Der Schmerzkünstler (Ein Lukas-Sontheim-Thriller 1) - Frank Esser - E-Book
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Der Schmerzkünstler (Ein Lukas-Sontheim-Thriller 1) E-Book

Frank Esser

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Beschreibung

Der spannende Auftakt der Lukas-Sontheim-Reihe. Ein Thriller, bei dem einem der Atem stockt. Intelligent, fesselnd und schockierend.

Nach einem tragischen Verkehrsunfall verlor Lukas Sontheim seine Frau und Tochter. In seiner Trauer begann er zu trinken und wurde schließlich acht Monate später aus dem Polizeidienst entlassen.

Eigentlich möchte Lukas Sontheim nach seinem sonntäglichen Besuch bei seinen Eltern nur nach Hause fahren, als plötzlich eine spärlich bekleidete Frau auf die Fahrbahn läuft. Während er der Unbekannten zu Hilfe eilt, macht er eine furchtbare Entdeckung: Das Gesicht der jungen Frau ist auf grausame Weise entstellt worden. Genau wie bei seinem letzten großen Fall vor sechs Jahren. Noch bevor Lukas etwas unternehmen kann, wird er von hinten niedergeschlagen. Als er wieder zu sich kommt, ist die Frau verschwunden.

Hat er sich die Frau nur eingebildet? Seine ehemaligen Kollegen auf dem Polizeirevier wollen ihm nicht so recht glauben, denn den damaligen Serienkiller, Georg Laumann, hatte Lukas selbst geschnappt. Laumann erhängte sich noch vor Prozessbeginn in seiner Zelle. Was, wenn es einen Nachahmungstäter gibt? Oder ist Laumann am Ende sogar unschuldig gewesen? Lukas Sontheim beschließt, selbst zu ermitteln, jedoch ohne zu wissen, dass der Serienmörder die Frau als Botschaft an Sontheim geschickt und das Spiel gerade erst begonnen hat.

Der Auftakt der Lukas-Sontheim-Thriller-Reihe ist ein in sich geschlossener Fall. Der Thriller ist eine Neuauflage und erschien ursprünglich unter dem Titel Boshaft.

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Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
Epilog
Nachwort
Leseprobe »Der Schmerzfänger« – der zweite Teil der Lukas-Sontheim-Reihe
Kapitel 1

Frank Esser

 

Der Schmerzkünstler

Über das Buch:

 

Nach einem tragischen Verkehrsunfall verlor Lukas Sontheim seine Frau und Tochter. In seiner Trauer begann er zu trinken und wurde schließlich acht Monate später aus dem Polizeidienst entlassen.

 

Eigentlich möchte Lukas Sontheim nach seinem sonntäglichen Besuch bei seinen Eltern nur nach Hause fahren, als plötzlich eine spärlich bekleidete Frau auf die Fahrbahn läuft. Während er der Unbekannten zu Hilfe eilt, macht er eine furchtbare Entdeckung: Das Gesicht der jungen Frau ist auf grausame Weise entstellt worden. Genau wie bei seinem letzten großen Fall vor sechs Jahren. Noch bevor Lukas etwas unternehmen kann, wird er von hinten niedergeschlagen. Als er wieder zu sich kommt, ist die Frau verschwunden.

 

Hat er sich die Frau nur eingebildet? Seine ehemaligen Kollegen auf dem Polizeirevier wollen ihm nicht so recht glauben, denn den damaligen Serienkiller, Georg Laumann, hatte Lukas selbst geschnappt. Laumann erhängte sich noch vor Prozessbeginn in seiner Zelle. Was, wenn es einen Nachahmungstäter gibt? Oder ist Laumann am Ende sogar unschuldig gewesen? Lukas Sontheim beschließt, selbst zu ermitteln, jedoch ohne zu wissen, dass der Serienmörder die Frau als Botschaft an Sontheim geschickt und das Spiel gerade erst begonnen hat.

 

Der Autor:

 

Frank Esser, Jahrgang 1974, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Industriekaufmann und arbeitet seitdem in der Musikbranche. Er lebt in der Nähe von Aachen. Seine Liebe zu Krimis inspirierte ihn, seinen ersten Regionalkrimi zu schreiben, der in der Kaiserstadt spielt und 2017 veröffentlicht wurde. Mittlerweile veröffentlichte er neben seiner Aachen-Krimi-Reihe weitere Thriller und Krimis. Seit neuestem darf er sich stolzes Mitglied der Empire-Verlag-Familie nennen.

