Ich bin was ich fühle - Manfred Breddermann - E-Book

Ich bin was ich fühle E-Book

Manfred Breddermann

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Beschreibung

Wir leben in unseren Gefühlen, nichts ist uns so nah wie unser Gefühl. Leider haben wir wenig Macht über unsere Gefühle. Ängste, Sorgen und auch Ärger belasten uns fast täglich, ohne uns dagegen wehren zu können. Auf der anderen Seite bleiben unsere Glücksgefühle dem Zufall überlassen. Aber wir sind unseren Gefühlen nicht ausgeliefert, wir können die negativen Gefühle auflösen und die positiven fördern. Allerdings geht das nicht willentlich direkt, wir können Gefühle nicht ein- oder ausschalten. Wir müssen uns schon die Mühle machen, die Grundlagen unserer Gefühle zu erkennen. Zum Beispiel bei unseren Ängsten: Ängste haben keine reale Grundlage, sie sind lediglich "gut" gemeinte Warnsignale unseres Verstandes, hergeleitet aus seinem Speicher der Vergangenheit. Sie haben keinen Bezug auf die Gegenwart und erst recht nicht auf unsere Zukunft, auch wenn wir es so empfinden mögen. Unseren Verstand können wir nicht ändern, aber wir sind nicht identisch mit unserem Verstand, der ist nur unser bestes Werkzeug. Wir können ihm zuhören und ihm für seine "Vorschläge" danken. Aber wir sollten uns nicht von ihm beherrschen lassen. Bei den positiven Gefühlen können wir unser Glück nicht beeinflussen. Aber wir sollten nicht auf unser Glück warten, sondern uns vielmehr bemühen, uns wohl zu fühlen und das möglichst immer. Nur das können wir weitgehend selbst bestimmen. Die Basis dafür ist das Wohlfühlen in unserem Körper und eine entsprechende Lebenseinstellung.

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INHALTSVERZEICHNIS

Prolog

I.

Die Macht der Gefühle

Was bestimmt unsere Gefühle

Unsere Gefühle entscheiden

II.

Angstgefühle

Ich bin selbst die Angst

Ängste aus der Vergangenheit

Unnötige Ängste vermeiden

Prüfungsängste

Angst vor dem Tod

Angst vor dem Sterben

III.

Belastende Gefühle

Schuldgefühle

Schlechtes Gewissen

Ärger, Hass- und Rachegefühle

Einsam oder allein

IV.

Lebensgefühle

Gesundheit

Sich gesund fühlen

Vertrauen auf unseren Körper

Gesund fühlen im Alter

Glücksgefühle

Sich wohl fühlen

Zufriedenheit

Gelassenheit

Entspannung

Sich körperlich wohl fühlen

Liebe

Liebe in der Partnerschaft

Verliebt sein

Sexualität

Eifersucht

Liebe nur ein Begriff?

Empathie

V.

Übungen

Übungsgrundlagen

Standardübungen

Kreislauf aktivieren

Heilströmen

Ins Gleichgewicht kommen

Literaturhinweise

Prolog

In jedem bewussten Moment meines Lebens fühle und empfinde ich etwas. Gleich was ich denke, tue, habe oder haben will, es ist immer verbunden mit meinem Gefühl. Ich lebe gleichsam in meinen Gefühlen. Also bin ich, was ich fühle?

Oder bin ich, was ich denke? Was ist für unser Leben wichtiger, das Denken oder das Fühlen? Sicherlich unser Denken, wenn wir nicht denken könnten, dann wäre unsere Existenz infrage gestellt. Cogito, ergo sum „Ich denke, also bin ich“, mit dieser Aussage hat Descartes bereits vor 500 Jahren das Denken mit unserer Existenz verknüpft. Aber was würde Herr Descartes über unsere Roboter sagen, denen wir in überschaubarer Zeit das „Denken“ beibringen werden? Wir sind heute bereits fähig, Roboter zu entwickeln, die über Algorithmen lernfähig sind und in gewissem Umfang schon „denken“ können.

Damit werden wir unseren Verstand, unseren Denker nicht ersetzen können. Aber wir sind mehr als unser Verstand und mehr als wir denken können. Wir sind uns noch selbst bewusst, wenn wir unseren Verstand abschalten. Und dieses Bewusstsein können wir dann nicht mehr denken, aber fühlen und wahrnehmen. Somit ist das Fühlen „wesentlicher“ als das Denken.

