Die Luft ist wie Champagner - Annemarie Schoenle - E-Book
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Die Luft ist wie Champagner E-Book

Annemarie Schoenle

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Beschreibung

Wenn man Isabella fragte, was sie sich auf der Welt am meisten wünsche, antwortete sie mit unschuldig spöttischem Augenaufschlag und fester Stimme: »Ein schönes Heim und keinen Mann.« Nachdem Christian von seinem zukünftigen Schwiegersohn zuerst wenig begeistert war, hat er ihn doch noch ins Herz geschlossen – und wird bei der Hochzeit seiner Tochter ziemlich überrascht … Stine ist glückliche Hausfrau und Mutter. Als sie Besuch von ihrer alten Freundin Bea bekommt, beginnt sie, diese um ihr Jet-Set-Leben zu beneiden. Außerdem muss sie sich fragen, ob die alte Zuneigung zwischen ihrem Mann und Bea noch immer besteht … Adrian verliebt sich in seine Lehrerin und wünscht sich nichts sehnlicher, als ihr nah zu sein. Ein Wunsch, der sich bald erfüllt – jedoch auf ungeahnte Art und Weise … Unvergleichlich charmant erzählt die Bestsellerautorin Annemarie Schoenle von den Höhen und Tiefen des ganz normalen Lebens. Jetzt als eBook: „Die Luft ist wie Champagner“ von Annemarie Schoenle. dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 168

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Über dieses Buch:

Nachdem Christian von seinem zukünftigen Schwiegersohn zuerst wenig begeistert war, hat er ihn doch noch ins Herz geschlossen – und wird bei der Hochzeit seiner Tochter ziemlich überrascht … Stine ist glückliche Hausfrau und Mutter. Als sie Besuch von ihrer alten Freundin Bea bekommt, beginnt sie, diese um ihr Jet-Set-Leben zu beneiden. Außerdem muss sie sich fragen, ob die alte Zuneigung zwischen ihrem Mann und Bea noch immer besteht … Adrian verliebt sich in seine Lehrerin und wünscht sich nichts sehnlicher, als ihr nah zu sein. Ein Wunsch, der sich bald erfüllt – jedoch auf ungeahnte Art und Weise …

Unvergleichlich charmant erzählt die Bestsellerautorin Annemarie Schoenle von den Höhen und Tiefen des ganz normalen Lebens.

Über die Autorin:

Die Romane Annemarie Schoenles werden millionenfach gelesen, zudem ist sie eine der begehrtesten Drehbuchautorinnen Deutschlands (u. a. Grimme-Preis). Sie ist Mutter einer erwachsenen Tochter und lebt mit ihrem Mann in der Nähe von München.

Bei dotbooks erschienen bereits Annemarie Schoenles Romane »Frauen lügen besser«, »Verdammt, er liebt mich«, »Nur eine kleine Affäre«, »Du gehörst mir«, »Eine ungehorsame Frau«, »Ringelblume sucht Löwenzahn«, »Ich habe nein gesagt«, »Familie ist was Wunderbares«, »Abends nur noch Mondschein« und die Sammelbände »Frauen lügen besser & Nur eine kleine Affäre« »Ringelblume sucht Löwenzahn & Abends nur noch Mondschein« sowie die Erzählbände »Der Teufel steckt im Stöckelschuh«, »Die Rache kommt im Minirock«, »Die Luft ist wie Champagner«, »Das Leben ist ein Blumenstrauß«, »Dreitagebart trifft Minirock«, »Tanz im Regen« und »Zuckerherz und Liebesapfel«.

Die Website der Autorin: www.annemarieschoenle.de

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eBook-Neuausgabe Dezember 2013

Dieses Buch erschien bereits 1991 unter dem Titel »Lieben Sie Langusten« bei Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München

Copyright © der Originalausgabe 1991 Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2013 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München, unter Verwendung von iStockphoto.com/chihhang

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95520-452-5

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Annemarie Schoenle

Die Luft ist wie Champagner

Charmante Geschichten

dotbooks.

Ein prachtvoller Bursche

Schon als Christian die Wohnung betrat und seine Schlüssel energisch auf den Tisch warf, wußte er, daß nichts, aber auch gar nichts diesen unerfreulichen Tag erfreulicher machen würde. Schweigend hängte er seinen Mantel auf einen Bügel und sah die Post durch: das Finanzamt würde sich freuen, die Reparaturwerkstätte auch, und Tante Ada schrieb, daß es herrlich sei auf Ischia, da schon die Narzissen blühten und Frau von Wellersborn wieder die Suite neben ihr bewohne.

