Der Lord und die falsche Prinzessin - Freda MacBride - E-Book

Der Lord und die falsche Prinzessin E-Book

Freda MacBride

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Beschreibung

Eine zauberhafte Liebesgeschichte zur Regency-Zeit. Romantisch, sinnlich, spannend.

Nach dem Tod seines älteren Bruders wird Oliver Hillington zum neuen Erben des Earl of Glichester - und damit zu einem äußerst begehrten Junggesellen. Doch Oliver will sich nicht binden. Und so erfindet er eine Verlobte: die deutsche Prinzessin von Schwarzenbach.

Womit Oliver nicht rechnet: Die feine Gesellschaft will seine Verlobte auf dem Ball von Lady Attersley unbedingt kennenlernen. Wo bekommt er nun schnell eine Frau her, die diese Rolle spielt? Zumal sie auch noch deutsch sprechen muss! Zum Glück weiß Olivers Schwester Elizabeth Rat: Ihre Gouvernante Moira Strachan ist gebildet und gewandt, sie ist die Richtige!

Moira nimmt das Angebot, das mit einem ansehnlichen Geldbetrag einhergeht, an, und aus der unscheinbaren Frau wird die schöne Prinzessin von Schwarzenbach.
Schon bald können weder Oliver noch Moira sagen, wo das Spiel endet und die echte Anziehung beginnt ...

Für alle Fans von BRIDGERTON, QUEEN CHARLOTTE und GEORGETTE HEYER.

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Seitenzahl: 230

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

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Über dieses Buch

Titel

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Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Eine zauberhafte Liebesgeschichte zur Regency-Zeit. Romantisch, sinnlich, spannend.

Nach dem Tod seines älteren Bruders wird Oliver Hillington zum neuen Erben des Earl of Glichester – und damit zu einem äußerst begehrten Junggesellen. Doch Oliver will sich nicht binden. Und so erfindet er eine Verlobte: die deutsche Prinzessin von Schwarzenbach.

Womit Oliver nicht rechnet: Die feine Gesellschaft will seine Verlobte auf dem Ball von Lady Attersley unbedingt kennenlernen. Wo bekommt er nun schnell eine Frau her, die diese Rolle spielt? Zumal sie auch noch deutsch sprechen muss! Zum Glück weiß Olivers Schwester Elizabeth Rat: Ihre Gouvernante Moira Strachan ist gebildet und gewandt, sie ist die Richtige!

Moira nimmt das Angebot, das mit einem ansehnlichen Geldbetrag einhergeht, an, und aus der unscheinbaren Frau wird die schöne Prinzessin von Schwarzenbach. Schon bald können weder Oliver noch Moira sagen, wo das Spiel endet und die echte Anziehung beginnt ...

Für alle Fans von BRIDGERTON, QUEEN CHARLOTTE und GEORGETTE HEYER.

Freda MacBride

1

Oliver Hillington betrat das Stadthaus von Lord und Lady Hounslow mit weniger Elan, als er es sonst zu tun pflegte, wenn er einer gesellschaftlichen Einladung folgte. Doch dies war nicht nur der erste Ball der Season des Jahres 1813, den er besuchte, sondern auch der erste, bei dem er nicht mehr lediglich der jüngere Sohn eines jüngeren Sohnes war.

Sein älterer Bruder Edwin war im Winter seiner langen Krankheit erlegen, und die Nachricht, dass damit der angesehene und äußerst wohlhabende, aber leider kinderlose Earl of Glichester in Oliver einen neuen Erben hatte, machte in kürzester Zeit die Runde.

Daher überschütteten die Herrschaften der feinen Gesellschaft, des sogenannten ton, ihn gleich zu Beginn seines Aufenthalts in London mit Einladungen: zwei Bälle, eine Soirée, zwei Dinner in kleinem Kreis, ein Hauskonzert – alles innerhalb von nur einer Woche!

Nicht, dass er bisher ignoriert worden wäre. Als junger, unverheirateter Herr aus gutem Hause, der sich nie vorm Tanzen drückte und charmante und interessante Gespräche zu führen wusste, war er auch ohne Anspruch auf einen Titel stets überall ein gern gesehener Gast gewesen. Aber etwas war nun anders, das konnte er deutlich spüren.

Oliver reichte dem bereitstehenden Diener Mantel, Hut und Spazierstock und wandte sich der Treppe zu, die hinauf in den ersten Stock und zum Ballsaal führte.

»Hillington, ich gratuliere«, rief Lord Cannilworth, der dort auf der untersten Stufe stand, ihm entgegen.

