Die Katze, die ins Schwimmen kam - Band 24 - Lilian Jackson Braun - E-Book
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Die Katze, die ins Schwimmen kam - Band 24 E-Book

Lilian Jackson Braun

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Beschreibung

Koko auf unheimlichen Spuren: „Die Katze, die ins Schwimmen kam“ von Lilian Jackson Braun jetzt als eBook bei dotbooks. Journalist Jim Qwilleran ist ein durch und durch rationaler Mensch. Als ihm eine alte Bekannte anvertraut, dass sie glaubt, in ihrem Gasthaus spuke es, zögert Jim daher nicht lange. Kurzerhand quartiert er sich und seine Siamkatzen Koko und Yum Yum in der Pension ein, um der Sache auf den Grund zu gehen – schließlich muss es ja eine logische Erklärung für die seltsamen Vorfälle geben! Doch dann findet Koko eine Leiche und es steht fest: Irgendetwas treibt hier sein Unwesen. Und Geister sind plötzlich das kleinste Problem … „Der Handlungsverlauf ist so anspruchsvoll entworfen worden, dass er nicht nur Katzen-Liebhabern gefällt.“ The Times Die Krimi-Serie mit Suchtpotenzial! Der vierundzwanzigste Fall für Reporter Jim und Siamkater Koko – jetzt als eBook kaufen und genießen: „Die Katze, die ins Schwimmen kam“ von Bestsellerautorin Lilian Jackson Braun. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 270

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Über dieses Buch:

Journalist Jim Qwilleran ist ein durch und durch rationaler Mensch. Als ihm eine alte Bekannte anvertraut, dass sie glaubt, in ihrem Gasthaus spuke es, zögert Jim daher nicht lange. Kurzerhand quartiert er sich und seine Siamkatzen Koko und Yum Yum in der Pension ein, um der Sache auf den Grund zu gehen – schließlich muss es ja eine logische Erklärung für die seltsamen Vorfälle geben! Doch dann findet Koko eine Leiche und es steht fest: Irgendetwas treibt hier sein Unwesen. Und Geister sind plötzlich das kleinste Problem …

»Der Handlungsverlauf ist so anspruchsvoll entworfen worden, dass er nicht nur Katzen-Liebhabern gefällt.« The Times

Über die Autorin:

Lilian Jackson Braun (1913–2011) wurde in Massachusetts geboren. Nach der Highschool arbeitete sie als Journalistin und in der Werbebranche, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Romanen widmete. Ihre Katzenkrimis wurden in 16 Sprachen übersetzt und standen regelmäßig auf der »New York Times«-Bestsellerliste.

Bei dotbooks erscheinen alle Bände der Erfolgsserie. Eine vollständige Übersicht finden Sie am Ende dieses eBooks.

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eBook-Neuausgabe Dezember 2016

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2002 Lilian Jackson Braun

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2002 unter dem Titel »The Cat Who Went Up The Creek«.

Copyright © der deutschen Ausgabe 2003 byVerlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von Bildmotiven von shutterstock/Forewer und Wilm Ihlenfeld

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-904-2

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Lilian Jackson Braun

Die Katze, die ins Schwimmen kam

Kriminalroman

Aus dem Amerikanischen von Christine Pavesicz

dotbooks.

Kapitel 1

In Moose County, 400 Meilen nördlich vom Rest der Welt, war wieder einmal die Moskitowoche angebrochen. Heerscharen von enthusiastischen jungen Mücken stiegen aus den bewaldeten Sümpfen auf, schwärmten in den ganzen Bezirk aus und plagten die Touristen. Die Einheimischen belästigten sie nie. Und nach einer Weile entwickelten sogar die Neuankömmlinge eine gewisse Immunität, die den Mineralien im Trinkwasser und im Boden zugeschrieben wurde, der so wohlschmeckende Kartoffeln hervorbrachte. Was die Sommerfrischler anlangte – die kauften Unmengen Insektenmittel und ergingen sich weiterhin in den höchsten Tönen über das perfekte Wetter, die wunderbaren Angelmöglichkeiten und die hinreißende natürliche Schönheit von Moose County.

Eines Morgens Mitte Juni arbeitete ein Kolumnist des Moose County Dingsbums kurz vor Redaktionsschluss an den tausend Worten, die er alljährlich zu Ehren der Moskitowoche schrieb. Augenzwinkernd schilderte er die haarsträubenden Behauptungen der Leser: Ein Farmer in Wildcat hätte ein Moskitokorps dazu abgerichtet, ihn jeden Morgen, wenn es Zeit zum Melken war, wachzusummen. Eine Musiklehrerin in Pickax City habe eine Lieblingsmücke, die das »Spinnerlied« von Mendelssohn summte.

Der Mann war kein Provinzjournalist. Es handelte sich um James Mackintosh Qwilleran, ehemals Polizeireporter bei großen Tageszeitungen im Süden unten, wie die Einheimischen alle amerikanischen Bundesstaaten mit Ausnahme von Alaska nannten. Eine unerwartete Erbschaft hatte ihn in den Norden geführt, in die Bezirksstadt Pickax (3000 Einwohner). Diese Erbschaft machte ihn auch zum reichsten Mann im nordöstlichen Teil des Mittleren Westens der Vereinigten Staaten (das war eine lange Geschichte).

