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Verliebe dich in Mayfair!
Lady Beatrice, die älteste Tochter des Earl of Conham, hat sich mit ihrem Schicksal arrangiert. Seit einem Kindheitsunfall trägt sie eine Narbe im Gesicht - und ist überzeugt, dass kein Gentleman je echtes Interesse an ihr haben wird. Drei erfolglose Londoner Seasons und eine überfürsorgliche Mutter haben sie in diesem Glauben nur bestärkt. Allerdings gelingt es ihr immer wieder, Ehen für ihre Freundinnen zu stiften.
Genau aus diesem Grund bittet die Dowager Marchioness of Bayne sie um Hilfe: Ihre drei jüngeren Söhne sollen endlich passende Bräute finden. Walter war schon zweimal verlobt, doch wurde er beide Male von seinen Angebeteten verlassen. Hugh ist als angehender Geistlicher besonders wählerisch, und Francis scheint überhaupt nicht an Frauen interessiert zu sein.
Doch Francis hat längst ein Auge auf die einzige Frau geworfen, die sich selbst nicht für begehrenswert hält: Bea. Während sie noch versucht, ihm die richtige Dame zu präsentieren, verfolgt er längst seinen eigenen Plan: ihr zu beweisen, dass sie genau die Frau ist, auf die er gewartet hat.
Der herzerwärmende Auftakt der neuen Regency-Reihe von Freda MacBride voller Gefühl und heimlicher Leidenschaft. Für alle, die starke Heldinnen, kluge Dialoge und sinnliche Liebesgeschichten lieben.
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Seitenzahl: 254
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
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Über dieses Buch
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Über die Autorin
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Impressum
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Verliebe dich in Mayfair!
Lady Beatrice, die älteste Tochter des Earl of Conham, hat sich mit ihrem Schicksal arrangiert. Seit einem Kindheitsunfall trägt sie eine Narbe im Gesicht – und ist überzeugt, dass kein Gentleman je echtes Interesse an ihr haben wird. Drei erfolglose Londoner Seasons und eine überfürsorgliche Mutter haben sie in diesem Glauben nur bestärkt. Allerdings gelingt es ihr immer wieder, Ehen für ihre Freundinnen zu stiften.
Genau aus diesem Grund bittet die Dowager Marchioness of Bayne sie um Hilfe: Ihre drei jüngeren Söhne sollen endlich passende Bräute finden. Walter war schon zweimal verlobt, doch wurde er beide Male von seinen Angebeteten verlassen. Hugh ist als angehender Geistlicher besonders wählerisch, und Francis scheint überhaupt nicht an Frauen interessiert zu sein.
Doch Francis hat längst ein Auge auf die einzige Frau geworfen, die sich selbst nicht für begehrenswert hält: Bea. Während sie noch versucht, ihm die richtige Dame zu präsentieren, verfolgt er längst seinen eigenen Plan: ihr zu beweisen, dass sie genau die Frau ist, auf die er gewartet hat.
Der herzerwärmende Auftakt der neuen Regency-Reihe von Freda MacBride voller Gefühl und heimlicher Leidenschaft. Für alle, die starke Heldinnen, kluge Dialoge und sinnliche Liebesgeschichten lieben.
Freda MacBride
Drei Junggesellenfür Lady Beatrice
»Ich hoffe, du wirst dich in dieser Season in London nicht allzu einsam fühlen, Beatrice.« Lady Conham warf ihrer Tochter von der Seite einen besorgten Blick zu. »Jetzt, da alle deine Freundinnen verheiratet sind, musst du dich bemühen, neue Bekanntschaften zu schließen. Was natürlich nicht ganz einfach wird – in deinem Alter.«
Beatrice hielt einen Moment den Atem an. Das war die beste Möglichkeit, so hatte sie herausgefunden, eine spontane Antwort zu unterdrücken, die sie möglicherweise später bereuen würde.
Sie fing einen Blick ihres jüngeren Bruders William auf, der ihr in der Kutsche gegenübersaß. Seine Mundwinkel zuckten verdächtig.
»Mistress Nolesby, die Schwiegertochter von Baron Helston, ist in Beas Alter«, sagte er. »Und ihr Trauerjahr ist vorüber. Also dürfte sie die Season wieder in London verbringen. Sie ist zwar ein bisschen langweilig …«
»Sei nicht so respektlos«, wies Lady Conham ihn zurecht. »Wie willst du das beurteilen können?«
»Ich habe im letzten Jahr ihre jüngere Schwester kennengelernt.« Er wackelte vielsagend mit den Brauen.