»Wo ist Susanne?« fragte er seine Frau, die geduldig neben ihm stand und so zierlich und mädchenhaft wirkte wie eh und je.

»Sie geht aus. Mit Thomas.«

Christians Gesicht verdüsterte sich. Wie immer, wenn ihm klar wurde, daß seine kleine Susi mit den Rattenschwänzchen und Zahnlücken zu einem ansehnlichen Stück Weib herangereift war, das stundenlang am Telefon kicherte, Puder im Waschbecken verstreute und die langen, blonden Haare in seiner Haarbürste vergaß, dräute es in seinem Inneren, und die Ahnung von Unwiederbringlichem legte sich schwer auf seine Brust.

»Geruht unsere Tochter auch irgendwann einmal zu Hause zu sein? Oder degradiert man uns allmählich zur luxusrenovierten Frühstückspension?«

»Wieso luxusrenoviert?« versuchte Doris abzulenken.

»Haben wir nicht die niedlichen Dachstübchen ausbauen, eine Dusche installieren, Fliesen legen und die Wände mit teuren Tapeten bekleben lassen, nur damit Susanne einen würdigen Rahmen für ihr junges Dasein findet? Und wozu das alles, wenn ich fragen darf, da sie doch nie zu Hause ist, um zu genießen, was wir ihr beschert?« Christians Wortschatz wurde unermeßlich blumig, wenn er sich ärgerte.

»So schlimm ist es doch gar nicht, mein Lieber.«

»Es ist schlimmer. Ein Klappbett im Gästezimmer hätte es auch getan, wenn du mich fragst.«

»Ich frage dich aber nicht.« Doris lächelte ihn an und setzte dann hinzu: »Sie ist eben verliebt.«

»Zum wievielten Male?«

»Sie will heiraten.«

»Was will sie?«

»Sie will heiraten.«

Der Druck auf Christians Brust wuchs. »Wen?«

»Thomas Heldmann.«

»Wer ist Thomas Heldmann?« fragte er mit flacher Stimme, obwohl er ganz genau wußte, wer der Kerl war. »Doch nicht dieser kleine Pickelige, der immer unaufgefordert in unser Wohnzimmer stürmt und uns erklärt, daß jeder über vierzig ein reaktionärer Schlaffi sei, der seine Freßleiste, sprich seinen Mund, nur mehr dazu verwende, sinnlos herumzulabern?« Christian lachte böse auf. »Oder vielleicht dieser große Blonde, der beim Kreuzworträtsel Luther für einen Popmusiker hielt und den laufend Kultur und Bildung verfolgen, ohne ihn je einzuholen?«

»Die beiden sind längst passé.«

»Ach! Sind sie das? Nun, dann wird es wohl dieser bärtige Riese sein, der mir ständig auf die Schultern klopft und ›Wird schon werden, alter Junge!‹ röhrt.«

»Das ist der Heizungsmonteur. Du hast ihn selbst gerufen, weil der Regler im Keller kaputt war, erinnerst du dich?»Doris Augen begannen zu glänzen. »Nein. Thomas ist ein netter junger Mann, angenehm, höflich und bescheiden. Er hängt als einziger seinen Mantel ordentlich auf einen Bügel, sagt ›Guten Tag‹, ohne Kaugummi zu kauen, und hat mir sogar schon einmal Blumen mitgebracht. Und obendrein ist er erfreulich ruhig und zurückhaltend.«

»Ach so! Du meinst den Stummen!«

»Er ist nicht stumm, er ist schüchtern. Was kein Wunder ist.« Doris Ton wurde spitz.

»Was soll das heißen?«

»Das soll heißen, daß du ihn fortwährend schändlich behandelst. Dabei versucht er immer, mit dir ins Gespräch zu kommen.«

»Er versucht nicht, mit mir ins Gespräch zu kommen. Er beschreitet Allgemeinplätze. ›Schönes Wetter heute‹, sagt er, obwohl es draußen wie aus Kübeln gießt. Oder: ›Die Börse ist wieder am Sinken.‹ So ein Schwachsinn. Was versteht der kleine Angestellte einer Elektrofirma schon von der Börse?«