Oliver zuckte zusammen, doch der Lord schien die Unhöflichkeit seiner Worte nicht zu bemerken und fuhr fort: »Damit dürfte klar sein, wer ab jetzt aus dem großen Strauß der neuen Debütantinnen die schönste pflücken darf. Wer sollte dich jetzt noch ablehnen?«

Oliver atmete tief ein. »Durchaus. Ich finde es allerdings bedauernswert, dass mein Bruder dafür sein Leben lassen musste«, erwiderte er trocken.

»So ist das eben. Ach ja, mein Beileid noch.«

Oliver nickte kurz und stieg die Treppe hinauf, ohne Lord Cannilworth weiter zu beachten. Der Mann erwies sich stets aufs Neue als schreckliches Plappermaul und die Taktlosigkeit in Person. Hatte er vergessen, dass die dreimonatige Trauerzeit um Edwin erst vor wenigen Tagen zu Ende gegangen war?

Die pietätlose Begegnung hinterließ einen bitteren Nachgeschmack, den Oliver mit einem Glas Champagner herunterzuspülen versuchte, sobald er Lord und Lady Hounslow begrüßt hatte.

Noch war es recht früh, dennoch promenierten bereits überraschend viele Gäste durch den Ballsaal und die angrenzenden Räume, in denen es die Möglichkeit gab, dem einen oder anderen Kartenspiel zu frönen oder in Ruhe eine Zigarre zu rauchen. Die Vornehmsten der Eingeladenen würden natürlich zu deutlich späterer Stunde eintreffen. Doch die ersten der anwesenden Damen nutzten sofort die Gelegenheit, ihn zu begrüßen und ihm ihre Töchter vorzustellen, die in diesem Jahr debütierten.

Wie stets war Oliver freundlich und zuvorkommend zu allen, ob sie nun schüchtern zu Boden schauten oder ihm unbeholfen kokette Blicke zuwarfen. Er konnte sich vorstellen, wie schwierig es für die jungen Mädchen sein musste, sich erstmals aufs offizielle Parkett zu wagen, immer mit dem Druck im Rücken, möglichst bald einen passenden Ehemann zu finden.

Im nächsten Jahr würde Elizabeth eine von ihnen sein. Welche Dame seine Schwester dabei in die Gesellschaft einführen würde, war unklar, denn der Familie Hillington fehlte es deutlich an weiblichen Mitgliedern. Olivers und Elizabeths Mutter lebte nicht mehr, ihr Onkel, der Earl of Glichester, war kinderlos verwitwet, Edwin hatte aus guten Gründen nie geheiratet. Es gab weder eine Großmutter noch Tanten. Und Oliver würde gewiss keine Bindung eingehen, nur um seiner kleinen Schwester eine passende Lady an die Seite zu stellen, wenn sie der Königin vorgestellt würde und ihre ersten Schritte bei Bällen wie dem heutigen machte.

Er hatte sich vorgenommen, gegen Ende der Season einmal mit Lady Attersley zu sprechen. Hatte sie nicht Lady Matilda, die Frau seines Freundes Frederick, und deren Schwester Lady Charlotte bei ihrem Debüt begleitet? Vielleicht war sie bereit, auch Elizabeth unter ihre Fittiche zu nehmen?

Aber solche Fragen konnten warten. Heute war er ausschließlich hier, um sich zu amüsieren. Um zu tanzen und locker-leichte Gespräche zu führen. Und um dabei eventuellen Avancen geschickt aus dem Weg zu gehen.

Oliver schaute sich um und nickte einigen Bekannten zu. Amüsiert beobachtete er Viscount Hornible, der durch seine Größe und die roten Haare nicht zu übersehen war. Auch er schien sich die diesjährigen Debütantinnen in ihren unschuldig weißen Kleidern unauffällig genauer anzuschauen.

Oliver grinste und schob sich näher an seinen Rücken heran.

»Schon was Hübsches entdeckt?«, fragte er.

Lord Hornible fuhr herum. »Hillington! Du hast mich erschreckt!«

Oliver lachte. »So versunken bist du in den Anblick der Schönheiten?«

»Schauen ist nicht verboten. Vielleicht finde ich ja eine passende Braut für dich.«

»Das wird nicht nötig sein«, erklärte Oliver entschieden.

