Die Chronik der Unsterblichen - Der Machdi - Wolfgang Hohlbein - E-Book

Die Chronik der Unsterblichen - Der Machdi E-Book

Wolfgang Hohlbein

4,6
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die beiden Unsterblichen Andrej und Abu Dun hat es nach Konstantinopel verschlagen. Dort treibt ein rätselhafter Prophet sein Unwesen, der von seinen Anhängern als der Machdi bezeichnet wird. Es heißt, er könne jeden in seinen Bann ziehen und es sei unmöglich, ihn zu töten. Ist der Unbekannte etwa selbst ein Unsterblicher? In höchster Not bittet Sultan Süleyman Andrej und Abu Dun um Hilfe. Sie sollen den Machdi aufspüren und ihm das Handwerk legen. Doch das ist keine leichte Aufgabe, denn der fremde Prophet wird von fanatischen Kämpfern beschützt, die für ihn ohne Zögern ihr Leben geben. Als Andrej und Abu Dun merken, über welch außergewöhnliche Fähigkeiten sie verfügen, ist es schon fast zu spät ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 927

Bewertungen
4,6 (42 Bewertungen)
30
6
6
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Impressum

Der 13. Roman der Chronik der Unsterblichen

Kapitel 1

Der Mann brannte. Rote und orangefarbene Flammen züngelten aus seinen Kleidern, zehrten von seiner Haut und verbrannten sein Haar. Das Licht war so grell, dass es vielen der Zuschauer die Tränen in die fassungslos aufgerissenen Augen trieb, und der Gestank nach brennendem Stoff, verschmortem Haar und schmelzendem Fleisch war unerträglich. Das Feuer hatte bereits seine Fingernägel schmelzen lassen und die Haut von seinen dürren Fingern gefressen, sodass das rohe Fleisch und hier und da auch schon der weiße Knochen zum Vorschein kamen. Seine Augenlider waren verschmort und die Augäpfel darunter zu blinden weißen Kugeln geworden, und auch die Lippen waren längst aufgeplatzt, schwarze Narben in einem Gesicht, das kaum noch als solches zu erkennen war. Trotzdem bewegten sie sich, und nicht einmal das Prasseln der Flammen und das entsetzte Raunen und Flüstern der immer größer werdenden Menschenmenge konnte die gestammelten Worte übertönen, die der Mann hervorstieß, wo man doch eigentlich Schreie unerträglicher Qual erwartet hätte.

»Das ist interessant«, sagte Abu Dun.

Interessant? Andrej musste sich beherrschen, um nicht etwas zu sagen, was er vermutlich schon bereuen würde, bevor er es ganz ausgesprochen hatte. Stattdessen zwang er sich, den schrecklichen Anblick nicht nur weiter zu ertragen, sondern sogar genauer hinzusehen. Fast meinte er, die entsetzlichen Schmerzen dieses Mannes, der bei lebendigem Leibe verbrannte, selbst zu spüren. Er hatte Unzählige sterben sehen, manche auf schlimmere und noch sehr viel qualvollere Art … aber was diesem armen Burschen da vor den Augen der gierig gaffenden Menge geschah, das tat er sich selbst und aus freien Stücken an!

Viel mehr noch als dieses grausige Schauspiel jedoch interessierte Andrej die junge Frau, die diesen besonders einfallsreichen Selbstmörder begleitete. Da war etwas an ihr, das ihn irritierte, ohne dass er genau sagen konnte, was.

»Ichmeinejanur«,fuhrAbuDunfort,alserwohleinsah,dassAndrejsichnichtaufeine–ohnehinfruchtlose–Diskussioneinlassenwürde,aberauchnichtbereit,soleichtaufzugeben,»dasseszumindesteineoriginelleMethodeist,sichselbstvondieserindienächsteWeltzubefördern,fallsessiegibtundwieimmersieauchaussehenmag.Wennauchgewissnichtdieangenehmste.«ErzogeineGrimasse.»ErmussguteGründegehabthaben,diesenWegzuwählen…abervielleichtisterjaaucheinfachnurverrückt.«

Andrej glaubte weder das eine noch das andere. Verzweifelte Menschen waren imstande, die unglaublichsten (und schrecklichsten) Dinge zu tun, aber er hatte den Mann bereits im Auge gehabt, bevor er mit seiner grausigen Vorstellung begonnen und sich selbst laut betend mit Öl übergossen hatte, das dann von der dunkelhaarigen Schönheit in seiner Begleitung in Brand gesetzt worden war. Ein erschreckender Anblick, ganz zweifellos, aber irgendetwas an der ganzen Szenerie war … sonderbar. Das Feuer war echt, die Flammen, deren Hitze er spürte, real und der Schmerz, den der bedauernswerte Mann litt, war nicht gespielt. Und trotzdem …

»Lass uns gehen«, sagte er, den Gedanken verscheuchend. Auf der Stelle wollte er sich herumdrehen, doch Abu Dun legte ihm eine gewaltige Pranke auf die Schulter und schüttelte den Kopf.

»Warum so eilig, Hexenmeister?«, fragte er.

»Warum nicht?«, gab Andrej gereizt zurück. »Seit wann macht es dir Spaß, den Qualen eines Sterbenden zuzusehen?«

Um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen, als es ihrer beider Erscheinung ohnehin schon tat, hatte er ins Englische gewechselt, von dem er annahm, dass es keiner der Umstehenden verstand, und Abu Dun antwortete in derselben Sprache und unüberhörbar amüsiert: »Es gibt da noch eine andere Möglichkeit, weißt du?« Er deutete auf den brennenden Mann. »Der Kerl ist ein Betrüger.«

Andrej schwieg einen Moment und starrte den laut lamentierenden Greis an. Vielleicht hatte der Nubier ja recht, vielleicht auch nicht… aber was ging es sie an?

Er zuckte mit den Achseln und sagte laut: »Was geht es uns an?«

Abu Dun setzte zu einer Antwort an, und hinter Andrej erscholl nun die Stimme der jungen Frau, die dem lodernden Mann bei seiner entsetzlichen Vorstellung assistierte. »Seht her! Schaut, mit welchem Mut meinen Vater der Glaube an den einzigen und wahren Gott erfüllt!«

Ihren Vater? Andrej drehte sich nun doch noch einmal um und maß sie mit einem Blick, der diesmal nicht nur ihrem schönen Gesicht unter dem bunten Kopftuch galt. Die Frau war jung, vielleicht seine Enkelin … aber dennoch – wie konnte sie zusehen, wie er sich etwas so Schreckliches antat?

Die Frau fuhr fort: »Und jetzt seht, wie Allah es denen dankt, die wirklich fest im Glauben zu ihm sind!«

Bei den letzten Worten hatte sie die Stimme leicht erhoben, und nun deutete sie mit dramatischer Geste auf die brennende Gestalt. Sie war gut in dem, was sie tat, das musste Andrej gestehen. Und sie tat es ganz bestimmt auch nicht zum ersten Mal, und –

Er war nicht der Einzige, dem ein erstaunter Laut entfuhr, als sich der lodernde Mann unbeholfen in die Höhe stemmte und die Arme hob, den Kopf in den Nacken gelegt und die Hände zu Krallen geformt, wie um sie in den Himmel zu schlagen. Die Flammen hüllten ihn nun zur Gänze ein, sodass er zu einer lebenden Feuersäule wurde. Seine Stimme wurde lauter, aber er schrie noch immer nicht vor Schmerz, sondern brüllte abwechselnd den Namen Allahs und ein anderes Wort, das Andrej nicht verstand.

»Lass uns verschwinden«, sagte er noch einmal.

»Sofort«, sagte Abu Dun, rührte sich aber nicht. Die junge Frau fuhr fort, das schrille Salbadern ihres angeblichen Vaters mühelos mit einer Stimme übertönend, die vor Ehrfurcht bebte: »Seht, wie der einzige und wahre Gott seine Kinder beschützt, und hört das Wort des Machdi, der seinen Willen verkündet!«

Der Alte reckte die Arme noch weiter in die Höhe und schrie nun ebenfalls: »Machdi!«, wobei Flammen und schwarzer Rauch aus seinem Mund schossen, so als spräche er das Wort mit Feuer. Abu Dun seufzte: »Ja, das war beeindruckend«, dann war er mit wenigen raschen Schritten bei ihm. Ohne das geringste Zögern ergriff er die lodernde Gestalt, strich mit den bloßen Händen an ihren Armen entlang und streifte das Feuer ab, das in zischenden weißen Strömen zwischen seinen Fingern hindurchfloss und brennende Pfützen zu seinen Füßen bildete. Schreie wurden ringsum laut, und der brennende Greis wollte sich losreißen, um zu fliehen, was Abu Dun jedoch nicht zuließ. Mit einer Hand hielt er ihn am Kragen fest, während er mit der anderen nun auch das Feuer von seinem Gesicht wischte.

Vielleicht ging er dabei etwas zu grob zu Werke, denn das Gesicht des Alten löste sich dabei gleich mit.

Abu Duns Hand streifte es von seinem Schädel wie eine Maske aus weichem Wachs, die noch immer brennend zu Boden tropfte. Und genau das war sie auch.

