsreise geht. Und spurlos verschwindet. Zwei junge Ritter begleiteten die Kaufleute auf ihrer Fahrt durch die Wälder und machten sich nach Andreas‘ geheimnisvollem Verschwinden auf die Suche. So weit so gut. Wenn es denn nur einfach zwei Ritter gewesen wären. Oder eben eine einfache Kaufmannstochter. Oder so. Und warum bekommen die Rittersleute den entscheidenden Tipp von einem Kerl, der mitten im Feuer logiert? Und was hat das Ganze mit Weihnachten zu tun? Hier tun sich sagenhafte Abgründe auf. Ach was, märchenhafte Klüfte. Nachdem letztes Weihnachtsfest mit der Kurzgeschichte „Glaskugelliebe“ (erschienen in der Anthologie „Weihnachtszauber“) ein Liebespaar sein Weihnachtsfest erlebte, stehen dieses Jahr die Zeichen auf Nebel und Sturm. Und Familie. Vermutlich.

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Die junge Kaufmannstochter Kunigunde muss zurück bleiben, als ihr Vater im Herbst des Jahres 1493 auf Handelsreise geht. Und spurlos verschwindet. Zwei junge Ritter begleiteten die Kaufleute auf ihrer Fahrt durch die Wälder und machten sich nach Andreas‘ geheimnisvollem Verschwinden auf die Suche. So weit so gut. Wenn es denn nur einfach zwei Ritter gewesen wären. Oder eben eine einfache Kaufmannstochter. Oder so.

Und warum bekommen die Rittersleute den entscheidenden Tipp von einem Kerl, der mitten im Feuer logiert? Und was hat das Ganze mit Weihnachten zu tun?

Hier tun sich sagenhafte Abgründe auf. Ach was, märchenhafte Klüfte.

Nachdem letztes Weihnachtsfest mit der Kurzgeschichte „Glaskugelliebe“ ( erschienen in der Anthologie „Weihnachtszauber“) ein Liebespaar sein Weihnachtsfest erlebte, stehen dieses Jahr die Zeichen auf Nebel und Sturm. Und Familie. Vermutlich.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

1493

Das durfte einfach nicht wahr sein. Nie und nimmer. Das rothaarige Mädchen stampfte ärgerlich mit den Füßen auf. Im Kopf der temperamentvollen Kunigunde drehte sich alles. Warum konnte nicht ein einziges Mal alles so kommen, wie sie es in wochenlanger Kleinarbeit geplant hatte?

Sie war stinksauer. Es fehlte nur noch, dass ihr kleine Dampfwölkchen aus den Ohren schießen würden. Kunigunde fauchte und klang dabei wie eine kleine Wildkatze.

Die resolute Hand, welche sie im Nacken gepackt hielt, schob Kunigunde unsanft nach vorn und direkt in die Arme ihres Vaters. Das Mädchen wehrte sich mit aller Kraft gegen den Griff, mit dem dieser nun ihre Arme fest umklammert hielt.

„Gunde, was machst du denn nur für Sachen.“ Die gestrenge Stimme nahm einen weichen Klang an, als Andreas sich vor sein Töchterchen hockte. Kunigunde schluchzte auf, halb wütend, halb verzweifelt weinend. „Ich mag nicht hier bleiben, Vater. Lass mich mit euch kommen.“ Andreas seufzte auf. Diese Leier kannte der Handelsmann zur Genüge.

„Liebes, wir können kein Kind mit über die Berge nehmen.

Außerdem müsstest du auf dem harten Boden schlafen und wir wissen doch beide, wie sehr du das hasst.“ Gunde ließ resigniert die Schultern sinken. „Aber versprich mir, dass du spätestens zu Weihnachten zurück sein wirst. Bitte.“ Andreas schmunzelte. „Ich schwöre es dir sogar, meine kleine Blume. Und ich verspreche dir sogar noch, dass ich dir ein wundervolles Geschenk mitbringen werde.“ Kunigunde hob das Näschen hoch in den Herbstwind. „Das sollte ja wohl selbstverständlich sein, wenn du mich schon hier im Dreck zurück lässt.“ Das Mädchen umarmte den Vater kurz und schritt entschlossen mit erhobenem Näschen auf die Tür des reich verzierten, steinernen Hauses zu.

Der Handelsmann konnte sich ein Grinsen gerade noch verkneifen, als sich sein Töchterchen auf der Türschwelle kurz umwandte und ihm gnädig winkte. Kunigunde war sein Augenstern, der größte Schatz, den Andreas nach dem Tod seiner Frau noch besaß. Er wurde oftmals von seinen Mitreisenden ob der Vernarrtheit zu dem kleinen Mädchen gnadenlos aufgezogen, aber in seinem Herzen war nun einmal nur noch Platz für dieses eine weibliche Wesen.