»Dann hast du am Ende schon ...?«

»Nein. Aber das liegt keinesfalls am Desinteresse der Damen. Seit mein älterer Bruder gestorben ist, kann ich mich vor Wimpernklimpern kaum retten.«

Lord Hornible nickte mitfühlend. »Ja, die jungen Ladys und vor allem ihre Mamas sind alle scharf darauf, einen Titel an Land zu ziehen. Und jetzt, als neuer Erbe des Earls of Glichester, bist du eben auf einen Schlag ganz besonders interessant geworden.«

»Zum Glück habe ich ein paar Abwehrtechniken.«

»Ach, du musst nur die Richtige finden, also ich ...« Lord Hornible hielt inne. »... ich werde mich genau umschauen«, beendete er seinen Satz.

Das klang ziemlich lahm, fand Oliver. Er war sich sicher, dass der Viscount zunächst etwas völlig anderes hatte sagen wollen.

»Wie wäre es mit der Hellblonden da drüben?«, schlug Oliver ihm vor. »Die hat ganz niedliche Grübchen in den Wangen, wenn sie lächelt.«

Er wies auf eine schlanke junge Dame im weißen Kleid, die sich interessiert umsah, während sie mit einer etwas üppiger ausgestatteten Freundin plauderte.

Lord Hornible nickte. »Wir könnten beide zum Tanz auffordern. Aber blond ist nicht wirklich mein Geschmack.«

»Wie wäre es dann mit der da drüben auf der anderen Seite des Saals? Siehst du, wen ich meine? Die mit den Blüten im dunklen Haar.«

»Die, von der man nur den Rücken sieht? Ihre Haltung ist vorbildlich, aber ihr Gesicht müsste ich mir schon vorher einmal anschauen.«

»Wir könnten ganz unauffällig hinübergehen. Ich kenne sie, soweit ich das beurteilen kann, nicht, aber der Mann, mit dem sie gerade spricht, ist Lord Kendal, mit dem ich befreundet bin.«

»Warum nicht«, stimmte Lord Hornible zu.

Gemeinsam schlenderten die beiden Herren auf die kleine Gruppe mit der Dame zu, die sie ins Auge gefasst hatten. Doch noch bevor sie den Ballsaal ganz durchquert hatten, blieb Lord Hornible stehen.

»Entschuldige«, sagte er zu Oliver. »Lass dich nicht aufhalten, aber ich muss unbedingt Lord und Lady Clafton begrüßen.«

Oliver folgte seinem Blick. »Ah, und ich sehe auch, warum. Sollte es sich bei ihrer Tochter am Ende um die passende Debütantin für dich handeln?«

Lord Hornible wirkte verlegen. Dann neigte er sich zu Oliver und sagte leise: »Tatsächlich dürfte in Kürze bekanntgegeben werden ...« Er hob vielsagend die Augenbrauen.

»Hornible!« Oliver stieß ihn in die Seite. »Du verlobst dich also? Völlig Hals über Kopf?«

»Lady Alice und ich – wir kennen uns schon länger, wir sind schließlich Nachbarn in Sussex. Und wir verstehen uns gut.«

»Du hast nie etwas erzählt!«

»Warum hätte ich das tun sollen? Sie war ja noch nicht einmal in die Gesellschaft eingeführt.«

»Stimmt auch wieder. Dann begrüß mal deine Lady Alice, und ich schaue, wer die Dame mit den Blüten im Haar ist. Ich frage mich, ob ich sie nicht doch kenne.«

Oliver verstummte, denn Lord Hornible war bereits zu den Claftons und ihrer hübschen Tochter geeilt.

Dafür strahlte ihm Lady Kendal entgegen. »Mister Hillington, wie schön, Sie wiederzusehen. Ich hoffe, es geht ihnen gut?«

Oliver nickte und bedankte sich noch einmal für die mitfühlenden Worte, die Lord und Lady Kendal nach Edwins Tod in einem Kondolenzbrief an ihn und seine Schwester gerichtet hatten.

»Du musst uns bald besuchen kommen, ganz formlos zum Abendessen«, sagte Lord Kendal.

»Sehr gerne, My Lord.«

Lady Kendal kicherte. »Ich sehe schon, es wird höchste Zeit für eine solche Einladung, Freddy. Die letzte ist viel zu lange her. Der Mann kennt unsere Namen nicht mehr.«

»Selbstverständlich doch. Matilda. Und Frederick. Aber wir sind hier schließlich in Gesellschaft, da wollte ich es etwas formeller halten.«

Nun sah Oliver erstmals die junge Dame, die neben ihm stand, genau an. »Lady Charlotte!«, entfuhr es ihm.

