Die drei ??? Kreaturen der Nacht (drei Fragezeichen) - Marco Sonnleitner - E-Book

Die drei ??? Kreaturen der Nacht (drei Fragezeichen) E-Book

Marco Sonnleitner

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Beschreibung

Eine Hexe stiehlt Justus' Geldbörse und ein Sensenmann bricht im Trödelladen ein. Genau dieselben Kostüme trägt auch die Hip-Hop-Gruppe "FMTM". Nur ein Zufall?

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Kreaturen der Nacht

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2020, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-16738-0

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Abracadabra!

Die drei Detektive ließen ihre Fahrräder ausrollen und hielten nach einem Platz Ausschau, wo sie sie abstellen konnten. Und wo sie sie nachher auch wiederfinden würden. Denn hier war alles voller Fahrräder: Rasen, Büsche, Wege, Beete – die ganze Wiese verschwand unter einem Meer aus Lenkern, Stangen und Sätteln. Halb Rocky Beach schien heute hierhergeradelt zu sein. Vor allem die jüngere Hälfte.

»Da drüben, der Pfosten mit dem orangefarbenen Abfalleimer.« Bob Andrews zeigte nach rechts. »Da können wir sie hinstellen.«

»Und nachher klebt Ketchup auf meinem Sattel. Das Ding quillt ja jetzt schon über.« Justus Jonas verzog das Gesicht. Doch einen besseren Abstellplatz für die Räder sah auch er nicht.

Peter Shaw seufzte vernehmlich. »Du hast was gut bei mir, Just. Ehrlich.« Er stieg ab und schob sein Rad an den Metallpfosten. »Das Wetter wäre zwar auch ideal zum Surfen, nicht zu heiß, guter Wind, super Wellen. Aber so eine Einkaufstour ist mal wirklich was anderes. Vor allem im Vergleich zu der Alternative, die wir hatten!«

»Bei der Wahl zwischen Trödelmarkt und Unkrautjäten fiel mir die Entscheidung allerdings auch nicht schwer«, erwiderte Justus.

»Ich hasse Brennnesseln!« Bob stellte sein Rad vor die beiden anderen und legte dann sein langes Kabelschloss um alle drei Fahrräder. »Okay, kann losgehen.«

»Warte noch.« Justus pflückte einen Flyer von seinem Gepäckträger, der aus dem Abfalleimer gerutscht war. Er wollte ihn zurück in den Behälter stopfen, aber sein Blick blieb an dem knallgelben Zettel hängen. Der Erste Detektiv zog die Stirn kraus. »Sind das die Bands?« Auf dem Flyer waren die zum Teil sehr fantasievollen Namen etlicher Musikgruppen aufgelistet. Dahinter fanden sich jeweils Datums- und Zeitangaben.

Bob nickte. »Das sind die Teilnehmer, ja. Und wann sie auftreten.«

»Nun ja, zumindest darf man einigen dieser Musiker bescheinigen, dass sie recht kreativ waren, was die Namensgebung ihres Ensembles angeht.«

Peter deutete auf eine der Bands. »Die Geheim-Nissen find ich super. Super eklig. Nissen sind doch Floheier, oder?«

»Nissen sind die chitinhaltigen Eihüllen der Läuse«, korrigierte Justus.

»Oder so.« Peter grinste. »Würde auch sehr gut zu uns passen, meint ihr nicht? Die drei Geheim-Nissen. Oberei: Justus Jonas, Zweite Laus: Peter Shaw, Recherche und Archiv: Laus Andrews. Wir lösen alle Geheim-Nisse.«

Justus verweigerte jeden Kommentar, Bob lachte. »Na ja, ich weiß nicht … Da bleibe ich dann doch lieber bei Die drei ???. Darf ich mal?« Bob nahm dem Ersten Detektiv den Flyer aus der Hand und drehte ihn um. »Die Crackernuts sind morgen dran. Abends um neun.«

»Kennst du die?«, fragte Peter.

»Nein. Aber Sax hat mich gebeten, mir die mal anzuhören. Sollen ganz vielversprechend sein.«

»Los, Kollegen.« Justus blickte unternehmungslustig auf das Getümmel von Menschen, das sich in einiger Entfernung an zahlreichen Verkaufsständen entlangschob. »Lasst uns einkaufen gehen!«

Das kleine Küstenstädtchen Rocky Beach, die Heimat der drei Detektive, richtete in diesen Tagen einen Wettbewerb für Hip-Hop-Nachwuchsbands aus der näheren Umgebung aus. Im östlichen Teil des Palisades Parks hatte man dazu ein großes Zelt aufgestellt, in dem sich die jungen Musiker vor Publikum und einer ausgewählten Jury beweisen konnten. Als erster Preis winkte ein Plattenvertrag bei einem großen Label aus Los Angeles.