Der Alte zappelte und kreischte immer lauter, doch Abu Duns Hand hielt ihn unerbittlich gepackt, während er ihm mit der anderen fast gelassen die Reste der brennenden Maske vom Gesicht wischte; dann benutzte er seinen Mantel, um ohne Hast auch noch die letzten der Flammen zu ersticken, die aus den Kleidern des Mannes schlugen, bis schließlich der vermeintliche Greis mit schwelenden Kleidern und erschrockenem Gesicht dastand, das nur hier und da von der Hitze leicht gerötet, aber ganz und gar keine Brandwunden aufwies – und im Übrigen auch nicht annähernd so alt war, wie es noch kurz zuvor den Anschein erweckt hatte.

Für einen Moment kehrte vollkommene Stille ein. Selbst der angebliche Greis hörte auf zu kreischen und starrte den riesenhaften Nubier erschrocken an. Dann nickte Abu Dun ebenso übertrieben wie langsam und sagte: »Ja, das scheint mir wirklich ein Wunder zu sein … oder das Werk eines begnadeten Alchimisten, der ein ganz besonders kaltes Feuer erfunden hat, das nicht einmal deiner zarten Greisenhaut etwas antun kann.«

Jemand lachte, wenn auch nur ganz kurz, und allmählich erhob sich ein unruhiges Murren und Raunen überall in der Menge. Andrej versuchte Abu Dun mit einem Blick zu bedeuten, dass es genug war und er den Alten jetzt loslassen sollte, doch der Nubier fuhr nur mit einem maliziösen Lächeln fort: »Du bist ein Betrüger, mein Freund. Einer von der schlimmsten Sorte, weißt du das? Du belügst die Leute nicht nur, du machst ihnen Angst. Und du verhöhnst ihren Glauben. Was soll ich jetzt nur mit dir machen? Vielleicht sollte ich dich ja tatsächlich in Brand setzen, damit du einmal spürst, wie es sich wirklich anfühlt, wenn man in Flammen steht.«

»Lass ihn los«, sagte Andrej mit einer Kopfbewegung auf die Mauer finster dreinblickender Gesichter, die sie umgab. »Den Rest erledigen die da.«

Abu Dun hielt den auf so wundersame Weise geheilten Mann am Kragen in die Höhe und schüttelte ihn so fest, dass seine Zähne aufeinanderschlugen, stellte sich dabei aber so ungeschickt an, dass er das Gleichgewicht verlor und einen hastigen, langen Schritt zur Seite machen musste. Unglücklicherweise prallte er dabei gegen einen der Männer neben sich, der prompt zu Boden ging. Zu allem Überfluss war er dabei auch noch ungeschickt genug, den zappelnden Mann loszulassen – der die Gelegenheit beim Schopf ergriff und mit erstaunlicher Behändigkeit davonrannte … und das musste er auch, denn mehr als nur ein Mann setzte unverzüglich zu seiner Verfolgung an.

»Und das Wunder wird immer größer«, sagte Abu Dun in erstauntem Ton. »Er rennt wie ein Zwanzigjähriger. Dabei sah er aus, als wäre er mindestens hundert!«

Andrej bemerkte aus den Augenwinkeln eine Bewegung, streckte rasch den Arm aus und hielt die Schwarzhaarige an der Schulter fest, als sie ebenfalls ihr Heil in der Flucht suchen wollte. »Nicht so schnell, Mädchen«, sagte er. »Wir haben da noch ein paar Dinge zu besprechen.«

DasMädchengabeinenLautwieeinezornigeKatzevonsich,wandsichunterseinemGriffundbearbeiteteseinenHandrückenmitFingernägeln,scharfwieBarbiermesserundbeinahegenausohart.DennochließAndrejsiegewähren.SeineHandbluteteundsahnichtnursoaus,alshätteeinLöwedaraufherumgekaut,sondernfühltesichauchfastsoan,alssieschließlichdavonabließ.DasMädchengefielihm,auchwennderbrennendeSchmerzinseinerHanddasVergnügenihresAnblickesdochargtrübte.

»Wenn du endlich fertig bist, dann können wir jetzt vielleicht reden«, sagte er.

»Liefert sie uns aus!«, sagte eine herrische Stimme hinter ihm. »Sie ist eine Betrügerin!«

Andrej drehte sich betont langsam herum, darauf gefasst, einen der erbosten Zuschauer zu sehen, die zwar bisher um nichts betrogen worden waren, sich aber offenbar so fühlten. Der aufgebrachte Mann war fast eine Handbreit größer als er und ungewöhnlich kräftig gebaut für einen Osmanen, was auch der Grund dafür sein mochte, dass er sich nicht die geringste Mühe gab, den Zorn in seinen Augen zu unterdrücken.

Überrascht sah Andrej, dass er einen Harnisch, ein Schild und einen hohen bronzefarbenen Helm trug, von dem ein dunkelblaues Band herabhing, und in der anderen Hand einen Speer. Außerdem war er nicht allein. Schräg hinter ihm stand ein zweiter, etwas kleinerer Mann, der auf die gleiche Art wie er gekleidet war.

»Sprichst du mit mir?«, fragte Andrej betont kühl.

»Allerdings, Ungläubiger«, antwortete der Soldat. »Liefere uns das Mädchen aus!«

»Warum?«, fragte Andrej.

Der Mann war so wütend, dass Andrej beinahe überrascht war, als er tatsächlich antwortete. »Ich weiß nicht, was dich das angeht, Ungläubiger, aber ich sage es dir trotzdem. Sie und ihr Komplize sind Betrüger, die wir schon lange suchen. Übergib sie uns. Wir wissen, wie mit solchen wie ihr zu verfahren ist.«

Andrej machte nur ein nachdenkliches Gesicht, und hinter ihm grollte Abu Dun: »Und wenn nicht?«

Der Soldat setzte zu einer scharfen Entgegnung an und klappte den Mund dann wieder zu, ohne ein Wort gesagt zu haben. Andrej musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, dass Abu Dun jetzt mit vor der Brust verschränkten Armen hinter ihm stand und auf den Soldaten herablächelte, vermutlich wie eine große, zufriedene Katze, die eine Maus betrachtete.

Er musste selbst ein Lächeln unterdrücken, war aber auch leicht besorgt. Der Soldat und sein Kamerad waren keine Gefahr, aber sie waren nicht nach Konstantinopel gekommen, um hier sofort wieder aufzufallen.

Zu seiner Erleichterung setzte der Mann zwar eine grimmige Miene auf, machte aber auch einen demonstrativen halben Schritt zurück. »Ganz wie du meinst«, sagte er. »Aber es ist niemals klug, die falsche Partei zu ergreifen.«

»Das werde ich mir zu Herzen nehmen«, versprach Andrej.

Der Soldat sah ihn einen Moment lang mit einer Mischung aus Zorn, Furcht und noch etwas an, das er zwar nicht genau definieren konnte, das ihm aber ganz und gar nicht gefiel, dann nickte er knapp, fuhr auf dem Absatz herum und stürmte zusammen mit seinem Kameraden davon.

»Das ging schnell«, sagte Abu Dun. Er klang fast ein bisschen enttäuscht. »Was man sich über die Soldaten des Sultans erzählt, scheint mir doch hoffnungslos übertrieben zu sein.«

DieSoldatendesSultans?SovielzuihremVorsatz,sichmöglichstunauffälligzuverhalten,solangesieinKonstantinopelwaren.ErwandtesichwiederdemdunkelhaarigenMädchenzu.SiehattedieSzeneaufmerksamverfolgtundwirktenachwievorangespannt,dochAndrejsuchtevergebensnachFurchtinihrenebensodunklenwieschönenAugen.»WardaswirklichdeinVater?«,fragteer.

»Was geht dich das an?«

»Ihr seid Schwindler«, sagte Abu Dun, als wäre das allein schon Grund genug.

»Und auch das geht euch nichts an«, sagte sie zornig. »Aber wir sind keine Schwindler.« Sie funkelte Andrej an. »Und jetzt lass mich los! Du und dein Freund habt schon genug Schaden angerichtet!«

»Schaden?«, ächzte Abu Dun. »Also mir kam es so vor, als hätten wir dir gerade das Leben gerettet, Mädchen. Aber ich kann mich natürlich auch täuschen. Wer weiß, vielleicht hätten sie dich ja gar nicht getötet. Weißt du, was sie mit Frauen machen, die sie für ehrlos oder für Verbrecherinnen halten?«

»Niemand würde es wagen, mich anzurühren«, behauptete sie. »Ich stehe unter dem Schutz des Machdi!«

Erneut versuchte sie sich loszureißen, hielt dann aber inne. Ein Ausdruck von Verwirrung huschte über ihr Gesicht, als sie wieder auf Andrejs Hand hinabsah, die zu zerfleischen sie sich gerade so große Mühe gegeben hatte. Die tiefen Kratzer hatten aufgehört zu bluten, und wenn man es genau nahm, dann sahen sie auch gar nicht mehr so tief aus.

Andrej zog die Hand zurück und griff mit der anderen unter den Mantel. Ganz kurz flackerte Furcht in den Augen der schönen Unbekannten auf, als sie dabei das Schwert sah, das er darunter trug, doch Andrej zog nur ein sauberes Tuch hervor.

»Versuch erst gar nicht wegzulaufen«, sagte er, während er es zu einem improvisierten Verband um seine Rechte wickelte.

