Der Teufel im Leibe - Felicity Green - E-Book

Der Teufel im Leibe E-Book

Felicity Green

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Beschreibung

Erlebe magische Abenteuer mit den schottischen Hexen: In DER TEUFEL IM LEIBE, dem zweiten Band der erfolgreichen Paranormal Mystery-Serie von Felicity Green, setzt Kräuterhexe Penny ihre Gabe zum ersten Mal für etwas Gutes ein – und fordert damit unwissentlich das Böse heraus.

Die hübsche, skrupellose Kräuterhexe Penny Reid hat einen schlechten Ruf in ihrem Heimatort Tarbet in den schottischen Highlands. Sie bedient sich schamlos ihrer eigenen Schönheits- und Liebeszauber, sodass ihr kein Mann widerstehen kann. Außerdem ist sie sich nicht zu schade, Geschäfte mit ihrem magischen Talent zu machen.

Bis eines Tages ein geheimnisumwobenes, schwangeres Mädchen in ihrem Rosengarten auftaucht. Es gibt nichts von sich preis, außer dass es vor irgendwem oder irgendwas eine Heidenangst hat. Penny nimmt das Mädchen, das sie Faye nennt, bei sich auf und beschließt, es vor dem Übel zu beschützen, das es zu verfolgen scheint. Zum ersten Mal im Leben setzt Penny ihre Gabe für etwas Uneigennütziges ein und möchte Gutes tun – ohne zu wissen, dass sie damit das Böse in ihre Mitte eingeladen hat.

Die spannenden HIGHLAND-HEXEN-KRIMIS können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Rezensionen zu Band DER TEUFEL IM DETAIL:

»Ein im wahrsten Sinne des Wortes fantastischer Krimi.«

»... ich habe die Bücher einfach nicht mehr weglegen können.«

»Sehr fliessend und spannend geschrieben, ich war emotional mitten in der Geschichte, am liebsten wäre ich gleich los nach Tarbet in Schottland gereist.«

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Der Teufel im Leibe

Ein Highland-Hexen-Krimi

Felicity Green

Felicity Green

Der Teufel im Leibe

Ein Highland-Hexen-Krimi

Band 2

© Felicity Green, 1. Auflage 2016

www.felicitygreen.com

Veröffentlicht durch:

A. Papenburg-Frey

Schlossbergstr. 1

79798 Jestetten

[email protected]

Umschlaggestaltung: CirceCorp design - Carolina Fiandri

(www.circecorpdesign.com)

Vector by Freepik

Korrektorat: Wolma Krefting, bueropia.de

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Obwohl es die Orte, wie Tarbet und Hunza, wirklich gibt und ich schottische Zauber, Highland-Mythologie und Kräuterkunde recherchiert habe, habe ich vieles mit meiner Fantasie ausgeschmückt.

www.felicitygreen.com

Inhalt

Die Autorin

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Kapitel dreiundzwanzig

Kapitel vierundzwanzig

Kapitel fünfundzwanzig

Kapitel sechsundzwanzig

Kapitel siebenundzwanzig

Kapitel achtundzwanzig

Danke und gratis Geschichte

Teuflisch Einsam

Highland-Hexen-Krimis

Leseprobe DER TEUFEL IN DER KÜCHE

Das Buch

Die hübsche, skrupellose Kräuterhexe Penny Reid hat einen schlechten Ruf in ihrem Heimatort Tarbet in den schottischen Highlands. Sie bedient sich schamlos ihrer eigenen Schönheits- und Liebeszauber, sodass ihr kein Mann widerstehen kann. Außerdem ist sie sich nicht zu schade, Geschäfte mit ihrem magischen Talent zu machen.

Bis eines Tages ein geheimnisumwobenes, schwangeres Mädchen in ihrem Rosengarten auftaucht. Es gibt nichts von sich preis, außer dass es vor irgendwem oder irgendwas eine Heidenangst hat. Penny nimmt das Mädchen, das sie Faye nennt, bei sich auf und beschließt, es vor dem Übel zu beschützen, das es zu verfolgen scheint. Zum ersten Mal im Leben setzt Penny ihre Gabe für etwas Uneigennütziges ein und möchte Gutes tun – ohne zu wissen, dass sie damit das Böse in ihre Mitte eingeladen hat.

Die Autorin

Felicity Green schreibt Urban Fantasy und Paranormal Mystery-Serien für Leserinnen, die Mythen und Magie, unerwartete Wendungen, Gänsehaut und große Gefühle lieben.

Felicity wurde in der Nähe von Hannover geboren und zog nach dem Abitur nach England. In Canterbury studierte sie Literatur und Schauspiel. Später tingelte Felicity mit diversen Theatergruppen durch England, Irland und Schottland – eine Inspiration für die Schauplätze ihrer Romane. An der University of Sussex schloss sie einen MA in Kreativem Schreiben ab.

Mit ihrem Mann Yannic, Tochter Taya und Kater Rocks lebt sie jetzt an der Schweizer Grenze.

www.felicitygreen.com

Kapitel eins

Penny Reid beugte sich über den Marktstand und rückte ein paar Gläser mit Badesalz, die eine Passantin angesehen und achtlos wieder abgesetzt hatte, wieder in Reih und Glied. Dann fasste sie sich an den Kopf, um zu überprüfen, ob ihr Kopftuch noch saß. An den Tagen, an denen sie ihre Waren – selbst hergestellte Seifen, Kerzen, Badesalze und weitere Produkte mit ätherischen Ölen, Kräutern und Blumen – auf dem Markt verkaufte, versteckte sie ihr goldblondes, langes Haar unter einem Kopftuch. Wunderschön zu sein half in diesem Job nur bedingt, denn potenzielle Kunden trauten sich oft nicht, sie anzusprechen.

Als ein junger Mann mit puterrotem Kopf zögerlich auf ihren Stand zukam, wünschte sie sich, sie hätte heute Morgen auch weniger vom Schönheitswässerchen genommen. Aber dann wurde ihr klar, dass der Junge, circa achtzehn oder neunzehn, pummelig und mit böse entzündeten Aknepickeln im Gesicht, wahrscheinlich auch eingeschüchtert von ihr gewesen wäre, wenn sie heute hier aufgetaucht wäre wie Gott – oder wer auch immer – sie geschaffen hatte.

