Der Teufel in der Küche - Felicity Green - E-Book

Der Teufel in der Küche E-Book

Felicity Green

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Beschreibung

Was hat das teuflische Kochbuch ihrer Großmutter mit Fionnas geheimer Herkunft zu tun? Im dritten Band der erfolgreichen Paranormal-Mystery-Serie von Felicity Green richtet die pummelige Außenseiterin Fionna allerlei magisches Chaos an.


Die pummelige, rothaarige Hexe Fionna Simmonds hat sich schon immer als Außenseiterin gefühlt – selbst in der Gemeinschaft von Hexen in den schottischen Highlands, der sie angehört. Denn Fionna hat ein schreckliches Geheimnis, das sie niemandem anzuvertrauen wagt.


Mit den Rezepten aus dem alten Kochbuch ihrer Großmutter richtet Fionna einiges an magischem Chaos in dem Restaurant an, in dem sie seit Kurzem arbeitet. Zunächst macht sie sich nur Sorgen um die Reaktion ihres Chefs, für den sie Gefühle hegt. Aber bald stellt sich heraus, dass in dem Kochbuch auch Zauberformeln stehen, mit denen dunkle Mächte gerufen werden können – und Fionna befürchtet, eine davon hat etwas mit ihrer fragwürdigen Herkunft zu tun.


Privatdetektivin Abbey Fine ist auf der Suche nach einem wertvollen alten Kochbuch, das ihrem – zugegebenermaßen sehr dubiosen – Klienten gestohlen wurde.
Die Spur führt an den Loch Lomond, genauer gesagt, in den unheimlichen Keller der Simmonds, wo anscheinend teuflische Dinge vor sich gehen ...


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Die spannenden Highland-Hexen-Krimis von Felicity Green können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Veröffentlichungsjahr: 2017

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Der Teufel in der Küche

Ein Highland-Hexen-Krimi

Felicity Green

Felicity Green

Der Teufel in der Küche

Ein Highland-Hexen-Krimi

Band 3

© Felicity Green, 1. Auflage 2017

www.felicitygreen.com

Veröffentlicht durch:

A. Papenburg-Frey

Schlossbergstr. 1

79798 Jestetten

[email protected]

Umschlaggestaltung: CirceCorp design - Carolina Fiandri

(www.circecorpdesign.com)

Vector by Freepik

Korrektorat: Wolma Krefting, bueropia.de

Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden und verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

www.felicitygreen.com

Inhalt

Die Autorin

Prolog

Kapitel eins

Kapitel zwei

Kapitel drei

Kapitel vier

Kapitel fünf

Kapitel sechs

Kapitel sieben

Kapitel acht

Kapitel neun

Kapitel zehn

Kapitel elf

Kapitel zwölf

Kapitel dreizehn

Kapitel vierzehn

Kapitel fünfzehn

Kapitel sechzehn

Kapitel siebzehn

Kapitel achtzehn

Kapitel neunzehn

Kapitel zwanzig

Kapitel einundzwanzig

Kapitel zweiundzwanzig

Kapitel dreiundzwanzig

Kapitel vierundzwanzig

Kapitel fünfundzwanzig

Kapitel sechsundzwanzig

Kapitel siebenundzwanzig

Kapitel achtundzwanzig

Kapitel neunundzwanzig

Kapitel dreißig

Kapitel einunddreißig

Kapitel zweiunddreißig

Kapitel dreiunddreißig

Kapitel vierunddreißig

Epilog

Danke und gratis Buch

Teuflisch Einsam

Highland-Hexen-Krimis

LESEPROBE Der Teufel im Bunde

Das Buch

Die pummelige, rothaarige Hexe Fionna Simmonds hat sich schon immer als Außenseiterin gefühlt – selbst in der Gemeinschaft von Hexen in den schottischen Highlands, der sie angehört. Denn Fionna hat ein schreckliches Geheimnis, das sie niemandem anzuvertrauen wagt.

Mit den Rezepten aus dem alten Kochbuch ihrer Großmutter richtet Fionna einiges an magischem Chaos in dem Restaurant an, in dem sie seit Kurzem arbeitet. Zunächst macht sie sich nur Sorgen um die Reaktion ihres Chefs, für den sie Gefühle hegt. Aber bald stellt sich heraus, dass in dem Kochbuch auch Zauberformeln stehen, mit denen dunkle Mächte gerufen werden können – und Fionna befürchtet, eine davon hat etwas mit ihrer fragwürdigen Herkunft zu tun.

Privatdetektivin Abbey Fine ist auf der Suche nach einem wertvollen alten Kochbuch, das ihrem – zugegebenermaßen sehr dubiosen – Klienten gestohlen wurde. Die Spur führt an den Loch Lomond, genauer gesagt, in den unheimlichen Keller der Simmonds, wo anscheinend teuflische Dinge vor sich gehen ...

Die Autorin

Felicity Green schreibt Urban Fantasy und Paranormal Mystery-Serien für Leserinnen, die Mythen und Magie, unerwartete Wendungen, Gänsehaut und große Gefühle lieben.

Felicity wurde in der Nähe von Hannover geboren und zog nach dem Abitur nach England. In Canterbury studierte sie Literatur und Schauspiel. Später tingelte Felicity mit diversen Theatergruppen durch England, Irland und Schottland – eine Inspiration für die Schauplätze ihrer Romane. An der University of Sussex schloss sie einen MA in Kreativem Schreiben ab.