Frank Esser

 

Der Schmerzkünstler

 

Ein Lukas Sontheim Thriller

 

 

 

 

Band 1

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die

Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

© 2021 Empire-Verlag

Empire-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer

 

Lektorat: Heidemarie Rabe

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur

mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

http://buchcoverdesign.de/

Illustrationen: Adobe Stock ID 326723922, Adobe Stock ID 124573637 und freepik.com

 

Boshaft; voller Neigung, Böses zu tun

(Quelle: Duden)

 

 

 

 

Prolog

 

Sonntag, 20. Mai 2018, 22:46 Uhr

 

Plötzlich und unerwartet war die Person aus der Dunkelheit heraus auf die Straße getreten. Gerade in dem Moment, als Lukas Sontheim beschleunigen wollte. Er riss geistesgegenwärtig das Steuer seines alten Mazdas herum und konnte der offenbar lebensmüden Person eben noch ausweichen. Glücklicherweise verlor er bei diesem Ausweichmanöver nicht die Kontrolle über den Wagen. Er ging voll auf die Bremse und nach knapp fünfundzwanzig Metern brachte er den Mazda zum Stehen. Er atmete einmal tief durch und warf einen Blick in den Rückspiegel, um sich davon zu überzeugen, dass er sich das nicht alles nur eingebildet hatte. Aber tatsächlich! Seine Sinne hatten ihm keinen Streich gespielt. Im schwachen Schein der Rücklichter erkannte er die schemenhaften Umrisse einer Person, die mitten auf der Fahrbahn stand. Kein weiteres Auto war weit und breit auf der Brühler Landstraße in Meschenich zu sehen. Von daher drohte erst einmal keine Gefahr durch andere Autofahrer. Weder für ihn selbst noch für das offenbar lebensmüde Subjekt, das ihm gerade vors Auto gelaufen war. Sontheim löste den Verschluss des Sicherheitsgurtes, öffnete die Fahrertür und stieg aus.

»Hallo«, rief er, als er auf die Person zuging. »Geht es Ihnen gut?« Doch er erhielt keine Antwort. Er fingerte sein Handy aus der Tasche der Jeansjacke, entsperrte das Display und startete die App für die Taschenlampenfunktion. Jetzt hatte er wenigstens etwas Licht in dieser nahezu undurchdringlichen Dunkelheit. Noch einmal rief er, aber er erhielt immer noch keine Antwort. Als sich Sontheim der Person weiter näherte, erkannte er, dass es sich um eine Frau handelte. Und es hatte den Anschein, dass sie lediglich einen Slip und einen BH trug. Er lief schneller, und noch ehe er die Unbekannte erreicht hatte, brach sie vor seinen Augen auf offener Straße zusammen. Die letzten fünf, sechs Meter rannte er jetzt. Er hoffte inständig, dass er sie nicht doch angefahren und dabei verletzt hatte. Obwohl er nichts dergleichen bemerkt hatte. Die Tatsache, dass die Unbekannte nahezu unbekleidet um diese Uhrzeit in der Nähe von Meschenich auf einer Landstraße unterwegs war, blendete er in diesem Moment erst einmal völlig aus. Jetzt ging es ihm nur darum, der Frau zu helfen. Er beugte sich zu der offenbar verletzten Fremden hinunter und leuchtete ihr mit der Taschenlampe seines Smartphones ins Gesicht. Beim Anblick der jungen Frau, die er auf nicht älter als zwanzig Jahre schätzte, wich er vor Schreck ein Stück zurück. Der Mund des Mädchens war zugenäht, und obwohl sie ganz offensichtlich ohnmächtig war, starrten ihn die scheinbar leblosen Augen hilfesuchend an. Sie hatte keine Augenlider mehr! Die Tatsache war an sich schon schlimm genug. Noch schlimmer war allerdings, dass er so etwas nicht zum ersten Mal sah. Ganz im Gegenteil. Er hatte das bereits mehr als einmal gesehen. Viel öfter, als ihm lieb war. In einem früheren Leben. In einer anderen Zeit. Als ein Serienmörder, bekannt als der Schlächter, in Köln fünf junge Studentinnen entführt, gefoltert und schließlich ermordet hatte. Als er noch mit damals achtunddreißig Jahren der jüngste Hauptkommissar bei der Mordkommission in Köln gewesen war. Als er noch der glückliche Ehemann und Vater gewesen war, bevor sein ganz persönlicher Albtraum begonnen hatte. Doch auch, wenn ihn gerade die Gefühle zu übermannen drohten und er nach einer plausiblen Erklärung für das eigentlich Unmögliche suchen wollte, musste er all dies im Moment ausblenden. Die Frau, die reglos vor seinen Füßen lag, brauchte jetzt dringend Hilfe. Sie musste auf dem schnellsten Weg ins Krankenhaus. Er hatte gerade seinen linken Arm unter die Knie des Mädchens geschoben und mit dem rechten Arm unter den Oberkörper gefasst, um die Unbekannte zu seinem Auto zu tragen, als ihn ein heftiger Schlag am Hinterkopf traf und er bewusstlos zusammenbrach.