Er war eine eindrucksvolle Erscheinung, wenn er so in der Stadt herumging, Leute interviewte und der Zeitung Freunde gewann. Er war um die fünfzig, groß, gut gebaut, hatte beneidenswert volles, grau meliertes Haar und einen ebensolchen Schnurrbart von prachtvollen Ausmaßen. Doch das Besondere an ihm war nicht nur der unverwechselbare Schnurrbart; seine traurigen Augen, der teilnahmsvolle Gesichtsausdruck und die stete Bereitschaft, zuzuhören, erweckten in den Menschen das Gefühl, sich ihm anvertrauen zu können. Doch seine Freunde, Leser und Mitbürger hatten erkannt, dass hinter diesem ernsten Äußeren ein liebenswürdiger Mensch mit Sinn für Humor steckte. Und jedermann wusste, dass er allein mit zwei Siamkatzen in einer umgebauten Apfelscheune wohnte.

In dieser Scheune schrieb Qwilleran auf einer alten elektrischen Schreibmaschine, unter den strengen Augen seines Katers, seine Kolumne »Aus Qwills Feder«. Als er das letzte Blatt Papier aus der Schreibmaschine zog, informierte ihn Kao K’o Kung mit einem Knurren, das tief aus seiner Brust drang, dass das Telefon gleich läuten würde.

Es klingelte, und eine vertraute Frauenstimme sagte in bangem Tonfall: »Entschuldigen Sie, dass ich Sie belästige, Qwill.«

»Sie belästigen mich nicht. Ich bin gerade fertig mit –«

»Ich muss persönlich mit Ihnen sprechen«, unterbrach sie ihn, »solange mein Mann weg ist.«

Qwilleran, der eine gesunde Neugier besaß und – wie alle Journalisten – Verschwörungen liebte, fragte: »Wo ist er denn hingefahren?«

»Nach Bixby, um Klempnermaterial zu kaufen. Es ist vielleicht dumm von mir, aber –«

»Keine Sorge. Ich bin in einer halben Stunde bei Ihnen.«

»Kommen Sie in das Cottage hinter dem Haus.«

Lori und Nick Bamba waren das junge Ehepaar, das ihm geholfen hatte, als er als Greenhorn aus dem Süden unten den Moskitos zum Opfer gefallen war. Sie hatte damals das Postamt der Kleinstadt geleitet; er war Chefingenieur im staatlichen Gefängnis gewesen. Es gab zwei Dinge, die sie sich immer gewünscht hatten: eine Familie zu gründen und ein Gasthaus zu führen.

Als Qwilleran Gelegenheit hatte, sie für das neue Nutcracker Inn in Black Creek vorzuschlagen, hatte er das bereitwillig getan. Irgendwie fühlte er sich als Pate des Nutcracker Inn. Wenn er nicht der einzige Erbe von Tante Fanny Klingenschoen gewesen wäre (die nicht einmal mit ihm verwandt war) … Wenn er nicht von der Größe des Vermächtnisses (Milliarden) und der damit verbundenen Verantwortung total überwältigt gewesen wäre … Wenn er nicht den Klingenschoen-Fonds gegründet hätte, der das Geld zum Wohle der Gemeinde verwenden sollte … Und wenn der Klingenschoen-Fonds nicht das alte Limburger-Herrenhaus gekauft und zu einem Landgasthof umgebaut hätte …

Das alles ging ihm durch den Kopf, während er nach Black Creek fuhr, das praktisch eine Geisterstadt gewesen war, bis das Nutcracker Inn den Ort wieder zum Leben erweckt hatte. Die Renovierung hatte im ganzen Land Aufsehen erregt; im Gästebuch waren etliche prominente Namen aufgetaucht; im malerischen kleinen Stadtzentrum wurden laufend neue Geschäfte eröffnet.

Qwilleran hatte das viktorianische Haus noch zu Lebzeiten des letzten exzentrischen Limburger gesehen. Ein Teil des schönen Eisenzauns hatte gefehlt – Limburger hatte ihn einem zufällig vorbeikommenden Fremden verkauft; eine Fensterscheibe war zerbrochen gewesen – ein Halloween-Streich, weil der Alte sich geweigert hatte, Süßigkeiten zu verteilen; streunenden Hunden hatte er Ziegel von den schadhaften Stufen nachgeworfen. Das einzig Freundliche war nach Qwillerans Ansicht eine Kuckucksuhr in der Eingangshalle gewesen, aus deren Innerem ein verrückter Vogel herausschoss und mit monotoner Fröhlichkeit die Zeit verkündete.

Als er jetzt nach Black Creek kam, überlegte er, wie er Vorgehen sollte. In Moose County, wo jedermann wusste, welche Automarke und welches Modell alle anderen fuhren, fiel sein fünf Jahre alter brauner Kleinbus besonders auf. Es wäre wohl kaum gut, wenn er gesehen würde, wie er die Frau des Gastwirts besuchte, während der Gastwirt in Bixby Klempnermaterial kaufte. Also parkte er den braunen Kleinbus wie die Lunchgäste auf dem großen Parkplatz des Gasthofs, spazierte dann auf dem Gelände herum und fütterte die Eichhörnchen. Da er keine Erdnüsse hatte, hatte er Cocktailnüsse mitgebracht, und die Eichhörnchen schienen gegen die leicht gesalzenen Pekan- und Cashewnüsse nichts einzuwenden zu haben.

