Der Nahschuss - Gunter Lange - E-Book

Der Nahschuss E-Book

Günter Lange

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Beschreibung

Am 26. Juni 1981 wurde in Leipzig durch »Nahschuss in das Hinterhaupt« das letzte Todesurteil der DDR-Geschichte vollstreckt. Zwei Wochen zuvor hatte das Oberste Gericht der DDR das Urteil gefällt: Dr. Werner Teske, Jahrgang 1942, Hauptmann der Hauptverwaltung A im Ministerium für Staatssicherheit, wurde »vorbereiteter und vollendeter Spionage im besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorbereiteter Fahnenflucht im schweren Fall« für schuldig befunden. Erich Honecker machte von seinem Gnadenrecht keinen Gebrauch, er schaffte die Todesstrafe erst 1987 ab. Seit Gründung der DDR 1949 waren mindestens 164 Personen zum Tode verurteilt worden, etwa 52 davon wegen »politischer Delikte«.
Der Fall wirft bis heute Fragen auf: Wollte Staatssicherheitsminister Mielke nach der Flucht des HV A-Offiziers Werner Stiller 1979 an Teske ein Exempel statuieren? Doch warum wurde die Hinrichtung nicht unter seinen Kollegen publik gemacht?
Gunter Lange zeichnet den Lebensweg Teskes von seiner Kindheit in Berlin über das Studium der Wirtschaftswissenschaften und seine Tätigkeit als Führungsoffizier für Westspione im HV A-Sektor Wissenschaft und Technik sowie den Prozess gegen ihn nach. Offenbar war Teske zunehmend unzufrieden und unterschlug Geld. Aber wollte er wirklich »überlaufen«?

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Seitenzahl: 323

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Gunter LangeDer Nahschuss

Gunter Lange

Der Nahschuss

Leben und Hinrichtung des Stasi-Offiziers Werner Teske

Ch. Links Verlag

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

Der Ch. Links Verlag ist eine Marke der Aufbau Verlage GmbH & Co. KG

1. Auflage, Juni 2021

entspricht der 1. Druckauflage vom Juni 2021

© Aufbau Verlage GmbH & Co. KG

www.christoph-links-verlag.de

Prinzenstraße 85, 10969 Berlin, Tel.: (030) 44 02 32-0

Umschlaggestaltung: Nadja Caspar, unter Verwendung vonin der MfS-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausenaufgenommenen Fotos von Werner Teske 1980; BStU, MfS,HA IX, 8426-1980

Satz: Nadja Caspar, Ch. Links Verlag

ISBN 978-3-96289-117-6

eISBN 978-3-86284-496-8

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Teskes letzter Gang

Kapitel 1: Ein unspektakulärer Aufstieg

Kapitel 2: IM »Tesla« betritt die Bühne

Kapitel 3: Im Dienste der Staatssicherheit

Kapitel 4: Die Spionage der HV A

Kapitel 5: Abstieg ins Tal der Frustration

Kapitel 6: Ertappt

Kapitel 7: Enttarnt

Kapitel 8: Das Geständnis

Kapitel 9: Geheimnisverrat im Konjunktiv

Kapitel 10: In den Händen der Militärjustiz

Kapitel 11: Todesurteil im Schnellverfahren

Kapitel 12: Die letzten 15 Tage

Kapitel 13: Hinter den Kulissen

Kapitel 14: Späte Rehabilitierung

Anhang

Anmerkungen

Abkürzungen

Bildnachweis

Dank

Der Autor

Vorwort

Den Bau der Berliner Mauer am 13. August 1961 erlebte ich als Zwölfjähriger im Westteil der Stadt. Mit diesem Ereignis waren die Verbindungen zu einem Großteil meiner Verwandten in der DDR abgeschnitten. Auf Jahre. Damals war das Brandenburger Tor mit der Mauer mein erstes Fotomotiv, später dokumentierte ich immer wieder den Grenzverlauf in Kreuzberg und im Wedding. Bilder, die im Kopf bleiben. Die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Unterschiede der beiden Deutschlands beförderten mein politisches Interesse ungemein. Wo sonst war Deutschlandpolitik so greifbar wie in Berlin? Meine Sicht auf den Ostteil Deutschlands beschränkte sich auf die Rolle als Zaungast, etwa bei seltenen Verwandtschaftsbesuchen. Für die gewerkschaftliche Jugendbildungsarbeit reiste ich im Sommer 1973 als Teilnehmer zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten nach Ost-Berlin, zum Meinungsaustausch über Jugend in Arbeit und Ausbildung. Das Interesse am Leben im geteilten Deutschland blieb auf meiner persönlichen wie beruflichen Agenda. Mal mehr, mal weniger.

Ein besonderer Aspekt blieb über die Jahre immer im Fokus: Deutschland als Handlungsfeld der Geheimdienste. Als 15-Jähriger las ich John le Carrés Roman Der Spion, der aus der Kälte kam. Viele weitere Spionageromane folgten, auch von Graham Greene, Eric Ambler oder Ted Allbeury. Gemeinsam ist diesen Autoren, dass ihre Protagonisten zumeist keine Helden sind, sondern Persönlichkeiten, die mit dem Geheimdienstapparat hadern, oft mit Brüchen in den Biografien. Für mich bebilderten diese Romane Zeitgeschichte vor dem Hintergrund des Kalten Krieges, die Auseinandersetzung der politischen Systeme.

Nach der Jahrtausendwende beförderten Führungen durch die Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen und die einstige Stasi-Zentrale in Lichtenberg bei mir eine Themenfokussierung auf das Ministerium für Staatssicherheit und speziell auf den DDR-Auslandsnachrichtendienst, die Hauptverwaltung A. Nie zuvor war ein Geheimdienstapparat so öffentlich geworden. Die Literatur über dieses Metier ist reichhaltig, beleuchtet politische, ökonomische und rechtswissenschaftliche Zusammenhänge. Ausgeblendet sind zumeist diejenigen, die nicht ohne Weiteres der Kategorie Täter oder Opfer zuordenbar sind, so mein Eindruck. Sie haben Namen, deshalb stieß ich auf Werner Teske, das letzte Todesopfer der DDR-Militärjustiz.

Die Vita Werner Teskes spiegelt die 1950er-, 60er- und 70er-Jahre, die Nachkriegszeit wider. Sie ermöglicht Einblicke in ein weitgehend verborgenes Milieu, das seine Existenz aus der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systemkonkurrenz ableitet. Sie bot mir mit einem biografischen Ansatz eine aufschlussreiche Zeitreise. Mit Dokumenten zu seiner Person, Vernehmungsprotokollen und Gerichtsakten eröffnete sich mir im Stasi-Unterlagen-Archiv ein tiefer Einblick in seinen kurzen Lebensweg. In der Untersuchungshaft versuchte Teske seinen Vernehmern zu erklären, was ihn zu seiner Handlungsweise angetrieben hatte. Er legte, von ihnen immer wieder ermuntert, seine Gedankengänge offen, die weiter griffen als seine Taten selbst: Verrat im Konjunktiv. Einerseits befreite er sich von einem jahrelangen Spannungszustand, andererseits befand er sich in der Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in einer monatelangen Extremsituation. Mit seinen umfassenden Aussagen hoffte er auf einen fairen Prozess und die Chance auf einen Neuanfang.