»Ja, bitte«, rief sie ihm entgegen. »Kann ich dir helfen?«

»Äh«, räusperte sich der Junge und schlich näher. »Ich suche … etwas Besonderes. Ich habe gehört, dass Sie das hier verkaufen …« Er brach ab und schaute nach rechts und nach links. Nachdem er sich versichert hatte, dass keiner in der Nähe war, der ihn hören konnte, trat er näher und beugte sich über den Stand. »So inoffiziell«, sagte er und seine Gesichtsfarbe wechselte zu gefährlich aussehenden Lilatönen.

Penny musterte den Jungen, der ihrem Blick nicht standhielt und sich wieder nervös umschaute. »Was suchst du denn genau?«, fragte sie ungerührt.

»Also, Sie haben einem Freund von mir etwas verkauft, das …«, er schluckte, »… ihm dabei geholfen hat, ein Mädchen dazu zu überreden, mit ihm auszugehen.«

Penny zog eine Augenbraue hoch und sagte nichts. Natürlich wusste sie ganz genau, was er wollte, aber das unbeholfene Verhalten des Jungen amüsierte sie.

»Liebes …«, krächzte er, brachte das Wort aber nicht ganz heraus.

Penny beschloss, seinen Qualen ein Ende zu bereiten. »Meinst du Liebestropfen?«

Der junge Mann nickte erleichtert.

Penny überlegte für einen Moment. Tatsächlich verdiente sie mehr Geld mit anderen Produkten als den harmlosen, die vor ihr als Waren auslagen. Es war natürlich nicht illegal, Öle zu verkaufen, die dabei halfen, dass man Prüfungen bestand, oder Kräutermischungen, die schlank und hübsch machten, oder Tropfen, durch deren langfristige Anwendung sich jemand in einen verliebte. Aber sie bevorzugte, nach außen hin einen seriösen Marktstand zu betreiben, statt sich aller Welt als Kräuterhexe zu präsentieren. Das war besser fürs Geschäft. Es war jedoch so, dass sie vor nicht allzu langer Zeit Liebestropfen an jemanden verkauft hatte, der sie für unlautere Zwecke benutzen wollte. Obwohl man sie natürlich nicht dafür verantwortlich machen konnte, wie sie fand, hatte er die Frau in Lebensgefahr gebracht. Gott sei Dank war alles gut ausgegangen und der Mann jetzt hinter Gittern. Aber seitdem war Penny ein kleines bisschen vorsichtiger, wem sie etwas von ihren ›besonderen Produkten‹ verkaufte.

»Aha«, sagte sie jetzt zu dem Jungen und schaute ihn abschätzend an. »Wer ist denn die Frau, die noch nichts von ihrem Glück weiß?«

Der Junge zeigte verlegen auf ein sehr hübsches dunkelhaariges Mädchen, das ein paar Stände weiter mit zwei Freundinnen Hüte aufprobierte.

»So, so. Hast du es schon mal auf die normale Tour versucht? Sie gefragt, ob sie mit dir ausgehen möchte?«

»Sie sagt, dass sie mich total gern hat, aber eben nur als guten Freund«, sagte der Junge deprimiert und in einem Tonfall, der Penny sagte, dass er das nicht zum ersten Mal gehört hatte.

»Okay, ich denke, ich habe da was für dich.« Sie suchte unter dem Tresen nach einem Gesichtswasser mit Lavendelöl und einigen anderen Zusätzen, die sein unreines Hautbild verbessern würden.

»Hier. Das nimmst du einen Mond lang jeden Morgen und jeden Abend«, sagte sie in dem mysteriösen Tonfall, den sie für diesen Zweck gewöhnlich verwendete. »Du reibst dir damit das Gesicht ein, nachdem du es gewaschen hast.«

»Einen Mond lang?«, fragte er verwirrt und streckte die Hand danach aus.

»Von einem Neumond bis zum nächsten. Einen Monat«, erklärte sie geduldig. »Aber warte, ich bin noch nicht fertig. Nachdem du es genommen hast, musst du dreimal um dein Haus herumlaufen.«

Der Junge zog die Brauen zusammen. »Mein Haus?«

»Oder um den Block, je nachdem, wo du wohnst. Die Hauptsache ist, du läufst dreimal ungefähr im Kreis, mit dem Haus, in dem du schläfst, in der Mitte, verstanden?«

»Hmm, ich schätze schon«, sagte der Junge skeptisch und kratzte sich im verpickelten Gesicht. »Kann ich nicht einfach solche Tropfen bekommen wie mein Freund?«

»Die brauchst du nicht«, winkte sie ab, »weil ihr schon Freunde seid und sie dich mag. Sie muss nur … dein wahres Gesicht sehen.«

»Okay.« Er streckte wieder die Hand nach der Flasche mit dem Lavendelgesichtswasser aus.

»Aber du musst dich wirklich an das Ritual halten, sonst hilft das nicht. Außerdem, um deinen Körper und Geist rein zu halten, iss Lebensmittel, die so natürlich wie möglich sind.«

Wieder sah der Junge sie fragend an. »Gemüse, unbehandelte Lebensmittel, kein Fast Food«, erklärte Penny weiter. »Einen Mond lang, okay?«

Der Junge wiegte unsicher den Kopf hin und her.

»Und wie sieht es mit dem reinen Geist aus?«, fragte sie streng.

»Äh …«

»Keine schmutzigen Gedanken?«

Seine Gesichtsfarbe wechselte wieder von Rot zu Lila und er öffnete den Mund, brachte aber nichts heraus.

Penny machte Anstalten, die Flasche wieder unter den Tresen zu stellen. »Wenn sie es dir nicht wert ist, das Zauberritual einzuhalten und meine Instruktionen ernst zu nehmen, dann kann ich leider …«

»Doch«, sagte der Junge hastig. »Sie ist es mir wert. Ich mache es so, wie Sie es sagen. Versprochen!«

»Na gut.« Penny zog die Flasche wieder hervor. »Wenn sie sich nach einem Mond nicht in dich verliebt hat, dann komm wieder zu mir. Dann bekommst du die Liebestropfen zu einem Spezialpreis. Aber du wirst sehen«, sie schaute wieder zu dem Mädchen rüber, das mit ihren Freundinnen tuschelte und kicherte, »sie wird dich als mehr als einen guten Freund betrachten, wenn du dich an das Ritual hältst.«

»Danke«, sagte der Junge erleichtert. »Wie viel kostet es?«

»Dreihundert Pfund«, sagte Penny, ohne die Miene zu verziehen.