1. Kapitel

 

Als Sontheim wieder zu sich kam, hatte er einen fürchterlichen Brummschädel. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, bevor er niedergeschlagen wurde, war, dass er diese junge Frau mit dem zugenähten Mund und den entfernten Augenlidern in ein Krankenhaus bringen wollte. Oder hatte er sich die Verstümmelungen nur eingebildet? War die Begegnung mit der Frau nicht real gewesen? Doch, das war sie ganz bestimmt. Da war er sich ganz sicher. Er hatte zwar keine plausible Erklärung für das, was er gesehen hatte. Aber die Tatsache, dass er niedergeschlagen wurde, als er dem unglückseligen Geschöpf helfen wollte, war ihm Beweis genug. Es war auch ganz bestimmt kein Zufall, dass ausgerechnet er der Frau auf diese seltsame Art und Weise begegnet war. Allzu lange war er offensichtlich nicht bewusstlos gewesen. Es war immer noch kein anderes Auto zu sehen. Oder hatte ein möglicher Helfer ihn einfach liegenlassen? Denkbar war es. In einer Zeit, wo sich jeder selbst der Nächste war. Er rappelte sich langsam auf, von leichtem Schwindel und leichter Übelkeit begleitet, klaubte sein Handy von der Straße und ging zurück zu seinem Mazda. Er hatte bei dem Schlag auf den Hinterkopf ganz bestimmt eine leichte Gehirnerschütterung erlitten, vermutete Sontheim, als er ins Auto stieg. Aber das war jetzt zweitrangig. Er startete den Wagen, um zum nächstgelegenen Polizeirevier zu fahren und eine Anzeige zu erstatten. Auf dem Weg dorthin dachte er an Georg Laumann, einen ehemaligen Hausmeister der Universität in Köln. Seinen Entführungsopfern den Mund zuzunähen, die Augenlider zu entfernen und noch eine ganze Menge anderer abscheulicher Dinge anzutun, war das Markenzeichen des sogenannten Schlächters von Köln gewesen. Es war sein letzter großer Fall als Ermittler der Mordkommission. Damals vor sechs Jahren. Kurz bevor er den Täter überführen konnte, war sein Leben komplett aus den Fugen geraten. Seine Frau Nina und seine fünfjährige Tochter Linda waren bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Sie waren mit Ninas Kia von der Straße abgekommen, frontal gegen einen Baum geprallt und sofort tot. Eine kriminaltechnische Untersuchung von Ninas Wagen hatte damals ergeben, dass noch ein zweites Fahrzeug in den Unfall verwickelt gewesen sein musste. Aber der Fahrer oder die Fahrerin konnte nie ermittelt werden, was seine Wut über den Verlust seiner Familie bis ins Unermessliche hatte steigern lassen. Schon kurze Zeit nach dem Unfall hatte er Trost im Alkohol gesucht und auch gefunden. Den Schlächter hatte er mit seinem damaligen Partner, Jürgen Brenner, zwar überführt. Aber zu diesem Zeitpunkt war er schon des Öfteren angetrunken oder stockbesoffen zum Dienst erschienen, was sein langjähriger Partner und Freund lange Zeit geduldet und sogar gedeckt hatte. Aber der Alkoholkonsum war immer schlimmer geworden. Er war unzuverlässig geworden und hatte sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit den Kollegen angelegt. Jede Form des Hilfsangebotes hatte er damals kategorisch abgelehnt. Schließlich wurde er acht Monate nach dem Tod seiner Frau und seiner Tochter aus dem Polizeidienst entlassen. Zu diesem Zeitpunkt war Laumann bereits drei Monate tot gewesen. Erhängt in seiner Zelle. Kurz bevor ihm der Prozess gemacht werden sollte, und genau dieser Umstand machte Sontheim jetzt zu schaffen. Was hatte es mit der misshandelten Frau auf sich? War dies das Werk eines Nachahmungstäters? Oder hatten sie sich damals geirrt und Laumann war nicht der Täter gewesen? Was im Grunde so gut wie unmöglich war, denn die Beweislast war erdrückend gewesen. Irrtum ausgeschlossen! Oder etwa doch nicht? Und noch ein Gedanke beschäftigte ihn. Warum war gerade ihm die Frau vor das Auto gelaufen? Der Gedanke, dass ein neuer Schlächter sein Unwesen trieb und ihn persönlich herausforderte, jagte ihm eine Heidenangst ein. Einige Schweißperlen entstanden auf der Stirn. Er hatte gerade erst sein Leben wieder in den Griff bekommen und war seit knapp einem Jahr trocken. Und schon befand er sich, wie es den Anschein hatte, mitten in einem neuen Albtraum!

