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Ein Umzug in eine neue Wohnung, der Geist einer hübschen Frau und ein verlorener Ring sind die Zutaten zu einer heiteren Kurzgeschichte.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Mit einem Becher Kaffee in der Hand ließ er sich in der Küche auf einem Stuhl nieder. Die neue Wohnung fühlte sich noch unvertraut an. Seine Möbel standen noch nicht richtig und die Umzugskisten waren auch noch nicht ausgepackt. Es gab keine Gardinen vor den Fenstern, so dass die Lichter der Großstadt hereinschienen. Es war dunkel geworden. Die Freunde, die ihm beim Kisten schleppen geholfen hatten, waren nun fort. Er fühlte sich ein wenig einsam. Vielleicht war auch die Müdigkeit daran schuld. Es wäre schön, wenn noch jemand hier wäre. Er verscheuchte den trüben Gedanken und riss sich zusammen. Nur nicht sentimental werden! Das hier war nun sein Zuhause. Drei Zimmer, Küche und Bad. Mehr als genug für einen alleine.
Es war ein Altbau in der Innenstadt. Man hatte es nicht weit zur Fußgängerzone und den ganzen Geschäften, Kneipen, Kinos. Das gefiel ihm. Er brauchte nicht mal ein Auto. Gedankenverloren erhob er sich und trat an die niedrige Küchenzeile, die sich unter den Fenstern über die ganze Zimmerbreite erstreckte. Die Hände um die Kante der Arbeitsfläche gelegt, lehnte er sich ein Stück vor und sah hinab auf die Straße. Die Lichter der Autos und Laster zogen vorbei. Noch war Berufsverkehr und ziemlich viel los. Wenn es noch später wurde, sollte es aber besser werden, hatte die Maklerin ihm versichert.
Aus den Augenwinkeln nahm er eine flüchtige Bewegung wahr, die sich in der Fensterscheibe neben ihm spiegelte. Er wandte sich irritiert um. Doch natürlich war da niemand. Es musste wohl einfach nur eine Reflektion von den Lichtern unten auf der Straße gewesen sein.
Gähnend räkelte er sich und entschied, dass er schon mal damit beginnen würde, ein paar Sachen auszupacken und zumindest das Schlafzimmer bewohnbar zu machen. Gegen halb elf hatte er den Schrank eingeräumt und das Bett bezogen. Die leeren Umzugskisten stapelten sich in der Ecke des Zimmers. Auch hier gab es keine Gardinen, aber wenigstens eine dünne Jalousie. Er war zufrieden mit sich, aber auch nachhaltig erschöpft. So viel Bewegung hatte er sonst nicht immer. Und da die Wohnung im dritten Stock lag, hatten sie alles über das Treppenhaus hochtragen müssen. Das merkte er jetzt an seinen Armen und Schultern. Auch wenn es für ihn eigentlich noch nicht sehr spät war, beschloss er doch, dass er schon ins Bett gehen würde.
Auch im Bad standen noch einige Sachen herum. Die Waschmaschine war noch nicht angeschlossen und den alten Duschvorhang würde er auch ersetzen, wenn er die Zeit fand.
Als er den Wasserhahn am Waschbecken aufdrehte, bemerkte er das Haar auf dem weißen Email. Es war ein langes, blondes Haar. Er war nicht blond und so lange Haare hatte er auch nicht. In milder Verwunderung hielt er die Hand unter den Wasserstrahl und lenkte ihn so, dass das Haar fortgespült wurde. Als er sich wieder aufrichtete und in den Spiegel über dem Waschbecken blickte, hatte er wieder das Gefühl, dass da hinter ihm eine Bewegung gewesen war. Verwirrt wandte er sich um und ging durch die Wohnung. Er sah in jeden Raum und in jede Ecke. Sogar die kleine Abstellkammer, die vom Flur ausging, öffnete er. Doch natürlich war da niemand. Kopfschüttelnd schloss er die Wohnungstür ab. Eigentlich war er nicht ängstlich. Er war ein großer, starker Mann. Was sollte ihm schon passieren? Aber er tat es trotzdem. Die Vorstellung, dass da vielleicht nachts jemand einbrach, während er schlief, behagte ihm nicht.
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