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Eine Reihe, die fast so unsterblich ist wie ihre Held:innen
Beim House-Sitting für ihre Chefin entdeckt Abril Newman, dass im Garten des Anwesens eine Leiche vergraben wurde. Als Detective Crispin Delacorte am Schauplatz eintrifft, wird sie zum Glück gründlich abgelenkt von dem grausigen Fund. Denn der attraktive Unsterbliche lässt ihr Herz sofort höher schlagen. Auch Crispin ist verzaubert von Abril, und es fällt ihm schwer, sich auf den Fall zu konzentrieren, selbst als er herausfindet, dass ein abtrünniger Vampir involviert ist. Aber wozu ist man ein Unsterblicher, wenn man es nicht schafft, gleichzeitig einer Dame den Hof zu machen, einen Mordfall zu lösen und einen mordlustigen Vampir zur Strecke zu bringen?
»Aufs Neue liefert Sands alles, was wir von ihren Büchern erwarten: Romantik, Humor, Spice und Spannung.« Fresh Fiction
Der neue Band in der erfolgreichen ARGENEAU-Reihe von SPIEGEL-Bestseller-Autorin Lynsay Sands
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Seitenzahl: 520
Veröffentlichungsjahr: 2025
Titel
Zu diesem Buch
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Die Autorin
Lynsay Sands bei LYX
Impressum
LYNSAY SANDS
Die Schöne und der Vampir
Roman
Ins Deutsche übertragen von Ralph Sander
Eigentlich sollte Abril Newman nur auf das Haus ihrer Chefin aufpassen, Renovierungsarbeiten überwachen und den Hund ausführen. Womit sie nicht gerechnet hat: eine vergrabene Leiche im Garten zu finden. Als sie die Polizei ruft und Detective Crispin Delacorte eintrifft, wird sie zum Glück von dem grausigen Fund abgelenkt. Der attraktive Unsterbliche lässt Abrils Herz sofort höher schlagen. Auch Crispin fühlt sich magisch zu der sympathischen Assistentin hingezogen, besonders, da sich herausstellt, dass sie seine Lebensgefährtin ist. Daher fällt es ihm auch zunehmend schwerer, sich auf den Fall zu konzentrieren, selbst als sich herausstellt, dass es sich beim Mörder um einen abtrünnigen Vampir handelt. Als Abril dann ihn und seinen Partner einlädt, den Fundort nachts vom Haus aus zu überwachen, wird seine Selbstbeherrschung auf eine harte Probe gestellt. Aber wie sehr darf er sich ablenken lassen, wenn er den Fall lösen und Abril vor den sinistren Mächten beschützen möchte, die hinter dem Mord stecken?
Abril hatte bis gerade eben den Hund ihrer Chefin ausgeführt und befand sich auf dem Rückweg, als ihr Handy zu klingeln begann. Mitten auf der langen Zufahrt zum Haus zog sie das Telefon aus der Tasche und sah aufs Display. Die Worte BossLady waren dort zu sehen.
Sie ging weiter und nahm den Anruf an. »Hey, Boss Lady«, meldete sie sich.
»Oh Gott, hast du mich etwa immer noch unter dem Namen auf deinem Handy gespeichert?«, fragte Gina Spaldine ungläubig und vergaß darüber jegliche Begrüßung.
»Na klar«, gab Abril amüsiert zurück. »Passt doch schließlich, oder nicht?« Da als Antwort nur ein undefinierbares Raunen zu hören war, wechselte Abril das Thema und fragte: »Wie läuft deine Reise?«
»Großartig!«, antwortete Gina voller Enthusiasmus. »Italien ist einfach wundervoll! Wenn ich die Sprache könnte, würde ich mich hier niederlassen.«
»Genau das Gleiche hast du mir auch schon über Spanien, Frankreich, Puerto Rico und Rio de Janeiro gesagt«, hielt Abril ihr amüsiert entgegen, gerade als sie das Ende der Zufahrt erreicht hatte und vor den Garagentoren zum Stehen kam.
»Und das war auch jedes Mal mein Ernst«, sagte Gina. »Diese Spa Resorts sind einfach fantastisch. Ich könnte schwören, die werden in jedem Land nur an den allerschönsten Orten errichtet.«
»Schon möglich«, stimmte Abril ihr zu. Ihr Blick wanderte zu Lilith, der großen hellbeigen Labrador-Retriever-Hündin, die an der Leine zog, weil sie in eine andere Richtung wollte. Sie zog die Hündin zurück, beugte sich vor und schaltete das Halsband für den drahtlosen Hundezaun ein, der dafür sorgte, dass Lilith das Gelände nicht verließ. Dann tätschelte sie die Hündin liebevoll, ehe sie die Leine löste und sie loslaufen ließ.
Sie richtete sich auf und betrachtete das parkähnliche Grundstück, das Ginas Garten darstellte. »Aber ich finde, dein Haus steht auch an einem wunderschönen Ort«, sagte sie.
»Ja, das ist richtig«, räumte Gina ein. Ihr Tonfall verriet, dass sie mit dem neuen Haus zufrieden war, das ihr seit Kurzem gehörte. »Deshalb habe ich es ja auch gekauft. Apropos mein Haus: Wie kommen die Bauarbeiten voran?«
»Ähm … gut.« Abril sah zu dem riesigen Loch, das neben dem Haus in der Erde klaffte. Daneben stand ein großes gelbes Baufahrzeug, das keinen Mucks von sich gab und sich nicht vom Fleck rührte.
»Gut?«, hakte Gina nach. Ein besorgter Tonfall schlich sich dabei in ihre Stimme. »Das klang gerade nicht sehr überzeugend, Abs. Was stimmt denn nicht?«
Abril verzog den Mund, als sie diese Frage hörte. Eigentlich hatte sie gehofft, Gina nicht von dem aufgetretenen Problem erzählen zu müssen. Aber sie war miserabel darin, Dinge für sich zu behalten. »Es ist wirklich nichts«, versicherte sie Gina, fügte aber im nächsten Moment hinzu: »Es ist nur so, dass … na ja, du weißt, dass sie gestern mit den Renovierungsarbeiten im großen Schlafzimmer und im angeschlossenen Badezimmer und auch in der Küche fertig geworden sind. Und dass sie heute Morgen damit anfangen wollten, das Fundament für den Anbau auszuheben.«
»Ja, ich weiß. Im Haus waren sie so gut wie fertig, als ich mich vorgestern auf den Weg zum Flughafen gemacht habe.« Ginas Stimme klang so, als ahnte sie, dass etwas Schlimmes vorgefallen war. »Was ist passiert? Haben die Bauarbeiter beim Graben die Gasleitung zerstört oder was?«
»Nein, nein, nichts in der Art«, betonte Abril.
»Und was ist es dann?«
»Dieses Grabedingsda … Raupenbagger oder so?«, warf sie unschlüssig ein. »Das Ding hat heute Vormittag seinen Geist aufgegeben. Sie mussten für den Rest des Tages die Arbeit einstellen, weil sie warten müssen, dass jemand herkommt und sich das Ding ansieht. Sie hoffen, dass das gleich morgen früh passieren wird.«
»Morgen früh? Die konnten heute keinen Mechaniker mehr auftreiben? Oder einen zweiten Bagger herbeischaffen, damit sie weiterarbeiten können?« Jetzt klang Gina richtig verärgert, was Abril nicht im Mindesten wunderte. Ihre Chefin war nicht gerade die Geduld in Person. Es hatte ewig gedauert, bis überhaupt mit der Renovierung begonnen werden konnte, und es war klar, dass jede weitere Verzögerung – von denen es nach Abrils Überzeugung sicher noch eine Menge geben würde – Ginas Laune umso mehr strapazieren würde.
»Vermutlich nicht«, antwortete Abril in einem beruhigenden Tonfall. »Aber kurz vor Mittag hat es dann auch noch heftig geregnet, und da hätten sie sowieso unterbrechen müssen. Außerdem hat mir Jared versichert, dass ihr Mechaniker ganz früh herkommen wird, um den Bagger zu reparieren. Und er hat mir versprochen, dass sie auch am Samstag arbeiten werden, um die verlorene Zeit reinzuholen.«
Es folgte ein langes Schweigen, bis Gina nach einer Weile murmelte: »Gut, okay. Tja, solche Dinge passieren wohl einfach mal.«
Abril gab einen zustimmenden Laut von sich und sah zu Lilith, die sich in diesem Moment vorbeugte, um aus dem Teich zu trinken. Da sie nicht wusste, ob das Wasser aus dem Teich gesund war, wollte Abril Lilith zu sich rufen, doch dann redete Gina weiter und lenkte sie ab.
»Und? Bist du schon von neugierigen Nachbarn besucht worden? Oder gab es Beschwerden über den Lärm?«
»Beschwerden keine, aber neugierige Nachbarn«, konnte Abril bestätigen. »Jedenfalls nehme ich an, dass sie neugierig waren. Ich habe nicht mehr mit ihnen reden können. Diese Nachbarin aus dem Haus schräg links gegenüber. Kim heißt sie, glaube ich.«
»Ja, Kim«, bestätigte Gina.