Und dieses Wesen hatte ein Temperament, dem die zahllosen Kinderfrauen in der Vergangenheit oftmals kaum beikommen konnten.

Seit Stunden rumpelte der Planwagen nun bereits auf unebenen Wegen durch die fränkischen Wälder nach Norden, um zuerst ins Schmalkaldische und später bis an den Saalefluss zu reisen. Viele Wochen waren für die beiden Wegstrecken eingeplant und unzählige Waren in Säcken und Kisten verstaut worden. Andreas‘ Wagen war der letzte in der Reihe von drei gemeinsam reisenden Fahrzeugen. Eine Gruppe Ritter umrundete die Gefährte in regelmäßigen Abständen und sorgte dafür, dass Räuber und andere Gefahren auf Abstand gehalten wurden. Der Knecht vorn auf dem Bock fluchte mit einem Mal zum Steinerweichen und gleich darauf senkte sich die rechte vordere Seite des Wagens ab. Andreas verdrehte die Augen. Warum mussten die Räder immer dann brechen, wenn er es sich gerade bequem eingerichtet hatte? Der Handelsmann kroch nach vorn und erstarrte. Das Rad war nicht gebrochen. Nicht einmal angeknackst war die Achse.

Es war einfach am Boden festgewachsen.

Auf Burg Braunfels war die gefühlte Temperatur weit unter die eines gepflegten Schneesturms gesunken. „Ihr seid wohl dem Wahnsinn anheim gefallen?“ „Nein, mein lieber Adam, unsere Söhne haben sich irgendwo die Tollwut aufgesammelt.“ Die Herren der Burg, zwei stinksaure Ritter von beeindruckender Gestalt, mit schulterlangem, braunen Haar und Bärten, die fast bis auf die Brust fielen, starrten auf zwei am Bode kniende, ihnen zum Verwechseln ähnlich aussehende, junge Männer hinab. „Vater, Oheim, so lasst uns doch erklären.“ „Da gibt es einfach nichts zu erklären, Sohn. Ihr habt so ziemlich alle Regeln gebrochen, die unsere Gemeinschaft schützen. Was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht, euch vor der versammelten Dorfgemeinschaft in dieser eurer Gestalt zu zeigen?“ „Wir haben…“ „Ihr habt gar nichts. Vor allem nicht gedacht. Verschwindet auf eure Gemächer und lasst euch so schnell nicht wieder blicken.“ Die beiden Gescholtenen erhoben sich und zogen sich zurück, wobei sie den sprichwörtlich geprügelten Hunden wie ein Ei dem anderen glichen. Adamus und Henricus von Braunfels trugen die Vornamen ihrer Väter und waren gemeinsam aufgewachsen, nachdem Adams Mutter sich gegen ihre Familie entschieden hatte und gen Norden gezogen war.

Sie teilten sich sogar ihre Gemächer auf der Burg.

Allerdings gab es auch für sie Grenzen. Während Henricus hinter jeder Schürze her schnüffelte, hatte Adam sein Herz längst verloren. Und das war an diesem Tage das Problem gewesen. Während Henricus den Mädchen auf dem Kirchweihfest unten im Dorf schöne Augen gemacht hatte, war Adam in der Schenke verschwunden und hatte wohl einen ganzen Krug Branntwein in sich hineinlaufen lassen. In dem daraus resultierenden Zustand hatte das Mädchen auf Henricus‘ Schoß plötzlich Johannas feine Gesichtszüge angenommen und als diese dann ihr Mündchen an Henricus‘ Lippen drückte, war es um Adam geschehen gewesen. Und dann hatte er es getan.

Das Unverzeihliche.

Adam hatte vor den versammelten Dörflern die Gestalt gewechselt. Und eben das ließ sich eben nur sehr schwer wieder hinbiegen. Wie sollte man denn auch erklären, dass der Sohn eines der Herren von der Burg sich vor aller Augen in einen zähnefletschenden Wolf verwandelt hatte?

Jemand schlug mit der Faust an die Kammertür.

Unter Stöhnen krabbelte der nach wie vor verkaterte Wolfsmann aus dem Himmelbett und drehte den großen, gusseisernen Schlüssel im Schloss.

Großer Vollmond, die hatte ihm gerade noch gefehlt.

Draußen stand eine schwarzhaarige Furie und blitzte ihn aus leuchtend grünen, äußert aufgebrachten Augen an.

