Die drei ??? und der grüne Kobold (drei Fragezeichen) - Marco Sonnleitner - E-Book

Die drei ??? und der grüne Kobold (drei Fragezeichen) E-Book

Marco Sonnleitner

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Beschreibung

Ein grüner Kobold mit blechernem Herzschlag, der nachts über die Flure geistert. Wahrlich keine gute Werbung für ein Hotel und eher abschreckend für Gäste. Außer es handelt sich um Justus, Peter und Bob! Während Tante Mathilda und Onkel Titus nach der unheimlichen Begegnung das Weite suchen, begeben sich die Detektive auf direktem Weg in das Hotel. Keine Sekunde glauben sie, dass Kobolde wirklich existieren. Bis die drei ??? die Aufzeichnungen der Überwachungskamera zu Gesicht bekommen und sich eingestehen müssen: Dieser Kobold sieht ziemlich echt aus …

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Seitenzahl: 148

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und der grüne Kobold

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2018, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-14960-7

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Schock in der Nacht

Das bedrohliche Donnern des Basses ging durch Mark und Bein. Wie die Schritte eines Riesen, der sich langsam, aber unaufhaltsam näherte.

»Ich kann nicht hingucken, ich kann gar nicht hingucken!« Peter Shaw rutschte auf dem Sofa noch ein Stück weiter nach unten und zog sich die karierte Wolldecke über den Kopf. »Gebt mir Bescheid, wenn’s vorbei ist!«

Sein Freund und Detektivkollege Bob Andrews schob sich eine Handvoll Popcorn in den Mund. »Immer noch Schneesturm. Man sieht gar nichts. Wirklich superspannend dieser Film.« Genüsslich mampfend drehte er den Kopf nach links. »Ist das so ein Whiteout, Justus?« Er nickte zu der DVD-Hülle, die neben ihm auf dem Sofa lag. Der Titel des Films, Whiteout, prangte in großen weißen Lettern über dem angsterfüllten Gesicht der Hauptdarstellerin.

»Nein.«

»Was passiert denn da?«, kam es dumpf unter Peters Decke hervor. Zu den Basstönen gesellte sich jetzt noch ein fieses, disharmonisches Quietschen. So als würde ein Messer über Geigensaiten streichen. »Hat er sie schon erwischt?«

Justus Jonas, der Kopf der drei ???, griff in die Schale mit Käsecrackern. »Ein Whiteout ist ein meteorologisches Phänomen, das nur bei Schnee in Kombination mit eingeschränkter Sonneneinstrahlung auftritt. Durch die diffuse Reflexion des Sonnenlichtes kommt es zu einer Kontrastverminderung –«

»Just, nicht jetzt!«, unterbrach ihn die Stimme unter der Decke. »Du machst mit deinem Gelaber die ganze Spannung kaputt!«

»Gelaber! Du siehst doch sowieso nichts.«

»Ja, weil ich vor lauter Spannung nicht hinschauen kann!« Eine Hand kam unter der Decke hervor und schnappte auf und zu. »Ich muss dringend was trinken. Kann mir mal einer meine Cola geben, bitte?«

Die musikalische Untermalung des Thrillers entspannte sich wieder ein wenig. Der Bass wurde leiser, das Messer quietschte ein letztes Mal auf der Geige.

Bob griff hinter sich, nahm die Colaflasche und drückte sie Peter in die Hand. »Ich glaube, der kriegt sie jetzt doch noch nicht. Du kannst wieder rauskommen, Ironman.«

»Sicher?«

»Der Schneefall wird auch weniger. Die Luft ist rein.«

Peter schob seinen Kopf unter der Decke hervor und linste vorsichtig zum Fernseher. »Der Typ kommt doch sicher gleich zurück.«

»Ja, aber dann kann unser Superheld ja wieder in seine sichere Kuschelhöhle abtauchen.« Bob grinste Peter an und hielt ihm die Popcornschüssel hin. »Nervennahrung?«