»Conham!« Lady Conham beugte sich nach vorn und rüttelte am Arm ihres Mannes, der den größten Teil der Fahrt nach London dazu genutzt hatte, den ihm offenbar fehlenden Nachtschlaf nachzuholen. »Du musst unbedingt mit deinem Sohn sprechen. Conham!«
Lord Conham öffnete seine Augen nicht. »Warum?«, murmelte er. »Und warum ausgerechnet in diesem Moment?«
»Sein Verhalten den jungen Damen gegenüber lässt zu wünschen übrig.«
Wenn Mutters Blicke Pfeile wären, dachte Beatrice, würde William jetzt schwer getroffen vom Sitz rutschen. Doch natürlich war sie froh über die Wendung, die das Gespräch genommen hatte. Ihr Bruder nahm Mutters Kritik stets wesentlich gelassener auf als sie selbst.
»Lass ihn in Ruhe. Ein Mann muss sich nun mal die Hörner abstoßen.« Lord Conham öffnete einen Spaltbreit die Augen. »William, wir reden heute nach dem Dinner bei einem Glas Port.«
»Mit Vergnügen, Papa«, antwortete William gehorsam.
Lady Conham atmete tief ein und machte sich bereit, weiterzusprechen.
»Seht nur, das ist Piccadilly, wir sind schon gleich in Mayfair!«, rief Beatrice schnell und deutete aus dem Fenster.
»Endlich! Hurra!«, jubelte William wie ein kleiner Junge. »Gib’s zu, Mama – du freust dich auch, all deine Freundinnen und Bekannten wiederzutreffen.«
Lady Conham seufzte und nickte. »Natürlich. Obwohl im Augenblick nur Lady Bayne in London ist. Die Familien von Lady Lilley und Lady Haverstone kommen leider erst nach Ostern.«
Das war ein bisschen schade, befand Beatrice, denn somit würde Florence, die Tochter von Lady Lilley, ebenfalls später eintreffen. Zwar war auch Florence einige Jahre jünger als Beatrice, aber sie war unverheiratet und zumindest keine achtzehn oder zwanzig mehr. Und ihre ruhige, besonnene Art machte sie zu einer angenehmen Gesprächspartnerin. Zumal sie ebenso gern las wie Bea selbst. Sie konnten vielleicht einmal gemeinsam zum Temple of the Muses fahren und sich in der riesigen und wunderbaren Buchhandlung mit dem neuesten Lesestoff eindecken.
Aber eben erst nach Ostern.
Ach, es war wirklich nicht einfach, eine siebenundzwanzig Jahre alte Jungfer zu sein!
Beatrice hoffte sehr, dass die eine oder andere ihrer engeren Bekannten in der Lage sein würde, an der Season teilzunehmen. Ihre beiden besten Freundinnen sowie ihre jüngere Schwester befanden sich in freudigen Umständen und würden ihr daher im bunten Reigen der Bälle, Soireen und Hauskonzerte nicht Gesellschaft leisten können. Das kam davon, wenn alle glücklich verheiratet waren!
Alle, außer ihr.
Und Vanessa Nolesby, die seit dem vorletzten Winter verwitwet war. Aber als Witwe war ihre Situation doch eine etwas andere.
Nun, Beatrice wusste ohnehin – spätestens seit ihrer ersten Season – dass kein Mann sie zu seiner Gemahlin machen würde. Bis dahin hatte Mutter wenigstens halbwegs heimlich geseufzt, dass ihr Äußeres leider in Gesellschaft nicht von Vorteil war. An jenem Abend, bevor Beatrice der Königin als Debütantin vorgestellt werden sollte, hatte Mutter sie jedoch mit mitfühlenden, aber ernsten Worten darauf vorbereitet, dass ein Herr stets nach einer repräsentativen und möglichst gut aussehenden Frau an seiner Seite suchte. Nicht nach einer, deren Antlitz entstellt war, auch wenn die Frisuren, die Daisy, die Zofe, für sie erfand, einen Teil der schrecklichen Narbe verbargen.
Die bitteren Tränen jener Nacht hatten Spuren hinterlassen. Auf Beatrice’ Gesicht und in ihrer Seele. Mit verquollenen Augen war sie vor Queen Charlotte getreten, um zu knicksen.
Und der erste Ball war wie ein Tanz auf glühenden Kohlen gewesen.
Natürlich hatte Mutter recht gehabt. Zwar war Beatrice kein Mauerblümchen geworden, da sie aus guter Familie und eine ausgezeichnete Tänzerin war. Auch konnte sie sehr angenehmen Small Talk halten. Und doch hatte sie von den jungen Gentlemen und Lords statt leidenschaftlicher nur mitleidige Blicke geerntet.
Nicht einmal jener alte Earl, der eigentlich in erster Linie eine Mutter für seine sechs Kinder suchte, hatte sie ernsthaft in Erwägung gezogen. Wobei sie seinen Antrag ohnehin nicht erhört hätte. Denn ein Rest Zuversicht war ihr zu diesem Zeitpunkt noch geblieben. Irgendwo musste es einen Mann geben, der über das Äußerliche hinaussah und der sich in sie verlieben würde. Oder zumindest in Erwägung zog, dass die älteste Tochter des Earl of Conham keine schlechte Partie war.
Aber nein.