So wichtig das Denken auch ist, wir leben in unseren Gefühlen und das immer. Ob es uns gut geht oder schlecht, hängt allein von unseren Gefühlen ab. Denken ist ein Vorgang, den ich aktiv in Gang setze. Fühlen ist ein Zustand, in dem ich mich immer befinde. Und genau das meine ich, wenn ich behaupte: Ich bin, was ich fühle.

Dem entsprechend wird auch unser Handeln und Tun von unseren Gefühlen mitbestimmt. Das heißt aber nicht, dass wir „nach Gefühl“ handeln. Unser Gefühl ist dabei nur die letzte Instanz, die zwischen den verstandesmäßigen Möglichkeiten abwägt und entscheidend. Das schließt nicht aus, dass wir unter bestimmten Voraussetzungen auch rein intuitiv handeln oder uns verhalten.

Ebenso ist auch unsere „Meinung“ vom Gefühl abhängig. Das zeigt sich sehr deutlich im politischen Geschehen, wenn nach der Volksmeinung gefragt wird. Für eine Zustimmung oder Ablehnung sind weniger die sachlichen Argumente maßgebend, sondern viel mehr die vorbestimmten Sympathien oder Antipathien für eine Partei und besonders für deren Mandatsträgern.

Unser Wohlbefinden ist eng an unsere Gefühle gekoppelt. Wenn wir unser Wohlbefinden verbessern wollen, müssen wir unsere Gefühle optimieren. Aber so einfach willentlich können wir unsere Gefühle nicht verändern, beeinflussen können wir nur die Ursachen, die unsere Gefühle hervorrufen. Was und warum wir etwas fühlen hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab und unser Einfluss darauf ist zwar beschränkt, aber möglich.

Wir können unser Glück nicht erzwingen und sollten auch nicht darauf warten. Aber wir können viel dazu beitragen, uns in unserem Leben überwiegend wohl zu fühlen. Dazu müssen wir uns als Erstes von unseren unnötigen Ängsten und Sorgen befreien, gesellschaftliche Zwänge und Schuldgefühle selbstbewusster beurteilen und möglichst auflösen.

Die Basis für unser Wohlfühlen ist das Wohlfühlen in unserem Körper und eine entsprechende Lebenseinstellung. Dazu gehört unter anderem Bewegung, Entspannung und Gelassenheit. Sich wohl zu fühlen ist für jeden erreichbar, der sich ernsthaft darum bemüht.

I. Die Macht der Gefühle

Was bestimmt unsere Gefühle?

Vordergründig sind es die äußeren Umstände, von denen unser Lebensgefühl abhängig zu sein scheint. Dem entsprechend bemühen wir uns täglich, diese Umstände zu verbessern. Dabei stehen uns häufig unsere Gefühle im Wege. So fällt es mir schwer, mit Angstgefühlen etwas Neues, mir ungewohnten zu beginnen. Wir versuchen die belastenden Gefühle zu bekämpfen, mit Medikamenten und Therapien.

Tatsächlich haben aber unsere Gefühle mit den gegenwärtigen Umständen nicht direkt etwas zu tun. Sie entstehen aus unseren eigenen, „alten“ Gefühlen, die wir in der Vergangenheit angesammelt haben. Unser Verstand speichert alle Ereignisse und Situationen, die wir erleben, einschließlich der damit verbundenen Emotionen und Gefühle. Das ist gleichsam unsere Lebenserfahrung, die wir angesammelt haben. Er stellt uns diese Lebenserfahrung unaufgefordert und fortlaufend zur Verfügung.

Dabei beschränkt er sich nicht auf die Wiedergabe von Fakten. Für jede aktuelle Situation kombiniert er aus früheren, vergleichbaren Ereignissen und Emotionen eine Beurteilung, die wir als Gedanken und Gefühle wahrnehmen. Unser Verstand kennt aber weder die Gegenwart und erst recht nicht die Zukunft. Unbewusst leben wir so mit unseren Gefühlen in der Vergangenheit. Und zur Vergangenheit gehören auch die Urängste, die wir über unsere Gene von den Vorfahren geerbt haben.

Der größte Anteil unserer Gefühle entsteht so im Austausch mit unserem Verstand. Einen weiteren, wichtigen Anteil produziert unser Gehirn direkt. Zur Sicherstellung unserer Fortpflanzung, zur Lebenserhaltung und zum Schutz vor Gefahren ist unser Gehirn so eingerichtet, bestimmte Gefühle in uns kurzfristig entstehen zu lassen. Das geschieht zum Beispiel durch Freisetzung von chemischen Substanzen wie Dopamin und Serotonin.

