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In den Santa Monica Mountains wollen die drei ??? ein entspanntes Camping-Wochenende genießen. Doch ihre Ruhe wird schnell gestört, als sie bei einem Wasserfall ein ungewöhnliches, abgestorbenes Stück Wiese in Dreiecksform finden. Die Detektive sind sofort neugierig, ohne zu wissen, dass dieser seltsame Fund sie in ein rätselhaftes Abenteuer stürzen wird. Was zunächst wie ein harmloser Ausflug aussieht, entpuppt sich schnell als der Beginn eines neuen Falls. Justus, Peter und Bob müssen ihre detektivischen Fähigkeiten erneut unter Beweis stellen, um das rätselhafte Geheimnis zu lösen. Ein neuer Kriminalfall für die beliebten Detektive aus Rocky Beach.
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Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2025
und das weiße Augeerzähltvon Marco Sonnleitner
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin.
Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg, auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941–24. Dezember 2009)
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Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-50902-9
Redaktion: Anne Pagel
Lektorat: Nina Schiefelbein
E-Book-Konvertierung: TEXT & BILD, Michael Grätzbach
»Wirklich irre!« Peter Shaw machte einen kleinen Schritt nach vorne und streckte die Hand aus. Keine zwei Meter vor ihm strömten gewaltige Wassermassen über die Höhlenöffnung hinweg und stürzten tief unten donnernd in das Flussbett. Es sah aus wie ein schillernder Vorhang aus milchigem Glas, wie ein gewaltiger, flirrender Bildschirm aus weißem Rauschen.
»Die brüllenden Nebel«, sagte Justus Jonas. »So hat das indigene Volk der Chumash diese Wasserfälle einst genannt. Eine durchaus treffende Bezeichnung, wie ich finde. Von außen sieht das noch viel spektakulärer aus.«
»Glaube ich gern.« Peter tat noch einen Schritt vor.
»Pass auf! Da vorne ist alles nass und bestimmt rutschig.« Bob Andrews fasste seinen Freund am Jackensaum.
»Jaja, keine Sorge. Gib mir mal deine Hand. Ein kleines Stück noch, dann kann ich in den Wasservorhang greifen.«
»Aber nicht zu weit«, mahnte ihn Justus. »Der Salmon River fließt etwa fünf Meter über unseren Köpfen auf die Fallkante zu. Das runterrauschende Wasser hat hier auf unserer Höhe schon eine enorme Kraft, die dich unweigerlich mit in die Tiefe reißen wird, wenn du dich ihr zu sehr aussetzt.«
»Ja, Dad. Hab’s verstanden.« Peter griff nach hinten.
Bob packte die Hand seines Freundes, hielt sie ganz fest und sah nach oben zur Höhlendecke. Die Vorstellung, dass nur fünf Meter über ihnen ein reißender Fluss über einen Felsabbruch schoss, hatte etwas zutiefst Beunruhigendes. Und zugleich fühlte er sich zwischen den mächtigen Steinwänden dieser uralten Höhle auch irgendwie sicher und geborgen. Dasweiße Auge wurde sie von den Chumash genannt, wie Justus ihnen auf dem Weg hierher erzählt hatte. Angesichts des glitzernden und flimmernden Ovals vor ihnen ein absolut passender Name, wie Bob fand.
Peter lehnte sich noch ein Stück weiter nach vorne, dann konnte er mit seiner linken Hand in den brausenden Wasserschleier fassen. »Der Hammer! Was für ein Druck. Und du meintest, Just, dass man draußen neben der Höhlenöffnung über einen schmalen Grat hinter dem Wasserfall ins Freie laufen kann? Ohne nass zu werden?«
»Ja, nach links, von hier aus gesehen, sagt der Wanderführer«, rief Justus. »Und ›balancieren‹ trifft es wohl besser. Aber jetzt komm wieder zurück.«
»Gleich.« Der Zweite Detektiv stand nun schräg wie im starken Gegenwind. Er hob seine Hand ein wenig an, sodass ein winziges Fenster im Wasservorhang entstand. »Seht mal. Jetzt kann man da durchgucken. Man sieht ganz deutlich die beiden –«
»Peter!« Justus und Bob schrien fast gleichzeitig und so laut, dass die Höhlenwände bebten.
