Die Mitternachtstür - Dave Eggers - E-Book

Die Mitternachtstür E-Book

Dave Eggers

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Beschreibung

Der erste Kinderroman von Nr.1-SPIEGEL-Bestsellerautor Dave Eggers Als Gran mit seinen Eltern in eine verschlafene Kleinstadt zieht, kriegt er zuerst einmal einen Schreck: In den Straßen klaffen Risse, die Häuser stehen schief, und alles scheint seinen Halt verloren zu haben. Dann begegnet er der geheimnisvollen Catalina und sieht, wie sie an einem Berghügel eine geheime Tür öffnet und sich Zugang zu einem unterirdischen Labyrinth aus Tunneln verschafft. Gran erfährt, dass die Stadt vom Versinken bedroht ist und dass er und Catalina die Einzigen sind, die sie noch retten können … »Eggers erster Kinderroman ist ein herzerwärmendes Werk von allegorischer Kraft.« The Guardian Dave Eggers über »Die Mitternachtstür«: »Ich hatte mir vorgenommen, ein Buch zu schreiben, das ich als Kind gerne gelesen hätte: mit vielen Abenteuern, mit Humor und Geheimnissen, und das auch einen hibbeligen Leser bei der Stange halten würde.« Mit einer Umschlagzeichnung von Einar Turkowski

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Seitenzahl: 244

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Dave Eggers

Die Mitternachtstür

Aus dem amerikanischen Englisch von Ilse Layer

Mit Vignetten von Aaron Renier

FISCHER E-Books

Inhalt

[Widmung]Kapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40Kapitel 41Kapitel 42Kapitel 43Kapitel 44Kapitel 45Kapitel 46Kapitel 47Kapitel 48Kapitel 49Kapitel 50Kapitel 51Kapitel 52Kapitel 53Kapitel 54Kapitel 55Kapitel 56Kapitel 57Kapitel 58Kapitel 59Kapitel 60Kapitel 61Kapitel 62Kapitel 63Kapitel 64Kapitel 65Kapitel 66Kapitel 67Kapitel 68Kapitel 69Kapitel 70Kapitel 71Kapitel 72Kapitel 73Kapitel 74Kapitel 75Kapitel 76Kapitel 77Kapitel 78Kapitel 79Kapitel 80Kapitel 81Kapitel 82Kapitel 83Kapitel 84Kapitel 85Kapitel 86Kapitel 87Kapitel 88Kapitel 89Kapitel 90Kapitel 91Kapitel 92Kapitel 93Kapitel 94Kapitel 95Kapitel 96Kapitel 97Kapitel 98Kapitel 99Kapitel 100Kapitel 101Kapitel 102Kapitel 103Kapitel 104Kapitel 105Kapitel 106Kapitel 107Kapitel 108Kapitel 109Kapitel 110Kapitel 111Kapitel 112Kapitel 113

Für B + A

Kapitel 1

Gran wollte nicht nach Carousel ziehen.

Kapitel 2

Aber seinen Eltern blieb kaum etwas anderes übrig.

Sein Vater, ein Automechaniker, hatte seit vielen Jahren keine feste Arbeit. Warum, das wusste Gran nicht.

Seine Mutter hatte einen Unfall gehabt, als Gran noch klein war, und saß seither im Rollstuhl. Seine Eltern erzählten nie richtig, was passiert war, und Gran hatte das Gefühl, er sollte besser nicht fragen. Wenn jemand Gran auf seine Mutter ansprach, sagte er bloß: »Sie war schon immer so.« Das war der einfachste Weg, ein Gespräch zu vermeiden.

Aber er erinnerte sich noch an die Zeit, als sie gehen konnte. Früher hatte sie als Künstlerin für Museen gearbeitet und plastisch wirkende Schaubilder gemalt, die alle möglichen Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zeigten. Gran wusste noch vage, wie er als kleiner Junge einmal in einer afrikanischen Savanne gestanden hatte, während sie die Schnurrhaare eines Geparden nachgezogen hatte. Da hatte sie noch nicht im Rollstuhl gesessen.

Dann wurde Grans Schwester Maisie geboren, und seine Mutter war nicht wieder arbeiten gegangen. Grans Vater hatte ihr zu Hause ein Atelier eingerichtet, hatte die Terrasse verglast und Staffeleien und Arbeitstische und Farben hineingestellt, alles in der richtigen Höhe. Aber soweit Gran sich erinnern konnte, hatte seine Mutter den Raum nie genutzt.

»Meine Kunst sind jetzt sie«, hörte Gran sie einmal zu seinem Vater sagen. Damals wusste Gran nicht, was sie damit meinte.