2. Kapitel

 

Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend, das nichts mit der Übelkeit zu tun hatte, die nach dem Schlag auf seinen Hinterkopf aufgetreten war, betrat Sontheim das Polizeirevier in Hürth. Die große Uhr im Empfangsbereich des Präsidiums zeigte dreiundzwanzig Uhr siebzehn, als der Beamte am Tresen Notiz von ihm nahm. Der übergewichtige Mann mit dem talgigen Gesicht war den blauen Dienstgradabzeichen auf den Schulterklappen seines Hemdes nach Polizeiobermeister. Sein Alter konnte er nur schlecht einschätzen, Sontheim glaubte aber, dass er nicht älter als fünfunddreißig Jahre alt war. Der Atem des Mannes roch unangenehm nach einer Mischung aus Knoblauch und Zwiebeln, als er ihn ansprach.

»Mein Name ist Lukas Sontheim. Ich möchte die Entführung und körperliche Misshandlung einer jungen Frau anzeigen.« Der Beamte starrte den spätabendlichen Besucher mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund an, erwiderte aber zunächst nichts. »Mann, ich habe nicht ewig Zeit und die verschleppte Frau erst recht nicht. Was ist jetzt, wollen Sie sich anhören, was ich zu sagen habe oder mich weiterhin blöd anglotzen?«, meinte Sontheim genervt.

»Am besten kommen Sie einmal um die Theke herum und nehmen dort auf dem Besucherstuhl vor meinem Schreibtisch Platz. Dann können wir uns in Ruhe über Ihre Anzeige unterhalten. Roland, übernimmst du bitte den Empfang, während ich mich mit Herrn Sontheim unterhalte«, bat der Beamte den Kollegen, der sich gerade an der Kaffeemaschine zu schaffen machte.

Sontheim folgte der Aufforderung und nahm auf dem Stuhl Platz. Dem Namensschild zufolge, das auf dem Schreibtisch stand, hieß der Beamte, der seine Anzeige aufnehmen wollte, Bernd Schmidtke.

»Also, dann erzählen Sie mir bitte einmal der Reihe nach, was genau passiert ist und was Sie mit der Geschichte zu tun haben«, begann der Polizeiobermeister, nachdem er umständlich auf seinem Schreibtischstuhl Platz genommen hatte. »Und ich hoffe in unser beiderseitigem Interesse, dass das hier nicht nur ein blöder Scherz von Ihnen ist und Sie meine Zeit verschwenden. Ansonsten habe ich unten im Keller eine schöne Ausnüchterungszelle für Sie.«

Wichtigtuer, dachte Sontheim, beherrschte sich aber, den Gedanken laut auszusprechen. Dann begann er damit, Schmidtke von der unheimlichen Begegnung und dem anschließenden Überfall auf seine eigene Person auf der Brühler Landstraße zu erzählen.