Sie lachte. »Ich fürchtete schon, Sie hätten mich vergessen, Mister Hillington, nur weil ich im letzten Jahr anderes zu tun hatte, als auf Bälle zu gehen. Zur Strafe müssen Sie unbedingt mit mir tanzen. Meine Karte weist bisher noch große Lücken auf.«

»Ich werde mein Bestes tun«, versprach Oliver und wählte seinen Tanz.

Der Abend hatte unterhaltsam begonnen, doch je weiter er fortschritt, desto mehr fühlte Oliver sich wie die Beute wilder Raubtiere. Er machte es den jungen Damen nicht zum Vorwurf, dass sie versuchten, seine Gunst zu gewinnen, aber nachdem Lady Mary-Anne während eines ganzen langen Tanzes ausschließlich von ihren Fähigkeiten in der Führung eines großen Haushalts geschwärmt hatte, war seine Geduld äußerst strapaziert.

Verdammt, er suchte keine Ehefrau, um seinen Haushalt zu führen oder an seiner Seite zu repräsentieren. Er suchte gar keine Ehefrau.

Wie hatte sein Onkel noch so schön gesagt?

»Natürlich wirst du irgendwann an einen Erben denken. Aber zuerst einmal solltest du herausfinden, wie es ist, einer der begehrtesten Junggesellen Londons zu sein, und das genießen.«

Das mit dem Genießen musste er offensichtlich erst lernen.

»Es tut mir ganz schrecklich leid«, entschuldigte sich Lady Charlotte, als er sie schließlich eine gute Stunde später aufsuchte, um seinen Tanz einzufordern. »Ich hatte vorhin ein kleines Missgeschick, und mein Fuß schmerzt, so dass ich die weiteren Tänze aussitzen muss. Selbstverständlich dürfen Sie sich eine andere Dame suchen.«

Oliver nahm auf dem freien Stuhl neben ihr Platz. »Wieso sollte ich das tun? Ich leiste Ihnen gerne Gesellschaft, auch ohne dass wir uns zur Musik drehen.«

Lady Charlotte lächelte. »Ich freue mich. Es ist sonst doch etwas langweilig hier. Die meisten Menschen geben weniger interessante Informationen von sich als das Wetter des vergangenen Tages. Erzählen Sie mir irgendetwas. Von ihrer Familie. Oder von Napoleons Plänen. Oder ...« Sie zuckte anmutig mit den Schultern.

Wie angenehm, sich mit einer Frau einfach nur angeregt und amüsant zu unterhalten und nicht umgarnt zu werden!

Nach dem Gespräch mit Lady Charlotte brach Oliver auf. Zwar hatte er sich noch bei weiteren jungen Damen Tänze reserviert, aber die würde er eben enttäuschen müssen. Einem Herrn verzieh man so etwas. Erst recht, wenn er der Erbe eines Titels war.

2

Et maintenant nous allons parler ...«, setzte Moira Strachan an, doch angesichts der Grimasse ihres Schützlings hielt sie inne und atmete einmal tief durch.

»Können wir den Französischunterricht nicht ausfallen lassen?«, fragte Elizabeth mürrisch. »Ich werde die Sprache ohnehin nie brauchen.«

»Das kann man nicht wissen«, erwiderte Moira. »Wenn Napoleon erst besiegt ist und Vergnügungsreisen nach Frankreich wieder möglich werden, dürften entsprechende Sprachkenntnisse sehr von Nutzen sein. Zum Beispiel, um eine Pariser Schneiderin vor Ort aufzusuchen.«

Diese Aussicht sollte für das junge Mädchen reizvoll genug sein.

»Ich denke nicht, dass wir länger als ein oder zwei Jahre darauf warten müssen«, fügte Moira hinzu.

»Ein Jahr ist so lang!« Elizabeth stöhnte.

Am liebsten hätte Moira mitgestöhnt. Noch rund dreihundertsechzig Tage, bis ihre Zeit als Gouvernante für Miss Elizabeth Hillington zu Ende ging! Zwar schätzte Moira viele Aspekte ihrer Arbeit, doch das oft mangelnde Interesse des jungen Mädchens an intellektueller Beschäftigung war immer wieder eine Herausforderung. Ob die verhältnismäßig gute Bezahlung dies aufwog, daran zweifelte Moira gelegentlich.

»Nun, es steht noch einiges bis zu Ihrem Debüt auf unserem Programm, Miss Elizabeth, da ist es von Vorteil, dass wir ein weiteres Jahr Zeit haben.«

Moira räusperte sich und stand von dem Sofa auf, von dem aus sie die französische Konversationsstunde hatte halten wollen.