Nachdem fünf solch hoffnungsvoll-hoffnungslose Seasons verstrichen waren und sie viele junge Damen in den Hafen der Ehe hatte segeln sehen, stand für sie schließlich fest: Es war ohnehin besser, allein zu sein, als am Ende einem ungeliebten Ehemann gehorchen zu müssen. Und finanziell unabhängig war sie auch – dank des ansehnlichen Geldbetrags, den Papa ihr überschrieben hatte und von dessen Zinsen sie recht bequem würde leben können, wenn ihr Vater eines Tages nicht mehr da war.
Blieb die drohende Langeweile in diesem Jahr.
Die Kutsche hielt vor dem prächtigen Stadthaus an der Südseite des Grosvenor Square. William öffnete den Schlag, sprang hinaus und half zuerst seiner Mutter, dann seiner Schwester beim Aussteigen.
Beatrice blieb stehen und atmete tief ein.
Stadtluft. Wie sie diesen Geruch liebte! Den Rauch aus den Kaminen, die frischen Pferdeäpfel auf der Straße, irgendetwas Fauliges …
Sie nahm eine zweite Nase voll. Ja, es duftete nach London! Nach Vergnügungen und Lachen, nach Musik und Tanz. Sie lächelte.
William und ihre Eltern traten bereits durch die Haustür von Conham House, die der Butler für sie geöffnet hatte. Beatrice beeilte sich, ihnen zu folgen.
Gedankenverloren stieg sie die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf. Dort stand ein großer Krug warmes Wasser bereit und ein frisches Leinenhandtuch hing über dem Ständer neben dem Waschtisch. Während sie sich den Reisestaub von Gesicht und Händen wusch und auf Daisy wartete, die sich selbstverständlich zuerst um ihre Mutter kümmerte, schmiedete sie erste Pläne.
Morgen war Sonntag. Da würden sie natürlich zum Gottesdienst in die Saint George’s Church am Hanover Square gehen. Sie konnte ihr neues, blaues Kleid mit der weißen Spitze tragen und den passenden Hut mit der breiten Schute, die einen Teil des Gesichts schmeichelnd verbarg.
Hoffentlich war die Predigt einigermaßen erbaulich und nicht zu lang. Wichtiger als das religiöse Zeremoniell war ohnehin, dass man hinterher die Gelegenheit hatte, die anderen Damen und Herren, die bereits von ihren Landsitzen nach London gekommen waren, zu begrüßen und erste Verabredungen zu treffen.
Beatrice war fest entschlossen: Sie würde neue Kontakte knüpfen und eine abwechslungsreiche und angenehme Season verbringen.
Dorothea Broughton, die Dowager Marchioness of Bayne, blickte unzufrieden auf ihre drei unverheirateten Söhne, die sie in der Eingangshalle am Fuß der Treppe erwarteten.
Walter bemühte sich sichtlich um ein ernstes und würdiges Auftreten, wie es sich für einen Mann der Rechtswissenschaften gehörte.
Hugh sah bereits vor dem Gottesdienst so durchgeistigt aus, als hätte er eine ganz persönliche himmlische Erleuchtung erfahren.
Und Francis … Francis lächelte.
Unwillkürlich erwiderte Lady Bayne sein Lächeln. Wie hätte sie dem Grübchen in seiner rechten Wange auch widerstehen sollen? Er war der Einzige ihrer Söhne, der dieses bezaubernde Attribut von seinem verstorbenen Vater geerbt hatte.
»Liebste Mama, du siehst hinreißend aus«, sagte er. »Und keinen Tag älter als –«
»Wirst du wohl still sein!«, gab Lady Bayne zurück. »Du sollst nicht lügen! Das ist eines der zehn Gebote.«
»Es heißt: ›Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten‹, und es handelt sich um das achte Gebot«, dozierte Hugh. Seit er sich Hoffnungen auf eine Stelle in einer größeren und einträglicheren Kirchengemeinde machte, ließ er keine Gelegenheit aus, die Bibel zu zitieren.
Walter runzelte die Stirn. Er sah aus, als wollte er seinen Bruder ausstechen und gleich einen juristischen Vortrag halten, also eilte Lady Bayne die letzten Stufen hinunter und nahm Francis’ Arm.
»Es wird Zeit«, sagte sie streng.
»Die Kutsche steht bereit.« Francis führte sie hinaus und half ihr beim Einsteigen. Er folgte ihr ins Innere der Barouche und setzte sich neben sie, ohne auf seine Brüder zu warten.
»Deine Manieren hast du wohl in Indien gelassen, Fran«, beschwerte sich Walter. »Setz dich wenigstens auf die andere Kutschbank, ich fahre so ungern mit dem Rücken in Fahrtrichtung.«
Francis verdrehte die Augen, gehorchte jedoch und wechselte auf den Platz gegenüber, wo Lady Bayne ihn genauer betrachten konnte. Da er den Winter auf dem Landsitz seines ältesten Bruders John und dessen Frau Ada verbracht hatte, während sie zu einer Kur nach Bath gereist war, hatte sie ihn einige Monate nicht gesehen.