Aber wie konnte es dazu kommen? Wer hat die Vita Teske beeinflusst? Mit welchen Methoden? War sein Lebensweg wirklich so unabänderlich? Um Antworten bemüht sich diese Biografie.

Berlin, im April 2021

Gunter Lange

Einleitung Teskes letzter Gang

Ein Gewitterregen hat über Nacht für klare Luft in Berlin gesorgt. Im Westteil der Stadt, in Kreuzberg, gab es am Vorabend die heftigsten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei seit Jahren: Zwei besetzte Häuser sind geräumt worden, ein militanter Kern der Hausbesetzerszene lieferte sich bis in die Abendstunden mit der Polizei Straßenkämpfe. Im Ostteil Berlins konnte die Führung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zur selben Zeit ein erfreuliches Resümee ziehen: 99,86 Prozent der Wähler in der DDR haben am 14. Juni 1981 zuvor bei der Volkskammerwahl für die Kandidaten der Nationalen Front gestimmt, und die neue Volkskammer hat nun erwartungsgemäß Willi Stoph zum Vorsitzenden des Ministerrats und Erich Honecker zum Vorsitzenden des Staatsrats wiedergewählt.

Am frühen Morgen des 26. Juni 1981, einem Freitag, weckt ein Offizier des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) in der Untersuchungshaftanstalt in Berlin-Hohenschönhausen den Häftling Dr. Werner Teske vorzeitig. Er werde verlegt, heißt es. Dem Häftling bleibt wenig Zeit für das Waschritual und ein Frühstück. Kurze Zeit später steigt er mit Handschellen gefesselt in einen grauen Barkas B 1000 mit Kastenaufbau. Dann schließt sich hinter ihm die Tür zu der schmalen Zelle. Ein kleines Oberlicht verbreitet nur eine Spur von Helligkeit. Das Rolltor in der Gefängnismauer öffnet sich, und der Wagen verlässt den Sperrbezirk im Nordosten Berlins. Von der Fahrt durch das Neubauviertel Marzahn zum Autobahnring sieht der Häftling nichts. Ebenso wenig ahnen die Straßenbahnfahrgäste, an denen der Barkas vorbeizieht, etwas von dessen eingesperrtem Passagier.

Die Fahrt endet kurz vor 10 Uhr am Tor der Strafvollzugsanstalt Leipzig in der Südvorstadt. Die Pforte in der Arndtstraße öffnet sich, und der Barkas fährt in einen Hof. Zwei Uniformierte führen Werner Teske durch eine kleine Tür in die Haftanstalt. In einem Raum am Ende eines kurzen Ganges erwarten Teske mehrere Herren: An einem Tisch sitzen ein aus Berlin angereister Staatsanwalt, der Leiter der Strafvollzugsanstalt und ein Arzt. Sie prüfen die Personenidentität des vorgeführten Häftlings mit ihren Akten.

Der 1. Militärstrafsenat des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) hat am 11. Juni 1981 den 39-jährigen Dr. Werner Teske, ehemals Hauptmann des MfS, wegen vollendeter Spionage im besonders schweren Fall und versuchter Fahnenflucht zum Tode verurteilt. Nach DDR-Recht die Höchststrafe. Nun eröffnet der Staatsanwalt dem vorgeführten Häftling, der Genosse Staatsratsvorsitzende Erich Honecker habe von seinem Gnadenrecht keinen Gebrauch gemacht. Der Vollzug der Strafe stehe unmittelbar bevor. Teske wird in einen fensterlosen Raum geführt. Bevor er die Konsequenz des Satzes begreifen kann, steht dicht hinter ihm der Major Hermann Lorenz. Mit einer Pistole Walther P.38 mit Schalldämpfer zielt Lorenz auf Teskes Hinterkopf und drückt ab. Das Vollstreckungsprotokoll verzeichnet den Tod von Werner Teske um 10.10 Uhr.

»Nahschuß in das Hinterhaupt«, so heißt es in der »Gemeinsamen Anweisung über die Vollstreckung der Todesstrafe«, die 1968 der Minister des Innern, gleichzeitig Chef der Deutschen Volkspolizei, der Minister für Staatssicherheit und der Generalstaatsanwalt der DDR festgelegt haben – eine geheime Verschlusssache. Teskes Hinrichtung ist das letzte von mehr als 160 seit 1949 vollstreckten Todesurteilen in der DDR. Der DDR-Staatsrat beschließt am 17. Juli 1987 die Abschaffung der Todesstrafe. »Mit der Abschaffung der Todesstrafe bekundet unser Land vor aller Welt einmal mehr seine Position zu Wahrung der Menschenrechte in ihrer Gesamtheit«, meldet am selben Abend das DDR-Fernsehen in der Aktuellen Kamera.1 Im Dezember 1987 tilgt die DDR-Volkskammer die Todesstrafe aus dem Strafgesetzbuch.

Der Lebenslauf des Hauptmanns im Auslandsnachrichtendienst der DDR, der Hauptverwaltung A,2 Dr. Werner Teske beginnt mit einem geradlinigen Aufstieg zum promovierten Wirtschaftswissenschaftler, der mit neuen mathematisch-statistischen Methoden das Aufstellen von Haushaltsplänen reformieren möchte. Die Anwerbung zum IM führt ihn zur Auslandsspionage, zur wissenschaftlich-technischen Aufklärung, wie es in der HV A heißt. Doch in seinem Arbeitsalltag streben seine beruflichen Verwirklichungswünsche und die an ihn gestellten Anforderungen auseinander. Es zeigt sich eine Art kognitiver Dissonanz, das Auseinanderfallen von Denken, Fühlen, Wahrnehmen einerseits und Handeln in der Realität andererseits. Sie bleibt unsichtbar. Er hält sein Innenleben verschlossen wie eine Auster. Kann ein Überlaufen in den Westen, also Fahnenflucht und Geheimnisverrat, sein Problem lösen?

Der Fall Teske beleuchtet einen Machtapparat in der DDR, der seine Tätigkeit ideologisch zum Wohle der Menschen definiert, aber im Innern seine Konflikte unmenschlich zu lösen sucht. Ein Verrat in den eigenen Reihen war der größte anzunehmende Unfall. Davor war auch das MfS nicht gefeit. Für Minister Erich Mielke ein Anschlag auf die sozialistische Gesellschaft, gegen den Marxismus-Leninismus. »Verrat ist das schwerste Verbrechen, welches ein Angehöriger des MfS begehen kann. Die Partei und die Arbeiterklasse haben unserem Ministerium wichtige Aufgaben zum Schutz der Arbeiter-und-Bauern-Macht anvertraut, haben bedeutsame Machtmittel in unsere Hände gelegt. Wer dieses große Vertrauen durch schmählichen Verrat hintergeht, den muß die härteste Strafe treffen. Jeder einzelne Mitarbeiter des MfS muß sich durch absolute Treue und Ergebenheit zur Partei der Arbeiterklasse und zu unserem sozialistischen Staatssicherheitsorgan auszeichnen.«3 Gehorsam und Loyalität der Partei gegenüber, das verlangte Mielke von seinen Mitarbeitern.