»Ach! Ich dachte, du erinnerst dich gar nicht an ihn? «

»Schwach. Ich erinnere mich schwach. An einen Kerl, der mit roten Ohren an unserer offenen Wohnzimmertür vorbeischleicht, die Treppen hinaufstolpert, um sie ein paar Stunden später mit dem gleichen ängstlichen Schritt wieder herunterzufallen. Er reicht zum Abschied eine feuchte Hand und lächelt so verlegen, als hätte er Susannchen inzwischen abgemurkst, oben, im kleinen Giebelzimmer. Dann wirft er sich in seinen schicken Sportwagen und braust davon, mit quietschenden Reifen und empörtem Motor. Die Hunde beginnen zu bellen, die neugierigen Nachbarn stehen hinter den Vorhängen, und auch der Schwerhörigste im Ort vermutet folgerichtig, daß der Liebhaber unserer Tochter die Stätte seiner ruchlosen Taten verläßt.«

»Daß er schweigsam ist, liegt an dir. Du knurrst sofort bösartig hinter deiner Zeitung hervor, wenn er kommt, um dich zu begrüßen. Daß er stolpert, wenn er die Treppen hinaufsteigt, ist ebenfalls deine Schuld. Denn dein starrer Blick bohrt sich in seinen Rücken, so daß ihm gar nichts anderes bleibt, als die Kontrolle über seine Gliedmaßen zu verlieren. Die feuchte Hand beim Abschied letztendlich ist der pure Angstschweiß. Und der Sportwagen gehört seinem Bruder. Er leiht ihn sich nur aus, um abends schneller bei Susanne sein zu können.«

»Wäre gar nicht nötig, diese Eile«, brummte Christian und wandte sich ab.

Am nächsten Morgen blinzelte eine schüchterne Frühlingssonne hinter zartgrauen Wolken hervor. Christian, erquickt durch einen angenehmen Traum, in dem Susannchen jedwedem Mann zuerst die kalte Schulter und dann die Tür gezeigt hatte, sprang vergnügt aus dem Bett. Von wegen Schlaffi, dachte er und grinste sein dunkelbärtiges Spiegelbild an.

»Dieser Thomas ...« Doris bestrich liebevoll eine Semmel mit Butter. »Er wird von seiner Elektrofirma zu einem kleinen Fortbildungskursus geschickt. Aber er hat Schwierigkeiten in den Fächern Mathematik und Physik.«

»Das dachte ich mir.« Christians Gemüt befiel sogleich Abscheu. Er war Ingenieur und betrachtete Menschen, die seine Vorliebe für naturwissenschaftliche Themen nicht teilten, mit äußerstem Mißtrauen.

»Könntest du ihm ein wenig behilflich sein? Mit Nachhilfestunden?«

»Wie komme ich dazu, einem wildfremden Menschen Nachhilfestunden zu geben?«

»Er ist kein Wildfremder. Er ist dein zukünftiger Schwiegersohn.«

»Das sagst du.«

»Nein. Das sagt Susanne.«

»Wo ist sie überhaupt?«

»Beim Tennis. Ganz früh schon. Mit Thomas.«

»Wäre besser, er würde etwas für seinen mathematischen Horizont tun«, grantelte Christian und vertiefte sich in seine Zeitung, die er verkehrt herum hielt und mit sorgenschwerer Stirn anstarrte.

Ein paar fliederduftende Wochen gingen ins Land. Doris irritierte Christian mit riesigen Wogen schäumender Seifenlauge, die sie Frühjahrsputz nannte, und Susanne steckte ihr Haar hoch und lief mit Augen umher, so zartblau und träumerisch wie Kinderaugen in der Vorweihnachtszeit.

»Übrigens ... dieser Bursche, der Thomas«, meinte Christian eines Tages verlegen.

»Ja?« Doris' Kopf tauchte, spinnwebenbekränzt, hinter der Couch auf.

»Er ist wirklich ein netter Junge.«

»Tatsächlich?« Um Doris' Mundwinkel zuckte es. »Findest du nicht, daß er ein bißchen einfältig ist?«

»Er ist nicht einfältig«, erwiderte Christian empört. »Höchstens schüchtern. Was kein Wunder ist.«

»Ach. Warum denn?«

»Du musterst ihn ständig, als müßte er zur Herbstprämierung des örtlichen Zuchtbullenvereins. Der typische Schwiegermutterblick verfolgt den Ärmsten. Fehlte bloß noch, daß du seine Bankauszüge und ein Leumundszeugnis der nächsten Meldestelle verlangst.«

»Aber er ist doch so unbeholfen. Er stolpert die Treppen hinauf, und dann, denk doch an den laschen Händedruck!« sagte Doris sanft.