»Also, sie und noch eine Frau kamen rüber und unterhielten sich mit ein paar von den Bauarbeitern, kurz bevor die ihre Sachen zusammengepackt haben. Ich hab’s zuerst nicht mitbekommen, und als ich sie dann sah, musste ich erst noch Lilith die Leine anlegen. Als ich dann mit ihr rausging, hatten sich die zwei schon wieder auf den Weg gemacht und mindestens die Hälfte deiner sehr langen Zufahrt zurückgelegt.«
Sehr lang war eigentlich eine Untertreibung, wenn es darum ging, die Zufahrt zum Haus zu beschreiben. Ginas Haus stand am hinteren Ende des tortenstückförmigen Grundstücks, und die Zufahrtsstraße war mindestens sechzig Meter lang, vielleicht sogar noch etwas länger, überlegte Abril und ergänzte: »Ich wollte ihnen zurufen, dass sie warten sollten, bis ich mit Lilith bei ihnen war. Schließlich wollte ich mich ja vergewissern, dass sie sich nicht über den Lärm beklagten. Aber dann wurde ich von Jared aufgehalten, der mir erklärte, dass dieses Grabedingsda ausgefallen ist.«
»Aber die machen ganz sicher morgen weiter?«, wollte Gina wissen, der eine zügige Renovierung eindeutig wichtiger war als die Frage, was die Nachbarn dachten.
»Ja, solange es ihnen gelingt, dieses Teil wieder ans Laufen zu bekommen«, betonte Abril, die es für besser hielt, Gina vorsorglich auf das Worst-Case-Szenario vorzubereiten. Immerhin wusste ja niemand, welchen Defekt das Baufahrzeug hatte. Was, wenn sie ein Ersatzteil bestellen und auf die Lieferung warten mussten, ehe sie das Dings wieder in Betrieb nehmen konnten?
»Na ja, wenn sie den Defekt morgen nicht repariert bekommen und sie auch keinen anderen Bagger auftreiben können, dann sag Jared, dass seine Leute in der Zwischenzeit den Indoor-Garten rausreißen sollen. Ich weiß, der Teppichboden ist noch nicht da, aber sie können trotzdem schon mal die Pflanzen und die Erde rausschaffen, das Loch mit Kies zuschütten und mit Beton füllen, damit der Estrich aufgebracht werden kann, um den Teppichboden verlegen zu können, sobald er geliefert wird«, sagte Gina entschlossen. »Ich will, dass im Haus alles erledigt ist, bevor ich zurückkomme. Nur dann ist nämlich gewährleistet, dass die Bauarbeiter nicht den ganzen Tag lang ein und aus gehen und uns bei der Arbeit stören.«
»Das wäre schön«, erwiderte Abril versonnen, verzog dann aber den Mund, als ihr ein Gedanke in den Kopf kam. »Allerdings hat Jared mir erklärt, dass der fehlende Teppichboden nicht der einzige Grund ist, wieso sie sich noch nicht dem Indoor-Garten gewidmet haben. Er meinte, es sei günstiger, den Kies und den Beton für den Indoor-Garten und das Fundament gleichzeitig anliefern zu lassen. Ein paar von seinen Leuten sollen den Indoor-Garten rausholen, unmittelbar bevor der Kies kommt, um damit die Grundlage für das Fundament zu schaffen. Und der Beton soll dann auch für beide Stellen gleichzeitig geliefert und in die Baugruben drinnen und draußen gepumpt werden. Dann würde auch nicht tagelang oder sogar wochenlang im Wohnzimmer ein tiefes Loch klaffen, in das womöglich noch jemand hineinfällt.«
Ginas gereiztes Schnauben war nicht zu überhören. »Tja, ich schätze, das ergibt wohl einen Sinn«, räumte sie widerstrebend ein. »Ich kann es bloß nicht erwarten, diesen Indoor-Garten mit seinen scheußlichen Pflanzen endlich loszuwerden.«
Abril lächelte flüchtig und war erleichtert, dass ihre Chefin keinen Wutanfall bekommen hatte, nachdem sie ihr die wenig erfreulichen Botschaften übermittelt hatte, und ließ sich aus Freude darüber zu der ironischen Bemerkung hinreißen: »Du meinst, du hasst es, diese Pflanzen am Wochenende zu gießen, wenn ich keine Zeit habe, dafür vorbeizukommen.«
»Ja, das auch«, räumte Gina ein. »Aber die Pflanzen an sich hasse ich auch. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was sich die Bransons dabei gedacht haben. Ich meine, gibt es überhaupt noch hässlichere Pflanzen als die, die sie seinerzeit ausgesucht hatten? Allein diese grässliche spindeldürre Palme, die aussieht wie ein ausgemergelter, gebeugter alter Mann. Oder diese riesigen Maisstängel …«
»Das sind keine Maisstängel«, warf Abril amüsiert ein, musste dann aber zustimmen: »Obwohl sie schon ein bisschen so aussehen. Fast fünf Meter hohe Maisstängel. Und ja, sie sind einfach nur hässlich.« Nach einer kurzen Pause fügte sie ironisch an: »Du hast mit keinem Wort das italienische Knabenkraut erwähnt. Bist du nicht froh, das auch los zu sein?«
»Ach, das? Das ist gar nicht mal so übel«, meinte Gina. »Ehrlich gesagt finde ich, dass das etwas Reinigendes an sich hat.«
»Etwas Reinigendes?«, wiederholte Abril verwundert.
»Genau. Immer wenn ich an William und daran denken muss, wie er sich aus dem Staub gemacht hat, dann geh ich zum italienischen Knabenkraut und kneife von einer der Orchideen den kleinen Schniedel ab.«
»Mein Gott, Gina!«, rief Abril und lachte ungläubig. »Das ist nicht dein Ernst!«
»Oh doch. Na, jedenfalls habe ich das so gemacht«, versicherte Gina ihr. »Und es fehlt mir jetzt. Ich überlege …« Mitten im Satz hielt sie inne und fuhr nach einer Pause gedankenverloren fort: »Vielleicht sollte ich gar nicht den ganzen Garten rausreißen, sondern das italienische Knabenkraut stehen lassen und ringsherum Sträucher und Büsche pflanzen, die einfach schöner aussehen.«
Abril verdrehte die Augen, als sie das hörte. Seit Monaten schwankte Gina zwischen dem Austausch einzelner Pflanzen oder der Entfernung allen Grünzeugs und der Einebnung der Fläche oder mit dem Einbau eines Zimmerbrunnens. Ihre Unentschlossenheit hatte Abril und den Bauunternehmer beinahe in den Wahnsinn getrieben. Umso größer war die Erleichterung gewesen, als ihre Chefin sich entschieden hatte, den Garten einem Fußboden weichen zu lassen, durch den das Wohnzimmer größer wurde.
Sehr viel größer, dachte Abril. Der Indoor-Garten maß dreieinhalb Meter mal dreieinhalb Meter, an dem ein Weg von gut einem Meter Breite vorbeiführte. Ohne diesen Garten hätte das Wohnzimmer eine Fläche von etwas über zehn Metern mal viereinhalb Meter. Das war deutlich größer als ein Wohnzimmer ihrer Meinung nach sein musste, doch sie hatte keine Lust, Gina darin zu bestärken, den Garten zu behalten. Das hing vor allem damit zusammen, dass es an Abril hängen bleiben würde, den Garten zu gießen, und sie hatte es schon gehasst, diese hässlichen Pflanzen zu wässern. Sie hatte allerdings auch keine Lust, stattdessen irgendwelches andere Grünzeug zu gießen. Also warnte sie Gina vorsorglich: »Das ist deine Entscheidung. Aber ich wie ich schon sagte, war das nur ein Gefallen von mir, am Wochenende herzukommen und die Pflanzen zu gießen. Ich werde das nicht auf Dauer machen. Wenn du also diesen Garten behalten willst, dann musst du dich entweder selbst darum kümmern oder jemanden kommen lassen, der das für dich erledigt.«
Zu ihrer großen Erleichterung hörte sie Gina missmutig ausatmen. »Es wird wohl das Beste sein, wenn ich mich an meinen Plan halte und das ganze Grünzeug entfernen lasse«, gab sich Gina geschlagen. »Der Indoor-Garten ist zwar eigentlich der Hauptgrund dafür, dass ich das Haus überhaupt gekauft habe. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich die Pflanzen auch nur einmal selbst gegossen habe. Ich will keine Fremden haben, die am Wochenende ins Haus kommen, und wenn du das Gießen nicht übernehmen willst …«
Es folgte eine lange Pause. Abril wusste, ihre Chefin hoffte darauf, dass sie ein schlechtes Gewissen bekam und dem Schweigen in der Form ein Ende setzte, dass sie ihr anbot, weiterhin am Wochenende zum Gießen vorbeizukommen. Aber das würde nicht passieren. Sie hatte das schon in den letzten sechs Monaten für Gina getan, und es war eine Qual gewesen. Eine Qual, für die es kein Geld gab, wie ihr irritiert durch den Kopf ging. Anfangs hatte es ihr nichts ausgemacht, weil es nur für gut einen Monat bis zum Beginn der Renovierungsarbeiten gedacht war. Dummerweise war dieser Termin immer wieder nach hinten geschoben worden, bis man nach sechs Monaten endlich damit begonnen hatte, das Haus zu renovieren. Da hing ihr diese Aufgabe bereits zum Hals raus.