Die Lori Bamba, die ihn in das Cottage einließ, war nicht die Frohnatur, die er kannte. Die goldenen Zöpfe, die sie um den Kopf geschlungen trug, wirkten farblos, und ihre Augen waren nicht so blau wie sonst. Sie bot ihm Kaffee und einen Walnusskeks an, und er nahm an.

»Wie geht’s den brillanten Bamba-Bälgern?«, fragte er, um einen leichten Tonfall bemüht.

»Die Jungen sind im Ferienlager, und Lovey ist bei ihrer Großmutter in Mooseville. Wir sehen uns am Sonntag.«

»Das ist schön. Also, was für ein ernstes Problem haben Sie?«

»Nun … ich habe immer gedacht, die Arbeit als Gastwirtin wäre genau das Richtige für mich: Man kommt mit Leuten zusammen, sorgt dafür, dass sie zufrieden sind, schafft eine entspannte Urlaubsatmosphäre. Stattdessen bin ich bedrückt.«

»Sind Sie vielleicht nicht ganz gesund?«

»Bei meiner letzten Untersuchung prophezeite mir der Arzt, ich würde hundertzehn Jahre alt werden.« Sie sagte es ohne ein Lächeln. »Das Komische ist – wenn ich sonntags nach Mooseville fahre oder in Pickax etwas erledige, fühle ich mich ganz normal. Ich glaube, an dem Haus selbst ist irgend etwas Deprimierendes! Ich habe schon immer sehr sensibel auf meine Umgebung reagiert, und ich glaube an die Theorie, dass alte Häuser den Charakter der Menschen, die darin gewohnt haben, in sich aufnehmen.«

Er nickte. »Das habe ich auch schon gehört!« Er sagte nicht, ob er es auch glaubte.

»Nick hält mich für töricht und meint, ich bilde mir das alles nur ein. Es ist ein schönes altes Haus und phantastisch renoviert, aber ich habe das Gefühl, als hinge eine dunkle Wolke über dem Grundstück.«

Was sollte er darauf sagen? Er dachte an das Dunfield-Haus am Seeufer, in dem einmal ein Mann ermordet worden war. Die Immobilienmakler bekamen es weder vermietet noch verkauft, obwohl sie die düstere Vergangenheit des Hauses verschwiegen. Er erwiderte: »Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Ich würde gerne ein paar Tage hier verbringen – um zu sehen, ob ich irgendwelche negativen Schwingungen aufnehmen kann.«

»Würden Sie das tun, Qwill?«, rief sie. »Sie könnten eine Suite im obersten Stock haben und die Katzen mitbringen. Sie wären unser Gast!«

»Nein, nein! Offiziell wäre ich auf Materialsuche für meine Kolumne hier. Alle Rechnungen würden auf mein Spesenkonto gehen. Welche Mahlzeiten bieten Sie an?«

»Frühstück und Abendessen. Wir haben einen ausgezeichneten Küchenchef – aus Palm Springs. Und die Suiten haben einen kleinen Kühlschrank und eine Kaffeemaschine. Wollen Sie sich eine ansehen?«

»Das ist nicht nötig. Ich habe bei der Eröffnung im vergangenen Herbst die große Führung mitgemacht. Gibt es den schwarzen Kater noch?«

»Nicodemus? Oh, ja! Die Gäste lieben ihn; trotz seiner bösen Augen ist er unheimlich lieb!« Nicodemus war ein schlanker, schwarzer Kater mit einem Blick wie ein Laserstrahl. »Er ist unser offizieller Kammerjäger«, sagte Lori, fast so enthusiastisch wie früher. »Er fängt die Mäuse nicht; er erschreckt sie nur zu Tode. Fahren Sie gerne Kanu, Qwill? Wir haben am Fluss unten ein paar Boote.«

In seiner Jugend hatte Qwilleran oft gedacht: Wenn ich nicht bei den Chicago Cubs Baseball spielen oder für die New York Times schreiben oder auf einer Broadway-Bühne Theater spielen kann … dann wäre ich gerne Detektiv. Und jetzt erregte selbst etwas so vage Rätselhaftes wie Loris »dunkle Wolke« seine Neugier. Außerdem …

Qwilleran fand es reizvoll, öfter mal den Wohnsitz zu wechseln. Während seiner früheren Arbeit als Auslandskorrespondent hatte er sich eine chronische Reiselust eingehandelt. Das Projekt Black Creek käme gerade zur rechten Zeit; die wichtigste Frau in seinem Leben fuhr in Urlaub. Polly Duncan, die Leiterin der öffentlichen Bücherei von Pickax, wollte gemeinsam mit ihrer Schwester, die in Cincinnati lebte, Museumsdörfer an der Ostküste besuchen. Qwilleran machte sich so seine Gedanken über die Streifzüge, die die beiden Schwestern unternahmen. Im Vorjahr hatten sie in Kanada einen überaus sympathischen Professor aus Quebec kennen gelernt, der seither mit Polly korrespondierte … auf Französisch! Sie sagte, dabei könne sie ihre Sprachkenntnisse auffrischen.

Qwilleran würde sie am frühen Morgen zum Flughafen bringen, doch heute Abend stand ein Abschiedsessen im Mackintosh Room des Hotels auf dem Programm.