»Ich will nicht, daß du dich ständig über ihn lustig machst. Er ist ein prachtvoller Bursche. Er hat mir sogar angeboten, beim Zündkerzenwechsel behilflich zu sein. Außerdem ist er gescheit. Blitzgescheit sogar.«

»Wirklich?«

»Ja. Die Nachhilfestunden in Mathematik und Physik schafft er phänomenal. Kaum habe ich etwas erklärt, kapiert er schon. Ein kluger Kerl ist er, alles was recht ist.«

Doris kicherte. »Jetzt sag bloß noch, du hättest das von Anfang an gewußt.«

»Ich habe es auch gewußt«, erwiderte Christian beleidigt und nahm sich vor, Thomas auch weiterhin zu unterstützen im Kampf gegen allzu energische Weiblichkeit.

Es war während der Verlobungsfeier.

»Ich sag dir eines, lieber Christian«, meinte Kurt Heldmann, Thomas' Vater, in jenem Zustand seliger Trunkenheit, die dazu verleitet, mit Komplimenten um sich zu werfen. »Deine Susanne ist ein reizendes Mädchen. Sehr, sehr reizend.«

»Und dein Sohn äußerst beeindruckend«, antwortete Christian, nicht minder schwerzüngig. »Ach, was rede ich denn! Ein Prachtexemplar ist er! Und so gescheit. Wie schnell der alles kapiert, vor allen Dingen, wenn es um Mathematik und Physik geht. Schneller als Einstein kapiert er, das hat mich sofort für ihn eingenommen.«

»Wär ja noch schöner, wenn er nicht kapierte!«

»Wieso?«

»Wo er doch Mathematik und Physik studiert.«

»Er tut was?«

»Er studiert. Mathematik und Physik. Im vorletzten Semester.«

»Ich denke, er arbeitet in einer Elektrofirma?«

»Das macht er nebenbei. Um Geld zu verdienen.«

»Und warum hat er nie von seinem Studium erzählt?«

»Weil du dann sicherlich gedacht hättest, dein Susannchen müßte darben und hungern, nicht wahr?« Kurt Heldmann lachte dröhnend und schlug Christian auf die Schulter.

»Du hast es gewußt«; sagte dieser ein paar Stunden später mit zorniger Stimme, als alle Gäste gegangen waren und Susanne, strahlend glücklich, in ihrem Zimmer verschwand.

»Natürlich habe ich es gewußt.« Doris begegnete seinem Blick mit charmantem Liebreiz. »Das Märchen mit den Nachhilfestunden war die einzige Möglichkeit, dir Thomas näherzubringen.«

»Ich bin ein vernunftbegabter, sachlicher Mensch. Man hätte mit mir reden können.«

»Man hat noch nie mit dir reden können, wenn es um Susanne ging. Hätte sie dir erzählt, daß Thomas lediglich stundenweise in dieser Elektrofirma jobbt, hättest du die Nase gerümpft. Hätte sie dir erzählt, er sei Student, hättest du ihn einen Hungerleider genannt. Egal, was sie gesagt hätte: Du hättest ein Büschel Haare in der Suppe gefunden. Und ihm wäre es niemals gelungen, dir zu beweisen, was für ein Prachtkerl er ist.«

»Was redest du denn! Ich habe ihn immer gemocht. Immer!«

»Dann hast du eine recht seltsame Art, deine Zuneigung zu zeigen.« Doris zwinkerte ihm zu. »Wollen wir noch ein Gläschen Sekt zusammen trinken? Und auf unsere Zukunft anstoßen?»

»Auf welche Zukunft?«

»Auf die Zukunft von zwei reaktionären Schlaffis, die nun endlich einmal, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen, tun und lassen können, was sie wollen: eine Weltreise machen, den Mount Everest besteigen oder aber auch im Lande bleiben und auf das erste Enkelkind warten.«

»Dann besteigen wir lieber den Mount Everest«, rief Christian entsetzt. Mit Schrecken ging ihm auf, daß seine Beförderung zum wohlwollenden Schwiegervater zwangsläufig auch jene zum jugendlichen Großvater nach sich ziehen würde. Besonders, da Thomas so ein prachtvoller Bursche war ...

Wiedersehen mit Bea

Es war Freitagnachmittag. Stine stand in der Küche, putzte Gemüse und rührte einen Kuchenteig an. Sie arbeitete schnell und gewandt, summte leise vor sich hin und warf ab und zu einen prüfenden Blick auf die Uhr. Sie war eine nette Person, hellhäutig, mit einem runden Gesicht, vollen Lippen und strahlend blauen Augen. Ihr braunes, kurzgeschnittenes Haar lockte sich, sie trug einen geblümten Rock und eine weiße Bluse und wirkte in all ihrer vergnügten Beweglichkeit sehr jung und temperamentvoll.