Elizabeth seufzte. »Ich wollte, Edwin wäre nicht gestorben und wir wären alle zusammen nach London gefahren. So aber sitze ich hier in Onkel Theophiles bröckeligem altem Schloss herum und langweile mich zu Tode.«

»Stonehill Castle mag alt sein, aber es bröckelt nirgendwo«, erwiderte Moira streng. »Sie sollten sich mit derartigen übertriebenen Äußerungen ein wenig zurückhalten und dankbar sein, dass der Earl of Glichester Sie bei sich aufgenommen hat und Ihnen als Vormund zur Verfügung steht. Schließlich brauchen Sie einen männlichen Verwandten, der alles regelt und sich um Sie kümmert.«

»Das hätte doch Oliver machen können.«

»Aber ...«

»Wenn er mich einfach nach London mitgenommen hätte ...«

»... hätten Sie in seiner kleinen Junggesellenunterkunft deutlich unbequemer gewohnt als hier, Miss Elizabeth.«

Das junge Mädchen sprang auf. »Ich hasse es, wenn Sie mich Miss Elizabeth nennen.«

Moira hielt eine Sekunde die Luft an.

»Sehr wohl, Miss Hillington.«

»Ah!« Elizabeth schüttelte den Kopf. »Sie wissen genau, was ich meine! Mistress Strackan!«

»Strachan«, korrigierte Moira gewohnheitsmäßig.

Das schien Elizabeth nur noch mehr aufzubringen.

»Wer soll denn das aussprechen können?«

»Der menschliche Stimmapparat ist durchaus in der Lage, ein auf der Zunge gerolltes R und Kehllaute hervorzubringen. CH! Versuchen Sie es doch einfach.«

»Ja, wenn man aus Schottland ist, vielleicht.«

»Auch in der deutschen oder niederländischen Sprache gibt es diesen Laut aus dem Rachen.«

»Aber nicht im Italienischen!« Triumphierend hob Elizabeth ihr Kinn.

»Dort spricht man aber das Zungen-R. Vielleicht möchten Sie lieber Italienisch lernen als Französisch? Ich kann mit Ihrem Onkel darüber sprechen, Ihren Lehrplan abzuändern.«

»Nur weil Sie hundert Fremdsprachen sprechen, muss ich das nicht auch tun.« Elizabeth schob ihre Unterlippe vor und schmollte.

Moira blieb nichts weiter übrig als nachzugeben, wenn sie einen Eklat vermeiden wollte.

»Dann schlage ich vor, dass wir unseren Spaziergang und den Naturkundeunterricht vorverlegen«, versuchte sie, ihrem Bildungsauftrag doch noch nachzukommen.

Elizabeth nickte zufrieden. »Ich ziehe mich rasch um«, rief sie und eilte aus dem Gelben Salon, den der Earl seiner Nichte und ihrer Gouvernante als Studierzimmer zur Verfügung gestellt hatte.

Moira blieb allein zurück. Sie wusste, dass das, was Elizabeth ›rasch‹ nannte, mindestens eine halbe bis dreiviertel Stunde dauern würde, eher länger. Es ging schließlich darum, genau das richtige Kleid, den richtigen Hut und die richtigen Schuhe auszuwählen. Dann würde die Zofe ihr beim Umkleiden behilflich sein und sie auch noch frisch frisieren.

Da Moira lediglich ihre leichten Slipper gegen kräftige Schnürstiefeletten austauschen, ihren Hut über die Haube aus feinem Dimity-Stoff stülpen und ihr warmes Umschlagtuch mitnehmen musste, hatte sie ein Weilchen Zeit für sich.

Sie blickte aus dem Fenster hinaus zum Himmel, der über sein tiefes Blau nur wenige weiße Schleier geworfen hatte. Die Aprilsonne schickte ihre Strahlen über die sanft gewellten Hügel des weitläufigen Parks und das Wäldchen im Westen des Landsitzes.

Wie mochte es zu Hause aussehen? In Schottland kam der Frühling später als hier im Süden, aber jetzt im April stand gewiss der Stechginster in voller Blüte und verzauberte mit seinem aromatisch-nussigen Duft.

Noch drei oder vier Jahre, dachte sie, dann habe ich hoffentlich genug gespart, um in Edinburgh meine Schule zu eröffnen.

Der Gedanke, nicht bis in alle Ewigkeit als Angestellte in einem Haushalt des Hochadels nach dem anderen zu leben, ließ sie lächeln. In ihrer eigenen Schule würde sie das Sagen haben und begabte Kinder auf ihre Weise fördern können, statt sich stets nach den Wünschen ihrer Arbeitgeber richten zu müssen.