Mit ihrem Mann Yannic, Tochter Taya und Kater Rocks lebt sie jetzt an der Schweizer Grenze.

www.felicitygreen.com

Prolog

»Jetzt bin ich eine Frau, sagt meine Mama«, tat sich Tara wichtig. Trotz ihrer Behauptung kicherte sie mädchenhaft und hielt sich die Hand vor den Mund. »Und ihr, habt ihr schon eure Regel?«

Ihre ebenfalls zwölfjährige Freundin Andrea, genannt Andie, schüttelte nur stumm den Kopf, ohne die Miene zu verziehen. Fionna steckte das Ende ihres französischen Zopfes in den Mund und kaute darauf herum. Ihre Mutter hatte auf die Frisur bestanden, die ihre rothaarige Mähne zwar zähmte, ihr rundes Gesicht aber unvorteilhaft betonte. »Hmmm«, brummelte Fionna und nickte kaum merklich. Sie spürte, wie ihr eine verräterische Röte ins Gesicht stieg, und wünschte sich, sie könnte sich wie sonst hinter den Haaren verstecken. Aber glücklicherweise war Tara viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass es ihr auffallen würde. Das Mädchen plapperte schon weiter, während Fionna mit dem oft verdrängten Missbehagen kämpfte, ihre Periode immer noch nicht bekommen zu haben, obwohl sie schon siebzehn war.

Die Pubertät hatte sie eindeutig nicht verschont, wie ihre plumpe Figur, die Aknepickel auf dem Rücken und die sich an diesem heißen Sommertag immer mehr ausbreitenden Schweißflecken unter den Armen verrieten. Es war schon mehr als sonderbar, dass sie immer noch nicht menstruierte. Wahrscheinlich sollte sie mal zum Arzt gehen. Aber dann musste sie erst mit ihrer Mutter darüber sprechen und das wollte sie lieber vermeiden. Sie wollte nicht auch noch irgend so eine peinliche Krankheit zu der langen Liste von Dingen hinzufügen, die ihre Mutter an ihr auszusetzen hatte. Fionna konnte deutlich spüren, was für eine Enttäuschung sie war, auch wenn ihre Mutter sie nie direkt maßregelte oder tadelte – so als ob sie die Erziehung ihrer Tochter schon lange aufgegeben hätte.

Fionna sah sich im Garten um. Kleine Grüppchen Frauen und Mädchen saßen an Gartentischen, die auf dem gepflegten Rasen hinter ihrem Haus verteilt worden waren. Der Garten war an zwei Seiten von einer hohen Hecke umgeben und grenzte hinten an den Wald, den Argyll National Forest, sodass Fremde, die nicht zu ihrer eingeschworenen Gemeinschaft gehörten, nicht mitbekamen, was hier auf diesem Mittsommerfest Sonderbares vor sich ging.

Es wurde sich unterhalten, gegessen und getrunken, während man darauf wartete, dass die Sonne unterging und die Zeremonie beginnen konnte.

An dem größten Tisch in der Mitte des Gartens saß Fionnas Mutter, Rosa Simmonds. Zu ihrer Linken, wie immer, Mary MacDonald, das Oberhaupt ihres Zirkels, eine hässliche, alte, immer ungepflegt wirkende Frau mit struwweligen schwarzen Haaren – sie entsprach ganz und gar dem Klischee einer Hexe. Rosa war das genaue Gegenteil. Sie sah durchschnittlich aus. Die grauen Haare waren zu einem ordentlichen Dutt frisiert, die Apfelbäckchen glänzten unter dem Rand der altmodisch runden Brille, und sie hatte immer ein gütiges Lächeln auf den Lippen. Sie wirkte wie eine typische schottische Großmutter von der Sorte rüstige Rentnerin.

Der Eindruck täuschte.

Ja, Rosa Simmonds war sehr aktiv in der Gemeinde von Tarbet, dem malerischen Örtchen am Loch Lomond, in dem Fionna zu Hause war. Und sie war sicherlich um einiges älter als die meisten Mütter der Mädchen in Fionnas Alter. Aber im Ruhestand war sie noch lange nicht. Rosa war Rezeptionistin im Polizeirevier in Helensburgh. Und was die gütige, warmherzige Art anging … vielleicht war sie nicht gerade aufgesetzt, aber zu ihrer Tochter konnte sie eiskalt sein.

Rosa begegnete Fionnas Blick, runzelte die Stirn und machte eine Handbewegung, um ihrer Tochter anzudeuten, dass sie das Zopfende aus dem Mund nehmen sollte. Erst jetzt merkte Fionna, dass sie immer noch gedankenverloren darauf herumkaute. Sie spuckte es aus und ein Sabberfaden blieb ihr am Kinn hängen. Schnell wischte sie ihn weg, aber es entging ihr nicht, dass ihre Mutter immer noch herübersah, die Kuchengabel hinlegte und sich zu Mrs MacDonald beugte, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern.

Sofort stand Fionna auf und flüchtete ins Haus. Natürlich konnte sie ihrer Mutter nichts von ihrem Problem erzählen. Wahrscheinlich würde sie als Erstes Mrs MacDonald davon berichten und statt zu einem Arzt würde Fionna dann zu Mrs MacDonald für eine magische Diagnose gehen müssen, in das Haus, das ihr vor Ekel und Angst richtig Gänsehaut bereitete. Nein, wirklich, lieber wartete sie noch ein bisschen. Bestimmt würde sie ihre Regel bald bekommen und wenn sie erst achtzehn war, dann musste sie doch auch ihrer Mutter nichts davon erzählen, oder? Dann würde sie sowieso von zu Hause ausziehen und ein aufregendes Leben anfangen, allen zeigen, was in ihr steckte …

Im Haus hatte man die Vorhänge zugezogen und es war einige Grad kühler als draußen. Trotzdem machte Fionna das Gefrierfach im Kühlschrank auf, um sich ein Eis herauszunehmen. Sie hatte zwar gerade zwei Stücke Himbeer-Sahne-Torte verdrückt, aber irgendwie war da doch noch ein Loch in ihrem Magen. Leider lag ihre Lieblingssorte nicht mehr im Fach: Vanille mit Überzug aus Zartbitterschokolade.

