Der Geist am Berg - Tim Krohn - E-Book

Der Geist am Berg E-Book

Tim Krohn

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Beschreibung

Eine Liebe, ungestüm wie ein Gewitter im Gebirge. Hoch oben in den Bergen, auf der steinernen Alp, lebt Stine mit ihrer Mutter und dem Knecht Severin. Stine hasst das Tal, niemals will sie weg von der Alp, sie liebt es, mit dem Schatten um die Wette zu laufen, der am Abend über den Grat kriecht. Doch der Berg zerfällt, Geröll hat die Wiesen bedeckt. Immer wieder werden Ziegen von Steinen erschlagen.Als das Geld allzu knapp wird, tritt sie einen Job in der Bar des nahen Grandhotels an. Dort trifft sie Bruno, den sie mit ihrem rauen Gesang und ihrer Wildheit verzaubert. Als Bruno zurück zu seiner Verlobten nach Genf fährt, besteigt Stine zum ersten Mal in ihrem Leben den Bus in die Stadt.Auf der Suche nach Bruno muss Stine lernen, sich in der Gegenwart der Hotelbars und der Großstadt zurechtzu finden. Was dann geschieht, ist ein Ausbruch aus ihrem Leben, das in der Zeit stehen geblieben ist, und ein Ausbruch von Gefühlen, die Stine bisher vollkommen fremd waren. Sie kämpft um ihre Liebe mit den Mitteln, die sie kennt, und zahlt einen bitteren Preis. Tim Krohns Bergnovelle erzählt die atmosphärische Geschichte einer wilden jungen Frau, in einer Sprache, die so klar und rau ist wie der Berg, auf dem die Stine lebt. Einfühlsam und drastisch zugleich zeichnet er eine Bergwelt, die in der Vergangenheit zu liegen scheint und über die doch ab und zu der Hubschrauber des Hotels hinwegfegt.

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Seitenzahl: 34

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Tim Krohn

Der Geist am Berg

Illustriert von Laura Jurt

Kurzübersicht

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Inhaltsverzeichnis

Über Tim Krohn

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Der Geist am Berg

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Für Anna, Anna & Annalisa

Inhaltsverzeichnis

Bis vor kurzem lebte etwas unterhalb des Gipfels des Piz Spiert eine Frau, die von allen stets nur die Stine gerufen wurde, obwohl sie längst kein Kind mehr war. Sie lebte auf einer Alp, die die steinerne Alp hiess. Früher hatten dort Kühe geweidet, doch einige heisse Sommer hatten die Firne auf der Westflanke schmelzen lassen, das Schmelzwasser war ins Gestein gedrungen, der Nachtfrost hatte die Felsen gesprengt, und seither zerfiel der Berg. Einzelne Steine, immer öfter auch ganze Lawinen stürzten herab und verwandelten die Alp in eine Einöde aus Fels und Geröll. Für die Kühe war die Alp längst zu gefährlich, auch versengte die Hitze die Futterpflanzen, und so gab es auf der steinernen Alp nur noch Ziegen. Auch die wurden oft genug von Steinen erschlagen, dennoch liebte die Stine ihre Alp. Sie bewirtschaftete sie gemeinsam mit einem Knecht, dem Severin, und ihrer Mutter, die sie Mumma rief, und Jahr für Jahr sträubte sie sich bis lange über den ersten Schnee hinaus dagegen, den Berg zu verlassen und hinab ins Winterquartier zu ziehen.

Die Stine hasste das Tal. Zwar lag auch ihre Winterhütte noch eine gute Wegstunde oberhalb des Dorfs, doch selbst die steinerne Alp lag ihr zu tief. Die Geissen trieb sie täglich bis hoch an den Berg, und alle Abende nach dem Melken rannte sie nochmals von der Alphütte – die schief und löchrig war, dazu niedrig wie ein Kinderzelt, aus Felsbrocken und Schiefer geschichtet, die gröbsten Löcher waren mit Mist verstopft – aus bergwärts, sobald auf der anderen Talseite die Sonne unterging und am Piz Spiert empor der Nachtschatten stieg. Mit ihm rannte die Stine um die Wette, barfuss kletterte sie dem Bruch nach gipfelwärts, oft holte der Schatten sie unterwegs ein, doch wusste sie bereits, an welcher Flanke sie ihn wieder überholen würde. Gewonnen hatte, wer als erster den Teufelsgupf erreichte, einen Felsvorsprung, den nur noch eine überhängende Wand vom obersten Gipfel trennte. Wenn sie von dort mit schweissverklebtem Haar und um Luft ringend die Sonne nochmals sah, war es ein guter Tag gewesen. Wenn sie verlor – oft schlug sie sich am Schotterkegel die Zehen blutig, oder sie blieb im Sulzschnee stecken, der Schatten fing sie ein, es gelang ihr bis zum Gipfel nicht mehr, ihn abzuschütteln –, blieb sie für den Abend stumm und grantig.

Doch maulfaul waren die drei ohnehin. Das Melken und das Käsen brauchte keine Worte, danach ging jeder seiner Wege, die Mumma blieb meist in der Hütte und reinigte das Käsereigeschirr, stopfte die Käsetücher, kochte, der Severin stieg über alle Hänge, um Alpbegrenzungen neu zu schichten, die über Nacht die Gämsen eingerissen hatten oder der Sturm, dann schönte er die Weiden ab und gab sich Mühe, die immer breiter klaffenden Spalten und Tobel einzuzäunen, damit die Geissen nicht zu Tode stürzten. Wenn ihm danach noch Zeit blieb, stieg er unter die Waldgrenze ab und suchte Feuerholz. Die Stine schliesslich führte die Herde an, sie stieg versprengten Gitzi nach und pflegte die verletzten Tiere. Morgens und abends molk sie zudem mit dem Severin, während die Mumma unterm Käsekessel feuerte und danach käste. Doch nicht einmal beim Melken sprachen sie, seit einst der Severin der Stine vorgeschlagen hatte zu heiraten und dafür eine Maulschelle fing. Nachts im Tril rieben sie gelegentlich in stummem Keuchen die Körper aneinander, die Stine hatte damit angefangen, als sie noch Kinder waren, seither war es dabei geblieben und sollte auch nicht anders werden. Die Stine mochte keine Veränderungen. Wenn nachts beim Essen – meist gab es Nudeln oder Fänz aus der gemeinsamen Schüssel – der Severin oder die Mumma fand, der Steinschlag töte ihnen bald die ganze Herde, dann hätte es sich ohnehin ausgealpnet, warf sie den Löffel in die Schüssel und schwor, was immer am Hang geschehe, niemals verlasse sie die Alp.