Das Mädchen machte auch keine Anstalten zu flüchten, sondern überraschte ihn damit, seinen ungelenken Bemühungen, den Verband mit nur einer Hand zuzuknoten einen Moment lang stirnrunzelnd zu folgen und die Sache dann selbst in die Hand zu nehmen – wortwörtlich.

»Warum sollte ich weglaufen?«, fragte sie. »Ihr könnt mir nichts tun. Der Machdi schützt mich!«

»Wir haben auch nicht vor, dir etwas zu tun«, antwortete Andrej, und Abu Dun fügte mit einem fast liebenswürdigen Lächeln, in die Runde deutend, hinzu: »Wir könnten einfach gehen und dich denen da überlassen.«

Die Menge hatte sich zum Großteil zerstreut, nachdem das morbide Schauspiel vorüber war, doch etliche Männer waren geblieben und starrten die junge Frau finster an. Vermutlich war es allein Abu Duns beeindruckende Erscheinung, die den einen oder anderen davon abhielt, seinen Unmut an ihr auszulassen.

Als er keine Antwort bekam, sah sich Abu Dun mit theatralischen Gesten in alle Richtungen um und fügte dann hinzu: »Und wo ist dein geheimnisvoller Beschützer, Mädchen, dieser …Machdi?«

»Mein Name ist Murida, nicht Mädchen«, antwortete sie, während sie die Enden des Verbands mit einem weitaus härteren Ruck verknotete, als nötig war. Andrej tat ihr den Gefallen so zu tun, als überliefe sein Gesicht ein schmerzerfülltes Zucken. »Und ihr werdet ihn noch eher kennenlernen, als euch lieb ist. Vor allem du, schwarzer Mann!« Sie funkelte Abu Dun an. »Dass dieser Ungläubige Hand an eine Jüngerin des wahren Propheten legt, wundert mich nicht. Aber du, ein Mann aus unserem Volk?«

»Wer sagt dir, dass ich nicht glaube?«, fragte Andrej, und Abu Dun fügte mit einem breiten Feixen hinzu: »Die Frage ist nur, woran.«

»Du wirst für das bezahlen, was du gerade getan hast, schwarzer Mann«, versprach Murida. »Niemand stellt sich gegen den Machdi, hörst du? Niemand!«

»Abu Dun«, antwortete der Nubier. Wieder fiel Andrej auf, wie sehr er einer großen Katze ähnelte, wenn auch jetzt einer, die allmählich Hunger bekam. »Mein Name ist Abu Dun, nicht schwarzer Mann.« Er deutete auf Andrej. »Das ist mein Herr, Massa Sahib Andrej. Nur damit dein Machdi auch weiß, nach wem er fragen muss, wenn er uns sucht.«

»Macht euch ruhig lustig«, sagte Murida. »Lacht, solange ihr es noch könnt.«

Sie tat einen Schritt zurück und maß Andrej mit einem sehr langen Blick von Kopf bis Fuß, so als sähe sie ihn zum ersten Mal. Andrej versuchte in ihren Augen zu lesen, doch es gelang ihm nicht. Verwirrt, ja, sogar erschrocken, stellte er fest, dass sie in ihm etwas auslöste, das nicht sein durfte.

»Lasst ihr mich gehen, oder wollt ihr jetzt mit mir machen, was sonst die Soldaten des Sultans getan hätten?«, fauchte Murida.

Andrej konnte für einen Moment nicht anders, als ihren Mut zu bewundern – auch wenn es vermutlich eher der Mut der Verzweiflung war. Aber schließlich trat er ein Stück weit zurück und machte eine entsprechende Geste mit der bandagierten Hand. »Geh«, sagte er. »Und wenn du deinen angeblichen Vater triffst, dann solltet ihr euch vielleicht eine andere Vorstellung ausdenken, um eure Mitbürger zu unterhalten. Vielleicht ist nicht immer jemand in der Nähe, der dir den schönen Hals rettet.«

Murida funkelte ihn so zornig an, dass er damit rechnete, ihre Fingernägel nun im Gesicht zu spüren, doch dann stieß sie nur verächtlich ein Wort hervor, das er nicht verstand, fuhr auf dem Absatz herum und stürmte davon. Andrej sah ihr nach, bis sie in der Menge verschwunden war, und überzeugte sich davon, dass niemand ihr folgte.

»War das klug?«, fragte Abu Dun.

»Was?«, erwiderte Andrej, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Nicht mit ihr zu tun, was die Soldaten des Sultans sonst mit ihr getan hätten?« Er schüttelte den Kopf. »Sie ist mir zu jung.«

»Jede lebende Frau auf dieser Welt ist zu jung für dich, was das angeht«, antwortete der Nubier mit einem leisen Lachen. »Ich meinte auch eher, sie gehen zu lassen, ohne noch mehr über sie und diesen angeblichen Propheten in Erfahrung zu bringen.«

Andrej warf ihm einen schrägen Blick zu, antwortete aber nicht sofort, sondern dachte einen Moment lang über seine Worte nach. Machdi …Er hatte das unheimliche Gefühl, dass sich beim Klang dieses Namens etwas in ihm regte, wie eine unwillkommene Erinnerung.

Er verscheuchte den Gedanken. »War es klug, sich mit Süleymans Soldaten anzulegen, gleich am ersten Tag?«, fragte er.

»Warum Zeit verschwenden?«, feixte Abu Dun. Er schüttelte den Kopf, so heftig, dass sich das Ende seines Turbans löste und Andrej ins Gesicht geklatscht wäre, hätte dieser sich nicht hastig geduckt. »Und wieso ich? Ich bin ganz sicher, dass sich der Mann nur an einen Ungläubigen erinnern wird, der ihn an der Ausübung seiner Pflicht gehindert hat, nicht an einen armen kleinen Mohren.«

Andrej seufzte und verdrehte zur Antwort nur die Augen. Er blickte noch einmal in die Richtung, in die das Mädchen gegangen war, und fand sie nicht mehr, denn sie war längst in der Straße verschwunden, die zu einem der zahllosen Basare in diesem Teil der Stadt führte.

Während sein Blick über die Passanten streifte, beschlich ihn auf einmal ein seltsames Gefühl. Er hielt inne, doch es war ihm unmöglich, es in Worte zu kleiden, vielleicht, weil es etwas war, das er noch nie zuvor erlebt hatte; und er hatte eine Menge sonderbarer Dinge erlebt. Das Gefühl, beobachtet zu werden, kannte er, und es war ihm nun wahrlich nicht fremd, doch dies war etwas anderes und auf eine vage Weise erschreckend. Erst jetzt wurde ihm klar, dass er es die ganze Zeit über gespürt hatte.

»Hexenmeister?«, fragte Abu Dun, auf einmal ernst, und Andrej sah aus den Augenwinkeln, wie seine Hand unter den Mantel kroch. Hastig bedeutete er ihm, dass alles in Ordnung sei, ließ seinen Blick aber weiter aufmerksam über das bunte Durcheinander vor ihnen tasten. Sie wurden angestarrt – das war kaum eine Überraschung. Abu Dun wurde immer angestarrt, ganz egal, wohin sie kamen – aber er erkannte nichts als die übliche Mischung aus Neugier, Furcht und Misstrauen.

»Hexenmeister?«, fragte Abu Dun noch einmal. Jetzt klang seine Stimme eindeutig alarmiert. Seine Hand war unter dem Mantel verschwunden und hatte sich um den Griff des gewaltigen Krummsäbels geschlossen, den er darunter trug.

»Nenn mich nicht so«, antwortete Andrej ganz unwillkürlich, der selbst gegen den Impuls ankämpfen musste, die Waffe zu ziehen. Das unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, war fort, aber allein die Erinnerung daran war wie ein schlechter Geschmack, der hartnäckig blieb, nachdem man versehentlich in etwas Verdorbenes gebissen hatte. »Vielleicht hast du recht, und wir hätten sie nicht so schnell gehen lassen sollen. Komm! Suchen wir sie.«

Abu Dun sah ihn leicht empört an, verzichtete aber zu Andrejs Erleichterung auf eine spitze Bemerkung und zog nur die Hand wieder unter dem Mantel hervor. Während sie losgingen, wickelte Andrej den Verband ab, den Murida gerade so liebevoll verknotet hatte. Seine Hand war lahm und kribbelte ein bisschen, weil der Stoff ihm das Blut abgeschnürt hatte, war aber vollkommen unversehrt.

Kapitel 2

Der kleine Platz, auf dem sich das bizarre Schauspiel zugetragen hatte, blieb rasch hinter ihnen zurück, als das bunte Treiben des Basars Abu Dun und ihn aufsog. Andrej war an zahlreichen solcher Orte gewesen, Hunderten sicherlich, und viele davon waren größer und bunter gewesen als diese schmale Gasse, und dennoch hatten sie in all der Zeit nichts von ihrer Faszination für ihn verloren. Farben, Gerüche und Geräusche bestürmten seine Sinne von allen Seiten und mit solcher Intensität, dass er für einen Moment fast die Orientierung zu verlieren drohte. Händler boten bunte Tücher, Stoffe und Teppiche feil, priesen lauthals die Qualität ihrer Waren oder demonstrierten sie auch gleich, soweit es sich um Musikinstrumente, Waffen oder Werkzeuge handelte, vorzugsweise natürlich solche, die möglichst viel Lärm machten. Düfte, nicht immer angenehme, benebelten seine Sinne, Hände zupften an seinen Kleidern, aufgeregt schwatzende Handwerker und Händler versuchten, ihn in ein Gespräch zu verwickeln oder in ihre Läden zu ziehen, die die schmale Straße zu Dutzenden säumten.