»Oh. Da muss ich aber noch mal zum Geldautomaten.«

»Gut, ich reserviere dir das Zaubermittel für die nächste Viertelstunde. Aber beeil dich besser, es ist die letzte Flasche!«

Sie konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie den Jungen beobachtete, der davon sprintete, um einen Geldautomaten zu finden.

Penny schaute dem Jungen immer noch hinterher, als sie aus dem Augenwinkel eine Frau auf ihren Stand zueilen sah.

»Sie da! Sind Sie Penny Reid?«, rief die Frau, die klein, aber recht rundlich war.

Penny wandte sich ihr zu und nickte. Bevor sie sichs versah, hatte sich die Frau angeschickt, über den Verkaufstresen zu springen, was ihr auf Grund ihrer kurzen Beine nicht gelang. Dafür purzelten Seifen, Gläser und Potpourri-Säckchen vom Tresen und der ganze Stand wackelte gefährlich, als die Frau halb hinaufkletterte.

Penny machte instinktiv einen Schritt zurück und wich so der Hand aus, mit der ihr die Frau das Gesicht zerkratzen wollte. »Du elendige Hure, du!«, schrie sie Penny an. »Was fällt dir ein, meinem Mann …« Der Rest ging in einem Gemurmel unter, als sie mit dem Gesicht zuerst in eine Schüssel mit Rosmarin-Gesichtspeeling fiel, die Penny zu Demonstrationszwecken aufgestellt hatte.

Penny hatte Angst, dass noch mehr Gläser und Fläschchen zu Bruch gehen würden und traf blitzschnell eine Entscheidung. Sie zog sich das Tuch vom Kopf, schüttelte ihr Haar aus und rief: »Hilfe! Kann mir jemand helfen? So eine Verrückte versucht, mich anzugreifen.«

Sofort eilten ein paar Männer heran, zogen die Frau vom Stand und sammelten ihre Waren wieder auf.

Penny bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln.

»Soll ich die Polizei rufen?«, sagte ein großer Mann mit grauen Schläfen ernst. Er und ein anderer Mann hatten die kleine Frau an den Armen gepackt. Die weiße Peeling-Masse mit den grünen Punkten, die an diesem warmen Sommertag etwas sehr flüssig war, lief ihr das Gesicht herunter und in den Mund, als sie keifte: »Diese Hexe hat meinen Mann verführt.«

»Ich weiß gar nicht, wovon sie redet«, sagte Penny so unschuldig wie möglich.

»Mein guter Desmond, dem würde so etwas im Traum nicht von alleine einfallen«, redete die Frau ungeachtet der Peeling-Masse im Mund weiter, spuckte sie dann aber aus.

Oh, das war Desmonds Frau! Nun ja, das war auf jeden Fall eine einmalige Sache gewesen. Sie hatte ja nur jemanden gebraucht, der ihr die Steuererklärung machte, weil sie das selber ziemlich langweilig fand. Und dass ein kalter Fisch wie Desmond eine Frau mit so feurigem Temperament zu Hause hatte, das hätte sie nicht gedacht.

»Was meinen Sie, möchten Sie die Polizei einschalten?«, fragte der Mann wieder, der seine Rolle als Retter in der Not augenscheinlich sehr genoss. »Schließlich hat sie randaliert, Ihnen Waren zerstört …«

»Nein, danke, das ist nicht notwendig«, meinte Penny großzügig. »Wenn Sie sie einfach wegschaffen könnten, das wäre nett. Ich wollte sowieso gerade einpacken. Wenn jemand noch Zeit hätte, mir dabei zu helfen, die Waren in meinem Auto zu verstauen …?«

Sofort meldeten sich einige Freiwillige und Waren und Stand waren im Auto verstaut, als gerade der Junge mit den dreihundert Pfund zurückkam.

Penny packte seine Flasche Gesichtswasser in eine ihrer schönen, mit Kräutern bedruckten Papiertütchen.

»Vielen Dank. Besuch meinen Stand bald wieder«, lächelte sie ihn an.

Sie hatte nur ein ganz, ganz kleines schlechtes Gewissen. Wenn die Leute so leichtgläubig waren und sich von ihr beeinflussen ließen, dann konnte sie schließlich auch nichts dafür.

Penny fuhr zurück nach Hause – ein abgelegenes altes Haus zwischen Arrochar und Tarbet in den schottischen Highlands. Sie war in Tarbet aufgewachsen und hatte nicht lange überlegt, als das Haus zum Kauf angeboten worden war. Es gefiel ihr, abseits von anderen Menschen schalten und walten zu können, wie sie wollte. Natürlich machte sie sich nichts aus den Meinungen anderer. Es war ihr vollkommen egal, was man von ihr dachte. Aber trotzdem. Manche ihrer Aktivitäten erforderten, dass sie ungestört war und sich nicht dauernd rechtfertigen musste.

Aber das Beste an dem Haus war ihr großer Garten. Zu sagen, dass sie einen grünen Daumen hatte, wäre untertrieben. Gut mit Pflanzen umgehen zu können, war ihre besondere Gabe und sie konnte wahre Wunder mit Kräutern vollbringen. Buchstäblich wahre Wunder.

Wie es ihre Gewohnheit war, ging sie nach ihrer Ankunft erst einmal durch den Garten. Sie kontrollierte die Kräuterbete, ging am von Wildblumen umgebenen Gartenteich vorbei zu dem Teil des Gartens, in dem sie Blumen anpflanzte. Dort verbrachte sie die meiste Zeit. Das Wissen um die Kräutermagie hatte ihre Mutter an sie weitergegeben. Aber was Blumen anging, lernte sie immer noch dazu. Sie liebte es, zu experimentieren und ließ sich dabei von ihrer Intuition leiten.

