Die drei ???, Codename: Cobra (drei Fragezeichen) - Marco Sonnleitner - E-Book

Die drei ???, Codename: Cobra (drei Fragezeichen) E-Book

Marco Sonnleitner

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Beschreibung

Kann ein Toter E-Mails versenden? Die 10-jährige Julia hat eine verschlüsselte E-Mail erhalten - von ihrem toten Bruder Ted! Sie bittet die drei ??? um Hilfe. Dann verschwindet das Mädchen plötzlich. Zurück bleibt eine E-Mail auf ihrem PC, die das grässliche Bild einer drohenden Kobra zeigt. Welche Bedeutung hat die Schlange? Wer ist der Absender der Nachricht? Was ist mit dem Mädchen geschehen? .Die drei erfolgreichen Detektive aus Rocky Beach müssen haarscharf kombinieren, um den Schlüssel zur Lösung in diesem gefährlichen Fall zu finden.

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Seitenzahl: 155

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Codename: Cobra

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 - 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten finden Sie unter www.kosmos.de

© 2002, 2004, 2005, 2011 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on Characters by Rober Arthur.

ISBN 978-3-440-12871-8

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Kinderkram

»Ich versteh das nicht, ich versteh das nicht!« Justus blieb vor dem Computerbildschirm stehen, raufte sich zum wiederholten Male seine dunkelbraunen Haare, die mittlerweile in allen Richtungen von seinem Kopf abstanden, und lief dann wieder hektisch im Wohnwagen herum. »Ich bin wahrscheinlich einfach zu doof!«

»Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung!«, meinte Bob ungerührt aus seinem Sessel heraus und blätterte weiter in Musicworld. Er musste sich das Gejammere seines Freundes nun schon seit einer halben Stunde mit anhören, weshalb sein Mitleidsvorrat allmählich erschöpft war.

Justus stoppte schlagartig, funkelte seinen Freund böse an und holte tief Luft, um etwas zu erwidern. Aber heraus kam nur ein leidvolles Stöhnen, in dem aller Frust lag, der sich bei Justus inzwischen aufgestaut hatte. Dann setzte er sich wieder schwer seufzend in Bewegung.

Peter, der bäuchlings auf dem Boden lag, zog schnell seine Sportzeitschrift zu sich heran. »Hey! Pass auf, wo du hintrittst!«, schnauzte er Justus an und warf ihm einen wütenden Blick zu. Auch er war schwer genervt, denn seit Justus vor etwa einer halben Stunde mit einem lauten Schrei vom Computer aufgesprungen war, hatte er ungefähr 548-mal völlig aufgelöst »Das darf nicht wahr sein!« vor sich hin gejapst. Peter schwor sich, dass er seinen Freund beim nächsten Mal knebeln würde.

Sicher war es schlimm für Justus, dass er aus Versehen sein für ihn reserviertes Laufwerk auf dem Computer gelöscht hatte. Sicher wäre es eine Heidenarbeit, wenn er all die Daten, die er im Laufe ihrer detektivischen Karriere für sich zusammengetragen hatte, noch einmal aus den unzähligen verstaubten Ordnern ausgraben müsste, die sich in den Untiefen ihrer Zentrale verloren. Und sicher war es vor allem deswegen eine Katastrophe, weil es ausgerechnet Justus Jonas, dem Superhirn ihres Unternehmens, passiert war.

Seit die drei ??? in grauer Vorzeit ihren ersten Fall übernommen hatten, war Justus, soweit sich Peter zurückerinnern konnte, kaum jemals so ein Fehler unterlaufen. Fast immer waren es er selbst oder Bob gewesen, die für den einen oder anderen Schnitzer gesorgt hatten.

Aber Himmel noch mal!, schimpfte Peter in Gedanken, irgendwann muss doch mal Schluss sein mit dem »Ich fass es nicht!«, dem »Nein, bitte nicht!«, dem »Oh Gott, oh Gott, oh Gott!« und dem unentwegten Auf-und-ab-Gewetze!