Peters rechter Fuß war weggerutscht. Er schlug hart mit dem linken Knie auf dem Felsboden auf, zog Bob ein gutes Stück nach vorne und ragte plötzlich mit dem ganzen Kopf über die Kante der Höhle. Seine Haare wurden vom Luftsog der Sturzfluten aufgewirbelt, seine Nasenspitze war keine zehn Zentimeter mehr von dem Wasservorhang entfernt. Gelähmt vor Schreck starrte der Zweite Detektiv in ein brodelndes und schäumendes Chaos aus Wasser und Gischt, das zwanzig Meter unter ihm das Tosbecken des Wasserfalls in ein tödliches Inferno verwandelte. Eisiges Grauen überlief ihn. Dann riss ihn ein Ruck nach hinten.
»Mann, Peter!« Bob schaute seinen Freund aus weit aufgerissenen Augen an. Immer noch umklammerte er dessen Hand. »Was war das denn?«
»Bin … ausgerutscht.« Der Zweite Detektiv konnte kaum atmen, so tief saß der Schock.
»Du musst es aber auch immer übertreiben.« Justus, dem ebenfalls der Schreck ins Gesicht geschrieben stand, schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Das wäre beinahe ins Auge gegangen. Komm jetzt weg da.« Er wedelte energisch mit der Hand. »Weg von der Kante.«
Peter robbte auf dem Hosenboden ein Stück zurück in die Höhle. Immer noch schlug ihm das Herz bis zum Hals. »Tut mir leid, Kollegen«, sagte er zerknirscht. »Ich dachte nicht, dass es so rutschig ist.«
»Ich habe es dir doch gesagt.« Bobs Miene entspannte sich ein wenig. »Geht es dir gut?«
»Noch ziemlich zittrig, sonst ist alles okay.« Peter stand vorsichtig auf. »Aber ich würde jetzt gerne ein bisschen frische Luft schnappen, wenn’s recht ist.«
Die drei Jungen hoben ihre Rucksäcke auf, die sie etwas abseits abgestellt hatten, und verließen die hinterste Höhlenkammer des Weißen Auges. Auf dem Weg nach draußen verengte sich zunächst der Stollen, sodass sie nur hintereinander gehen konnten. An zwei Stellen wurde der Gang sogar so schmal, dass sie mit ihrer Kleidung an den kalten Steinwänden entlangschabten. Endlich tauchte die extra angelegte Betontreppe vor ihnen auf, die sie wieder hinauf zur Hochebene brachte.
»Puh!« Peter atmete dort oben erst einmal tief durch und stützte sich auf seine Knie. Vor sich hörten sie das Rauschen des Salmon River, der etwa dreißig Meter entfernt durch einen kleinen Canyon floss. Von hier aus sah man aber nur die Spitze eines großen Felsens, der sich mitten im Fluss befinden musste. Kurz dahinter stürzte dieser über die Fallkante hinunter in die Tiefe.
»Ich würde vorschlagen, wir suchen uns jetzt einen Platz, wo wir unser Zelt aufbauen.« Justus deutete nach Westen. »Die Sonne geht in zwei Stunden unter und ich denke, wir hatten für heute genug Aufregung.«
»Wie wäre es noch mit einer kleinen Raftingtour auf dem Fluss?« Peter grinste so kläglich, dass Justus und Bob lachen mussten.