Sobald sie Platz genommen hatten, stellte er die üblichen albernen Fragen. »Hast du schon alles gepackt? Bist du aufgeregt?«

»Ich lasse Brutus und Catta gar nicht gerne allein zurück, aber ich habe ganz in der Nähe eine Katzensitterin gefunden. Sie wird zweimal täglich kommen, um sie zu füttern und mit ihnen zu spielen. Heute Morgen in der Dusche ist mir zu Catta ein Limerick eingefallen: Ein Kätzchen namens Catta / Wird ständig fetta und fetta / Doch sie ist pelzig und mollig / Und lustig und drollig / Also macht sie das Bäuchlein nur netta.«

»Ich hätte ihn selbst nicht besser dichten können«, sagte er. »Falls wir diesen Sommer wieder einen Limerick-Wettbewerb veranstalten, würdest du dich als Preisrichterin zur Verfügung stellen?«

»Mit dem größten Vergnügen! Und was wirst du tun, während ich weg bin?«

»Schundromane lesen und wilde Partys feiern – das heißt, wenn ich jemanden finde, der wilde Partys mag … Aber im Ernst, ich habe vor, ein paar Wochen im Nutcracker Inn zu verbringen, um neues Material für meine Kolumne zu sammeln.«

»Ich wünschte, du würdest mitfahren, Qwill.«

»Vielleicht nächstes Jahr, aber bitte keine Museen! Was ich bei meiner Arbeit für ›Qwills Feder‹ dazulerne, reicht mir.«

»Wir könnten ins italienische Hügelland fahren und Gedichte lesen, am grünen Rand der Welt.«

»Den grünen Rand der Welt bevölkern heutzutage Horden von Touristen, Polly – die fotografieren und Ansichtskarten kaufen. Ach, übrigens, wenn du mir Ansichtskarten schickst, denk daran, dass das Bild auf der Vorderseite weniger wichtig ist als die Nachricht auf der Rückseite. Mehr Neuigkeiten! Mehr Neuigkeiten!«

Während der kommenden zwei Wochen sollte er noch oft an seine Worte denken; Polly war stets eifrig bemüht, seinen Wünschen nachzukommen.

Doch zuerst musste Qwilleran sie zum Acht-Uhr- Shuttleflug nach Minneapolis bringen. Nach einem tränenreichen Abschied von Brutus und Catta und einer rasanten Fahrt zum Flughafen stellte sich heraus, dass der Flug Verspätung hatte, weil die Pilotin noch nicht da war. Wie der Flughafendirektor sagte, war der Babysitter der Pilotin krank, und sie hatte Probleme, einen Ersatz zu finden. Schließlich traf sie doch ein und versicherte den Passagieren, dass sie ihre Anschlussflüge erreichen würden.

Schließlich rollte das Flugzeug auf die Startbahn, hob ab und verschwand am Himmel, und die Zurückgebliebenen schauten ihm nach, als wären sie Zeugen eines Wunders.

Auf dem Heimweg fuhr Qwilleran an den Straßenrand, um ein paar Telefonate zu erledigen. Moose County war der erste Bezirk im Staat, in dem Telefonieren mit Mobiltelefon am Steuer verboten war. Von den Strafzetteln erwartete sich die Bezirksverwaltung genug Geld für den Bau eines Fußballstadions.

Zuerst rief er Andrew Brodie an, den Polizeichef von Pickax. »Andy, ich fahre ein paar Wochen weg, und ich habe einen zwölf Jahre alten schottischen Single-Malt Whisky, der zu gut ist, um ihn irgendwelchen Einbrechern zu überlassen. Wollen Sie nicht auf einen Schlummertrunk vorbeikommen?«

Der Polizeichef, stets an Verbrechensverhütung interessiert, sagte, er würde um 22 Uhr da sein.

Danach wählte Qwilleran die Nummer von Junior Goodwinter, dem jungen Chefredakteur des Moose County Dingsbums. »Junior, die Beiträge für meine nächsten Kolumnen schicke ich per Fax. Ich werde auf einem Dromedar die ägyptische Wüste durchqueren.«

»Aber du bist doch gerade erst von deiner Skateboard-Tour durch Paris zurückgekehrt!«

»Ich muss frischen Wind in meine Kolumne bringen.«

»Pass auf, dass sie nicht zu windig wird«, ermahnte ihn Junior. »Unsere Leserschaft ist konservativ.«

Auf der Weiterfahrt erstellte Qwilleran im Geist eine Liste der Dinge, die er tun, und der Sachen, die er für die Expedition nach Black Creek (eine halbe Autostunde entfernt) einpacken musste:

Postamt verständigen.

Anwalt verständigen.

Hausmeisterservice verständigen.

Kühlschrank ausräumen.

Kleidung, Schreibmaterial, Bücher, Zeitschriften einpacken.

Katzenkistchen; zwei große Säcke Katzenstreu, zwei Teller und zwei Wasserschüsseln, Vitamintabletten, Pflegeutensilien, Kokos Leine und Laufgeschirr,

alte Paisley-Krawatte einpacken.

Mountainbike und Silverlight mitnehmen.

Die Katzen erwarteten ihn sorgenvoll; sie wussten es! Sie spürten, dass in ihrem geruhsamen Leben eine Veränderung bevorstand.