»Ich fasse das noch einmal kurz zusammen«, begann Schmidtke, nachdem Sontheim zu Ende erzählt und der Polizeiobermeister das Protokoll getippt hatte. »Gegen zweiundzwanzig Uhr fünfundvierzig haben Sie das Haus Ihrer Eltern in der Südstraße in Meschenich verlassen, um nach Hause zu fahren. Kurz hinter dem Ortsausgangsschild ist dann plötzlich diese junge Frau auf die Straße gelaufen, der Sie gerade noch mit Ihrem Wagen ausweichen konnten. Als Sie nach der Unbekannten sehen wollten, haben Sie festgestellt, dass ihr der Mund zugenäht war und ihr die Augenlider fehlten. Dann wurden Sie von hinten niedergeschlagen und als Sie aufwachten, war die junge Frau verschwunden. Zeugen für diesen Vorfall gibt es keine. Ist das soweit korrekt?«

»Genau so war es«, erwiderte der Ex-Polizist.

»Hm.«

»Was soll dieses Hm bedeuten?«

»Sie haben nicht zufällig heute Abend schon etwas getrunken, Herr Hauptkommissar Sontheim a. D.?«

»Aha, jetzt verstehe ich. Sie haben einen Backgroundcheck zu meinen persönlichen Daten gemacht und festgestellt, dass wir einmal Kollegen waren und ich wegen diverser alkoholbedingter Dienstvergehen entlassen wurde.«

»Haben Sie nun Alkohol getrunken oder nicht?«, wiederholte Schmidtke, ohne darauf einzugehen. Dabei blickte er Sontheim nicht einmal an. Stattdessen verharrte sein Blick auf dem Monitor. Sontheim vermutete, dass der Beamte damit beschäftigt war, weiterhin seine Akte zu studieren.

»Nein, das habe ich nicht.« Er war kurz davor, die Geduld zu verlieren. Einerseits konnte er das Misstrauen des Polizeiobermeisters durchaus nachvollziehen. Andererseits ging es hier um das Leben einer jungen Frau, und er befürchtete, nicht ernst genommen zu werden.

»Also hat sich alles genau so zugetragen, wie Sie mir das geschildert haben?«

»Sonst wäre ich kaum hier, Herr Polizeiobermeister.«

»In Ihrer Akte steht, dass Ihr letzter großer Fall die Ermittlung gegen den sogenannten Schlächter war, der rein zufällig seine Opfer auf dieselbe Art und Weise verstümmelt hat, wie Sie das eben geschildert haben. Komischer Zufall, oder?«, meinte Schmidtke, der Sontheim mittlerweile mit seinen Schweinsaugen taxierte.

»Hören Sie, Herr Schmidtke. Ich weiß selber, wie absurd sich das alles anhört. Und wenn ich an Ihrer Stelle wäre, hätte ich ganz bestimmt ähnliche Bedenken, diese Geschichte zu glauben! Aber da draußen ist irgendwo eine junge Frau, die sich in der Gewalt eines Wahnsinnigen befindet und dringend Hilfe braucht. Tun Sie doch einfach so, als ob Sie nie von meiner Vorgeschichte gehört hätten und schenken Sie meinen Worten Glauben. Versprechen Sie mir einfach, dass Sie alles Menschenmögliche tun werden, um das Leben dieses Mädchens zu retten. Egal, was Sie persönlich von mir halten. Ich habe jedenfalls meine Pflicht erfüllt und bin hierhergekommen. Die Wunde an meinem Hinterkopf haben Sie auch gesehen. Die werde ich mir wohl kaum selber zugefügt haben. Zur Not können Sie auch noch einen Alkoholtest bei mir durchführen. Aber tun Sie bitte Ihre Pflicht und sorgen dafür, dass man der Sache nachgeht!« Die letzten Worte hatte Sontheim regelrecht geschrien und verlieh damit seiner Verzweiflung mehr Ausdruck. Dabei waren kleine Speicheltropfen in Schmidtkes Richtung geflogen. Aber das war ihm jetzt auch egal. Ohne eine Antwort des Polizeiobermeisters abzuwarten, unterschrieb er das ausgedruckte Protokoll der Anzeige, das vor ihm gelegen hatte, nahm die Jeansjacke von der Stuhllehne und stürmte aus dem Präsidium. Er hoffte inständig, dass sein Appell bei Schmidtke angekommen war und er die Anzeige ernst nahm.

 

Das Spiel hatte endlich begonnen. Sein Eröffnungsschachzug war ihm perfekt gelungen. Er wusste, dass sein Gegner den Köder geschluckt hatte. Jetzt war es Zeit dafür, den nächsten Schritt vorzubereiten. Und das war der Teil, der ihm eine besonders große Vorfreude bereitete und Lukas Sontheim später Kopfschmerzen bereiten würde. Davon war er überzeugt. Er ging die verdreckte Treppe in dem heruntergekommenen Gebäude hinunter, das seit zwanzig Jahren leer stand, steckte den Schlüssel in das Vorhängeschloss, drehte ihn einmal, und nachdem er das Schloss entfernt hatte, öffnete er die Tür.