Francis sah erholter aus als im letzten Jahr. Da hatte sie sich Sorgen um ihn gemacht. Aber wahrscheinlich hatte er nichts weiter gebraucht als ein wenig mehr Zeit und Ruhe, um sich nach dem langen Aufenthalt in Indien wieder an England und das Leben hier zu gewöhnen.
Der Weg von Laburnum House zur Kirche war kurz, nur etwa eine halbe Meile. Eigentlich wäre Lady Bayne gerne zu Fuß gegangen. Aber ihr hoher Status erforderte ein entsprechendes Auftreten, besonders jetzt zu Beginn der Season, also ließ sie sich in der Kutsche vorfahren und von ihren Söhnen heraushelfen. Mit freundlichem Nicken nach links und nach rechts zu anderen ankommenden Damen und Herren schritt sie durch den Portikus mit den sechs korinthischen Säulen, der in die Saint George Street herausragte, und betrat das Innere.
Walter, Hugh und Francis folgten ihr die Treppe hinauf auf die Empore zu dem geschlossenen Kirchengestühl der Familie, das sie immer ein wenig an eine Opernloge erinnerte, allerdings eine, von der aus man die Bühne nicht betrachten musste. Wobei man das je nach Vorführung in der Oper durchaus ebenso halten konnte.
Obwohl Hugh etwas von »überaus erbaulich« murmelte, zog der Gottesdienst an Lady Bayne vorüber, ohne einen besonderen Eindruck zu hinterlassen. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf, zu viele Sorgen.
Walter verkraftete es gar nicht gut, dass im vergangenen Jahr schon die zweite Dame ihre Verlobung mit ihm wieder gelöst hatte. Er war jetzt dreißig, da wurde es Zeit, eine Familie zu gründen. Eine Ehefrau, die ihm zur Seite stand, konnte seine juristische Karriere ungemein fördern. Aber weit und breit war keine passende Dame zu sehen.
Und Hugh. Hier erwies sich die Situation als fast noch schwieriger. Sollte doch ein Geistlicher mit seinem eigenen Familienleben ein Vorbild für seine Gemeinde sein. Hugh war sich dessen durchaus bewusst, er zeigte sich allerdings so anspruchsvoll, was eine mögliche Pfarrersfrau betraf, dass bisher niemand vor seinen strengen Augen würdig genug erschienen war, um umworben zu werden.
Francis hatte noch ein wenig Zeit, er war erst siebenundzwanzig. Eigentlich sollte er keine großen Schwierigkeiten haben, eine Frau zu finden, zumal er Anfang des vergangenen Jahres mit einem ansehnlichen Vermögen aus Indien zurückgekehrt war. Natürlich war er kein Nabob, aber er hatte neben seiner Anstellung bei der East India Company ein gutes Gespür für die richtigen Investitionen gehabt. Und auch wenn er lediglich der vierte und jüngste Sohn des verstorbenen Marquess of Bayne war, würde er damit in den höchsten Kreisen als Schwiegersohn willkommen sein.
Denn auch Francis verdiente eine passende Gefährtin, möglichst eine, die ihn häufiger lächeln ließ. Sie erinnerte sich an den fröhlichen und schelmischen Jungen, der er gewesen war. Heutzutage wirkte er oft so ernst und nachdenklich, fast melancholisch. Mit der richtigen Frau an seiner Seite würde er hoffentlich wieder mehr Freude am Leben finden.
Allerdings schien sich Francis recht wenig für das weibliche Geschlecht zu interessieren. In der vergangenen Season hatte er nur äußerst selten einmal einen Ball besucht, und bei Almack’s hatte man ihn gar nicht gesehen, obwohl Lady Jersey mehrmals ausdrücklich nach ihm gefragt hatte. Als Patronesse dieser ehrwürdigen Einrichtung hätte sie ihn zu gerne als Mitglied gewonnen.
Doch das einzige weibliche Wesen, für das Francis ernsthaft Zuneigung zu empfinden schien, war seine Stute Kassandra. Die Liebe zu Pferden teilte er mit seiner Mutter, und Lady Bayne hatte dafür großes Verständnis, aber beim Ausreiten würde er wohl kaum eine Frau finden. Schon gar nicht, wenn er dies nicht zur modischen Stunde auf der Rotten Row im Hyde Park tat, wo alle Welt promenierte oder ausfuhr, um gesellschaftliche Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Was konnte sie tun? Nun, sie war in einer Kirche, da lag das Gebet nahe. Hörte nicht Gott sogar den kleinsten Spatz, der auf den Boden fiel? Und so betete die Dowager Marchioness of Bayne um göttlichen Beistand bei der fast aussichtslosen Aufgabe, ihre Söhne zu verheiraten.