»Wir verreisen!«, kündigte Qwilleran ihnen an. »Ihr werdet als Gäste in einem prachtvollen Gasthof mit Zimmerservice und einem Küchenchef aus Palm Springs – oder Palm Beach – wohnen. Dort lebt ein Kater namens Nicodemus, der sehr freundlich ist. Und ihr könnt sogar in einem Kanu den Fluss hinauffahren.«

Den Katzen, eingefleischten Verfechtern des Mottos »Am schönsten ist es zu Hause«, war seine Rastlosigkeit jedoch stets zutiefst zuwider. Still, reglos und missgelaunt saßen sie im Licht eines Sonnenstrahls, der durch ein hohes Scheunenfenster fiel. Er brachte ein Glitzern in ihr helles Fell, von dem sich ihre dunkelbraunen Gesichtsmasken und Ohren scharf und herausfordernd abhoben. (Die braunen Beine und Schwänze waren unter dem Körper verstaut.)

»Nun, zu eurer Information, ihr fahrt trotzdem«, teilte Qwilleran ihnen mit.

Yum Yum, das sanfte Weibchen, kniff unverbindlich die Augen zusammen. Koko, der stattliche Kater, der wusste, dass sein richtiger Name Kao K’o Kung war, schlug mit dem Schwanz auf den Fußboden. Als ihnen Qwilleran ihr Mittagshäppchen auf den Futterplatz stellte, ignorierten sie es, bis er das Zimmer verlassen hatte.

Nachmittags fuhr er ins Kunstzentrum, wo er als einer der Preisrichter das beste Exponat einer Ausstellung bestimmen sollte, die am Sonntag eröffnet wurde. Es handelte sich um Selbstporträts von einheimischen Künstlern. Er wäre der Erste gewesen, der zugegeben hätte, nichts von Kunst zu verstehen, doch er wusste, dass sein Name auf der Preisrichterliste gefragt war – nicht seine Fachkenntnis. Die Leiterin des Kunstzentrums hatte ihm schöne Augen gemacht; und mit ihrem Augenaufschlag erreichte Barb Ogilvie stets, was sie wollte. Sie hatte jedoch verabsäumt, ihm zu sagen, dass die Porträtkünstler allesamt Drittklässler waren.

»Mit dieser Veranstaltung«, erklärte sie den versammelten Preisrichtern, »sollen Familien ins Kunstzentrum geholt werden, die es sonst vielleicht nicht besuchen würden. Sie werden ihr Lieblingsbild wählen, Punsch trinken und Kekse essen. Wir hoffen, damit neue Freunde zu gewinnen.«

Die Wahl der Preisrichter fiel auf das mit Pastellkreiden gezeichnete Porträt eines blonden Mädchens in einem rosa Kleid.

Barb fragte Qwilleran: »Werden Sie an der Eröffnung teilnehmen?«

»Tut mir Leid. Ich werde im Auftrag der Zeitung in Black Creek sein, aber ich fände es nett, wenn Sie danach einmal mit mir zu Abend essen würden – im Nutcracker Inn.« Es gehörte zu seinen größten Vergnügen, jemanden – egal, wen – zum Abendessen in ein gutes Restaurant auszuführen.

»Das wäre wunderbar!«, rief sie und setzte wieder ihren berühmten Augenaufschlag ein. Niemand lehnte je Qwillerans Einladungen zum Abendessen ab.

So weit, so gut, dachte Qwilleran. Jetzt kam der schwierige Teil: zwei eigensinnige Katzen, die Ortswechsel hassten, zu überführen. Er würde heimlich agieren – seine Strategie bestand aus drei Einzelaktionen.

Während er auf Andy wartete, brachte er die Katzen in den fliegengitterbespannten Pavillon im Garten. Die nächtlichen Geräusche in freier Natur würden ihre Aufmerksamkeit von den Aktivitäten im Scheunenhof ablenken, wo zwei Fahrräder im Inneren eines Busses angebunden wurden.

Um 22 Uhr traf Andrew Brodie in der Scheune ein – ein großer, kräftiger Schotte mit der Autorität eines Polizeichefs und dem stolzen Gang eines Dudelsackspielers. Er war beides. »Also, wohin fahren Sie denn diesmal?«, wollte er wissen.

»Nach Black Creek – ich wohne im Nutcracker Inn und sehe mich nach Material für meine Kolumne um.«

»Was machen Sie mit den Katzen?«

»Die nehme ich mit.« Qwilleran richtete eine Käseplatte mit Cheddar, geräuchertem Gouda und Stilton her. Andy saß gerne an der Snackbar und schnitt sich Käsestückchen ab.

»Ihre Tochter hat beim Umbau des alten Gebäudes großartige Arbeit geleistet, Andy.«

»Ja, das war eine ziemliche Bruchbude.«

»Eine große Zeitschrift bringt nächsten Monat einen Bericht darüber, und ich habe gehört, dass Fran Angebote aus Chicago und anderen Städten bekommt.«

»Ja, sie macht sich recht gut.« Brodie sagte es traurig, und Qwilleran dachte daran, dass er mit einem für diese Gegend typischen altmodischen Vater sprach, für den eine Karriere weniger erstrebenswert war als eine Familie. Er wechselte das Thema. »Kannten Sie den alten Gus Limburger, Andy?«