Doch der menschliche Faktor spielte nicht immer mit. Das Wirken in diesem Apparat konnte Menschen, ihr Denken und Handeln verändern. Anders, als der Apparat es von ihnen erwartete. Für diese Menschen begann dann eine Gratwanderung mit manchmal verheerenden Folgen. Hatte Werner Teske Chancen, seinen Lebensweg zu korrigieren? Wenn ja, an welchen Stellen?

Kapitel 1 Ein unspektakulärer Aufstieg

Der Lebensweg des Werner Teske ist – sieht man vom Finale ab – kaum außergewöhnlich für DDR-Biografien. Teske gehörte einer Generation an, die, noch in der Kriegszeit geboren, ihre Schulzeit in der Aufbauphase eines neuen, sozialistischen Deutschlands verbrachte. Die jungen Menschen wuchsen in einer Trümmerlandschaft auf, und Lebensmittelkarten steuerten die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Die Eltern organisierten mit viel Kraft und Zeit den Alltag. Dank einer ambitionierten Bildungspolitik in der DDR gelang es vielen Menschen dieser Generation, aus dem traditionellen Arbeitermilieu in die neue Akademikerschicht aufzusteigen.

Werner Teskes Kindheit und Jugendzeit waren von der Nachkriegsatmosphäre geprägt. Durch das Berlin der vier Besatzungsmächte verlief die ideologische Konfliktlinie der Machtblöcke von Straßenzug zu Straßenzug zwischen den drei Westsektoren und dem Ostsektor. Zwischen den Westalliierten einerseits und den Sowjets andererseits brach ab 1948 ein Kalter Krieg aus, durch den die Menschen in dieser Stadt den verfeindeten Lagern zugeordnet wurden. Die politische Spaltung Deutschlands in einen West- und einen Ostteil war in Berlin tagtäglich deutlicher zu spüren als anderswo. Berlin war eine Frontstadt, in der sich zwei grundverschiedene gesellschaftspolitische Systeme vier Jahrzehnte lang unversöhnlich gegenüberstanden.

An der Nahtstelle der Ost-West-Konfrontation tummelten sich die Geheimdienste vieler Staaten. Die unsichtbare Front, titelten im Jahr 2000 die Autoren eines Buches über Geheimdienste im geteilten Berlin.1 James-Bond-Autor Ian Fleming stilisierte gar die Spionage zu einer der wichtigsten »Industrien« West- wie auch Ost-Berlins.2

Die politisch aufgeheizte Atmosphäre beeinflusste auch Werner Teskes Generation. Waren Freundschaften über die Sektorengrenzen hinweg Anfang der 1950er-Jahre noch möglich, schrumpfte der Vorrat an Gemeinsamkeiten dieser Generation rasch. Die Lebenswege der zu Beginn der 1940er-Jahre Geborenen entwickelten sich in Ost und West systembedingt immer weiter auseinander.

Die Eltern Werner Teskes bemühten sich redlich durch die Kriegsjahre. Der Vater Erich, 1902 im brandenburgischen Neuendorf geboren, war Stahlbauschlosser. Aus seiner ersten Ehe mit Berta, geborene Jarrek – sie starb vor Kriegsbeginn –, stammte der 1935 geborene Stiefbruder. Erich Teskes zweite Ehefrau Anna, 1903 im schlesischen Gleiwitz geboren, brachte am 24. April 1942 in Berlin Werner zur Welt. Sie litt damals unter Ernährungsstörungen und musste annähernd neun Monate im Krankenhaus bleiben. Dies und die Luftangriffe der Alliierten auf die Hauptstadt veranlassten die Familie, Werner vorübergehend zu einer Tante nach Potsdam-Babelsberg zu geben.

Von einer unbeschwerten Kindheit kann wohl kaum die Rede sein. Die Familie erlebte das Kriegsende am Hendrichplatz in Lichtenberg. In seinem sechsten Lebensjahr zog sich Werner wegen der schlechten Versorgung mit Lebensmitteln und Heizmaterial eine Paratyphus-Erkrankung mit Lungenentzündung zu. Er war längere Zeit im Krankenhaus. Von 1948 bis 1956 besuchte Werner Teske eine Grundschule in Berlin-Lichtenberg. Im Rückblick charakterisiert er seine Kindheit: »Aufgewachsen bin ich in einer zwar sachlichen, aber gefühlskalten Atmosphäre. Mutteroder Elternliebe kannte ich nicht.«3 Als Jugendlicher sei er mit seinen Problemen statt zu den Eltern lieber zu seinem älteren Stiefbruder gegangen, »weil ich nichts von meinen Eltern zu erwarten gehabt hätte. Ein Vertrauensverhältnis fehlte.«4 Und: »Von der Erziehung meiner Eltern ist bei mir der Hang oder die Pflicht zur Sparsamkeit übrig geblieben.« Aber er fühlte sich durch seine Eltern materiell abgesichert. »Sie handelten nach dem alten Grundsatz der Arbeiter: Die Kinder sollen es mal besser haben«, rekapituliert Werner Teske.

Die achtjährige Grundschule durchlief Werner Teske ohne Probleme. Er sagt von sich: »Das Lernen fiel mir leicht, ich besaß eine gute Auffassungsgabe und ich brauchte nicht viel Fleiß aufwenden, um ständig gute bis sehr gute Leistungen zu erreichen.« Frühzeitig erkannten die Lehrer das Potenzial des Schülers und rieten in der siebten Klasse zum Oberschulbesuch mit dem Ziel, das Abitur zu abzulegen. Allerdings machten sie zugleich deutlich, dass für den Besuch der weiterführenden Schule eine politisch-gesellschaftliche Positionierung erwartet werde: die Mitgliedschaft bei den Jungen Pionieren. Der zwölfjährige Werner trat also in die Pionierorganisation »Ernst Thälmann« ein – ohne Rücksprache mit den Eltern. Er konnte davon ausgehen, dass sie dies kaum befürwortet hätten. Politik war in der Familie kein Thema. So sperrten sich die Eltern auch gegen die in der achten Klasse übliche Jugendweihe und schickten den Sohn stattdessen zum Konfirmandenunterricht in die evangelische Kirchengemeinde. Die Konfirmation erfolgte noch 1956, doch sie sollte für die schulische Entwicklung des Jungen anscheinend keine negativen Folgen haben.

