Der Polizistenmord von Gera - Hans Girod - E-Book

Der Polizistenmord von Gera E-Book

Hans Girod

4,3

Beschreibung

Mit seinen Schilderungen macht Kriminalist Girod erschreckend deutlich, wie brüchig die Fassade einer vermeintlichen Normalität sein kann. (Saarländischer Rundfunk)

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Impressum

ISBN eBook 978-3-360-50010-6

ISBN Print 978-3-360-01945-5

© 2008 Verlag Das Neue Berlin, Berlin

Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin

Das Neue Berlin Verlagsgesellschaft mbH

Neue Grünstr. 18, 10179 Berlin

Die Bücher des Verlags Das Neue Berlin

erscheinen in der Eulenspiegel Verlagsgruppe

www.das-neue-berlin.de

Hans Girod

Der Polizistenmord von Gera

und andere spektakuläre Gewaltverbrechen aus der DDR

Das Neue Berlin

Vorwort

Bereits mit dem Band „Blutspuren“ war angekündigt worden, die Rückschau auf den speziellen Teil der DDR-Realität, nämlich ihrer spektakulären und unbekannten Tötungsdelikte, zu beschließen, weil unterdessen eine Vielzahl von Autoren dem gleichen Thema Aufmerksamkeit widmet und ein gewisser Sättigungseffekt zu vermuten war. Doch das nicht erlöschende Leserinteresse und die auf den Veranstaltungen zur Buchpräsentation nicht enden wollenenden Fragen zur Gewaltkriminalität der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft boten ausreichend Gründe, nicht nur den Band „Das Skelett im Wald“ folgen zu lassen, sondern die Berichte über ausgewählte spektakuläre Tötungsdelikte in der DDR fortzusetzen. Unterdessen dürfte die Buchreihe durchaus den Charakter eines kleinen „Pitavals“ erreicht haben.

Mit vorliegendem Band werden zehn Verbrechen aus den 60er und 70er Jahren vorgestellt. Dabei wird versucht, jedem Bericht eine andere Gewichtung zu geben, so dass einmal die Seite der kriminalistischen Aufklärung im Spannungsfeld zwischen Erfolg und Rückschlag, ein anderes Mal die Seite der sozialen und psychologischen Wirkungsfaktoren beim Zustandekommen der Verbrechen bevorzugt oder die strafrechtlichen Probleme des Falles besonders betont werden.

Auch dieses Buch ist ein Buch der Fakten. Weil aber für einige Fälle zutrifft, dass für ihre Auswertung nur unvollständiges Datenmaterial zur Verfügung stand, manche Originalakten auch gar nicht mehr aufzufinden waren, ließ es sich nicht vermeiden, bisweilen Deutungen vorzunehmen. Jedoch wären auch sie nicht ohne eine entsprechende Quantität an Fakten möglich gewesen. Dank des Erinnerungsvermögens einiger seinerzeit an der Untersuchung Beteiligten konnten sie manchmal sogar ergänzt werden. Bei Wahrung der kriminalistischen, psychologischen und kriminologischen Erfahrungssätze erlauben sie insofern eine reale Wiedergabe der Geschehen.

Aus Gründen einer angemessen Kurzfassung der Fallberichte wurden stellenweise bestimmte Handlungsabläufe gestrafft dargestellt, andere wiederum auf die kriminologisch wichtigsten Kernpunkte konzentriert. Die für eine plastische, lebendige Darstellung der Berichte erforderlichen Dialoge sind, falls sie nicht im Original wiedergegeben wurden, nach den Vernehmungsprotokollen rekonstruiert und unter Wahrung ihres Sach- und Persönlichkeitsbezuges nachempfunden worden.

Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Tätern, Opfern, Hinterbliebenen und Zeugen waren auch diesmal wieder entsprechende Anonymisierungen erforderlich. Natürlich gilt das auch für die Akteure aus dem Bereich der Ermittlungsbehörden. Auch sie sind durchweg keine fiktive Figuren, selbst wenn sich in ihnen bisweilen mehrere Personen ihres dienstlichen Umfelds vereinen. Der mit dem jeweiligen Untersuchungsmilieu Vertraute wird eine individuelle Zuordnung treffen können.

Das beispielhafte Darstellen herausragender Tötungsdelikte aus der DDR rechtfertigt aber auch den Hinweis, dass gerade in den 60er und 70er Jahren unter den Morduntersuchern herausragende Männer wirkten, die als Leitfiguren für etliche Kriminalistengenerationen gelten dürften und deren Leistung niemals angemessen gewürdigt wurde. Es waren vortreffliche Menschenkenner, Beobachter und unbestechliche Spürnasen, deren detektivischer Eifer jeden Mitstreiter anstecken konnte. Namen wie beispielsweise Helmut Herold (Potsdam), Heinz Kabel (Frankfurt/O.), Rolf Kluge (Chemnitz), Gerhard Kobsch (Dresden), Adalbert Winter (Magdeburg), deren Reihe sich fortsetzen ließe, haben das Profil der damaligen Mordkommissionen wesentlich bestimmt. Neulinge lernten an ihren Erfolgen ebenso wie an ihren Rückschlägen. Es waren Autoritäten mit unbestrittener fachlicher und ethischer Kompetenz, die bei Verzicht auf weitere Karriere dem Sachgebiet der Morduntersuchung viele Jahre lang die Treue hielten – ein Umstand, den man heutzutage in der Polizei vermisst.