„Du stinkst wie eine Schnapsbrennerei, Mondwolf.“ Sie stieß Adam unsanft zurück in den Raum. „Leiste dir noch einmal solch ein Ding und ich werde dir sämtliche Hexen der Gegend auf den verlausten Pelz hetzen.“ „Else, bitte, mein Schädel platzt gleich.“ Adam hielt mit beiden Händen den Kopf fest umklammert, ganz so, als könne dies die Schmerzen lindern. „Ich habe die Wahrnehmung der Menschen verschleiert, aber ich werde dir den haarigen Hintern nicht ein weiteres Mal retten, Wolf.“

Sie stieß ein weiteres Mal mit aller Kraft gegen Adams Brust. „Du bist mir etwas schuldig, mein Freund.“ Adam stöhnte auf. „Was willst du, Else?“ Die Hexe wand sich schwungvoll um und tänzelte zur Tür. „Ich werde es dich zu gegebener Zeit wissen lassen.“

Adam und Henricus murrten. Eine größere Strafe hätten ihre Väter gar nicht erdenken können.

Immerhin waren sie Mondwölfe und sollten Spaß haben, auch wenn dieser zu Neumond etwas geringer ausfallen würde, als wenn der Mond rund am Himmel stände. Als gewöhnliche Rittersleute Handelskarren zu begleiten war so ziemlich das Langweiligste, was ihnen jemals vorgekommen war. Seit eine junge, vorlaute Baumdryade das Rad eines der Wagen hatte sich im Boden verwurzeln lassen, war überhaupt nichts Aufregendes mehr geschehen. Und nicht einmal dieses Ereignis war wirklich spannend gewesen. Der Baumgeist war ihnen wohl bekannt war doch Fagina eine eher rachsüchtige Vertreterin ihrer Art.

Das Rad des Planwagens des Kaufmannes Andreas war aus dem Holz eines Buchenbaumes gefertigt gewesen und hatte daher den Ärger der Buchendryade auf sich gezogen. Es hatte einiger Überredungskraft von der Seite der Wolfsritter bedurft, bis Fagina das Rad wieder freigegeben hatte. Henricus musste allein bei dem Gedanken an das förmlich schmerzverzerrte Gesicht der Dryade denken, als der Wagen davon gerollt war.

Andreas hatte sich in den letzten Tagen als humorvoller Vertreter seiner Art herausgestellt, welcher den oftmals derben Scherzen der Ritter immer eine kleine Boshaftigkeit entgegenzusetzen hatte.

Die Handelsknechte hatten gerade das Nachtlager errichtet, als in der Ferne das Geheul von Wölfen zu hören war. Während sich den Kaufleuten die Härchen auf der Haut aufstellten, mussten sich die Ritter wirklich zusammenreißen. Zu gern hätten die beiden Wolfsmänner geantwortet. Vor allem, da sie die Rufer längt erkannt hatten. Johannes und sein Bruder Clemens von der Wallenburg machten sich bereits seit Sonnenuntergang über sie lustig. Sangen sogar Spottlieder über ihre entfernten Vettern. Die beiden Söhne des Grafen von der Wallenburg umrundeten das Lager in immer engeren Kreisen und lästerten in anzüglichem Heulen über Adam und Henricus. Die allgegenwärtige Gerüchteküche hatte die Kunde ihrer Bestrafung wohl bereits bis hin zum Rynestig, dem Kammweg oberhalb der Wallenburg, getragen.

„Kommt ihr mit Jagen?“ Henricus zuckt in seiner Rüstung zusammen, als ihm Clemens‘ Stimme direkt ins Ohr flüsterte. Der so Angesprochene fuhr herum. „Spar dir deinen Spott und bring mir lieber etwas Vernünftiges zu Essen mit. Der Proviant hier ist echt dürftig.“ „Los, kriech aus der Blechhaut und begleite uns.

Merkt doch keiner, wenn die Hülle leer zurückbleibt.“

Henricus wand sich innerlich.

Inzwischen stand bereits der zweite Vetter kichernd hinter ihm. „Hält unser lieber Henri sich wieder so verdammt vorbildlich an alle Regeln?“ Plötzlich sackte der nackte Mann zusammen und schien sich in Krämpfen zu winden. Ein gewaltiger, braunfelliger Wolf stand über ihm und fuhr mit der feuchten Nase immer wieder an dessen blanker Seite entlang. „Henri, sag deinem dämlichen Bruder, dass er aufhören soll.“ Dieser schüttelte den Kopf. „Das geschieht dem Spaßvogel recht. Und außerdem, welcher echte Rittersmann, der etwas auf sich hält ist schon kitzelig?“ Clemens kicherte fröhlich auf. „Trotzdem, für heute hat er genug, Johannes ist bereits Elisabeth in die Hände gefallen.“

Adam und Henri schüttelten sich sofort und gleichzeitig in gespieltem Ekel.

Elisabeth von der Wallenburg saß mit ihrer Handarbeit in der breiten Fensterbank und kicherte immer wieder vor sich hin.