Kuschelhöhle. Das ganze Wohnzimmer der Familie Jonas glich im Augenblick einer Kuschelhöhle. Die drei Jungen hatten alle Sofas und Sessel zu einer einzigen großen Sofaburg zusammengeschoben, hatten alle verfügbaren Decken und Kissen darauf drapiert und sich Liegeplätze daraus gebaut. Auf dieser Sofaburg und um sie herum lagen und standen strategisch günstig Chipstüten, Schälchen mit Marshmallows, Crackern, Popcorn, die Reste der Familienpizza Hawaii, die sie sich hatten liefern lassen, sowie diverse Getränke. Justus war der Herr über die Fernbedienung, Bob verwaltete die DVDs, die sie sich in dieser Nacht noch ansehen wollten, und Peter sorgte aus einer Kiste am Boden für Nachschub, falls mal eine Tüte, Schale oder Flasche leer war. Die Rollläden waren heruntergelassen, die Vorhänge zugezogen, das Licht gedimmt und draußen regnete es seit dem Nachmittag unaufhörlich und wie aus Eimern.

Tante Mathilda und Onkel Titus wären natürlich alles andere als begeistert gewesen, wenn sie gesehen hätten, was die drei Detektive in ihrem Wohnzimmer angerichtet hatten. Und wo sich im Moment überall Chipskrümel und Pizzabrösel befanden. Aber die beiden waren nicht da. Sie waren ausgeflogen. Und das sogar für drei Tage.

Als Whiteout zu Ende war, krabbelte Bob zum DVD-Player, um den Film zu wechseln. »Dein Onkel war nicht besonders glücklich über den Ausflug, oder? Deine Tante musste ihn ja förmlich aus dem Haus schleifen.«

Justus zuckte die Schultern. »Er hasst es, den Schrottplatz alleine lassen zu müssen, aber Tante Mathilda bestand darauf, dass er mitkommt.«

»Und deine Tante hat den Hotelaufenthalt tatsächlich mit einem Anruf gewonnen?« Peter schob zwei verrutschte Teile der Sofaburg wieder zusammen.

»Ja. Sie rief während irgendeiner ihrer Kochsendungen genau zum richtigen Zeitpunkt im Studio an und gewann ›einen dreitägigen Aufenthalt für zwei Personen im Hotel Lakshmi – all-inclusive‹!«

»Ist das dieser Wellness-Tempel bei Malibu, über den ab und zu was in der Zeitung steht?« Bob holte Whiteout aus dem DVD-Player und legte einen »Vampirschocker« ein, wie die Beschreibung auf der Hülle den Streifen anpries. Es war kurz vor Mitternacht und sie hatten sich darauf geeinigt, dass das jetzt der passende Film sei.

»Mehr als das.« Justus klaubte ein paar Crackerkrümel auf. Den Rest musste morgen der Staubsauger erledigen. »Es handelt sich dabei um ein veganes, bio-zertifiziertes Wellness-Hotel, das auf Ganzheitlichkeit, Nachhaltigkeit und seelische und spirituelle Stärkung und Erneuerung setzt.«

»Und auf so was steht deine Tante? Vegan und bio und spirituell und so?«, wunderte sich Peter. »Komisch. Ich hab sie noch nie bei Vollmond mit Räucherstäbchen um euren Kirschbaum tanzen sehen.«

Justus lachte. »Sie meinte, einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.«

»Fertig!« Bob robbte wieder zurück auf seinen Platz. »Die Symphonie der Unterwelt kann starten.«

Wirklich schockierend war der Vampirschocker aber dann doch nicht. Die Effekte waren billig, die Schauspieler zweitklassig, die Story an den Haaren herbeigezogen. Peter schlief mit einer Chipstüte im Arm als Erster ein. Nicht lange danach versank Bob im Sitzen und mit offenem Mund im Land der Träume und kurz darauf kippte Justus’ Kopf auf Bobs Schulter. Dabei fiel ihm die Limoflasche aus der Hand und das gelbliche Gebräu sickerte leise und langsam in Tante Mathildas Lieblingssessel.