»Na klar! Das war ein verrückter alter Kauz. Er ging herum und fragte alle Frauen, ob sie ihn heiraten und sein Haus als Pension führen wollten. Er fragte junge und alte, hässliche und hübsche, verheiratete und unverheiratete. Wir bekamen so viele Beschwerden, dass wir ihm mit einer Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses drohten.« Andy schlug sich johlend auf den Schenkel. »Lois Inchpot hat ihn mit einem Nudelholz aus ihrem Lokal gejagt! Das war nach seiner Rückkehr aus Deutschland, wo er eine Zeit lang gelebt hatte. Ich habe damals im Sheriffbüro gearbeitet, und wir mussten das Limburger-Herrenhaus auf unserer Streife regelmäßig kontrollieren. Eine Immobilienverwaltung zahlte die Steuern und ließ das Gras mähen, und denen meldeten wir Vandalenakte. Die Leute bezeichneten es als Spukhaus. Das ist jetzt zwanzig, dreißig Jahre her … Haben Sie den alten Gus persönlich gekannt?«

»Ich habe einmal versucht, ihn zu interviewen, aber er war zu exzentrisch. Er saß auf der Veranda und warf mit Steinen nach streunenden Hunden; als er einmal einen Hund jagte, stolperte er über einen losen Ziegel in der Vordertreppe. An diesem Sturz ist er gestorben.«

»Alle waren überrascht, als sie erfuhren, dass er in Deutschland eine Tochter hatte. Ich wette, die war nur zu froh, dass sie alles an den Klingenschoen-Fonds verkaufen konnte.«

»Noch ein Glas, Andy?«, fragte Qwilleran.

»Ein kleines Schlückchen … Sagen Sie, kennen Sie Doc Abernethy? Er wohnt in Black Creek. Ist Kinderarzt. Betreut meine Enkelkinder.«

Todernst sagte Qwilleran: »Nein, ich kenne ihn nicht. Ich gehe mit meiner Familie zum Tierarzt.«

Sein Gast tat diese Bemerkung mit einem Brummen ab. »Doc kann Ihnen eine Geschichte über seine Begegnung mit einem Waldgeist erzählen, die sein Leben verändert hat.«

»Inwiefern?«

»Besuchen Sie ihn, und fragen Sie ihn selbst. Er hat ein paar gute Geschichten auf Lager – und alle sind wahr, das schwört er.«

»Er schreibt auch gute Leserbriefe«, antwortete Qwilleran.

»Ein guter Bürger. Sehr engagiert.« Der Polizeichef blickte auf die Uhr und trank sein Glas aus. »Muss meine Frau von der Kirche abholen.«

Brodies Abfahrt leitete den zweiten Teil von Qwillerans Plan ein. Er holte die Katzen, die fast berauscht waren von den nächtlichen Lichtern, vom Pavillon herein und gab ihnen dann ein größeres Gute-Nacht-Häppchen als sonst. Sie taumelten die Rampe hinauf auf die dritte Galerie, und Qwilleran schob ein Video mit Naturaufnahmen in den Recorder (den Ton schaltete er aus). Yum Yum schlief bereits, noch bevor er die Tür schloss, und Koko schwankte merklich vor dem Bildschirm.

Qwilleran beglückwünschte sich und verbrachte die nächste Stunde mit fieberhaften, aber leisen Aktivitäten – er tappte in Hausschuhen im Haus herum, packte Koffer und Kartons, öffnete und schloss lautlos Türen und Schubladen, wobei er sorgsam darauf achtete, nichts fallen zu lassen.

Alles lief nach Plan. Der Polizeichef hatte versprochen, in seiner Abwesenheit die Scheune im Auge zu behalten. Als Qwilleran das Licht ausschaltete und in seine Suite auf der ersten Galerie ging, hatte er alles, was er und die Katzen in drei Wochen brauchen würden, hinter der Küchentür aufgestapelt, so dass sie vor dem Frühstück abreisen konnten. Doch bevor er die Tür öffnen konnte, ertönte aus den oberen Gefilden ein langgezogenes, ohrenbetäubendes, zweistimmiges Heulen. Er zuckte zusammen. Das Heulen schien zu sagen: Du kannst uns nicht täuschen, du Dummkopf!

Er konnte nichts mehr tun oder sagen; sollten sie doch heulen, bis ihre Batterien leer waren. Dann beschloss er, ein Kapitel des Buches, an dem er schrieb, noch einmal durchzulesen. Das Buch war eine Sammlung von Legenden aus Moose County und sollte den Titel Mehr oder weniger haarsträubende Geschichten erhalten.

DIE LEGENDE VOM MISTHAUFEN

Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, als sich Moose County sprunghaft zu entwickeln begann, war das wie ein Goldrausch ohne Gold. Es gab Kohle zu fördern, Wälder abzuholzen, Granit abzubauen, Land zu erschließen, Vermögen zu machen. Es sollte der reichste Bezirk im Staat werden.

Im Jahr 1859 trafen auf einem kanadischen Schoner zwei junge Burschen ein, die aus Deutschland stammten und keinen Penny in der Tasche hatten.

Als sie den Fuß auf fremde Erde setzten, blickten sie sich zur Orientierung um und sahen ihn beide gleichzeitig! Einen Geldschein auf einem Misthaufen! Ohne nachzuschauen, wie viel er wert war, rissen sie ihn in der Mitte auseinander und besiegelten so ihre Partnerschaft. Von jetzt an wollten sie alles miteinander teilen.

Die beiden hießen Otto Wilhelm Limburger und Karl Gustav Klingenschoen. Sie waren fünfzehn Jahre alt.

Der Bedarf an Arbeitskräften war groß. Sie heuerten als Zimmermänner an, arbeiteten hart, befolgten die Anweisungen, lernten soviel sie konnten, benutzten ihren Verstand, hielten nach Chancen Ausschau, gingen Risiken ein, waren vorsichtig beim Geldborgen, begingen kleine Betrügereien und starteten schließlich ein eigenes Unternehmen.