Als Carola ihr Rad am Gartentor abstellte und zwei große Einkaufstaschen zum Haus schleppte, lächelte Stine. Es war nett, eine fast erwachsene Tochter zu haben. Es war auch nett, Sohn Markus beim Fußballspielen zuzusehen, die Kaninchen zu füttern, die Rosen zu beschneiden und in der Dämmerung, wenn sie auf der Terrasse saß, mit der dicken Katze Berta einen kleinen Plausch zu halten. Stines Haus war stets voller Leben, in allen Zimmern herrschte gemütliches Chaos, Kinder lärmten, Gäste bewohnten das verträumte Zimmer unterm Giebel, und die Nachbarn blieben grüßend am Gartenzaun stehen und erzählten Stine Dinge, die sie sonst nur für sich behielten.

Stines Mann war Arzt. Ein Wald- und Wiesendoktor, wie et selbst ironisch behauptete. Er war ein Idealist, einer, der nach einem hastig hinuntergeschlungenen Mittagessen noch Hausbesuche erledigte, bei Wind und Wetter in die entlegensten Dörfer fuhr und auch nachts sein Telefon nicht abstellte. Stine liebte ihren Mann sehr. Er hieß Max. Er war von mittlerer Größe, muskulös, dunkelhaarig, breitschultrig. Er hatte ein sehr liebes Lächeln, das in den Augen begann und sein ganzes Gesicht erfaßte, er wirkte ruhig und ausgeglichen und flößte seinen Patienten Vertrauen ein. Er konnte aber auch heftig werden und leidenschaftlich um Dinge streiten, die ihm am Herzen lagen. In der wenigen freien Zeit, die ihm verblieb, studierte er Fachzeitschriften, korrespondierte mit Kollegen, arbeitete an fortschrittlichen Ernährungsplänen und war beileibe nicht so unbedeutend, wie er tat. Er war nur sehr bescheiden.

»Mann!« stöhnte Carola, als sie die Küchentür aufstieß. »Dein Einkaufszettel war so lang wie eine Klorolle. Die böse Rademann hat mich mit ihren Blicken fast aufgespießt, weil sie hinter mir stand und eine Ewigkeit warten mußte.« Sie stellte die Taschen auf einen Stuhl.

»Ist lieb von dir, daß du mir den Einkauf abgenommen hast«, sagte Stine. »Aber ich muß noch so viel erledigen, bevor Bea kommt. Und morgen früh will ich meine Haare waschen und mein Kleid aufbügeln und die Nägel lackieren. Schließlich will ich nicht aussehen wie eine kleine Landpomeranze.«

»Paps würde sagen, du bist auch unlackiert die Schönste.« Carola lachte. Sie war ein hochaufgeschossenes, sommersprossiges Mädchen mit den verblüffend blauen Augen ihrer Mutter. »Brauchst du mich noch? Ich wollte noch eine Stunde zum Baden fahren.«

»Nein, fahr nur. Ist Beas Zimmer fertig?«

»Es ist fertig. Muß ja eine sagenhaft tolle Person sein, wenn du so einen Zirkus machst ihretwegen.«

»Das ist sie auch. Und meine beste Freundin.«

»Deine beste Freundin? Ihr habt euch doch seit eurer Studienzeit nicht mehr gesehen.«

»Wir sind zusammen aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen, wir haben zusammen Tanzkurs gemacht und dabei zusammen deinen Vater kennengelernt. So etwas verbindet.« Stine lächelte.

»Zusammen? Er hatte gleich euch beide?«

»Dein Vater war ein Schwerenöter. Er konnte sich nicht entscheiden. Aber ich hatte mehr Ausdauer, und Bea wollte sowieso immer viel höher hinaus. Oder besser gesagt, in die weite Welt hinaus. Sonderbar.« Stine schüttelte nachdenklich den Kopf. »Wir waren so eng befreundet, wir studierten alle drei in München, Medizin, wie du weißt. Aber wir waren ganz verschieden. Ich habe, als du unterwegs warst, das Studium sofort an den Nagel gehängt. Ohne nach Alternativen zu suchen. Bea wollte sich spezialisieren, Internistin werden, bekannt und wohlhabend. Auch dein Vater hatte seine Träume und sehr soziale Vorstellungen, wenn es um seinen Beruf ging. Er hätte am liebsten eine Zeitlang für Projekte in der Dritten Welt gearbeitet. Aber als ich ihm sagte, daß ich ein Kind bekomme, und als dann der alte Doktor Faber das Angebot machte, hierher zurückzukehren, hat er sofort zugegriffen.«