Der heranwachsende Werner Teske kann als idealtypisch für die junge Generation in der Frühphase der DDR gelten, als erste DDR-Aufsteiger-Generation – auch ohne Jugendweihe. In ihrem Selbstverständnis ging es der SED-Führung darum, neue Menschen, sozialistische Persönlichkeiten herauszubilden. Die 1946 gegründete Freie Deutsche Jugend (FDJ) proklamierte Grundrechte für die junge Generation wie das auf Bildung, Arbeit und Erholung. Erst ab 1949 orientierte sie sich ausschließlich an den Zielen der SED und entwickelte sich zur »Kampfreserve der Partei«.

Gegen Ende des siebten Schuljahres überzeugte ein Lehrer Werner Teske, in die FDJ einzutreten. Der Schüler tauschte das weiße Pionierhemd mit dem blauen Halstuch gegen das Blauhemd der Jugendorganisation. Dank guter schulischer Leistungen und FDJ-Zugehörigkeit wechselte er im September 1956 zur Franz-Mehring-Oberschule in Lichtenberg, einer Schule mit neusprachlicher Ausrichtung, also ohne Latein-, aber mit Englisch-und Französischunterricht. Werner Teske bezeichnet sich später selbst als strebsam, aber nicht als Streber. Er habe Gemeinschaften gemocht, boten sie ihm doch mehr menschliche Nähe als sein Elternhaus. Gerade in der Oberschule habe er die Freizeit angesichts der Fülle des Unterrichtsstoffes als begrenzt empfunden. Wichtig war ihm der Handballsport, mit dem er im zehnten Lebensjahr begonnen hatte. Als guter Spieler fand er Anerkennung, engagierte sich für den Aufstieg seiner Mannschaft und durfte 1959/60 als Auswahlkader der Berliner Jugendhandballer sowie der Junioren-Feldhandball-Auswahl am Punktspielbetrieb teilnehmen. Dem Handballsport im Sportclub (SC) Dynamo in Lichtenberg blieb er bis zu seinem Diplom-Studienabschluss verbunden.

Noch während der Oberschulzeit verdiente Werner Teske sein erstes eigenes Geld. Für einen Kohlenhändler in der Nachbarschaft fuhr er mit dem Handwagen Kohlen aus, und an den Wochenenden sammelte er als Balljunge auf einem Tennisplatz die Bälle vom Spielfeld auf. Damit finanzierte der Oberschüler seine Kinobesuche. Heimlich besuchte er auch Kinos im Westteil der Stadt. Die West-Berliner Kinos nahe der offenen Sektorengrenze lockten vor dem Mauerbau Besucher aus dem Osten mit ihrem internationalen Filmangebot und Eintrittskarten zu Pfennigbeträgen. Politisch nicht ganz korrekt, traf sich Werner Teske öfter mit einem ehemaligen Schulkameraden, der einige Jahre zuvor mit seinen Eltern nach West-Berlin geflüchtet war. Gelegentlich besuchte er Verwandte im Westsektor der Stadt. Aber er selbst hegte wohl keine Ambitionen, vom Osten in den Westen überzusiedeln.

Die in Berlin unübersehbare politische Systemkonkurrenz gab den Lehrkräften an den Schulen in beiden Stadthälften zumindest bei den oberen Klassen hinreichend Argumentationsmaterial für die Herausbildung des jeweils erwünschten politischen Bewusstseins. Im Ostteil Berlins wesentlich stärker als im Westteil. Das vermittelte Demokratieverständnis unterschied sich deutlich in Ost und West, so auch das politische Engagement der jungen Generation. Teskes gesellschaftspolitisches Interesse und Engagement begannen während der letzten Schuljahre an der Franz-Mehring-Oberschule. Er wurde gefördert, und man übertrug ihm die Funktion des Stellvertreters des FDJ-Gruppensekretärs. »An der Oberschule hat sich bei mir durch den Unterricht in den Fächern Geschichte und Staatsbürgerkunde sowie die FDJ-Arbeit und das Zusammenwirken mit dem Klassenlehrer allmählich eine politische Interessiertheit herausgebildet, die langsam zum aktiven politischen Denken führte, also nicht nur die Wiedergabe geforderten Wissens«, beschreibt Teske seine politische Sozialisation.5 Diese kann als gegenläufig zum politisch abstinenten Elternhaus betrachtet werden. Werner Teskes Eintreten für die Politik der DDR hatte vor allem Differenzen mit der Mutter zur Folge. Ihr habe vor allem missfallen, dass sich der Sohn an FDJ-Demonstrationen und -Flugblattaktionen in West-Berlin beteiligte. FDJ-Aktionen waren im Westteil der Stadt nicht nur unerwünscht, sondern verboten und hatten zuweilen Verhaftungen zur Folge. Werner Teske blieb die Bekanntschaft mit der Politischen Polizei in West-Berlin erspart. Der Umfang der Agitationsaktionen der FDJ in West-Berlin ging ohnehin mit dem Mauerbau im August 1961 rapide zurück.

Während seiner Schulzeit hat Teske nie den Eindruck gehabt, dass die Lehrer ihren Schülern die Staatsideologie eintrichtern wollten. Für ihn war die DDR mit ihrem Gesellschaftssystem alternativlos. Weltanschaulich war er davon überzeugt, dass das Klassenbewusstsein der Arbeiter und der Antifaschismus eine neue sozialistische Gesellschaft hervorbringen würden und dies in Deutschland nur in der DDR möglich sei. Er hat keinen unmittelbaren Zwang gespürt, sich den Massenorganisationen anzuschließen. In Teskes Oberschulklasse waren nur acht von 25 Schülerinnen und Schülern in der FDJ. Der Schüler wuchs im Spannungsfeld zwischen einem politikabstinenten Elternhaus und dem eigenen wachsenden politischen Interesse heran. Die Schuljahre bis zum Abitur verliefen ohne größere Probleme. Teske bestand im Frühsommer 1960 das Abitur mit der Note Gut.

Werner Teske war 18 Jahre alt und nach seit 1950 geltendem DDR-Recht volljährig. Er konnte seinen beruflichen Weg selbst bestimmen. »Mit zunehmendem politischen Verständnis kristallisierte sich gleichfalls mein Studienwunsch heraus, und zwar die Wirtschaftswissenschaften. Der prinzipielle Anstoß dazu kam durch den Staatsbürgerkundeunterricht. […] Jedenfalls führte dies dazu, daß ich von mir aus Literatur über die Wirtschaft der DDR gelesen habe und so meinen Studienwunsch festigte. […] In der 12. Klasse entschied ich mich für ein Studium der Finanzökonomie«, beschreibt Teske später seine Entscheidungsfindung für das Studienfach.6