Er hatte etwas von ihrem Talent geerbt. Als er vier war, gab seine Mutter ihm zum ersten Mal eine Modelliermasse, die in Hunderten von Farben erhältlich war und fest wurde, wenn man sie im Ofen backte. Aus dieser Modelliermasse formte er unter der sanften Anleitung seiner Mutter Pinguine, Delphine und Narwale – Meerestiere, die im Atlantik lebten, in dessen Nähe sie wohnten.

Es hatte eine ganz eigene Befriedigung, ein Blöckchen blaue Modelliermasse zu nehmen, es in der Hand weich zu kneten und zu einer Kugel zu rollen, dann einen länglichen Körper zu formen, hier hineinzukneifen, um eine Flosse zu bilden, da zusammenzudrücken, um die Schwanzflosse zu erhalten – und plötzlich war aus der blauen Kugel so etwas wie ein Wal geworden. Gran formte Tiere aus Modelliermasse, wenn er glücklich war, wenn er traurig war und vor allem, wenn sich seine Eltern stritten. Wenn es Streit gab, wusste er nie, was passieren würde, wie laut es werden oder wie lange es dauern würde, aber eins wusste er immer: Er konnte eine Kugel aus farbiger Modelliermasse so bearbeiten, dass sie wie ein Orca, eine Seekuh oder ein Hammerhai aussah, und während der zwanzig Minuten, die er dafür brauchte, hörte er die Stimmen seiner Eltern fast gar nicht mehr.

Maisie sah ihm dabei oft zu.

»Sieht nach gar nichts aus«, sagte sie immer, wenn er ein neues Blöckchen Modelliermasse zwischen den Fingern weich knetete. Wenn er die Kugel dann zusammendrückte und hin- und herrollte, meinte sie: »Sieht aus wie eine Schlange. Schlangen sind langweilig.«

Er drehte und drückte weiter, und wenn schließlich etwas anderes, klar Erkennbares entstand, war das für Maisie immer ein Wunder.

»Wie hast du das gemacht?«, fragte sie jedes Mal beeindruckt. Nichts auf der Welt mochte Gran lieber, als die Stimme seiner Schwester zu hören, wenn sie beeindruckt war.

Kapitel 3

Aber mit den Jahren war das Geld knapper geworden, und es war nichts mehr für Modelliermasse übrig.

Jetzt war Grans Vater Arbeit in Carousel angeboten worden, dem Städtchen, wo früher Grans Ururgroßeltern gewohnt hatten.

»Da ist das Leben nicht so teuer«, sagte Grans Vater.

»Weniger Stress. Weniger Verkehr«, meinte Grans Mutter.

»Was ist mit dem Meer?«, fragte Maisie. Sie war fünf und hatte eine riesige Sanddollarsammlung zusammengetragen.

»In Carousel gibt es kein Meer«, sagte Grans Mutter zu Maisie und Gran. »Dafür gibt es da Hügel, und durch den Ort windet sich ein Fluss, und es gibt Bäume und Waschbären und Füchse und so viele Rehe, dass ihr sie gar nicht alle zählen könnt.«

Kapitel 4

Und so verließen Gran, seine Eltern und seine Schwester Maisie eines Tages ihre Stadt an der Atlantikküste und fuhren nach Carousel, ein hügeliges kleines Städtchen tausend Meilen vom Meer entfernt.

Am Umzugstag taten Grans Eltern, was sie vor jeder langen Autofahrt taten: Sie weckten Gran und Maisie mitten in der Nacht, packten sie auf den Rücksitz, schnallten sie an, stopften Kissen unter die Sicherheitsgurte und deckten sie zu.

»Ich bin ein Burrito!«, krähte Maisie.

»Du bist kein Burrito«, sagte ihr Vater. »Schlaf jetzt weiter.«

Als Gran und Maisie wieder aufwachten, waren sie an einer Tankstelle. »Die halbe Strecke haben wir schon geschafft«, meinte ihre Mutter. Im Auto war es warm, und so schliefen sie wieder ein. Als sie das nächste Mal aufwachten, parkten sie vor einem schmalen einstöckigen Holzhaus an einem Hang, auf dem noch viele ähnliche Häuser standen.

»Das ist Carousel«, sagte ihre Mutter.

»Das ist unser neues Haus«, sagte ihr Vater. »Neu ist es aber nicht. Es wurde von meinem Urgroßvater gebaut.«

»Wann?«, fragte Gran.

Sein Vater machte die Autotür auf und hängte die Beine nach draußen, um sich die Stiefel anzuziehen. (Er fuhr gern barfuß.) Als er den rechten Stiefel in der linken Hand hielt, erstarrte er mitten in der Bewegung. »Verflixt! Ich kann mich gerade nicht erinnern. Es steht aber drinnen auf einer Tafel. Zumindest früher. Ich glaube 1924. Oder 1942. Ich bin mir fast sicher, dass es eine gerade Zahl war.«

»Warum ist das Haus schief?«, fragte Maisie.

