Die Katze, die Geister beschwor - Band 10 - Lilian Jackson Braun - E-Book
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Die Katze, die Geister beschwor - Band 10 E-Book

Lilian Jackson Braun

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Beschreibung

Katzen sind die besseren Spürnasen: „Die Katze, die Geister beschwor“ von Bestsellerautorin Lilian Jackson Braun jetzt als eBook bei dotbooks. Es gibt keine Geister! Davon ist Jim Qwilleran überzeugt. Auch die panischen Anrufe seiner ehemaligen Haushälterin können seine Meinung nicht ändern: Klopfen, Klappern, Stöhnen – all die mysteriösen Geräusche, die Mrs. Cobb auf der Goodwinter-Farm hört, müssen einen anderen Grund haben. Doch dann findet der ehemalige Polizei-Reporter die ältere Dame tot auf: Wer hat Mrs. Cobb zu Tode erschreckt? Jim weiß, dass er bei der Lösung dieses seltsamen Falls tatkräftige Unterstützung braucht – und zieht mit seinen beiden Katzen Koko und Yum Yum auf die Farm. Können die schlauen Vierbeiner die vermeintlichen Geister aufspüren? „Skurril und wunderbar – es leben die Katzen!“ New York Daily News Die Krimi-Serie mit Suchtpotenzial! Der zehnte Fall für Reporter Jim und Siamkater Koko – jetzt als eBook kaufen und genießen: „Die Katze, die Geister beschwor“ von Lilian Jackson Braun. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 350

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Über dieses Buch:

Es gibt keine Geister! Davon ist Jim Qwilleran überzeugt. Auch die panischen Anrufe seiner ehemaligen Haushälterin können seine Meinung nicht ändern: Klopfen, Klappern, Stöhnen – all die mysteriösen Geräusche, die Mrs. Cobb auf der Goodwinter-Farm hört, müssen einen anderen Grund haben. Doch dann findet der ehemalige Polizei-Reporter die ältere Dame tot auf: Wer hat Mrs. Cobb zu Tode erschreckt? Jim weiß, dass er bei der Lösung dieses seltsamen Falls tatkräftige Unterstützung braucht – und zieht mit seinen beiden Katzen Koko und Yum Yum auf die Farm. Können die schlauen Vierbeiner die vermeintlichen Geister aufspüren?

»Skurril und wunderbar – es leben die Katzen!« New York Daily News

Über die Autorin:

Lilian Jackson Braun (1913–2011) wurde in Massachusetts geboren. Nach der Highschool arbeitete sie als Journalistin und in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihre Katzenkrimis wurden in 16 Sprachen übersetzt und standen regelmäßig auf der »New York Times«-Bestsellerliste.

Bei dotbooks erscheinen alle Bände der Erfolgsserie. Eine vollständige Übersicht finden Sie am Ende dieses eBooks.

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eBook-Neuausgabe September 2016

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1990 Lilian Jackson Braun

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1990 unter dem Titel »The Cat Who Talked To Ghosts«.

Copyright © der deutschen Ausgabe 1993 Bastei-Verlag Gustav H. Lübbe GmbH & Co., Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Forewer und archideaphoto

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-834-2

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Lilian Jackson Braun

Die Katze, die Geister beschwor

Kriminalroman

Aus dem Amerikanischen von Christine Pavesicz

dotbooks.

1. Kapitel

Jim Qwilleran ist ein sehr reicher Mann – der reichste Mensch von Moose County, genau gesagt. Moose County liegt, wie jeder weiß (und wie die Bewohner behaupten) vierhundert Meilen nördlich vom Rest der Welt; es ist ein entlegener, von Felsen umgebener Vorposten, angenehm weit entfernt von den Verbrechen, dem Verkehr und dem Schmutz der dicht bevölkerten städtischen Gebiete im Süden – von den Einheimischen mit chauvinistischer Verachtung nur ›der Süden unten‹ genannt.

Bevor Qwilleran seinen ungeheuren Reichtum erbte, war er im Süden unten Journalist gewesen und hatte fünfundzwanzig Jahre lang für große Zeitungen als Polizeireporter gearbeitet. Sein Name (mit der ungewöhnlichen Schreibweise ›Q‹) und sein Foto (mit dem unverkennbaren üppigen Schnurrbart) waren Millionen Menschen bekannt. Und dann, im schwierigen Alter von fünfzig Jahren, erbte er das Klingenschoen-Vermögen und zog sich nach Moose County zurück.

Zur Zeit führt er in Pickax City, der Bezirksstadt (dreitausend Einwohner), ein recht einfaches Leben. Er wohnt zusammen mit zwei Siamkatzen in einer bescheidenen Junggesellenwohnung, schreibt eine Kolumne für die lokale Zeitung, fährt ein benzinsparendes Auto, ist mit einer Bibliothekarin liiert und ignoriert die Tatsache, daß ihm halb Moose County gehört und ein ansehnliches Stück von New Jersey. Man trifft den großen, kräftigen Mann mit dem auffallenden Schnurrbart in Pickax häufig auf einem Fahrrad, in Restaurants und im Antiquariat an. Er liest viel, und obwohl sein Gesicht mit den melancholischen Augen und dem herabhängenden Schnurrbart irgendwie traurig wirkt, ist er recht zufrieden.

Wie wohl nicht anders zu erwarten, interessiert sich Qwilleran nach wie vor für Verbrechen; mit seiner angeborenen Neugier und dem Zynismus des Journalisten wittert er Missetaten wie eine Katze eine Maus. Nach einem Ereignis, das andere einfach als Laune des Schicksals betrachteten, regte sich vor kurzem wieder einmal sein Mißtrauen. Wie es dazu kam, das erzählt er am besten mit seinen eigenen Worten. Kurz nach seiner mitternächtlichen Fahrt nach North Middle Hummock nahm er den folgenden Bericht auf Tonband auf:

Ich wußte, daß gleich das Telefon läuten würde. Ich wußte es ganze zehn Sekunden, bevor es den ersten Akt von Othello unterbrach. Es war eine Sonntagnacht Anfang Oktober, ich saß gemütlich im Pyjama da und hörte mir eine Opernkassette an, die mir Polly Duncan aus England mitgebracht hatte. Die Katzen machten es sich auch gemütlich, wenngleich sie nicht unbedingt zuhörten. Koko saß aufrecht auf dem Couchtisch und schwankte leicht, seine schrägen blauen Augen wirkten glasig. Bei Opern verfällt er immer in Trance. Yum Yum hatte sich auf meinem Schoß zusammengerollt und die Pfoten über die Ohren gelegt – zweifellos ein katzenhafter Ausdruck ihrer Meinung über Verdi. Ich bin selbst kein großer Opernliebhaber, doch Polly versucht, mich zu bekehren, und ich gebe zu, daß Verdis Othello eine eindrucksvolle Sache ist.