Als Arbeiterkind mit einer guten Abiturnote, dank seines politischen Engagements in der FDJ und als aktiver Sportler waren für ihn die Hürden zu einem Universitätsstudium in der DDR nicht hoch. Er bekam sogar einen Studienplatz an der von ihm favorisierten Humboldt-Universität zu Berlin und nahm im September 1960 das Studium der Finanzökonomie auf. Tatsächlich war der wissbegierige und begabte Werner Teske einer der Adressaten der expansiven Bildungspolitik in der DDR. Mit ihm starteten Anfang der 1960er-Jahre knapp 21 000 Erstsemester im Direktstudium und fast 9000 im Fern- oder Abendstudium.7 Jeder zweite Direktstudierende kam aus einer Arbeiterfamilie;8 in der Bundesrepublik waren es seinerzeit deutlich weniger als zehn Prozent. Bereits in den ersten Wochen seines Studiums wurde Teske von seinen Kommilitonen zum Seminarsekretär, eine Art Sprecher, gewählt, und er übernahm damit auch die Aufgaben des FDJ-Gruppensekretärs. Seine Rolle bezeichnet er rückblickend als »Schaltstation zwischen den Interessen der Studenten und den Forderungen des Lehrkörpers«.9 Dieses Mandat behielt er während seiner Studienzeit. Der »Jugendfreund Werner Teske« gehöre zu den besten Studenten der Seminargruppe, heißt es in einer Beurteilung. In gesellschaftlicher Hinsicht sei Werners Arbeit als vorbildlich zu betrachten. Er erfülle die FDJ-Funktionen sehr verantwortungsvoll. Bei allen Einsätzen zeige er viel Initiative und verstehe es, auch die anderen mitzureißen, heißt es weiter. Er galt als gesellschaftspolitisch engagierter Student, bewege sich ideologisch gefestigt durch das Studium.10 Nicht immer stromlinienförmig: Den Bau der Mauer in Berlin am 13. August 1961 fand er aus ökonomischer Sicht richtig, als politische Maßnahme bewertete er ihn eher skeptisch. Das blieb nicht unwidersprochen. »In einer Prüfung wurde mir mein falscher Standpunkt aufgezeigt und mir die politische Notwendigkeit erläutert«, sagt er später.11 Im Lehrkörper der Universität wurde positiv wahrgenommen, dass er in den Seminaren Probleme aufwarf und damit die Arbeit der Gruppe belebte. Ein methodisch-didaktisches Talent zeichnete sich ab.

Im dritten Studienjahr musste sich der Student der Finanzökonomie zwischen den Fachrichtungen Geld, Finanzen der Industrie einerseits und Staatshaushalt andererseits entscheiden. Er wählte die Fachrichtung Staatshaushalt. Als Werner Teske sein Studium 1964 als Diplomwirtschaftler mit der Gesamtnote Gut abschloss, hatte er durch die Absolventenvermittlung der Humboldt-Universität bereits einen Arbeitsvertrag mit der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik in der Tasche. Der damalige Direktor des Instituts für Finanzwesen an der Humboldt-Universität, Professor Erwin Rohde, überzeugte ihn aber von einer Alternative:12 Als Student wie als aktiver FDJler hatte Teske sich im Lehrkörper des Instituts ein gutes Ansehen erworben, sodass man ihm ermöglichen wollte, als wissenschaftlicher Assistent an der Universität zu bleiben. Da er schon von der Oberschule gute Sprachkenntnisse in Französisch, Englisch und Russisch mitgebracht hatte, vertiefte er diese an der Uni und legte Ende 1964 die Sprachkundigenprüfungen in Französisch und Russisch ab. Bei aller Neigung zu Fremdsprachen faszinierte ihn jedoch die Welt der Zahlen, er begriff sie als ökonomisches Instrument zur praktischen Anwendung in einer sozialistischen Wirtschaftsordnung. Als wissenschaftlicher Assistent blieb er also dem Themengebiet Staatshaushalt verbunden und steckte sich das Ziel, zu diesem Thema zu promovieren.

Für den jungen Wirtschaftswissenschaftler wurde die Universität zu seiner Welt. Sie bot ihm immer wieder neue Herausforderungen, sie spornte ihn an, vermittelte ihm das Gefühl der Anerkennung. Als wissenschaftlicher Assistent betreute er die Seminargruppe des vierten Studienjahres und Diplomarbeiten, arbeitete dem Wörterbuch der Ökonomie des Sozialismus13 zu und beteiligte sich an Untersuchungen im Auftrag des Volkskammerausschusses für Haushalt und Finanzen. »Er erfüllte bereits nach kurzer Einarbeitungszeit voll und ganz die Anforderungen, die an einen Assistenten gestellt werden. Schon im ersten Assistenzjahr konnte er mit der Durchführung bestimmter Spezialseminare beauftragt werden«, heißt es im Antrag der Institutsleitung für eine finanzielle Zuwendung an Teske im Frühjahr 1966.14 Er stieg zum wissenschaftlichen Oberassistenten auf, wurde Mitglied der Geschäftsleitung des Instituts und sein Aufgabenfeld immer breiter: Hinzu kamen Vorlesungen und Vorträge, er wurde Mitglied der Zulassungskommission und reiste mit Delegationen zu Partneruniversitäten in Wrocław (1965), Kraków (1966) und Gdańsk (1967). Selbstverständlich trat er in den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) ein und engagierte sich als gewerkschaftlicher Vertrauensmann in der Prämienkommission der Fakultätsgewerkschaftsleitung.

Institutsdirektor Erwin Rohde sprach sein Nachwuchstalent schon 1965 an, dass er auch politisch gut in das Kollektiv hineingewachsen und die Zeit reif sei, sich der Partei anzuschließen. Als gesellschaftspolitisches i-Tüpfelchen und berufsperspektivisch nur folgerichtig wurde Werner Teske im November 1965 Kandidat und im Oktober 1966 Mitglied der SED. Man attestierte ihm ein gutes politisch fundiertes Wissen. Derart weltanschaulich gefestigt schickte ihn die Partei als Seminarleiter für Wirtschaftsfunktionäre in das Transformatorenwerk Oberschöneweide (TRO). Seine Aufgabe: im Rahmen des Parteilehrjahres zur ideologischen Festigung der Arbeiter in der Produktion beizutragen. Er füllte diese Aufgabe als überzeugender Propagandist der sozialistischen Gesellschaftsordnung aus und erwies sich auch für die Parteiarbeit als methodisch-didaktisch kompetent.

Ohne Zweifel erachtete der junge Werner Teske die DDR als seine politische Heimat, die ihm den Aufstieg ermöglichte. Er bejahte das System des Sozialismus, das ihm eine Berufs- wie Lebensperspektive bot, sah sich als Teil des Ganzen, einer der Zukunft zugewandten sozialistischen Gesellschaft, und strebte nach seiner Promotion eine wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften an. Tatsächlich standen ihm in seiner Fachrichtung Staatshaushalt und dank seiner fremdsprachlichen Qualifikationen viele Türen zu zahlreichen Institutionen der Republik offen. Davon war er überzeugt. In einer Beurteilung der Institutsleitung ist zu lesen: »Herr Teske ist seit zwei Jahren als wissenschaftlicher Assistent am Institut für Finanzwesen tätig und zählt zu den fähigsten Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses. […] Er besitzt eine gute Auffassungsgabe, ist fleißig und zielstrebig. […] Er übernimmt bereitwillig Aufgaben und erfüllt sie sehr gewissenhaft. Herr Teske ist sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Er findet schnell Verbindung zum Kollektiv. Wir sind überzeugt, daß er seine Verpflichtungen, innerhalb der vorgeschriebenen Assistentenzeit zu promovieren, einhalten wird. Herr Teske setzt sich als Mitglied der SED auch aktiv für die Ziele unseres Staates ein. Wir halten Herrn Teske für durchaus geeignet, nach Abschluß seiner Promotion im Ausland im Bereich des Hochschulwesens eingesetzt zu werden. Er bringt die dafür notwendigen fachlichen und politischen Voraussetzungen mit.«15 Ohne Zweifel ein solides Fundament für Teskes weitere Karriere. Er erwies sich als sattelfester Wirtschaftswissenschaftler mit analytischer Begabung und gehörte insofern zur neuen Garde in der DDR.