Da sich das Buch an die Freunde der kriminalistischen Sachliteratur wendet und sich nicht allein mit der reinen Beschreibung der Fälle erschöpfen will, wurden, wie in der Vergangenheit in dieser Reihe auch, in die Fallberichte bisweilen gestraffte kriminologische, forensische und rechtliche Exkurse mit aktuellen Bezügen installiert. Sie sind durch ein anderes Schriftbild kenntlich gemacht. Diese kommentierenden Gedankensplitter sollen als Erläuterung bestimmter Sachverhalte verstanden werden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Auch diesmal wird darauf hingewiesen, dass das Buch keine wissenschaftliche Abhandlung ist und die Literaturangaben sich lediglich auf grundsätzliche Quellenangaben beziehen. Schließlich bleibt anzumerken: Am Schluss des Buches sind die wichtigsten Fachbegriffe und Abkürzungen in einem Glossar zusammengefasst, und die bei den jeweiligen Fallberichten angeführten Aktenzeichen sollen dem beruflich Interessierten den Zugang zum Originalmaterial erleichtern.

Mit der bisherigen freundlichen Aufnahme der Bücher aus dieser Reihe knüpft sich die Erwartung, ihre Inhalte nicht allein auf den Unterhaltungswert zu beschränken, sondern sie auch als Anregung für eine Analyse des Vergangenen zu verstehen. Sie soll gleichsam auch den gegenwärtigen und zukünftigen Blick auf die Rechtssicherheit sensibilisieren, der – durch mancherlei politische und gesellschaftliche Unbilden allzu leicht getrübt – die drohenden Gefahren ihres Abbaus verschleiern könnte. Ihnen entgegenzuwirken ist für den Fortbestand umfassender Rechtssicherheit nötig, und das erfordert unablässig die kritische Aufmerksamkeit aller...

Altdorf/Niederbayern, August 2008.

Hans Girod

Lauf weg, so schnell du kannst!

Aktenzeichen Bezirksgericht Cottbus 2 Bs 1/68, Bezirksstaatsanwalt Cottbus BI 8/67

Vor den südöstlichen Toren Berlins liegt die Ortschaft Groß Köris, eingebettet in eine ausgedehnte Waldlandschaft, die von zahlreichen Kanälen und Seen durchbrochen ist und weiter nach Südosten in den Spreewald übergeht. Dort lebt unweit des Zemminsees die vierköpfige Familie Richter, redlich und unauffällig: Ursula, die Mutter (38), jobbt als Wirtschaftshilfe im nahen Zentralen Pionierlager „Heinrich Rau“, in dem alljährlich Hunderte von Kindern die Sommerferien verleben oder außerhalb der Saison FDJ-Funktionäre politisch-ideologisch auf Linie gebracht werden. Klaus Richter (40), der Vater, kutschiert einen „Ikarus“-Bus im Linienverkehr. Katharina, die sechzehnjährige große Tochter der Familie, ist strebsame Schülerin der 10. Klasse einer EOS in Königs Wusterhausen. Und schließlich Christiane (11), dunkelblond, mit Pferdeschwanz, Fünftklässlerin der Polytechnischen Oberschule in der Berliner Straße, ein munteres, fröhliches Kind und das Nesthäkchen der Familie.

Das Leben der Richters vollzieht sich durchweg geordnet in bescheidenem Wohlstand. Und so verstreicht die Zeit. Bis zu jenem Tag, an dem ein unheilvolles Ereignis über den innerfamiliären Alltag hereinbricht, das Bangen und Entsetzen auslöst und trotz seines glimpflichen Ausgangs dennoch eine lebenslange seelische Wunde zurücklässt. Und dabei beginnt dieser Tag so vielversprechend ...

Es ist Donnerstag, der 4. Mai 1967. Am Morgen. Die Nebelfetzen über dem Zemminsee fliehen vor den wärmenden Sonnenstrahlen. Ein freundlicher Frühlingstag kündigt sich an. Endlich! Schluss mit der Kälte und den heftigen Winden der letzten Wochen. Ursula und Klaus Richter gehen längst ihrem Tagwerk nach, haben auf leisen Sohlen bereits zu früher Stunde das Haus verlassen, um ihre Mädchen nicht zu wecken. Denn es sind Maiferien, wie überall im Land. Also eine Woche lang kein Schulstress, stattdessen genüssliches Schlafen bis in die Puppen und Tagesgestaltung nach Herzenslust.

Beiläufig bemerkt, bescherte das „einheitliche sozialistische Bildungssystem“ den DDR-Schülern jährlich etwa 115 Tage Ferien, während beispielsweise die Schüler in der „selbstständigen politischen Einheit Westberlin“ – wie Berlin (West) der politischen Terminologie der DDR-Führung zufolge bezeichnet wurde – pro Schuljahr durchschnittlich nur mit knapp 60 Ferientagen bedacht wurden.

Ihre beiden Töchter viele Stunden allein zu lassen, ist für die Eltern schon lange kein Problem mehr. Denn: Katharina ist selbstständig, fast erwachsen und besitzt inzwischen die notwendige Autorität, um erforderlichenfalls das quirlige Nesthäkchen zur Räson zu bringen. Aber dazu gibt es keinen Anlass, denn Christiane verhält sich auffällig folgsam. Sie wartet frohgemut und begierig auf den nächsten Samstag, ihren Geburtstag. Dann wird sie nämlich zwölf Jahre alt. Katharina hat aus diesem Grund die Gestaltung einer zünftigen Kinderparty übernommen – also Grund genug, die große Schwester nicht zu verärgern.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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