Plötzlich, während sich die Spannung vor dem Streit zwischen den Betrunkenen immer mehr steigerte, versteifte sich Yum Yums Körper, und ihre Zehen krallten sich zusammen. Im selben Augenblick riß Koko die Augen weit auf und drehte die Ohren in Richtung Telefon. Zehn Sekunden später… läutete es.

Ich sah auf die Uhr. In Pickax wagen nicht viele Menschen, nach Mitternacht noch anzurufen.

»Ja?« meldete ich mich schroff und erwartete, im Hintergrund den unvermeidlichen Barlärm zu hören und eine lallende Stimme, die nach Nadine oder Doreen oder Chlorine fragen würde. Oder daß der Anrufer unvermittelt fragen würde: »Wersndas?« In dem Fall würde ich vornehm sagen: »Wen wünschen Sie zu sprechen, Sir?« Und er würde – ohne jeden Kraftausdruck – augenblicklich auflegen. Dieser kleine Satz ist die schnellste Methode, die ich kenne, unter solchen Umständen jemanden abzuwimmeln.

Am anderen Ende war jedoch kein Betrunkener. Es hörte sich an wie Iris Cobb, obwohl ihre Stimme – die normalerweise so fröhlich ist – deutlich zitterte, was mich beunruhigte. »Tut mir leid, daß ich so spät anrufe, Mr. Qwilleran, aber ich bin … vollkommen fertig.«

»Was ist denn los?« fragte ich schnell.

»Ich höre … seltsame Geräusche im Haus«, wimmerte sie.

Mrs. Cobb wohnte allein in einem alten Farmhaus ziemlich weit draußen auf dem Land, wo Lärm etwas Ungewöhnliches ist und in der Nacht das leiseste Geräusch übertrieben laut wirkt. Ein Rumpeln im Ofen oder das Klicken einer elektrischen Pumpe zum Beispiel kann zermürbend sein, und ein Fensterladen, der gegen das Haus schlägt, kann einen an den Rand des Wahnsinns treiben.

»Klingt es«, fragte ich, »wie ein mechanisches Gebrechen oder wie etwas, das draußen lose herumschlägt?«

»Nein … nein … so nicht«, sagte sie; sie klang geistesabwesend, so als lausche sie. »Da! Jetzt habe ich es gerade wieder gehört!«

»Was für eine Art Geräusch ist es, Mrs. Cobb?« Jetzt war meine Neugier geweckt.

Sie zögerte, bevor sie beklommen antwortete: »Es ist beängstigend! Irgendwie … unheimlich!«

Wie sollte ich reagieren? Mrs. Cobb hatte einen Hausgeist in einem alten Haus immer amüsant gefunden, doch heute nacht klang aus ihrer Stimme entsetzliche Angst. »Könnten Sie die Geräusche genauer beschreiben?«

»Es ist wie ein Klopfen in der Wand … ein Klappern … ein Stöhnen… und manchmal ein Schrei.« Ich strich unschlüssig über meinen Schnurrbart, der sich in Augenblicken wie diesen immer sträubt. Es war Oktober, und in Moose County feiert man gerne den ganzen Monat Halloween. Schon sah man auf allen Veranden Kürbisse, und von den Bäumen hingen gespenstische weiße Leintücher. Vielleicht waren die Witzbolde diesmal besonders früh dran – möglicherweise ein paar Halbwüchsige aus dem nahen Chipmunk, das für seine Rowdys bekannt ist.

»Sie sollten die Polizei anrufen«, riet ich ihr ruhig. »Sagen Sie ihnen, Sie glauben, daß sich jemand auf Ihrem Grundstück herumtreibt.«

»Das habe ich schon vorgestern nacht getan«, sagte sie, »Und als der Sheriff herkam, war alles ruhig. Es war sehr peinlich.«

»Wie lange geht das schon? Ich meine, wann haben sie zum erstenmal mysteriöse Geräusche gehört?«

»Vor ungefähr zwei Wochen. Zuerst war es nur ein Klopfen – ab und zu, nicht sehr laut.«

Ihre Stimme klang jetzt wieder gefaßter, und ich dachte, daß es wohl am besten sein würde, sie am Telefon zu halten. Vielleicht würde sie sich ihre Ängste selbst ausreden. »Haben Sie mit irgend jemandem darüber gesprochen?« fragte ich.

»Nun… ja. Ich habe es den Leuten erzählt, die am Ende der Straße wohnen, aber sie haben es nicht ernst genommen.«

»Was halten Sie davon, es Larry oder Mr. Tibbitt zu melden?«

»Irgendwie wollte ich das nicht tun.«

»Warum nicht?«

»Nun… bei Tageslicht, Mr. Qwilleran, wenn die Sonne scheint und alles, dann komme ich mir dumm vor, wenn ich darüber rede. Ich will nicht, daß sie glauben, ich schnappe über.«

Das war verständlich. »Ich nehme an, Sie haben das Flutlicht im Hof brennen, wenn es dunkel ist.«

»O ja, immer! Und ich schaue auch immer wieder hinaus, aber da ist nichts. Es scheint von drinnen zu kommen.«

»Das ist wirklich rätselhaft, Mrs. Cobb«, sagte ich, bemüht, interessiert und hilfsbereit, aber nicht besorgt zu wirken.

»Warum springen Sie nicht in Ihr Auto, fahren nach Indian Village und verbringen die Nacht bei Susan? Dann gehen wir der Sache morgen früh nach. Es gibt sicher eine logische Erklärung.«

»Oh, das könnte ich nicht!« rief sie, ihre Stimme schwankte. »Mein Auto steht im Schuppen, und ich habe Angst davor, da hinauszugehen. Ach, Mr. Qwilleran, ich weiß nicht, was ich tun soll! … Mein Gott, Da ist es wieder!« Ihre Worte endeten in einem schrillen Schrei, bei dem ich eine Gänsehaut bekam. Da ist etwas draußen vor dem Fenster!«

»Fassen Sie sich, Mrs. Cobb«, sagte ich bestimmt. »Ich hole Sie ab und bringe Sie nach Indian Village. Rufen Sie Susan an und sagen Sie ihr, daß Sie kommen. Packen Sie Ihre Sachen zusammen. Ich bin in zwanzig Minuten bei Ihnen. Und trinken Sie ein Glas warme Milch, Mrs. Cobb.«

Ich zog eine Hose und einen Pullover über den Pyjama, schnappte die Autoschlüssel und eine Jacke und stürzte aus der Wohnung, wobei ich fast über eine Katze gestolpert wäre, die gerade im Weg war. Mrs. Cobb war nicht gesund, und es war gut möglich, daß sie sich die Geräusche nur einbildete – daß dies eine Nebenwirkung der Medikamente war, die sie nahm – aber deshalb waren sie nicht weniger beängstigend.