»Schhh, Maisie«, sagte ihre Mutter.

Sie stiegen aus dem Auto und standen eine Weile auf dem Weg, der sich den Hügel hinauf- und hinunterschlängelte und zu den anderen Häusern führte. Gran stimmte Maisie zu: Das Haus sah schief aus. Das Erdgeschoss neigte sich ein wenig nach rechts und der erste Stock nach links, und das gesamte Haus neigte sich ein winziges bisschen bergab. Aber Gran wusste, wenn er etwas davon sagte, war sein Vater vielleicht gekränkt, also behielt er es für sich.

Grans Vater hatte die Hände in die Hüften gestemmt, hielt den Kopf schräg und starrte das Haus mit zusammengekniffenen Augen an, als versuche er die Ursache herauszufinden.

»Irgendwas stimmt nicht«, meinte er.

»Alles in Ordnung, Ben«, sagte seine Mutter. »Es ist alles in Ordnung.«

Kapitel 5

Im neuen Haus und im neuen Wohnort war es in jeder Hinsicht anders als da, wo Grans Familie herkam. Ihr vorheriges Zuhause war eine Wohnung nicht weit vom Meer gewesen, und ihre Stadt dort war flach und fast überall asphaltiert gewesen. Einen Blick in die Ferne hatte Gran nur gehabt, wenn er an den Strand ging, wo er den weiten Bogen der Küste sehen konnte.

Carousel hingegen war hügelig und urwüchsig. Die Straßen waren kurvig und voller Schlaglöcher. Man sah Scheunen, daneben einen Berg aus Kies, daneben ein Geschäft mit Autoersatzteilen, daneben eine endlose Viehweide.

In ihrer Wohnung am Meer hatten die Türen nie ein Geräusch gemacht, aber die Eingangstür des Holzhauses in Carousel ächzte wie ein alter Mann, der aus einem tausendjährigen Schlaf erwacht.

»Das bringe ich in Ordnung«, sagte Grans Vater.

Als Grans Vater mit Gran in den ersten Stock hochging und ihm das Zimmer zeigte, das er sich mit Maisie teilen würde, lief Gran verwundert ans Fenster. So eine Aussicht hatte er noch nie gehabt. Er konnte fast das ganze Städtchen überblicken: den Fluss, der die Häuser von den steilen bewaldeten Hügeln dahinter trennte, die Eisenbahn, die am silbrig glitzernden Fluss entlangführte, die Türme der beiden Kirchen, und er konnte sogar sehen, wer zwanzig Querstraßen entfernt in den kleinen Supermarkt hineinging und wieder herauskam. Daneben befand sich eine Art Flohmarkt, und gleich dahinter ein rotes Backsteingebäude, von dem Gran annahm, dass es das Rathaus war.

»Komm mal her!«, rief sein Vater.

Gran lief in den Flur und entdeckte eine Leiter, die weiter nach oben führte.

»Wir haben einen Dachboden, Granite!«, rief sein Vater von oben. Im selben Moment kam Maisie die Treppe in den ersten Stock hoch.

Gran und Maisie hatten noch nie einen Dachboden gesehen. Wohnungen haben normalerweise keinen Dachboden.

Gran kletterte die Leiter hoch, und Maisie folgte ihm, aber als sie am oberen Ende der Leiter standen, wollte Maisie nicht weitergehen, sondern stieg schnell wieder nach unten.

»Zu dunkel«, sagte sie.

Da oben war es wirklich dunkel, und es roch nach warmem Holz. Gran ging zu seinem Vater, der über einen alten Pappkarton gebeugt stand.

»Wahrscheinlich Sachen von meinem Urgroßvater«, meinte er.

Gran spähte hinein: ein Durcheinander aus alten Werkzeugen und Metallsachen. Grans Vater griff hinein. Die meisten Metallstücke waren dunkel und ganz verschieden geformt, und manche Werkzeuge hatten weder Gran noch sein Vater je gesehen. Gran entdeckte ein rötlich schimmerndes C, etwa so groß wie seine Hand, und griff danach. Es war mit wunderschönen Linien verziert, die ineinander verschlungen waren wie die Pfade von Vögeln.

»Das ist ganz hübsch. Messing. Ich glaube, mein Urgroßvater war Schmied«, sagte Grans Vater. »Aber ich hatte keine Ahnung, dass er die ganzen Sachen aufgehoben hat.«

»Was willst du damit machen?«, fragte Gran.

»Keine Ahnung.«

Kapitel 6

In Grans neuer Schule hatte das Schuljahr längst begonnen, und das machte die Sache nicht gerade leichter. Aber Gran war zuversichtlich. Er freute sich darauf, seinen neuen Namen auszuprobieren.