Ein echtes Lächeln huschte über ihr Gesicht, als ihr Blick auf die rosa Pelargonien fiel. Als Penny in einem Buch gelesen hatte, dass sie nach dem griechischem Wort pelargos für Storch benannt waren, weil ihre Früchte wie Storchenschnäbel aussahen, kam ihr eine Idee, die mit einem ganz anderen Storchenmythos zu tun hatte. Seitdem benutzte sie Pelargonien in einem Öl, das nach längerer Anwendung zur Schwangerschaft führte.

Rosenblätter und Rosenöl konnte sie für viele Zwecke verwenden und sie war besonders stolz auf ihre wunderschönen Rosenbüsche. Penny schloss die Augen und sog genüsslich den süßen Geruch der roten, rosa und gelben Blüten ein, als sie ein Geräusch hörte. Eine Art Fiepen. Hatte sich da etwa ein Hund in ihren Sträuchern verirrt? Wo sollte der herkommen?

Stirnrunzelnd ging sie weiter, bis sie zu einem schmalen Pfad kam, der in die Mitte der Rosenbüsche führte, wo sie eine kleine steinerne Bank aufgestellt hatte. Der Pfad war um diese Jahreszeit allerdings von den Zweigen der Rosenbüsche überhangen und Penny hatte Mühe, ihren Kopf unten zu halten, damit sich die Dornen nicht in ihren Haaren verfingen.

Sie hatte die Bank noch nicht ganz erreicht, da konnte sie etwas Rosafarbenes zwischen den Pflanzen aufblitzen sehen. Verdutzt hielt sie inne. Ein Hund war das ganz sicher nicht. Aber den Urheber des Fiepens hatte sie gefunden. Hier, aus der Nähe, hörte es sich eher so an, als ob jemand weinte. Ein Mädchen.

Penny schob den letzten herunterhängenden Zweig beiseite und trat auf die kleine Lichtung. Auf der Steinbank saß tatsächlich ein Mädchen. Es trug eine rosafarbene Tunika und hatte schwarze Locken, die wild vom Kopf abstanden. Penny schätzte es auf fünfzehn oder sechzehn, aber es war schwer zu sagen, da es so klein und zierlich war. Seine anmutige Gestalt und die Tatsache, dass es so in das Gesamtbild des Rosengartens passte, als ob es da hingehörte, verleitete Penny einen Augenblick lang, zu glauben, dass es sich gar nicht um einen Menschen, sondern um eine Elfe handelte.

Bis das Mädchen sich bewegte, die Tunika verrutschte und Penny der kugelrunde Bauch auffiel. Nein, das hier war kein Naturgeist. Es sei denn, Elfen konnten schwanger werden.

»Hallo«, sagte Penny vorsichtig zu dem Mädchen, das sie mit weit aufgerissenen Augen ansah und völlig erstarrt war. Wenigstens hatte es aufgehört zu weinen.

»Was machst du hier in meinem Garten?«, fragte Penny freundlich. Doch das Mädchen fühlte sich offensichtlich ertappt und sprang sofort auf. »Tut mir leid, ich gehe gleich.«

Die Kleine hatte einen leichten Akzent, den Penny nicht genau zuordnen konnte und der zu ihrem exotischen Aussehen passte. »Nein, warte«, rief Penny. »Was ist mit dir? Ist alles in Ordnung?« Sie war mehr neugierig als besorgt, aber das Mädchen schaute sie aus runden braunen Augen hoffnungsvoll an.

»Ich … könnte ich mich einfach bei Ihnen ein wenig ausruhen? Ich kann nicht mehr laufen und ich weiß nicht, wo ich hinsoll …«

Jetzt erst fiel Penny der Rucksack auf, der hinter der Bank lag.

»Klar kannst du das. Bis Tarbet ist es aber nicht mehr weit, falls du da hin wolltest. Dort gibt es viele B&Bs und auch ein Café.«

Das Mädchen schaute auf seine Füße, die in Ballerinas steckten. Völlig ungeeignet zum Wandern, kein Wunder, dass ihr die Füße wehtaten, dachte sich Penny. Wer ging schon hochschwanger und in Ballerinas wandern? Und ein Mädchen in dem Alter allein?

»Kann ich mir leider nicht leisten«, sagte das Mädchen und biss sich auf die Lippe. Penny nahm an, dass ihm das rausgerutscht war, denn es sah sie nicht an und seine Wangen färbten sich rosa wie ihre Tunika.

»Magst du vielleicht ins Haus kommen und etwas essen?«, fragte Penny. Auch sie hatte nicht beabsichtigt, diese Einladung auszusprechen. Das sah ihr gar nicht ähnlich. Was kümmerten sie die Probleme eines fremden Mädchens?

Das Mädchen nickte heftig und eine perfekte kugelrunde Träne kullerte seine Wange herunter. Diesmal schien es aber aus Erleichterung zu weinen, denn seine Mundwinkel verzogen sich zu dem Ansatz eines Lächelns. Penny musste sich eingestehen, dass sie es nicht bereute, das Angebot gemacht zu haben. In letzter Zeit hatte sie sich hier ein bisschen einsam gefühlt. Gegen ein wenig Unterhaltung heute Abend hatte sie nichts einzuwenden. Vielleicht hatte das Mädchen eine interessante Geschichte zu erzählen.

»Na, dann komm mal mit.« Sie hob den Rucksack auf und das Mädchen folgte ihr aus dem Rosengarten in Richtung Haus. »Ich bin Penny und du?«

Das Mädchen sagte nichts, aber seine Augen weiteten sich, als Penny sich fragend zu ihr umdrehte. Die Emotion, die sie darin las, verblüffte sie. Das Mädchen hatte Angst. Eine Heidenangst.

»Du musst es mir nicht sagen«, redete Penny in leichtem Tonfall weiter. »Ich nenne dich einfach Faye.«

Sichtlich erleichtert nickte das Mädchen, fragte dann aber nach ein paar Schritten: »Faye? Wieso Faye?«

»Faye wie Fairy. Weil du so ausgesehen hast wie eine Flower Fairy«, lachte Penny und ließ Faye den Vortritt durch die Verandatür. Das Mädchen schaute sie verständnislos an. »Cicely Mary Barker? Die Illustrationen mit den kleinen Blumen-Elfen? Als ich dich mitten in den Rosen entdeckt habe, hast du so ausgesehen, wie die Rosen-Elfe. Nur mit dunklen Locken statt blonden.«

»Kenn ich nicht«, murmelte Faye.