Als sie Mitte dreißig waren, dominierten Otto und Karl das Gast- und Hotelgewerbe. Sie besaßen alle Pensionen, Speiselokale und Herbergen entlang dem Seeufer. Erst dann heirateten sie: Otto eine gottesfürchtige Frau namens Gretchen, Karl eine lebenslustige Frau mit dem Spitznamen Minnie. Bei der Doppelhochzeit schworen die Freunde einander, ihre Kinder jeweils nach dem anderen zu nennen. Sie erhofften sich Söhne, aber falls es Mädchen wurden, konnten sie Karla und Wilhelmina getauft werden. So waren die beiden Familien noch enger miteinander verbunden … bis vom Seeufer Gerüchte über Karls Frau herüberwehten. Karl wies die üble Nachrede zurück, und Otto glaubte ihm.

Aber die Geschichte geht noch weiter! Eines Tages trat Karl mit einer Idee zur Erweiterung ihres Imperiums an seinen Partner heran: Er wollte Saloons, Tanzpaläste und Unterhaltungslokale verschiedenster Art dazubauen … Otto war empört! Die beiden Männer stritten. Sie warfen einander Beleidigungen an den Kopf. Sie prügelten sich sogar und zerrissen dann mit blutenden Nasen die Hälften des Geldscheins, die sie seit dem Wunder vom Misthaufen stets in ihren Taschen getragen hatten.

Karl machte allein weiter und war in finanzieller Hinsicht außergewöhnlich erfolgreich. Zum Beweis dafür baute er in Pickax, gegenüber dem Amtshaus, ein schönes Herrenhaus aus Bruchstein. Otto schlug zurück, indem er aus Europa Steinmetze und Zimmerleute kommen ließ und in Black Creek einen Palast aus Ziegeln errichtete. Wie die Gemeinde auf die beiden architektonischen Wunderwerke reagierte, ist erwähnenswert. Die Elite des Bezirks wetteiferte darum, von Otto zum Tee und zur Besichtigung seiner Walnusstäfelungen eingeladen zu werden; Karl und Minnie luden zu einer Party ein, und niemand kam.

Als bekannt wurde, dass in dem Ziegelpalast eine Hochzeit stattfinden sollte, sprach man in den besten Familien von nichts anderem mehr. Die Braut war Ottos einzige Tochter; er hatte eine Ehe mit einem passenden jungen Mann aus der Goodwinter-Familie arrangiert; der Termin stand bereits fest. Wer würde eingeladen werden? Stimmte es, dass Otto mit seiner Tochter zum Friedensrichter gegangen war und ihren Namen von Karla in Elsa hatte ändern lassen? Es stimmte. Elsas Aussteuertruhe war gefüllt mit feiner Leinentischwäsche und Spitzenwäsche für den Hochzeitstag. Die Geschenke wurden mit den nobelsten Kutschen der Stadt geliefert. Die Näherinnen machten Überstunden, um die Kleidung für die Hochzeitsgäste fertig zu stellen. Die Kleider für die Brautjungfern wurden per Schiff aus Deutschland importiert. Angenommen, auf hoher See gäbe es einen Sturm! Angenommen, sie kämen nicht rechtzeitig an!

Und dann, am Abend vor dem Hochzeitstag, brannte Ottos Tochter mit dem jüngsten Sohn von Karl Klingenschoen durch!

Schock, Fassungslosigkeit, pures Entsetzen und der unerträgliche Verdacht, dass Karl und Minnie dahinter steckten – all diese Gefühle zusammen wirkten sich auf Ottos Geisteszustand aus.

Was das junge Paar anlangte, gab es Gerüchte, dass sie nach San Francisco gegangen seien. Als ein paar Jahre später die Nachricht eintraf, die beiden seien bei dem Erdbeben umgekommen, hatte Elsas Vater in seiner Verwirrung keine Ahnung, wer sie waren.

Karl und Minnie lebten bis ans Ende ihrer Tage im prächtigsten Haus von Pickax, von allen angesehenen Bürgern ignoriert. Karl erfuhr nicht mehr, dass sein riesiges Vermögen beim Börsenkrach im Jahr 1929 verloren ging.

Gegen Ende des Jahrhunderts war Ottos einziger Nachkomme ein Exzentriker, der auf der Veranda des Ziegelpalastes saß und mit Steinen nach Hunden warf.

Karls einziger Nachkomme war Fanny Klingenschoen, die selbst ein Vermögen machte, das zehnmal so groß war wie das ihres Großvaters.

Am Ende nahm die Geschichte der beiden Familien einen seltsamen Verlauf. Der Klingenschoen- Fonds kaufte zwei Gebäude aus dem Limburger- Besitz: das Herrenhaus in Black Creek und das Hotel in Pickax. Aus Ersterem wurde das Nutcracker Inn; Letzteres ist jetzt das Mackintosh Inn. In der »Legende vom Misthaufen« hat sich der Kreis geschlossen.

Als Qwilleran zu Ende gelesen hatte, dachte er: Kein Wunder, dass über diesem alten Gebäude eine dunkle Wolke hängt …. Wir werden ja sehen!