Gran hatte noch nie Gran geheißen. Bei seiner Geburt hatte er den Namen Granite bekommen, und das ist das englische Wort für Granit. Sein Vater hatte ihm unbedingt einen robusten Vornamen geben wollen, sozusagen als Ausgleich für seinen Nachnamen, denn der lautete Flowerpetal, also Blütenblatt.

»Wir mussten ein bisschen ausgleichen«, erklärte sein Vater. »Wir konnten dich nicht gut Blossom nennen, stimmt’s?«

Blossom bedeutet Blüte, und Gran hätte wirklich nicht gern Blossom Flowerpetal geheißen. Aber der Name Granite brachte auch Probleme mit sich. Wenn Gran jemanden kennenlernte, musste er ihn immer erklären. Meistens musste er ihn buchstabieren. Hätte er Michael oder Derrick geheißen, wäre er nicht ständig gefragt worden, wie er zu diesem ungewöhnlichen Namen gekommen war. Dann hätte er nicht über Geologie und die Eigenschaften von Granit im Gegensatz zu Marmor oder Sandstein sprechen müssen. Er wünschte sich einen Namen, der einfach nur ein Name war – leicht zu verstehen, leicht zu schreiben.

Und so beschloss Granite, nach dem Umzug nach Carousel seinen Namen zu Gran abzukürzen. Gran klang fast wie Grand, also großartig, und niemand würde fragen, wie man Gran schrieb. Wenn jemand es nicht wusste, würde er es nicht zugeben. Gran war überzeugt, dass diese kleine Änderung alle Probleme mit seinem Namen lösen würde.

Das stimmte jedoch nicht so ganz.

Kapitel 7

Die Middle School von Carousel war nur eine halbe Meile entfernt, und Gran konnte zu Fuß hingehen, den Hügel hoch und drüber hinweg, dann wieder ein Stück hoch und drüber hinweg, und dann ein letztes Mal ein Stück hoch.

»Und Maisies Schule liegt auf dem Weg«, sagte Grans Mutter am ersten Schultag, der überhaupt nicht der erste Schultag war. In Maisies Klasse hatte der Unterricht vor drei Wochen angefangen, in Grans Klasse schon vor vier Wochen.

Gran und Maisie machten sich an einem warmen Morgen Mitte September auf den Weg und freuten sich, dass sie zu Fuß gehen konnten. Ihr Leben lang hatte man sie mit dem Auto in die Schule gefahren, von der Schule abgeholt und in Geschäfte und zu Verabredungen gebracht. Jetzt konnten sie einfach alleine von zu Hause loslaufen, und das machte die neue Situation leichter.

»Sollen wir rennen?«, fragte Maisie, als sie das Haus verließen.

Sie rannten den Hügel hoch, aber der war so steil, dass sie schnell müde waren. Sie blieben vor einem extrem schmalen Haus an der Ecke stehen. Es war weinrot gestrichen und hatte einen Turm, der wie eine Fackel aus dem Dach ragte.

»Wer ist der Mann da?«, fragte Maisie.

Auf dem kümmerlichen Rasen des schmalen Hauses stand ein Plakat, und auf dem Plakat kam eine Sprechblase aus dem Mund eines Mannes mit Glatze und einem buschigen Schnurrbart. »NEIN zu den Maßnahmen P&S! JA zu den Maßnahmen E&H!«, schien er zu schreien. Auf dem Plakat stand, dass der Mann Dr. Walter Woolford hieß.

»Er sieht aus wie eine Taschenratte«, sagte Maisie.

Gran erwiderte, es sei nicht nett, Erwachsene mit Nagetieren zu vergleichen, aber insgeheim wusste er, dass Maisie recht hatte. Mit seinen dicken Wangen und den vorstehenden Zähnen sah dieser Dr. Walter Woolford einer Taschenratte ziemlich ähnlich.

Gran las Maisie vor, was auf dem Plakat stand, aber er konnte ihr nicht erklären, wer Dr. Walter Woolford war oder was mit den Maßnahmen P&S oder E&H gemeint war.

»Sieh mal«, sagte Maisie.

Am anderen Ende desselben Rasens stand noch ein Plakat. Darauf war eine freundlich dreinschauende Frau zu sehen, die Gran an Bilder seiner Großmutter erinnerte. Genau wie die Mutter seiner Mutter hatte diese Frau ihre langen weißen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und hatte dunkle, lächelnde Augen. Sie hieß Phyllis Feeley, und sie empfahl einem: JA zu den Maßnahmen P&S! NEIN zu den Maßnahmen E&H!