Die Sonne schien frühlingshaft warm und hell, als Lady Bayne endlich aus der Kirche trat. Zu ihrer großen Freude entdeckte sie die Familie des Earl of Conham und eilte auf ihre Freundin zu.
»Liebste Caroline! Wie schön, dass ihr schon angekommen seid.«
»Dorothea, ich hatte so gehofft, dich heute hier zu sehen!«
Die Damen begrüßten sich herzlich, dann grüßte Lady Bayne auch Lord Conway, Beatrice und William. Sie sah sich nach ihren Söhnen um. Doch die standen in einiger Entfernung, bereits vertieft in ein Gespräch mit anderen jungen Herren.
»Nun habe ich drei männliche Begleiter und dennoch keinen«, scherzte sie.
»Vielleicht darf ich Ihnen behilflich sein? Oder unser William?«, bot Lord Conham höflich an.
»Nein, nein, schon gut. Wie geht es Ihnen, Lady Beatrice, ihr Kleid ist wirklich ganz bezaubernd«, wandte sich Lady Bayne nun an die Tochter ihrer Freundin. »Es passt genau zum heutigen Frühlingshimmel.«
Lady Beatrice knickste dankend.
Sie war so ein freundliches und intelligentes Mädchen! Obwohl man sie in ihrem Alter eigentlich nicht mehr als Mädchen bezeichnen konnte. Traurige Geschichte mit dem Unfall damals. Immerhin hatte sie nicht das Auge verloren. Aber wohl ein wenig Lebensmut und -freude.
»Wie geht es euren anderen Kindern?«, erkundigte sie sich schnell bei ihrer Freundin, um Lady Beatrice nicht mit ihren Blicken in Verlegenheit zu bringen. »George setzt seine Studien in Oxford fort?«
»Ja, er findet überraschend großen Gefallen an der Gelehrsamkeit.«
»Und die liebe Diana? Ist sie glücklich als Lady Laddingford?«
Lady Conham begann zu strahlen. »Oh ja, das ist sie. Und sie ist aus dem allerschönsten Grund der Welt verhindert, in dieser Season nach London zu kommen.«
»Ach, wie erfreulich!«
»Ja, Lord Laddingford ist der beste Ehemann, den sie sich wünschen kann. Wir sind unserer Beatrice so dankbar, dass sie die beiden zusammengebracht hat!«
»Stimmt«, sagte Lady Bayne langsam und suchte in ihrem Gedächtnis nach halbvergessenen Kommentaren ihrer Bekannten. »Ich erinnere mich. Auch daran, dass dies nicht das erste Paar war, dessen Ehe Sie gestiftet haben, Lady Beatrice. Oder täusche ich mich?«
»Nein, My Lady, ich durfte in den letzten beiden Jahren auch zweien meiner Freundinnen behilflich sein, den richtigen Mann zu finden.«
Angesichts dieser Leistung sah die junge Frau viel zu bescheiden aus.
»Vergiss nicht Cousine Winifred, das war vor dreieinhalb Jahren, und auch sie ist gerade in besonderen Umständen und überglücklich mit Mister Danton«, fügte Beatrice’ Mutter vertraulich hinzu.
Lady Bayne nickte langsam. »Da scheinen Sie ja wirklich ein außergewöhnliches Gespür dafür zu haben, wer zueinander passt, meine liebe Lady Beatrice.«
»Nur leider sind nun all ihre Freundinnen verheiratet«, warf Lady Conham ein, »und ich fürchte, die Arme wird sich in dieser Season ein wenig langweilen und einsam fühlen.«
»Das muss nicht sein.« Lady Bayne ließ das Gesicht der jungen Frau unter der blauen Schute nicht aus den Augen. »Den morgigen Tag habe ich bereits verplant, aber was halten Sie davon, Lady Beatrice, Ihre Mutter und mich am Dienstag zu Gunter’s zu begleiten? Ich habe gehört, in diesem Jahr soll man dort Ingwer-Eiscreme bekommen. Noch dürfte es nicht so überfüllt sein wie später im Sommer, also könnten wir in Ruhe plaudern.«
»Sehr gerne«, antwortete Lady Beatrice. Sie schien sich aufrichtig zu freuen. Und ihr Lächeln war ausgesprochen bezaubernd.
Lady Bayne warf einen kurzen Blick zu ihren Söhnen, dann erwiderte sie Lady Beatrice’ Lächeln herzlich und sagte: »Wie schön! So können wir uns ein wenig besser kennenlernen.«
Wer behauptete, dass Beten nicht half?
Gunter’s Tea Shop lag am Berkeley Square und war seit vielen Jahren en vogue, wenn es darum ging, eine feine Kleinigkeit zu sich zu nehmen. Vor allem die Damen schätzten diese Institution, die besonders für ihre Eiscremes und Sorbets berühmt war.