Die Farm in North Middle Hummock war dreißig Minuten entfernt, doch ich schaffte es in zwanzig. Zum Glück war kein Verkehr. Es war schließlich Sonntag spät in der Nacht, und ganz Moose County war zu Hause und saß schlafend vor dem Fernseher.

Die alten Pflastersteine auf der Main Street waren regennaß und glitzerten – wie eine nächtliche Szene in einem Kriminalfilm. Ich raste mit hundert Stundenkilometern durch das drei Häuserblocks lange Zentrum von Pickax und fuhr bei Rot über die einzige ampelgeregelte Kreuzung. An der Stadtgrenze hörte die Straßenbeleuchtung auf. Es war eine mondlose Nacht, und auf den Landstraßen war es stockfinster. Im neunzehnten Jahrhundert war das eine Bergbaugegend gewesen. Jetzt ist die Straße von aufgegebenen Bergwerksschächten, verfallenen Hütten und roten Warntafeln gesäumt, doch in dieser mondlosen Nacht war alles in Dunkelheit gehüllt.

Ich fuhr mit Fernlicht, orientierte mich an der gelben Linie am Straßenrand und hielt Ausschau nach dem ›Dimsdale Diner‹, der einsam gelegen und weithin sichtbar ist und die ganze Nacht offen hat. Schwaches Licht drang durch die schmutzigen Fensterscheiben des Lokals und kündigte die Kreuzung an, an der ich in die Ittibittiwassee Road einbiegen mußte. Das war eine gerade und ebene Straße. Ich beschleunigte auf hundertvierzig.

Nach der alten Holzbrücke wurde der Weg kurvenreich und hügelig, und ich ging vorsichtshalber auf hundert herunter; ich dachte an die Frau, die auf meine Hilfe wartete. Die arme Mrs. Cobb hatte schon mehr als genug Tragödien erlebt. Vor ein paar Jahren, als ich im Süden unten lebte und für den Daily Fluxion arbeitete, war sie meine Zimmerwirtin. Ich wohnte in einem heruntergekommenen Stadtviertel in einem möblierten Zimmer über ihrem Antiquitätengeschäft. Als ihr Mann ermordet wurde, verkaufte sie das Geschäft und zog nach Pickax, wo sie ihre Fachkenntnisse in einem Museum einsetzen konnte. Jetzt leitete sie das Goodwinter-Farm-Museum, wo sie einen Teil des historischen Gebäudes bewohnte.

Es war nicht überraschend, daß sie in ihrer Verzweiflung mich anrief. Wir waren gute Freunde, wenn unser Verhältnis auch recht formell war: Wir sprachen einander immer mit ›Mrs. Cobb‹ und ›Mr. Qwilleran‹ an. Ich vermutete, daß sie gerne eine engere Beziehung gehabt hätte, doch sie war nicht mein Typ. Ich bewunderte sie als Geschäftsfrau und Expertin im Hinblick auf Antiquitäten, doch bei Männern wurde sie zur Klette, und das konnte einem leicht zuviel werden. In der Küche vollbrachte sie wahre Wunder. Ich gebe zu, daß ich eine Schwäche für ihren Schmorbraten und ihren Kokoskuchen habe, und die Katzen würden für ihren Hackbraten einen Mord begehen.

So raste ich also im Pyjama nach North Middle Hummock, um einer hilflosen, verängstigten Frau zu Hilfe zu eilen. Kurz kam mir der Gedanke, ihr verzweifelter Anruf könnte ein Trick sein, um mich mitten in der Nacht da hinaus zu locken. Seit ich das verdammte Klingenschoen-Geld geerbt habe, nehme ich mich vor freundlichen Frauen in acht. Und seit Mrs. Cobb mit einem Lastwagen voll Kochbüchern und ihrer anhimmelnden Art in Pickax eingetroffen ist, bin ich auf der Hut. Ich bin ein Freund von gutem Essen, und ich habe sie stets für eine phantastische Köchin gehalten, doch sie hat mir immer zuviel Rosa und zu viele Rüschen getragen – ganz zu schweigen von dieser straßbesetzten Brille. Außerdem war ich mit Polly Duncan liiert, die intelligent war, kultiviert, anregend, liebevoll… und eifersüchtig.

North Middle Hummock in der Dunkelheit zu finden, war ein kleines Kunststück. Seinerzeit, als die Bergwerke in Betrieb waren, war der Ort eine blühende Gemeinde gewesen, doch die katastrophale Wirtschaftslage nach dem ersten Weltkrieg hatte ihn in eine Geisterstadt verwandelt, einen unkrautüberwachsenen Trümmerhaufen, der in einer mondlosen Nacht absolut nicht zu sehen war. Ohne Straßenbeleuchtung und ohne markante Hinweise in der Landschaft sahen alle Bäume und Sträucher gleich aus. Endlich tauchte dann der weiße Lattenzaun der Fugtree-Farm in meinem Scheinwerferlicht auf, und ich war froh und dankbar für die weiße Farbe. Nach einem weiteren finsteren Stück Straße kam ein weißgetünchtes Haus, hinter dessen Fenstern Licht flackerte – irgend jemand sah fern. Das Haus stand am Beginn der Black Creek Lane, und diese Straße endete bei der Goodwinter-Farm. Eine Woge der Erleichterung erfaßte mich.

Mrs. Cobb hatte die historische Goodwinter-Farm von Herb Hackpole, ihrem dritten Mann, nach einer extrem kurzen Ehe geerbt. Sie verkaufte sie sofort als Museum an die Historische Gesellschaft – und zwar zum Preis von einem Dollar! So eine Frau war sie, gutherzig und unglaublich großzügig.

Als ich die Schotterstraße hinunterfuhr, sah ich, daß der Hof der Goodwinter-Farm, der vom Flutlicht hell erleuchtet hätte sein sollen, im Dunkeln lag. Und das Haus ebenso. Stromausfälle sind in Moose County nichts Ungewöhnliches … und doch, ich erinnerte mich, daß ich in der Fugtree-Farm Licht gesehen hatte, und im Haus an der Kreuzung hatte jemand den Fernseher eingeschaltet. Ich spürte ein Kribbeln auf der Oberlippe.

Ich fuhr um das weitläufige Farmhaus herum zur Westseite, parkte so, daß die Scheinwerfer den Eingang der Wohnung der Museumsleiterin beleuchteten und nahm eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach. Ich betätigte den Messingklopfer, und als sich nichts rührte, probierte ich an der Tür. Es überraschte mich nicht, daß sie unverschlossen war. Das ist in Moose County so üblich. Ich leuchtete mit der Taschenlampe die Eingangshalle ab und entdeckte einen Lichtschalter an der Wand. Ich knipste ihn versuchsweise an, dachte aber noch immer, daß der Strom ausgefallen sei. Unerwarteterweise ging das Licht in der Diele an – vier kerzenförmige Glühbirnen in einem eisernen Kronleuchter.