»Jetzt hock dich endlich auf deinen Hintern und warte, bis dieser Computerheini kommt!« Peter knallte sein Magazin hin und stand vom Boden auf. »Du bist doch sonst Mr Jetzt-sind-wir-mal-vernünftig in Person und weißt immer ganz genau, wann etwas sinnlos ist und wann nicht! Warum kapierst du’s dann jetzt nicht? Dieses Gejaule und Gerenne hier ist absolut überflüssig! Du kannst nichts machen außer hoffen, dass dieser Typ dir das Laufwerk noch von irgendwo herzaubert! Mann!«

Natürlich hatte Justus kurz nach seinem Malheur sofort beim Computer-Notdienst angerufen. Aber die Leute waren äußerst gefragt und ließen nicht alles stehen und liegen, nur weil Justus Jonas ein Problem hatte – auch wenn Justus genau das von ihnen erwartete.

»Der müsste doch schon längst da sein!«, beschwerte sich der Erste Detektiv daher auch zum x-ten Mal vorwurfsvoll.

»Just!« Bob schlug seufzend sein Heft zu. »Ein Vorschlag in alter Freundschaft, bevor wir uns hier gegenseitig massakrieren. Lass uns doch, bis der Typ kommt, genau das machen, wozu wir uns eigentlich heute in der Zentrale getroffen haben, hm? Was hältst du davon?«

Justus klappte der Mund auf. »Ich soll aufräumen? Jetzt?«

Bob nickte. »Zur Beruhigung.«

Justus sah seinen Freund an, als hätte der ihm gerade eine vierwöchige Nulldiät vorgeschlagen. Und die etwas fülligere Figur des Ersten Detektivs zeigte deutlich, dass genau das der so ziemlich grausamsten aller Foltern gleichgekommen wäre. Dabei hatten sich die drei wirklich in ihrer Zentrale getroffen, um hier wieder mal ordentlich auszumisten. Aber nach Justus’ Zusammenbruch war daran natürlich nicht mehr zu denken gewesen – schon allein deshalb, weil der seitdem in der Zentrale allen Platz brauchte, um in einem für ihn völlig untypischen Gewaltmarsch seine Verzweiflung und seine Ungeduld hinauszuschwitzen.

Die Zentrale, das war das Hauptquartier ihres Detektivunternehmens. Andere hätten es allerdings eher als alten Campinganhänger bezeichnet, der inmitten von allem möglichen Ramsch und Trödel auf dem Schrottplatz des ›Gebrauchtwarencenters‹ von Titus Jonas stand, dem Onkel von Justus. Aber dieser Anhänger beherbergte so ziemlich alles, was eine florierende Detektivfirma benötigte. Ein Telefon mit Faxanschluss, ein Anrufbeantworter, ein Kopierer und sogar eine Dunkelkammer sowie ein kleines Labor fanden sich in dem Wohnwagen – und eben jene Dutzende von Ordnern, Hunderte von Zeitschriften und Zeitungen und wohl Tausende von Zetteln, die alle mal wieder durchforstet und aussortiert sein wollten. Und zu guter Letzt gab es da noch den Computer mit Internetzugang, der Justus vorhin so schamlos hintergangen hatte.

Natürlich bestritt der Erste Detektiv aufs Heftigste die ersten Vermutungen seiner Freunde, dass er nämlich vielleicht in den Innereien der Software herumgedoktert hätte (»Quatsch, Bob, würd ich nie machen!«) oder sogar mal der Systemkonfiguration einen Besuch abgestattet hätte (»Unsinn, Peter, wo denkst du hin?«). Nein, der Computer würde spinnen, meinte Justus voller Überzeugung, einfach so.

»Da hat irgendjemand dran rumgeschraubt, der absolut keine Ahnung von der Materie hat«, war allerdings das Erste, was dem Computerexperten auffiel, als er nach weiteren zehn Minuten endlich angekommen war und sich die Sache einmal flüchtig angeschaut hatte. »Hier hat jemand in der Registry kräftig herumgepfuscht und alles Mögliche verstellt!«

Der junge Mann, dem die langen Haare zottelig ins Gesicht hingen, drehte sich zu den drei ??? um und sah sie vorwurfsvoll an. »Das ist kein Kinderspielzeug, meine Herren! Wer sich damit nicht auskennt, sollte die Finger davon lassen!«

Langsam, ganz langsam wandten sich Peter und Bob zu Justus um und blickten ihm vielsagend und äußerst süßlich lächelnd ins Gesicht.