Lady Bayne, die in der Grosvenor Street nur ein kurzes Stück entfernt vom Stadthaus der Familie des Earl of Conham wohnte, holte Beatrice und ihre Mutter am Nachmittag zu Fuß ab. Zu Beatrice’ Freude bestand sie auf einen Spaziergang, obwohl Lady Conham wenig Begeisterung zeigte.
Beatrice’ Mutter liebte es, ihr Eis statt in dem kleinen Tea Shop in der eigenen Kutsche unter den Platanen des Berkeley Squares zu genießen, die man just in dem Jahr gepflanzt hatte, als die Franzosen ihre schreckliche Revolution begonnen hatten. Doch Lady Bayne war äußerst geschickt darin, ihren vorsichtigen Einwand einfach zu überhören, was Beatrice bewundernswert fand. Rang und Namen hatten durchaus etwas für sich.
So saßen die drei Damen endlich an einem der kleinen runden Tische bei Gunter’s und studierten die Karte der Köstlichkeiten.
»Ich möchte die neue Ingwer-Eiscreme probieren«, sagte Lady Bayne entschieden.
Lady Conham schüttelte den Kopf. »Ich mag die Schärfe dieser Wurzel nicht und werde lieber ein Zitroneneis bestellen.«
»Und Sie, Lady Beatrice?«
»Ich schließe mich Ihnen an, My Lady. Ingwer soll ja sehr gut für die Gesundheit sein, und es ist gewiss ein neuartiger Geschmack für eine Süßspeise.«
»Ah, ein wenig Neugier und Wagemut, das gefällt mir.« Lady Bayne lächelte.
»Wo wäre die Menschheit ohne diese Eigenschaften?«, fragte Beatrice.
Nun winkte Lady Bayne dem Kellner. Er eilte herbei und nahm die Bestellung auf.
»Natürlich finden die großen Bälle erst statt, wenn die Season nach Ostern richtig beginnt«, schnitt Lady Bayne ein neues Thema an, sobald er ihnen den Rücken gekehrt hatte, »aber ich plane für den kommenden Freitagabend eine musicale, ein kleines Hauskonzert. Ich hoffe, ich darf auch mit Ihnen und ihrem Gatten, liebe Caroline, und natürlich mit Lady Beatrice rechnen?«
»Aber selbstverständlich! Meine Tochter liebt Musik«, erklärte Lady Conham. »Sie spielt auch selbst das Spinett und hat eine sehr hübsche Stimme.«
Beatrice hielt die Luft an. Bitte, lieber Gott, dachte sie, lass sie nicht vorschlagen, dass ich mich an dem Konzert beteiligen soll!
»Das freut mich«, antwortete Lady Bayne sofort, »dann wird sie es sicher genießen, den ausgezeichneten Musikern zuzuhören, die ich für den Freitagabend engagiert habe: zwei Violinisten und einen Cellisten aus Edinburgh. Sie gehören zu dem Orchester, das auch in diesem Jahr wieder bei Almack’s spielen wird.«
Beatrice atmete auf.
»Es wird unter anderem eine der Triosonaten von Händel aufgeführt. Das finde ich sehr passend, weil der Komponist ja in der Gemeinde von Saint George’s gelebt hat. Er war also selbst ein Gentleman aus Mayfair und in früheren Zeiten hätten wir ihm beim Kirchgang begegnen können.«
»Oh ja, sehr passend«, stimmte Lady Conham zu.
»Meine Söhne werden natürlich auch da sein«, fügte Lady Bayne hinzu und sah dem Kellner entgegen, der mit einem Tablett mit drei Eiscreme-Schalen auf ihren Tisch zusteuerte. »Ich glaube, Sie kennen sie noch nicht, Lady Beatrice?«
»Ich hatte vor zwei Jahren die Ehre, dem Marquess und seiner Gattin vorgestellt zu werden.«
Lady Bayne schüttelte den Kopf. »Von John spreche ich nicht, es geht um meine jüngeren Söhne: Walter, Hugh und Francis.«
»Ah, nein, wir sind nicht miteinander bekannt.«
»Dann wird es höchste Zeit«, sagte Lady Bayne entschieden.
Beatrice hob die Brauen. Was wollte die Dowager Marchioness von ihr?