Andrejs scharfe Sinne, die ungleich empfindlicher waren als die eines sterblichen Menschen, erwiesen sich nun beinahe als Nachteil, denn es fiel ihm zuerst schwer, Wichtiges und Unwichtiges voneinander zu trennen. Wahrscheinlich hätte er in diesem Moment über das Mädchen stolpern können, ohne es zu erkennen. Und ohne Abu Dun, der ausnahmslos jeden hier um mindestens eine Haupteslänge überragte, wäre es wohl noch weit schlimmer gewesen, denn allein die beeindruckende Erscheinung des schwarz gekleideten und -gesichtigen Riesen sorgte dafür, dass die meisten Basarbesucher hastig vor ihnen zurückwichen – wenigstens die, die es in dem Gedränge konnten. Von dem Mädchen war natürlich nichts mehr zu sehen, auch dann nicht, als Andrej sich wieder gefangen hatte und nicht mehr in einem Orkan aus verwirrenden Eindrücken zu ertrinken drohte. Dann und wann gab er jetzt dem Drängen eines Händlers nach und blieb an einem Stand stehen, um eine Ware zu begutachten, die er weder brauchte noch bezahlen konnte, oder ließ sich schon einmal in einen Laden locken. Das Erdgeschoss jedes einzelnen Hauses schien aus einem Geschäft, einer Werkstatt oder auch gleich einer Mischung aus beidem zu bestehen. Die meisten dieser Räume waren klein und oft nicht besonders sauber. In vielen roch es schlecht, und die Handwerker saßen auf dem Boden und waren in schlichte Gewänder gehüllt. Was ihre geschickten Hände jedoch erschufen, das war dafür aber von umso größerer Qualität. Und nichts von allem, was er hier sah, war mit den winzigen Werkstätten in dem Teil der Welt zu vergleichen, der sich selbst Abendland nannte und die Herrschaft über alles beanspruchte: winzige, stickige Kammern, die oft genug nur von einer einzelnen Kerze erhellt und kalt und feucht waren, und in denen zumeist auch Dinge von minderer Qualität (oder zumindest minderer Schönheit) hergestellt wurden. Und wie sollte es auch anders sein, wenn die, die sie herstellten, fast immer hungrig waren, froren oder mit Krankheiten kämpften, und ihr einzig treuer Begleiter die Angst war?

Wie immer, wenn er nur lange genug an einem Ort wie diesem war, staunte er, warum der Orient mit seiner so überlegenen Kultur und Wissenschaft eigentlich nicht schon längst die unumstrittene Herrschaft über die Welt angetreten hatte. Vielleicht, weil seine Anführer trotz aller Weisheit nicht weise genug waren, nicht denselben Fehler zu begehen wie ihre Konkurrenten im dunkleren Teil der Welt, die versuchten, sie mit dem Schwert zu erobern. Oft fragte er sich, warum das so war, und fand immer nur dieselbe, frustrierende Erklärung: Weil die Welt nun einmal so war, wie sie war, und nicht einmal die Macht eines Unsterblichen ausreichte, um sie zu ändern. Wenigstens nicht zum Guten.

»Willst du ein neues Schwert kaufen, Hexenmeister?«, fragte Abu Dun.

Andrej fuhr ganz leicht zusammen; nicht wegen dem, was der Nubier gesagt hatte, sondern weil ihm erst im Nachhinein klar wurde, wie lange er schon dastand und den prachtvollen Saif ansah, den ihm der Händler mit solcher Begeisterung anpries, dass man meinen könnte, die Waffe wäre von Mohammed selbst geschmiedet und von Allahs Hand persönlich gesegnet worden.

Jedenfalls verlangte er einen entsprechenden Preis.

»Warum lasst Ihr Euren Freund nicht in aller Ruhe meine Ware begutachten?«, beschwerte sich der Händler auch prompt. »Er ist ein Mann von großem Geschmack, wie seine Wahl beweist, und zweifellos von mindestens genauso großem Sachverstand.«

»Du hast ja keine Vorstellung, wie recht du damit hast«, antwortete Abu Dun, während er zugleich die Hand ausstreckte und Andrej den – tatsächlich überaus kostbaren – Krummsäbel wegnahm. »Leider steht der Inhalt seines Geldbeutels in diametralem Gegensatz zur Größe seiner Sachkenntnis.«

Der Händler sah ein bisschen hilflos aus.

»Ich habe kein Geld«, erklärte Andrej. »Zumindest nicht genug, um ein solches Prachtstück zu erwerben … so wunderschön es auch ist. Habt Ihr es angefertigt?«

Der Händler nickte, zögerte einen Moment und gestand dann mit einem zaghaften Kopfschütteln, dass das vielleicht nicht ganz die Wahrheit gewesen war. »So gerne ich es behaupten würde, es wäre gelogen. Das ist das Werk eines wahren Meisters. Es ist sehr alt und den Preis wert, den ich Euch genannt habe.«

Je länger Andrej den prachtvollen Krummsäbel ansah, desto mehr glaubte er dem Mann. Der Preis war natürlich hoffnungslos überzogen, wie jeder Preis auf jedem Basar, bevor das Handeln begonnen hatte, aber es war tatsächlich eine prachtvolle Waffe, für seinen persönlichen Geschmack eine Spur zu leicht. Er ertappte sich bei dem Wunsch, sie zu besitzen, und reichte sie dem Händler mit fast schuldbewusster Miene zurück.

»Eine wirkliche Kostbarkeit«, sagte er. »Danke, dass ich sie mir ansehen durfte. Und danke für Eure Zeit.«

»Aber wir haben doch noch gar nicht –«, begann der Waffenschmied, doch da hatte sich Andrej bereits umgewandt und war so schnell durch die Tür, dass Abu Dun zwei weit ausgreifende Schritte machen musste, um ihn wieder einzuholen.

»Und was sollte das jetzt wieder?«, erkundigte er sich.

»Ich habe mir ein Schwert angesehen, das sollte es«, antwortete Andrej unwirsch, »und du –was zum Teufel?!«

Die letzten Worte schrie er – soweit er es konnte, denn der Nubier hatte ihm die flachen Hände mit solcher Gewalt vor die Brust gestoßen, dass ihm nicht nur die Luft wegblieb, sondern er auch zwei Schritte zurückstolperte und mit hilflos rudernden Armen gegen einen Wagen taumelte, der prompt unter dem Anprall in Stücke ging. Andrej gelang es irgendwie, sich auf den Beinen zu halten, doch so viel Glück hatten weder die beiden Besitzer des zusammenbrechenden Verkaufsstandes, noch etliche Kunden und Neugierige, die sich davor und daneben aufgehalten hatten.

Immerhin entging Andrej auf diese Weise der gekrümmten Messerklinge, die mit einem hässlichen Zischen durch die Luft fuhr, dort, wo sich sein Gesicht befunden hätte, hätte Abu Dun ihn nicht weggestoßen.

Geführt wurde er von einer schlanken Frauenhand, deren Besitzerin einen schrillen Schrei, halb wütend, halb überrascht, ausstieß und von ihrem eigenen Schwung nach vorne gerissen wurde und ins Stolpern geriet. Auch hinter ihm wurde ein Chor erschrockener und zorniger Schreie laut und ein Krachen und Poltern, als würde sehr viel mehr zu Bruch gehen als nur ein umstürzender Gemüsekarren. Doch Andrej achtete nicht darauf, sondern griff rasch zu, um Murida aufzufangen und ihr die Waffe zu entringen.

»Das war jetzt aber nicht besonders nett«, sagte Abu Dun.

Murida versuchte sich loszureißen und trat ihm gleichzeitig so fest gegen das Schienbein, dass es trotz ihrer leichten Sandalen ziemlich wehtat. Daraufhin versuchte sie, das Knie hochzureißen und ihm zwischen die Beine zu rammen, was Andrej aber verhinderte, indem er sich blitzschnell zur Seite drehte, sodass ihr Stoß nur seinen Oberschenkel traf – was noch mehr wehtat als ihr vorheriger Tritt.

»Brauchst du Hilfe?«, erkundigte sich Abu Dun treuherzig.

Andrej warf ihm einen schiefen Blick zu. Der Lärm in seinem Rücken wollte nicht verstummen. Jetzt mischten sich in den Chor aus Schmerz- und Schreckenslauten auch immer mehr zornige Rufe. Während Andrej nun auch die zweite Hand zu Hilfe nahm, um das tobende Mädchen zur Räson zu bringen, trat der Nubier rasch hinter ihn und begann die aufgebrachte Menge auf seine ganz eigene Art zu beruhigen. Andrej hoffte, dass es ohne allzu schwer Verletzte oder gar Tote abging.

»Jetzt hör endlich auf!« Andrej schüttelte das Mädchen so heftig, dass ihr Kopf in den Nacken flog. »Muss ich dir erst wehtun, bevor du Vernunft annimmst?«

Nicht, dass er das wirklich vorhatte. Doch Murida übernahm es schon ganz allein, und vermutlich mit nicht geringem Erfolg, denn sie wand sich weiter unter seinem Griff, sodass er immer kräftiger zupacken musste. Als auch das nichts nutzte, spuckte sie ihn an.