Das Haus und den Hund für Gina zu hüten, als die Renovierung in die letzte Phase ging, während Gina selbst die Flucht in wärmere Gefilde antrat, war der letzte Gefallen, den sie ihrer Chefin tun würde – und das auch nur, weil sie dafür gut bezahlt wurde. Danach würde sie nur noch zu normalen Zeiten arbeiten. Sie würde nicht länger am Wochenende vorbeikommen und die Pflanzen gießen und nach dem Motto »Ach, wenn du schon mal hier bist« entweder Lilith ausführen oder ein paar Einkäufe erledigen oder die Wäsche aus der Reinigung holen. Abril konnte ihre Chefin gut leiden, aber Sympathie hatte auch irgendwo ein Ende.
»Okay, dann viel Spaß«, sagte Abril.
»Werde ich haben«, versprach ihr Gina. »Du hast ja meine Nummer für den Fall, dass es weitere Probleme gibt. Wenn du mich brauchst, ruf einfach an, Abby.«
»Ich bin mir sicher, dass es keine Probleme geben wird.«
»Berühmte letzte Worte«, meinte Gina lachend.
»Okay, okay, ich werde gleich noch auf Holz klopfen«, gab Abril grimmig zurück.
»Tu das. Und ruf mich an, falls die Bauarbeiter unter meinem Indoor-Garten auf Leichen oder einen vergrabenen Schatz stoßen.«
»Leichen?«, fragte Abril ungläubig.
»Genau. Schließlich versuche ich ja immer noch herauszufinden, wohin William verschwunden ist. Monatelang sind wir zusammen ausgegangen, und auf einmal ist er wie vom Erdboden verschluckt. Vielleicht ist er ja in den Indoor-Garten gefallen, und der Erdboden hat sich aufgetan und ihn verschluckt.«
Abril war sich nicht sicher, was sie darauf erwidern sollte. Sie wusste, Gina hatte sich Hals über Kopf in William verliebt, und es hatte so ausgesehen, als würde er ihre Gefühle mit der gleichen Heftigkeit erwidern. Nachdem sie monatelang miteinander ausgegangen waren und er den letzten gemeinsamen Monat praktisch ständig in ihrem Haus verbracht hatte, war er eines Tages losgegangen, um Milch zu kaufen. Und nie zurückgekehrt. Sein plötzliches Verschwinden war für Gina ein harter Schlag gewesen. Und es war auch der Grund für ihre Auslandsreise mit ein paar Freundinnen, um etwas anderes zu sehen, sich zu entspannen und über William hinwegzukommen. Letzteres schien allerdings nicht so richtig zu funktionieren. Jedenfalls noch nicht.
»Das war ein Scherz, Abs«, sagte Gina in leisem Tonfall und riss Abril aus ihren Überlegungen. »William kann mir gestohlen bleiben.«
»Er war nicht gut genug für dich«, platzte Abril heraus. »Okay, er war süß und fit, aber der Kerl war dumm wie Brot.«
»Ja, genau«, murmelte Gina gedehnt. »Na gut, ich sollte jetzt mal wieder auflegen. Denk daran, dass du diese Verträge zu Rutherford schickst. Ich arbeite bereits an ein paar Ideen für die Werbespots, die er sehen will, und ich will sie so bald wie möglich mit ihm besprechen. Aber natürlich erst, wenn er seine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt hat.«
»Schon erledigt«, versicherte Abril ihr. »Ich habe die Unterlagen gestern Abend per Kurier rausgeschickt. Sobald sie mir unterschrieben vorliegen, werde ich dir Bescheid sagen.«
»Danke, du bist ein Schatz«, sagte Gina. Ihre Stimme klang ein wenig kräftiger, nachdem sie nun das Thema gewechselt hatten.
»Darum bezahlst du mich ja auch so gut«, neckte Abril sie.
»Ja. Erinnere mich daran, dass ich dir eine Gehaltserhöhung gebe, wenn ich wieder zu Hause bin.«
»Ja, ja. Amüsiere dich«, antwortete Abby vergnügt.
»Das habe ich vor«, sagte Gina. »Ciao.«
»Ciao«, entgegnete Abril und nahm das Handy vom Ohr, um die Verbindung zu trennen. Da rief Gina auf einmal: »Oh, warte! Jetzt hätte ich fast vergessen, wieso ich überhaupt angerufen habe!«
Abril zog verdutzt die Augenbrauen hoch, wartete kurz und fragte dann: »Und zwar?«
»Ich wollte hören, wie es Lilith geht.«
»Ah.« Abril musste lächeln, da es sie kein bisschen überraschte, dass Gina um ihr Baby besorgt war. Diese Frau verwöhnte ihren Hund, als wäre er ihr Kind.
»Geht es ihr gut? Isst sie ordentlich? Vermisst sie mich?«, fragte Gina, wobei Abril der hoffnungsvolle Unterton in ihrer Stimme nicht entging.
»Natürlich vermisst sie dich«, sagte sie und sah sich nach dem Hund um, der momentan Gegenstand des Gesprächs war. »Sie fängt an zu bellen und läuft zur Tür, sobald sie einen Wagen hört, der sich auf der Zufahrt dem Haus nähert. Sobald sie weiß, dass es bloß ein Paketbote oder einer von den Bauarbeitern ist, macht sie kehrt und lässt sich auf ihr Kissen fallen.«
»Oooh«, machte Gina, der das gerührte Lächeln förmlich anzuhören war. »Dann knuddel sie mal von mir durch und sag ihr, dass Mommy sie liebt.«
»Werde ich machen«, antwortete sie, doch ihre Aufmerksamkeit galt bereits der Rasenfläche vor dem Haus. Sie konnte die Labrador-Hündin aber weder am Teich noch irgendwo in der Nähe des Raupenbaggers oder des von ihm ausgehobenen Lochs entdecken.
»Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. Wir reden morgen wieder.«
»Mh-hmm«, machte Abril und steckte das Handy ein, als die Leitung mit einem Mal tot war und Gina damit definitiv aufgelegt hatte.
Abril ging ums Haus herum, während sie angestrengt überlegte, ob sie das Halsband für den drahtlosen Hundezaun tatsächlich so eingeschaltet hatte, wie sie es vorgehabt hatte. Oder hatte das Ding eine Fehlfunktion, und Lilith konnte hinlaufen, wohin sie wollte? Erst einmal wollte sie hinter dem Haus nachsehen, dann konnte sie immer noch in Panik geraten und ihre Suche auf die Nachbarschaft ausweiten.
Anstatt den Umweg um das Monster von Raupenbagger zu machen, entschied sich Abril für die Abkürzung zwischen dem Fahrzeug und dem Loch im Garten. Mit jedem Schritt wurde dieser Weg allerdings etwas schmaler, und schließlich fasste sie nach dem Ungeheuer aus Stahl, um sich daran festzuhalten. Ihre Finger erreichten aber gar nicht erst das kalte Metall, da im gleichen Moment der Boden unter ihr nachgab.
Zum Glück waren die Arbeiter noch nicht weit gekommen, als die Maschine an diesem Vormittag ihren Dienst quittiert hatte. Das Loch war vielleicht drei mal sechs Meter groß, aber nur gut einen Meter tief. Das war schon ein Glück, fand Abril, als sie schließlich rücklings in der Baugrube landete. Der Sturz hatte ihr zwar einen Schreck eingejagt und ihr beim Aufprall die Luft aus den Lungen gepresst, aber soweit sie das sagen konnte, hatte sie sich nicht verletzt.
Abril brauchte einen Moment, um wieder zu Atem zu kommen. Dann riss sie die Augen auf, da sie ein kurzes Bellen hörte und merkte, wie etwas Nasses, Raues über ihre Wange gezogen wurde. Sie hatte Lilith gefunden. Abril streckte eine Hand aus, um die Hündin davon abzuhalten, ihr weiter das Gesicht abzulecken.
»Danke, Sweetie, es geht mir gut«, murmelte sie und streichelte der Hündin mit der freien Hand über den Kopf. »Jetzt lass mich mal aufstehen.«
Ob Lilith tatsächlich verstand, was sie ihr gesagt hatte, war fraglich. Tatsache war aber, dass sie ihre Bemühungen aufgab, Abril zu Tode abzuschlecken, und dass sie sich umdrehte und ans andere Ende der Baugruppe trottete. Abril seufzte erleichtert und stand auf, wobei sie einen Moment lang Mühe hatte, auf dem lockeren und unebenen Untergrund Halt zu finden. Als sie die Erde abklopfen wollte, die an Mantel und Jeans hing, musste sie feststellen, dass der Regenschauer früher an diesem Tag zwar nur von kurzer Dauer, dafür aber sehr intensiv gewesen war. Die Erde hatte sich in Matsch verwandelt, und anstatt ihre Kleidung wieder sauber zu bekommen, verrieb sie die feuchte Erde auf ihrem beigefarbenen Wollmantel und der verschossenen Jeans.
Leise fluchend stellte Abril ihre Bemühungen ein und suchte wieder nach Lilith. Sie war sogleich beruhigt, als sie die Hündin entdeckte, die an der dem Haus zugewandten Seite ein Loch in die Baugrube buddelte.
»Willst du den Bauarbeitern helfen, Lilith?«, fragte sie und überlegte, wo die beste Stelle war, um aus dem Loch zu klettern, ohne ihre Kleidung mit noch mehr nasser Erde zu verschmieren. Die Stelle, an der der Boden unter ihr nachgegeben hatte, schien ihr am besten geeignet zu sein, denn dort konnte sie auf der entstandenen Schräge nach draußen klettern, während alle anderen Ränder mehr oder weniger senkrecht zu sein schienen und darüber hinaus deutlich höher als nur einen Meter, wie zunächst angenommen. Wahrscheinlich würde sie aber auf allen vieren aus der Grube krabbeln müssen.