»Sehen Sie«, sie beugte sich ein wenig näher zu Beatrice und senkte die Stimme, »keiner der drei scheint imstande zu sein, eine Frau zu finden. Schon gar nicht, die richtige Frau zu finden. Und da ich gehört habe, dass Sie einige Erfahrung darin haben, die passenden Menschen zueinander zu führen …«
»Sie wollen …« Beatrice schluckte. »Sie wollen, dass ich für Ihre Söhne …«
»Nun, ich kann natürlich nicht verlangen oder auch nur erwarten, dass sie sofort Ehen für sie stiften. Aber ich wäre sehr glücklich, wenn Sie ein wenig dafür sorgen würden, dass ihnen die richtigen Damen überhaupt einmal begegnen und vorgestellt werden. Was meinen Sie, wäre das im Rahmen ihrer Möglichkeiten?«
»Aber Dorothea!«, rief Lady Conham entsetzt aus. »Willst du meine arme Beatrice etwa als Heiratsvermittlerin einsetzen? Das geht doch nicht! Sie ist eine Dame!«
Lady Bayne lachte. »Gerade deshalb sollte es ihr möglich sein, bei Bekanntschaften ganz unauffällig ein wenig nachzuhelfen. So wie ihr das bei ihrer Schwester, ihrer Cousine und ihren Freundinnen gelungen ist. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?«
»Nein, das haben Sie nicht, My Lady«, sagte Beatrice mit klopfendem Herzen. »Ich kann mir durchaus vorstellen, in dieser Hinsicht behilflich zu sein. Allerdings müsste ich dazu ein bisschen mehr über ihre Söhne wissen und sie persönlich kennenlernen.«
»Beatrice!«, rief Lady Conham so laut, dass sich die Herrschaften am Nachbartisch nach ihr umsahen.
Beatrice ignorierte den Zwischenruf ihrer Mutter und sah Lady Bayne aufmerksam an, als diese ihr antwortete.
»Eben deshalb würde ich mich sehr freuen, wenn Sie am Freitag zu meinem Hauskonzert erschienen. Ich werde Sie Walter, Hugh und Francis vorstellen, und es wird in der Pause und auch hinterher selbstverständlich genug Gelegenheit für Sie geben, mit meinen Söhnen ins Gespräch zu kommen, dafür werde ich sorgen.«
Beatrice zögerte nur kurz. »Ich verspreche noch nichts. Ich werde Ihnen aber nach dem Konzert Bescheid geben, ob ich mir vorstellen kann, etwas Gutes zu bewirken.«
Lady Bayne nickte erfreut. »Das ist fair. Ich werde mich natürlich erkenntlich zeigen. Überlegen Sie sich einen Wunsch. Beziehungsweise drei Wünsche, es sind schließlich drei junge Herren, die ihrer Hilfe bedürfen.« Ihr erleichtertes Lächeln kam offensichtlich von Herzen. »So, und nun sollten wir unsere Eiscreme essen, bevor sie schmilzt.«
Beatrice nahm den Löffel auf und widmete sich ihrem Eis. Es fiel ihr jedoch schwer, den innerlichen Jubel zu unterdrücken. Sie hatte eine neue Aufgabe! Und auch wenn sie die jungen Herren noch nicht kannte, konnte es nicht allzu schwierig sein, sie zu verkuppeln. Zu ihrem Bekanntenkreis gehörten viele junge Damen, und sie erkannte tatsächlich immer schnell, ob ein Mann und eine Frau zusammenpassten. Und dann hatte sie die eine oder andere erprobte Methode parat, die beiden diskret einander näherzubringen.
Außerdem eröffneten sich natürlich durch die Verbindung mit Lady Bayne ganz neue gesellschaftliche Möglichkeiten.
Nein, Beatrice musste sich keine Sorgen mehr machen, dass sie sich in dieser Season langweilen würde!
Der Ausritt war nicht ganz das gewesen, was Francis sich gewünscht hatte. Doch Mama hatte im Stall Bescheid gegeben, dass man sie, sobald er Kassandra satteln ließ, verständigen und auch ihre Stute bereitmachen sollte. So war er nicht umhingekommen, sie in den Hyde Park zu begleiten statt wie geplant in Richtung Hampstead Heath aufzubrechen.
Ein Ritt auf der Rotten Row hatte eigentlich nicht wirklich etwas mit dem zu tun, was Francis unter Reiten verstand. Es war mehr ein langsames Promenieren zu Pferde mit häufigem Stehenbleiben zum Austausch von Nichtigkeiten mit Bekannten.
Zum Glück waren bisher erst wenige Angehörigen des Hochadels mit ihren Familien in die Hauptstadt zurückgekehrt, sodass sich die Anzahl der Höflichkeitsbekundungen im Rahmen hielt. Bei den meisten Begegnungen grüßte auch Mama nur freundlich, ohne für einen Plausch anzuhalten, und es genügte, wenn er höflich den Hut lüftete.
»Ich wundere mich ein wenig, dass du dir die Zeit für einen Ausritt genommen hast«, sagte Francis. »Hast du für das heutige Hauskonzert keine Vorbereitungen mehr zu treffen?«
»Mein lieber Junge«, antwortete Lady Bayne und nickte einem Paar in einer Kutsche, die ihnen entgegenkam, freundlich zu. »Wenn ein Haushalt entsprechend gut organisiert ist, weiß das Personal um diese Tageszeit genau, was es zu tun hat. Da bin ich ein Weilchen entbehrlich. Und du weißt, dass ich es hasse, mich den ganzen Tag nur im Haus aufzuhalten.«
»Das verstehe ich nur zu gut.«
»Ich habe den Beginn des Konzerts so gelegt, dass uns gleich noch genug Zeit bleibt, um uns umzukleiden. Einen warmen Imbiss gibt es dann erst in der Pause, aber natürlich kannst du die Köchin bitten, dir vorher schon etwas aufs Zimmer zu schicken, wenn du hungrig bist.«
»Nein, nein. Das ist in Ordnung so. Aber ist es wirklich notwendig, dass ich heute Abend dabei bin? Ich hatte gedacht, ich könnte –«
»Francis! Ich habe euch schon vor Tagen gesagt, dass ich Wert auf eure Anwesenheit lege. Ich möchte heute Abend alle meine Söhne um mich haben.«
»Das wird nicht klappen.« Francis grinste. »John und Ada sind noch auf dem Land.«
»Ich spreche nicht von John. Ich spreche von Walter, Hugh und dir.«
»Immer hat der Älteste eine Sonderstellung«, murrte Francis.