Gran fragte sich, was die Maßnahmen P&S waren, was die Maßnahmen E&H waren und wie es sein konnte, dass der Mann und die Frau auf den Plakaten so gegensätzlicher Meinung waren, obwohl sie auf demselben Rasen standen. Während er noch überlegte, drang aus dem weinroten Haus eine kreischende Stimme. »Faulenzer!«, schrie die Stimme. »Runter von meinem Rasen!«

Es war die Stimme einer Frau mittleren Alters, und Gran entdeckte, wo sie herkam: Im Fenster des schmalen Hauses stand jemand.

»Meint sie uns?«, fragte Maisie.

Gran war sicher, dass sie nicht gemeint waren. Er war zwölf Jahre alt und noch nie von einer fremden Person angeschrien worden.

»Lass sie in Ruhe, Theresa«, ertönte eine andere Stimme, und sie war wohltuend wie warmes Wasser, das aus einem Wasserkessel sprudelt. Gran entdeckte im Fenster auf der anderen Seite desselben Hauses den Umriss einer weiteren Frau. »Es sind nur Kinder!«

»Sei still, Thérèse!«, schrie die erste Frau.

Jetzt hatte Gran doch das Gefühl, dass Maisie und er gemeint waren. Er nahm Maisie an der Hand und ging mit ihr langsam vom Rasen herunter, bis sie wieder in Sicherheit auf dem Gehweg standen.

»Und jetzt verschwindet!«, rief die kreischende Frau. »Sonst hetze ich den Hund auf euch!«

»Lass sie in Ruhe«, sagte die Warmes-Wasser-Frau. »Und dein Hund würde niemanden verjagen. Er wiegt weniger als ein Laib Brot.«

Gran und Maisie gingen schnell davon, und dabei entdeckte Gran aus den Augenwinkeln zwei getrennte, aber ganz ähnliche Hundehütten auf beiden Seiten des schmalen weinroten Hauses. In jeder Hundehütte war das winzige Gesicht eines winzigen Hundes zu sehen – offenbar Zwillinge –, und beide schienen sich beim Gezänk der Frauen in den Fenstern entsetzlich zu langweilen.

Das Hin und Her zwischen den beiden Stimmen ging auch noch weiter, als Gran und Maisie schon lange fort waren.

Kapitel 8

Sobald der Spielplatz der Grundschule von Carousel zu sehen war, rannte Maisie hin, als hätte sie dort schon das ganze Jahr gespielt.

»Warte!«, rief Gran, aber sie war schon in einer gewundenen Röhre mit Zebrastreifen verschwunden. Nur ihre Füße waren noch zu sehen.

Gran fand Maisies Lehrerin, eine junge Frau mit herzförmigem Gesicht und gebräunter Haut. »Das da ist meine Schwester«, sagte er. »Das Mädchen, das die Rutsche in die falsche Richtung benutzt.«

»Ich habe mir einen neuen Namen notiert«, erwiderte die Lehrerin. »Es ist Jahre her, seit wir in der Stadt eine neue Familie hatten. Das muss Maisie sein. Und wer bist du?«

»Gran«, antwortete Gran. Er war sofort schweißgebadet. Es war das erste Mal, dass er seinen neuen Namen ausprobierte.

»Gran?«, wiederholte die Lehrerin.

»Ja.« Voller Furcht wartete er ab, wie die Lehrerin mit dem herzförmigen Gesicht reagieren würde, aber sie sagte nur »Verstehe«, bevor sie die Aufmerksamkeit wieder auf die Kinder im Schulhof richtete.

Gran setzte seinen Weg fort, ziemlich zufrieden darüber, wie das gelaufen war, und sah bald einen ungewöhnlichen Mann. Auf der anderen Straßenseite fuhr ein erwachsener Mann auf einem Geländefahrrad für Kinder. Der Mann trug ein Achselshirt, Shorts, hohe schwarze Socken und leuchtend orangefarbene Sneakers. Seine Arme und Beine waren mit blauen Tattoos bedeckt, und ihm folgte missmutig ein schlammbrauner Pitbull.

»Hi«, sagte er zu Gran.

Gran hatte noch nie einen erwachsenen Mann auf einem Kinderfahrrad gesehen. Wo Gran früher gewohnt hatte, trugen die Männer meist Anzüge oder zumindest ein Anzughemd, und man sah sie selten mitten am Morgen irgendwo auf der Straße; normalerweise waren sie um diese Zeit bei der Arbeit. Gran dachte noch über den Mann und über das Städtchen nach, da entdeckte er seine neue Schule.