Bei dem Gedanken daran sah Abril noch einmal zu der Stelle, an der Lilith immer noch buddelte. Sie klatschte mit der flachen Hand auf ihr Bein und rief: »Lilith, komm her!«
Lilith kam aber nicht her. Sie reagierte nicht mal auf den Zuruf. Abril stutzte angesichts des Ungehorsams. Normalerweise hörte die Hündin sofort auf ihren Namen und reagierte folgsam, wenn man sie zu sich rief. Doch im Augenblick war sie fieberhaft damit beschäftigt, an dieser einen Stelle zu graben, der sie sich schon eine ganze Weile gewidmet haben musste. Ihr goldenes Fell war an den Pfoten, den Vorderbeinen und im Gesicht mit dunkler, feuchter Erde verschmiert. Ein paar Erdbrocken waren sogar auf ihrem Rücken gelandet.
Abril verzog das Gesicht und murmelte vor sich hin, wie sehr sie sich schon darauf freute, einen Hund baden zu dürfen, der nicht auf seinen Namen reagierte. Sie schob die Hände in ihre Manteltaschen, um sie zu wärmen, und durchquerte die Baugrube, um die Hündin abzuholen.
Der Beginn der Renovierungsarbeiten war ursprünglich für Ende September vorgesehen gewesen, hatte sich dann aber bis Ende März hinausgezögert. Nun war die letzte Aprilwoche erreicht, und das Wetter wechselte ständig zwischen warm und kalt. Heute war es kalt, aber wiederum nicht kalt genug, um die morastige Erde gefrieren zu lassen, durch die sie jetzt stapfte.
»Lilith! Hör sofort auf damit und komm her zu mir!«, forderte Abril sie energischer auf und zog dabei die Leine aus der Tasche. Als auch dieser Befehl ungehört verhallte, beklagte sich Abril inzwischen lautstark über ungehorsame Hunde, die ihre menschlichen Aufpasser dazu zwangen, sich im Morast die Schuhe zu ruinieren. Dann war sie bei Lilith angekommen.
»Ungezogener Hund«, knurrte Abril und beugte sich vor, damit sie die Leine am Halsband befestigen konnte. Sie versuchte, ihrer Stimme einen bestimmenden Ton zu verleihen, aber damit konnte sie der Hündin nicht vermitteln, dass sie sich von ihr nicht länger auf der Nase herumtanzen ließ. Als Abril sich aufrichtete und Lilith hinter sich herziehen wollte, widersetzte die sich.
»Verdammt noch mal, Lilith!«, sagte Abril aufgebracht und zerrte an der Leine. »Jetzt komm schon. Lass uns ins Haus gehen. Hier draußen ist es mir zu kalt.« Da Bestechung für sie kein Tabuthema war, fügte sie hinzu: »Du kriegst auch ein Leckerchen. Du kriegst sogar zwei, wenn du … heilige Scheiße!«, flüsterte Abril, da Lilith in diesem Moment aufhörte zu graben und sich zu ihr gesellte, weil sie wohl verstanden hatte, dass zwei Leckerchen auf sie warteten. Aber jetzt war es Abril, die wie angewurzelt dastand und ungläubig auf das Loch starrte, das Lilith gegraben hatte.
Sie erwachte erst aus ihrer Starre, als die Kälte des Morasts ihre tief eingesunkenen Schuhe durchdrang und auf ihre Füße übersprang. Erschrocken schnappte sie nach Luft und zog mit ihrer plötzlich zitternden Hand das Smartphone aus der Tasche. Sie wählte den Notruf und wich an den Rand der Baugrube zurück, mit Lilith im Schlepptau.
Als sich die Notrufzentrale meldete und eine Frauenstimme nach dem Grund für den Anruf fragte, räusperte sich Abril und sagte: »Im Garten meiner Chefin liegt eine Leiche.«
»Ma’am, haben Sie gerade gesagt, dass im Garten Ihrer Chefin eine Leiche liegt?«, fragte die Frau nach und klang entsetzt.
Abril konnte ihr daraus keinen Vorwurf machen. Das hier war eine Kleinstadt am Rande von London im kanadischen Ontario. Solche Dinge ereigneten sich hier einfach nicht.
Aber offenbar ereignen sie sich doch, tönte eine Stimme in ihrem Kopf, während sie den Schädel betrachtete, der zur Hälfte ausgegraben in der Erde steckte. Sie atmete resigniert aus und antwortete. »Genau das habe ich gesagt. Genau genommen ist es wohl eher ein Skelett, weil der Hund einen menschlichen Schädel ausgegraben hat. Können Sie bitte jemanden herschicken?«
»Rein mit dir, Crispin. Wir müssen los!«, rief Alexander Roberts schroff, als Crispin gerade die Beifahrertür des Wagens öffnete, den man ihnen zugeteilt hatte. Crispinus Delacort zog angesichts der ungehaltenen Begrüßung durch seinen Partner zwar irritiert die Augenbrauen zusammen, setzte sich aber in den Wagen und zog die Tür zu. Gerade eben hatte er sich noch mit einem anderen Detective unterhalten, während Roberts zum Wagen vorgegangen war und noch völlig ruhig und entspannt gewirkt hatte. Jetzt dagegen sprühte er förmlich vor Begeisterung.
»Wieso die Eile?«
»Wir haben einen Fall«, verkündete Roberts und trat das Gaspedal durch, sodass der Wagen einen Satz nach vorn machte. Offenbar war die Meldung über Funk eingegangen, als er das Dienstauto nach vorn geholt hatte. Crispin legte hastig den Sicherheitsgurt an und fragte: »Und was ist es diesmal? Eine Katze im Baum? Ein Kind, das den Unterricht schwänzt? Oder wurde jemand beim Ladendiebstahl erwischt?«
»Weder noch«, antwortete Roberts. »Mord.«
»Ist das dein Ernst?«, hakte Crispin überrascht nach. Als Detective im Morddezernat sollte es ihn eigentlich nicht wundern, wenn sie zu einem Mord gerufen wurden. Allerdings hatte es im ganzen letzten Jahr in London nur acht Mordmeldungen gegeben. Und in der Hälfte der Fälle war so gut wie keine Ermittlungsarbeit notwendig gewesen, weil die Täter schon beim Anruf der Notrufzentrale ein Geständnis abgelegt hatten. Damit waren vier Morde übrig gewesen, die aufgeklärt werden mussten. Viel Arbeit hatte das für ihn und Roberts jedoch nicht bedeutet. Und leider hieß das auch, dass sie die meiste Zeit des Tages damit beschäftigt waren, die Kollegen bei deren Fällen zu unterstützen und beispielsweise Teenies aufzuspüren, die die Schule schwänzten. »Muss man wirklich davon ausgehen, dass es um Mord geht?«
»Muss man«, erwiderte Roberts und gab beim Verlassen des Parkplatzes so sehr Gas, dass sie mit quietschenden Reifen davonfuhren. »Eine Leiche in einem Garten.«
»Was?« Crispin kam aus dem Staunen nicht heraus, während Robert Blaulicht und Sirene einschaltete.
»Du hast richtig gehört«, beteuerte Roberts, dessen Miene Anspannung verriet, aber auch etwas anderes, das fast wie Vorfreude aussah. »Eine Leiche, die im Garten vergraben wurde. Die meisten Leute entscheiden sich für einen Friedhof als letzte Ruhestätte … solange sie keine Mörder sind.«
Crispin konnte die Vorfreude nur zu gut verstehen. Die meisten Menschen würden eine solche Reaktion auf den Fund einer Leiche sicher für pietätlos halten. Aber er und Roberts waren für diesen Job ausgebildet worden und wurden dafür bezahlt, daher war es einfach erfreulich, zur Abwechslung mal den Job zu erledigen, für den sie bei der Polizei waren.
»Und wo ist dieser Garten?«, wollte Crispin wissen.
»Außerhalb der Stadt, gleich hinter Byron«, sagte Roberts.
Unwillkürlich versteifte sich Crispin und fragte zögerlich: »Wie weit hinter Byron?«
»Immer noch in unserem Zuständigkeitsbereich«, versicherte ihm Roberts.
Crispin nickte und entspannte sich ein wenig. Es hätte ihnen gerade noch gefehlt, zu einem Mord gerufen zu werden und bei der Ankunft zu erfahren, dass sich die Ontario Provincial Police den Fall geschnappt hatte, weil der Fundort der Leiche außerhalb der Stadtgrenze lag. Aber wie es schien, würde es hier wohl nicht dazu kommen.
Obwohl es eine Einsatzfahrt war und sie mit hoher Geschwindigkeit unterwegs waren, dauerte es dennoch mehr als zwanzig Minuten, ehe sie ihr Ziel erreichten. Crispin wusste, es war nicht mehr weit, als Roberts Sirene und Blaulicht ausschaltete. Er setzte sich gerader hin und sah sich interessiert um. Sie fuhren an Farmen und Ackerland vorbei, und dann bogen sie in eine abzweigende Straße ein, eine halbkreisförmig verlaufende Straße, wie der Name »Crescent« auf dem Straßenschild ihm verriet.
»Wow«, hörte er Roberts erstaunt sagen, der damit seine Aufmerksamkeit vom Straßenschild weglenkte.