Fionna machte den Kühlschrank wieder zu und beschloss, in der großen Gefriertruhe im Keller nachzusehen, ob sie dort fündig werden würde. Sie stieg die Treppe in den großen, unterirdischen Raum hinab und fühlte sich gleich noch wohler. Es war schon sonderbar, dass ein dunkler Keller ihr Lieblingsraum im Haus war, aber schon als Kind hatte sie sich gerne hier aufgehalten. In den seltenen Fällen, in denen andere Kinder mit ihr gespielt hatten, waren diese nicht gern mit ihr hier runtergekommen. Sie fanden den Raum unheimlich. Etwas, das Fionna überhaupt nicht nachvollziehen konnte.

Gut, vielleicht lag es an der altmodischen Feuerstelle in der Mitte mit dem großen Kessel darüber, dachte sie, als ihr Blick beim Betreten des Kellers darauf fiel. Oder daran, dass der dunkle Raum, mit der gar nicht kellerartigen trockenen Luft, nur von einer einzelnen Glühbirne erhellt wurde, deren Licht nicht bis in alle Ecken reichte.

»Fionna«, kam jetzt eine kratzige Stimme aus einem der Schatten.

Fionna war schon auf der Seite des großen quadratischen Raumes, wo die Gefriertruhe und Regale mit Eingemachtem und Vorräten standen, und drehte sich um.

»Hallo, Großmutter«, sagte sie, als die alte Frau hinter einem der hohen Bücherregale auf der gegenüberliegenden Seite hervorkam. »Was machst du denn hier?«

»Na, was wohl.« Matilda Simmonds hielt das alte Buch hoch, das sie in der Hand hielt und das wohl zu ihrer kleinen, aber erlesenen Sammlung antiquarischer Bücher zählte.

»Ich meine, wieso bist du nicht oben, bei den anderen?« Fionna rollte mit den Augen. »Beim Fest.«

»Noch gibt es nichts zu feiern. Ich bereite mich lieber hier auf die Zeremonie vor, als viel unnützes Zeug zu schwätzen.«

Fionna nickte, drehte sich um, öffnete den Deckel der Kühltruhe und wühlte darin herum. Als sie mit einem Eis in der Hand wieder auftauchte, merkte sie, dass ihre Großmutter sie die ganze Zeit kritisch beäugt hatte. Verlegen senkte sie den Blick und nestelte an der Plastikverpackung herum.

»Und was machst du hier unten, Mädchen?«

Fionna legte das kalte Eis von einer Hand in die andere. Ohne aufzuschauen stammelte sie: »Ich hab … Tara hat was gesagt und …« Schließlich seufzte sie und sah ihre Großmutter an. »Ich will dir gerne etwas erzählen, aber bitte sag Mama nichts davon.«

Matilda nickte kurz. »Spuck’s aus.«

Fionna legte das Eis auf dem Deckel der Kühltruhe ab und ging zu ihrer Großmutter. Die setzte sich in den alten, abgewetzten Ohrensessel, in dem sie hier unten immer las, und Fionna nahm auf dem Fußschemel davor Platz. Sie zupfte an ihren Fingernägeln herum, während sie erzählte:

»Tara hat gesagt, dass sie ihre Regel bekommen hat. Und dann hat sie gefragt, ob wir sie auch schon haben. Ich hab nichts gesagt, aber, Oma … Ich habe meine Periode noch nicht. Und ich bin schon siebzehn. Ist das nicht komisch?«

Sie sah zu Matilda auf, die sie mit undurchdringlichem Blick musterte.

»Weißt du noch, als du immer zu mir gekommen bist, um mich nach deinem Vater zu fragen?«

Überrascht nickte Fionna. Sie wusste zwar nicht, was genau das hiermit zu tun haben sollte, aber es war eine ähnliche Situation gewesen. Als sie klein war, war ihr aufgefallen, dass alle anderen Kinder Väter hatten. Sie hatte keinen und im Haushalt der Simmonds hatte es auch nie einen Mann gegeben. Seit Fionna denken konnte, hatten weder Matilda noch Rosa je eine Beziehung geführt.

Fionna wusste schon damals, als kleines Kind, dass sie … anders war. Aber zumindest gehörte sie einer kleinen Gemeinschaft an, in der alle Mädchen anders waren. Doch keinen Vater zu haben, gab ihr das Gefühl, auch in der Gemeinschaft eine Außenseiterin zu sein.

Die Sache mit der Periode war wieder etwas, das sie ausgrenzte. Und auch damals hatte sie Rosa nie darauf angesprochen. Sie hatte nie gewagt, sie zu fragen: »Wer ist mein Vater? Wieso ist er nicht hier?«

Aber mit irgendwem hatte sie darüber reden müssen – und das war ihre Großmutter gewesen. Als sie ihre Antworten endlich erhalten hatte, hatte sie sich gewünscht, nie gefragt zu haben. Seitdem hatten Matilda und Fionna nie wieder ein Wort darüber verloren. Bis jetzt.

»Natürlich. Natürlich erinnere ich mich daran.« Ein kalter Schauder lief ihr den Rücken herunter.

»Nun, das hier hat damit zu tun. Du wirst deine Periode wahrscheinlich nie bekommen.«

»Wieso?«, fragte Fionna verwirrt.

