Die Schwarzen Perlen - Folge 02 - O. S. Winterfield - E-Book

Die Schwarzen Perlen - Folge 02 E-Book

O. S. Winterfield

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Beschreibung

Stella wurde von dem jungen Matrosen Richard Green gerettet - gegen den Willen des Kapitäns und der übrigen Besatzung der Saint Claude. Noch ahnt sie nichts von der großen Gefahr, die sie erwartet. Sie ist den rauen, wortkargen Männern schutzlos ausgeliefert. Und bald merkt Stella, dass man auf diesem unheimlichen Schiff keine Fragen stellen darf ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Weg ins Unheil

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Nejron Photo

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-0409-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Der Weg ins Unheil

Von O. S. Winterfield

Auf der Suche nach der geheimnisvollen schwarzen Perlenkette ihrer tot geglaubten Mutter Olivia ließ Stella Douglas deren Sarg in der Familiengruft von Ferrymoore Castle öffnen – doch der Sarg war leer! Vom Butler Jock erfuhr Stella schließlich, dass ihre Mutter vor sechzehn Jahren nicht gestorben, sondern vor ihrem Mann geflohen war.

Mit dem Wissen um dieses dunkle Geheimnis geriet auch Stella in Gefahr und musste von Ferrymoore Castle fliehen. In einer stürmischen Nacht versuchte sie, in einem Ruderboot den Fjord zu überqueren, und wurde aufs Meer hinausgetrieben. Gerade noch rechtzeitig wurde sie von der Besatzung der Saint Claude gerettet …

Als Stella nun in einer Kajüte erwacht, glaubt sie sich in Sicherheit. Doch schon sehr bald muss sie feststellen, dass mit dem Schiff und der Crew etwas ganz und gar nicht stimmt …

Stella erwachte in der engen Kajüte des Heringsfangschiffes Saint Claude.

Sie zog die graue, kratzige Decke fester um sich. Dann glitten ihre Hände tastend über ihren Körper und fühlten ein nasses Kleid.

Es war das Trauerkleid, das sie nach dem Tod ihres Vaters auf Ferrymoore Castle getragen hatte. Wehmütig dachte sie an das Schloss im schottischen Hochmoor zurück, das sie fluchtartig hatte verlassen müssen.

Jetzt hatte sie nur noch ein Ziel: Sie wollte ihre Mutter, Lady Olivia, suchen.

Durch das verschmutzte Bullauge fiel trübes Licht in die Kajüte. Stellas Zähne schlugen vor Kälte aufeinander. Mühsam hob sie den Kopf. Sie fand sich nur schwer zurecht.

Und damit kam die Erinnerung an das zurück, was ihr passiert war.

Stella setzte sich erregt auf und presste die Hände an den Kopf. Noch einmal erlebte sie die Todesangst auf dem offenen Meer.

Sie hatte nur noch hilflos auf dem Boden des Bootes hocken können. Trotz des Ölzeugs war sie bald nass gewesen, hatte gefroren und gezittert und nur noch den Tod vor Augen gesehen. Einen grausamen unerbittlichen Tod in der einsamen Weite des Meeres.

Stella sah sich wieder in der Kajüte um. Sie war gerettet worden. Von Leuten des Schiffes, das wie ein drohender Schatten plötzlich in der Morgendämmerung vor ihr aufgetaucht war.

Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass die Bugwellen jenes Schiffes ihr Boot hochgehoben und sie herausgeschleudert hatten. Ja, sie war noch geschwommen. Und als ihre Arme erlahmt waren, hatte sie sich auf den Rücken gelegt. Was danach geschehen war, wusste sie nicht mehr.

Wieder glitten Stellas Hände über das nasse Kleid. Sie sah auf den Boden neben der Pritsche. Dort lag ein zusammengeknüllter Mantel, völlig durchnässt. Es war der Mantel von Mary McCall, die ihr bei der Flucht geholfen hatte.

Mit vor Kälte zitternden Händen knöpfte sie ihr Kleid am Hals auf. Ihre Finger suchten das schmale Lederband mit der wasserdichten Tasche, in der sich ihr Pass und etwas Geld für die Weiterreise nach Lausanne befanden.

Doch da war nichts.

Stella suchte immer verzweifelter, doch die Tasche hing nicht mehr um ihren Hals. Wie war das möglich? Ihr schwarzes Kleid war bis zum Kragen zugeknöpft gewesen.