Crispin drehte sich zu seinem Partner um und folgte dessen Blick auf die Straße, in die sie eingebogen waren. Es war ein wirklich atemberaubender Anblick. Zu beiden Seiten erstreckte sich tiefgrünes Gras rund um die großen alten Bäume, überwiegend Zedern, Fichten und Zypressen. Es erweckte den Eindruck, als würde man mitten durch einen Park fahren, und auf den ersten Blick fielen ihm nicht mal Häuser auf. Erst bei genauerem Hinsehen wurde er fündig und stellte fest, dass sich vor jedem Haus eine etwas mehr als einen Hektar große Wiese erstreckte. Jedes Gebäude wies einen anderen Baustil auf, gemeinsam war ihnen nur die enorme Größe und ihr majestätisches Erscheinungsbild. Nicht ein einziges Haus hätte er als hässlich bezeichnen können, ganz im Gegensatz zu den Einheitshäusern auf gerade mal briefmarkengroßen Grundstücken, wie sie seit gut zwanzig Jahren überall aus dem Boden gestampft wurden. Das bedeutete, dass diese Häuser wohl fünfundzwanzig bis dreißig Jahre alt sein mussten, ohne dass man einem von ihnen dieses Alter hätte ansehen können. Alle waren sehr gepflegt.
Ihr Ziel entpuppte sich als das größte Anwesen in dieser Siedlung, das genau in der Mitte der halbkreisförmigen Straße stand.
»Wow«, wiederholte Roberts, nachdem er in die Zufahrt eingebogen war und sich nun langsam dem Haus näherte. »So lebt also die andere Hälfte.«
Crispin sah ihn ungläubig an. »Dein Haus ist doch mindestens doppelt so groß und steht auf fünfzehn Hektar Land.«
»Ja, aber ich bin auch dreihundertdreiundsiebzig Jahre alt«, betonte Roberts.
»Na und?«, gab der andere amüsiert zurück. Roberts sagte das, als seien knapp vier Jahrhunderte eine lange Zeit. Tatsächlich war er aber fast noch ein Baby im Vergleich zu Crispin, der es inzwischen auf fast drei Jahrtausende brachte.
»Und das heißt, dass ich wesentlich mehr Zeit hatte, um Geld zu verdienen, mit dem ich das Grundstück gekauft und das Haus gebaut habe«, stellte Roberts klar.
Crispin nickte. Ein Unsterblicher zu sein – oder ein Vampir, wie die meisten Sterblichen sie bezeichneten –, hatte seine Vorteile. Dass man Zeit hatte, privates Vermögen anzusparen, war einer davon.
»Dieses Haus gehört irgendeinem Sterblichen«, fuhr Roberts fort. »Wie zum Teufel kann der sich so ein Haus leisten? Und wie zum Teufel können sich all die anderen Sterblichen in dieser Straße solche Häuser leisten?«
Crispin zuckte mit den Schulten und betrachtete wieder das Haus, auf das sie zufuhren. »Vielleicht harte Arbeit. Oder ein großes Erbe und harte Arbeit.« Sein Blick blieb bei einer Gruppe bestehend aus einem Mann, einer Frau und einem Hund hängen, die alle vor dem Haus standen. Der Mann war ein Streifenpolizist in Uniform, den er auch kannte. Officer Tim Peters, ein aufgeweckter Typ mit dem Ehrgeiz, eines Tages auch einmal Detective zu werden. Er war bei einigen Todesfällen zugegen gewesen, mit denen sie sich in den letzten paar Jahren befasst hatten.
Sein Blick wanderte weiter zu der Frau, einer hübschen, zierlichen Blondine, die kaum älter als dreißig sein konnte. An der Leine hielt sie einen Labrador Retriever mit gelblich-beigem Fell. Die Frau schien sehr jung, um beruflich bereits so erfolgreich zu sein, dass sie sich das größte Haus auf dem größten Anwesen dieser Straße leisten konnte.
Roberts schien das Gleiche denken, denn als er neben dem Streifenwagen einparkte, merkte er an: »Ich würde sage, Erbe oder Lottogewinn sind am wahrscheinlichsten.«
Nachdem sie ausgestiegen waren und sich der Gruppe näherten, fiel Crispin auf, dass die hübsche Blonde etwas gestresst dreinblickte. Allerdings war das auch kein Wunder, sagte er sich. Wenn man in seinem eigenen Garten auf eine Leiche stößt, stand man zweifellos unter Schock. Doch dieser Fund war nicht das Einzige, was ihr Stress bereitete, wie ihm klar wurde, als sie die beiden Neuankömmlinge begrüßte.
»Gott sei Dank, dass Sie nicht auch noch in einem Streifenwagen hergekommen sind. Einer von der Sorte reicht schon, um Gina ausrasten zu lassen. Das und der Tratsch, der sich in der Nachbarschaft verbreiten wird. Da wäre ein zweiter Streifenwagen wirklich ein Problem gewesen.«
Crispin sah zu Roberts, als er das hörte. Es stimmte zwar, dass sie mit einem Zivilfahrzeug hergekommen waren, doch auf dem Grundstück und davor würde es bald von weiteren Cops und Leuten von der Spurensicherung wimmeln, und auf allen ihren Fahrzeugen würde groß und deutlich das Logo der London Police zu sehen sein.
Zum Glück bewahrte Peters sie beide davor, etwas davon zum Besten zu geben, indem er erklärte: »Ma’am, das sind Detective Roberts und Detective Delacort. Detectives, das ist Miss Abril Newman. Sie passt derzeit auf das Haus auf, da die Eigentümerin Ms Gina …« Er blätterte in seinem kleinen Notizbuch, bis er fündig wurde. »… Ms Gina Spaldine momentan ihren Urlaub in Italien verbringt.«
Crispin nickte der Frau zu. »Miss Newman.«
Nachdem auch Roberts sie gegrüßt hatte, warf Crispin Peters einen fragenden Blick zu. »Und was genau liegt hier vor? In der Meldung war von einer Leiche im Garten die Rede.«
»Ja, richtig. Genaugenommen ist es kein Garten mehr. Es war früher mal einer, und ein Teil davon war bis jetzt immer noch Garten, aber aktuell wird hier das Fundament für einen geplanten Anbau vorbereitet«, führte der Polizist aus und ging vor ihnen her zu einer großen Grube von sechs mal drei Meter, die bis zu einer Tiefe von gut eineinhalb Metern ausgehoben worden war. »Offenbar hatte der Bagger einen Defekt, weshalb die Arbeit eingestellt werden musste. Die Arbeiter sind abgefahren, und Lilith …« Er unterbrach sich, um zu erklären: »Lilith ist eine Labrador-Retriever-Hündin. Sie hat den Schädel ausgegraben. Es handelt sich eigentlich um ein Skelett, nicht um eine Leiche.«
Crispin und Roberts begaben sich in die Richtung, in die der Polizist zeigte, und entdeckten vom Rand der Baugrube aus die Stelle, an der die Hündin ein Loch gegraben hatte und der menschliche Schädel halb aus der Erde ragte.
»Ich werde mit Lilith eine Weile auf dem Grundstück spazieren gehen, während Sie das hier regeln. Ist das okay, Officer Peters?«, fragte Abril Newman.
Crispin drehte sich um und sah, dass die Frau sich damit abmühte, die Hündin zurückzuhalten, die mit aller Macht zu ihrem Fund zurückkehren wollte.
»Ja, sicher. Gehen Sie ruhig«, erwiderte Peters, drehte sich aber gleich darauf zu Crispin und Roberts um und sah die beiden fragend an, da ihm aufgefallen war, dass mit der Ankunft der beiden Detectives am Tatort die Leitung der weiteren Ermittlung nicht mehr bei ihm lag.
»Ist schon okay«, versicherte Crispin ihm.
Peters atmete sichtlich erleichtert auf und fügte an die Frau gewandt hinzu: »Wir werden Sie rufen, wenn die Detectives soweit sind, dass sie mit Ihnen reden möchten.«
Abril Newman nickte kurz und machte sich mit der Hündin auf den Weg zu der weiten Rasenfläche hinter dem Bagger. Es war nicht zu übersehen, dass es sie einiges an Kraft kostete, Lilith hinter sich herzuziehen, da die offenbar unbedingt dorthin zurückkehren wollte, wo sie die Knochen entdeckt hatte.
»Die Hündin hat den Schädel ausgegraben?«, vergewisserte sich Roberts. »Nicht die Bauarbeiter?«
»Richtig, Sir«, bestätigte Peters. »Und nicht nur den Schädel. Lilith konnte sich losreißen, als ich mit Miss Newman redete, und förderte in der Ecke dahinten Überreste einer zweiten Leiche zutage. Ein Händepaar.«
Es gelang Crispin, seine Aufmerksamkeit von Abril Newmans wohlgeformtem Po zu lösen und den Officer forschend anzusehen. Es war jedoch Roberts, der ihm mit der Frage zuvorkam: »Es gibt Überreste von mehr als einer Leiche?«
Nach kurzem Zögern erwiderte Peters: »Nun, entweder handelt sich um Teile eines zweiten Skeletts, oder die Hände und der Schädel gehören zusammen. Dann müsste die Leiche zerlegt worden sein, um sie an verschiedenen Stellen zu vergraben.«
Crispin sprang leichtfüßig in die Baugrube, um sich den freigelegten Schädel genauer anzusehen. Er ging davon aus, dass Roberts ihm folgen würde, doch der sagte stattdessen: »Bin gleich wieder da.«
Verwundert sah Crispin seinem Partner hinterher, wie der zurück zu ihrem Wagen lief. Erst als er den Kofferraum öffnete, um den Handfeger und das Kehrblech herauszuholen, wurde Crispin klar, was Roberts vorhatte. Der hatte ursprünglich den Handfeger besorgt, um den Puderzucker aufzufegen, den ein anderer Detective offenbar während des Verzehrs von Donuts im ganzen Wageninneren verteilt hatte. Nach einem prüfenden Blick in den Kofferraum, ob er noch irgendetwas anderes Nützliches entdecken konnte, schloss er die Haube.