Den Staatshaushalt als wichtiges Lenkungsinstrument im Finanzsystem der DDR hatte Werner Teske bereits in seinem Studium erkannt. Das Gestaltungspotenzial auszuloten, mag ihn als wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchskader besonders gereizt haben. Als Doktorand bearbeitete er akribisch sein Promotionsthema zu »Möglichkeiten der Anwendung mathematischstatistischer Methoden bei der Aufstellung des Haushaltsplanes in den örtlichen Organen der Staatsmacht«. Ein vielversprechender Themenzuschnitt, wie die Institutsleitung wohlwollend registrierte, denn sie wollte ihn gern weiterhin als Oberassistent in ihren Reihen wissen. Aber auch das Finanzökonomische Forschungsinstitut beim Ministerium der Finanzen, mit der Erarbeitung von wissenschaftlichen Grundlagen zur Weiterentwicklung der sozialistischen Planwirtschaft betraut, war inzwischen auf ihn aufmerksam geworden und registrierte ihn für 1969 als Mitarbeiter vor, vermutlich für den Sektor Staatshaushalt. Werner Teske erfuhr 1968 außerdem, dass er auf der Kaderreserve-Liste für den Außenhandel der DDR stand. Seine berufliche Karriere deutete also schon vor dem Abschluss seiner Dissertation auf eine wissenschaftliche Laufbahn hin. Auch sein Freundeskreis rekrutierte sich aus dem fachlichen Umfeld. Teskes damalige Freundin arbeitete in der Staatlichen Zentralverwaltung für Statistik und schrieb ihre Dissertation; andere Freunde waren im Finanzministerium oder beim Magistrat von Berlin tätig.

Teskes Generation zählte zu den Gewinnern der DDR-Bildungspolitik, denn die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften aus der Arbeiterschicht war von der SED programmatisch angelegt worden. Dazu gehörte es, junge Menschen neben der ideologischen Orientierung auf den Marxismus-Leninismus zu Lerneifer und Strebsamkeit anzuhalten, eine Aufgabe nicht nur der Schule, sondern auch des Elternhauses und maßgeblich der Massenorganisationen wie Jungpioniere und FDJ. Eine berufliche Aufstiegsorientierung gehörte also zu den durchaus erwünschten Tugenden.

In seiner Dissertation16 beschäftigte Teske sich mit einer interessanten Phase der DDR-Ökonomie, nämlich dem Spannungsfeld zwischen Reformern und Traditionalisten in der SED, die sich in den ideologischen Grundlinien nicht wesentlich unterschieden. Angesichts ausgebliebener wirtschaftlicher Erfolge nach dem Mauerbau 1961 brauchte die SED Erneuerungen ihrer ökonomischen Prinzipien, zumal die Propagandakampagnen (»Überholen ohne einzuholen«) hinsichtlich Wirtschaftskraft und Lebensstandard der Republik eher Gegenteiliges erzielt hatten. Die Pläne erwiesen sich als unrealistisch. Den Vorgaben des VI. Parteitags der SED vom Januar 1963 folgend, beschloss der Ministerrat im Juni desselben Jahres eine Wirtschaftsreform unter dem Titel »Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung« – kurz NÖSPL oder NÖS. Die Planwirtschaft sollte realistischer gestaltet werden, die Betriebe statt administrativer Lenkung von oben mehr Eigeninitiative und Eigenverantwortung entwickeln, die Preis-und Lohngestaltung flexibler gehandhabt werden. Ziele waren eine schnelle Anpassung der Produktion an Wandlungen des Bedarfs und größere Transparenz der betrieblichen und volkswirtschaftlichen Kreisläufe. Nicht zuletzt sollten den Leitungen bessere, wissenschaftlich fundierte Planungsmethoden bereitgestellt werden.17

In die sozialistische Ökonomie hielt ein Begriff Einzug, der zuvor als »idealistische Pseudowissenschaft« verpönt war: Kybernetik.18 Zu ihrer Anwendung in der DDR hatte in den 1960er-Jahren maßgeblich der Philosoph Georg Klaus (1912–1974) beigetragen. Ihm zufolge sei die Kybernetik die Theorie der dynamischen, selbstregulierenden und selbstorganisierenden Systeme. Nur wenige in der SED-Führung wie Walter Ulbricht hatten die Kybernetik als wichtiges Instrument zum Aufbau des Sozialismus erkannt.19 Klaus und andere betonten seinerzeit, dass Kybernetik durchaus mit marxistischem Denken kompatibel sei, geeignet, die Wirtschaft nicht nur zu optimieren, sondern stärker dezentral und selbstverwaltet zu gestalten.20 Das maßgeblich von Ulbricht initiierte NÖS erforderte an den ökonomischen Schaltstellen der DDR-Wirtschaft und in den Staatsorganen ein Umdenken. Vermehrt kamen moderne sozialwissenschaftliche und mathematisch-statistische Methoden in Lehre und Forschung zum Zuge. Aber im SED-Zentralkomitee fürchtete eine Gruppe um Erich Honecker und Günter Mittag zu viel Verselbstständigung in den wirtschaftlichen Einheiten und beharrte auf einer engeren ideologischen Anbindung des NÖS an die sozialistische Planwirtschaft. Der VII. Parteitag der SED 1967 modifizierte das NÖS zum »Ökonomischen System des Sozialismus« (ÖSS), um »marktwirtschaftliche« Elemente auszubremsen. Insofern gab es in akademischen Kreisen durchaus Debatten über die Weiterentwicklung der DDR-Wirtschaft – ohne den Sozialismus als politisches wie wirtschaftliches System infrage zu stellen.

Jungen Akademikern in der DDR im Allgemeinen und Ökonomen im Besonderen eröffneten sich in dieser Zeit neue berufliche Chancen. Werner Teske war also mit seinem Studium und seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Assistent an der Humboldt-Universität für die Zukunft gut aufgestellt. Ab 1968 beschäftigte er sich in Arbeitskreisen und Forschungsgemeinschaften des Finanzministeriums mit »Problemen der Neugestaltung der örtlichen Haushaltswirtschaft und der finanziellen Perspektivplanung«.21 Im April 1969, noch während er seine Dissertation schrieb, gehörte er einer »Arbeitsgruppe des ZK der SED zur Vorbereitung eines Staatsratsbeschlusses zur Vervollkommnung der Haushaltswirtschaft der örtlichen Organe« an. Der Doktorand Teske hatte als ökonomisches Talent auf sich aufmerksam gemacht.