»Würd ich nie machen«, säuselte Bob.

»Wo denkst du hin?«, flötete Peter.

Justus schwieg und wich ihren Blicken unsicher aus. Dann räusperte er sich künstlich. »Ähm, also, ich ... ich dachte«, stammelte er schließlich mit hochrotem Kopf, »ich dachte, wenn ich da – also wenn ich hier in der Systemkonfigu ...«

Peter und Bob verdrehten die Augen und wandten sich laut stöhnend von ihrem Freund ab, um ihn seinem Schicksal zu überlassen. Der letzte Funke Mitleid erstarb jäh in ihnen und beide hofften insgeheim, dass der Computerexperte Justus in seinem tiefen, tiefen Loch sitzen lassen würde, wo er schrecklichste Höllenqualen erleiden sollte. Schließlich hätte Justus’ Herumpfuscherei auch den ganzen Computer ins technische Nirwana befördern können und nicht nur seine eigenen Daten. Und das wäre für ihr Unternehmen ein herber Rückschlag gewesen. Denn Bob hatte als Archivar alles über die mehr als hundert Fälle, die sie bis jetzt gelöst hatten, dort drin zusammengetragen. Stunden über Stunden von Arbeit wären so dahin gewesen – ganz zu schweigen von den kriminologischen Erkenntnissen und Fakten, die dann vielleicht für immer verloren gewesen wären.

Aber der Experte tat ihnen diesen Gefallen nicht. Er rettete Justus. Und er tat noch mehr als das. Denn natürlich wollte Justus wissen, was denn jetzt eigentlich passiert war, als er vorhin auf die Escape-Taste gedrückt hatte und auf einmal ein Laufwerk weniger auf der Festplatte war. Neugierig kitzelte er dem Computerspezialisten immer mehr Einzelheiten über die digitalen Innereien des Rechners heraus, und der zottelige Programmierer zeigte sich auch zunehmend glücklich darüber. Endlich hatte er einen neuen Software-Jünger gefunden, den er in seine Geheimnisse einweihen konnte.

»Wahrscheinlich kann unser Computer jetzt bald Wäsche waschen, Autos reparieren und Milchshakes quirlen«, spottete Peter, so dass es nur Bob hören konnte.

Bob ließ verächtlich Luft entweichen. »Oder er fällt eines Tages über uns her und macht uns alle zu seinen Cybersklaven.«

Eine Weile hörten die beiden dem unverständlichen Kauderwelsch noch zu, in dem sich Justus und der mittlerweile heiß gelaufene PC-Guru unterhielten, dann wandten sie sich wieder ihren Zeitschriften zu. Beiden war klar, dass sie in diese Sphären der elektronischen Datenverarbeitung nie vordringen würden – und wollten. Das war, wie sie sich neidlos eingestanden, nur etwas für ihr Superhirn Justus Jonas.

Nach etwa einer halben Stunde verließ Mikey, so hieß der geschwätzige Computerengel, die Zentrale. Beim Hinausgehen warf er Peter und Bob noch einen mitleidigen Blick zu, der deutlich zum Ausdruck brachte, was er von Leuten hielt, die sich nicht für die Eingeweide eines Computers interessierten. Justus hingegen klopfte er anerkennend auf die Schulter und lud ihn sogar ein, doch mal bei ihm im Geschäft vorbeizuschauen, er würde ihm gerne noch ein paar Tricks zeigen. Dann begleitete ihn Justus zur Tür hinaus.

»Will ich nicht«, sagte Peter scheinbar zusammenhangslos, als Justus wieder in den Wohnwagen zurückkam.