Und warum kam niemand, um nach ihr zu sehen? Hatte man ihr nur den Mantel ausgezogen, sie in dem nassen Kleid auf die Pritsche gelegt und eine Decke über sie geworfen, um sich danach nicht mehr um sie zu kümmern?

Wieder sah Stella durch die trübe Luke der Kajüte. Es war Tag. Wie spät es war, konnte sie nicht einschätzen. Stella setzte ihre Füße auf den Boden. Ob sie es wagen sollte, aufzustehen und die Kajüte zu verlassen?

Plötzlich zog sie die Füße mit einem lauten Aufschrei wieder auf die Pritsche zurück.

»Eine Maus«, flüsterte sie gleich darauf und starrte auf das dunkelgraue Tier, das neben ihren Füßen vorbeigehuscht war.

Jetzt saß es unter der Luke und sah sie an, als habe es gar nicht vor, sich zu verkriechen.

Nein, das war keine Maus, dafür war das Tier viel zu groß. Es war eine Ratte!

Angst und Ekel überfielen Stella. Jetzt wollte sie erst recht aus der Kajüte heraus. Als die Ratte hinter einem gefüllten Jutesack verschwunden war, wagte sich Stella von der Pritsche.

Ihre Schuhe schien sie gar nicht zu sehen, sie lief auf den Strümpfen zur Tür und riss sie auf. Der penetrante Geruch von gesalzenem Fisch stieg ihr in die Nase und würgte sie. Jetzt, wieder auf den Beinen, kam ihr das Schlingern des Schiffes viel stärker vor als auf der Pritsche.

Stella hörte laute Männerstimmen, anscheinend auf Deck. Sie sah den schmalen schmutzigen Gang entlang und entdeckte eine Treppe.

Die junge Frau musste sich immer wieder mit den Händen gegen die Wand des Ganges stemmen, als sie auf die Treppe zuging. Jetzt hörte sie die Männerstimmen deutlicher, konnte aber noch immer nicht verstehen, was sie sagten.

Es bereitete Stella Schwierigkeiten, die steile Treppe hinaufzukommen. Sie fühlte sich wie auf einer Leiter, die im Sturm schwankte. Auf der obersten Stufe musste sich Stella setzen.

Hier konnte sie schon auf das Deck sehen. Dort standen mehrere Männer beieinander, zeigten über das Wasser und führten ein erregtes Gespräch. Keiner von ihnen drehte sich um.

Stella war erschrocken über das Aussehen der Männer. Es waren sehnige Burschen mit verschlagenen Gesichtern und schwarzen Haaren.

Der jungen Frau wurde unheimlich zumute. Plötzlich war sie in eine ihr vollkommen fremde Welt geraten. Sie stand auf und ging auf die Männer zu.

Keiner von ihnen beachtete sie, obwohl sie jetzt neben ihnen stand. Zaghaft tippe sie einem von ihnen auf die Schulter.

»Was ist das für ein Schiff?«, fragte sie, doch er reagierte nicht.

Das Stampfen des Schiffsmotors übertönte ihre Stimme. Deshalb wiederholte sie ihre Frage, diesmal um vieles lauter.

Jetzt drehte sich der Mann, den sie angetippt hatte, doch um. Er zuckte mit den Schultern und sah Stella gleichgültig an. Die anderen Männer sprachen weiter miteinander.

Jetzt erkannte Stella ihre Sprache – französisch. Sie atmete auf. Dann hatte der Mann sie eben nur nicht verstanden, weil sie englisch gesprochen hatte.

Noch einmal wiederholte sie ihre Frage. Diesmal sprach sie französisch.

Aber die Antwort blieb die gleiche. Der Mann zuckte nur mit den Schultern.

Verzweifelt sah sich Stella um. Sie entdeckte einen Mann, der an der Reling lehnte. Er hatte eine fleckige Uniform an. Sein Gesicht war aufgedrunsen, seine Haut bleich, sein Blick leer. Der Mann mochte kaum älter als dreißig Jahre sein.

Obwohl er nicht vertrauenerweckender aussah als die anderen, ging Stella auf ihn zu. Vielleicht gab er ihr eine Antwort.

Stella hatte nur wenige Schritte bis zur Reling und dem Mann, der sich dort noch immer anlehnte. Da stolperte sie über eine Rolle Tauwerk und hatte Mühe, auf den Beinen zu bleiben.

Hinter ihr erklang lautes Gelächter.