Da Crispin wusste, dass sein Partner sich jeden Moment zu ihm gesellen würde, ging Crispin in die Hocke, um sich den Schädel genauer anzusehen, der von der Stirn bis zum Kiefer freigelegt worden war. Die Augenhöhlen und die Nasenlöcher waren mit der dunklen, fast schwarzen Erde gefüllt, in der der Schädel bislang vergraben gewesen war. Die Stirnpartie und die Wangenknochen waren dagegen frei von Erde und wirkten so sauber, als hätte man den Schädel gerade noch gründlich gewaschen.
»Miss Newman vermutet, dass die Hündin den Schädel bereits abgeleckt hatte, als sie sie hier in der Baugrube entdeckte«, erklärte Peters, der immer noch am Rand der Grube stand und auf ihn herabsah. »Offenbar hat die Hündin eine Vorliebe für Erde.«
Crispin gab nur ein knappes Brummen von sich, dann sah er zu Roberts, der in die Grube sprang und sich neben ihn hockte.
»Wollen wir doch mal sehen, ob es nur ein Schädel ist oder nicht«, murmelte Roberts. Da die Erde so feucht war, ließ er den Handfeger beiseite und begann stattdessen, behutsam mit dem Kehrblech vom Kiefer an die oberste Lage abzutragen. Nach einigen weiteren Lagen ging er dazu über, die Finger zu benutzen, bis er auf weitere Knochen stieß, die Crispin als Halswirbel identifizierte. Der nahm dann auch den Handfeger zu Hilfe und kehrte die jetzt nur noch dünne Lage Erde beiseite. Roberts arbeitete sich unterdessen weiter voran und schaufelte in ausholendem Maß Erde beiseite.
»Ich glaube, das ist das Schlüsselbein«, sagte Roberts plötzlich.
Crispin hielt mit seiner Arbeit inne und sah sich an, was sein Partner in der Zwischenzeit erreicht hatte. Es war genug Erde beiseitegeschafft worden, um die verrotteten Überreste eines Hemds erkennen zu können – und das, was nach dem Schlüsselbein aussah, dort wo der Hemdkragen offen war.
»Ja«, stimmte er ihm zu. »Offenbar hat man den Kopf nicht vom Rumpf getrennt. Aber es ist nach wie vor möglich, dass man ihm die Hände abgehackt hat.«
Roberts verzog den Mund. »Ich würde ja gern weitermachen, um genau das herauszufinden, aber die Leute von der Spurensicherung werden uns schon für das, was wir bislang angerichtet haben, die Hölle heißmachen.«
»Wir könnten behaupten, dass es das Werk dieser Hündin war«, gab Crispin amüsiert zurück. »Oder wir schaufeln die Erde wieder dorthin zurück, wo sie herkam.«
Da Roberts wusste, dass sein Partner nur einen Scherz machte, entgegnete er nichts, sondern richtete sich auf.
Auch Crispin stellte sich wieder hin und fragte Peters: »Sie hatten doch gesagt, dass der Hund weitere Knochen entdeckt hat, richtig?«
»Ja, da drüben.« Peters zeigte auf die Ecke, die gut drei Meter von der Hauswand entfernt war.
Crispin nickte kurz und durchquerte mit Roberts die Baugrube. An ihrem Ziel angekommen blieben sie stehen und betrachteten die Knochen, die aus der Erde geholt worden waren. Hände. Eine war von den Spitzen der Fingerglieder bis zum Ende von Elle und Speiche am Unterarm zu sehen. Von der anderen ragten nur die Fingerknochen und etwas von den Mittelhandknochen aus der Erde. Eines der Fingerglieder war etwas zu weit von den anderen entfernt, aber das war vermutlich passiert, als der Hund zu graben begonnen hatte.
»Wenn unserem Opfer da drüben die Hände abgehackt wurden, haben wir es immer noch mit mindestens zwei Toten zu tun. Aber wahrscheinlicher ist, dass es um drei Leichen geht«, verkündete Roberts schließlich.
»Drei?«, wiederholte Peters verwirrt. »Ich meine, wenn diese Hände dort nicht zu dem Schädel gehören, sind das doch trotzdem nur zwei Tote.«
»Ich nehme an, Sie haben sich die Hände nicht genauer angesehen, richtig?«, fragte Crispin.
»Ich … ähm, nein. Die Hündin wollte unbedingt zurück in die Grube und weiter buddeln, und Miss Newman hatte große Mühe, sie davon abzuhalten, sodass ich ihr helfen musste, das Tier von den Knochen fernzuhalten«, erklärte er. »Und dann haben wir vor dem Haus auf Sie gewartet.«
Crispin überraschte es nicht, das zu hören, da er sich so etwas in der Art schon gedacht hatte. Denn jeder, der sich die Knochen näher ansehen konnte, musste sofort erkennen, dass …
»Es sind zwei rechte Hände«, sagte sein Partner zu Peters. »Also zwei verschiedene Leichen, und wenn das erste Skelett da drüben seine rechte Hand noch hat, dann reden wir über drei Tote.«
»Verdammt«, murmelte Peters verdutzt. »Das heißt, es geht um zwei oder drei Morde. Könnte gut sein, dass diese Leute einem Serienmörder zum Opfer gefallen sind.«
Abril war inzwischen mehr als nur ein bisschen sauer.
Sie fror sich hier den Hintern ab, während die Männer dastanden und sich unterhielten. Natürlich wusste sie, dass Officer Peters den anderen Bericht erstatten musste. Aber wie lange nahm so was denn in Anspruch? Es war ja schließlich nicht so, dass sie ihm viel hatte sagen können, was er nun weitergeben musste. Das hier war schließlich nicht ihr Anwesen. Sie passte nur auf das Haus und auf die Hündin auf, und die hatte den Knochen ausgegraben, nachdem die Bauarbeiter wegen eines Defekts an ihrem Arbeitsgerät vorzeitig gegangen waren. Fertig. Sie hatte das Ganze in zwei Sätze packen können. Zugegeben, sie hatte jetzt wohl ein paar Kleinigkeiten weggelassen, aber nichts von Bedeutung! Ihr war kalt! Ihre Jeans war durchnässt vom Morast, in dem sie gelandet war. Und ihre Beine fühlten sich mittlerweile wie Eisklötze an. Die feuchte Erde an ihren Händen war inzwischen getrocknet und löste sich Stück für Stück. Ihre Finger dagegen fühlten sich heiß an und kribbelten. War das nicht ein Zeichen von Erfrierungen oder so?
»Miss Newman?«
Erleichtert drehte sich Abril um, als sie ihren Namen hörte, und musste Lilith wieder davon abhalten, zu den Männern zu stürmen, als der größere, gutaussehende Detective sie zu sich winkte. Innerlich verzog sie das Gesicht, als ihr dieser Gedanke durch den Kopf ging. Eigentlich sahen beide Männer verdammt gut aus. Der eine war dunkelhaarig, hatte breite Schultern, dunkle Augen, einen markanten Kiefer und volle Lippen. Der andere hatte ebenfalls dunkle Haare, war aber ein paar Zentimeter größer, und auch seine Schultern waren noch ein wenig breiter. Seine silbrig-blauen Augen waren die schönsten Augen, die Abril jemals zu Gesicht bekommen hatte. Nach der Länge seiner Bartstoppeln zu urteilen, hatte er sich ein paar Tage lang nicht rasiert. Ihr Typ waren immer große, dunkelhaarige, attraktive Männer gewesen, und normalerweise bevorzugte sie die glattrasierten. Doch dieser Dreitagebart stand diesem Mann wirklich gut. Sie fand, dass er verdammt sexy war.
Und das war vermutlich kein Gedanke, mit dem man sich am Schauplatz eines Mordes befassen sollte, ging es ihr durch den Kopf, als ihr Blick auf die Baugrube fiel. Sie hatte keine Ahnung, was den Leuten zugestoßen war, deren Knochen Lilith zutage gefördert hatte. Aber zumindest ihrer Meinung nach war es ziemlich offensichtlich, dass man eine natürliche Todesursache ausschließen konnte. Ansonsten wären die sterblichen Überreste zu einem Friedhof gebracht worden, anstatt sie im ehemaligen Garten neben dem Haus zu vergraben.
Als sie den Rasen überquerte, warf sie einen Blick in Richtung Straße, um festzustellen, wie viel sie von hier aus sehen konnte. Angesichts der großen Abstände zwischen den Häusern und den Bäumen und Büschen in den Gärten ringsum vermutete sie, dass es kein Problem gewesen sein dürfte, die Toten unbemerkt zu vergraben. Zudem gab es auf der Straße keine Laternen, und nachts war es hier stockfinster.
»Wir müssen Ihnen noch ein paar Fragen stellen, Miss Newman. Aber das können wir auch gern drinnen erledigen, wenn Ihnen das lieber ist. So wie Sie zittern, muss Ihnen kalt sein«, sagte der kleinere Detective, Roberts, der mit seinem Kollegen aus der Baugrube kletterte.