»Du verdammter Ungläubiger!«, schrie sie. »Hast du wirklich geglaubt, du könntest den wahren Propheten verhöhnen und ungestraft davonkommen?«

»Ich will euer Tête-à-Tête ja nicht stören, Hexenmeister«, sagte Abu Dun hinter ihm, »aber du solltest dich ein bisschen beeilen.«

Ohne Muridas Handgelenke loszulassen, warf Andrej einen raschen Blick über die Schulter zurück und stellte fest, dass Abu Duns Mahnung berechtigt war. Etliche Männer und Frauen lagen noch benommen am Boden, der eine oder andere rappelte sich hastig auf, um die Flucht zu ergreifen, laufend oder kriechend, und der Besitzer des zerstörten Wagens lamentierte immer lautstarker – aber auf etlichen Gesichtern las er Zorn, und ihre Zahl war groß genug, um auch Abu Duns beeindruckender Erscheinung etliches von ihrer Wirkung zu nehmen. Rasch wandte er sich wieder zu Murida um.

»Bist du verrückt geworden?«, fuhr er sie an. »Was hattest du vor? Dich umzubringen?«

Als Reaktion spuckte Murida ihm abermals ins Gesicht und schrie mit sehr lauter und klar verständlicher Stimme: »Lass mich los! Ich bin eine ehrbare Frau! Lieber sterbe ich, bevor ich mich von einem Ungläubigen berühren lasse!«

»Wie?«, fragte Andrej überrascht, und Muridas Stimme wurde noch schriller.

»Die Hände sollen dir abfallen, du Christenhund, wenn du es wagst, meine Tugend schänden zu wollen.«

»Garnichtsodumm,deineneueFreundin«,sagteAbuDunhinterihm.Etwasklatschte,undirgendjemandfielzuBoden,aberAndrejsahnichthin,sondernschütteltedasMädchennurnochheftigerundgriffjetztsofestzu,dasserihrzweifelloswehtat.

»Hör mit dem Unsinn auf!«, sagte er scharf. »Ich lasse dich los, wenn du mir dein Wort gibst, vernünftig zu sein. Aber ich kann auch anders!«

Als Murida sich weiter mit aller Kraft wehrte, kam Andrej nicht dazu, seine Warnung zu wiederholen, denn aus den Augenwinkeln registrierte er eine bedrohliche Bewegung. Murida nur noch mit einer Hand festhaltend, fuhr er herum und sah eine Gestalt auf sich zuspringen, die er mindestens dreißig oder vierzig Jahre älter (und lichterloh brennend) in Erinnerung hatte – und ohne einen Dolch in der Hand. Und der angebliche Greis bewegte sich mit phänomenaler Schnelligkeit, selbst für einen Mann seines wahren Alters.

Dennoch war er kein ernst zu nehmender Gegner. Andrej empfing ihn mit einem Tritt, von dem er hoffte, dass er ihm nicht das Bein brach, ihm aber für die nächsten Stunden gründlich den Spaß am Gehen vergrätzen würde, und der Mann fiel auch gehorsam aufs Gesicht und krümmte sich wimmernd. Doch Murida nutzte die kurze Ablenkung, um sich loszureißen und herumzufahren. Andrej griff nach ihrer Schulter, verfehlte sie aber um Haaresbreite, und das Mädchen rannte Haken schlagend davon. Fluchend sah Andrej ihr nach und hätte dann beinahe laut aufgelacht, als sie einen weiteren Haken schlug und ausgerechnet in der Werkstatt verschwand, in der er gerade den kostbaren Säbel bewundert hatte. Der Raum dahinter hatte keinen zweiten Ausgang, wie er gerade selbst festgestellt hatte.

Trotzdem rannte er nicht langsamer, nahm sich aber die Zeit, noch einmal rasch zu Abu Dun zurückzublicken.

Es sah nicht gut aus. Mindestens ein halbes Dutzend Männer belagerten den riesigen Nubier. Einer lag bereits vor ihm und hatte offensichtlich schon Bekanntschaft mit seinen Fäusten gemacht, und die Menge wuchs rasch weiter an. Andrej wusste zwar, dass es der Nubier mit Leichtigkeit auch mit dieser Übermacht aufnehmen konnte, aber vermutlich nicht, ohne jemanden ernsthaft zu verletzen – oder gar zu töten. Und ein Blutbad auf diesem Basar war nun wirklich das Letzte, was sie brauchten.

Abu Dun hatte recht: Eile war angeraten.

Ohne langsamer zu werden, stürmte er durch die Tür und sah genau das, was er erwartet hatte. Murida stand am anderen Ende des schmalen Raumes und konnte nicht weiter. Den Waffenschmied hatte sie offenbar kurzerhand über den Haufen gerannt, denn er lag inmitten eines Durcheinanders aus umgeworfenen Möbeln und verstreutem Werkzeug und Waffen und versuchte sich gerade wieder benommen aufzurappeln, erstarrte aber bei Andrejs Anblick. Murida hielt etwas Blitzendes in der Hand, das er erst auf den zweiten Blick als das kostbare Schwert erkannte, das er selbst gerade so ausgiebig bewundert hatte.

Andrej näherte sich ihr bis auf zwei Schritte und blieb dann stehen. »Willst du nicht endlich aufgeben, bevor am Ende noch jemand zu Schaden kommt?«, fragte er. »Ich will nur mit dir reden, mehr nicht. Du hast mein Wort, dass ich dich gehen lasse, wenn du mir ein paar Fragen beantwortest.«

Murida stieß mit dem Schwert nach ihm. Für eine Frau – noch dazu eine so junge Frau – handhabte sie die Waffe mit erstaunlichem Geschick, aber Andrej wich dem Stoß trotzdem mühelos aus, packte ihr Handgelenk und entrang ihr das Schwert.

»Hör mit dem Unsinn auf«, sagte Andrej, der mit seiner Geduld nun fast am Ende war. Er wollte dem Mädchen nicht wehtun, aber der Moment war nicht mehr fern, dass ihm vielleicht keine andere Wahl mehr blieb.

Doch Murida gab nicht klein bei, sondern fuhr ihm mit den Fingernägeln der freien Hand durch das Gesicht und hinterließ dabei nicht nur vier dünne Spuren aus höllisch brennendem Schmerz, sondern zielte auch auf seine Augen, sodass Andrej ganz instinktiv zurückprallte und das Gesicht zur Seite riss. Den kurzen Moment der Überraschung nutzte sie, indem sie sich mit unerwartetem Geschick aus seinem Griff befreite und plötzlich neben und nur einen Sekundenbruchteil danach hinter ihm war, ohne dass er auch nur hätte sagen können, wie. Und als wäre das allein noch nicht unmöglich genug, entwischte sie auch irgendwie seiner blitzschnell zupackenden Hand und war im nächsten Augenblick aus der Tür und auf und davon.

Verblüfft starrte Andrej ihr nach, bevor er schließlich doch auf die Idee kam hinterherzustürzen.

Das Mädchen war verschwunden. Das sollte unmöglich sein (ungefähr genauso unmöglich wie die Tatsache, dass sie es an Schnelligkeit auch nur ansatzweise mit ihm hatte aufnehmen können), Muridas Vorsprung betrug nicht einmal einen Atemzug. Aber es war so. Und auch der Rest der Straße bot keinen ermutigenderen Anblick: Abu Dun bemühte sich noch immer, die aufgebrachte Menge zu besänftigen (indem er möglichst viele von ihnen niederschlug), und wer dazu in der Lage war, suchte sein Heil in der Flucht oder versuchte, von anderen mit derselben Absicht nicht zu Tode getrampelt zu werden. Andrej ließ den Blick weiter in die Ferne schweifen, doch Murida blieb verschwunden.

Stattdessen sah er zwei weitere Männer, nicht weit entfernt von ihm, die ihn anstarrten, beide mit kurzen, aber bösartig aussehenden Krummdolchen in der Hand.

Einer von ihnen war mindestens so alt wie der angebliche Vater des Mädchens vorhin den Anschein zu erwecken versucht hatte. Der andere war jünger, wog aber allerhöchstens halb so viel wie Andrej und sah aus, als reichte seine Kraft gerade noch, sich auf den Beinen zu halten. Trotzdem las Andrej in ihren Augen nicht einmal eine Spur von Unsicherheit, sondern nur Zorn, und eine Aggressivität, die keinen Grund mehr brauchte, um sich zu entzünden.

Andrej beschloss, das Einzige zu tun, das ihm sinnvoll erschien, ignorierte die beiden Männer und trat rasch an Abu Duns Seite.

Der nubische Riese brauchte seine Hilfe nicht. Mittlerweile lagen vier Männer zu seinen Füßen, von denen sich einer nicht mehr rührte, während sich die drei anderen mehr oder weniger benommen davonschleppten, aber der Rest hatte wohl endlich eingesehen, wie ungesund es war, sich mit dem fast sieben Fuß großen Koloss anzulegen, dessen größter Spaß eine zünftige Prügelei war. Wer sich jetzt noch auf der engen Straße befand, der machte, dass er wegkam.

Mit zwei Ausnahmen: Die beiden mit den Krummdolchen. Sie starrten Abu Dun aus Augen an, die schwarz vor Hass und heiligem Zorn waren und in denen nicht einmal ein Hauch von Furcht zu lesen war.