»Und was machte Bea?«

»Bea ging nach Paris und London. Und später ließ sie sich in Berlin nieder. Sie war ehrgeizig und hatte erstklassige Zeugnisse und Referenzen. Sie schrieb viele Aufsätze, die Bedeutung errangen. Sie trat in eine große Praxisgemeinschaft ein und wurde von Jahr zu Jahr bekannter. Dein Vater korrespondiert regelmäßig mit ihr.«

»Und diese sagenhafte Bea wollte nie heiraten?«

»Nein. Aber sie ist eng liiert mit einem Kollegen, obwohl sie nicht zusammen leben. Bea will ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben. Das wollte sie noch nie.»

»Tut's dir leid, daß du meinetwegen nicht fertig studieren konntest?«

»Aber nein«, antwortete Stine schnell. »Im ersten Moment natürlich war ich enttäuscht. Aber dann ... Ich fand es wunderbar, verheiratet zu sein und ein Kind zu haben.«

»Paps auch?«

»Ich glaube schon. Obwohl ...«

»Na? Ich warte auf Geständnisse.«

»Obwohl ihn auch Bea sehr fasziniert hat. Sie war so zielstrebig, so sachlich, sie wußte genau, was sie wollte. Und sie hatte sehr viel übrig für deinen Vater.«

»Aber du hast ihn gekapert. Und ich weiß auch warum.«

»Ach ja?«

»Du hast ihn bekommen, weil du nicht so vollkommen bist. Und weil alles, was da kreucht und fleucht, sich an deinen Schürzenzipfel hängt. Du bist die ideale Arztfrau.« Carola kraulte liebevoll Stines Nacken.

»Vielleicht wäre ich auch eine gute Ärztin geworden?«

»Aber Mam. Wo du doch immer alles verlegst und vergißt. Irgendwann hätten deine Patienten Scheren und Pinzetten in ihren Bäuchen gehabt und die falschen Arme und Beine bandagiert.«

»Nun reicht's aber«, sagte Stine lachend und schob ihre Tochter aus der Tür. Dann schenkte sie sich ein Glas Limonade ein. Morgen um diese Zeit würde Bea bereits hier sein.

Ob sie immer noch so schön war? Und so charmant? Und so witzig?

Der Wecker klingelte zu einer entsetzlich unchristlichen Zeit, wie Max fand. »Ich dachte, heute ist Wochenende?« murmelte er verschlafen.

Stine küßte ihn auf die Nasenspitze. »Klar ist Wochenende. Das Bea-Wochenende. Vergessen?«

Max öffnete ein halbes Auge. »Bea? Heute schon? Mein Gott, wir werden es gar nicht mehr erkennen, das alte Mädchen.«

»Von wegen altes Mädchen! Sie ist einen Monat jünger als ich.«

»Also doch ein altes Mädchen.« Max grinste und tätschelte Stines Rücken.

Stine sah ihn etwas besorgt an. »Mein lieber Maximilian. Versprichst du mir etwas?»

»Als ich das letzte Mal blindlings etwas versprach, mußte ich mit dir nach Venedig.«

»Du mußtest? Oh, du Scheusal!«

»Also. Was ist es, das ich versprechen soll?«

»Versprichst du mir, nicht allzusehr mit Bea zu flirten?«

»Wie bitte?« Max richtete sich auf. In seinen Augen lag ehrliche Verwunderung.

»Nun ja. Ich weiß ja, wie sehr du sie achtest. Und eure brieflichen Kontakte wurden immer reger in letzter Zeit. Ich bin furchtbar eifersüchtig. Während sie so herrlich mit dir fachsimpeln kann, erzähle ich dir bloß immer, wie teuer die Frühjahrskartoffeln geworden sind und daß unsere Kaninchen Schnupfen haben. Und außerdem ...« Sie biß sich auf die Lippen. »Außerdem war sie auch in dich verliebt damals. Nein, nein. Du kannst dir deinen scheinheiligen Protest ruhig abschminken. Es macht mir nichts mehr aus heute. Es ist so lange her. Aber du hast immer sehr begehrliche Blicke nach ihr geworfen. Und deshalb ... deshalb ...« Sie brach ab und wurde rot bis zu den Haarwurzeln.