»So siehst du aus, Zweiter.« Bob klopfte ihm auf den Rücken. »Los. Wir suchen uns eine schnuckelige Stelle für das Zelt, kochen uns die leckeren Bohnen, die wir dabeihaben, und dann erzählen wir uns bis tief in die Nacht Gruselgeschichten.«
Peter nickte, hielt dann aber kurz inne und sah auf Bobs Ärmel. »Du bist da ganz blau.«
»Blau?« Der dritte Detektiv drehte seinen Arm nach innen und begutachtete seine Jacke. »Tatsächlich. Wie blaues Glitzerpuder. Wo kommt das denn her?«
»Das ist Sinter von den Höhlenwänden«, erklärte Justus. »Genauer gesagt, ist es Opalsinter. Daher die bläuliche Färbung. Es ist eine sehr seltene mineralische Inkrustation, die nur in äußerst wenigen Höhlen entsteht. Das Weiße Auge ist bekannt dafür, weil man hier mit die größten Vorkommen dieser geologischen Substanz finden kann. Sinter bildet sich durch –«
»Just?« Peter schüttelte den Kopf.
»Ja?«
»Könnten wir das auf später verschieben? Mir ist immer noch ziemlich schwindelig und dein Vortrag macht das gerade nicht besser.«
Eine steile Falte bildete sich zwischen den Brauen des Ersten Detektivs. Er konnte es gar nicht leiden, wenn er in seinen Ausführungen unterbrochen wurde. »Dann nach dem Essen. Denn dieses geologische Phänomen ist wirklich äußerst interessant.«
»Ja. Nach dem Essen. Oder besser noch nächstes Jahr.« Peter setzte sich lachend in Bewegung.
Die Jungen waren in den Ferien für ein paar Tage in die Santa Monica Mountains gefahren. Zusammen hatten sie eine Tour abseits der viel besuchten Wanderwege geplant und sich Proviant für drei Tage mitgenommen. Und natürlich hatte es sich der Erste Detektiv nicht nehmen lassen, vorher interessante Orte ausfindig zu machen, die auf ihrer Route lagen und die sie möglicherweise besuchen konnten. So zum Beispiel das Weiße Auge, diese spektakuläre Höhle, die lange Zeit nur die Chumash gekannt hatten, weil ihr ehemals einziger – und sehr gefährlicher – Zugang hinter dem tosenden Wasserfall des Salmon Rivers verborgen gelegen hatte.
Die drei ??? betraten nun einen Pfad, der sie über zahlreiche Kehren von der Hochebene in eine Talsenke brachte. Dort stießen sie auf einen breiten Feldweg, der nach kurzer Zeit an einer üppig blühenden Blumenwiese vorbeiführte. Sie war rundum von Laub- und Nadelwald umgeben, mitten hindurch schlängelte sich ein idyllisch plätschernder Bach.
Justus blieb stehen und nickte. »Ideal, Kollegen. Hier bleiben wir. Wir können das Zelt gleich da vorne in der Bachschleife aufstellen. Und auf dem sandigen Uferstreifen lässt sich sogar gefahrlos ein kleines Lagerfeuer machen.«
Peter und Bob waren sofort einverstanden. Einen besseren Platz zum Zelten konnten sie kaum finden. Und weit und breit niemand zu sehen. Die drei Jungen verließen den Feldweg, schritten durch die kniehohe Wiese und hielten auf die Bachschleife zu, die Justus ausgemacht hatte. Dort legten sie ihre Rucksäcke ab und sahen sich um.
»Perfekt«, befand Peter.
»Wenn ihr schon mal alles aufbaut, sammle ich ein wenig Brennholz.« Bob deutete Richtung Wald.
»Aber schreck keinen Bären auf, ja?« Peter sah seinen Freund an. »Oder noch schlimmer, ein Stinktier.«
»Ich tue mein Bestes.« Der dritte Detektiv lachte und machte sich auf den Weg.
Aber keine fünf Minuten später war er schon wieder zurück. Ohne Brennholz, dafür mit einem sehr verwunderten Gesichtsausdruck. »Das solltet ihr euch ansehen, Kollegen.« Bob deutete über seine Schulter. Seine Stimme klang seltsam belegt.