Matilda schwieg einen Moment und drehte das Buch in ihrer Hand. »Wie gut kennst du dich mit der Bibel aus, Mädchen?« Fionnas Gesicht blieb ein einziges Fragezeichen. »Mit dem Sündenfall?«

»Du meinst …« Fionna räusperte sich. »Also, weil sie Adam dazu überredet hatte, den Apfel vom Baum der Erkenntnis zu essen, wurde Eva mit dem Fluch belegt, Kinder unter Schmerzen gebären zu müssen …« Sie dachte nach. »So gesehen war die Monatsblutung wohl auch Teil des Fluches.«

»So gesehen«, meinte Matilda mit leicht sarkastischem Unterton. Sie hatte die Augen verengt, sodass sie im schummerigen Licht des Kellers wie dunkle Schlitze aussahen. »Adam und Eva waren die ersten Menschen. Nach Eva musste jede Frau da durch. Mehret euch, hat Gott seinen Menschen aufgetragen und damit die Frauen zu monatlichen Blutungen verdammt. Jede gewöhnliche Menschen-Frau. Du, mein Kind, bist anders.«

Jetzt lächelte Matilda, sodass die Lücken, wo der alten Frau schon die Zähne ausgefallen waren, zu sehen waren.

Fionna schluckte. »Ich bin kein richtiger Mensch und deshalb … deshalb bekomme ich meine Regel nicht?«

Matilda nickte nur stumm.

Fionna wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war es gewohnt, eine Außenseiterin zu sein, aber noch nie hatte sie sich so allein gefühlt. »Du glaubst an die Schöpfungsgeschichte?«, fragte sie ihre Großmutter. »Daran, dass wir alle Sünder sind? Also ihr … ihr, die von Eva abstammt, meine ich …«, stammelte sie schließlich.

Matilda lachte heiser. »Nein, natürlich nicht. Es ist eine schöne Geschichte. Richtig dramatisch, findest du nicht? Frauen haben einen Zyklus und Blutungen, weil sie Säugetiere sind, mein Mädchen. Nicht mehr und nicht weniger. Wir sind Teil der Natur. Aber es läuft auf dasselbe heraus, was deine Frage angeht. Du bist kein Mensch, kein Tier, kein Teil der Natur, zumindest nicht ganz. Du bist anders.«

Fionna nickte traurig und stellte keine weiteren Fragen. Sie stand auf, holte sich ihr mittlerweile angeschmolzenes Eis und ging wieder die Treppe hoch, in den Garten.

Hier hatte sich nichts verändert. Die Frauen saßen immer noch in Gruppen zusammen und unterhielten sich. Tara und Andie schwätzten und kicherten. Fionna setzte sich zu ihnen. Aber sie hörte ihnen gar nicht zu. Immer wieder gingen ihr Matildas Worte durch den Kopf.

Ich bin anders. Ich bin wider die Natur.

Kapitel eins

»Where is my mind« von den Pixies ertönte laut im Frühstücksraum von Dessie’s B&B. Ohne auf das Display zu schauen, drückte Abbey den Anruf weg. Sie hatte den Klingelton extra für ihren Chef Ken Sly gewählt. Und es war nicht das erste Mal an diesem Morgen, dass er versuchte, sie zu erreichen.

Abbey musste es nicht unangenehm sein, dass ihr Handy dauernd klingelte, während sie versuchte, ihr Porridge mit frischen Früchten zu genießen. Zwar gab es noch andere Gäste im Raum, aber der Baulärm von draußen übertönte sowieso alles.

»Alles in Ordnung bei Ihnen? Kann ich Ihnen noch einen Kaffee bringen?«

Abbey sah auf. Neben ihrem Tisch stand die Besitzerin des B&Bs, Dessie McKendrick. Die Frau war gebürtige Engländerin, weshalb Abbey sie ohne Probleme verstehen konnte. Das war nicht bei allen Einheimischen hier der Fall, wie sie bei ihrer Ankunft gestern schon hatte feststellen müssen.

»Ähm, ja, einen Kaffee würde ich noch nehmen.«

»Kommt sofort. Und bitte entschuldigen Sie den Lärm von draußen.« Dessie schenkte ihr ein zerknirschtes Lächeln. »Mein Freund und ich bauen ein Haus nebenan. Momentan wohne ich eigentlich noch hier im B&B und mein Freund hat nur eine Wohnung. Das ist natürlich kein Dauerzustand, besonders da wir bald Zuwachs bekommen.« Sie legte eine Hand auf den merklich gerundeten Bauch.

»Oh, wann ist es denn so weit?«, fragte Abbey höflichkeitshalber.

»In drei Monaten. Ich hoffe nur, dass das Haus bis dahin bezugsfertig ist, sonst haben wir ein Problem«, lachte Dessie fröhlich.

»Der Lärm macht mir nichts aus«, versicherte Abbey ihr. Sie war ja schließlich nicht im Urlaub. Das verriet sie Dessie nicht.

»Das beruhigt mich. Also, ich bringe Ihnen gleich noch einen Kaffee.« Dessie nahm die leere Tasse in die Hand und ging wieder zur Küchenzeile, wo sie mit ihrer Kollegin weiter das Frühstück für die Gäste zubereitete.

»… with your feet on the air and your head on the ground …«

Abbey seufzte, schluckte den letzten Bissen Porridge hinunter, holte tief Luft und nahm den Anruf an. »Hallo, Boss.«

»Fine, ich versuche, Sie schon den ganzen Morgen zu erreichen«, knurrte Sly am anderen Ende der Leitung. »Was haben Sie gemacht, ausgeschlafen? Sie sind nicht dort, um sich zu erholen, verdammt!«

»Tut mir leid, ich hab hier kaum Empfang«, log Abbey ungerührt. Ihr Chef schluckte das. Von seinem Londoner Büro der Detektei Sly Investigations aus gesehen war der verschlafene Ort Tarbet am Loch Lomond in den schottischen Highlands tiefste Provinz.