Für Bob Andrews bedeutete das Arbeit. Er jobbte hin und wieder bei der Musikagentur von Sax Sandler und sollte sich bei der Veranstaltung die eine oder andere Band anhören. Vielleicht war ja, abgesehen von dem Sieger, eine der anderen Bands gut genug, um von seinem Chef unter Vertrag genommen zu werden. Gestern hatte sich Bob bereits Earwax angetan, drei blasse Jungs, die einfach nur laut und schlecht gewesen waren.

Doch heute waren die drei Jungen aus einem anderen Grund hier. Auf dem Platz vor dem Zelt fand während des Wettbewerbs ein großer Trödelmarkt statt, auf dem eigentlich Dinge angeboten werden sollten, die irgendwie mit Musik zu tun hatten. Aber viele Händler legten diese Vorgabe recht großzügig aus, sodass sich im Grunde genommen alles auf dem Markt fand, was sich an den Mann oder die Frau bringen ließ.

Onkel Titus und Tante Mathilda, bei denen Justus seit dem Tod seiner Eltern vor vielen Jahren lebte, war das nur recht. Sie betrieben in Rocky Beach ein Gebrauchtwarencenter und dafür waren sie immer auf der Suche nach guter Ware, und sei sie auch noch so ausgefallen. Doch Onkel Titus hatte eine schwere Grippe ins Bett verbannt, und Tante Mathilda musste dringend Bürokram erledigen und Kunden bedienen. Deswegen hatten die beiden an diesem Nachmittag Justus und seine Freunde auf Einkaufstour geschickt. Zudem war diese Art von Arbeit Teil einer Vereinbarung: Die Jungen durften auf dem Schrottplatz der Familie Jonas einen ausrangierten Wohnanhänger als Zentrale ihres Detektivunternehmens nutzen, wofür sie hin und wieder Tante Mathilda und Onkel Titus zur Hand gehen mussten. Den heutigen Auftrag sahen sie allerdings nicht wirklich als Arbeit an. Im Gegensatz zu so mancher Schufterei, die ihnen schon abverlangt worden war, stellte dieser Job das reinste Vergnügen dar.

»Wie hoch ist unser Budget noch mal?« Bob reckte den Hals. Gleich am Rand des Trödelmarktes entdeckte er einen Verkaufsstand, der alte Schallplatten anbot. Vielleicht war da was dabei.

»Zweihundert Dollar.« Justus griff nach hinten an seine Hosentasche, in der sich ein Portemonnaie mit dem Geld befand, das ihnen Onkel Titus mitgegeben hatte.

»Lass dir die bloß nicht stibitzen, Erster«, sagte Peter. »Vielleicht solltest du die Geldbörse besser woanders verstauen, meinst du nicht?«

»Oder einen Brustbeutel nehmen«, kicherte Bob.

Justus verdrehte die Augen. »Jetzt fangt ihr auch noch damit an! Tante Mathilda hat genau das Gleiche gesagt.«

»Auch das mit dem Brustbeutel?«

Justus nickte. »Sie war kurz davor, mir einen umzuhängen. Als wäre ich ein Kindergartenkind!«

»Würde dir bestimmt gut stehen.«

Justus warf Peter einen mürrischen Blick zu. »Sieh dich lieber nach was Brauchbarem um.« Der Erste Detektiv setzte sich in Bewegung.

»Und wir können alles kaufen? Keine Auflagen?«

»Alles, was sich bei uns auf dem Schrottplatz ein bisschen aufhübschen und dann ein wenig teurer weiterverkaufen lässt. Schnäppchen also.«

»Und wir bekommen zehn Prozent vom Erlös?«

»So ist es.«

Peter rieb sich die Hände. »Na dann! Wie wär’s mit dem antiken Strampelanzug, den die Frau da vorne gerade hochhält?« Er deutete auf einen Stand, an dem eine rotwangige Frau einer Kundin gestenreich das Kleidungsstück anpries. »So alte Klamotten sind doch absolut in heutzutage. Vintage Style nennt man das, oder?«

»Babys in mottenzerfressenen Stoffwürsten?« Justus machte ein erstauntes Gesicht.

»Und der Stand mit den alten Tabakspfeifen da drüben?«, meinte Bob.