Interessant, dachte sich Penny und zeigte dem Mädchen den Weg in die Küche. Die Flower Fairies kannte in Großbritannien doch jedes Kind. Faye war ganz offensichtlich nicht hier aufgewachsen, obwohl ihr Englisch wirklich sehr gut war. Aber wo kam sie her?

Als Penny ihren Kühlschrank aufmachte und Faye ein Sandwich zubereitete, beobachtete sie das Mädchen aus dem Augenwinkel. Faye saß still am Küchentisch, aber ihr Blick ging panisch hin und her und fixierte dann die Tür, so als ob sie es gewohnt war, überall, wo sie war, ihre Fluchtmöglichkeiten im Auge zu behalten. Ihre mysteriöse Herkunft war eine Sache, aber, wurde sich Penny bewusst, interessanter war: Vor wem oder was lief sie weg?

Kapitel zwei

»Setz dich doch bitte«, sagte Penny zu ihrem Bruder Declan, der mit hinter dem Rücken verschränkten Händen in der Küche umhertigerte und sich neugierig umsah. »Du machst mich ganz nervös.«

»Sorry, berufliche Angewohnheit«, grinste Declan, der Polizeiinspektor bei der örtlichen Polizeibehörde mit Sitz in Helensburgh war, »ich muss mir immer alles genau angucken und einprägen.«

Er setzte sich an den rustikalen Holztisch, der den Mittelpunkt der etwas altmodisch wirkenden Küche bildete. Die Wand hinter der Küchenzeile mit dem Gasherd war unverputzt, sodass man die Backsteine der Hauswand sah, und für den Parkettfußboden, der unter den bunten Flickenteppichen hervorblitzte, war altes Treibholz wiederverwendet worden. An der weiß gestrichenen Decke sah man die dunklen Holzbalken. Auf dem Küchentresen und dem zweiten langen Holztresen unter dem Fenster, das fast die ganze Breite einer Wand einnahm und einen schönen Ausblick auf den Garten bot, standen so einige Sachen herum. Aufgeräumt konnte man Pennys Küche auf keinen Fall nennen, aber gemütlich war sie allemal. Ringordner mit Kochrezepten, Kochbücher, leere Einweggläser, ein unter der Glashaube des Kuchentellers erkennbarer Marmorkuchen und eine gläserne Obstschüssel mit Äpfeln und Birnen ließen erahnen, dass sich in dieser Küche immer etwas Hausgemachtes zu essen fand. Bunte Teller mit verschiedenen Mustern, die in einem Gestell an der Wand hingen, klobige Weingläser und Wassergläser in unterschiedlichsten Farben und Formen im Regal sowie die freundliche Tischdecke auf dem Esstisch luden förmlich dazu ein, hier in entspannter Atmosphäre und in interessanter Gesellschaft zu speisen.

Pennys Küche war so anders als die kleine, moderne und kaum genutzte Einbauküche in Declans Wohnung. Das hätte Declan fast traurig gestimmt, wenn er nicht seit etwa einem Jahr mit der Bed & Breakfast-Besitzerin Dessie zusammen gewesen wäre und mittlerweile in deren eigener ebenfalls großen, wenn auch nicht ganz so liebevoll chaotischen Küche ein und aus ging. Außerdem hatte er den leisen Verdacht, dass selten Gäste hier waren, auch wenn Pennys Küche so aussah.

»Kann ich dir etwas zu trinken anbieten? Kaffee, Tee?«, fragte Penny.

»Einen Tee nehme ich gerne. Und ein Stück von dem leckeren Kuchen dort würde ich auch nicht verschmähen«, fügte Declan schelmisch hinzu.

Penny füllte den schwarzen, gusseisernen Wasserkessel in der hohen Spüle und zündete den großen Gasherd an. Während das Wasser kochte, schnitt sie Declan eine Scheibe Marmorkuchen ab. Dabei schwiegen beide und es war offensichtlich, dass ihre flapsigen Kommentare die nicht ganz so entspannte Atmosphäre überspielen sollten.

Declan war noch nicht oft hier gewesen. In Wahrheit hatten sie beide recht wenig miteinander zu tun gehabt, seit Penny früh von zu Hause ausgezogen war. Mit ihrem fünf Jahre jüngeren Bruder hatte sie damals nicht viel anfangen können. Schon als Kinder hatten sie sich nicht besonders nahegestanden. Penny hat ihre Mutter vergöttert, wohingegen Declan immer der Liebling ihres Vaters gewesen war. Nach dem Tod der Mutter hatte Penny – zum dem Zeitpunkt gerade vierzehn – wohl oder übel für die beiden sorgen müssen, da ihr Vater nicht dazu in der Lage gewesen war. Er hatte schon immer gerne zur Flasche gegriffen und seit dem Tod seiner Frau hatte er die meiste Zeit im Pub oder mit ein, zwei Bieren vor dem Fernseher verbracht.

Penny gegenüber war er immer verächtlich bis gemein gewesen, weshalb sie sich auch niemals ein schlechtes Gewissen gemacht hatte, nach ihrem Auszug den Kontakt zum Vater abgebrochen zu haben. Declan gegenüber hatte der Vater jedoch niemals ein böses Wort verloren, und sie hatte sich keine Sorgen um ihren kleinen Bruder machen müssen. Nur als sie die Nachricht erreichte, dass ihr Vater an seiner Alkoholsucht gestorben war, hatte es ihr leid getan, dass Declan alles allein hatte durchstehen müssen.

Nichtsdestotrotz: Penny hatte sich niemals von ihrem Vater oder von ihrem Bruder verstanden gefühlt. Es war immer so gewesen, als wenn eine unsichtbare Linie Männer und Frauen im Hause der Reids getrennt hätte. Die Geschwister allerdings hatten sich wenigstens Mühe gegeben, sich nicht komplett aus den Augen zu verlieren. Erst seit etwa einem Jahr, nachdem Declan Penny und ihren ›Kolleginnen‹ zu Hilfe gekommen war und zugegeben hatte, dass er von Pennys besonderer Begabung wusste, hatte sich ihre Beziehung verändert. Langsam und vorsichtig näherten sich die beiden einander an. Deshalb hatte Penny auch nicht gezögert, ihren Bruder in dieser Angelegenheit um Hilfe zu bitten.