»Schießen Sie los, geben Sie mir ein Update.«

»Äh, ich würde mich schon melden, wenn es etwas Neues zu berichten gibt. Ich bin erst spät gestern Abend hier angekommen, wie Sie wissen, da kam ich mit meinen Nachforschungen noch nicht weit.« Abbey versuchte, den spitzen Ton, der sich unweigerlich in ihre Stimme schlich, zu unterdrücken. Sly ging gar nicht darauf ein.

»Vermasseln Sie das nicht, Fine«, polterte er. »Sie wissen, wie wichtig dieser Klient für mich ist.« Abbey verkniff sich ihren Kommentar, dass er ihr das schon zehnmal gesagt hatte, rollte nur mit den Augen und sagte: »Natürlich, Boss.« Sie bemühte sich um ein Lächeln für Dessie, die ihr eine frisch gebrühte Tasse Kaffee hinstellte, während Sly weiterredete:

»Die harte Arbeit habe ich ja schon für Sie erledigt.« Ja, Sly hatte die Recherchen für diesen Fall übernommen, weil er ihr nichts zutraute. Dabei hatte der Klient selber angegeben, dass er seinen Angestellten im Verdacht hatte, das wertvolle antiquarische Kochbuch aus der Bibliothek geklaut zu haben. Alles, dessen es bedurfte, war, den Angestellten zu vernehmen und ihn unter Druck zu setzen, indem man damit drohte, die Polizei einzuschalten. Ganz schnell hatte der Bedienstete zugegeben, das Buch an einen Online-Händler verkauft zu haben und war mit der Adresse herausgerückt, an die er es geschickt hatte. F. Simmonds in Tarbet, Schottland. Abbey war lediglich für fähig befunden worden, nach Schottland zu fahren und das Buch wiederzuholen. Etwas, das auch ein besserer Kurier hätte erledigen können.

»Und seien Sie nicht so verkrampft wie sonst«, drang Slys kratzige Stimme immer noch in Abbeys Ohr. »Flirten Sie ruhig ein bisschen, wenn Simmonds ein Kerl ist.«

Abbey war mittlerweile recht gut darin, ihre Emotionen zu unterdrücken, wenn ihr Chef mit ihr redete. Sie hatte von Anfang an gewusst, dass es für sie nicht einfach sein würde, als junge Frau in diesem Beruf, der immer noch von Männern dominiert war, zu bestehen. Sie war mit offenen Augen in ihr Angestelltenverhältnis bei Sly Investigations gegangen, wohl wissend, dass die Detektei den Ruf hatte, besonders rücksichtlos bei den Ermittlungen vorzugehen. Es war ihr von Anfang an klar gewesen, dass sie sich erst beweisen musste, aber Sly gab ihr keine Chance. Er setzte sie fast ausschließlich als Honigfalle ein, wenn fremdgehende Männer auf frischer Tat ertappt werden sollten. Ansonsten benutzte er sie als Sekretärin. Oder eben als Laufbursche, um das zu erledigen, für das er zu bequem war.

Slys »Vorschlag«, ihre weiblichen Vorzüge einzusetzen, ließ jedoch unweigerlich Ärger in ihr hochsteigen, der sich nur schwer wieder runterschlucken ließ. Er ging also davon aus, dass der Händler, der illegal mit antiquarischen Büchern handelte, ein Mann war. Nur deshalb hatte er sie nach Schottland geschickt. Es war immer dasselbe. Gerade, wenn sie dachte, dass sie endlich die Chance bekam, zu beweisen, was in ihr steckte, auch wenn es in einer noch so niederen Tätigkeit war, lief es darauf hinaus, dass Sly ihr den Job nur deshalb übertragen hatte, weil sie eine attraktive junge Frau war.

»Ich werde mein Bestes geben«, presste Abbey zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Nach ein paar weiteren »Ratschlägen« konnte sie Sly endlich wieder abwimmeln.

Abbey warf das Handy in die Handtasche, die auf dem Stuhl neben ihrem stand, atmete tief durch und trank langsam ihren Kaffee.

»Schlechte Neuigkeiten?«, fragte Dessie, die einen Schokoladenmuffin auf ihren Tisch stellte. Abbey winkte ab. »Wir haben für alle Gäste Muffins gebacken, quasi als kleine Wiedergutmachung für die Lärmbelästigung. Sie können ihn gerne mitnehmen, wenn Sie gerade keinen Hunger mehr haben.«

»Danke«, antwortete Abbey gedankenverloren. Sly wollte, dass sie diesen Job schnell erledigte, und er stellte sich vor, dass sie einfach bei Simmonds klingelte und sich an ihn ranmachte, um das Buch zurückzubekommen. Aber wenn sie das tat und die Verführungstaktik – oder sonstige Taktik – nicht gelang, dann hatte sie damit ihren Vorteil verloren. Sie wollte unbedingt beweisen, dass sie in der Lage war, einen solchen Fall erfolgreich zu Ende zu bringen. Lieber ließ sie es langsam angehen und kundschaftete erst einmal aus, womit sie es zu tun haben würde.

»Ms McKendrick«, rief sie die B&B-Besitzerin zurück, die sich gerade wieder von ihrem Tisch entfernt hatte.

»Oh, ich bin Dessie«, sagte die lächelnd, als sie zurückgekommen war.