»Würden Onkel Titus gefallen, aber fürs Weiterverkaufen zu wenig Interessenten. Raucher sterben aus. Früher oder später. Aber dort drüben entdecke ich Ware, die –« Der Erste Detektiv hielt inne. Ein Mann rannte laut rufend durch die Menge und steuerte geradewegs auf sie zu.

»Eddie! Eeeeeddie! Eddie! Schätzchen! Komm zu Papa!« Der Mann, etwa Ende vierzig, auffallend klein gewachsen und sehr schmächtig, bahnte sich einen Weg durch die Menge, starrte dabei aber unentwegt auf sein Handy. Mit seinem lichten Haarkranz erinnerte er Peter im ersten Moment an einen Mönch. Allerdings passte der zottelige Spitzbart, der von seinem Kinn abstand, nicht recht zu diesem Bild.

Jetzt lief der Mann direkt an den drei ??? vorbei, sodass Bob für einen kurzen Moment einen Blick auf das Display erhaschen konnte. Er sah eine Straßenkarte und darüber einen Namen: Eddie Murry oder Murly.

»Eeeeddie! Wo steckst du denn, mein Süßer? Guuuzziguzziguzzi!«

Die Jungen blickten dem Mann hinterher, bis sein Haarkranz zwischen den Besuchern verschwunden war.

»Lustiger Vogel«, fand Peter.

»Vielleicht hätten wir ihm unsere Hilfe anbieten sollen, er scheint jemanden zu suchen«, überlegte Bob.

»Wenn wir ihm noch einmal begegnen, können wir ihn ja fragen.« Justus lief weiter. Er hatte einen Stand mit altem Kinderspielzeug und Plüschtieren ausgemacht, der ihm interessant erschien. Zielstrebig dirigierte er seine Freunde dorthin und kämpfte sich bis zur Auslage durch.

»Das Zeug hier?«, meinte Peter abschätzig. »Puppen und Teddys?«

Justus nickte. »Wenn die Sachen wirklich alt und gut erhalten sind, kann man einiges dafür verlangen.« Prüfend glitt sein Blick über die angebotene Ware: Puppen in allen Variationen – groß, klein, alt, weniger alt, mit Haaren, ohne Haare, angezogen, nackt –, Puppenkleidung und -zubehör, Kuscheltiere, Fantasywesen aus Plüsch … Ganz oben auf einer Stange hing sogar ein abgegriffener Stoffvampir mit blutigen Zähnen und rosa Spitzenlätzchen um den Hals.

»Yo, Leute, was geht ab?«

Die drei ??? blickten auf. Hinter dem Stand war der Verkäufer auf sie aufmerksam geworden. Ein junger Mann, etwas älter als sie, an dem einfach alles zu groß war. Das weiße Kapuzenshirt reichte ihm bis zu den Knien, auf dem Kopf trug er eine riesige Schirmmütze, über die sich ein gewaltiger Kopfhörer spannte, dessen eine Muschel auf dem rechten Ohr saß, während die andere schief oben auf der hellblauen Mütze klebte. Die Augen verschwanden hinter einer überdimensionalen grünen Sonnenbrille, am rechten Daumen funkelte ein goldfarbener Monsterring. Und mindestens genauso auffällig an dem Jungen war, dass er unablässig seltsame Bewegungen ausführte. Im Takt eines quäkenden Geräusches, das aus den Kopfhörern drang, knickte er leicht in der Hüfte ein, hob abwechselnd die Knie an, ließ die linke Hand nach oben zucken und schob das Kinn nach vorne.

Wie ein Huhn, dachte Peter, wie ein Huhn mit schlimmen Magenschmerzen.

»Mega Ware hier, is’ klar, oder?« Und knick und zuck.

Der Erste Detektiv lächelte dünn. »Sieht ansprechend aus, ja.«

»Yep!« Und Knie und Kinn.

Justus blickte noch einmal zu dem Vampir auf der Stange. Er überlegte, wie er das Gespräch mit dem Händler beginnen sollte. »Hat es denn eine besondere Bewandtnis damit, dass dieser Vampir dort –« Der Erste Detektiv erstarrte. Er hatte es deutlich gespürt. Eine Hand! Finger, die an seiner Hosentasche herumgenestelt hatten. An der Geldbörse! Jemand wollte … Justus schoss herum und blickte in die hässliche Fratze einer Hexe!

»Abracadabra!« Die Hexe kicherte boshaft, ließ den Geldbeutel in ihrem Umhang verschwinden und flog auf ihrem Besen davon.