»Was denn?« Justus hörte damit auf, die Zeltstangen ineinanderzustecken. Irgendetwas stimmte nicht.
»Kommt einfach mit.« Bob drehte sich um und lief ohne ein weiteres Wort voraus. Der Teil des Waldes, auf den er zuhielt, war durch dichte Büsche begrenzt. Dahinter sorgten gedrungene Kiefern für ein undurchdringliches Dunkel. Direkt davor …
Justus kniff im Näherkommen die Augen zusammen. »Was ist das denn? Hat es da gebrannt?«
Ein Teil der Wiese hier war dunkelgrau, fast schwarz. Kein einziger grüner Grashalm war dort zu sehen, keine Blume. Und als die Jungen davorstanden, wurde es noch merkwürdiger.
»Das ist ja ein Dreieck.« Peter zeichnete die Linien des Areals mit dem Finger in der Luft nach. Die Seiten maßen jeweils etwa vier bis fünf Schritte. »Und dieses eine Bäumchen da …« Der Zweite Detektiv betrat vorsichtig das tote Gras und zog an dem dürren Baumskelett, das exakt in der Mitte des Dreiecks aus dem Boden ragte. Es war ebenfalls ohne jedes Leben und jede Farbe und Peter konnte es mühelos aus dem Erdreich ziehen. Die wenigen Wurzeln hingen wie riesige Spinnenbeine nach unten. Tote Spinnenbeine.
»Abgestorben.« Peter schüttelte das Bäumchen, und ein paar dürre Blätter rieselten ins Gras. »Was ist das hier?«
»Dafür gibt es meines Erachtens keine biologische Erklärung«, befand Justus und ging in die Hocke, um das Gras zu befühlen. »Dieses Phänomen lässt sich nur erklären, wenn man davon ausgeht, dass –«
»Just!«, zischte Bob und zeigte ins Unterholz vor ihnen.
Den Jungen stockte der Atem. Aus dem Dunkel des Dickichts starrten sie zwei kleine, rot glühende Augen an.
Im nächsten Moment war das Augenpaar verschwunden. Verschluckt von der Finsternis des Unterholzes.
»Ihr … habt das auch gesehen, oder?«, flüsterte Peter.
Bob nickte stumm.
Justus schluckte. »Könnten Lichtreflexe der untergehenden Sonne gewesen sein.« Er klang alles andere als überzeugt.
»Die Sonne ist vor uns, Just.« Bob deutete in den Wald hinein nach Westen. »Und worauf soll sie sich spiegeln? Auf Ästen oder Blättern?«
»Dann lasst uns dem auf den Grund gehen.« Justus straffte sich. »Es gibt ganz bestimmt eine äußerst einfache Erklärung für dieses Phänomen, und wenn wir die kennen, können wir alle viel besser schlafen.«
»Könntest du dieses Wort vielleicht eine Weile nicht mehr benutzen? Und ich gehe da sicher nicht rein.« Peter machte eine eindeutige Geste.
»Welches Wort?«
»Phänomen.«
»Aber das ist doch nur ein Wort.«
»Das du seit einer halben Stunde dauernd für gruselige Sachen verwendest.«
»Aber das hat doch nichts mit dem Wort zu tun.«
»Egal. Tu es einfach. Mir zuliebe.«
»Und was bitte ist an Opalsinter gruselig?«
Peter stöhnte leise. »Just, könntest du einfach mal –«
»Flaky! Flaaaaky!« Eine laute Stimme hallte über die Wiese.
Die drei drehten sich um. Am anderen Ende der Freifläche, in etwa dort, wo sie vorhin den Feldweg verlassen hatten, entdeckten sie eine ältere Frau. Sie hielt eine Hand an den Mund und die andere zum Schutz vor der Sonne an die Stirn. Dabei drehte sie sich dauernd nach links und nach rechts und immer wieder auch nach hinten. »Flaky!«
»Hört sich an, als würde sie ihren Hund suchen«, riet Bob.