Bis dahin musste sie eben durchhalten und sich noch einmal überlegen, wie sie Elizabeth dazu bringen konnte, Interesse an Bildung zu entwickeln und sich damenhafter zu benehmen. Hatte sie selbst ihre Gouvernante damals vor ähnliche Herausforderungen gestellt? Nicht, was das Lesen, das Sprachenlernen und intellektuelle Beschäftigungen betraf; Moira hatte sich stets begeistert in neues Wissen gestürzt. Aber mit ihrem Eigensinn – das musste sie zugeben – war auch sie häufig angeeckt.

Immerhin zeigte ihre Schülerin Interesse, den großen Park von Stonehill Castle mit seiner Pflanzen- und Tierwelt zu erforschen. Darauf ließ sich hoffentlich aufbauen.

Moira seufzte. Tatsächlich verstand sie Elizabeths Klagen über Langeweile besser, als sie es ihr gegenüber zugab. Manchmal sehnte sie sich schon fast schmerzhaft nach Abwechslung, nach anregenden Gesprächen mit neuen Bekannten und vielleicht sogar nach ein wenig Aufregung in ihrem doch recht eintönigen Leben.

Schließlich machte Moira sich auf den Weg in ihr kleines Zimmer im Dachgeschoss. Wenn Elizabeth herunterkam, würde ihre Gouvernante bereits in der Eingangshalle auf sie warten.

Als Moira und ihre Schülerin aus dem Haus traten, fuhr gerade eine Kutsche vor und ein grauhaariger Mann stieg aus.

»Onkel Theophile!« Elizabeth lief umgehend auf ihn zu. »Hast du mir etwas mitgebracht?«

Der Earl of Glichester schüttelte irritiert den Kopf. »Wieso sollte ich? Ich habe nur einen Nachbarn besucht.«

»Wie schade, ich dachte, du wärst in die Stadt gefahren. Ich hätte so gerne ein paar Bänder für mein Haar! Wenn wir bald nach London reisen ...«

Moira, die in einigem Abstand stehen geblieben war, unterdrückte ein Grinsen. Elizabeth versuchte immer wieder, ihren Onkel davon zu überzeugen, dass er als Mitglied des House of Lords auch in diesem Jahr die Verpflichtung hatte, zumindest an den restlichen Parlamentssitzungen teilzunehmen. Natürlich mit dem Hintergedanken, dass er sie wohl kaum längere Zeit ausschließlich mit Personal auf Stonehill Castle zurücklassen konnte.

Wie stets schüttelte der Earl den Kopf. Was er genau sagte, konnte Moira nicht verstehen, doch Elizabeths enttäuschtes Gesicht sprach Bände.

Langsam kehrte das Mädchen an Moiras Seite zurück, um endlich den geplanten Spaziergang anzutreten.

Wenn auch Elizabeths Interesse weder bei den Fremdsprachen noch im Bereich der Mathematik lag, so faszinierten sie immerhin Tiere und Pflanzen. Die kleinen nachmittäglichen Exkursionen waren daher stets sehr vergnüglich, und bald schon schien Moiras Schützling vergessen zu haben, dass sie eigentlich schlechter Laune war.

Mit einem Bund gepflückter Blumen und Kräuter für Elizabeths Herbarium kehrten sie schließlich zurück und begaben sich umgehend in den Gelben Salon, um die Pflanzen in zwei dicken Büchern auszubreiten und zu pressen.

Der Spaziergang hatte Elizabeth gutgetan und ihre Laune gehoben. Sie plauderte fröhlich über alles, was ihr durch den Kopf ging. Von einem neuen Modekupfer, den sie bei der Schneiderin im nahegelegenen Städtchen gesehen hatte und nicht vergessen konnte, weil er »ach so kleidsam« aussah, bis zu dem bevorstehenden Besuch bei der Familie des Pfarrers, dessen Tochter nur ein Jahr jünger war als sie.

»Außerdem hoffe ich, Oliver macht sein Versprechen wahr und besucht uns hier in Bälde«, sagte Elizabeth schließlich und legte die beiden Bücher, deren Seiten nun an manchen Stellen durch die Pflanzen ein wenig aufgeworfen waren, in eines der Regale. »Ich will unbedingt alles hören, was er in London erlebt. Die Bälle, auf die er geht, die Lords und Ladys, die er trifft, was sie anhaben und ... ach, einfach alles!«

»Sobald er sich von seinen Verpflichtungen freimachen kann, wird er sicher kommen.« Zumindest hoffte Moira, dass Elizabeths Bruder das Mädchen nicht enttäuschen würde. Ein junger Herr von Adel führte jedoch wahrscheinlich während der Season ein eher turbulentes, oft gar ein ausschweifendes Leben in London und würde nicht unbedingt aufs Land fahren, wenn Bälle, Soireen oder Opernaufführungen lockten.