»Ja … was ist denn hier passiert?«

Justus schlug die Augen auf. Er verschluckte sich und atmete schnarchend ein. Was war das? Der Fernseher? Auf dem Bildschirm stieg der Vampir gerade in seinen Sarg. Der Film lief also noch, er konnte nicht lange geschlafen haben.

»Justus!«

Der Erste Detektiv zuckte zusammen. »Onkel … Titus?« Er rieb sich die Augen und sah noch mal genau hin.

Sein Onkel stellte sich demonstrativ zwischen Sofaburg und Fernseher. »Was soll das …« Er breitete die Arme aus und sah sich ungläubig um. »Was zum Teufel ist hier los?«

Bob gab schmatzende Geräusche von sich und rieb sich wohlig seine Nase an der Wolldecke. Davon wachte Peter auf, drehte sich zur Seite und kippte dabei die restlichen Chips auf das Sofa.

»Aber ich dachte … Was … machst du hier?« Justus fühlte, wie ihm das Blut in den Kopf strömte. Nicht gut! Seine Hand ertastete etwas Nasses und aus dem Augenwinkel bemerkte er, wie sich Peter schlaftrunken in Chips wälzte. »Es ist …«, Justus sah zur Kuckucksuhr an der Wand, »… kurz nach zwei Uhr nachts! Ich dachte, ihr seid im Hotel?«

»Da waren wir auch. PETER!«

Der Schrei ließ den Zweiten Detektiv hochfahren. »Was? Wo? Hier!«

»Du badest in Chips! Auf meinem Sofa!«

»Oh!«

Auch Bob war jetzt wach. Zumindest fast. »Ähm, guten Tag … Morgen, Mr Jonas. Schön, Sie zu …« Er stutzte. »Oh Gott! Was machen Sie hier?«

»Ich …«, Onkel Titus’ Arme bewegten sich, als wolle er schwimmen, sein Blick drückte Entsetzen aus, »… wohne hier! Ha-hab hier mal gewohnt.«

Erst jetzt fiel Justus auf, dass Tante Mathilda noch gar nichts gesagt hatte. Wo war sie überhaupt? Er drehte den Kopf nach hinten. Da stand sie. In der Wohnzimmertür.

»Hallo, Tante Mathilda.« Justus hob zaghaft die Hand und lächelte schief. »Ich … kann das erklären.«

Wortlos ging Tante Mathilda zur Sofaburg und ließ sich mit ihrer Handtasche auf den Rand der Couch nieder. Sie atmete ein paarmal ein und aus und sah dabei zur gegenüberliegenden Wand. »Bringst du mir bitte ein Glas Wasser, Liebling?«, sagte sie mit dünner Stimme.

»Natürlich.« Onkel Titus warf den drei Jungen noch einen finsteren Blick zu und verschwand im Flur.

»Tante Mathilda?« Justus beugte sich nach vorne. »Es ist wirklich nicht so schlimm, wie es aussieht. Wir machen das alles wieder sauber. Sofort, wenn du willst.«

»Picobello.« Bob nickte.

»Versprochen«, sagte Peter kleinlaut.

Tante Mathilda drehte langsam den Kopf. »Was?«

Justus blinzelte verwirrt. Was war mit seiner Tante los? Saß der Schock so tief? »Na, diese … Unordnung hier. Und so.«

»Ich glaube, der Saustall ist deiner Tante im Moment herzlich egal.« Onkel Titus war zurück und reichte seiner Frau ein Glas Wasser. »Hier, mein Schatz.«

»Egal? Im Moment? Wieso? Was … ist denn los?«

Onkel Titus sah erst mitfühlend seine Frau an, dann die drei Jungen. »Im Hotel … hat es gespukt!«

