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Veröffentlichungsjahr: 2017
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 284
Textanalyse und Interpretation zu
Gerhart Hauptmann
DIE RATTEN
Rüdiger Bernhardt
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgaben: Gerhart Hauptmann: Die Ratten. Berliner Tragikomödie. Hamburger Leseheft Nr. 220. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag, 2011. Zitatverweise sind mit HL gekennzeichnet. Gerhart Hauptmann: Die Ratten. Berliner Tragikomödie. Ullstein Buch Nr. 23563. Berlin: Ullstein Buchverlage GmbH, 402011. Zitatverweise sind mit U gekennzeichnet.
Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. sc. phil. Rüdiger Bernhardt lehrte neuere und neueste deutsche sowie skandinavische Literatur an Universitäten des In- und Auslandes. Er veröffentlichte u. a. Studien zur Literaturgeschichte und zur Antike-Rezeption, Monografien zu Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, August Strindberg und Peter Hille, gab die Werke Ibsens, Peter Hilles, Hermann Conradis und anderer sowie zahlreiche Schulbücher heraus. Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung Kloster auf Hiddensee. 1999 wurde er in die Leibniz-Sozietät gewählt.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.
2. Auflage 2017
ISBN 978-3-8044-6971-6
© 2007, 2013 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: Inge Meysel als Jette John in der Inszenierung Die Ratten, Thalia Theater Hamburg – Februar 1965 © ullstein bild – Rosemarie Clausen
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Gerhart Hauptmann: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
Mietskasernen und ihre Bewohner: bevorzugtes Thema im Naturalismus seit 1880
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
Erster Akt
Zweiter Akt
Dritter Akt
Vierter Akt
Fünfter Akt
3.3 Aufbau
Tragikomödie
Aristotelische und naturalistische Form
Einheit des Ortes und der Zeit
Die Bedeutung des 3. Akts
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Henriette John
Paul John
Pauline Piperkarcka
Bruno Mechelke
Harro Hassenreuter
Therese Hassenreuter
Alice Rütterbusch
Walburga Hassenreuter
Erich Spitta
Pastor Spitta
Sidonie Knobbe
Selma Knobbe
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Mischung verschiedener Dialekte
Naturalistische Sprachgestaltung; Umsetzung von Sprachlosigkeit
Preisgabe des Dialogs – „windschiefes“ Gespräch
Metaphern und Symbole
3.7 Interpretationsansätze
Die Tragikomödie als Gegensatz zweier Welten
Hauptmanns Großstadt
Antike und moderne Mythen
Das Kunstgespräch im 3. Akt
4. Rezeptionsgeschichte
Uraufführung
Inszenierungen
Nachwirkung der Ratten in der literarischen Welt
Übersetzungen, Verfilmungen, Hörspiele
5. Materialien
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 ***
Aufgabe 3 **
Aufgabe 4 ***
Literatur
Zitierte Ausgaben
Primärliteratur
Ausstellungskataloge
Lernhilfen und Kommentare für Schüler
Sekundärliteratur
Filme u. a.
Damit sich jeder Leser in diesem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, folgt eine Übersicht.
Im 2. Kapitel wird Gerhart Hauptmanns Leben beschrieben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen:
Gerhart Hauptmann lebte von 1862 bis 1946. Erste dichterische Erfolge hatte er nach 1885 in Berlin. 1889 löste sein soziales Drama Vor Sonnenaufgang einen Theaterskandal aus.
Das Stück Die Ratten spielt 1886. Das Sozialistengesetz herrscht.
Die Wirtschaft wächst; in Berlin entstehen nach 1871 im Westen vornehme Viertel, während der Osten von Arbeitern bewohnt wird.
Die Griechenlandreise 1907 führte Hauptmann zu einer schicksalhaften Weltsicht, die in den Göttern die letzte Instanz und den Menschen einem Schicksal unterworfen sieht.
Das Stück entstand von 1907 bis 1911; Berlin wurde in dieser Zeit ein Ort der künstlerischen Avantgarde.
Das Mietshaus in Die Ratten ist eine Metapher für Preußen und Deutschland zwischen 1886 und 1910.
Arbeiter, Kleinbürger, auch Ausgestoßene, Prostituierte, Wahnsinnige und Alkoholiker rückten in die naturalistischen Figurenensembles ein, behandelt wurden auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wie die Milieutheorie.
Im 3. Kapitel wird eine Textanalyse und -interpretation geboten.
Die Ratten – Entstehung und Quellen:
Die komplizierte Entstehungsgeschichte begann Mitte der achtziger Jahre. Eigene Erlebnisse, die bis 1885 reichen, und ein Pressebericht von 1907 gingen in die Handlung ein. Zwischen Frühjahr 1909 und Sommer 1910 wurde das Stück geschrieben. Letzte Veränderungen wurden im Oktober 1910 vorgenommen, im Januar 1911 wurde es uraufgeführt.
Schauspielunterricht und Kindestausch, Themen aus unterschiedlichen Blöcken, teils bestärkt durch aktuelle Ereignisse und Berichte, werden verbunden. Titel, Handlung und Schluss wechseln im Laufe der Entstehung mehrfach.