Als der Kessel pfiff, goss Penny Wasser in die Teekanne und stellte sie zu den Tassen, dem Kännchen Milch und dem Zuckerdöschen auf den Tisch. Dann setzte sie sich ebenfalls.

»Wo ist das Mädchen jetzt?«, begann Declan.

»Sie ist in den Garten gelaufen, als du mit dem Auto vorgefahren bist. Ich habe ihr gesagt, dass sie dir vertrauen kann, also hoffe ich, dass sie nicht einfach inmitten der Rosenbüsche verschwindet, genauso wie sie dort unvermittelt aufgetaucht ist.«

»Interessant«, sagte Declan und nahm einen Bissen von dem Marmorkuchen, ohne länger auf den Tee zu warten, der noch zog.

Penny verschränkte die Arme vor der Brust und kippte ihren Stuhl leicht zurück. »Was ist interessant?«

»Ach, dass du dir wünschst, dass sie hierbleibt«, meinte Declan kauend.

»Reine Neugier«, entgegnete Penny. »Sie ist ein Mysterium, ein Rätsel, das ist alles. Ich möchte natürlich gerne wissen, was dahintersteckt. Wäre doch schade, wenn sie einfach wieder fortläuft und ich es nicht herausfinde.«

»Hmmmm«, sagte Declan nur. »Sehr lecker übrigens, wie immer.«

»Jetzt spann mich doch nicht länger auf die Folter. Hast du etwas herausgefunden über sie?«

Declan schüttelte den Kopf. »Es wird kein Mädchen vermisst, auf das ihre Beschreibung passt.«

Penny ließ diese Information kurz auf sich wirken, dann nahm sie die Teekanne und goss ihnen beiden ein. Declan nahm sich Milch und Zucker und rührte beides in seinen Tee. Penny blies nachdenklich auf die Oberfläche des heißen Getränks, bevor sie gedankenverloren ein paar Tropfen Milch zugab. »Ich glaube, sie ist Ausländerin«, sagte sie mehr zu sich selbst.

»Habe ich auch alles geprüft.« Declan räusperte sich und rutschte auf dem Stuhl herum, so als ob ihm unangenehm wäre, was er ihr zu sagen hatte: »Penny, wenn das Mädchen minderjährig ist, dann müssen wir es melden.«

»Ich weiß ja nicht, ob sie minderjährig ist. Sie sieht einfach nur jung aus.« Penny blickte ihren Bruder forschend an. »Du hast mir versprochen, dass es unter uns bleibt.«

Declan schob den Teller mit dem angebissen Stück Kuchen etwas von sich. »Ich weiß, aber es ist meine Pflicht als Polizeiinspektor …«

»Ich bin mir sicher, sie hat vor jemandem Angst, dass sie vor jemanden wegläuft. Wenn wir sie melden, dann kann es sein, dass derjenige sie findet.«

Als Declan nichts sagte, sondern nur die Kuchenkrümel mit dem Finger aufsammelte, fügte sie leise hinzu: »Und ich dachte, du bist als mein Bruder hier, nicht als Polizeiinspektor.«

Declans überraschter Blick ging zu seiner Schwester. »Das ist nicht fair.«

Penny stand auf. »Bitte, Declan.«

»Na gut, ich gebe dir etwas Zeit, herauszufinden, was mit ihr los ist. Dann können wir immer noch entscheiden, ob wir es melden.«

»Danke.« Penny ging zum Küchentresen, schnitt sich ebenfalls ein Stück Kuchen ab und setzte sich wieder an den Tisch. Sie biss ein Stück ab und wirkte erleichtert. »Puh, da bin ich froh«, sagte sie mit vollem Mund.

Penny und Declan tranken ihren Tee, aßen den Kuchen und unterhielten sich noch eine Weile über Faye. Beide genossen es, Spekulationen darüber anzustellen, was mit dem Mädchen passiert war. Penny räumte Teller und Tassen wieder ab und stellte sie in die Spüle, als gerade eine schwarze Katze in die Küche spaziert kam, sich bei der Hintertür hinsetzte und Penny fordernd anschaute.

»Hey, seit wann hast du denn eine Katze?«, wollte Declan wissen, dessen letzter Kenntnisstand war, dass seine Schwester keine Haustiere besaß.

»Seit gestern.« Penny machte einen Küchenschrank auf, holte eine Dose Katzenfutter heraus, öffnete sie und tat der Katze etwas in eine kleine Schüssel. Dann stellte sie diese vor die Tür auf den Fußboden und die Katze machte sich sofort über das Futter her.

»Kam die mit dem Mädchen?«, meinte Declan leicht spöttisch.

»Nein, Faye ist vorgestern hier aufgetaucht. Die Katze hingegen ist mir erst gestern zugelaufen.«

»Aber Katzenfutter hattest du daheim?«, fragte Declan skeptisch.

»Das habe ich gestern Abend gekauft.« Penny machte sich geschäftig daran, das Geschirr abzuwaschen. Sie sprach laut, um das Poltern des Geschirrs im Spülbecken zu übertönen. Die Katze ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken.

»Gestern Morgen habe ich diese Katze um die Wacholderbüsche herumstreichen sehen. Hier wohnt ja eigentlich niemand in der Nähe und deshalb verirren sich auch selten Haustiere hierher. Diese Katze ist wohlgenährt und das Fell sieht gepflegt aus, ich gehe also nicht davon aus, dass sie schon lange herumstreunt. Auf alle Fälle war sie mittags wieder bei den Wacholderbüschen und am Abend hatte sie sich bis auf die Terrasse getraut. Faye und ich haben dort gerade zu Abend gegessen. Ich habe Hühnerfrikassee gemacht und das Mädchen isst wie ein Spatz. Da blieb noch einiges über. Als mich diese Katze also mit ihren hübschen goldenen Augen so anblickte, da dachte ich, ich könnte ihr eine Portion Frikassee nun wirklich nicht vorenthalten, wo wir doch so viel übrig hatten.«

Declan äußerte sich nicht zu ihrer langwierigen Erklärung. Trotzdem fuhr Penny fort: »Als ich heute einkaufen war, da bin ich zufälligerweise am Katzenfutter vorbeigekommen und da habe ich gedacht, na ja, wenn die Katze heute immer noch hier ist, dann kann ich ihr auch richtiges Katzenfutter geben.«

»Und die Katze war immer noch hier.«

»Genau.« Penny drehte das Wasser ab und begann, das Geschirr abzutrocknen, das auf dem Abtropfgestell stand.