»Bouboule, sie kommt zu dir«, hörte sie dann eine Stimme sagen. »Ja, der Steuermann zieht immer.«

In den kleinen schwarzen Augen des Mannes an der Reling blitzte es auf: Sie blickten jetzt lüstern. Unwillkürlich schlug Stella die Hände über der Brust zusammen, über dem nassen Kleid, das an ihrem Körper klebte.

Plötzlich kehrte sie um. Sie hatte Angst vor den gierigen Blicken des Mannes an der Reling bekommen. Sie ging quer über das Deck, immer wieder in Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren.

Als sie über sich die Kommandobrücke entdeckte, atmete sie erlöst auf. Sie sah einen Mann im Steuerhaus. Vielleicht war es der Kapitän. Wenigstens er musste doch etwas zugänglicher und angenehmer sein als die anderen Männer, die sie immer noch lachend beobachteten.

Stella zog sich an dem eisernen Geländer hoch, das eine verbeulte schmale Treppe säumte. Der Wind peitschte ihr durch das offene Haar und trieb es ihr ins Gesicht.

Sie stieß die Tür des Steuerhauses auf und war froh, jetzt wenigstens vor dem Wind geschützt zu sein. Trotzdem wurde sie noch von Kälteschauern geschüttelt.

»Sind Sie der Kapitän?«, rief sie, so laut sie konnte.

Ihre dunklen Augen sahen den bulligen Mann bang an. Auch er trug eine Uniform, aber sie war nicht weniger befleckt als die des Steuermanns an der Reling.

»Ja, der bin ich.« Der Mann sah sie unfreundlich an und strich über seinen dichten schwarzen Vollbart. »Kapitän Dupont.« Dann schob er seine Schirmmütze in den Nacken. »Was gibt’s, was wollen Sie auf der Kommandobrücke? Zutritt verboten steht da draußen. Können Sie nicht lesen?«

»Pardon.« Stella schluckte. »Aber ich musste zu Ihnen heraufkommen. Auf Deck spricht niemand mit mir. Ich möchte wissen, wo ich bin.«

Stella wurde immer unsicherer, weil der Kapitän sie mit zusammengekniffenen Augen musterte.

»Haben Sie noch nicht bemerkt, dass Sie auf einem Schiff sind, Mademoiselle?« Die Stimme des Mannes klang bärbeißig. Jetzt legte er seine Hand auf Stellas Schulter. »Und da draußen, das ist alles Wasser. Nur Wasser. Haben Sie das auch noch nicht bemerkt?«

»Doch.« Stella sah ihn hilflos an. »Sie haben mich gerettet?«

Kapitän Dupont trat einen Schritt zurück, plötzlich bog er sich vor Lachen und schlug sich auf die Brust.

»Ich? Sie gerettet? Ja, ich bin doch nicht von der Heilsarmee. Einer unserer Burschen konnte Sie nicht absaufen sehen und musste sich unbedingt Gotteslohn verdienen, indem er Sie rettete. Dieser Tropf!«

Stella wich an die Glaswand zurück. Dort lehnte sie sich an.

»Warum sprechen Sie so?«, fragte sie. »Ich wollte mich bei Ihnen bedanken. Und …«

Mit einer schnellen Handbewegung schnitt Kapitän Dupont ihr das Wort ab.

»Das interessiert mich alles nicht. Aber etwas anderes möchte ich wissen: Was hat ein so junges Mädchen wie Sie in der Nacht auf dem Wasser zu tun? Denn in der Nacht müssen Sie ja irgendwo von der Küste weggerudert sein.«

»Ungefähr um drei Uhr.« Stella atmete auf. Sah der Kapitän vielleicht nur so furchterregend aus, war aber in Wirklichkeit ein echter Seebär mit einem guten Herzen? »Es hat mich auf das Meer hinausgetrieben. Aus einem Fjord an der schottischen Küste. Ich wäre umgekommen. Ist das Ihr Schiff, Herr Kapitän?«

»Ja, die Saint Claude gehört mir«, sagte der Kapitän schon wieder sehr unwillig.

»Ist es ein Heringslogger?«, fragte Stella.

»Das werden Sie ja schon gerochen haben, Mademoiselle.«

»Und wohin fahren Sie?« Endlich hatte Stella das fragen können, was sie am meisten bewegte.