»Mrs. Cobb!« rief ich. »Hier ist Qwilleran!«

Keine Antwort und auch kein Klopfen, Klappern oder Stöhnen. Und ganz gewiß keine Schreie. Ja, die Räume waren geradezu beängstigend still. Zur Linken führte ein Durchgang ins Wohnzimmer, und sobald ich den Schalter gefunden hatte, fiel das Licht auf die antiken Möbel. Warum, so fragte ich mich, hatte diese verängstigte Frau alle Lichter ausgeschaltet? Meine Schnurrbartwurzeln sandten mir besorgte Signale – manchmal wünschte ich mir, sie wären weniger sensibel.

Auf der anderen Seite der Diele stand die Schlafzimmertür offen, und auf dem Bett lag ein kleiner, teilweise gepackter Koffer. Die Badezimmertür war zu. »Mrs. Cobb!« rief ich wieder. Mit einiger Überwindung öffnete ich die Badezimmertür und zwang mich, in die Duschkabine zu schauen.

Ich rief weiter ihren Namen und ging den Flur hinunter zu der altmodischen Küche mit dem Kamin, dem großen Eßtisch und den Kiefernholzschränken. Ich drehte das Licht an, und im selben Augenblick wußte ich instinktiv, was ich vorfinden würde. Auf der Arbeitsfläche stand eine Milchpackung, und auf dem Fußboden lag ausgestreckt eine Gestalt in rosa Rock und rosa Bluse, die Augen weit offen, das runde Gesicht schmerzverzerrt. Sie gab kein Lebenszeichen von sich.

2. Kapitel

Als Qwilleran Mrs. Cobbs leblosen Körper fand, war seine Reaktion eher Trauer als Schock. Von dem Moment an, als er in die Black Creek Lane eingebogen war und die Farm im Dunkeln vorgefunden hatte, hatte er das Schlimmste geahnt. Jetzt sah er hinunter auf die rosa gekleidete Gestalt – rosa bis zum bitteren Ende! – und klopfte, traurig und zornig zugleich, mit der Faust auf seinen Schnurrbart. Es war unfaßbar, daß diese nette Frau in der Blüte ihrer Jahre, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, am Gipfel ihres Erfolges, vom Tod ereilt werden sollte. Die Menschen hier bewunderten sie; nach dem Tod ihres letzten Mannes war sie gut versorgt gewesen; und im Alter von fünfundfünfzig Jahren war sie gerade zum ersten Mal Großmutter geworden. Doch das Schicksal, so sagte er sich, nahm keine Rücksicht auf den richtigen Zeitpunkt.

Er suchte das Telefon in der Küche, wählte die Notrufnummer der Polizei und meldete den Vorfall emotionslos und mit allen nötigen Einzelheiten. Als Telefontisch diente ein Relikt aus einem alten Schulzimmer: Ein schmiedeeisernes Untergestell, das einen hölzernen Sitz und einen kastenartigen Schreibtisch trug, dessen Arbeitsplatte man aufklappen konnte. Auf der Schreibfläche, mit Rillen für Füllfedern und Bleistifte und einem eingelassenen Tintenfaß, waren die Initialen etlicher Generationen von Schulkindern eingeritzt. Auf dem Schreibpult lag auch ein Notizbuch mit alphabetischem Register, das Telefonnummern enthielt; es war beim Buchstaben E aufgeschlagen. Qwilleran rief Susan Exbridge in Indian Village an, und sie hob beim ersten Läuten ab.

»Susan, hier ist Qwill«, sagte er düster. »Hat Iris Sie vor kurzem angerufen?«

»Ja, das arme Ding hat sich aus irgendeinem Grund fast zu Tode geängstigt. Sie war fast nicht zu verstehen, aber ich habe mitgekriegt, daß Sie sie zu mir bringen, damit sie die Nacht hier verbringt. Ich habe gerade das Gästebett rosa überzogen.«

»Das hatten wir vor. Ich bin jetzt auf der Farm. Sie wird nicht kommen können.«

»Warum? Was ist passiert, Qwill?«

»Ich habe sie auf dem Küchenfußboden gefunden. Sie hat nicht mehr geatmet. Kein Puls. Ich habe die Polizei angerufen.«

Susan jammerte ins Telefon: »Wie schrecklich! Wie furchtbar schrecklich! Was werden wir ohne sie anfangen? Ich bin am Boden zerstört!« Sie neigte zum Dramatisieren, und außerdem traf sie der Verlust persönlich. Die beiden Frauen waren Partner; sie hatten in Pickax ein neues Geschäft gegründet, auf dessen Auslage gerade erst in Goldlettern gemalt worden war: Exbridge & Cobb, Exquisite Antiquitäten. Die feierliche Eröffnung sollte am kommenden Samstag stattfinden. Qwilleran sagte: »Wir reden morgen weiter, Susan. Der Sheriff kann jeden Augenblick kommen.«

»Kann ich irgend etwas tun?«

»Ruhen Sie sich aus und bereiten Sie sich darauf vor, daß der morgige Tag hektisch wird. Ich rufe Larry an, und ich bin sicher, er wird bei den diversen Dingen, die getan werden müssen, Ihre Hilfe brauchen.«

Larry Lanspeak war sowohl Präsident der Historischen Gesellschaft als auch Vorsitzender des Goodwinter-Farm-Museums sowie Besitzer des größten Kaufhauses von Pickax. Als Kaufmann, angesehener Bürger und talentierter Schauspieler im Theaterclub von Pickax legte er bei allem, was er anpackte, grenzenlose Energie an den Tag. Qwilleran rief im Landhaus der Lanspeaks im mondänen West Middle Hummock an, und obwohl es fast zwei Uhr früh war, meldete sich Larry genauso frisch und munter wie zu Mittag.

»Larry, hier ist Qwill. Tut mir leid, daß ich Sie störe. Es ist etwas passiert. Ich rufe vom Museum aus an. Iris hat mich vorhin angerufen, vollkommen hysterisch, und ich bin auf der Stelle hier herausgefahren. Sie wissen, daß sie herzkrank ist, nicht wahr? Ich kam zu spät. Sie lag tot auf dem Küchenfußboden. Ich habe die Polizei angerufen.«

Am anderen Ende war langes Schweigen.

»Larry…?«

Mit Grabesstimme sagte Larry: »Das kann nicht sein! Wir brauchen sie! Und sie war zu jung zum Sterben!«

»Sie war in unserem Alter.« Qwillerans Tonfall war verständlicherweise gereizt.

»Ich zieh' mir rasch was an und komme so schnell wie möglich hin. Mein Gott! Das sind schreckliche Nachrichten. Das wird ein Schlag für Carol sein!«

Qwilleran machte das Licht im Hof an; als er seine Scheinwerfer ausschaltete, kam der Wagen des Sheriffs die Straße heruntergefahren.