In seiner Dissertation zitiert Werner Teske eingangs mit pflichtgemäßen Honneurs auf den letzten Parteitag und den Parteichef und Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht und bezieht sich auf dessen Ausführungen zum »Wesensinhalt des gesellschaftlichen Systems des Sozialismus«. Teske selbst schreibt: »Das ökonomische System des Sozialismus ist die konkrete Gestaltung der sozialistischen Produktionsverhältnisse unter Berücksichtigung des Charakters der modernen Produktivkräfte und der Dynamik der wissenschaftlich-technischen Revolution.«22 Er gehe davon aus, dass die »Weiterentwicklung des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung zum ökonomischen System des Sozialismus« Veränderungen in der Wirkungsweise des Finanzsystems erfordere, »um sie den Erfordernissen des ökonomischen Systems des Sozialismus anzupassen«. Weiter: »Das neue ökonomische System brachte im Zuge seiner Verwirklichung Veränderungen in der Aufgabenstellung des Staatshaushaltes mit sich. Das war im Wesentlichen Ausdruck der neuen Rolle der Vereinigung Volkseigener Betriebe. Dadurch entstanden Auswirkungen auf die Verteilung von Nationaleinkommen durch den Staatshaushalt derart, daß die Umverteilung von Nationaleinkommen durch den Staatshaushalt eingeschränkt wurde, da die Vereinigung Volkseigener Betriebe entsprechend ihrer Rolle als ökonomisches Führungsorgan des Industriezweiges Teile des Nationaleinkommens in eigener Verantwortung umverteilt.«23 Teske führt die Umbewertung der Grundmittel, die Industriepreisreform, die Neuordnung der Investitionsfinanzierung und die Schaffung einer Produktionsfondsabgabe an.

Zu den Konsequenzen zählt er den absoluten Rückgang des Volumens des Staatshaushaltes im Jahr 1968, denn mit »der Verwirklichung der Prinzipien der Eigenerwirtschaftung der finanziellen Mittel in der volkseigenen Wirtschaft« würden dem Staatshaushalt Aufgaben abgenommen. »Das ökonomische System des Sozialismus als Gesamtsystem durchzusetzen, erfordert auch die Haushalts- und Finanzwirtschaft in den Territorien als wirksames Führungsinstrument sinnvoll in dieses Gesamtsystem einzuordnen.« Damit nähert er sich dem Kern seines Anliegens, nämlich die Haushalte der örtlichen Organe nach modernen, wissenschaftlich fundierten Methoden zu gestalten. Er analysiert die bislang üblichen Methoden, wägt deren Praktikabilität ab und begründet seinen Ansatz mathematisch-statistischer Methoden für die längerfristige Haushaltsplanung. »Vorrangig sollten solche Methoden zur Anwendung gelangen, die eine große Variabilität und Korrekturen der mathematischen Berechnungen entsprechend der konkreten spezifischen Bedingungen zulassen, wie die Trendberechnung und die Anwendung von Strukturkennziffern«, plädiert er in den Schlussbemerkungen seiner Dissertation. Er schließt dabei »experimentelle Berechnungen« für die Haushaltsplanungen von Städten und Gemeinden ein.

Für die wirtschaftswissenschaftliche Durchdringung der sozialistischen Planwirtschaft lieferte Teske in seiner Dissertation also Anhaltspunkte, die für das DDR-Finanzministerium hätten richtungsweisend sein können. Zumindest belegt die Arbeit ein beachtliches Talent. Am 7. August 1969 wurde er mit der Note Gut zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften (Dr. rer. oec.) promoviert.

Kapitel 2 IM »Tesla« betritt die Bühne

Dem jungen Dr. Werner Teske standen nun mehrere berufliche Entwicklungspfade offen. Das beim Finanzministerium angesiedelte Finanzökonomische Forschungsinstitut hatte ihn nicht zuletzt wegen seiner profunden Kenntnisse zum Haushalts- und Planungswesen der DDR als Nachwuchstalent im Visier. Im universitären Kollegenkreis sah ihn mancher in nicht allzu ferner Zukunft als Gastdozent an den Hochschulen in den jungen unabhängigen Staaten Afrikas, die im Blickfeld der DDR-Außenpolitik lagen. Die Humboldt-Universität selbst beabsichtigte, ihn an der wirtschaftswissenschaftlichen Sektion als Sekretär zu halten. Über einen Mangel an beruflichen Optionen konnte sich der 27-Jährige im Sommer 1969 nicht beklagen.

Seine eigene Priorität für die berufliche Zukunft sah er unverändert in der Wissenschaft, vorrangig als Hochschullehrer für Ökonomie, mit Aussichten auf einen Professorentitel. Gern hätte er künftig auch wissenschaftlich publiziert. Ab 1. Februar 1969 gehörte Teske als wissenschaftlicher Sekretär und Mitglied der Geschäftsführung des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts zur Vergütungsgruppe III/1 mit monatlich 1155 Mark zuzüglich einer Leistungszulage von 95 Mark,1 für einen unter 30-Jährigen zu der Zeit beachtlich, lag doch 1969 der Durchschnittsverdienst eines Arbeiters seinerzeit bei 734 Mark im Monat.2 Als Alternative war für Teske eine Tätigkeit im Finanzministerium oder im Außenhandel der DDR, sogar im Ausland nicht ausgeschlossen.

Doch die beruflichen Weichen stellten in der DDR oft andere. Um den Zugriff auf die Besten bemühte sich vor allem das Ministerium für Staatssicherheit unter Erich Mielke. Mit dem dicht geknüpften Netz seiner inoffiziellen Mitarbeiter (IM) hatte das MfS nicht nur Überwachung im Sinn, IM wurden auch als »Talentscouts« für den eigenen Dienst eingesetzt, wenn auch mit wechselhaftem Erfolg. »Die IM waren die geheime Verbindung zwischen dem Staatssicherheitsdienst und der Gesellschaft«, schreibt Helmut Müller-Enbergs in Teil 1 seiner drei Bände über die Inoffiziellen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit.3 Erich Mielke, seit 1957 Minister für Staatssicherheit, sah in den IM eine Hauptwaffe gegen den Feind.4 Die Hauptaufgabe der IM war die Informationsbeschaffung, konkret die konspirative Informationsbeschaffung sowohl im eigenen Land als auch im sogenannten Operationsgebiet, dem kapitalistischen Ausland. Müller-Enbergs beziffert das Netz der inoffiziellen Mitarbeiter auf 189 000 im Jahr 1989 und während der Gesamtdauer der DDR auf rund 600 000. Die Rekrutierung der IM – im MfS sprach man von »Werbung« – erfolgte mit einem langen Vorlauf. Selbstbewerbungen stießen auf Skepsis und endeten in der Regel erfolglos. Bei Erfolg versprechenden Kandidaten vollzogen sich die Anbahnungen zumeist im persönlichen Umfeld. Beauftragte IM sondierten die Persönlichkeit des Kandidaten, lange bevor Kontakt aufgenommen wurde. Bei ihren Befragungen im Familien-, Kollegen- oder Freundeskreis benutzten sie eine unverfängliche Legende, um den Anwerbeversuch für das MfS zu verschleiern. Der Führungsoffizier des MfS erarbeitete aus dem Ergebnis ein politisches und charakterliches Profil des Kandidaten. Das Motiv für die Zusammenarbeit mit dem MfS sollte in erster Linie politische Überzeugung sein.5