»In die Bucht von St. Malo. Sie wissen natürlich nicht, wo das ist. Anscheinend sind Sie keine Französin.«

»Nein, ich bin Schottin. Aber warum sollte ich deshalb nicht wissen, wo die Bucht von St. Malo ist? In Nordfrankreich …«

»Ich hatte nicht vor, Sie in Geografie zu prüfen, Mademoiselle. Überhaupt, was sollen die vielen Fragen? Wollen Sie mich aushorchen?« Kapitän Dupont trat drohend auf Stella zu. »Halten Sie hier auf meinem Schiff gefälligst den Schnabel. Neugierige Frager können wir nicht ausstehen. Geben Sie die Hoffnung auf, dass jemand von den Männern sich mit Ihnen unterhalten wird. Und versuchen Sie nicht, sich bei Richard zu bedanken. Ich meine den Burschen, der Sie aus dem Meer geholt hat. Ihm vielleicht den Kopf zu verdrehen, das ist hier nicht drin. Auf meinem Schiff nicht. Und jetzt verschwinden Sie von der Brücke. Legen Sie sich wieder in die Koje, und sehen Sie zu, dass Sie erst einmal trocken werden. In Zukunft gilt für Sie das Schild da draußen, verstanden? Zutritt verboten.«

Stellas Hand lag schon auf der Klinke der Tür.

»Wann werden Sie mich absetzen?«, fragte sie.

»Wir werden Mademoiselle rechtzeitig einen roten Teppich ausrollen.« Die Stimme des Kapitäns war voller Spott.

Trotzdem wagte Stella noch zu fragen: »Wo sind wir jetzt?« Sie zeigte durch die Glaswand des Steuerhauses. »Ist das dort drüben nicht die Küste? Vorhin hat man sie noch nicht gesehen.«

»Sie haben gute Augen. Ja, das ist die westenglische Küste. Aber jetzt hinaus.« Der Kapitän schob Stella aus dem Steuerhaus.

Nur mit viel Geschick konnte sie sich vor einem Sturz über die steile Eisentreppe retten. Und nun lachte Kapitän Dupont hinter ihr genauso boshaft, wie es vorhin die Männer an Deck getan hatten. Die waren jetzt verschwunden.

Stella ging zu ihrer Kajüte zurück. Diesmal sah sie sich auf dem schmutzigen Gang um. Sie entdeckte noch drei Türen, die anscheinend auch zu Kajüten führten.

Eine davon wurde gerade geöffnet. Stella sah einen Frauenkopf mit strähnigem blondem Haar. Aber sofort war er wieder verschwunden, und die Tür wurde von innen zugezogen.

Stella blieb noch einige Sekunden stehen. Außer ihr gab es also noch eine Frau an Bord. Ein Gefühl der Erleichterung überkam sie. Sie war mit diesen rauen Männern nicht allein. Aber warum hatte die Frau die Tür so schnell wieder zugezogen?

Stella ging in ihre Kajüte. Unter den neuen beängstigenden Eindrücken hatte sie die Angst vor der Ratte vergessen.

Erst als sie ein scharfes piepsendes Geräusch hörte, schreckte sie zusammen. Aber in diesem Augenblick wurde sie schon von etwas anderem abgelenkt.

Auf ihrer Pritsche lagen Jeans und ein kariertes Hemd. Es hatte also doch jemand daran gedacht, ihr trockene Kleidung zu bringen. Warum so spät? Vielleicht, weil es nicht früher möglich gewesen war?

Stella überlegte nicht länger, wer ihr die Jeans und das Hemd gebracht haben mochte. In Windeseile zog sie sich um. Um trocken zu sein, musste sie auch ihre Unterwäsche ausziehen.

Aber die würde sicher bald trocknen, wenn sie in der Kajüte aufgehängt werden konnte. Dafür fand Stella einen wackeligen Stuhl mit zersplitterter Lehne. Mary McCalls nassen Mantel legte sie über eine Kiste.

Ich muss ihn mitnehmen, wenn ich von Deck gehen kann, dachte Stella. Sicher brauche ich ihn noch dringend, und ich möchte ihn auch als Erinnerung an Frederics fürsorgliche Mutter behalten. Wer weiß, wann ich sie wiedersehe.

Da waren wieder die Gedanken an Ferrymoore. An all das, was sie dort erlebt hatte. Vor allem aber auch an Lady Laura Haggart, die es geschafft hatte, die Leute gegen sie aufzuwiegeln.