»Hast du ihr denn zufällig auch einen Namen gegeben?«, fragte Declan wie beiläufig. Schließlich hatte sie auch keine Zeit verloren, dem unbekannten Mädchen einen Namen zu verpassen.

»Juniper.«

»Alles klar«, verstand Declan, »weil du sie in den Wacholderbüschen gefunden hast.«

»Genau«, sagte Penny erneut.

»Interessant.« Declan konnte sich seinen amüsierten Tonfall nicht verkneifen.

»Was ist denn jetzt schon wieder interessant?«, meinte Penny leicht entnervt.

»Na ja, wenn mich jemand gefragt hätte, wem es am ähnlichsten sieht, Streuner aufzunehmen, wäre mir dein Name als Allerletzter eingefallen. Und jetzt hast du hier innerhalb von wenigen Tagen zwei Streunern Unterschlupf gewährt.«

»Ich kann die Katze ja nicht verhungern lassen. Sie kann jederzeit wieder gehen, wenn ihr danach ist. Ich hindere sie nicht daran.« Sie warf das Geschirrhandtuch mit etwas zu viel Schwung gegen den Haken, sodass es nicht hängen blieb, sondern zu Boden fiel. Penny ließ es einfach liegen.

»Und das Mädchen kannst du natürlich auch nicht verhungern lassen?«

»Du hast es erfasst, und auch sie könnte ja jederzeit wieder gehen, wenn sie will. Außerdem habe ich dir doch schon gesagt, warum ich sie hier behalte. Reine …«

»Neugierde. Ja, ich weiß, das hast du gesagt.«

Kapitel drei

Am nächsten Vormittag stand Penny in ihrem großen Gartenhäuschen, das sie liebevoll Kräuterhütte nannte, und breitete gerade Lavendelzweige auf ihrer Arbeitsfläche – einem polierten Holztisch – aus, als Faye schüchtern an die offene Tür klopfte. Penny lächelte sie an und bat sie einzutreten.

»Ich dachte, ich könnte dir ein wenig zur Hand gehen«, sagte Faye leise und sah sich interessiert in der Hütte um. »Bei deiner … Arbeit?« Nach einer kurzen Pause, in der Penny nicht auf die unausgesprochene Frage, was ihre Arbeit genau war, einging, sprach sie weiter: »Es ist ja das Geringste, was ich für dich tun kann, wo du mich bei dir wohnen lässt und so.«

Penny grinste. »Dir ist wohl ein bisschen langweilig, was?«

Faye wurde rot. »Das auch«, gab sie zu.

»Klar, du kannst mir gerne helfen«, sagte Penny.

Sichtlich neugierig, was Penny denn hier wohl mit den Kräutern und Blumen aus ihrem Garten anstellte, kam Faye um den Tisch herum und stand nun neben Penny. Sie wendete sich aber nicht dem Lavendel zu, sondern sah sich mit großen Augen den altmodischen Küchenschrank an, der sich hinter ihnen befand. In den Glasfächern konnte man kleine braune Apothekerflaschen, Einweggläser und Tontiegel sehen, alle fein säuberlich beschriftet. Darunter, auf dem Küchentresen, stand eine Reihe alter, in Leder gebundener Bücher. Davor Gerätschaften, die Penny andauernd benutzte. Mörser und Stößel in verschiedenen Größen, Spachtel, Gartenscheren, eine Mappe mit kleinen Stickern, deren Abbildungen verschiedene Kräuter zeigten. Man konnte Faye ansehen, dass sie am liebsten die weiß angestrichenen Holzschränke aufgemacht hätte, um zu sehen, was sich Mysteriöses darin verbarg. Stattdessen drehte sie sich wieder um und befasste sich mit dem Lavendel.

»Du hast den schon vor dem Frühstück geschnitten, richtig? Ich habe dich durch das Fenster im Garten gesehen.«

»Das stimmt«, sagte Penny nur. »Pflanzen haben verschiedene Energien. Und die wiederum sind je nach Tages-, Mond-, oder Jahreszeit wieder etwas unterschiedlich.«

Faye kräuselte die Nase und Penny wusste nicht, ob aus ihrer Mimik Verachtung sprach – nach dem Motto: Was für ein esoterisches Zeug faselt die da? – oder ob sie es sich einfach nicht vorstellen konnte. Einem Impuls folgend erklärte sie es so, wie es ihre Mutter einmal getan hatte: »Stell dir die Energien so vor wie Farben, die die Pflanzen umgeben. Je nach Tageszeit hat die Farbe zum Beispiel eine leicht andere Schattierung.«

»Farben? So wie … eine Aura?«

»Genau!«, sagte Penny zufrieden. Obwohl sie nicht wusste, wieso sie es zufrieden stimmte, dass Faye sie verstand. Es konnte ihr schließlich egal sein, ob sie sie für eine Larifari-Hippie-Tante hielt oder nicht.

»Ich erkläre jetzt also, was wir mit den Stängeln machen«, ging Penny direkt zum praktischen Teil über. »Wir hängen sie erst mal zum Trocknen auf. Hier, nimm vier Stück, binde ein Stück dieses Fadens viermal herum und mache drei Knoten. Dann hängen wir sie dort oben auf.« Sie zeigte auf den spitz zulaufenden Dachbereich. Eine Leiter führte zu einer Art Dachboden, der aber wie bei einem Heuboden nur die Hälfte der kleinen Kräuterhütte in zwei Stockwerke unterteilte. Dort oben gelangte nicht allzu viel Licht hin und Faye kniff die Augen etwas zusammen, um die Reihen getrockneter Kräuter genauer zu erkennen, die dort schon zum Trocknen hingen. »Ist dort noch Platz?«, fragte sie skeptisch.