Der Erste Detektiv stutzte. »Was? Was willst du nicht?«

»Wissen, was dir Mikey« – Peter grinste übertrieben dämlich, als er den Namen aussprach – »Neues beigebracht hat.«

Justus sah seinen Freund verwirrt an. »Aber ... wie kommst du – ich wollte doch gar –«

»Klar wolltest du, du weißt es nur noch nicht«, fiel ihm Peter ins Wort.

»Du meinst die Sache mit der Escape-Taste?« Justus drehte sich zum Computer um. »Ja, das ist allerdings ’n Ding!«, sagte er und setzte sich begeistert wieder vor den Monitor, ohne noch einen Gedanken daran zu verschwenden, was ihm Peter eigentlich hatte sagen wollen. »Höchst gefährlich! Wenn man nämlich in der Registry –«

»Justus!«, riefen Peter und Bob fast gleichzeitig.

»... in dieser Zeile den Befehl –«

Plötzlich klopfte es an der Tür.

»Der hält’s ja keine drei Minuten aus ohne dich«, spottete Bob und nickte missmutig zum Eingang hin.

»Das muss Liebe sein!«, grinste Peter.

Justus schnitt ihm eine ironische Grimasse. »Er wird eben was vergessen haben«, stieß er ein wenig beleidigt hervor, ging zur Tür und öffnete sie.

Aber es war nicht Mikey, der geklopft hatte. Ein verschüchtert und sogar etwas verängstigt wirkendes, vielleicht 9 oder 10 Jahre altes Mädchen stand dort draußen und blickte unsicher in den Wohnwagen.

»Hallo«, sagte sie mit einem dünnen Stimmchen, »seid ihr die drei Fragezeichen?«

Justus entknitterte seine Gesichtszüge und sagte dann etwas überrascht: »Äh, ja, ja, die sind wir. Was können ... können wir für dich tun?«

Das Mädchen schluckte, schniefte dann kaum hörbar, und plötzlich kullerte eine Träne über ihre rechte Wange. Justus blinzelte verlegen und begann seine Finger zu kneten. Unsicher warf er einen Blick über die Schulter. Dort richtete sich Peter in seinem Sessel auf, legte die Zeitschrift beiseite und stammelte ein dämliches »Ä-ähm«, während Bob zumindest geistesgegenwärtig genug war, das Mädchen mit einer unsicheren Handbewegung hereinzubitten. Allen drei Jungs merkte man an, dass sie nicht so recht wussten, wie sie in so einer Situation reagieren sollten.

»Ihr ... ihr«, schluchzte das Mädchen und trat vorsichtig näher, »ihr könnt ihm doch helfen, oder? Ihr helft ihm doch, nicht wahr?«

Justus zog die Stirn in Falten. »Äh, wem denn? Wem sollen wir helfen?«

Das Mädchen wischte sich die Tränen von der Wange und schluckte trocken. Dann sah sie Justus aus großen Augen an und meinte schließlich mit ihrem dünnen Stimmchen: »Meinem Teddy! Ihr müsst meinem Teddy helfen!«

Fragen über Fragen

Für eine Sekunde kämpfte Peter mit einem heftigen Lachreiz, der unwiderstehlich seine Kehle kitzelte. Aber der herzerweichende Anblick des todunglücklichen Mädchens ließ ihn den Lacher sofort wieder hinunterschlucken, so dass ihm nur ein merkwürdiges, dumpfes Glucksen entfuhr.

Die beiden anderen Fragezeichen waren angesichts ihres neuen Auftrags ähnlich verwirrt wie er. Bob trat unwillkürlich einen Schritt zurück und ließ geräuschvoll den Unterkiefer aufklappen, während Justus blinzelte, als wäre ihm ein ganzer Schwarm Fliegen in die Augen geraten. Aber schließlich war er es, der sich als Erster wieder fing.

»Ich glaube«, hob er vorsichtig an, »da liegt ein Missverständnis vor. Unser Unternehmensmotto verspricht potenziellen Kunden zwar –«

»Justus!«, zischte Bob und schüttelte energisch den Kopf.

»Was ist denn?«, fragte der Zurechtgewiesene gereizt.