»Kannst du mir vielleicht mit etwas helfen?« Abbey strahlte sie an. »Ich sammele alte Kochbücher und ich habe gehört, dass es hier in Tarbet einen Händler geben soll, der sich darauf spezialisiert hat.«

»Ein Buchantiquariat?« Dessie legte die Stirn in Falten. »Nein, das gibt es in Tarbet nicht.«

»Ich glaube auch nicht, dass es ein Geschäft ist, sondern ein Online-Handel.«

»Hmmm. Ich kenne jemanden, der mit alten Büchern handelt, aber ich dachte, sie betreibt das eher hobbymäßig …«

»So viele Leute wird es in diesem kleinen Ort wohl nicht geben, die das machen …«, ermutigte Abbey Dessie lächelnd.

»Stimmt.« Wieder tönte das kreischende Geräusch einer Säge von der Baustelle nebenan durch die geschlossenen Fenster des B&B und Abbey warf einen dezenten, aber unmissverständlichen Blick in Richtung der Lärmquelle.

Dessie presste die Lippen zusammen. »Tja, also … wenn du Interesse daran hast, vielleicht ein Buch von Fionna zu kaufen, kann es wohl nichts schaden, wenn ich dir ihre Adresse gebe.«

Fionna … F! Jackpot! »Das wäre ganz toll«, meinte Abbey und zog sofort Stift und Notizbuch aus ihrer Handtasche. Abbey jubilierte innerlich, als Dessie ihr die Adresse diktierte, die sie schon kannte. »Und du meinst, ich kann dort einfach klingeln?«, fragte Abbey nach.

»Vielleicht rufst du doch lieber erst an.« Dessie klang jetzt wieder skeptisch. »Warte, ich frage meine Kollegin nach der Telefonnummer.«

Dessie eilte zu der zierlichen jungen Frau mit den glatten, dunklen Haaren, die in der Küche beschäftigt war. Abbey bekam nicht mit, was genau die B&B-Besitzerin zu ihr sagte, aber die Augen des Mädchens weiteten sich und sie schüttelte den Kopf. Dessie verzog das Gesicht, sagte wieder etwas und zeigte auf das Fenster in Richtung Baustelle.

Dann kamen die beiden Frauen zu Abbeys Tisch. Die junge Privatdetektivin setzte eine arglose Miene auf.

Die Brünette stellte sich als Andie vor und riet ihr davon ab, bei Fionna vorbeizuschauen. »Fionna empfängt ganz bestimmt keine Laufkundschaft«, endete sie resolut.

»Das ist aber schade. Ich sammele alte Kochbücher, weißt du, und ich habe gehört, dass der Online-Händler in Tarbet, der laut deinen Angaben, ja nur diese … äh … Fionna Simmonds sein kann, sich auf wertvolle antiquarische Kochbücher spezialisiert hat. Und wenn ich schon mal in Tarbet bin, solle ich sie unbedingt aufsuchen, sagte mir mein Kontakt.«

Andie runzelte die Stirn. »Kochbücher? Das ist mir neu.« Jetzt wirkte sie unsicher. »Aber möglich ist es. Noch bis vor einem Jahr konnte Fionna weder Toast zubereiten noch Wasser kochen, aber jetzt hat sie das als Leidenschaft für sich entdeckt. Sie arbeitet seit Kurzem sogar in einem Restaurant. Also, da ist es schon möglich, dass sie jetzt Kochbücher …«

»Tatsächlich!«, rief Abbey erfreut. »Dann teilen wir ja eine Leidenschaft. Oh bitte, gib mir ihre Nummer. Ich würde zu gerne ihre Sammlung sehen und bestimmt das eine oder andere Buch erwerben.«

»Weißt du was, ich rufe sie an«, entschied Andie. »Fionna ist … nicht besonders … kontaktfreudig. Ich versuche, für dich einen Termin mit ihr auszumachen. Was hältst du davon?«

»Das wäre einfach wundervoll!«

Kapitel zwei

Fionna konzentrierte sich darauf, die Schlagsahne gleichmäßig aus der Spritztüte zu quetschen. Die Zunge zwischen die Zähne geklemmt, flach durch die Nase atmend, versuchte sie, die Torte mit ganz ruhiger Hand zu verzieren und jeden Sahnekringel gleich aussehen zu lassen.

Sie war heute für die Desserts zuständig, und sie wollte Drew auf keinen Fall enttäuschen. Sie arbeitete erst seit vier Monaten in Drews Restaurant The Kirk, einer umgebauten alten Kirche, und obwohl sie anfangs so unsicher gewesen war, dass sie sich fast nichts anderes getraut hatte, als die Salatteller zu richten und den Abwasch zu erledigen, hatte der Job angefangen, ihr so viel Spaß zu machen, dass sie um größere Herausforderungen bat. Drew, der sie trotz ihres Mangels an Erfahrung als Küchenhilfe angestellt hatte, gab ihr eine riesengroße Chance. Es erstaunte sie andauernd, wie viel er ihr zutraute. Diese Woche hatte er ihr die Verantwortung für die Desserts übergeben und sie heute sogar ein eigenes Rezept ausprobieren lassen.

Drew war der wundervollste Mann, der Fionna je über den Weg gelaufen war. Sie besaß einen Heidenrespekt vor ihm – schließlich hatte er in einem angesagten Restaurant in Glasgow gearbeitet, bevor er The Kirk eröffnete, und war so etwas wie eine Berühmtheit in der Gegend. Aber obwohl er sich auf seinen Erfolg etwas hätte einbilden können, war er stattdessen furchtbar nett und freundlich. Fionna liebte es, wie sich tausende kleine Lachfältchen um seine Augenwinkel bildeten, wenn er lächelte. Und diese vollen, dunklen Locken, die ihm immer so verwegen ins Gesicht hingen – traumhaft.