Schon als wissenschaftlicher Assistent an der Universität geriet Werner Teske ins Visier der Staatssicherheit, vor allem nachdem er 1965 Kandidat der SED geworden war. Hinweise auf einen auf ihn angesetzten IM reichen bis Anfang 1966 zurück. Zur geplanten Rekrutierung heißt es: »Die Person wurde durch Einsichtnahme in Kaderunterlagen und durch Hinweis des IM ›XXX‹6 bekannt. ›XXX‹ kennt die Person persönlich und er schätzt ihn als einen klassenbewußten, ehrlichen und disziplinierten Genossen ein. Da die Person positiv eingeschätzt wird, wurde der Kontakt zu ihr aufgenommen.«7 Die Initiative, Werner Teske anzuwerben, muss also aus der Institutsleitung gekommen sein. Ein IM »Achim« an der Universität erstellte im März 1966 eine erste Einschätzung, die eine intensivere Analyse zur Folge hatte.8 Der IM beschrieb Werner Teske wie folgt: »Er ist intelligent, hat eine gute äußere Erscheinung und tritt sicher und gewandt auf. […] Teske ist auf eine Bitte der Partei auch bereitwillig Mitglied der Sicherungsgruppe der Universität geworden.« Für die Personalie Werner Teske wurde im MfS ein operativer Vorgang, eine sogenannte Akte Vorlauf-IM, angelegt. Er selbst erfuhr davon nichts.

Der erste offizielle MfS-Kontakt zu Werner Teske datiert vom 2. Mai 1967. Dem Bericht über das Treffen ist zu entnehmen, dass Heinz Herrich, HV A, Abteilung V, das Gespräch im Institut der Humboldt-Universität geführt hat.9 Er lässt ihn einen Personalbogen ausfüllen und seine gesamte Verwandtschaft auflisten, einschließlich der wenigen Westverwandten, zu denen seit Jahren kein Kontakt besteht. Und er charakterisiert seinen Kandidaten: »Teske macht auf mich einen aufgeschlossenen, ehrlichen und gewissenhaften Eindruck. Er besitzt gutes politisches fundiertes Wissen. In seinem Auftreten ist er gesprächig und exakt in der Formulierung und Darlegung seiner Antworten. Zu ihm bekommt man relativ schnell Kontakt.« Dem operativen Vorgang wird ein ausführliches Auskunftsprofil mit Lebenslauf und Hinweisen auf Teskes Anwerbung beigefügt, ebenjene Beurteilung eines IM von 1966, mit der Teske dem MfS angedient worden ist. Auch sein Wohnumfeld ist ausgeforscht worden. Aus den Gesprächen mit Teskes Nachbarschaft am Lichtenberger Hendrichplatz hat sich ergeben: »Im Haus selbst hat er mit keinem Bewohner ein engeres freundschaftliches Verhältnis. Er grüßt die Mieter, hat aber sonst stets wenig Zeit, um sich intensiver mit seinen Mitmenschen zu befassen. Von den befragten Personen wird er sehr gut beleumundet. Viele kennen ihn noch als Kleinkind. Er war immer ein freundlicher, höflicher und sehr gut erzogener Mensch.«10 Als neuer IM erhält Teske den Decknamen »Teßler«, wenig später in »Tesla« geändert. Erste Instruktionen und Aufträge folgen im selben Jahr, dafür sorgt ein Führungsoffizier einer Diensteinheit der Hauptverwaltung A (HV A), des Auslandsgeheimdienstes der DDR.

Werner Teske und sein künftiger Führungsoffizier und Förderer MfS-Hauptmann Heinz Herrich treffen nochmals im Mai 1967 zusammen. Im Treffbericht bestätigt Herrich: »Mit Teßler wurde darüber gesprochen, ob er bereit ist, uns in der Zusammenarbeit bei der Kontaktaufnahme zu Studenten oder Wissenschaftlern in Berlin zu unterstützen. Dies wurde von ihm bejaht.«11 Teske berichtet in der Folge über Studenten aus Westdeutschland, die an der Humboldt-Universität Material für ihre Diplomarbeiten über das Neue Ökonomische System der Planung und Leitung (NÖSPL) in der DDR suchen. Ganz im Sinne des Auftraggebers lotet Teske bei den Gesprächen mit den Studenten aus dem Westen nicht nur deren wissenschaftliche Interessen aus, sondern auch private Hintergründe. Anhand dieser Aufgabe möchte das MfS erkennen, ob perspektivisch eine Anbahnung von Kontakten nützlich sein könnte. Auch zu ehemaligen Studienkollegen liefert IM »Teßler« ein Profil. In einem Fall hat seine ausführliche Einschätzung zur Folge, dass dieser Studienkollege das besondere Interesse des MfS als Übersiedlungskandidat findet.12 Zu den bisherigen Erfahrungen mit Teske heißt es in der Auskunft über den Kandidaten: »Von Anfang an wurde mit der KP [Kontaktperson] intensiv gearbeitet, da er nach Erledigung einiger Aufgaben auf dem Gebiet der DDR und der Bindung an das MfS als XXX eingesetzt werden soll.«13

Der offizielle Abschluss der »Werbung« Teskes14 für das MfS erfolgt im Juni 1967. Teskes Verpflichtungserklärung als IM dürfte in diesem Zeitraum unterzeichnet worden sein.15 Mit der schriftlichen Verpflichtungserklärung bindet sich der IM quasi ohne »Kündigungsrecht« an das MfS. In ihr wird auf die Freiwilligkeit der Zusammenarbeit sowie die absolute Geheimhaltungspflicht verwiesen, und nicht zuletzt ist von der Übertragung einer ehrenvollen Arbeit für die DDR die Rede.

Teske wurde mit einer spezifischen Perspektive angeworben, denn das MfS hat nicht vor, seine Tätigkeit auf die Beobachtung seines Umfelds an der Hochschule zu reduzieren. Interessiert ist es vor allem an seinen Kompetenzen als Wirtschaftswissenschaftler. Die für ihn geplanten Einsätze verlangen eine adäquate Qualifikation, außerdem ein sicheres Auftreten gegenüber Westlern. Über linientreue Parteimitglieder verfügt der Staatsapparat der DDR zur Genüge, rar sind Ökonomen, die auch mit den Grundsätzen der Wirtschaft im Westen vertraut sind, über Kontakterfahrungen verfügen und kompetent Gespräche führen können.