Ähnlichkeiten mit Werken anderer Autoren – z. B. mit August Strindbergs Gespenstersonate – sind vorhanden.
Inhalt:
In einer Berliner Mietskaserne treffen sozial unterschiedliche Gruppen aufeinander: Auf dem Dachboden befindet sich der Fundus des ehemaligen Theaterdirektors Hassenreuter, den die Arbeiterfrau John in Ordnung hält. Hier probt Hassenreuter mit Schülern, verleiht Kostüme und trifft sich mit seiner Geliebten.
In der zweiten Etage leben die Johns, die ein Kind verloren haben. Frau John nimmt sich mit fragwürdigen Mitteln des Neugeborenen eines polnischen Dienstmädchens an. Dadurch werden weitere illegale Handlungen ausgelöst, die in einem Mord gipfeln. Als sich die Verwicklungen lösen, ist ein zweites Kind, von Frau John dem Dienstmädchen unterschoben, gestorben und Frau John stürzt sich in ihrer Verzweiflung aus einem Fenster in den Tod.
Chronologie und Schauplätze:
Die fünfaktige Tragikomödie spielt 1886, in vorwilhelminischer Zeit, Schauplatz ist eine Mietskaserne in Berlin.
Das Drama besteht aus zwei unterschiedlichen Stücktypen: einem aristotelischen und einem naturalistischen. Sie sind reziprok zum Stoff eingesetzt, dem klassischen Stoff nach Schillers Die Braut von Messina wird ein naturalistisches Stationenstück, den Ereignissen um Frau John eine aristotelische Form unterlegt. Die beiden Stücktypen treffen in der Liebesbeziehung zwischen Spitta und Walburga zusammen. Der 3. Akt bekommt dabei eine besondere Bedeutung.
Bemühungen um die Einheit der Zeit werden unternommen, die Einheit des Ortes ist durch die Mietskaserne gegeben, die gleichzeitig zum Symbol für das Deutsche Reich nach 1871 unter preußischer Führung wird.
Personen:
Hauptpersonen sind u. a.
Henriette John:
über Mitte 30,
Proletarierin,
mütterlich bis zum Verbrechen,
nimmt sich das Leben;
Paul John:
40,
Maurerpolier, arbeitete bisher auswärts,
Sozialdemokrat,
versteht die Vorgänge nicht;
Pauline Piperkarcka aus Skorzenin:
„blutjunges“ polnisches Dienstmädchen,
schwanger,
verlassen,
verführbar,
selbstmordgefährdet;
Bruno Mechelke:
19,
Bruder der Henriette John,
asozial,
wird zum Mörder;
Harro Hassenreuter:
50,
Bismarck-Verehrer,
sein selbstbewusstes Auftreten ist die Maske eines Schmierenkomödianten;
Walburga Hassenreuter:
unter 16; hübsch,
noch ängstlich, aber schon selbstbewusst,
Typ der Kindfrau;
Erich Spitta:
21,
Student der Theologie,
will Schauspieler werden,
bricht aus seinen Traditionen aus,
Züge des jungen Gerhart Hauptmann;
Pastor Spitta:
60,
Landpfarrer,
unchristliches Verhalten gegenüber der Tochter,
reaktionär.
Stil und Sprache Gerhart Hauptmanns:
Mischung aus Berliner Dialekt, Gaunersprache, gebrochenem Berliner Dialekt u. a. Dagegen gesetzt wird die Hochsprache der Hassenreuters und Spittas.
Naturalistische Sprachgestaltung durch Auslassungszeichen ohne grammatische Funktion.
Umsetzung von Sprachlosigkeit: Das Verstummen wird episch mitgeteilt.
Die dialogische Struktur wird preisgegeben und zerstört.
„Windschiefes“ Gespräch: Die Menschen sprechen aneinander vorbei, hören nicht zu und reagieren unerwartet.
Der Dialog wird von zentralen Metaphern und Symbolen durchzogen: „Ratten“ und „Gespenster“, aber auch „Stern“.
Verschiedene Interpretationsansätze bieten sich an:
Die Tragikomödie als Gegensatz zweier Welten, in denen es eine Vielzahl von Gegensätzen gibt, z. B. den zwischen Theater und Wirklichkeit.
Die Großstadt trägt expressionistische Züge und wird für Hauptmann ein neuer Mythos.
Antike, christliche und moderne Mythen stehen nebeneinander und bedingen einander.
Archetyp (der Medusa) durch das soziale Moment bereichert.
Das Kunstgespräch im 3. Akt als Zusammenstoß unterschiedlicher Ästhetiken.
Rezeptionsgeschichte:
Nach der zwiespältigen Wirkung der Uraufführung 1911 setzte sich das Stück durch.
Traditionell arbeitende Regisseure und das moderne Regietheater nahmen sich des Stückes an.
Das Stück wurde auch durch Film, Fernsehen und Hörspiele verbreitet.
Es wirkte in literarischen Werken von Georg Kaiser und andere über Friedrich Dürrenmatt bis zu Günter Grass nach.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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