Diese Gefühle erleben wir passiv, dass heißt ohne unser Zutun und ohne unseren Willen. Wir können sie weder verhindern noch verändern, aber wir können uns darauf einstellen. Wenn wir die Grundlagen dieser Gefühle erkennen und richtig bewerten sind wir in der Lage, uns von der Beeinflussung zu befreien.

Aktiv können wir sowohl körperlich als auch geistig „fühlen“, wobei dieses Fühlen in Verbindung mit unseren Wahrnehmungen und Empfindungen entsteht. Mit unseren Sinnesorganen nehmen wir uns und unsere Umwelt wahr. Beim geistigen Fühlen versuchen wir, uns mit unseren Vorstellungen in etwas hinein zu „fühlen“. Das kann unser Körper sein, ein anderer Mensch oder auch eine bestimmte Situation.

Ein wesentlicher Anteil unserer Gefühle besteht aus Erwartungsgefühlen. Unser Streben und unsere Hoffnung sind weitgehend auf unsere Zukunft ausgerichtet. Dadurch können diese Vorgefühle wesentlich unser Gesamtbefinden beeinflussen und zwar positiv und negativ. Die Vorfreude ist meist intensiver und länger andauernd als die Freude über das Erreichte. Aber ebenso können uns die Sorgen und Ängste um unsere Zukunft lähmen.

Fühlen oder empfinden: In unserem Sprachgebrauch machen wir keinen Unterschied zwischen fühlen und empfinden. Es besteht zwar ein enger Zusammenhang von fühlen und empfinden, aber es sind schon ganz unterschiedliche Vorgänge. Empfinden können wir alles Mögliche, fühlen können wir nur positiv oder negativ, angenehm oder unangenehm in unterschiedlicher Stärke. Vereinfacht kann man sagen, Fühlen ist die Bewertung unserer Empfindungen.

Am einfachsten zu erkennen ist das beim „Fühlen“ mit unseren Sinnesorganen. Zum Beispiel empfinden wir etwas heiß oder kalt. Ob wir dabei an angenehmes oder unangenehmes Gefühl haben, hängt von der jeweiligen Situation ab. Den objektiven Zustand von heiß oder kalt nehmen wir wahr in unserem Bewusstsein. Vielleicht noch deutlicher wird es beim Genuss von Schokolade. Die Schokolade schmeckt objektiv süß, aber mein angenehmes Gefühl verschwindet, wenn ich zu viel davon esse.

Genau genommen können wir mit unseren Sinnesorganen nicht „fühlen“, sondern nur wahrnehmen und empfinden. Die entsprechenden Gefühle entstehen erst infolge der Empfindung, wobei das in unserer Wahrnehmung gleichzeitig geschieht. Dass hierbei zwei verschiedene Abläufe stattfinden wird uns nicht bewusst. Und auch diese Gefühle können wir nicht beeinflussen, wir können daher nicht aktiv fühlen.

Das gleiche gilt auch für das geistige „Fühlen“. Wenn ich mich in meinen Körper „hinein fühle“, konzentriere ich mich auf mögliche Empfindungen. Und wenn ich Schmerzen wahrnehme, entsteht dann ein negatives Gefühl.

Mit allem, was ich wahr nehme oder empfinde, verbindet sich ein Gefühl. Es ist angenehm oder unangenehm, in unterschiedlicher Stärke. Und diese Verbindung bleibt auch in der Erinnerung erhalten. Unser Verstand speichert nicht nur das Ereignis, sondern ebenso auch das dabei entstandene Gefühl. Daher sind unsere Erinnerungen weniger objektiv, da sie immer mit den Gefühlen aus der Vergangenheit verknüpft sind. Und das betrifft auch unser Denken, was nichts anderes ist, als die zielgerichtete Kombination von Wahrnehmungen und Erinnerungen.

Dabei sind bereits unsere Wahrnehmungen nicht objektiv, obwohl wir es so empfinden. Wir sehen zum Beispiel eine wunderschöne rote Rose. In Wirklichkeit existiert die Rose aber nicht in dieser Pracht. Das Bild entsteht erst in unserem Gehirn durch Umwandlung entsprechender Schwingungen. Da draußen, außerhalb unseres Gehirns gibt es weder Farben noch Töne. Da wir aber als Menschen alle die hierfür gleichen Gehirnfunktionen haben, ist uns die erforderliche Umwandlung nicht bewusst und können so, das was wir sehen für real halten.