FMTM

Der Erste Detektiv brauchte eine Sekunde, um sich aus seiner Starre und Verwirrung zu lösen. Natürlich flog die Hexe nicht auf ihrem Besen davon. Sie hatte zwar einen Besen in der Hand, flüchtete aber auf einem Skateboard. Tatsache war jedoch, dass sie ihm das Portemonnaie geklaut hatte.

»Hinterher, Kollegen!«, rief Justus. »Die Hexe da hat unser Geld gestohlen!« Er zeigte auf die davoneilende Gestalt und rannte los.

Peter und Bob reagierten sofort und nahmen ebenfalls die Verfolgung auf. Dabei teilten sie sich routiniert auf: Bob orientierte sich nach rechts, Peter nach links.

Justus wählte den Weg durch die Mitte, direkt hinter der Hexe her, die jetzt von ihrem Skateboard gesprungen war und es sich unter den Arm klemmte. Natürlich war es auch keine wirkliche Hexe. Den Beinen und roten Turnschuhen nach zu urteilen, steckte unter dem Umhang und hinter der Maske ein jüngerer Mann.

Justus öffnete den Mund, um etwas zu rufen wie ›Haltet die Hexe! Haltet sie auf! Sie hat mein Geld gestohlen!‹, als er aus dem rechten Augenwinkel eine weitere Hexe bemerkte. Kleiner, ohne Besen, aber exakt dieselbe Fratze. Zwei nahezu identische Hexen? Was war das denn? Justus entschied, die Leute nicht mit seinen Anweisungen zu verwirren, und konzentrierte sich darauf, die erste Hexe nicht aus den Augen zu verlieren. Sie hatte ohnehin schon einen gehörigen Vorsprung.

Bei Peter war nach wenigen Metern Schluss. Er lief in eine Traube von Menschen hinein, die sich keinen Zentimeter weiterbewegte. Vor ihm musste irgendetwas sein, was die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zog und alle stehen bleiben ließ. Oder es staute sich einfach, weil hier zu viele Leute auf einmal entlangwollten. Der Zweite Detektiv konnte nichts erkennen, aber hier war jedenfalls kein Durchkommen. Er kehrte um und sah zu, dass er Justus fand.

Bob hingegen hatte die Hexe genau im Blick. Spitzer Hut, grüne Haare, eine Maske mit Hakennase und ein langer schwarzer Umhang, unter dem Beine in zerrissenen Jeans und roten Turnschuhen hervorlugten. Und der dritte Detektiv sah noch etwas: eine Gasse zwischen den Menschen vor ihm, die ihn genau dorthin bringen würde, wo er der Hexe den Weg abschneiden konnte. Sie musste nämlich bald nach rechts abbiegen, wenn sie nicht über einen riesigen Tisch mit alten Tonbandgeräten, Plattenspielern und anderen antiquierten Elektroartikeln springen wollte. Und dann hätte er sie.

Gerade bemerkte die Hexe den Tisch. Kurz verlangsamte sie ihr Tempo, dann wandte sie sich wie erwartet nach rechts.

Noch zehn Schritte trennten den dritten Detektiv von der Diebin. Oder dem Dieb. Bob bereitete sich auf den Aufprall vor. Er würde die rechte Schulter nach vorne nehmen und etwas in die Knie gehen, wie beim Football. Den Gegner in seiner Körpermitte rammen und ihn so nicht nur von den Beinen holen, sondern ihm gleichzeitig die Luft nehmen. Die Hexe würde ihr blaues Wunder erleben.

Doch dann kam alles ganz anders. Wenige Schritte vor dem Zusammenprall war da plötzlich keine Gasse mehr. Sie schloss sich, weil zwei Personen, die sich eben noch über einen Tisch gebeugt hatten, unvermittelt nach hinten traten. Sie sahen Bob nicht und er sah sie viel zu spät, um noch ausweichen oder bremsen zu können. Überrascht registrierte der dritte Detektiv, dass es sich um einen Wolf und einen Horrorclown handelte, dann rasselte er mit ihnen zusammen.

»Aua! Hey!«

»Spinnst du? Pass doch auf!«

Bob schaffte es irgendwie, zwischen den beiden hindurchzufliegen. Er streifte den Wolf nur und rempelte den Clown leicht an. Dann allerdings landete er äußerst unsanft auf dem asphaltierten Gehweg und schürfte sich dabei den rechten Ellenbogen auf.

Stechend gelbe Augen über einem blutbeschmierten Maul und ein grellbunt geschminktes Gesicht mit Zähnen wie Dolchen starrten auf ihn hinab.

»Hast du sie noch alle, oder was?«, fuhr ihn der Clown an.