Bob ging einen Schritt nach vorne und schob Justus sanft, aber bestimmt zur Seite. Bevor er seinem Freund erklärt hätte, dass seine Angewohnheit, sich oft komplizierter als nötig auszudrücken, im Moment sicher nicht angebracht war, wollte er die Sache lieber selbst in die Hand nehmen.

Er beugte sich daher freundlich lächelnd zu dem Mädchen hinab und sagte mit zuckersüßer Stimme: »Also, wir sind Detektive. Weißt du denn, was das ist, hm?«

Das Mädchen zog lautstark den Rotz durch die Nase und nickte. »Ihr fangt Diebe und Mörder und so«, sagte es leise.

Bob lachte übertrieben verständnisvoll. »Na ja, Mörder mussten wir bis jetzt Gott sei Dank noch nicht jagen, aber Diebe schon oft, genau, sehr gut. Aber weißt du, mit Teddybären haben wir nur wenig Erfahrung.« Bob versuchte wie ein trauriger Teddybär zu schauen. »Und die können ja weiß Gott was für Krankheiten haben, hab ich mir sagen lassen. Ich glaube, es ist besser, wenn du da deine Mutti fragst, die weiß sicher am besten, was man für deinen Teddybären tun kann, hm?«

Bob sah kurz über die Schulter und fing Peters bewundernde Blicke auf. Und auch in Justus’ Schmollmiene blitzte so etwas wie Anerkennung für Bobs geschickten Umgang mit dem Kind auf, obwohl er es sonst gar nicht leiden konnte, wenn man ihm als Kopf des Unternehmens das Ruder aus der Hand nahm.

Aber das Mädchen sah Bob nur mit einer Mischung aus Verwirrung und Ungläubigkeit an und sagte dann völlig ruhig und fast emotionslos: »Aber meine Mutter ist doch tot.«

Bob zuckte zusammen. »Deine Mutter, deine Mutter ist ... tot?«, stammelte er erschrocken. Auch Justus und Peter waren jetzt hellwach und schauten das Kind aufmerksam an.

Das Mädchen nickte. »Sie starb bei meiner Geburt, ja.«

»Oh, das ist ...«, meinte Bob betroffen, »das tut mir –«

»Und von einem Teddybären hab ich auch nicht geredet«, fiel ihm das Mädchen ins Wort und fügte etwas beleidigt noch hinzu. »Ich meinte meinen Bruder. Er heißt Ted, aber ich nenne ihn immer Teddy.« Verunsichert musterte sie die drei Jungen der Reihe nach, und fast machte es den Eindruck, als würde es daran zweifeln, ob es wirklich richtig war, hierher zu kommen, zu den berühmten drei ???.

Und Justus, Peter und Bob schauten auch wirklich ein wenig betreten drein. Eine Grundregel detektivischen Verhaltens, die sie alle drei sehr gut kannten, lautete nämlich, dass man möglichst unvoreingenommen und ohne vorschnelle Schlüsse zu ziehen an eine Sache rangehen sollte, und bezüglich dieses Grundsatzes hatten sie sich gerade eben wie blutige Anfänger benommen.

»Jetzt ... jetzt noch mal von vorne«, ergriff Justus nun die Initiative und wedelte dabei mit den Händen, als wollte er alle vorigen Missverständnisse aus dem Wohnwagen scheuchen. »Sag uns doch bitte erst einmal, wie du heißt.«

»Julia, ich heiße Julia Applegate.« Das Mädchen hatte mittlerweile fast alle Scheu abgelegt, wozu das wenig professionelle Verhalten der drei ??? sicher seinen Teil beigetragen hatte. Klar und verständlich fuhr sie fort: »Und mein Bruder hat mir gesagt, ich soll euch um Hilfe bitten.«

Bob versuchte ein verbindliches Lächeln. Bloß nicht noch einen Fettnapf mitnehmen, sagte er sich. Womöglich war der Bruder taubstumm und konnte nicht reden, oder er war an den Rollstuhl gefesselt und konnte nicht außer Haus. Deshalb formulierte er die nächste Frage möglichst unverfänglich und sprach so freundlich wie möglich: »Und warum kommt dann dein Bruder nicht selbst zu uns?«

»Ja, wahrscheinlich, weil er nicht kann«, entgegnete Julia überrascht.