Fast hätte Fionna schmachtend geseufzt, wenn sie sich nicht auf ihre Sahnekringel besonnen hätte. Noch einen letzten und dann ist …

»Fionna!«

Fionna zuckte zusammen und drückte damit zu fest auf die Spritztüte, sodass statt einer schlanken Spirale eine dicke, wulstige Wurst auf der Torte landete. Toll!

Verärgert drehte sich Fionna um.

»Danke auch, Sally! Jetzt ist meine Torte ruiniert.«

Sally, eine unscheinbare Frau Mitte vierzig mit mausbraunen schulterlangen Haaren, die im Restaurant als Kellnerin arbeitete, zog die Schultern ein. »Sorry.«

Fionna wischte sich mit dem Handrücken ein paar Schweißtropfen von der Stirn. Vielleicht konnte sie den Sahnewulst vorsichtig mit dem Teelöffel entfernen und …

»Äh, Fionna …«, hörte sie Sallys piepsige Stimme hinter sich.

Fionna schürzte die Lippen und drehte langsam den Kopf in Sallys Richtung. »Ja, bitte?!«

»Äh, da fragt jemand nach dir. Magst du vielleicht kurz ins Restaurant kommen?«

Fionna kaute auf der Innenseite ihrer Wange herum. Sie sollte sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Außerdem war sie gerne auf dieser Seite der Schwingtür, weg von den Gästen. Andererseits, vielleicht wollte ihr jemand ein Kompliment für ihr Dessert aussprechen. Vorhin hatten die ersten Gäste ihre »Fruitful Pockets« bestellt, das Rezept, das Drew sie hatte ausprobieren lassen. Feine Mürbeteigtaschen mit einer Rhabarber-Apfel-Brombeer-Füllung. Eigentlich war sie schüchtern, aber es passierte auch äußerst selten, dass sie einen Grund hatte, sich geschmeichelt zu fühlen. Also wieso nicht.

»Ich mache nur eben die Torte fertig und dann komme ich, okay?«, sagte sie in einem versöhnlichen Ton. Fionna reparierte den Verzierungsfehler auf der Torte, wusch sich die Hände und ging ins Restaurant. Sally, die gerade an einem Tisch bediente, zeigte mit dem Kopf in Richtung »Hauptschiff«. Im ehemaligen Querschiff der Kirche befanden sich der Eingangsbereich, die Bar und der Durchgang zur Küche, die alte Orgel sowie zwei kleinere Tische. Drei Stufen führten hoch zum längeren Hauptschiff, wo die meisten Tische standen. Säulen und Pfeiler, die das Hauptschiff abtrennten, versperrten teilweise die Sicht. Das machte es manchmal schwierig für die Gäste, Blickkontakt mit der Bedienung herzustellen, erlaubte aber ein intimes Dining-Erlebnis und gehörte zur besonderen Atmosphäre des Restaurants.

Als Fionna die kleine Treppe hinaufgegangen war, sah sie sofort, wer nach ihr gefragt hatte. Eine große, hübsche Blondine winkte ihr fröhlich zu.

Fionna rollte mit den Augen. Es war Penny Reid, die, so musste Fionna ungern zugeben, mittlerweile so etwas wie eine Freundin geworden war. Eigentlich hatte sie keine Freunde. Außer Andie, mit deren ruhiger und besonnener Art sie schon immer gut klargekommen war. Penny war das genaue Gegenteil. Eine Drama-Queen, die sie anfänglich gar nicht hatte ausstehen können. Aber seit Penny im vorigen Sommer das schwangere Mädchen Pari bei sich aufgenommen und ihr geholfen hatte, hatte sie sich geändert. Sie war weniger egoistisch und überheblich, fand Fionna. Außerdem hatte Penny sie nahezu dazu genötigt, kochen zu lernen. Nie hätte Fionna es für möglich gehalten, dass es einmal ihr liebstes Hobby und jetzt vielleicht sogar bald ihr Beruf werden würde. Sie hatte durch das Selberkochen gut zehn Kilo abgenommen und aufgrund ihres neuen Interesses sogar Drew kennengelernt. Das hatte sie auf gewisse Weise Penny zu verdanken.

Deshalb ging Fionna jetzt mit einem Lächeln zu Penny hinüber, die mit ihrem Freund Chris an einem kleinen, rustikalen Holztisch für zwei Personen saß. Obwohl Fionna Penny und alle Frauen ihres Zirkels hier lieber nicht gesehen hätte. Sehr gerne würde sie diese beiden Lebensbereiche trennen.

»Wir wollten schon lange mal herkommen und deine Kochkünste genießen«, sagte Penny aufgeregt. »Ich finde es so super, dass du jetzt hier arbeitest. Wer hätte das gedacht?«, fügte sie unverblümt hinzu.

Fionna nahm es ihr nicht übel. Schließlich hatte sie mit ihren fünfundzwanzig Jahren tatsächlich noch nie einen richtigen Job gehabt. Sie hatte sich noch nicht einmal auf einen Studienplatz beworben, sondern war nach der Schule einfach … daheim bei ihrer Mutter geblieben. Ihre Liebe zu alten Büchern, deren Ursprung in der Büchersammlung ihrer vor Jahren verstorbenen Großmutter zu suchen war, hatte sie einfach zu ihrem »Beruf« gemacht. Sie betrieb eine Website für Bibliophile und handelte »unter dem Tisch« mit antiquarischen Büchern. Sie führte keine Buchhaltung und hatte auch noch nie im Leben eine Steuererklärung ausgefüllt, verdiente aber gutes Geld damit.