Eine unheimliche Begegnung der grünen Art

»Es hat was?«

»Gespukt?«

»Im Hotel?«

Tante Mathilda nippte noch einmal an ihrem Wasserglas. »Es war ein Gnom. Oder eher ein Kobold«, sagte sie, den Blick immer noch auf die Wand gerichtet. »In Das Volk der Krallenhände sahen die Kobolde jedenfalls genauso aus.«

Tante Mathildas Vorliebe für Horrorfilme war jedem im Raum bekannt, daher überraschte dieser Vergleich niemanden. Aber ein Kobold in einem Hotel? In der Realität?

Justus rutschte auf dem Sessel nach vorne und setzte sich neben seine Tante. Sie war blass im Gesicht und mit ihren Gedanken ganz weit weg. »Wo hast du ihn gesehen? Bist du ihm begegnet?«

»Sie konnte nicht schlafen«, sagte Onkel Titus. »Du weißt ja, dass sie die erste Nacht in einem neuen Bett oft schlecht schläft.«

Justus nickte, schaute dabei aber unverwandt seine Tante an. »Und da bist du aufgestanden und herumgelaufen?«

»Ja. Ich wollte raus und frische Luft schnappen. Auf der Dachterrasse. Sehr schön da oben. Wundervolle Aussicht.« Tante Mathilda nippte abermals. »Ich bin mit dem Lift nach oben gefahren und durch die Glastür rausgegangen. Der Sternenhimmel war wunderbar. Es war vollkommen dunkel und ganz still. Zunächst. Aber dann hörte ich dieses Pochen.«

»Ein Pochen?« Bob schälte sich aus seiner Decke und kroch ebenfalls nach vorne zum Rand der Sofaburg. »Was meinen Sie mit Pochen?«

»Erst dachte ich, da klopft jemand mit einem Löffel auf eine alte Dose oder so. Ganz schnell. Aber es war sein Herz.«

»Sie haben sein Herz gehört?« Peter spürte, wie es ihn unter der Decke fröstelte.

»Jawohl, sein Herz. Ich ging ein Stück weiter nach vorne, um nachzusehen, was da war. Und hinter diesem Kastendings stand er. Tief gebückt, mit einem schrecklich verkrümmten, zotteligen Rücken. Und einem leuchtenden grünen Gesicht.«

Der Zweite Detektiv schnappte hörbar nach Luft. Justus und Bob warfen sich fragende Blicke zu.

Tante Mathilda wandte sich um und sah die Jungen nun zum ersten Mal an. »Jetzt konnte ich sein Herz ganz deutlich hören. Es pochte unregelmäßig und sehr langsam. Tack, tack-tack«, ahmte sie das Geräusch nach. »Dann plötzlich setzte es aus, sein Gesicht erlosch und ich hörte, wie er davonlief.«

Peter überlegte für einen Moment, ob er fragen sollte, was Tante Mathilda zum Abendessen getrunken hatte. Ein paar Gläschen Wein zu viel vielleicht? Aber irgendwie nahm er ihr die Sache ab. Sie klang nicht, als ob sie sich da etwas zusammenfantasierte. Auch wenn diese Geschichte schier unglaublich klang.

»Hat er Sie gesehen?«, fragte Bob. »Ist er vor Ihnen geflohen?«

»Ich weiß es nicht.«

»Wohin lief er?«, wollte Justus wissen.