Kapitel 9

Die Middle School von Carousel war sehr alt und stand auf einem Bergrücken, der darunter wegzurutschen schien. Das Gebäude war aus grauen, violetten und blassrosa Ziegeln gebaut worden, alle kunterbunt durcheinander, als hätten die Maurer nicht genügend von einer Farbe zusammenbekommen oder sich nicht für ein bestimmtes Muster entscheiden können. Das ganze Gebäude stand eindeutig schief und machte den Eindruck, es könnte beim geringsten Anlass den Hang hinunterstürzen.

Gran ging hinein, und es passierte überhaupt nichts. Also, das hier ist keine Geschichte, in der die Hauptfigur von anderen Schülern gemobbt wird. In dieser Geschichte wird die Hauptfigur von sämtlichen anderen Schülern ignoriert. Obwohl es dafür eigentlich gar keinen Grund gab. Nachdem Gran durch die Flure gelaufen war und seine ersten Unterrichtsstunden mitgemacht hatte, dachte er, es läge daran, dass er klein war.

Bisher war Gran nicht besonders klein gewesen. In seiner früheren Schule war er mittelgroß gewesen. Aber jetzt, in Carousel, hatte er das Gefühl, geschrumpft zu sein. Entweder war er während des Umzugs eine Handbreit geschrumpft, oder alle anderen waren eine Handbreit gewachsen. Jetzt war er der kleinste Junge in der Klasse und wahrscheinlich auch der dünnste.

Aber niemand sagte etwas darüber. Niemand verspottete ihn. Als er im Unterricht eine Arbeit zurückbekam, sagten sie nichts. Als er fragte, wo die Toilette war, deuteten sie nur in eine Richtung. Als er mit einem großen Jungen zusammenprallte, dessen himmelblaues T-Shirt viel zu klein war – es sah eher wie ein Latz aus –, sagte dieser Junge keinen Ton. Er schob Gran aus dem Weg, als würde er eine Spinnwebe wegwischen.

Selbst die Lehrer sprachen ihn kaum an. Sie richteten das Wort an die ganze Klasse, aber als es nach der letzten Stunde klingelte, war Gran absolut sicher, dass den ganzen Tag über niemand seinen Namen gesagt hatte.

Kapitel 10

»Wie war’s in der Schule?«, fragte seine Mutter.

Obwohl sie im Rollstuhl saß, die dünnen Beine zu einem engen doppelten S gekrümmt, schien sie überall gleichzeitig zu sein und bewegte sich mit großer Geschwindigkeit durchs Erdgeschoss des neuen Hauses.

»Ich bin in der Schule eindeutig der Star!«, verkündete Maisie und übte Seilspringen ohne Seil.

Gran erzählte seiner Mutter, dass seine Schule in Ordnung war, und auch, dass den ganzen Tag niemand etwas zu ihm gesagt hatte.

»Hör auf damit, Maisie«, mahnte Grans Mutter und rollte zu Gran. Sie neigte mitfühlend den Kopf, und weil sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte, zog sie ihn einfach auf den Schoß. Müde und verwirrt ließ Gran es geschehen. Maisie begann wieder mit ihrem Seilspringen ohne Seil.

Als Grans Vater von der Arbeit nach Hause kam, sah er auch müde und verwirrt aus. Normalerweise stand er fünf Minuten an der Spüle und wusch sich die Schmiere von den Händen, aber diesmal ging er direkt ins Wohnzimmer. »Hallo, meine Lieben«, sagte er und ließ sich schwer auf die Couch fallen. Maisie kletterte auf seinen Schoß und schlang die Arme um ihn. Seine Hände waren noch sauber.

Grans Vater drehte Maisie mit dem Gesicht zu Gran und seiner Mutter, dann bewegte er Maisies Arme und Beine, als würde sie tanzen. Er riss ihre Arme hoch und runter und schleuderte ihre Beine in die Luft, als wäre sie eine Marionette. Wenn Gran den beiden so zusah, konnte er vergessen, dass sein Vater da war und ihre Bewegungen steuerte, und für einen Moment glaubte er, seine fünfjährige Schwester wäre eine geübte Tänzerin, die ihre Gliedmaßen durch die Luft wirbeln ließ wie ein Showgirl. Gran lachte, seine Mutter lachte, und Maisie schrie eine volle Minute lang vor Freude.

Dann übergab sie sich.

Kapitel 11

Maisie musste öfter spucken als andere. Auf alle Fälle öfter als jeder andere in der Familie Flowerpetal. Sie übergab sich im Auto und beim Schaukeln und immer, wenn Grans Vater sie durch die Luft warf. Aber trotzdem liebte sie es, hochgehoben und herumgewirbelt zu werden; das Übergeben gehörte einfach dazu. Dann war es Zeit, mit dem Spielen aufzuhören und sauberzumachen.

»Ich hole den Wischmopp«, sagte Gran.