Peter wandte sich noch einmal zum Dickicht um und nickte hinein. »Flaky?«
»Es gibt keinen Hund mit roten Augen, Zweiter. Aber es gibt Leuchthalsbänder mit roten Dioden. Kommt mit, Kollegen.« Justus marschierte los.
»Gut, dass du immer auf alles eine Antwort hast.« Peter folgte ihm. »Aber der Hund von Baskerville hat rote Augen. Zumindest der im Film.«
Wenig später hatten sie die Frau erreicht. Sie war um die siebzig, hatte ein gutmütiges Gesicht und fiel vor allem durch ihre verwegene, braun gefärbte Dauerwelle sowie einen hellgrünen Jogginganzug auf, der vor ungefähr vierzig Jahren modern gewesen sein mochte. Als sie die Jungen auf sich zulaufen sah, verließ sie ebenfalls den Feldweg und kam ihnen auf der Wiese entgegen.
»Habt ihr einen kleinen weißen Hund gesehen? So groß ungefähr.« Sie fuchtelte mit den Händen herum, um die Größe zu beschreiben. »Ein Pudel. Flaky. Er ist mir davongelaufen. Das hat er noch nie gemacht. Irgendetwas muss ihn erschreckt haben.« Die Wangen der Frau glühten und sie atmete viel zu schnell.
»Guten Tag«, begrüßte sie Justus. »Nein, tut uns leid. Aber trägt Ihr Hund vielleicht ein Leuchthalsband mit roten Dioden?«
»Was?« Die Frau sah Justus an, als sei er nicht ganz bei Trost. »Nein. Unsinn. Wie kommst du darauf? Er hat ein ganz feines silbernes Kettchen um seinen Hals. Mit einem Schildchen, auf dem sein Name steht. Flaaaky! Mäusekind!«
»Wir helfen Ihnen gerne beim Suchen«, sagte Bob.
»Ja, das wäre furchtbar nett von euch. Einfach anlocken, wenn ihr ihn seht. Auf Zuckerschnäuzchen hört er auch. Oder Mäusekind. Und dann so ein bisschen mit den Fingern zwirbeln.« Sie rieb die Fingerspitzen aneinander. »Als hättet ihr ein Leckerli. Hier, ich gebe euch ein paar.« Sie fasste in die Tasche, holte eine Handvoll undefinierbarer, klebriger Klümpchen daraus hervor und drückte sie Peter in die Hand. Dann lief sie weiter. »Flaky! Zuckerschnäuzchen! Komm zu Mama.«
Der Zweite Detektiv sah ihr mit hochgezogener Stirn hinterher. »Also kein Leuchthalsband.«
Justus ging nicht darauf ein. »Kommt, Kollegen. Finden wir Flaky.«
Sie teilten sich auf. Während die Frau weiter dem Feldweg folgte, wollte Peter diesen in entgegengesetzter Richtung zurücklaufen. Verängstige Hunde, so seine Erfahrung, kehrten oft schnurstracks dorthin zurück, wo sie sich am sichersten fühlten: zu Hause. Justus nahm sich die eine Hälfte der Wiese vor, Bob die andere.
»Falls keiner von uns Flaky entdeckt, treffen wir uns bei diesem merkwürdigen Dreieck wieder.« Der Erste Detektiv deutete zu der Stelle.