Ein junger Beamter mit einem breitkrempigen Hut stieg aus. »Hat jemand eine Leiche gemeldet?«

»Es ist Mrs. Cobb, die Leiterin des Museums. Sie hat mich in panischer Angst angerufen, und ich fuhr her, um zu sehen, ob ich ihr irgendwie helfen konnte. Ich bin Jim Qwilleran aus Pickax.«

Der Hilfssheriff nickte. Jedermann kannte den riesigen Schnurrbart, der dem reichsten Mann im Bezirk gehörte.

Sie gingen ins Haus, und Qwilleran zeigte ihm den Weg in die Küche. »Der Rettungswagen ist unterwegs«, sagte der Hilfssheriff. »Sie bringen die Leiche ins Krankenhaus nach Pickax. Der ärztliche Leichenbeschauer wird den Totenschein unterschreiben müssen.«

»Er sollte vielleicht mit Doktor Halifax sprechen. Sie war wegen einer Herzkrankheit bei ihm in Behandlung.«

Der Hilfssheriff nickte und machte sich eine Notiz für seinen Bericht.

Qwilleran erklärte: »Mrs. Cobb hat mich angerufen, weil sie seltsame Geräusche hörte und Angst hatte, hierzubleiben.«

»Sie hat vor ein paar Tagen bei uns angerufen. Ich habe alles kontrolliert, konnte aber nichts Ungewöhnliches finden. Nichts deutete darauf hin, daß sich irgend jemand auf dem Grundstück herumtrieb. Sind Sie der nächste Angehörige?«

»Nein. Sie hat einen Sohn in St. Louis. Er muß entscheiden, was jetzt geschehen soll. Ich sollte ihn lieber anrufen und ihm die schlechte Nachricht mitteilen.«

In diesem Augenblick traf der Rettungswagen ein. Schweigend trugen die Männer die rosa gekleidete sterbliche Hülle jener Frau weg, die die Menschen hier mit ihrer Großzügigkeit eingenommen hatte, mit ihrem fröhlichen Wesen und ihrem enzyklopädischen Wissen in bezug auf Antiquitäten. Und mit ihrer Backkunst, dachte Qwilleran. Wann immer es einen Wohltätigkeitsbasar gab oder irgendeinen offiziellen Empfang, schlug sich Mrs. Cobb die Nacht um die Ohren und buk Kekse – nicht einfach nur Schokoladenplätzchen, sondern ein ganzes Sortiment von Zitronen-Kokosecken, Buttertoffee-Pekannuß-Baisers, Aprikosen-Mandelbögen und noch viel mehr. So absurd es war – es gab Leute in Moose County, denen Iris Cobb wohl in erster Linie wegen ihrer Plätzchen in Erinnerung bleiben würde.

Qwilleran blätterte das Notizbuch auf dem Schultisch durch; er suchte die Telefonnummer ihres Sohnes. Leider fiel ihm der Name des jungen Mannes nicht mehr ein. Er konnte sich vage erinnern, daß er Dennis hieß. Sein Nachname war nicht Cobb, sondern irgend etwas wie Gough, Goff ausgesprochen… oder Lough, Laff ausgesprochen … oder Keough, Kyo ausgesprochen. Unter H stand eine Nummer mit der Vorwahl von St. Louis, und er wählte sie. Eine schläfrige Männerstimme meldete sich.

Qwilleran hatte schon viele Male die nächsten Angehörigen eines Todesopfers benachrichtigen müssen, und er tat es mit großem Feingefühl. Seine Stimme klang voll und sanft und teilnahmsvoll und vermittelte den Eindruck ehrlichen Mitgefühls.

»Dennis?« sagte er in nüchtern-monotonem Tonfall. »Es tut mir leid, daß ich Sie um diese Zeit wecke. Mein Name ist Jim Qwilleran, ich bin ein Freund Ihrer Mutter und rufe aus North Middle Hummock an.«

Der junge Mann war auf der Stelle beunruhigt. »Was ist passiert?« wollte er wissen. Er schluckte hörbar.

»Ich erhielt nach Mitternacht einen Anruf von Iris. Sie hatte Angst, allein auf der Farm zu bleiben, also bot ich ihr an, sie zu einer Freundin zu bringen…«

»Was ist passiert? Sagen Sie mir, was passiert ist!«

»Ich habe sie auf dem Küchenfußboden gefunden. Sie hatte zweifellos einen Herzanfall. Es schmerzt mich, Ihnen das sagen zu müssen, Dennis.«

Ihr Sohn stöhnte auf. »O Gott! Ich wollte morgen hinauffliegen, um sie zu besuchen – ich meine, heute. Ihr Arzt schlug das vor.«

»Ihr Tod ist ein großer Verlust. Sie hat hier viele Freunde gewonnen, und jedermann hatte sie gern.«

»Ich weiß. Sie hat mir in ihren Briefen geschrieben, wie glücklich sie war. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, dazuzugehören.«

»Damit kommen wir zum Thema Begräbnisvorbereitungen, Dennis. Was sollen wir tun? Es ist Ihre Entscheidung, obwohl der Klingenschoen-Fonds es als Ehre betrachten würde, für die Kosten aufzukommen. Hat Iris je von ihren diesbezüglichen Wünschen gesprochen?«

»Du liebe Güte, nein«, sagte ihr Sohn. »Für so etwas hatte sie keine Zeit! Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Das kommt so vollkommen unerwartet. Ich muß darüber nachdenken – es mit Cheryl besprechen.«

»Rufen sie mich so bald wie möglich hier im Farmhaus zurück. Das Krankenhaus wartet auf unsere Anweisungen.«

Als er den Hörer auflegte, bemerkte Qwilleran das Regal mit Taschenbuchausgaben von Kochbüchern an der Wand – ein trauriger Ersatz für die drei Dutzend gebundenen Kochbücher, die sie bei einem verheerenden Brand verloren hatte. Auf anderen Regalen standen antike Teller, Näpfe und Krüge aus Zinn; an den Deckenbalken hingen Kupfertöpfe und Körbe; um den Kamin herum gab es schmiedeeiserne Kochutensilien aus der Zeit, als man über dem offenen Feuer gekocht hatte. Es war ein warmer und freundlicher Raum. Mrs. Cobb hatte ihre Küche geliebt.