Wenn es ans Aufwischen ging, taten die Flowerpetals etwas Ungewöhnliches: Sie machten es immer gemeinsam. Gran wusste nicht mehr, wann sie damit angefangen hatten – sie hatten Maisies Erbrochenes schon immer zusammen weggewischt. So waren sie schneller fertig, und es machte eigentlich sogar Spaß.

»Was sehe ich denn hier?« Grans Vater untersuchte die grün-braune Pfütze auf dem Boden. »Sieht aus wie Spinat. Und grüner Salat. Und Sahne-Nougat. Moment mal, hab ich grade ein Gedicht verfasst?«

Alle lachten, und nach wenigen Minuten waren sie fertig. Jetzt mussten nur noch die Fenster aufgemacht und eine Kerze angezündet werden. Die Fenster machte immer Maisie auf. Die Kerze zündete meistens Grans Mutter an. Grans Aufgabe war es, den Müll hinauszutragen, der nun Maisies Erbrochenes enthielt.

»Das erste Spucken im neuen Haus«, sagte Grans Vater, als Gran wieder da war.

»Jetzt ist es offiziell unser Zuhause«, sagte Grans Mutter.

Maisie liebte die Aufmerksamkeit. Es war ihr überhaupt nicht peinlich.

Als die Flowerpetals am Meer gewohnt hatten, hatte ihre Wohnung nur vier Räume gehabt – das Wohnzimmer, die Küche (die in Wirklichkeit nur eine Fortsetzung des Wohnzimmers war), das Bad und das Schlafzimmer, das sie alle teilten.

Und weil die Wohnung klein gewesen war, hatten sich alle so ziemlich an allem beteiligt, was sich darin abspielte. Wenn Grans Mutter oder Vater kochte, halfen alle irgendwie mit. Wenn einer anfing, die Wohnung zu putzen, trugen alle etwas dazu bei. Es ließ sich kaum vermeiden – man konnte sich nirgends verkriechen.

Verglichen damit war das neue Haus mit seinen zwei Stockwerken und sieben Zimmern riesig. Aber es gab noch eine Menge zu tun. Grans Vater hatte damit begonnen, für Grans Mutter von der Haustür bis zur Einfahrt eine Rampe zu bauen. Das Gefälle war eigentlich nicht so schlimm – sie konnte es schaffen –, aber er wollte, dass sie es einfacher hatte. Da war auch noch die Sache mit den Waschbecken und den Ablageflächen. Sie mussten niedriger gemacht werden. Und dann mussten die Schränke darunter entfernt werden, sonst hatte Grans Mutter keinen Platz für die Beine.

»Lasst uns mit dem Bad anfangen«, meinte Grans Vater.

Kapitel 12

Aber durch ein Haus, in dem das Geld knapp ist, schleicht Traurigkeit. Wenn Gran im Bett lag und seine Schwester schon eingeschlafen war, hörte er seine Eltern jeden Abend leise über Geld reden.

Sein Vater hatte keinen Job wie so viele andere Erwachsene, die regelmäßig und zuverlässig ein Gehalt bekommen. Stattdessen wurde er jeden Nachmittag für die Arbeit bezahlt, die er an diesem Tag geleistet hatte, und es war unklar, ob er am nächsten Tag wieder Arbeit bekommen würde oder nicht.

Soweit Gran wusste, hatte man seinem Vater gesagt, in Carousel würde ein Automechaniker gebraucht, aber als sie ankamen – nach ihrem Umzug aus der tausend Meilen entfernten Stadt am Meer –, stellte sich heraus, dass es in der örtlichen Autowerkstatt doch nicht viel Arbeit gab. Immer mehr Leute schafften ihre Autos und Lkws ab. Gran fiel ein, wie er den erwachsenen Mann auf dem Kinderfahrrad gesehen hatte. Es gab nicht genug Geld im Städtchen, um Reparaturen an alten Fahrzeugen zu bezahlen, und erst recht nicht, um neue zu kaufen.

Wenn Grans Vater keine Arbeit bekam, war er zu Hause, wenn Gran von der Schule kam, und die Abende waren lang. In das Gemurmel seiner Eltern mischte sich manchmal Fauchen und manchmal Schreien.

An Tagen, wenn ihre Stimmen laut wurden, sah Gran zu Maisie hinüber, die im anderen Bett schlief. Konnte sie hören, was er hörte? Sie wachte nie auf, sondern drehte sich nach rechts und nach links und strampelte die Decke weg, als wollte sie sich befreien.

Dann, eines Morgens, war Grans Vater verschwunden.

»Er hat sich auf Arbeitssuche gemacht«, sagte seine Mutter. »Ein paar hundert Meilen weiter südlich soll es etwas geben.«

»Warum sind wir dann hier?«, fragte Maisie.