Moira hatte bei ihrer letzten Stellung bei Lord und Lady Fornesby miterlebt, wie die beiden Söhne der Familie über die Stränge geschlagen waren. Mehr als einmal hatte sie mitgeholfen, einen der volltrunkenen jungen Männer in den frühen Morgenstunden ins Bett zu bugsieren.

Zwar hatte Mister Oliver Hillington bei seinen seltenen Besuchen im Haus seines Bruders einen recht angenehmen Eindruck gemacht, soweit sie das beurteilen konnte, aber Edwin Hillington war an der Franzosenkrankheit gestorben. Und da Moira kein unschuldiges junges Mädchen, sondern die fast dreißigjährige Witwe eines Arztes war, wusste sie, welcher Lebenswandel in jungen Jahren vermutlich dahintersteckte.

Doch das konnte ihr egal sein. Schließlich hatte sie, da nach Edwin Hillingtons Tod der Earl of Glichester die Vormundschaft für Elizabeth übernommen hatte, rein gar nichts mit Oliver Hillington zu tun.

3

Oliver Hillington betrat den Bar-Raum seines Clubs mit gemischten Gefühlen und einem Hauch von Hoffnung.

Das gestrige Hauskonzert hatte er an der Seite von Miss Carlington verbringen müssen, was kein reines Vergnügen gewesen war. Doch zum Glück hatte er in einer der beiden Pausen seinen Freund Stephen Grierson getroffen und sich mit ihm für den heutigen Spätnachmittag hier verabredet.

Überraschenderweise saß nicht nur Stephen an dem runden Tisch mit den lederbezogenen Armstühlen und wartete auf ihn, sondern auch Frederick Hartford, der Earl of Kendal.

Oliver setzte sich zu den beiden Männern und wurde herzlich begrüßt. Es sah ein wenig so aus, als ob sie etwas feierten, denn die Rotweinflasche war bereits fast leer und die Herren bester Laune.

Frederick winkte umgehend dem Bediensteten, ein drittes Glas und eine weitere Flasche Wein zu bringen, und wandte sich Oliver zu.

»Ich habe gehört, dass Miss Carlington dir gestern nicht von der Seite gewichen ist«, sagte er. Hier, wo sie unter sich waren, verzichtete er auf jegliche formelle Anrede.

Oliver nickte. »Aber wenn du denkst, das wäre mein Wunsch und Wille gewesen, irrst du dich. Lady Carlington hat mir den Platz neben ihrer Tochter zugewiesen.«

»Wer sonst?«, warf Stephen mit wissendem Lächeln ein und füllte Olivers Glas.

Der griff sofort nach seinem Wein, prostete den anderen beiden Herren zu und nahm einen kräftigen Schluck.

»Sehr fein«, sagte er anerkennend. »Französisch?«

»Deutsch. Ein Spätburgunder aus Baden«, erklärte Frederick. »Ich habe dort meine Beziehungen.«

Oliver sah auf, doch bevor er eine Frage stellen konnte, erkundigte sich Stephen: »Dann ist Miss Carlington also nicht nach deinem Geschmack?«

Oliver seufzte theatralisch. »So ansehnlich sie sein mag, es ist mir nicht gelungen herauszufinden, ob ihre naiven Bemerkungen mühsam einstudiert sind oder ob sie tatsächlich so wenig im Kopf hat.«

»Sag bloß, du erwartest von deiner zukünftigen Countess Intelligenz und Bildung?« Stephen lachte.

»Hör auf mit Countess. Bisher ist der Earl of Glichester nicht nur am Leben, sondern erfreut sich sogar recht guter Gesundheit. Zwar gelte ich derzeit als sein Erbe, aber ehrlich gesagt, ich würde es nicht ausschließen, dass der gute Onkel Theophile sich noch einmal auf Freiersfüße begibt und einen Sohn und Erben zeugt.«

»Dann genieß die Zeit bis dahin umso mehr!«, empfahl Frederick.

»Das versuche ich. Allerdings ist es nicht so einfach, wenn man auf einen Schlag als vortrefflicher Fang gilt und entsprechend behandelt wird. Vor allem von Damen, die mich im vergangenen Jahr kaum zur Kenntnis genommen haben.«

Stephen lachte wieder.