Geistesabwesend blätterte er in ihrem Telefonbuch. Die Eintragungen waren mit einem dicken Bleistift in großen Großbuchstaben geschrieben, ein Zeichen, daß sie zunehmend schlechter sah. Das Buch enthielt vor allem die Nummern der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Museums… und von jemandem namens Kristi… und Vince und Verona, wer immer das sein mochte… und Dr. Halifax. Sowohl seine Praxis – als auch seine Privatnummer waren notiert. In Pickax konnte man den Arzt auch mitten in der Nacht zu Hause anrufen. HB&B war offenbar die Anwaltskanzlei Hasselrich, Bennett und Barter, die sich zweifellos um die Abwicklung ihrer Erbschaft gekümmert und ihr Testament aufgesetzt hatte. Mrs. Cobb hatte von ihrem dritten Ehemann ein beträchtliches Vermögen geerbt, obwohl sie es vorzog, seinen Namen nicht zu tragen. Während Qwilleran wartete, spazierte er in der Wohnung herum und suchte nach Hinweisen auf die letzten Minuten ihres Lebens. Im offenen Koffer auf ihrem Bett lagen ein rosa Morgenmantel und rosa Hausschuhe. Die Milchpackung stand noch immer auf der Arbeitsfläche in der Küche, und er stellte sie in den Kühlschrank. Im Mikrowellenherd stand ein Becher Milch; der Herd war ausgeschaltet worden, doch die Milch war warm. Er leerte sie in den Ausguß und spülte den Becher aus. Die Tür, die von der Küche in das eigentliche Museum führte, war nicht abgeschlossen, und er sah sich ein wenig in den Ausstellungsräumen um, als das Telefon läutete. Er war froh, daß Dennis so rasch zurückrief. Die Stimme, die er hörte, war jedoch die einer Frau.

»Hier ist Kristi von der Fugtree-Farm«, sagte sie. »Ist mit Iris alles in Ordnung? Ich sah ein Polizeiauto und einen Rettungswagen die Straße hinunterfahren.«

»Ich muß Ihnen leider mitteilen«, sagte er ernst, »daß Mrs. Cobb einen tödlichen Herzanfall hatte.«

»O nein! Das tut mir wirklich leid. Ich wußte, daß sie bei Dr. Halifax in Behandlung war, aber ich wußte nicht, daß es so ernst war. Sind Sie Mr. Lanspeak?«

»Nein, nur ein Freund aus Pickax.«

»Wie ist es passiert?« Sie hörte sich jung an und atemlos.

»Die Einzelheiten stehen sicher morgen in der Zeitung.«

»Oh… Nun, es tut mir sehr leid. Wirklich! Ich war noch auf, weil meine Jungen krank sind, und ich sah das Blaulicht, deshalb mußte ich einfach anrufen.«

»Das ist schon in Ordnung.«

»Also, vielen Dank. Wie heißen Sie?«

»Jim Qwilleran«, murmelte er.

Die meisten Frauen hätten jetzt ein aufgeregtes ›Oooooh!‹ ausgestoßen, sobald ihnen klar wurde, daß sie mit einem begehrten und sehr wohlhabenden Junggesellen sprachen, doch diese junge Frau sagte nur: »Mein Name ist Kristi Waffle.«

»Es war nett von Ihnen, anzurufen. Gute Nacht.«

Er hörte ein Auto auf den Hof fahren und ging hinaus, um Larry Lanspeak zu begrüßen. Trotz seiner gehobenen Stellung in der Gemeinde war das Äußere des Mannes wenig einnehmend. Seine Größe, Hautfarbe und Gesichtszüge waren so alltäglich und verliehen ihm ein so anonymes Aussehen, daß er im Theaterclub in die verschiedensten Rollen schlüpfen konnte.

»Was für eine Tragödie!« sagte er im perfekten Tonfall eines Schauspielers und schüttelte den Kopf. Mit den bedächtigen, langen Schritten eines Mannes, der gerne größer wäre, ging er in die Wohnung. »Niemand wird je vollkommen ermessen können, wieviel diese Frau für die Gemeinde getan hat! Und sie wollte keinen Penny Geld dafür nehmen! Wir werden niemals jemanden gleichwertigen finden, der das Museum …«

Er wurde vom Läuten des Telefons unterbrochen.

»Das wird ihr Sohn sein, der aus St. Louis anruft«, sagte Qwilleran und hob den Hörer ab, doch bei den ersten Worten, die er hörte, zuckte er schmerzlich zusammen.

»Mann! Hier ist Vince Boswell!« es war eine durchdringend laute, nasale Stimme. »Ich möchte mich nach Iris erkundigen. Ist etwas mit ihr? Meine Frau und ich, wir sahen uns gerade 'n Video an und haben die Lichter vom Rettungswagen gesehen.«

Qwilleran erwiderte kühl: »Ich muß Ihnen leider mitteilen, daß Mrs. Cobb einen tödlichen Herzanfall hatte.«

»Kein Witz? Das ist aber 'n Jammer!« sagte die ohrenbetäubende Stimme; er wandte sich vom Hörer weg und fügte mit gedämpfter Lautstärke hinzu: »So 'n Typ sagt, Iris hatte 'nen tödlichen Herzanfall, Liebling!« Dann schrie er ins Telefon: »Wir haben Iris mächtig gern gehabt, meine Frau und ich. Gibt's was, was wir tun können?«

Qwilleran hielt den Hörer fünfzehn Zentimeter vom Ohr weg. »Ich glaube nicht, aber danke für Ihren Anruf.«

»Wir sind ganz in der Nähe, wenn Sie im Museum Hilfe brauchen, verstehen Sie? In so einem Notfall helfe ich gerne aus.«

»Das ist sehr freundlich von Ihnen. Gute Nacht, Mr. Bosworth.«

»Boswell«, verbesserte ihn der Mann. »Wir wohnen in dem Haus an der Kreuzung, meine Frau und ich. Larry Lanspeak ist ein Freund von uns.«

»Ich verstehe. Also, gute Nacht, Mr. Boswell. Und vielen Dank für Ihre Anteilnahme.«

Qwilleran legte auf und sagte zu Larry: »Wer ist Boswell?«

»Haben Sie Vince und Verona noch nicht kennengelernt? Sie ist eine unserer ehrenamtlichen Helferinnen, und Vince katalogisiert die Druckpressen in der Scheune. Er schreibt ein Buch über die Geschichte des Buchdrucks.«

Qwilleran dachte: ›Braucht die Welt wirklich noch ein Buch über die Geschichte des Buchdrucks?‹ »Wo haben Sie diesen Mann aufgetrieben, Larry?«

»Er ist aus Pittsburgh hierhergekommen.«

Muß dort Fußballtrainer gewesen sein, dachte Qwilleran.

Larry fuhrt fort: »Vince erbot sich, gratis zu arbeiten, daher lassen wir ihn umsonst im Gesindehaus wohnen. Jetzt, wo Iris tot ist, sollte aus Sicherheitsgründen jemand hier auf der Farm wohnen. Ich glaube, die Boswells könnten vorübergehend einspringen.«

»Ich wäre bereit, herzuziehen, bis Sie jemanden auf Dauer finden«, sagte Qwilleran.