Und ihre Mutter … na ja, die sagte wie üblich überhaupt nichts dazu. Weder ermutigte sie Fionna zu irgendetwas, noch stellte sie ihr ein Ultimatum, dass sie sie endlich aus dem Haus haben wollte. Irgendwann hatte Fionna einfach wissen wollen, wie weit sie gehen konnte, wie weit sie diese gleichgültige Einstellung ausreizen konnte – vielleicht auch, um es ihrer Mutter auf gewisse Weise heimzuzahlen. Bis vor etwa einem Jahr, als Fionna ein paar Dinge in ihrem Leben geändert hatte. Dafür waren sicherlich ihre Freundschaften mit Andie, Penny und Pari verantwortlich. Kochen zu lernen gehörte zu diesen Veränderungen. Daheim auszuziehen hatte sie noch nicht geschafft – so weit war sie dann doch noch nicht.

»Es macht mir wirklich sehr viel Spaß«, sagte Fionna nur.

»Was kannst du mir denn heute Schönes zaubern«, fragte Penny augenzwinkernd.

Fionna wurde rot und sie ärgerte sich ein bisschen über Pennys Wortwahl. »Also, ich koche eigentlich nicht wirklich. Das macht Drew.«

»Schade. Dabei könntest du doch dafür sorgen, dass es richtig gut schmeckt.« Penny zwinkerte noch einmal übertrieben.

»Wie meinst du das?«, fragte Fionna entrüstet, weil sie sehr wohl wusste, was Penny damit meinte.

»Na, du könntest doch zum Beispiel deine Speisen mit einem Spezialsalz würzen.«

»Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst!«

Chris rollte mit den Augen. »Es gibt auch überhaupt keinen Grund für solche vagen Andeutungen. Penny macht das bloß, weil es sie amüsiert. Der einzige andere besetzte Tisch so früh am Abend ist dort, am anderen Ende des Raumes, und die hören uns ganz bestimmt nicht, wenn wir uns normal unterhalten.«

»Spaßverderber.« Penny machte einen Schmollmund, aber ihre Augen funkelten. »Ja, ich will damit sagen, wieso verzauberst du nicht einen Salzstreuer oder so, damit alle Gerichte, die du damit würzt, gut schmecken? Das könntest du doch, oder nicht? Du kannst doch Objekte verhexen?«

Penny hatte recht. Objekte zu verzaubern war Fionnas besondere Gabe, so wie es die von Penny war, Kräuter und Pflanzen mit besonderer Wirkung wachsen zu lassen und zu verarbeiten. Beide waren sie Hexen, denen ihr magisches Talent in die Wiege gelegt wurde – vererbt mütterlicherseits. Sie gehörten beide dem Zirkel der Hexen aus Tarbet und Umgebung an, hatten sich aber tatsächlich erst richtig kennengelernt, als Fionna ein Objekt für Penny verzaubert hatte. Ein Buch, mit dem sie Paris Erinnerungen hatte lesen können, um herauszufinden, was für Probleme das mysteriöse Mädchen aus Hunza hatte.

»Das würde ich auf keinen Fall tun«, sagte Fionna ernst.

»Das interessiert doch keinen, wenn du ein bisschen mit Magie nachhilfst«, winkte Penny ab. »Hauptsache, es schmeckt.«

»Mich interessiert es aber.« Fionnas Stimme zitterte. »Diese Sache mit dem Kochen … die hat mit Magie nichts zu tun. Ich bin hier nicht als Hexe, sondern als … normaler Mensch angestellt. Und wenn ich beruflich etwas erreichen will, dann auf … ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll … ehrliche Art. Ohne magische Hilfe.« Fionna merkte, wie ihr Gesicht immer heißer wurde.

Chris nickte. »Das kann ich verstehen.«

Auch Penny wirkte jetzt ernst. »Ich auch, ehrlich gesagt. Respekt.« Dann lachte sie wieder. »Trotzdem, was soll ich bestellen? Du hast gesagt, du machst die Desserts?«

Fionna konnte sich ein stolzes Lächeln nicht verkneifen. »Ja. Drew hat mir sogar erlaubt, heute ein Rezept auszuprobieren. Es heißt »Fruitful Pockets« und ist ein altes, traditionell schottisches Rezept. Mit Rhabarber, Äpfeln und Brombeeren. Es wurde schon einmal bestellt, von den Gästen da drüben, aber ich habe noch keine Rückmeldung …«

Fionna zeigte auf den einzigen anderen besetzten Tisch am anderen Ende des Hauptschiffes, wo ein älteres Paar gerade bei Sally zahlen wollte – und wo es anscheinend ein Problem gab. Fionna brach ab und die drei lauschten interessiert, als Sallys Stimme laut wurde.

»Nein, Sie verstehen wohl nicht, ich sagte neunundvierzig Pfund, nicht vierundneunzig.« Sie versuchte, dem Mann am Tisch den Geldschein wieder zurückzugeben.

»Doch, wie ich schon sagte, der Rest ist für die Köchin«, erwiderte der Senior ebenfalls laut.

Sally starrte ihn entgeistert an. »Aber … einundfünfzig Pfund Trinkgeld? Das kann ich doch nicht …«

»Warten Sie, ich habe hier noch etwas.« Der Mann schüttelte sein Portemonnaie aus, sodass alle Münzen auf den Tisch purzelten.

Sally war sprachlos.

»Komm, meine Liebe.« Der Mann half seiner Partnerin in den Mantel, bevor er seinen anzog. Die Frau zog etwas aus der Manteltasche, das wie ein Geldschein aussah.

---ENDE DER LESEPROBE---