»Oh weh«, sagte Abu Dun. »Ich nehme den Rechten. Aber du hilfst mir doch, wenn ich es allein nicht schaffe, oder?«

Andrej antwortete nicht, und ihm war auch nicht nach Lachen zumute. Mit einer knappen Geste bedeutete er Abu Dun, zur Seite zu treten, und konzentrierte sich auf den linken und deutlich älteren der beiden Männer. Der Gedanke, gegen diesen alten Mann kämpfen zu sollen, kam ihm einigermaßen absurd vor – selbst wenn er nicht das gewesen wäre, was er nun einmal war.

Es war auch der andere Mann, der zuerst angriff. Mit überraschender Behändigkeit stürmte er los, stieß sich ab und überwand das letzte Stück mit einem gewaltigen Satz, an dessen Ende er nahezu waagerecht in der Luft lag, um Abu Dun die Füße gegen den Brustkorb zu rammen.

Weder machte sich Abu Dun die Mühe, ihn abzuwehren, noch wankte er auch nur unter dem Anprall. Der Bursche fiel einfach zu Boden, sein Messer flog klappernd davon, und was weiter geschah, bekam Andrej nicht mehr mit, denn nun musste auch er sich eines wütend vorgetragenen Angriffes erwehren.

Dass der Mann kurz vor dem Greisenalter stand, schien ihn wenig zu interessieren. Er griff ebenso entschlossen an wie sein Begleiter, wenn auch deutlich überlegter und mit kraftvollen und ungleich flüssigeren Bewegungen, als Andrej erwartet hatte. Seine Angriffe kamen so schnell, dass Andrej Mühe hatte, den ersten Stichen auszuweichen, bevor er sich auf diese unerwartete Flinkheit einstellen konnte.

Überrascht tänzelte er zurück, ließ das Messer bewusst dicht an seinem Gesicht vorüberzischen und versetzte dem Alten einen Schlag auf den Unterarm, der seine Muskeln hätte lähmen müssen. Der vermeintliche Greis ächzte vor Schmerz, ließ aber seine Waffe nicht fallen, sondern schwang sie im Gegenteil mit einer schon fast übernatürlich schnellen Bewegung herum und erwischte Andrej am Oberarm.

Der Schmerz war heftig, aber nicht von Bedeutung. Viel schlimmer war der bloße Umstand, dass er ihn überhaupt getroffen hatte.

Das hätte nicht passieren dürfen.

Genauso wenig wie das, was dann folgte: Der Alte wirbelte herum und stieß mit dem Dolch nach seiner Kehle und mit zwei ausgestreckten Fingern nach seinen Augen. Dem Dolch konnte er im letzten Augenblick ausweichen – den beiden Fingern nicht. In einer grellweißen Lohe löschten sie das Licht des einen Auges und blendeten das andere mit reinem Schmerz.

Mit einem gellenden Schrei stolperte Andrej zurück und schlug blindlings zu, spürte, dass er traf und wurde auch mit einem Schrei und dem zufriedenstellenden Geräusch eines brechenden Knochens belohnt. Doch schon im nächsten Moment grub sich eine Messerklinge in seine Seite, und Andrej ging auf, dass er vielleicht tatsächlich in ernsthafter Gefahr sein könnte. Er hatte den alten Mann unterschätzt, ein unverzeihlicher Fehler, für den er nun bezahlte.

Ohne auf den pochenden Schmerz in seinem linken Auge zu achten, sprang er auf, konzentrierte sich ganz auf seine anderen Sinne und entging auf diese Weise zwar dem nächsten Stich, der auf seine Kehle gezielt war, wurde aber weiter zurückgetrieben. Er kämpfte jetzt in der Defensive, was er verabscheute, denn es bedeutete, dass er nur noch reagieren konnte, statt Herr des Kampfes zu sein. Und blind oder nicht, es war einfach grotesk, dass er Mühe hatte, sich dieses alten Tattergreises zu erwehren!

Zornig nahm er die Hand von seinem Auge und zwang mit schierer Willenskraft die rosafarbenen Schlieren davor auseinander, sodass er seinen Gegner jetzt zumindest schemenhaft erkennen konnte – und den Dolch, der schon wieder wie der Giftzahn einer angreifenden Schlange nach ihm stieß. Mit einem hastigen Stolperschritt wich er ihm aus, versuchte dem Mann die Beine unter dem Leib wegzutreten und wäre fast selbst gestürzt, als der vermeintliche Greis ihm nicht nur mit fast spielerischer Leichtigkeit auswich, sondern aus der gleichen Bewegung heraus auch plötzlich hinter ihm war. Stoff zerriss, und eine dünne Linie aus rotem Schmerz raste an seinem Rücken hinab.

Andrej stürzte, drehte sich noch im Fallen herum und trat nach dem Angreifer. Er verfehlte ihn, trieb ihn auf diese Weise aber immerhin zurück und hielt ihn davon ab, ihm das Messer in den Hals zu jagen. Er hatte sich nicht getäuscht: Der Mann schwang seine Waffe jetzt mit der linken Hand, der rechte Arm war gebrochen und hing nutzlos herab. Doch das machte ihn weder langsamer, noch dämpfte es seine Angriffslust.

Wieder musste Andrej sich zur Seite werfen, um einem gemeinen Fußtritt nach seinem Gesicht zu entgehen. Nun wurde er allmählich wirklich wütend. Sein nächster Tritt traf aus dem Liegen heraus den Oberschenkel des Alten, und noch bevor er ganz zu Boden gestürzt war, war Andrej über ihm und entrang ihm den Dolch.

Wenigstens versuchte er es.

Der alte Mann (jetzt erkannte Andrej verblüfft, dass er tatsächlich alt war, mindestens siebzig) stieß mit dem gebrochenen Arm nach seinem unversehrten Auge, sodass er ganz instinktiv den Kopf in den Nacken warf und sich sein Griff um eine Winzigkeit lockerte. Mit einem unerwartet kraftvollen Ruck riss der Alte seine Waffe endgültig los und setzte sich die Spitze selbst unter das Kinn.

»Dafür wirst du bezahlen, Ungläubiger!«, kreischte er mit einer schrillen, überschnappenden Altmännerstimme. »Der Machdi wird meinen Tod rächen!«

Und damit rammte er sich selbst das Messer bis ans Heft in das weiche Fleisch unter dem Kinn, sodass die Klinge bis in sein Gehirn drang.

»Machdi«, flüsterte er sterbend.

Fassungslos saß Andrej sekundenlang einfach da und betrachtete das sonderbar helle Blut, das dünnflüssig wie Wasser über seine Hände sprudelte. Erst dann sprang er auf, wich hastig einen Schritt zurück und drehte sich zu Abu Dun herum, während er sich hektisch die Hände am Mantel abzuwischen begann. Auch der Nubier atmete schwer. Sein Gegner lag reglos am Boden, der Kopf in einem unnatürlichen Winkel. Sein Genick war gebrochen.

Ganz kurz huschte ein Ausdruck von Erschrecken über Abu Duns Gesicht, als er Andrejs verheertes Auge sah, doch dann blickte er verstört zu dem toten Greis hinab. »Bei Allah, Hexenmeister, was … war das?«, murmelte er stockend.

Andrej konnte zur Antwort nur die Schultern heben. Er war verwirrt und sehr viel erschrockener, als er zugeben wollte. Sein Auge schmerzte unerträglich, und er hatte immer noch große Probleme zu sehen. Mit dem linken Auge sah er nur verschwommen, die Umrisse verzerrten und verdrehten sich auf unmögliche Weise. Etwas Warmes und Klebriges lief über seine Wange. Aber das war allenfalls ärgerlich (und tat verdammt weh) und nicht der Grund für sein Erschrecken.

»Das hätte nicht passieren dürfen«, sagte er leise.

»Du wirst eben alt«, antwortete Abu Dun. »Das sage ich dir seit dreihundert Jahren.« Der Scherz verfing nicht. Der Ton, den er anschlug, war falsch, es schwang darin etwas mit, das beinahe an Furcht grenzte. Allein der Umstand, dass Abu Dun seinem Gegner das Genick gebrochen hatte, machte deutlich, dass etwas nicht stimmte. Genau wie Andrej war Abu Dun ein Krieger und Söldner, und als solcher hatte er viele Leben ausgelöscht … aber einem Gegner wie diesem hätte er normalerweise eine Kopfnuss verpasst und ihm vielleicht noch den Arm ausgekugelt oder ihm den Kiefer gebrochen, damit er ein kleines Andenken mit nach Hause nähme. Sie töteten nicht, wenn es nicht unbedingt sein musste.

Aber diese beiden Männer hatten nicht gekämpft wie normale Sterbliche. Sie waren es, ganz ohne Zweifel, und dennoch waren sie viel zu stark gewesen, viel zu schnell und wie … besessen.

Andrej ließ sich in die Hocke sinken, legte die Hand mit gespreizten Fingern auf das Gesicht des toten Greises und schloss die Augen.

Abu Dun sog scharf die Luft ein. »Was hast du –?«

Andrej brachte ihn mit einer rüden Geste zum Verstummen und konzentrierte sich ganz auf das, was ihm seine übrigen Sinne verrieten. Er hatte nicht vor, das Leben des Mannes zu nehmen, das ohnehin fast erloschen war. Das war nicht ihre Art. Sie taten es nur, wenn es unumgänglich war, um ihr Leben zu verteidigen oder eine besonders bösartige Kreatur für alle Zeiten unschädlich zu machen.