Bob stutzte. »Also, dann ist er nicht ... irgendwie ... also, ich meine ... nicht ...?« Der dritte Detektiv schüttelte den Kopf und lächelte dämlich.

Julia sah ihn genauso erwartungsvoll und fragend an wie Justus und Peter. »Ja?«, fragte das Mädchen vorsichtig.

»Ach ... vergessen wir’s«, winkte Bob ab und versuchte ein schlaueres Lächeln aufzusetzen, was ihm gründlich misslang.

Julia schaute ihn noch eine Sekunde etwas irritiert an und fuhr dann fort: »Er hat mir aber eine Mail zugeschickt, und in der stand, dass er in großen Schwierigkeiten ist und dass ich unbedingt zu euch gehen soll, damit ihr ihm helft.«

Peter beugte sich ein Stück nach vorne, um besser an Justus’ massigem Körper vorbeisehen zu können. »Und was sind das für Schwierigkeiten?«, fragte er skeptisch.

»Darüber hat Teddy nichts geschrieben«, antwortete Julia. »Ich soll euch aber bitten, morgen mit mir zu unserem alten Treffpunkt zu kommen.« Justus kratzte sich am Kinn. »Und da kann er dann hinkommen?«

Julias Blick war anzusehen, dass sie mit dieser Frage nicht viel anfangen konnte und dass sie schon gar nicht in der Lage war, den leisen Zweifel herauszuhören. »Ja, ich glaube schon«, sagte sie daher zögernd. Aber instinktiv merkte sie doch, dass in den drei ??? ein kaum greifbares Misstrauen erwacht war, und fast unmerklich glomm das scheue Flackern in ihren Augen wieder auf.

»Wie alt ist dein Bruder eigentlich?«, wollte nun noch Bob wissen.

Julia zog sichtbar den Kopf ein. »Er ... er ist vierundzwanzig, im Mai ist er vierundzwanzig Jahre alt geworden.«

»Und warum hat er sich mit seinen Problemen nicht an die Polizei oder euren Vater gewandt?«, bohrte Justus weiter.

Die erste Träne quoll wieder aus Julias Augenwinkel. »Ich ... ich weiß es doch nicht«, schluckte sie. »Vielleicht, vielleicht weil die immer sagen, dass Teddy, dass Teddy –« Heftig schluchzend brach Julia ab und verbarg ihr Gesicht hinter ihren Händen.

Mit kurzen, schnellen Blicken verständigten sich die drei Detektive untereinander, und jeder von ihnen dachte so ziemlich das Gleiche. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ein Vierundzwanzigjähriger, der seine kleine Schwester zu ihnen schickt, damit sie ihm helfen? Der Schwierigkeiten am Hals hat, die er aus irgendwelchen Gründen vor seiner Schwester verbirgt? Schwierigkeiten, die er der Polizei und seinem Vater nicht anvertraut, weil die über ihn irgendetwas sagen? Dass er lügt vielleicht? Dass er ein hoffnungsloser Fall ist? Oder Schlimmeres? Und dann kann er heute zwar selbst nicht kommen, will aber morgen an einem bestimmten Treffpunkt auftauchen?

Das hörte sich nicht gerade Vertrauen erweckend an, fanden die drei. Womöglich bekamen sie es hier mit einem Kriminellen zu tun, der die Gutgläubigkeit seiner kleinen Schwester nur ausnützte, um sich mit Hilfe der drei ??? irgendwie aus dem Schlamassel zu ziehen! Oder, noch schlimmer, er zog die drei aus welchen Gründen auch immer mit in seinen Schlamassel hinein? Nein, das hörte sich alles gar nicht gut an, überhaupt nicht.

Andererseits stand vor ihnen ein Kind, das im Moment geradezu zerfloss und von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt wurde. Konnte so ein unschuldiges, treuherziges Mädchen überhaupt einen gemeingefährlichen Bruder haben, der irgendwelche krummen Dinger drehte? Das war kaum vorstellbar.