Der Fremden Kind - Manfred Breddermann - E-Book

Der Fremden Kind E-Book

Manfred Breddermann

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Beschreibung

"Der Fremden Kind" bezieht sich auf meine eigenen Erlebnisse mit neun bis vierzehn Jahren. In meiner bis dahin glücklichen Kinderwelt wurde plötzlich alles anders, als sich mein Vater von meiner Mutter trennte. Ich wohnte mit meiner Mutter bei meinem Großvater in einem Dorf. Meiner Mutter wurde die Schuld zur Trennung unterstellt und alle Verwandten waren plötzlich gegen uns und behandelten uns wie fremde Eindringlinge. Wir wurden aus dem Haus meines Großvaters vertrieben und standen förmlich auf der Straße, ohne irgend etwas zu besitzen. Das Schlimmste für mich kam aber noch. Mi einem widersinnigen Gerichtsurteil entzog mein Vater meiner Mutter das Sorgerecht für mich. Gegen meinen Willen musste ich meine geliebte Mutter verlassen und kam zu meiner neuen, gehassten Stiefmutter. Es wurden für mich sehr einsame Jahre. Ich brauchte lange Zeit, um meinen Hass abzubauen und als "normales" Kind leben zu können.

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Seitenzahl: 44

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Das Ende naht

Opas Haus

Opas Dorf

Tante Hertha

Hamsterzeit

Die Scheidung

Hagen

Mein Vater

Meine Stiefmutter

Meine Mutter

Das Knusperhäuschen

Meine Schule

Mein Klassenlehrer

Meine Pubertät

Mein Sport

Rückblick

Vorwort

Diese kleine Biographie umfasst meine Kindheit vom neunten bis zum vierzehnten Lebensjahr. Das sind die Jahre von 1945 bis 1950, also die ersten Jahre nach dem Ende des Krieges. In diesen Lebensjahren sind wir besonders aufnahmefähig, nicht umsonst ist die gesetzliche Schulpflicht in diesem Zeitraum vorgeschrieben.

Nun waren meine Lebensumstände gerade in diesem Zeitraum sehr turbulent. Es gab da nicht nur das Ende des Krieges mit seinen Folgeerscheinungen, es war vor allem die Scheidung meiner Eltern, die mich als Kind besonders belastete. Meine bis dahin heile und auch glückliche Kinderwelt war plötzlich für mich zu Ende.

Um mich herum entstand ein feindlich gesinntes Umfeld, meine einzige Bezugsperson war nur noch meine Mutter. Und die wurde von meinem Vater diffamiert und von den „lieben“ Verwandten zu einer fremden, unerwünschten Frau degradiert.

Nach einem widersinnigen Gerichtsbeschluss musste ich meine Mutter verlassen und kam gegen meinen Willen zu meiner neuen „Mutter“, zur Stiefmutter. Die war mir aber mehr als nur fremd, sie war für mich abscheulich und rücksichtslos, ich konnte sie nur hassen. Für meinen Vater galt dasselbe.

Ich hatte vergeblich lange Zeit versucht, bei meiner Mutter zu bleiben, wenn ich abgeholt werden sollte, war ich jeweils verschwunden. Erst nach einem Haftbefehl gegen meine Mutter, habe ich das aufgegeben. Das einzige, was ich aus Protest jetzt noch tun konnte war zu schweigen, zu meinen Vater und zu meiner Stiefmutter sprach ich monatelang kein Wort.

Bei meinem Rückblick auf diese Zeit, versuche ich nach zu vollziehen, was in mir vorging, während ich mich zwangsläufig an die neue Situation allmählich anpassen musste. Vor allem, wie ich meinen Hass aus eigener Einsicht abbauen konnte, um als „normales“ Kind zu leben. Auch wenn einige Wunden und „Macken“ zurück blieben, glaube ich heute, dass es meiner menschlichen Weiterentwicklung nicht geschadet hat. Vielleicht hat es meinen Reifeprozess sogar beschleunigt.

Das Ende naht

„Der Ami wird in zwei bis drei Tagen hier sein, richtet euch darauf ein“ sagte uns seelenruhig ein Offizier, nachdem er seinen Panzerspähwagen hinter unserem Haus verschanzt hatte. Das war für mich unfassbar. Wie konnte er zugeben, dass der Ami nicht mehr aufzuhalten war und wir nicht mehr siegen würden. War das nicht Fahnenflucht, oder nicht sogar Kriegsverrat, muss das nicht gemeldet werden?

In meinem neunjährigen Kopf schien sich alles zu drehen, nein, ich konnte es nicht glauben, dann wird ja alles zusammenbrechen. Als „Unterpimpf“, Pimpf konnte man erst mit zehn werden, war ich so stolz auf unsere Soldaten, und wir alle waren so fest davon überzeugt, dass wir noch siegen werden, und jetzt das. Nicht dass ich jetzt Angst bekam. Ich war wütend und enttäuscht, ich wollte es einfach nicht glauben.

Nach zwei Tagen standen wir unter Artillerie Beschuss. Tagsüber waren es zunächst nur einzelne Einschläge, abends begann dann die Hölle. Für etwa eine Stunde erfolgte Einschlag auf Einschlag und davon einige in unser Haus. Da unser Luftschutzkeller an der „Frontseite“ war, flüchteten wir uns in den Schweinestall, der auf der gegenüberliegenden Hausseite lag

. Und das war unser Glück, die Außenwand des Luftschutzkellers wurde von zwei Einschlägen getroffen und der Keller war zertrümmert. Während der ohrenbetäubenden Knallerei hockten wir aus Angst wie versteinert auf dem Boden und dann war plötzlich alles still.

Und diese unerwartete Stille war für mich seltsamerweise noch unheimlicher als die Knallerei. Wir wagten es nicht, uns zu rühren, was kann jetzt als nächtes kommen? Erst nach einigen Minuten rafften wir uns auf und rannten instinktiv in die benachbarte Schule, von der wir wussten, dass sie einen bombensicheren Keller hatte.

Die Flucht in den Keller der Schule dauerte zwar nur ein paar Minuten, aber diese Minuten waren eindrucksvoll. Es war eine stockfinstere Nacht, kein Stern zu sehen und nirgendwo ein Licht oder etwas Helles. Die Luft war durchtränkt mit Pulverdampf und Pulvergeruch. Und dann diese unheimliche Stille, keine Schüsse mehr, nichts war zu hören. Die Zeit schien still zu stehen und um uns herum schien alles tot zu sein.

Endlich erreichten wir den Keller. Es waren noch weitere Familien hierher geflüchtet, aber niemand wagte zu sprechen, es wurde nur ganz leise getuschelt. Wir verkrochen uns in die Ecken und warteten. Nach unendlicher langer Zeit, vermutlich waren es nur ein bis zwei Stunden, hauchte jemand: „sie kommen“.

Kurz darauf kamen sie auch, ganz langsam und vorsichtig mit vorgehaltener Maschinenpistole. Vorneweg ein Schwarzer, der uns kritisch beäugte. Ich hatte bis dahin noch nie einen „Schwarzen“ gesehen und jetzt hatte ich umso größere Angst. Meine Mutter versuchte meine fünfzehn jährige Schwester zu verstecken.

Aber die ersten Soldaten haben nur nach Männern gesucht und uns zunächst in Ruhe gelassen. Mein Vater war ohnehin nicht bei uns, bei unserer „Evakuierung“ aufs Land, nach Gleidorf, war er in Hagen geblieben. Und mein Opa war wohl für die Besatzer alt genug, um nicht mehr gefährlich zu sein.