»Drinnen wäre wirklich gut«, stimmte Abril ihm zu und freute sich jetzt schon darauf, ins Warme zurückkehren zu können.
»Peters, Sie behalten die Baugrube im Auge, bis die Spurensicherung hier eintrifft. Achten Sie darauf, dass sich keine Tiere in die Grube verirren, die es auf die Knochen abgesehen haben«, wies Detective Delacort ihn an, und Abril musste sagen, dass er eine wirklich tiefe, sexy Stimme hatte. »Wenn das Team eingetroffen ist, kommen Sie ins Haus. Könnte sein, dass wir Sie brauchen, um die Nachbarschaft zu durchforsten.«
»Ja, Sir«, erwiderte Peters mit ernster Miene.
Der arme Kerl tat Abril leid. Er hatte schon eine ganze Weile mit ihr hier draußen verbracht, als er ihre Aussage aufgenommen und dann mit ihr gemeinsam auf die Detectives gewartet hatte. Er spürte die Kälte offensichtlich auch, denn Finger, Nase und Ohren waren sichtbar rot geworden.
»Ich setze Kaffee auf und bringe Ihnen einen«, bot sie ihm an. »Wie trinken Sie Ihren?«
Peters zögerte, dann schüttelte er den Kopf. »Das ist schon okay, Miss. Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten.«
»Das tun Sie auch nicht«, versicherte sie ihm. »Also, wie trinken Sie Ihren?«
»Ein Schuss Milch, ein Löffel Zucker«, antwortete er schließlich und lächelte sie dankbar an.
Abril nickte. Als sie mit Lilith in Richtung Haustür ging, hörte sie hinter sich Roberts sagen: »Fahren Sie mit Ihrem Wagen dichter an die Baugrube heran. Dann können Sie im Wagen bleiben und die Heizung aufdrehen, Peters.«
»Ja, Sir«, antwortete der Officer erfreut.
Abril sah über die Schulter in der Absicht, dem Detective dankbar zuzulächeln, weil der daran gedacht hatte, es dem Polizisten etwas behaglicher zu machen, doch die Sicht wurde ihr durch einen Berg von einem Mann versperrt, der direkt hinter ihr stand und sich als Detective Delacort entpuppte. Verdutzt ließ sie den Blick bis hoch zu seinem Gesicht wandern und begriff erst jetzt, dass der Mann nicht nur groß, sondern geradezu ein Riese war. Er musste gut eins neunzig groß sein, während sie es auf gerade mal eins fünfundsechzig brachte. Wieso war ihr das bislang gar nicht aufgefallen?
»Aufpassen«, warnte der unüberhörbar besorgte Detective Delacort sie mit tiefer, seidiger Stimme. Da sie zu lange brauchte, um darauf zu achten, was sich vor ihr befand, fasste er unerwartet nach ihrem Handgelenk, damit sie stehen blieb.
Die Reaktion ihres Körpers auf diese Berührung ließ Abril erröten. Als sie sich endlich wieder umdrehte, weil sie seinem eindringlichen Blick ausweichen wollte, musste sie feststellen, dass sie beinahe gegen die halbhohe Mauer gelaufen wäre, die neben den Stufen zur großen, zweiflügeligen Haustür verlief.
»Oh, danke«, hauchte sie. Ihre Reaktion auf ihn verwirrte sie, gleichzeitig war ihr ihre Tollpatschigkeit peinlich. Als er ihr Handgelenk schließlich losließ, atmete sie angestrengt durch und eilte um die niedrige Mauer herum zur kurzen Treppe, die zur Haustür führte.
Als Lilith zu ziehen begann, da sie offenbar keine Lust hatte, ins Haus zurückzukehren und die ausgegrabenen Schätze aufzugeben, sagte Abril nur: »Leckerchen.«
Es war das Zauberwort schlechthin. Lilith hörte auf zu zerren, drehte den Kopf zu Abril um und saß im nächsten Moment vor der Haustür, wo sie darauf wartete, dass Abril endlich zu ihr kam und aufschloss.
»Sie ist ziemlich futterfixiert«, merkte Detective Delacort an.
»Das kann man wohl sagen«, stimmte Abril ihm zu und fügte mit einem ironischen Grinsen an: »Maskierte Räuber könnten ins Haus eindringen und uns alle umbringen, und sie würde schwanzwedelnd dabeisitzen und zusehen, solange die Killer sie mit ein paar Leckerchen in Schach halten. Ein guter Wachhund ist sie definitiv nicht.«
Delacort lachte leise, und sein warmer Atem strich über ihr Ohr. Dieser Hauch und der tiefe, volle Klang seines Lachens ließen Abril einen Schauer über den ganzen Körper laufen. Das lag an der Kälte, redete sie sich ein. Das war kein wohliger, erregender Schauer gewesen, sondern ein Zeichen dafür, dass ihr kalt war. Lieber Gott, dieser Mann war einfach eine Wucht und unglaublich sexy und … Die Kälte macht dir ganz offensichtlich zu schaffen, ermahnte sie sich energisch. Da liegen bis zu drei Leichen im Garten. Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, um zu flirten. Es ist nicht mal der richtige Zeitpunkt, um überhaupt zu bemerken, wie attraktiv der Mann ist. Geh ins Haus, zieh die nassen Sachen aus, mach den Kaffee und beantworte die Fragen der Polizei, so wie es jede vernünftige Assistentin tun würde.
»Soll ich Ihnen aufmachen?«
Abril stutzte bei dieser Frage, aber dann wurde ihr bewusst, dass sie vor der Haustür stand und mit ihren Fingern nur leicht den Türgriff umfasste. Ehe sie sich aus ihrer Starre lösen konnte, fasste Delacort plötzlich um sie herum und tat das, was er ihr eben angeboten hatte. Seine Finger strichen über ihre, als er die Türklinke nach unten drückte und die Tür leicht aufstieß.
Abril kniff die Augen zu, da seine breite Brust gegen ihren Rücken drückte. Das Chaos, das er damit in ihr auslöste, war nicht nur peinlich, sondern zutiefst beunruhigend. So hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht auf einen anderen Menschen reagiert. Was war er? Irgendein Hexer? Oder jemand, der sie mit einem Liebeszauber belegt hatte? Oder genauer gesagt mit einem Lustzauber, der sie in eine läufige Hündin verwandelte? Verdammt! Wenn sie wie Lilith einen Schwanz hätte, würde sie jetzt wild mit ihm wedeln. Ein Wunder nur, dass sie nicht hechelnd die Zunge aus dem Mund hängen ließ.
Sie fühlte sich versucht, sich gegen den Mann sinken zu lassen. Bevor sie jedoch dazu kam, wurde sie von Lilith ins Haus gezogen, kaum dass die Tür weit genug geöffnet war.
Verdutzt sah Crispin Abril hinterher, wie sie halb stolpernd, halb rennend von der Hündin ins Haus gezogen wurde und gleich darauf nach rechts aus seinem Blickfeld verschwand. Als er dann Roberts lachen hörte, drehte er sich verständnislos zu seinem Partner um. »Lachst du etwa?«, fragte er ungläubig. Roberts lachte so gut wie nie, sondern trug die meiste Zeit über eine unergründliche, ernste Miene zur Schau. Aber in diesem Moment lachte er ohne jeden Zweifel.
»Allerdings lache ich«, antwortete Roberts. »Wenn sie darüber nachdenkt, dass sie mit dem Schwanz wedeln würde, wenn sie einen hätte, und du völlig fasziniert auf die Stelle starrst, an der er sich befinden würde, dann kann ich nicht an mich halten.«
»Ich bin nicht von ihrem Hintern fasziniert«, knurrte Crispin gereizt, während er sich selbst einredete, dass dem so war. Dass er ihr auf den Hintern gesehen hatte, lag nur daran, dass er … na ja, dass er sich hinter ihr befunden hatte.
Wieder musste Roberts lachen. »Aber sicher. Das heißt, wenn sie andersherum vor dir gestanden hätte, dann hättest du ihr auf den Schritt gestarrt?«
»Nein, natürlich nicht. Ich … Moment mal.« Er kniff die Augen zusammen und musterte seinen Partner argwöhnisch. »Liest du etwa meine Gedanken? Aber ja doch!«, redete er weiter, als Roberts nur mit den Schultern zuckte. »Aber wie zum Teufel kannst du meine Gedanken lesen? Ich bin älter als du.«
»Ich habe keine Ahnung, mein Freund«, gab Roberts zurück, klopfte ihm auf die Schulter und ging an ihm vorbei ins Haus. »Du bist Detective, also komm du hinter das Rätsel. Wie soll ich bloß in der Lage sein, deine Gedanken zu hören? Wann soll es möglich sein, dass jüngere Unsterbliche die Gedanken von älteren Unsterblichen hören können?«
Crispin setzte zu einer Erwiderung an, machte aber den Mund gleich wieder zu, während er ungläubig die Augen aufriss. »Nein!«, sagte er nachdrücklich und wies den Gedanken zurück, der ihm als Erstes in den Sinn kam. Als ihm bewusst wurde, dass er längst ganz allein vor dem Eingang stand, schüttelte er flüchtig den Kopf, betrat das Haus und drückte die Tür hinter sich ins Schloss.