Doch tief in der erlöschenden Seele des Greises war noch etwas, ein winziger Funke dessen, was noch vor einem Augenblick ein Leben gewesen war. Nicht einmal mehr genug, um das Ungeheuer in ihm zu wecken und den Hunger des Vampirs zu schüren, aber genug, um zu erkennen, was dieser Mann einmal gewesen war.

Er stand auf, schüttelte den Kopf und wischte sich wieder die Hand am Mantel ab, ohne sich der Bewegung bewusst zu sein. »Er war ein Mensch.«

»Mir kamen sie eher vor wie total verrückt gewordene Derwische«, knurrte Abu Dun. Dann fügte er in völlig verändertem Ton hinzu: »Aber wir können auch deine neuen Freunde dahinten fragen. Vielleicht wissen sie ja mehr darüber.«

Andrej sah ihn einen Herzschlag lang verständnislos an, dann folgte sein Blick Abu Duns ausgestreckter Hand. Er hatte noch immer Mühe, scharf zu sehen, erkannte aber trotzdem, dass sie mittlerweile fast allein auf der schmalen Straße waren. Wer konnte, war davongelaufen oder hatte sich in einem der Häuser versteckt. Vom anderen Ende der Gasse her näherte sich jedoch rasch ein ganzer Trupp Männer mit blitzenden Schilden und Speeren und hohen bronzefarbenen Helmen, an denen blaue Tücher flatterten.

Ohne ein weiteres Wort fuhren sie herum und rannten los.

Kapitel 3

Vier Tage später hatten sie nicht nur Unterkunft und Arbeit gefunden, Andrejs Auge war auch wiederhergestellt und hatte seine volle Sehkraft zurückerlangt. Es war nicht einfach gewesen. Konstantinopel war eine gewaltige Stadt – abgesehen von London vielleicht die größte, in der sie jemals gewesen waren, und mit ihrem bunten Gemisch aus hundert Völkern und tausend Kulturen noch ungleich verwirrender –, aber selbst in einer solchen Stadt war es für einen sieben Fuß großen Riesen und einen verwegen aussehenden Abendländer mit einem blutigen Verband über dem Auge nicht ganz leicht unterzutauchen.

Schließlich hatten sie ein Zimmer in einem Viertel gefunden, in dem man es gewohnt war, keine Fragen zu stellen und weg-, statt hinzusehen, solange nur genügend Münzen über den Tisch wanderten, und eine Arbeit am Hafen. Abu Dun machte dieses Leben anscheinend nichts aus – mit typisch arabischem Fatalismus nahm er alles, wie es kam, und versuchte das Beste daraus zu machen – aber Andrej empfand allmählich eine vage Empörung dem Schicksal gegenüber. Sie waren Unsterbliche, zehnmal so stark wie ein normaler Mensch und ungleich erfahrener. Sie hatten die Macht von Göttern und sollten wie solche leben und nicht wie Verbrecher, die sich in der Nacht verkrochen und die Nähe aufrechter Menschen flohen.

Viele ihrer Art hatten genau diesen Weg eingeschlagen. Die Welt wimmelte von Herrschern, Despoten oder selbst ernannten Göttern, hinter deren menschlicher Fassade sich etwas vollkommen anderes und Erschreckendes verbarg.Viele hatten einen hohen Preis dafür bezahlt, und noch sehr viel mehr ließen andere einen ungleich höheren Preis dafür zahlen. Und einige wenige … nun ja, lebten anders. So wie sie. Kein angenehmes Leben, aber eines, das sie sich selbst ausgesucht hatten.

Dennoch war er es manchmal leid, unter Verbrechern und Ausgestoßenen zu leben und sich ständig wie ein gejagtes Tier zu fühlen, das hinter jedem Schatten einen Verfolger und hinter jeder dunklen Tür eine Falle vermutete.

Daschienesihm,alswäredereinzigeLichtblickseitihrer AnkunfthierinKonstantinopeleinvonschwarzenHaarenumrahmtesschmalesMädchengesichtmitdunklenAugengewesen,dochnachnunmehrvierTagenglaubteernicht,dasserdasMädchenmitdemsounpassendenNamen–MuridabedeuteteMaus–wiedersehenwürde.Undvermutlichwardasauchgutso.Doch nochbesserwäreesgewesen,wenn siegarnichterstindieseStadtgekommen wären.

»Kat«, sagte Abu Dun, während er sich mit seinem ganzen Gewicht auf den Schemel auf der anderen Seite des schmalen Tisches fallen ließ, was dem bedauernswerten Möbelstück nicht nur ein bedrohliches Ächzen entlockte, sondern auch Andrej abrupt aus seinen ohnehin sinnlosen Grübeleien riss. Er sah auf und blickte den Nubier einen Moment lang verständnislos an.

»Kat?«

»Kat«, wiederholte Abu Dun, vielleicht etwas zu laut, denn einige der anderen Gäste unterbrachen ihre Gespräche und sahen in ihre Richtung – mehr als nur einer deutlich missbilligend, wie Andrej fand. Er griff unter seinen Mantel und förderte ein kleines Leinensäckchen zutage, aus dem er eine Handvoll zartgrüner Blätter auf den Tisch schüttelte. »Angeblich haben die Perser seine Wirkung entdeckt, und das schon vor Jahrhunderten, auch wenn ich es bezweifle, denn ich habe noch nie etwas davon gehört. Aber seit einer Weile bekommst du es überall, auch hier in Konstantinopel.«

»Und?«, fragte Andrej.

Abu Dun steckte eines der Blätter in den Mund und begann darauf zu kauen. »Es schmeckt scheußlich«, schmatzte er, »aber es betäubt auch Zunge und Rachen, und wenn du genug davon kaust, lässt es dich den Hunger vergessen.«

»Interessant«, sagte Andrej in einem Ton, der das Gegenteil auszudrücken schien.

Abu Dun nahm sich ein zweites Blatt und fuhr unerschütterlich fort: »Und wenn du noch mehr kaust, dann betäubt es jeden Schmerz und macht dich schneller und stärker. Man sagt, die Anhänger des Machdi kauen es, und es verleihe ihnen übermenschliche Kräfte, solange es nur von ihrem Propheten persönlich gesegnet worden ist.«

Endlich verstand Andrej, worauf er hinauswollte. Drogen vermochten Menschen zu unglaublichen Leistungen zu bringen, aber ihm war keine einzige bekannt, die nicht einen zu hohen Preis dafür verlangte – und meist viel zu schnell. Nach einem Moment schüttelte er den Kopf. »Das waren keine Süchtigen.«

»Aber sie haben gekämpft wie Besessene«, antwortete Abu Dun und nahm sich ein drittes Blatt. »Man sagt, dass es das Kat ist, das den Anhängern des Machdi übermenschliche Kraft verleiht.«

Andrej wollte antworten, doch der Wirt trat an ihren Tisch und brachte unaufgefordert einen Becher mit warmer vergorener Kamelmilch, eine Spezialität dieses Hauses, die Andrej ausgesprochen widerwärtig fand, sich aber rasch zu Abu Duns Lieblingsgetränk entwickelt hatte – zumal es hier kein Bier gab. Der Mann rammte den Becher jedoch mit solcher Kraft auf den Tisch, dass es spritzte, und funkelte Abu Dun zornig an.

»Ich will dieses Zeug nicht in meinem Haus haben«, sagte er, auf das Kat deutend. »Und Gerede über den Machdi will ich hier schon gar nicht hören!«

»Welches Zeug?« Abu Dun stopfte sich die restlichen Blätter in den Mund und schmatzte noch lauter. »Siehst du? Schon weg.«

»Und bringt auch kein neues«, sagte der Wirt. Selbst im Sitzen überragte Abu Dun ihn noch um ein kleines Stück, aber das hinderte ihn nicht daran, in noch herausfordernderem Ton hinzuzufügen: »Das hier ist ein anständiges Haus!«

»Aha«, feixte Abu Dun, schmatzte und schickte dann einen donnernden Rülpser hinterher, der ihm etliche weitere missbilligende Blicke einbrachte.

»Es kommt nicht noch einmal vor«, sagte Andrej rasch. »Es tut mir leid. Sind welche von den Anhängern des Machdis hier?«

»Das fehlte noch«, schnappte der Mann. »Dieses Pack kommt mir nicht ins Haus!«

Andrej tauschte einen vielsagenden Blick mit Abu Dun. »Du scheinst sie nicht besonders zu mögen«, sagte er vorsichtig.

»Wenn es nach mir ginge, dann wäre dieses Gesindel schon längst aus der Stadt gejagt worden«, antwortete der Wirt inbrünstig. »Oder auch gleich aufgehängt!«

»Warum?«, fragte Andrej. »Sie sind eine Sekte, nicht wahr?«

»Wenn du es so ausdrücken willst.« Ein misstrauisches Funkeln trat in seine Augen.