»Das ist ein sehr freundliches Angebot, Qwill, aber das wäre wohl zuviel verlangt.«

»Ganz und gar nicht. Ich wollte sowieso mal längere Zeit im Museum verbringen – vor allem in der Dokumentensammlung – und Material für meine Kolumne ausgraben.«

»Wenn Sie das ernst meinen, Qwill, dann würde das unser Problem lösen, und Sie hätten mit dem Museumsbetrieb überhaupt nichts zu tun. Das Museum hat einen eigenen Telefonanschluß, und unsere Mitarbeiter kommen und gehen mit ihrem eigenen Schlüssel. Niemand würde Sie belästigen.«

»Ich würde natürlich die Katzen mitbringen«, erklärte Qwilleran. »Koko fühlt sich für die Sicherheit zuständig, und Yum Yum hat sich schon einmal profiliert, indem sie eine Museumsmaus fing. Iris hat sie ab und zu hierher eingeladen, und sie haben nie etwas kaputtgemacht.«

»Darüber mache ich mir keine Sorgen«, sagte Larry. »Ich weiß, daß sie wohlerzogen sind, und sie könnten sich mal so richtig austoben, mit den Hofkatzen Zusammenkommen und sich den Bauch mit Feldmäusen vollschlagen.«

»Sie sind Wohnungskatzen«, korrigierte ihn Qwilleran rasch. »Ich achte sehr darauf, daß sie nicht hinauskommen.«

Wieder läutete das Telefon, und diesmal war es Dennis. »Wir haben alles besprochen, Mr. Qwilleran, und Cheryl und ich finden, die Trauerfeier und das Begräbnis sollten bei Ihnen oben stattfinden, wo Mutter so viele Freunde hatte. Ich fliege heute wie ursprünglich geplant hinauf, und in der Zwischenzeit können Sie alle nötigen Entscheidungen treffen. Sie hat in ihren Briefen immer von Ihnen geschrieben. Sie waren sehr gut zu ihr.«

»Ich bin froh, daß Sie heraufkommen, Dennis. Ich hole Sie vom Flughafen ab und reserviere Ihnen ein Zimmer im Pickax Hotel, aber ich weiß Ihren Nachnamen nicht.«

»Ich heiße H-o-u-g-h, Haff ausgesprochen.«

»Kommen Sie mit dem Fünf-Uhr-Shuttle aus Minneapolis?«

»Genau… und Mr. Qwilleran, ich möchte Ihnen etwas erzählen, wenn ich komme, etwas, das meiner Mutter vorige Woche oder so passiert ist. Es hatte mit dem Museum zu tun. Sie war äußerst beunruhigt.«

Qwilleran berührte behutsam seinen Schnurrbart. »Das interessiert mich sehr.«

»Vielen Dank für alles, Mr. Qwilleran.«

»Die meisten Leute nennen mich Qwill. Tun Sie das auch, Dennis.«

Während er langsam auflegte, schossen ihm Fragen über Iris Cobbs geistige Verfassung durch den Kopf. Es mußte an den Medikamenten liegen!

»Was hat er entschieden?« fragte Larry.

»Er überläßt alle Vorbereitungen uns. Trauerfeier und Begräbnis sollen hier stattfinden. Ihr Sohn kommt heute abend an. Ich veranlasse, daß der Klingenschoen-Fonds die Kosten übernimmt, und ich möchte ein Begräbnis mit allem Drum und Dran.«

»Ganz meine Meinung. Aufbahrung im Bestattungsunternehmen Dingleberry und Trauergottesdienst in der Old Stone Church.«

»Wären Sie so nett, ein paar Anrufe zu erledigen, während ich uns schnell Instant-Kaffee mache?« fragte Qwilleran. »Wir sollten bei Dingleberry anrufen und das Krankenhaus informieren. Wenn sie den Namen des nächsten Angehörigen wissen wollen, er heißt Dennis H-o-u-g-h, Haff ausgesprochen. Dann rufe ich beim Radiosender und bei der Zeitung an. Sie können auf der Titelseite eine kurze Meldung bringen, und für die Dienstagsausgabe schreibe ich einen Nachruf.«

Larry meinte: »Sagen Sie ihnen, das Museum bleibt die ganze Woche geschlossen.«

Sie setzten sich an den Eßtisch in der Küche, schoben die rosa Kerzen in den Milchglaskerzenhaltern beiseite, tranken Kaffee aus Majolikabechern und planten die Details: daß Iris' Freunde am Dienstagabend ins Bestattungsunternehmen Dingleberry eingeladen werden mußten, daß der Trauergottesdienst am Mittwochmorgen in der Kirche am Park Circle stattfinden sollte, daß die Blaskapelle von Pickax den Trauerzug zum Friedhof anführen sollte. Als ehemaliger Präsident des Verbandes der Gewerbetreibenden war Larry sicher, daß alle Geschäfte und Büros am Morgen des Begräbnistages geschlossen sein würden. Als gegenwärtiger Leiter der Schulbehörde würde er sich für einen halben schulfreien Tag einsetzen.

»Vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse haben alle Kinder schon Exkursionen ins Museum gemacht«, sagte er, »und Iris hatte immer Plätzchen und Limonade für sie.«

Seit einem Jahrhundert oder länger hatten Begräbnisse in Pickax einen hohen Stellenwert. Die Bewohner der Stadt erschienen immer überaus zahlreich, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen und die Fahrzeuge im Trauerzug zu zählen. Diese Statistiken gingen in die Annalen ein, man kannte sie auswendig und zitierte sie: Dreiundneunzig Autos bei Senior Goodwinters Beerdigung im letzten Jahr; fünfundsiebzig, als Captain Fugtree begraben wurde. Das spektakulärste Begräbnis war das von Ephraim Goodwinter im Jahre 1904 gewesen: Zweiundfünfzig zweirädrige Kutschen, siebenunddreißig Einspänner, über hundert Trauergäste, die zu Fuß mitgingen, und siebzehn auf Fahrrädern. »Alles außer Kamelen und Elefanten«, hatte angeblich ein respektloser Zuschauer damals gesagt. Ephraim, der Besitzer der Goodwinter-Mine, war extrem unbeliebt, und sein Trauerzug ähnelte eher einem Triumphmarsch, aber das war eine lange, von Gerüchten und Vorurteilen verzerrte Geschichte, die Qwilleran irgendwann einmal zu erforschen hoffte.