»Alles klar.«
»Okay.«
In den nächsten zehn Minuten hallte von überallher Flakys Name durch die Talsenke. Oder Mäusekind. Oder Zuckerschnäuzchen. Wie ein Echo mit vier verschiedenen Stimmen. Justus und Bob durchkämmten das zum Teil kniehohe Gras, immer in der Hoffnung, nicht plötzlich auf einen winselnden Pudel zu stoßen, der sich verletzt hatte und nicht mehr laufen konnte. Auch den ganzen Bachlauf suchten sie ab. Vielleicht hatte sich Flaky in die Höhle einer Bisamratte gebuddelt und gerade so viel Spaß wie nie zuvor in seinem Leben. Es gab allerdings auch noch die schlimmste Variante. In der Gegend gab es Kojoten, Füchse und sogar Pumas. Diese Raubtiere mieden Menschen, solange sie sich nicht bedrängt fühlten. Aber so ein kleiner weißer Pudel war für einen Puma ein leckerer Haps zwischendurch …
Peter kehrte schließlich um. Die Talsenke öffnete sich nach einigen hundert Metern, ab hier führte der Waldweg noch ein wenig bergab auf ein dichtes Waldstück zu. Der Zweite Detektiv glaubte, das Geräusch eines fahrenden Autos zu hören. Offenbar lag hinter den Bäumen eine Straße. Doch da Peter nicht wusste, wo die Frau wohnte und ob er an der Straße rechts oder links laufen musste, machte es wenig Sinn, hier weiter nach Flaky zu suchen. Außerdem wollte er sich nicht zu weit von den anderen entfernen.
Als sich der Zweite Detektiv dem Treffpunkt näherte, standen etwas abseits davon bereits Justus und Bob und unterhielten sich mit der Frau.
»Und das ist Peter«, stellte ihn Justus vor.
»Hallo, Peter.« Die Frau, die jetzt sehr bedrückt wirkte, gab ihm eine schlaffe Hand. »Ich bin Rosalind Harker. Danke auch dir, dass du mit nach Flaky gesucht hast. Keine Spur von ihm, oder?«
Peter schüttelte den Kopf. »Nein, tut mir leid.«
Mrs Harker seufzte schwer und sah sich um. »Wo kann der kleine Ausreißer denn nur sein? Hoffentlich ist ihm nichts Schlimmes passiert.«
»Vielleicht ist er in den Wald dort gelaufen.« Bob zeigte in das Dunkel der Bäume vor ihnen. »Weil er etwas gerochen hat.«
»Aber das hat er doch noch nie gemacht. Und wir gehen hier jeden Tag entlang.«
»Ja, aber es gibt für manche Hunde Gerüche, die sie so verlockend finden, dass sie alles andere vergessen«, sagte Peter.
»Gerüche? Was denn für Gerüche?«
»Der Hund unserer Nachbarn findet zum Beispiel verfaulende Tierkadaver unwiderstehlich. Da wälzt er sich dann drin.«
»Igitt! Das ist ja widerlich! Das würde mein Mäusekind nie tun. Niemals.«
»Werden hier in der Gegend vielleicht Fallen aufgestellt?«, wollte Justus wissen.
»Fallen?« Mrs Harker erbleichte. »Um Himmels willen! Du denkst …?«
»Wir sollten uns in jedem Fall auch im Wald umsehen«, schlug Bob vor. »Kann ja nicht schaden.«
Mrs Harker nickte unentschlossen. »Na, wenn ihr meint, dann … ist das wohl eine gute Idee.«
Justus deutete auf das graue Dreieck links von ihnen. »Ich hätte vorher noch eine Frage: Sie sagten eben, Sie kämen jeden Tag hier vorbei. Ist Ihnen dabei schon einmal dieses seltsame Stück Wiese aufgefallen?«
Mrs Harker wandte den Kopf. »Ach, du meine Güte.« Sie trat auf das Dreieck zu. »Das sehe ich ja erst jetzt. Schon wieder? Das wird ja immer unheimlicher.«
Die drei ??? schauten sich an. Schon wieder?
»Wollen Sie damit sagen, dass Ihnen ein Dreieck wie dieses schon einmal begegnet ist?«
»Nein. Ich will damit sagen, dass in den letzten Tagen schon ein paar andere Dinge plötzlich so …«, sie zeigte mit dem Finger auf die Stelle, »schwarz oder grau oder leblos geworden sind. Das hier ist neu, das war gestern noch nicht so.«
»Ein paar andere Dinge? Was denn?«, fragte Peter.