Weniger real ist jedoch, dass jede unserer Wahrnehmung von zwei Faktoren abhängig ist: von dem Wahrgenommen selbst und von dem, was durch die Wahrnehmung aus dem Speicher des Verstandes in unser Bewusstsein einfließt. Weil dabei nur eine Empfindung entsteht, wird uns diese „Einfärbung“ des Gefühls nicht bewusst. Im normalen Tagesablauf wird uns das nicht stören, aber im Zusammenhang mit Angstgefühlen hat dieses „Einfärben“ eine ganz wesentliche Bedeutung.

Ich muss zugeben, dass mir die Unterscheidung von empfinden und fühlen schwer fällt, selbst wenn ich empfinden mit wahrnehmen gleich setze. Im normalen Sprachgebrauch hat diese Unterscheidung auch weniger Bedeutung. Allerdings haben die beiden Reaktionen eine ganz unterschiedliche Herkunft. Auch wenn wir annehmen, dass unser Verstand die mehr oder minder passenden Gefühle aus seinem Erinnerungsspeicher uns mit serviert, aber irgendwann müssen sie bei uns ja entstanden sein. So bleibt die Frage, wer oder was steuert die Bewertung der Empfindung und die Intensität der Gefühle? Wie entsteht in mir das Gefühl angenehm oder unangenehm? Dieser sehr komplexe Vorgang ist noch nicht hinreichend erforscht, zumindest nicht auf einer verständlichen Ebene.

In unserem Sprachgebrauch benutzen wir den Begriff „fühlen“ in allen möglichen Varianten. Zum Beispiel: „Er hat kein Gefühl dafür, er tat es gefühlvoll, ihm fehlt das Gefühl oder ich habe das gefühlt“. Das hat aber mit dem, was ich tatsächlich fühle, wenig zu tun. Was ich fühle geschieht ohne mein Zutun und dieses Gefühl existiert nur in mir.

Gefühle sind aber immer an Bedingungen geknüpft, direkt und indirekt, an das was wir wahrnehmen und denken und auch an unsere Lebenseinstellung und Vorstellungen. Und diese Bedingungen und Ursachen bestimmen wir weitgehend selbst und können sie ändern und verbessern. Nur über diesen Weg ist es uns überhaupt möglich, unsere Gefühle zu beeinflussen.

Unsere Gefühle entscheiden

Im Tagesverlauf treffen wir ständig Entscheidungen, ohne dass es uns bewusst ist, ohne darüber nachzudenken. Wir entscheiden uns bei unserem Tun spontan nach unseren Erfahrungen und Kenntnissen. In einigen Situationen, vor allem wenn es um etwas Neuem geht, wägen wir ab, was zu tun oder zu lassen ist.

Gleich ob Sie nun spontan oder nach Überlegungen entscheiden, Sie richten sich nach Ihrem Verstand. Dabei sind Sie sich sicher, auf rationaler Basis abgewogen und entschieden zu haben. Als gebildeter Mensch legen wir Wert darauf, nach Vernunft und Verstand zu handeln und nicht nach Bauchgefühlen oder irgendwelchen Hirngespinsten.

Aber stimmt das auch? Wie objektiv und rational ist unser Verstand wirklich? Der Verstand ist für uns Menschen das wichtigste Werkzeug. Wir können darauf vertrauen, dass er uns in jeder Lebenslage eine Hilfe ist. Ähnlich einem Supercomputer kann er jedoch nur das zur Verfügung stellen, was er in der Vergangenheit gespeichert hat. Und aus diesen Speicherungen kombiniert er unsere gedankliche Gegenwart. Zu den Fakten vermittelt er gleichzeitig die damit verknüpften Emotionen, Gefühle und Bilder aus der gespeicherten Vergangenheit. Und genau diese Verknüpfungen fließen uns unbewusst in unser Denken und in unsere Entscheidungen ein.

Josef Hirt, Gründer des Instituts für optimale Arbeits- und Lebensgestaltung, sieht den Einfluss unserer Gefühle noch enger. In seinem Leitbuch: „Das Ich und das Gesetz von Lust und Unlust“ schreibt er auf Seite 75, Zitat: „Die Motive des menschlichen Denkens und Handelns sind immer und in jeder Lebenslage die gleichen: Lust zu erleben und Unlust zu vermeiden. Immer sind es Gefühle, das heißt, ob etwas angenehm oder unangenehm ist, die den Menschen zum Denken und Handeln aktivieren“.