»Hallo Sabrina«, sagte er, als er den ehemaligen Umkleideraum neben der alten Fertigungshalle betrat, in der vor zwei Jahrzehnten noch diverse Kunststoffartikel im Spritzgussverfahren hergestellt worden waren. Er ging auf das Bett zu, auf dem er die Studentin festgebunden hatte. Antworten konnte sie ihm natürlich nicht. Er hatte ihr den Mund zugenäht. Das war Sabrinas erste Schmerzlektion gewesen, die sie bei vollem Bewusstsein erlebt hatte. Wobei es sich dabei nicht um den ersten Akt ihres Martyriums gehandelt hatte. Seine Lektionen begannen stets mit dem Entfernen der Augenlider, das er durchführte, wenn die Mädchen noch von dem Betäubungsmittel im Tiefschlaf lagen. Er liebte den Augenblick, wenn die Frauen wach und sich ihrer Situation bewusst wurden. Menschen neigten leider dazu, die Augen zu schließen, wenn sie sich in ausweglosen Situationen befanden. Eine Reaktion, für die er ohnehin kein Verständnis hatte. Als ob man dadurch dem Schicksal entfliehen konnte. Indem er den Frauen ihre Augenlider nahm, beraubte er sie selbst dieser Möglichkeit. Die Studentin starrte ihn panikerfüllt an. Er wusste nicht, ob sie ihn mittlerweile erkannt hatte. Das war ihm allerdings auch egal. Sie würde den Raum ohnehin nicht lebend verlassen. Die einundzwanzigjährige Kunststudentin hatte ihre Rolle perfekt gespielt. Sabrina hatte ihm tatsächlich geglaubt, dass er sie am Leben lassen würde, wenn sie Lukas Sontheim in die Falle lockt. Sie war so naiv. Als sie realisiert hatte, dass er sie nicht freilassen würde und sie stattdessen wieder in den Folterkeller einsperrte, war sämtlicher Lebensmut aus ihr gewichen. Er hatte es förmlich spüren können. Und jetzt war es Zeit, Sabrina Offergeld weiter in die Welt des Schmerzes einzuführen. Mit der behandschuhten linken Hand strich er über ihre entblößten Brüste. Es sah fast aus wie eine zärtliche Geste. Die junge Frau starrte ihn angewidert an. Durch ihren zugenähten Mund drangen undefinierbare Laute. Für ihren Peiniger klang es wie Musik in den Ohren. Er griff mit der rechten Hand nach dem Brustreißer, der auf dem Edelstahltablett auf dem Servierwagen lag. Er hatte ihn gut sichtbar für die Studentin gleich neben dem Bett platziert. Auf dem Tablett lagen noch andere Utensilien, die er für seine Arbeit benötigte. Die grobe Nadel zum Zunähen des Mundes, ein Skalpell, ein Brandeisen, diverse Zangen. Es war ihm wichtig, dass seine Opfer immer wussten, was auf sie zukam. Das steigerte das Angstgefühl der Frauen ins Unermessliche, und das bereitete ihm große Freude. Er setzte das mittelalterliche Folterinstrument, das im Großen und Ganzen nichts anderes war als eine zangenähnliche Konstruktion mit spitzem Ende, an der linken Brust an. Sabrina Offergeld zerrte wild an ihren Fesseln, aber es half nichts. Ihr Peiniger drückte das Ende des Brustreißers fest zusammen und er wusste, dass in diesem Moment den Körper der Studentin ein Schmerztsunami durchflutete. Sie versuchte zu schreien, wie er an ihrem Gesichtsausdruck erkannte. Aber mehr als ein lautes Quietschen drang nicht an seine Ohren. Dann erhöhte er den Druck, drehte das Werkzeug einmal und zog gleichzeitig mit einem einzigen Ruck daran. Mit dieser geschmeidigen Bewegung entfernte er die Brustwarze und das darumliegende Gewebe der Brust. Er genoss den schmerzverzerrten Gesichtsausdruck der Gefangenen in vollen Zügen. Die Augen des Mädchens starrten ihn schmerzerfüllt und gleichzeitig um Gnade flehend an. Doch das ließ ihn kalt. Er kannte keine Gnade.