»Geht’s noch, Alter?«, fauchte der böse Wolf. »Wer hat dir denn am Lämpchen geschraubt?«

Bob rappelte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf. »Tut mir leid, Leute, mein Fehler.« Er sah sich kurz um. Die Hexe war weg. Keine Spur von ihr. »Ich wollte … Ich dachte … Ach, vergesst es. Ist euch was passiert?«

»Mach dich bloß vom Acker!«

»Du hast doch wirklich einen an der Erbse!«

Der Horrorclown und der böse Wolf drehten sich um und gingen weg. Bob blieb benommen am Boden sitzen und rieb sich den schmerzenden Ellenbogen. Das nagelneue Sweatshirt war auch kaputt, seine Mutter würde alles andere als begeistert sein.

Wenige Augenblicke später kamen Justus und Peter bei ihrem Freund an. Der Weg der Hexe hatte sie direkt zu ihm geführt, aber auch sie hatten den Dieb aus den Augen verloren.

»Dritter? Was machst du denn da?« Justus kniete sich hin.

»Bob! Alles klar?« Peter blickte besorgt auf Bobs blutenden Ellenbogen.

»Nicht so schlimm.« Der dritte Detektiv stand auf. »Ich hatte die Hexe fast erwischt, aber dann kamen mir der große böse Wolf und ein Horrorclown in die Quere und ich hab eine Bruchlandung auf dem Asphalt hingelegt.«

Peter machte ein skeptisches Gesicht. »Und du bist sicher, dass es dir gut geht? Der große böse Wolf und ein Horrorclown? Hört sich nach einer mittelschweren Gehirnerschütterung an, wenn du mich fragst.«

Justus blickte seinen Freund aufmerksam an. »Äußerst interessant!« Er dachte kurz nach. »Eine Hexe, der große böse Wolf, ein Horrorclown. Ich kann mich dunkel entsinnen, von einer Band gehört zu haben, die sich unter anderem dadurch auszeichnet, dass ihre Mitglieder in Gestalt ebendieser Figuren in Erscheinung treten! Ich glaube, Gevatter Tod war auch noch vertreten als düsterer Sensenmann.«

»Das stimmt.« Bob nickte. »Du sprichst von FMTM. Ferry Merry Tale Male. Eine Hip-Hop-Band, die im Augenblick sehr angesagt ist und alles an Preisen abräumt, was es gibt.«

»Ja, klar!« Auch Peter kannte die Gruppe. »Vier Typen. Und keiner weiß, wer sie sind, weil sie immer in diesen Masken herumlaufen! Andauernd, auch bei Interviews, Autogrammstunden und so weiter. Die Hexe, der böse Wolf, der Horrorclown und der Tod.«

»Niemand weiß, wer sich hinter den Masken verbirgt? Die Mitglieder der Band bleiben wirklich die ganze Zeit inkognito?«, fragte Justus.

»So ist es«, bestätigte Bob.

»Na ja.« Peter zuckte die Schultern. »Ihr Manager weiß bestimmt, wer sie sind. Oder der Chef ihres Plattenlabels. Aber sonst niemand, soweit ich das mitbekommen habe. Das Ganze ist ein Marketing-Gag und soll die vier Jungs noch interessanter und bekannter machen.«

»Verstehe.« Justus nickte. »Allerdings fällt es mir sehr schwer, aus den gegebenen Sachverhalten den Rückschluss zu ziehen, dass ich eben von einem Mitglied dieser Band bestohlen worden bin und zwei andere Bob den Weg versperrt haben. Das ließe sich nur schwer nachvollziehen, wenn diese Band tatsächlich so erfolgreich ist, wie du sagst, Dritter.«

Bobs Blick wanderte hinüber zum Musikzelt. »Einerseits hast du recht. Andererseits hält sich FMTM zurzeit in Rocky Beach auf.«

»Hier? Jetzt?« Peter machte große Augen. »Bei uns? Wieso das denn?«

»Sie sitzen in der Jury des Hip-Hop-Wettbewerbs. Und es ist ihr Label, das den ersten Preis ausgeschrieben hat.«

Peter sah seinen Freund mit offenem Mund an. »Dann war es tatsächlich einer von FMTM, der uns beklaut hat? Das glaub ich nicht!«

»So wird es wohl auch nicht sein«, sagte Justus.

»Nicht?«

»Wieso?«

»Seht mal da drüben.« Justus deutete nach rechts zu einer hölzernen Verkaufsbude, deren First ein großes Schild mit den Buchstaben FMTM zierte.

»Na super!« Peter ließ die Schultern hängen.

»Das könnte einiges erklären«, meinte Bob.