»Ich weiß nichts von ihnen«, beeilte sich Andrej zu versichern. »Nur, was man eben so aufschnappt.«

»Aber Sekten gibt es doch hier beinahe mehr als Einwohner, oder nicht?«, fragte Abu Dun. Mit einem zweiten und noch lauteren Rülpser fügte er hinzu: »Ich meine: Ist es nicht so, dass jeder, dem ein Furz quer sitzt, am nächsten Tag verkündet, dass der Prophet selbst ihm eine Botschaft geschickt hat?«

Das brachte ihm noch mehr böse Blicke ein, aber der Wirt zog nur eine verächtliche Grimasse. »Sie sind schlimmer als die anderen«, sagte er. »Wo sie auftauchen, da machen sich Angst und Furcht breit. Sie behaupten, Allahs Wort zu verkünden, aber in Wahrheit ist es nur der Wille ihres angeblichen Propheten.«

»DerMachdi«,sagteAndrej.»Hastduihnschoneinmalgesehen?«

»Das hat niemand«, antwortete der Mann. »Und wer zu viele Fragen stellt oder zu kritisch ist, der verschwindet, oder man findet ihn mit durchschnittener Kehle.«

»Warum jagt sie der Sultan dann nicht einfach aus der Stadt?«, wollte Andrej wissen.

»Alsoberüberhauptwüsste,dassessiegibt!«,antwortetederGastwirtverächtlich.»DenhohenHerrninteressiertesdochnicht,wasmitdemgemeinenVolkgeschieht,solangeesnurbravseineSteuernzahltundgenugSoldatenfürseinHeerstellt!«Erwandtesichab,schüttelteabernocheinmalbekräftigenddenKopfundschlossimWeggehen:»IchwillinmeinemHausnichtsvonihnenhören.Halteteuchdaran,odersuchteucheineandereUnterkunft!«

Andrej wartete, bis er außer Hörweite war, und sagte dann: »Mit dem hast du es dir gründlich verdorben, Pirat.«

»Das scheint mir auch so«, sagte Abu Dun bekümmert. »Dabei habe ich ihm noch nicht einmal alles erzählt.«

»Und das wäre?«, fragte Andrej, in eine andere Sprache wechselnd.

Abu Dun schluckte die zerkauten Blätter mit einem nassen Schmatzen herunter und antwortete ebenfalls auf Deutsch: »Ich habe nicht viel über diesen Machdi gehört, aber dafür eine Menge über Süleyman. Er war wohl niemals besonders beliebt bei seinen Untertanen, aber seit seine Truppen vor Wien vernichtend geschlagen wurden, scheint sein Stern rapide zu sinken.«

»Und was genau soll das heißen?«, fragte Andrej.

»Dass es Mordpredigern wie diesem Machdi umso leichter fällt, neue Anhänger zu gewinnen«, antwortete Abu Dun. Er nahm einen großen Schluck Kamelmilch, um die Kat-Blätter hinunterzuspülen. »Ein unzufriedenes Volk bildet immer einen prachtvollen Nährboden für Aufruhr und Anarchie.« Er deutete mit dem Kopf in die Richtung, in die der Wirt verschwunden war. »Glaubst du, er wäre der Einzige, der so denkt? Wenn Süleyman nicht bald einen größeren Erfolg vorweisen kann, dann wird diese ganze Stadt zum Pulverfass.«

»Und der Machdi ist die Lunte?«

»Ich möchte jedenfalls nicht mehr hier sein, wenn es hochgeht«, sagte Abu Dun. »Womit wir beim Thema wären. Ich war heute Morgen nicht nur am Hafen, um mir ein zweites Frühstück zu besorgen.« Er wies auf das jetzt leere Leinensäckchen. »Ich habe mit dem Kapitän geredet, dessen Schiff gestern eingelaufen ist. Du erinnerst dich?«

»Die spanische Galeone?«

»Die Elisa, ja.« Abu Dun nickte. »Ich weiß, du hasst Schiffe, Hexenmeister, aber die Elisa läuft in einer Woche aus, und er hätte nichts gegen zwei zusätzliche Paar Hände an Bord, die zupacken können.«

»Ich will nicht nach Spanien«, sagte Andrej. »Gegen wen führen sie denn gerade Krieg? Frankreich? England?«

»Wenn jetzt noch nicht, dann sicher bald«, antwortete Abu Dun. »Aber wohin willst du denn überhaupt? Ich meine: Irgendwo müssen wir einmal bleiben, oder?«

»Dann such dir ein Stück Land und werde sesshaft«, antwortete Andrej in deutlich schärferem Ton, als er beabsichtigt hatte. Gleich darauf tat es ihm leid, dennoch konnte er nicht anders, als spöttisch hinzuzufügen: »Aber das hast du ja schon einmal versucht, nicht wahr? Wie ist es noch einmal ausgegangen?«

AbuDunnahmdieBemerkunghin,ohnemitderWimperzuzucken,aberauchdieseWortebedauerteAndrejaugenblicklich.EineinzigesMalinseinemsounglaublichlangenLebenhattederNubiertatsächlicheinHausgebautundsicheineFamiliegenommen,wahrscheinlichwarendiesewenigenJahredamalsaufMaltadieglücklichstenseinesLebensgewesen.AbersiewarenimgleichenFeuersturmvergangen,derdiegesamteInselverschlungenhatte.

»Verzeih«, sagte er. »Das … hätte ich nicht sagen sollen.«

Abu Dun erteilte ihm keine Absolution, indem er etwas darauf antwortete, sondern fuhr fort, als hätte Andrej nichts gesagt: »Von Spanien aus gehen immer mehr Schiffe in die Neue Welt. Wir könnten sicherlich eine Passage bekommen.«

»Die Neue Welt? Findest du die alte nicht schon schlimm genug?«

»Und ich dachte immer, ich wäre der Schwarzseher von uns beiden«, antwortete Abu Dun.

Andrej verzog nur kurz und humorlos die Lippen. Irgendwo mussten sie schließlich leben …das mochte stimmen. Aber vielleicht würde es auf dieser Welt nie einen Platz geben, an dem Männer wie sie wirklich in Frieden leben konnten. »In einer Woche?«

»Plus minus ein paar Tage«, bestätigte Abu Dun. »Aber wohl eher plus. Sie müssen noch etliche Reparaturen vornehmen, bevor sie sich wieder auf die offene See hinauswagen können, und der Kapitän scheint mir doch ein wenig optimistisch, was ihre Dauer angeht. Aber so ungefähr, ja.« Etwas Aufforderndes erschien in seinen Augen. »Wir können uns das Schiff wenigstens einmal ansehen. Nein sagen kannst du dann immer noch.«

Was er ganz zweifellos nicht akzeptieren würde, dachte Andrej. Trotzdem stand er auf und machte stumm eine Kopfbewegung zur Tür. Abu Dun erhob sich ebenfalls, verließ das Gasthaus und blieb draußen sofort wieder stehen. Als Andrej ihm folgte und neben ihn trat, wusste er auch, warum.

Aus irgendeinem Grund kam der Mann Andrej größer vor als bei ihrem ersten Zusammentreffen vor vier Tagen. Vielleicht lag es daran, dass er in seinen Augen jetzt nicht nur Misstrauen las, sondern auch böse Vorfreude. Vielleicht lag es aber auch an dem guten Dutzend Soldaten, das in einem lockeren Halbkreis hinter ihm stand und mit seinen Musketen auf Abu Dun und ihn zielte.

»Ich sagte doch, dass es nicht klug ist, die falsche Partei zu ergreifen, Ungläubiger.«

Andrej schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Abu Dun nichts Unüberlegtes tat, aber der Nubier stand einfach nur da und bescherte dem Soldaten das für ihn vermutlich höchst ungewohnte Gefühl, in das Gesicht eines anderen Mannes hinaufsehen zu müssen.

»Ja, ich glaube, so etwas habt Ihr gesagt«, antwortete Andrej, der endlich seine Überraschung überwand. Obwohl er den Blick fest auf die Augen seines Gegenübers gerichtet hielt, stellte er fest, dass das Dutzend Soldaten, das der Mann mitgebracht hatte, Janitscharen waren, die Elitetruppen des Sultans. Und sie hatten diesen Ruf durchaus zu Recht, wie er aus mehr als nur einer leidvollen Erfahrung wusste.

Trotzdem zwang er sich zu einem Lächeln und fuhr in leicht scherzhaftem Ton fort: »Ist das nicht ein bisschen viel Aufwand, nur weil Euch eine kleine Betrügerin entwischt ist?«

»Oder hattest du selbst ein Auge auf sie geworfen und bist jetzt verärgert?«, fügte Abu Dun hinzu.

Andrej fand die Provokation überflüssig, behielt seine Meinung aber für sich, und der Soldat – der nicht wie die anderen die Uniform eines Janitscharen trug – reagierte nicht darauf, sondern machte nur eine herrische Geste, woraufhin zwei seiner Begleiter ihre Waffen senkten und im Haus verschwanden.

Für eine kurze Weile geschah nichts. Dann wurde es im Haus laut, weil offenbar ein Streit ausbrach. Als es dem Soldaten schließlich über wurde, sie voller vorweggenommener Schadenfreude anzustarren, winkte er zum zweiten Mal. Zwei weitere Männer senkten ihre Waffen und gingen davon, kehrten aber schon kurz darauf zurück, einen dritten, weit kleineren Mann zwischen sich führend. Sein Gesicht kam Andrej vage bekannt vor, aber er konnte nicht gleich sagen, woher.

»Ist er das?«, fragte der Soldat.