»Ihr beide könnt euch gut amüsieren«, stellte Oliver fest. »Ihr seid mit wunderbaren Gattinnen gesegnet, während ich ... ich bin Freiwild!«

Er leerte den Rest seines Weins in einem Zug und ließ sich nachschenken.

Frederick legte die Stirn in Falten. »Stimmt. Da kann ich nicht mitreden. Bei mir war vor zwei Jahren zu Beginn der Season bereits bekannt, dass ich mit der Tochter von Lord Dallingham verlobt war. Das hat es deutlich einfacher gemacht, ehrgeizigen Mamas zu entkommen. Und der arme Stephen war nie auch nur ansatzweise ein Erbe. Wunderbarerweise hat er dennoch eine Frau gefunden.«

»Ist es denn wirklich so schlimm, wenn man umschwärmt wird?«, fragte Stephen. »So mancher würde sicher gern mit dir tauschen.«

Oliver lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Nein, natürlich ist es nicht wirklich schlimm. Ich müsste vielleicht einfach nicht jede Einladung annehmen. Es ist nur ... Mir erscheint in diesem Jahr alles hier so eitel und hohl. Dies ist das erste ernsthafte und ehrliche Gespräch, das ich führe, seit ich nach London gekommen bin.«

Frederick und Stephen wechselten einen Blick.

»Du hättest dir eine längere Trauerzeit gönnen sollen. Edwin und du, ihr standet euch schließlich sehr nahe«, sagte Stephen.

Oliver zuckte mit den Achseln. »Ich wusste ja lange schon, dass er sterben würde.«

»Das macht es nicht einfacher.«

Die drei Herren schwiegen ein Weilchen und genossen ihren Wein.

»Du solltest dich verloben, Oliver«, sagte Frederick auf einmal.

Oliver lachte auf. »Hervorragende Idee, mein Lieber. Aber wo bekomme ich eine passende Braut her? Eine, vor der ich nicht hierher in den Club fliehen muss, weil mich ihr sinnloses Geplauder aufregt? Da wäre höchstens deine Schwägerin Lady Charlotte ...«

»Charlotte ist nicht die Richtige für dich«, sagte Frederick sofort, »das kannst du mir glauben. Oder bist du gar in wilder Liebe zu ihr entbrannt? Dann müsste ich dir ein paar Hinweise zu ihrem Charakter geben.«

Oliver schüttelte den Kopf. So sehr er Lady Charlotte schätzte, er träumte von mehr als freundschaftlichem Umgang mit seiner zukünftigen Gattin: von leidenschaftlichen Küssen, einem stummen Begehren, das sie in ekstatische Umarmungen trieb und letztlich die Erfüllung, wenn er ...

Verflixt, er hatte, vorsichtig, wie er seit der Erkrankung seines Bruders war, zu lange keine Frau gehabt. Schon der Gedanke an solch körperliche Wonnen rief eine heftige Reaktion hervor, sodass er sich schnell vorbeugte und seine Arme auf den Tisch legte, um die Ausbeulung in seiner engen Hose vor seinen Freunden zu verbergen.

»Gut.« Ein Grinsen stahl sich auf Fredericks Gesicht. »Wenn du tatsächlich keine Dame im Blick hast, erfinden wir dir jetzt einfach eine. Das ist ohnehin am sichersten für dich.«

Oliver beäugte ihn skeptisch.

»Was meinst du, Grierson?«, fragte Frederick. »Was für eine falsche Verlobte wäre wohl die richtige für unseren Freund?«

Stephen zögerte. »Sie sollte sowohl reich als auch hochwohlgeboren sein, aber damit fallen all unsere Damen in England aus. Oder kennst du eine, die das Spiel mitspielen würde?«

»Ich sagte erfinden, nicht suchen!«, stellte Frederick klar. »Mein Vorschlag wäre eine Fürstentochter. Es gibt so viele kleine deutsche Länder, die hier niemand kennt. Vielleicht denken wir uns einfach einen Staat aus, den Napoleon gegründet hat, wie das Großherzogtum Berg. Lasst mich mal überlegen. Was haltet ihr von Schwarzenbach? Prinzessin von Schwarzenbach? Also, ich finde, das klingt hervorragend und sehr deutsch.«

»Und überaus hochadelig und reich«, fügte Stephen hinzu. »Das ist exzellent. Damit dürfte für die hiesige Damenwelt klar sein, dass für sie keinerlei Chance auf deine Gunst besteht.«