»Am Wochenende ist er wieder da«, erwiderte Grans Mutter. »Zieht eure Jacken an. Heute soll es kühl werden.«

Kapitel 13

Jeden Morgen liefen Gran und Maisie den Hügel hinauf, am weinroten Haus vorbei, wo sie die beiden Frauen über die Dinge streiten hörten, die auf den Plakaten auf ihrem Rasen dargestellt waren. Gran und Maisie gingen vorbei an den Zwillingshunden und ihrer Verzweiflung über das Gezänk, vorbei an Dr. Walter Woolford, der gegen die Maßnahmen P&S und für die Maßnahmen E&H war, und vorbei an Phyllis Feeley, die für die Maßnahmen P&S und gegen die Maßnahmen E&H war. Jeden Tag sah Gran denselben Mann auf dem Kinderfahrrad, gefolgt von demselben mürrischen Pitbull mit dem schlammbraunen Fell.

Gran brachte Maisie zu ihrer Grundschule und ging dann zu seiner Schule weiter, die rosa, lila und grau war, vom Bergrücken zu rutschen schien und in der niemand seinen Namen wusste.

Oder vielmehr wussten sie ihn, aber er war ihnen egal.

Es war am Montag seiner dritten Woche, als sein Name zum ersten Mal von einem Lehrer ausgesprochen wurde. Bis dahin war die Anwesenheit der einzelnen Schüler nicht namentlich kontrolliert worden, also war Gran einfach hingegangen, und weil er im Unterricht nie die Hand hob, wurde er nie aufgerufen und sein Name nie ausgesprochen.

Bis zu dem Montag nach zwei Wochen, an dem Ms Rhapsod, seine Klassenlehrerin, eine Ankündigung machte.

»Mir ist zu Ohren gekommen, dass einige von euch Spitznamen haben, die ihr gerne benutzen würdet«, sagte sie. »Zum Beispiel hat mir Greta Rose Nagel heute mitgeteilt, dass sie Greta R-N genannt werden möchte. Wenn es also noch jemanden gibt, der seinen Namen ändern oder abkürzen möchte, lasst es mich wissen. Aber ich habe in solchen Dingen nicht besonders viel Geduld. Sobald ich euren Spitznamen oder was auch immer auf dieser Anwesenheitsliste eingetragen habe, war’s das. Ich leite die Änderung an alle eure anderen Lehrer weiter, und basta. Dann gibt’s kein Zurück mehr.«

Das war der Moment, auf den Gran gewartet hatte, aber er war ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte, so öffentlich und endgültig.

»Anna Applegate?«, fragte Ms Rhapsod. »Keine Änderung?«

Anna schüttelte den Kopf.

»Nathan Delacroix?«, fragte sie. »Möchtest du Nat oder Nathan-D sein? Irgend so was?«

»Nein danke«, antwortete Nathan.

Gran wusste, dass sein Name bald an der Reihe war. Flowerpetal befand sich gefährlich nahe an Delacroix. Und sogar noch näher an Esterhaus und Estrada. Seine Schultern spannten sich an, als die Namen dieser Schüler aufgerufen wurden.

»Granite Flowerpetal?« Als Ms Rhapsod seinen Namen aussprach, fuhr ihr Kopf zurück, als hätte sie gerade etwas Fauliges gerochen. Vereinzelt waren Gekicher und Spott zu hören.

»Ruhe!«, befahl sie, und das Kichern und der Spott verstummten. Sie sah Gran an, als würde sie ihn zum ersten Mal sehen. »Wo kommst du denn her? Bist du schon das ganze Jahr in dieser Klasse?«

»Ja, Sir … ich meine Ma’am«, stammelte Gran. »Ich meine, fast das ganze.«

Einen Moment lang sah es so aus, als wollte sich Ms Rhapsod entschuldigen, doch stattdessen kehrte sie wieder zu ihrer sachlichen Art zurück. »Namensänderung für dich, Granite Flowerpetal?«

Grans Haut brannte, und sein Herz ratterte.

»In meiner alten Schule wurde ich Gran genannt«, stieß er hervor.

»Okay, dann also Gran«, sagte Ms Rhapsod und machte einen kurzen Vermerk auf ihrer Anwesenheitsliste.

Kapitel 14

Nach der Sache mit den Spitznamen sagte für den Rest der Stunde niemand etwas zu Gran. Nach dem Unterricht riss im Flur niemand einen Witz, niemand machte sich über ihn lustig. Es klingelte, und als er sich für die zweite Stunde hinsetzte, schien er wieder unsichtbar zu sein. Ein Zustand, der ihm momentan ganz recht war.

Erst mitten in der dritten Stunde, in Gesundheitskunde, fand er den Zettel in seinem Lehrbuch. Es war ein normales Blatt von einem Notizblock, einmal ge