Mathilda Jonas zuckte die Schultern. »In die Dunkelheit. Weg von mir. Es war stockfinster und es hat mich in dem Moment wirklich nicht interessiert, wohin der Kobold lief. Ich war zu Tode erschrocken.«

»Natürlich«, beeilte sich der Erste Detektiv zu sagen. »Verständlich.«

»Sie war selbst ganz grün im Gesicht, als sie mich weckte und mir davon erzählte.« Onkel Titus nahm seiner Frau das leere Glas aus der Hand und stellte es auf die Anrichte. »Ich bin sofort nach oben gefahren und habe nachgesehen. Aber da war nichts mehr. Alles ruhig. Dann haben wir den Hotelchef aus dem Bett gescheucht.«

Justus zögerte, bevor er seine nächste Frage stellte. »Aber du bist dir sicher, dass du etwas gesehen hast? Ich meine, es gäbe womöglich noch andere Erklärungen. Eine optische Täuschung, vielleicht eine merkwürdige Beleuchtung, die dir da oben tagsüber nicht aufgefallen ist. Oder du warst doch müder, als du dachtest, und hattest eine Art Wachtraum.«

Tante Mathilda zog die Stirn in Falten. Jetzt sah sie wieder genauso aus, wie Justus sie kannte. Bestimmt, klar, energisch. »Junger Mann, ich bin weder senil noch blind und ich hatte auch nicht zu tief ins Glas geguckt, falls du das andeuten wolltest.«

Also nicht zu viel Wein. Peter machte im Geiste einen Strich durch seinen vorherigen Gedanken.

Justus hob abwehrend die Hände. »Nein, das wollte ich mitnichten –«

»Ich weiß, was ich gesehen habe! Ich habe mich furchtbar erschrocken, ja, aber da hockte jemand auf dem Boden. Grün, behaart, buckelig. Und da ich keinen grünen, behaarten und buckeligen Menschen kenne, dessen Herz blechern pocht, nenne ich diesen Jemand einen Kobold.« Sie überlegte kurz. »Gut, Mr Abernathy, der ab und zu in Mitchells Blumenladen aushilft, hat einen Buckel und ist stark behaart, aber der war nicht im Hotel und ist auch nicht grün im Gesicht.«

»Ich glaube dir ja, ich wollte nur –«

»Will das lieber nicht und glaub mir einfach nur!« Tante Mathilda straffte ihr Kostüm. »Da war jemand. Das habe ich auch Mr Grover unmissverständlich klargemacht.«

»Mr … Grover?«, hakte Bob nach.

»Der Hotelchef«, erklärte Onkel Titus. »Mr Aaron Grover. Wohnt mit seiner Familie im Haus, deswegen konnten wir ihn gleich damit konfrontieren.«

»Und was meinte er zu der Geschichte?«, fragte Peter.

»Nun ja.« Onkel Titus zwirbelte seinen Bart. »Er war sehr freundlich und entgegenkommend. Hat sich sehr aufmerksam angehört, was los war, und sich dann vielmals für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Er bot uns sogar an, unsere Aufenthaltsdauer um zwei Tage zu verlängern.«

»Er hat euch geglaubt?«, wunderte sich Justus.

»Das hat er so nicht gesagt.« Tante Mathildas Gesichtsausdruck wirkte unschlüssig. So als wüsste sie nicht, ob sie empört oder verständnisvoll sein sollte. »Ich meine, er hat nicht gesagt: ›Oh ja, der alte Kobold, der geistert hier häufiger nachts durch die Gänge.‹ Aber er hat auch nicht zu erkennen gegeben, dass er mich für eine überkandidelte alte Schachtel hält, die mal dringend zum Psychiater müsste.«

Peter kicherte, hielt sich aber sofort die Hand vor den Mund. »’tschuldigung.«

Tante Mathilda beließ es bei einem strafenden Blick. »Insofern … Er war sehr nett und hilfsbereit, aber ob er mir wirklich geglaubt hat? Ich denke, eher nicht.«

»Und wofür dann die zusätzlichen Tage?«, wunderte sich Bob.

»Er wollte uns wohl als Kunden nicht verlieren«, meinte Onkel Titus.