»Das war sicherlich jetzt sehr schmerzhaft für dich, liebe Sabrina. Aber die Verletzung ist keinesfalls tödlich. Da kann ich dich beruhigen. Und glücklicherweise hast du ja noch eine zweite sehr schöne Brust. Allerdings ist das Glück nur auf meiner Seite. Ich hoffe, du bist bereit«, sagte er mit einem diabolischen Grinsen und setzte den Brustreißer ein weiteres Mal an. Diesmal an Sabrina Offergelds rechter Brust.

3. Kapitel

 

Montag, 21. Mai 2018

 

Nach einer unruhigen Nacht, in der Sontheim mehrfach von Albträumen geplagt aufgewacht war, stand er gegen halb sieben in der Früh auf, um sich startbereit für die allmorgendliche Joggingrunde zu machen. Er verspürte zu seiner Erleichterung nur noch leichte Kopfschmerzen. Von Schwindel oder Übelkeit keine Spur mehr. Offensichtlich hatte er doch keine leichte Gehirnerschütterung bei dem Angriff davongetragen, so wie er das zunächst befürchtet hatte. Zu irgendwas musste sein Dickschädel ja gut sein, dachte er und lächelte. Jedenfalls sprach nichts gegen die tägliche Laufeinheit, die er vor dem Frühstück absolvierte. Das Laufen war mittlerweile neben seinen regelmäßigen Besuchen bei den Anonymen Alkoholikern wichtiger Bestandteil seines neuen Lebens geworden. Fünf Jahre lang hatte der Alkohol die wichtigste Rolle in seinem Alltag gespielt. Er hatte durch den schrecklichen Unfall nicht nur Nina und Linda verloren. Sondern auch seinen Beruf, den er voller Leidenschaft ausgeübt hatte, und den Großteil der Freunde aus früheren Zeiten. Allmählich knüpfte er wieder soziale Kontakte. Vor allem aber achtete er inzwischen akribisch auf seinen Körper. Rein äußerlich sah man ihm nicht an, dass er sich über Jahre hinweg in jeder Beziehung hatte gehen lassen. Mit einem Gardemaß von einem Meter fünfundachtzig war sein Körper bis in die letzte Faser seiner Muskeln austrainiert und wohl proportioniert. Die ehemals zotteligen, schulterlangen braunen Haare waren einer modernen Kurzhaarfrisur gewichen, die, wie er zugeben musste, auch wesentlich besser zu seinen weichen Gesichtszügen passte. Und auch in seinem Kleiderschrank hatte er kräftig ausgemistet. Er trug zwar immer noch sportlich legere Klamotten, aber im Gegensatz zu den knapp sechzig Monaten, die er in trister Vernebelung verbracht hatte, legte er jetzt Wert darauf, die Kleidung auch regelmäßig zu wechseln. Er hatte das Einfamilienhaus, in dem er mit seinen beiden Liebsten gewohnt hatte, verkauft und lebte seither von den Verkaufserlösen in einer kleinen Mietwohnung in Köln Kalk. Allerdings entwickelte sich der Kontostand bedrohlich gegen Null. Er würde sich schon bald nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen müssen. Aber das konnte er noch ein paar Wochen aufschieben. Er schnürte seine Laufschuhe zu, nahm den Haustürschlüssel mit dem Halsband vom Schlüsselhaken und machte sich auf den Weg durch das Treppenhaus hinunter zur Haustür. Noch bevor die Tür ins Schloss gefallen war, startete er die Musik des MP3-Players – heute begleitete ihn AC/DC auf der Laufrunde. Doch schon nach kurzer Zeit drehten sich seine Gedanken wieder um die Ereignisse des letzten Abends. Es wollte ihm einfach nicht gelingen, nicht daran zu denken. Er hoffte inständig, dass dieser selbstgefällige Schmidtke die Anzeige ernst genommen hatte. Er hatte sogar kurz darüber nachgedacht, seinen alten Partner und ehemaligen Freund Jürgen Brenner anzurufen. Der arbeitete zwar mittlerweile in der verbotenen Stadt, wie die Kölner Nordrhein-Westfalens Landeshauptstadt Düsseldorf nannten. Aber vielleicht hätte er auf die Kölner Kollegen einwirken können. Letztlich hatte er sich aber doch dagegen entschieden. Nicht zuletzt, weil ihm der Mut fehlte, Brenner nach allem, was damals zwischen ihnen vorgefallen war, einfach anzurufen. Obwohl Brenner ihm bis zum bitteren Ende beruflich den Rücken freigehalten hatte und ihm ein echter Freund in der schwierigen Zeit nach dem Tod von Frau und Tochter war, hatte er sich wie das letzte Arschloch verhalten. Eine typisch menschliche Attitude, diejenigen zu verletzen, die einem am meisten am Herzen liegen. Irgendwann hatte es dann auch Brenner aufgegeben und den Kontakt zu ihm abgebrochen. Sontheim fand es unpassend, sich in dieser Situation bei seinem alten Partner zu melden. Wobei das grundsätzlich auch noch auf seiner Agenda stand. Er musste sich unbedingt bei Brenner für sein Verhalten entschuldigen. Aber alles zu seiner Zeit, dachte Sontheim, als er durch den kleinen Stadtgarten vorbei an der Statue des nackten Kindes mit den beiden Schildkröten unter dem rechten und linken Arm lief. Doch irgendwie wurde er das schlechte Gewissen, Brenner bisher nicht angerufen zu haben, auf seiner Laufrunde nicht los. Immerhin ging es um das Leben einer jungen Frau. Aber mehr als die Polizei zu informieren, konnte er ohnehin nicht tun. Jedenfalls redete er sich das ein, wohl eher, um sich selbst zu beruhigen. Als Sontheim die Stepprathstraße erreichte, raste ein roter Audi A1 an ihm vorbei. Dasselbe Modell, das auch Georg Laumann, der Schlächter von Köln, damals gefahren hatte. Ob er nun wollte oder nicht, er wurde immer wieder an die Ermittlungen vor sechs Jahren erinnert. Eine Stunde, nachdem er aufgebrochen war, betrat er die Wohnung. Insgeheim hatte er gehofft, dass er dort von der Polizei erwartet wurde, um ihn noch einmal zu dem Überfall zu befragen. Oder er zumindest eine Nachricht vorfand, dass die Bullen mit ihm sprechen wollte. Dann hätte er wenigstens gewusst, dass man seiner Anzeige die erforderliche Aufmerksamkeit schenkte. Aber weder hatte ihn jemand erwartet, noch hatte er eine Nachricht vorgefunden. Dementsprechend enttäuscht war er. Gegen Mittag war er selbst kurz davor gewesen, bei der Polizei anzurufen, um nachzufragen, ob die Ermittlungen aufgenommen wurden und möglicherweise sogar schon Ergebnisse vorlagen. Aber letztlich hatte er doch davon abgesehen. Im Verlauf des weiteren Tages war es ihm dann tatsächlich doch noch gelungen, den Gedanken an die junge Frau in den Hintergrund zu drängen.