Kapitel 2

Qwillerans Strategie für die frühmorgendliche Abreise bestand in der Überrumpelung seiner Reisegefährten: Zeitig aufstehen – kein Frühstück die Katzen in ihren Reisekorb packen, bevor sie die Augen ganz offen hatten – viel reden – und losfahren! Er erzählte seinen Passagieren alles Mögliche, und sie waren still – ob mürrisch oder benommen, das war nicht klar.

»Das ist nicht schlimmer als euer jährlicher Besuch beim Tierarzt. Und das Gute daran ist, ihr bekommt weder eine Spritze noch ein Thermometer. Ihr werdet verwöhnt werden und im zweiten Stock wohnen, in einem Zimmer mit schöner Aussicht. Zu eurer Unterhaltung gibt es jede Menge Krähen und Eichhörnchen. Und in dem Haus wohnt ein überaus interessanter Kater. Ihr werdet ihn nicht persönlich kennen lernen, aber ihr könnt einander durch die Tür beschnuppern. Und Koko kann am Flussufer spazieren gehen und zusehen, wie die Forellen aus dem Wasser springen.«

Der Kater war stets gern bereit, sich das Laufgeschirr anlegen zu lassen und auf Qwillerans Schulter einen Ausflug zu unternehmen. Yum Yum konnte daran überhaupt nichts finden; wenn ihr das Laufgeschirr angeschnallt wurde, ließ sie sich auf die Seite plumpsen und erwartete, dass man sie wie ein Spielzeugauto hinterherzog.

Qwilleran übernahm die Rolle des Fremdenführers. Er erzählte ihnen mehr, als sie wissen wollten, aber das Timbre und der Klang seiner Stimme wirkten beruhigend auf sie. Also erzählte er ihnen, dass im Jahre 1869 beim großen Brand von Black Creek, einer blühenden Pionierstadt, nur ein Haufen Asche übrig blieb, und dass es danach mit einer Oper und dem Limburger-Herrenhaus größere Bedeutung erlangte. Als dann jedoch die Bergwerke geschlossen wurden und die Wälder abgeholzt waren, wurde Black Creek zu einer Geisterstadt.

Als Qwilleran Atem holte, bewies ein »Yau!« zum richtigen Zeitpunkt, dass Koko zuhörte. Yum Yum war in den Schlaf gelullt worden.

Der Kleinbus blieb am Seiteneingang des Gasthauses stehen, und ein junger Mann stürzte heraus und rief: »Willkommen im Nutcracker Inn! Sie müssen Mr. Qwilleran sein. Mein Name ist Trent. Ich bringe Sie hinauf in den zweiten Stock, in unsere beste Suite!«

Er war einer der Studenten des öffentlichen College von Moose County, die Kurse in Gastronomie und Hotelmanagement belegt hatten. Sie versahen Teilzeitjobs als Hausdiener, Kellner, Tellerwäscher und Zimmermädchen – und waren froh, in ihrem Wahlfach Erfahrungen sammeln zu können, so dass sie beinahe barsten vor Energie und Begeisterung.

Trent lud alles in den neuen Aufzug. Als er sich gemächlich in Bewegung setzte, fragte er: »Sie haben Kätzchen dabei?«

»Yau!«, ertönte ein so lauter und durchdringender Schrei, dass der Aufzug zu ruckeln begann.

»Um Gottes willen! Was für ein Tier ist denn das?«

»Ein Siamkater«, sagte Qwilleran. »Es ist eine Beleidigung für ihn, wenn man ihn ein Kätzchen nennt. Er ist ein Kater.«

»Tut mir Leid, Kater! … Beißt er?«

»Nur Studenten des öffentlichen College. Achten Sie auf Ihre Ausdrucksweise!«

»Wie heißt er?«

»Kao K’o Kung … Aber Sie können Koko zu ihm sagen.«

Sobald sie in der Suite waren, öffnete Qwilleran den Tragekorb, und zwei vorsichtige Katzen tauchten Schulter an Schulter auf und blickten sich rechts und links um.

Er sagte: »Willkommen in der Nutcracker Suite!«

Yum Yum schnupperte den fremden Teppich gründlich ab, wie immer. Koko ging schnurstracks auf eine geschlossene Tür in der vorderen Ecke des Wohnzimmers zu. Wusste er, dass sie zum Türmchen führte? Er liebte es, von hoch oben hinunterzuschauen. Qwilleran drehte an dem altmodischen Messingtürknopf. Die Tür war abgeschlossen. »Leckerbissen!«, verkündete er und servierte zwei Teller Futter, bevor er wegen der verschlossenen Tür im Büro anrief.

»Nick Bamba am Apparat«, meldete sich eine fröhliche Stimme.

»Nick, hier ist Qwill. Wir sind gerade angekommen und –«

»Willkommen im Nutcracker Inn! Schön, dass Sie da sind! Übrigens –« Er senkte die Stimme. »Lori hat mir gesagt, dass sie Ihnen von der ›dunklen Wolke‹ erzählt hat. Ich persönlich halte ja nichts von diesem übernatürlichen Zeug. Wie steht’s mit Ihnen, Qwill?«

»Ich versuche, für alles offen zu sein.«

»Trotzdem wünschte ich, Sie würden mit ihr sprechen und sie zur Einsicht bringen. Auf Sie hört sie … Wie gefällt Ihnen unsere Suite? Alles in Ordnung?«

»Mit Ausnahme einer Tür, die abgeschlossen ist. Sie führt anscheinend zum Türmchen.«