Warum war diese Frau nicht damit zufrieden, dass sie die Hälfte des Vermögens der Familie Douglas auf Ferrymoore Castle geerbt hatte? Sie behauptete, ihr, Stellas Vater, habe sie heiraten wollen. Niemand glaubte das, aber Sir Henry hatte Lady Laura zur Miterbin eingesetzt und bestätigte damit ihre Aussagen.

Als sich Stella auf der Pritsche ausstreckte, merkte sie, dass jemand die Decke ausgewechselt haben musste. Sie hatte jetzt eine trockene, allerdings war sie genauso hart und schmuddelig wie die andere.

Doch allmählich wurde der jungen Frau wärmer, und sie schlief vor Erschöpfung ein …

***

Ein junger strohblonder Mann schlich über die Treppe zu den wenigen Kajüten des Heringsloggers Saint Claude. Es war der Matrose Richard Green, ein schmächtiger Bursche.

Er sah sich scheu um, lauschte die Treppe hinauf und öffnete dann die Tür der Kajüte, in der Stella schlief.

Sie schreckte hoch. »Wer sind Sie?«

Richard Green legte die Finger an die Lippen und ging auf die Pritsche zu.

»Ich bringe Ihnen etwas. Hier.« Er zog ein kleines Paket unter seinem weiten Hemd hervor. »Nur ein paar Brote. Sie müssen ja längst Hunger haben. Und sicher hat man Ihnen noch nichts gebracht.«

Stella hatte sich auf der Pritsche aufgesetzt.

»Haben Sie mir auch die trockene Kleidung gebracht?«, fragte sie.

»Ja.« Der Matrose lachte verlegen.

Er hatte ein über und über mit Sommersprossen bedecktes Gesicht und blaue Augen. Er sah sehr jung aus.

»Es wird Ihnen alles ein bisschen zu groß sein, aber Hauptsache, Sie haben jetzt trockene Klamotten. Es hat ohnehin lange genug gedauert, bis ich Ihnen die Sachen bringen konnte. Und ein Donnerwetter werde ich dafür auch kriegen.«

Stella hatte den Blick nicht von dem Matrosen gelassen. Er stand linkisch vor ihr, aber er war der Erste auf diesem merkwürdigen Schiff, der ihr Vertrauen einflößte. Und er sprach englisch.

»Sind Sie vielleicht Richard?«, fragte sie.

Er nickte. »Ja, Richard Green, ich bin Schotte.« Er sah sie bedeutungsvoll an.

Stella lächelte. »Na, so etwas.« Jetzt wurde sie stutzig. »Das haben Sie ja so gesagt, als wüssten Sie, dass ich Schottin bin. Es hat mich doch hier noch niemand nach meinem Namen gefragt.«

»Kein Wunder, weil die ihn längst kennen, Miss.«

»Woher?«, fragte Stella.

Richard Green zeigte auf ihren Hals.

»Na, von Ihrem Pass.« Jetzt lachte er und schüttelte den Kopf. »Sie sind auf dem Meer umhergefahren, als hätten Sie den Atlantik überqueren wollen. Dabei sind Sie aber nicht weit gekommen. Wie konnten Sie sich nur in diese Nussschale setzen, ohne Motor oder Segel, und sich so weit herauswagen? Ich habe das Boot noch gesehen, bevor es uns vor den Bug kam.«

»Ich wollte ja gar nicht aufs Meer hinaus. Und abenteuerlustig war ich auch nicht.« Stella hatte die Hände auf dem Paket mit Broten liegen. »Aber was sagten Sie eben, Richard? Sie hätten meinen Pass gesehen?«

»Ja. Was wundert Sie denn daran so? Als ich Sie hier in die Kajüte geschleppt habe, habe ich die Tasche gespürt. Und da habe ich sie eben aus Ihrem Kleid gezogen.« Jetzt wurde Richard rot wie ein Schuljunge, er wich Stellas Blicken aus. Und nun fuhr er sich mit den Händen durch das Haar. »Denken Sie sich nichts dabei, es war wirklich nur wegen der Tasche. Ich habe nur den obersten Knopf Ihres Kleides aufgemacht. Und ja auch wieder richtig zugeknöpft. Ich bin nicht so wie die andern an Bord – verflucht … schauen Sie mich doch nicht so an.«

»Ich bin Ihnen ja nicht böse, Richard. Und ich glaube Ihnen. Warum sollte ich Ihnen einen Vorwurf machen? Sie haben mich gerettet. Aber ich vermisse die Tasche mit meinem Pass.«