»Klar«, antwortete Penny. »Außerdem nehmen wir etwas von dem Salbei ab, der dort hängt. Der ist schon getrocknet und ich werde ihn gleich weiterverarbeiten.«

Staunend gingen Fayes Blicke vom Dachboden zu der Badewanne aus weißer Emaille, die unter dem Dachboden in der Ecke stand. Dort nahm Penny ihre Schönheitsbäder. Das wollte sie Faye aber jetzt nicht unbedingt erklären. Deshalb holte sie erst einmal zu der etwas langweiligen Lektion aus, dass sie ein System für das Trocknen der Kräuter habe, damit diese nicht völlig verdorrten. Währenddessen fingen sie beide an zu arbeiten. Faye fragte nicht nach, wieso sie den Faden genau vier Mal wickeln und drei Knoten machen musste, sondern arbeitete einfach schweigend gemäß Pennys Anweisungen. Mit ihren kleinen Händen war sie sehr geschickt.

Schließlich stieg Penny die Leiter hoch, nahm die getrockneten Salbeibündel ab und legte sie in einen Korb, mit dem im Arm sie wieder herunterkletterte.

Dann nahm sie die Lavendelbündel in einen anderen Korb und stieg wieder hoch.

»Soll ich schon irgendwas mit dem Salbei machen?«, fragte Faye von unten.

»Nein!«, rief Penny. »Fass ihn nicht an.« Sie hängte die Lavendelbündel auf und kam wieder herunter. Faye hatte nichts weiter gesagt und stand jetzt wie ein ängstliches, verschüchtertes Kind in der Ecke.

Erst jetzt bemerkte Penny, dass ihr Ton etwas scharf gewesen war. »Hey, so meinte ich das nicht«, sagte sie. »Es geht mir nur darum, dass es für dich schädlich sein könnte, wenn du mit dem Salbei arbeitest. Weil es einen negativen Einfluss haben könnte – in deinem Zustand.«

Sie blickte bedeutungsvoll auf Fayes runden Bauch. So, jetzt hatte sie den Elefanten im Raum endlich angesprochen. Wurde ja auch Zeit. Das Thema war bislang von Faye tunlichst vermieden worden. Prompt lief Faye dunkelrot an. »Ach so.«

Weiter sagte sie nichts. Na, dann musste sie wohl ein wenig nachhelfen, dachte sich Penny. »Aber du kannst mir gerne mit etwas anderem zur Hand gehen. Mach doch schon mal mit dem Rosmarinsalz weiter.«

Faye nickte und sah sich um, als Penny fortfuhr: »Siehst du die Tontöpfe dort auf dem Fußboden? Nimm dir einen. Stell ihn auf den Tisch. In der Tupperdose auf dem Küchenschrank sind zerkleinerte Rosmarinnadeln, die ich schon vorbereitet habe. Fülle mit der kleinen Schaufel eine Lage Salz aus dem offenen Sack in den Tontopf, dann eine Lage Rosmarin, dann Salz und immer so weiter. Hör mit einer Lage Salz auf, okay?«

Faye drehte sich zu den Tontöpfen und zu den Säckchen Meersalz in der Ecke um und tat dann wie ihr geheißen.

Penny stellte einige Tiegel auf die Arbeitsplatte und summte dazu eine Melodie. Schließlich ging sie durch die offene Tür zur Kochstelle nach draußen, die sich an der Wand der Hütte befand und durch ein Vordach geschützt war, und erhitzte Wasser. Dann holte sie einen Topf mit Schweineschmalz aus dem Haus. Als sie zurückkam, hatte das Wasser die richtige Temperatur und sie stellte das Schweineschmalz in das Wasserbad. Zurück in der Hütte machte sie sich daran, den Salbei zu zerkleinern und mit dem Stößel im großen Mörser zu verarbeiten. Faye war immer noch konzentriert am Werke. Es war, als hätte sie gar nicht bemerkt, dass Penny wieder reingekommen war. Penny nahm den schweren Mörser, trug ihn nach draußen und gab Salbei in das mittlerweile geschmolzene Fett. Sie rührte es im Uhrzeigersinn um und sprach die notwendigen Worte:

Reiner Geist, reiner Körper.

Reiner Schein, reiner sein.

Wieder in der Hütte sah sie, dass Faye fertig war. »Schau mal, ich habe da auf dem Tresen eine Mappe mit Stickern. Da ist auch Rosmarin dabei, klebe doch einen darauf.«

Dann zeigte sie Faye, in welchen der Holzschränke sie den Topf stellen sollte. »Den musst du jetzt ab und zu abgießen, bis das Salz in zwei Wochen fertig ist. Das Salz zieht Wasser und es bildet sich dann eine Flüssigkeit. Kann ich dir dafür die Verantwortung geben?«

Faye nickte heftig. »Heißt das, dass ich so lange hierbleiben darf?« Tränen sammelten sich in ihren großen braunen Augen.

Penny nickte und tat so, als würde sie die Tränen gar nicht bemerken.

»Komm, setz dich hier draußen hin, auf den Stuhl etwas weiter weg von den Salbeidämpfen. Ich muss das Fett ab und zu mal umrühren.«

Faye nahm auf dem mit orange-weiß gestreiften Tuch bespannten Gartenstuhl Platz. Penny rührte, setzte sich auf einen Holzschemel vor den Topf und wandte sich dann Faye zu.

»Erzähl mir von dem Kind«, sagte sie nur.

Die Angst, die sie in Fayes Augen sah, hätte eigentlich vom Rosmarin verbannt werden sollen. Doch sie war zu stark, zu mächtig. Faye hätte jetzt reden sollen, erleichtert darüber, dass sie Penny ihr Herz ausschütten durfte.

Stattdessen sagte sie: »Ich… Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht darüber reden.«

»Du musst mir ja nicht vom Vater erzählen, wenn du nicht möchtest. Ich verstehe, dass du vor ihm Angst hast.« Penny versuchte, sich so sanft wie möglich anzuhören. »Aber vom Kind? Magst du mir vom Kind erzählen? Wann es kommt, zum Beispiel? Weißt du, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?

---ENDE DER LESEPROBE---