4. Kapitel

 

Dienstag, 22. Mai 2018

 

Der zweite Tag nach dem Überfall begann wie der Morgen zuvor. Eine Stunde joggen, anschließend eine heiße Dusche und ein ausgedehntes Frühstück. Sontheim hatte sich gerade den letzten Löffel seines Müslis in den Mund geschoben, als er durch eine Nachricht im Lokalteil des Radios aufgeschreckt wurde. Fast hätte er den Bericht sogar überhört, da er das Radio nur ganz leise im Hintergrund laufen ließ. Aber als er das Wort Frauenleiche aufschnappte, war er sofort zu dem Gerät geeilt, um es lauter zu stellen.

»Wie die Polizei mitteilte, wurde der Leichnam der jungen Frau in den frühen Morgenstunden von einem Mitarbeiter eines Baumarktes in einem Gebüsch im Gewerbegebiet Köln-Pesch gefunden. Weder die Identität der Frau noch die Todesumstände konnten bisher geklärt werden. Brüssel, die Außenminister …« Sontheim schaltete das Gerät aus und ließ die Worte der Nachrichtensprecherin noch einmal Revue passieren. Er wusste, wie die Frau gestorben war. Und was noch viel schlimmer für ihn war, sie könnte möglicherweise noch leben, wenn er etwas aufmerksamer gewesen wäre und den Angreifer bemerkt hätte. Ansonsten passte alles zu der Vorgehensweise des Schlächters. Er hatte sich seiner Entführungsopfer innerhalb der ersten achtundvierzig Stunden nach ihrer Entführung entledigt.

---ENDE DER LESEPROBE---