Lady Bayne ignorierte seine Klage. »Ich habe noch eine Bitte an dich. Heute Abend kommen Lord und Lady Conham mit ihrer Tochter …«
»Mama!«
Fing sie nun etwa auch an, ihren Söhnen ständig Heiratskandidatinnen zu präsentieren wie andere Mütter? Damit würde sie zumindest bei ihm auf Granit beißen.
»Lass mich ausreden. Lady Beatrice ist eine sehr angenehme junge Dame. Ich möchte, dass sie sich bei uns wohlfühlt und respektvoll behandelt wird.«
Francis sah seine Mutter irritiert an. »Wie kommst du darauf, dass es anders sein könnte?«
»Weil ich es leider schon erlebt habe, dass man sie unhöflich angestarrt hat. Lady Beatrice hatte als Kind einen schweren Unfall und hat davon eine Narbe im Gesicht zurückbehalten.«
»Das tut mir leid.«
»Von deinem Mitleid kann sie sich nichts kaufen«, sagte Lady Bayne streng. »Aber sie wird es zu schätzen wissen, wenn du sie nicht wie ein Weltwunder oder eine Aussätzige anstarrst.«
»Das würde ich nie tun!« Für wen hielt Mama ihn denn?
»Ich weiß«, lenkte sie ein, »dennoch wollte ich dich vorbereiten. Ich gedenke nämlich, Lady Beatrice in der nächsten Zeit ein wenig unter meine Fittiche zu nehmen. Ihre Mutter fürchtet, dass sie sich in dieser Season einsam fühlen könnte, da all ihre Freundinnen bereits verheiratet sind, ebenso wie ihre jüngere Schwester.«
Francis räusperte sich. »Darf ich fragen, wie alt diese Lady Beatrice ist?«
»Nein, das darfst du nicht. Das ist, wie du wissen solltest, äußerst unhöflich.« Trotz ihrer strengen Worte nickte seine Mutter einem entgegenkommenden Herrn freundlich zu.
»Ich dachte nur, eine Debütantin kann sie ja dann nicht mehr sein«, erklärte Francis. »Wahrscheinlich ist sie schon ziemlich alt.«
»Genauso alt wie du, mein Lieber, wenn du es wirklich wissen willst. Nur ist sie deutlich besser erzogen.«
Francis musste zugeben, dass er gespannt auf diese alte Jungfer war. Wenn Mama sich ihrer annahm, hatte sie gewiss etwas Besonderes an sich.
Als seine Mutter ihn dann wenige Stunden später vor dem Konzert schließlich vorstellte und er sich verbeugte, kämpfte er mit dem Gefühl der Enttäuschung. Lady Beatrice war keineswegs die melancholische, entstellte Dame aus seiner Vorstellung. Dafür hatte sie in ihrem altrosafarbenen Kleid eine viel zu ansprechende Figur mit einem viel zu hübschen Dekolleté. Wenn sie lächelte, so wie eben bei der Begrüßung, entblößte sie eine perfekte, perlweiße Zahnreihe, und winzige Fältchen um ihre Augen zeigten, dass sie gerne und oft lachte. Und die Narbe …
Nun, er wusste selbst nicht genau, was er sich vorgestellt hatte. Doch die weiße Linie, die auf der rechten Seite ihres Gesichts unter den über die Schläfe frisierten Haaren hervortrat und sich nahe am Auge vorbei bis auf die Wange zog, war nach all dem, was er sich ausgemalt hatte, ernüchternd harmlos.
So fiel es ihm nicht schwer, ihr Lächeln ungezwungen zu erwidern und ihr glaubhaft zu versichern, dass er sehr erfreut war, sie kennenzulernen.
Lady Beatrice begann eines jener nichtssagenden Gespräche über das Wetter, wie es zu Beginn einer neuen Bekanntschaft üblich war. Doch der Blick aus ihren dunklen Augen war aufmerksam, fast durchdringend, als wollte sie in seine Seele hineinschauen. Sein Herz schien kurz zu stolpern. Es war seltsam, so gemustert zu werden, und er ertappte sich dabei, dass er hoffte, Gnade vor ihren Augen zu finden.