Und wofür wir uns entscheiden hängt von der folgenden Gleichung ab: „Positiv aktivierendes Motiv abzüglich negativ aktivierendes Motiv ergibt als Differenzwert die verbleibende Entschlussenergie, die zur Verwirklichung des so gewerteten Wunsches oder Zieles zur Verfügung steht“ (Hirt, Seite 80)

Auch die Qualität unserer Handlung ist von unseren Gefühlen abhängig: „Alles was Lust bereitet, wird nicht nur gerne getan und ermüdet weniger, sondern es wird auch bedeutend präziser, schöner, vollkommener und mit mehr Umsicht ausgeführt. Was wir hingegen nur zur Vermeidung von Unlust tun, ermüdet weit mehr und wird nur soweit getan, als es notwendig ist, um die Bestrafung beziehungsweise die Unlust zu vermeiden“ (Hirt, Seite 82)

Diese Gefühle von Lust oder Unlust müssen wir nicht erst abrufen, die serviert uns unser Verstand automatisch, uns unbewusst. Haben wir zwischen zwei Möglichkeiten zu entscheiden, die wir eindeutig unterschiedlich empfinden, wird uns die Entscheidung leicht fallen, ohne großes Abwägen.

Wenn wir aber beide Möglichkeiten als gleichwertig empfinden und unsere Entscheidung weit reichende Folgen hat, was machen wir dann? Als „rationaler“ Mensch vergleichen wir die möglichen Vor- und Nachteile. Wir machen eine Aufstellung, listen die möglichen Auswirkungen auf und bewerten sie einzeln. Nach dem Ergebnis der Gegenüberstellung können wir dann entscheiden, zahlenmäßig belegt durch entsprechende Pluspunkte. Allerdings sind wir auch mit dem Ergebnis richtig zufrieden, haben wir ein gutes Gefühl dabei? Oder ist uns das andere Ergebnis doch lieber und wir überprüfen noch einmal unsere Bewertungen?

Dieser scheinbar objektive Weg eine Entscheidung zu finden, ist im Grunde auch nur eine Abwägung unserer Gefühle. Noch deutlicher wird dies, wenn wir als Entscheidungshilfe drei Münzen werfen. Dabei ist nicht das Ergebnis der Münzen entscheidend, das ist dem Zufall unterworfen. Es geht um unser Wunschergebnis. Das heißt, ob wir mit dem Ergebnis gefühlsmäßig zufrieden sind und das Spielchen weiter machen bis uns das Ergebnis gefällt. Wir testen unser inneres Gefühl, um herauszufinden, was wir wirklich möchten.

II. Angstgefühle

Ich bin selbst die Angst

Wir nehmen unser Leben über unsere Gefühle wahr und auch unsere Entscheidungen werden von den Gefühlen beeinflusst. Warum haben Gefühle so viel Macht über uns? Dabei haben Gefühle keine eigene Substanz, sie existieren allein in unserer Vorstellung, in unserer Empfindung. Da wir aber unser Denken und Fühlen als unser Selbst identifizieren, sind wir auch selbst das Gefühl.

Nehmen wir als Beispiel unsere Angst. Wenn wir vor etwas Angst haben, existiert diese Angst nur in uns selbst und nicht getrennt von uns. Die Angst hat keine objektive Substanz, sie ist die Reflexion unseres Verstandes, entsprechend seinem gespeicherten Gefahrenkatalog. Wenn wir diesen Zusammenhang wirklich überzeugt akzeptieren könnten, dass heißt unsere Angst nur als Warnsignal unseres Verstandes zu verstehen, würde sich die Angst von selbst auflösen.

Das fällt uns aber sehr schwer. Auch wenn uns das nicht bewusst ist, wir leben nicht in unserer Gegenwart. Mit unseren Gedanken und Gefühlen leben wir mit unserem Verstand in der Vergangenheit. Und mit den Sorgen aus der Vergangenheit betrachten wir auch unsere Zukunft. Wenn wir das ändern wollen, benötigen wir eine andere Einstellung zu unserem Verstand. Das bedeutet keinesfalls, dass wir den Wert unserer Erfahrung abmindern. Im Gegenteil, ohne unsere Erfahrungen wären wir hilflos. Aber wir sollten selbst objektiv unsere Erfahrungen nutzen, und unser Verstand ist nicht objektiv. Wenn wir uns zum Beispiel etwas Neuem zuwenden, fehlt unserem Verstand das Vergleichbare und vermittelt uns seine Unsicherheit, die uns Angst macht.