Er nahm in Augenschein, was er von dieser Position aus vom Haus sehen konnte. Er befand sich in einem großzügigen Foyer mit einem Fußboden aus weißem Marmor, direkt gegenüber gab es eine geschlossene zweiflügelige Tür. Womöglich die Garderobe? Er vermutete, dass es so war. Links davon ging ein Flur ab, der mit cremefarbenem Teppichboden anstelle von Marmor ausgelegt war. Gleich daneben fand sich ein großer Indoor-Garten voll mit tropischen Bäumen und Pflanzen. Crispin war von dem Anblick fasziniert, doch dann musterte er die verschiedenen Gewächse genauer und fand, dass sie eigentlich gar nicht so toll aussahen. Aber das war Geschmackssache, schließlich hatte jeder seine eigenen Vorstellungen davon, was er schön fand und was nicht.
Er warf einen Blick in das hinter dem Garten gelegene Wohnzimmer, doch da hielt sich niemand auf. Also drehte er sich nach rechts und schaute durch eine offene Tür in einen Raum, den er erst bei genauerem Hinsehen als auffallend geräumige Küche erkannte. Auf einmal hörte er Abril Newmans Stimme.
Sie redete Dinge wie »braves Mädchen« und »Leckerchen«, was ihn dazu veranlasste, die langgestreckte und ziemlich spektakuläre Küche zu betreten. Der Raum war mindestens zwölf Meter lang und gut fünf Meter breit, in der Mitte verlief eine lange Kücheninsel, an den Wänden links und rechts befanden sich Tresen und Schränke. So gut wie alles war in Weiß gehalten, ausgenommen die Arbeitsplatten, die aus mit Silber durchwirktem schwarzem Granit gefertigt waren. Auf dem Fußboden war irgendein exotisches Hartholz verlegt worden, das er noch nie gesehen hatte. Die Holzplatten wiesen unterschiedliche, rötlich angehauchte Brauntöne auf und waren von einem markanten schwarzen Streifenmuster durchzogen.
»Das ist Tigerholz.«
Crispin hob abrupt den Kopf, als er Abril reden hörte. Er war sich nicht sicher, was sie meinte, bis sie ergänzte: »Der Boden. Es ist Tigerholz.«
Für einen Moment fürchtete er, sie könnte ebenfalls seine Gedanken lesen, doch dann warf Roberts in besänftigendem Tonfall ein: »Du hast wie hypnotisiert den Fußboden angestarrt.«
»Oh. Ja«, erwiderte Crispin und entspannte sich ein wenig. »So etwas habe ich noch nie gesehen. Allerdings habe ich auch noch nie eine Küche mit einem Hartholzboden gesehen, deshalb …« Er ließ den Satz unvollendet und zuckte mit den Schultern.
»Tja, so ist Gina«, sagte Abril mit einem flüchtigen Lächeln und drehte sich zu einem Bereich um, der wie für einen Coffeeshop gemacht zu sein schien. Seite an Seite standen ein Teekessel, ein großer Kaffeeautomat mit einer Vorrichtung zum Milchaufschäumen und eine ganz gewöhnliche Kaffeemaschine. An dieser Kaffeemaschine stand Abril und gab gemahlenen Kaffee in den Filter, um eine Kanne mit starkem schwarzem Kaffee aufzusetzen. »Sie neigt dazu, die Dinge immer etwas anders zu machen als andere Leute.«
Sie stellte die Blechdose mit dem Kaffeepulver weg und schaltete die Kaffeemaschine ein. Als sie sich umdrehte, um sich zu den beiden Detectives zu stellen, rutschte sie auf irgendetwas aus und kippte nach hinten.
Von Panik erfüllt machte Crispin einen Satz auf sie zu und legte eine Hand an ihren Rücken, um zu verhindern, dass sie mit dem Kopf gegen den Tresen schlug. Mit der anderen Hand fasste er ihren Arm und sorgte dafür, dass sie nicht wegrutschte und auf dem Boden landete. Einen Augenblick später stand sie wieder fest auf den Beinen, während er sie besorgt ansah. »Ist alles in Ordnung?«
Einen Moment lang sah Abril ihn verwirrt an, dann richtete sich ihr Blick auf seine Lippen und verharrte dort. Ihr Gesichtsausdruck nahm mit einem Mal einen sanfteren Zug an, sie öffnete den Mund einen Spaltbreit und fuhr sich mit der Zunge über ihre Lippen. Was seine Aufmerksamkeit aber vor allem fesselte, waren ihr deutlich beschleunigter Herzschlag und das Aroma der Erregung, von dem sie auf einmal umgeben war. Beides sorgte dafür, dass sein Körper ebenfalls mit Erregung reagierte. Crispin, der Abril noch gar nicht losgelassen hatte, zog sie langsam zu sich heran, weil er sie küssen wollte.
»Soll ich Lilith das versprochene Leckerchen geben?«, fragte Roberts und unterbrach das, was sich zwischen den beiden anbahnte. »Wo bewahren Sie die auf, Miss Newman?«
Abrils Miene zeugte von ihrer völligen Verwirrung. Sie schüttelte flüchtig den Kopf und löste sich aus Crispins Griff, um sich zu Roberts umdrehen zu können. »Die Leckerchen?«
»Ja. Sie hatten Lilith eines versprochen, sobald der Kaffee durchläuft«, antwortete Roberts, den Blick auf Crispin gerichtet.
»Oh, stimmt«, murmelte sie und entfernte sich noch weiter von Crispin, der das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Nachdem er jahrhundertelang nicht das geringste Interesse an Sex verspürt hatte, wollte er jetzt nichts anderes, als Abril an sich zu drücken und sie zu küssen, ohne jegliche Rücksicht darauf, dass sich Roberts noch bei ihnen in der Küche befand. Er wollte sich an sie schmiegen und … Himmel! Sie war seine Lebensgefährtin, wie er mit Entsetzen feststellen musste. Der Gedanke war ihm zwar schon an der Haustür gekommen, aber er hatte ihn sofort wieder verworfen, weil er über diese Möglichkeit nicht einmal nachdenken wollte. Doch jetzt konnte er es nicht länger leugnen. Sex gehörte zu den Dingen, die für einen Unsterblichen nach gut hundert Lebensjahren allmählich uninteressant wurden. Nur die Begegnung mit einer Lebensgefährtin konnte das Verlangen wieder zum Leben erwecken. In Crispins Fall war es mehr als zweieinhalbtausend Jahre her, seit er das letzte Mal Lust verspürt hatte – und genau das war jetzt erstmals wieder geschehen. Das konnte nur bedeuten, dass Abril seine Lebensgefährtin war. Oder seine mögliche Lebensgefährtin, fügte er in Gedanken hinzu, denn sie konnte frei entscheiden, ob sie ihn als ihren Lebensgefährten haben wollte oder nicht. »Endlich hast du’s kapiert«, sagte Roberts amüsiert.
»Wie bitte?« Abril hatte soeben die weiße Blechdose mit dem aufgemalten Hundeknochen öffnen wollen und sah jetzt irritiert zu Roberts hin.
»Oh, ich meinte Delacort, nicht Sie«, erwiderte er lächelnd und fügte hinzu: »Wenn Sie mir sagen, wo ich einen Mopp und einen Eimer finden kann, werde ich den Boden wischen, damit Sie nicht noch mal ausrutschen und sich dann womöglich ernsthaft verletzen.«
Als Abril den Fußboden betrachtete, folgte Crispin ihrem Blick und stellte fest, dass überall Morast herumlag. Es gab Pfotenabdrücke der Hündin, außerdem Sohlenabdrücke von ihm selbst, von Roberts und von Abril. Dazwischen lagen jede Menge Erdklumpen in unterschiedlicher Größe verteilt, die zum Teil von Abrils Kleidung abgefallen waren, zum Teil aber auch an Liliths Fell geklebt haben mussten. Der Anblick überraschte sie nicht im Geringsten, da sie selbst und Lilith so aussahen, als hätten sie sich ausgelassen im Schlamm gewälzt.
»Vielleicht sollten Sie sich umziehen«, schlug Crispin vor.
»Ja, das sollte ich wirklich … oh nein! Lilith, nicht!«, rief sie in der nächsten Sekunde und stürmte an ihm vorbei, um die Hündin einzuholen, die soeben zur Tür lief, durch die sie in den Rest des Hauses gelangte. Zwar ließ Lilith sich nicht aufhalten, jedoch verringerte sie das Tempo, was es Abril ermöglichte, auf die Leine zu treten, die noch immer am Halsband befestigt war und von der Hündin hinterhergeschleift wurde. Notgedrungen musste Lilith von ihrem Vorhaben Abstand nehmen.
Abril bückte sich und hob die Leine auf, dann zögerte sie, wandte den Blick von Lilith ab und ließ ihn hilflos durch die Küche wandern.
Crispin hatte keine Ahnung, was sie gerade dachte oder wonach sie suchte, denn er konnte ihre Gedanken nicht lesen. Zwar versuchte er es, aber es überraschte ihn nicht, dass er das Gefühl hatte, vor einer hohen Mauer zu stehen. Es schien ein weiterer Beleg dafür zu ein, dass sie tatsächlich seine mögliche Lebensgefährtin war. Während Unsterbliche in der Lage waren, Sterbliche und auch jüngere Unsterbliche zu lesen, war ihnen das bei einer Lebensgefährtin nicht möglich.
»Ich werde auf Lilith aufpassen, während Sie sich frischmachen und umziehen«, bot sich Roberts an und ging zu ihr, um ihr die Leine abzunehmen.