»Aber ich wäre um nichts auf der Welt auch nur eine Minute länger in diesem Haus geblieben!« Tante Mathilda stand auf und schüttelte energisch den Kopf. »Und keine zehn Pferde bringen mich da noch einmal rein! Da geht es nicht mit rechten Dingen zu, so viel steht fest! Deswegen haben wir sofort unsere Siebensachen zusammengepackt und sind nach Hause gefahren. Und jetzt lass uns zu Bett gehen, Schatz. Ich muss mich ausruhen.«

Tante Mathilda hängte sich ihre Handtasche in die Ellenbeuge und wandte sich zur Tür. Plötzlich verdüsterte sich ihr Blick und wanderte langsam durchs Wohnzimmer. Bob hatte das Gefühl, dass die Temperatur im Raum mit einem Schlag auf den Gefrierpunkt fiel, und Peter spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Auch Justus hielt die Luft an.

»Ähm, tja, aber dann verfällt ja wohl der schöne Gewinn, oder?« Dem Zweiten Detektiv fiel auf die Schnelle nichts Besseres ein, um möglichst von dem abzulenken, was sonst gleich unweigerlich über sie hereinbrechen würde. »Das schöne Hotelzimmer, das gute Essen, die Ruhe und so. Aber vielleicht –«

Tante Mathilda hob wie in Zeitlupe die Hand und Peter verstummte augenblicklich. »Ich werde jetzt zu Bett gehen«, sagte sie mit Grabesstimme, die Augen auf die zerbröselten Chips neben Peter geheftet. »Und wenn ich morgen früh aufwache, duftet das Haus nach frischem Kaffee, ein wundervoll gedeckter Frühstückstisch erwartet mich und hier drin …« Ihr Blick durchbohrte nacheinander Justus, Peter und Bob. »Ihr macht euch am besten gleich an die Arbeit! Und wehe, ich höre einen Mucks!«

Spuk im Hotel Lakshmi

Am nächsten Tag trafen sich die drei Detektive in ihrer Zentrale. Die Zentrale war ein alter Wohnwagen, der verborgen unter einem riesigen Haufen Altmetall auf dem Gelände des Gebrauchtwarencenters der Familie Jonas stand und nur über gut getarnte Geheimgänge betreten werden konnte. Sie war der Mittelpunkt des Detektivunternehmens der drei Jungen und mit allem ausgerüstet, was sie für ihre Ermittlungsarbeit benötigten: Telefon, Computer, Detektivlabor, gemütlichen Sesseln und einem Kühlschrank mit Getränkevorrat. Dazu das vollständige Aktenarchiv ihrer bisherigen Fälle.

Die Jungen hatten das Treffen wohlweislich auf den späteren Nachmittag gelegt. Die Aufräumaktion hatte bis in die frühen Morgenstunden gedauert. Vor allem die Limonade in Tante Mathildas Sessel hatte sich als äußerst hartnäckig erwiesen. Anschließend hatten sie sich ein wenig aufs Ohr gelegt und waren gegen kurz nach sieben wieder aufgestanden, um das Frühstück herzurichten. Kaffee kochen, Tisch decken mit allem Drum und Dran samt Blumen aus dem Garten, Besteck polieren, dann Tante Mathilda den Stuhl zurückziehen, damit sie sich bequem setzen konnte, den Stuhl wieder hinschieben, Kaffee eingießen … Erst kurz nach elf, nachdem Tante Mathilda das Wohnzimmer inspiziert und für ordentlich genug befunden hatte, waren sie entlassen worden und wenig später todmüde in ihre Betten gefallen. Aber die Strapazen der letzten Nacht waren jedem von ihnen trotzdem noch deutlich anzusehen.

»Ich eröffne hiermit«, Justus gähnte laut und herzhaft, »die Sitzung.«

»Hmhm.« Bob kauerte in einem der abgewetzten Sessel und nickte mit geschlossenen Augen. »Ich hör dir zu.«

Peter nahm einen großen Schluck aus einer Colaflasche und hob den Daumen. Seine Haare standen in alle Richtungen vom Kopf ab und seine Kleidung sah aus, als hätte er darin geschlafen. Was er auch getan hatte.