Als nächstes stellte sich die Frage: Blumen oder keine Blumen? »Ich bin sicher, Iris würde Blumen haben wollen«, sagte er. »Blumen und Kränze haben etwas Sentimentales an sich, und unsere Freundin war eine sentimentale Seele.«

»Und was ist mit Grabreden? Iris war die Bescheidenheit in Person.«

»Ja, aber sie sehnte sich nach Anerkennung. Als sie nach Pickax kam, stellte ich sie bei einer Gemeinderatssitzung vor, und die Zuhörer applaudierten aus reiner Höflichkeit. Iris war über den Applaus so gerührt, daß sie heimging und weinte. Deshalb plädiere ich für Grabreden.«

»Gut! Wir bitten den Bürgermeister und den Vorsitzenden des Bezirksausschusses darum. Oder sollten wir eine der Grabreden von einer Frau halten lassen? Von Susan vielleicht. Oder von Carol.«

»Wie ich Iris kenne, würde ich sagen, die Grabreden sollten von Männern gehalten werden.«

»Vielleicht haben Sie recht. Wir bitten Susan, den Sarg auszusuchen und die Kleider, die Iris tragen soll.« Larry lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Nun, ich glaube, das ist alles, was wir heute nacht tun können. Wir haben morgen – ich meine, heute – im Kaufhaus Sonderaktionen zum Columbus Day, und wenn ich mich beeile, kann ich noch zirka drei Stunden Schlaf tanken.«

Qwilleran sagte: »Etwas möchte ich noch erwähnen: Iris klagte, daß sie nach Einbruch der Dunkelheit seltsame Geräusche hörte. Haben Sie je etwas Ungewöhnliches gehört?«

»Kann ich nicht behaupten. Ich war oft noch spätabends hier, wenn wir Ausstellungen vorbereiteten, und ich hab' nie etwas anderes gehört als Grillen und Frösche und vielleicht einen Seetaucher.«

»Als ich heute nacht hier ankam, Larry, war das ganze Gebäude finster. Ich dachte, der Strom wäre ausgefallen, aber als ich die Lichtschalter probierte, funktionierte alles. Wie erklären Sie sich das?«

»Ich weiß es nicht«, sagte Larry. Er war offensichtlich müde und wollte gehen. »Als wir erfuhren, daß sie schlecht sah, sagten wir Iris, sie solle nicht versuchen, Strom zu sparen, aber sie war aus Gewohnheit sparsam. Ich hole Ihnen Schlüssel aus dem Büro.« Er ging durch die Tür ins Museum und kam bald darauf mit zwei Schlüsseln zurück. »Dieser hier ist für die Wohnungstür und dieser für den Schuppen. Sie wollen vielleicht Ihr Auto bei Schlechtwetter in den Schuppen stellen. Dort liegt auch ein großer Holzvorrat für die Kamine.«

»Welcher Schuppen ist das?«

»Der neue Schuppen aus Stahl. In der alten Scheune stehen lauter Druckpressen herum.«

»Was ist mit dieser Tür zum Museum? Kann man sie absperren?«

»Nein, wir hielten es nie für nötig, ein Schloß anzubringen, und Iris ließ sie immer offenstehen, außer wenn sie kochte.«

»Ich werde sie geschlossen halten«, sagte Qwilleran, »wegen der Katzen. Ich möchte nicht, daß sie sich im Museum herumtreiben.«

»Tun Sie, was immer Sie wollen, Qwill. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, daß Sie uns zu Hilfe kommen. Ich hoffe, Sie fühlen sich hier wohl. Sagen Sie mir, wie es läuft.«

Die beiden Männer gingen zu ihren Autos und fuhren die Black Creek Lane hinauf, Larry in dem langen Kombi, dem Symbol der gutbetuchten ländlichen Oberschicht, und Qwilleran in seinem sparsamen Kleinwagen. Er fuhr mit normaler Geschwindigkeit nach Pickax zurück und dachte:

Irgend jemand hat das Licht ausgeschaltet – jeden einzelnen Schalter, in jedem einzelnen Zimmer, drinnen und draußen.

Irgend jemand hat den Mikrowellenherd ausgeschaltet. Irgend jemand hat die Tür zwischen Küche und Museum geschlossen.

3. Kapitel

Es dämmerte fast schon, als Qwilleran in seiner Wohnung in Pickax ankam. Eine unheimliche Stille lag über der Stadt. Bald würde das Läuten der Wecker die Menschen aus dem Schlaf reißen, und die Sieben-Uhr-Sirene am Rathausdach würde die Langschläfer aus dem Bett jagen. Sie würden ihre Radios einschalten und von Iris Cobbs Tod erfahren, und dann würde die Gerüchtebörse von Pickax anlaufen: Über Telefone, Hinterhofzäune und die Kaffeetische von Lois' Imbißstube würde die schreckliche Nachricht weiterverbreitet werden.

Müde schleppte sich Qwilleran die steilen, schmalen Stufen zu seiner Wohnung über der Klingenschoen-Garage hinauf. Am oberen Treppenabsatz wurde er von zwei ungehaltenen Siamkatzen erwartet – Yum Yum bedachte ihn mit ihrem vorwurfsvollen Blick, und Koko sagte ihm seine Meinung. Er sah ihn finster an, stand steifbeinig da, schlug mit dem Schwanz und gab eine einzige, aber höchst ausdrucksstarke Silbe von sich: »YAU!« Das sagte alles: Wo warst du? Die ganze Nacht hat überall das Licht gebrannt! Kein Mensch hat uns gefüttert! Du hast das Fenster offengelassen!

»Sei still!« protestierte Qwilleran. »Du hörst dich an wie Vince Boswell. Und belästige mich nicht mit Lappalien. Ich habe Neuigkeiten, die euch unter das Fell gehen werden. Wir haben Mrs. Cobb verloren! Keine hausgemachten Hackbraten mehr für euch zwei Halunken!«

Er scheuchte sie in ihr eigenes Zimmer – das mit einem weichen Teppich ausgelegt und mit Kissen, Körben und einem Fernsehapparat möbliert war – und warf sich dann ins Bett. Er verschlief das Heulen der Sieben-Uhr-Sirene und den Lärm des Preßluftbohrers auf der Main Street, wo wieder einmal der Gehsteig aufgerissen wurde.

Um acht Uhr riß ihn ein Anruf aus dem Schlaf; er kam von Arch Riker, seinem langjährigen Freund, der jetzt die lokale Zeitung herausgab.

Ohne Begrüßung oder Entschuldigung platzte Riker heraus: »Hast du die Nachrichten gehört. Qwill? Iris Cobb ist gestern nacht tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden!«

»Ich weiß«, erwiderte Qwilleran mürrisch und heiser. »Ich habe nämlich die Leiche gefunden, die Polizei angerufen, den nächsten Angehörigen informiert, das Begräbnis geplant, die Nachrichtenredaktion beim Radiosender und eure Redaktion angerufen und bin um fünf Uhr früh heimgekommen. Sonst noch irgendwelche brandheiße Neuigkeiten?«

»Schlaf weiter, du alter Miesepeter«, sagte Riker.

Um halb neun rief Polly Duncan an. »Qwill, bist du schon auf? Hast du schon die furchtbaren Nachrichten von Iris Cobb gehört?«

Qwilleran unterdrückte seinen Ärger und antwortete mit einer freundlicheren Version der Tirade, die er auf Arch Riker losgelassen hatte. Während der nächsten halben Stunde erhielt er Anrufe von Fran Brodie, seiner ehemaligen Innenarchitektin; von Mr. O'Dell, seinem Hausarbeiter; und von Eddington Smith, der antiquarische Bücher verkaufte. Sie alle nahmen ihre Verpflichtung gegenüber der Nachrichtenbörse von Pickax sehr ernst.